Lust und Unlust und Seele: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
 
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Lust''' und '''Unlust''', '''Freude''' und '''Leid''', sind Grundkräfte des [[Astralleib]]es, die vornehmlich auf die Erhaltung und das Wohlbefinden des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] gerichtet sind. [[Substanz|Substanziell]] entstammen sie der mittleren Region der [[Astralwelt]], welche [[Rudolf Steiner]] daher auch als die [[Region von Lust und Unlust]] bezeichnet hat.  
[[File:Frederic Lord, Leighton - The Bath of Psyche - Google Art Project.jpg|mini|[[Wikipedia:Frederic Leighton|Frederic Leighton]]: ''The Bath of Psyche'', 1890]]
Die '''Seele''' (von [[Wikipedia:Urgermanisch|urgerm.]] ''*saiwalō'' bzw. ''*saiwlō'', vermutlich abgeleitet von ''*saiwaz'', "[[See]]"; {{EnS|soul}}), von den [[Griechisch-Lateinische Kultur|Griechen]] in der [[Wikipedia:Antike|Antike]] '''[[Psyche]]''' ([[Wikipedia:Altgriechische Sprache|griech.]] {{Polytonisch|ψυχή}}, psychḗ = ''[[Atem]], Atemhauch''; [[Latein|lat.]] anima) genannt und darum glegentlich auch als [[Atemseele]] bezeichnet, ist jenes [[Wesensglied]] des [[Mensch]]en, das seine [[leib]]liche und [[geist]]ige [[Existenz]] miteinander verbindet. Sie gliedert sich in drei in der [[Aura]] unterscheidbare Teile. Ihre leibgebundenen Anteile, nämlich die [[Empfindungsseele]], die [[Verstandes- oder Gemütsseele]] und auch der der [[Sinneswelt]] zugewandte Teil der [[Bewusstseinsseele]] unterliegen der [[Sterblichkeit]]; nur der dem [[Geist]] zugewandte Teil der Bewusstseinsseele ist [[unsterblich]]. Dieser unsterbliche Teil der Seele ist aber nicht von vornherein und unverlierbar gegeben, sondern muss aktiv errungen und bewahrt werden (siehe → [[#Unsterblichkeit der Seele|Unsterblichkeit der Seele]]).


[[Freude]] ist [[karmisch]] selten auf unser Verdienst gegründet, sondern meist ein Vorschuss auf die Zukunft:
Die von dem byzantinischen Patriarchen [[Wikipedia:Photius I.|Photius I.]] vertretene '''Zwei-Seelen-Lehre''', gemäß der dem [[Mensch]]en eine höhere, unsterbliche [[Geist]]-Seele und eine irdische, vergängliche Seele eigen sind, wurde [[869]] auf dem [[Viertes Konzil von Konstantinopel|vierten Konzil von Konstantinopel]] mit dem Bannfluch belegt. Die Lehre von der [[Trichotomie]], wonach der Mensch aus [[Geist]], Seele und [[Leib]] bestehe, gilt seitdem in der [[Wikipedia:Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] als [[Häresie]]. An ihre Stelle trat die [[Dichotomie]], die dem Menschen nur mehr [[Leib]] und Seele zugesteht und seinen selbstständigen [[Geist]] leugnet. Damit wurde, wie sich [[Rudolf Steiner]] öfters ausdrückt, „der Geist abgeschafft“.


Nach [[anthroposophisch]]er Auffassung ist es aber gerade der [[Unsterblichkeit|unsterbliche]] [[Individuum|individuelle]] [[Geist]], das [[Ich]] des [[Mensch]]en, das sich wiederverkörpert und, von Ausnahmefällen abgesehen<ref>Vgl. dazu das [[Prinzip der spirituellen Ökonomie]].</ref>, ''nicht'' die weitgehend vergängliche Seele, die sich nach dem [[Tod]] durch ihre [[Läuterung]] im [[Kamaloka]] ([[Fegefeuer]]) und in den höheren Bereichen der [[Seelenwelt]] bis auf ihren unvergänglichen Rest in der allgemeinen [[Astralwelt]] zerstreut und für die nächste irdische [[Inkarnation]] weitgehend neu und mit anderen Eigenschaften wieder aufgebaut werden muss. Die Lehre von der [[Reinkarnation]] des Geistes ist darum auch streng zu unterscheiden von  der [[Seelenwanderung]] oder [[Metempsychose]]. Der [[Leib]] unterliegt der [[Vererbung]], die Seele dem selbstgeschaffenen [[Schicksal]] ([[Karma]]) und der [[Geist]] entwickelt sich durch die aufeinanderfolgenden Inkarnationen weiter.
[[Platon]] empfand noch ganz im orientlisch-vorchristlichen Sinn den Leib als Kerker oder gar als Grab der Seele ({{ELSalt|τὸ μὲν σῶμά ἐστιν ἡμῖν σῆμα}} ''to men soma estin hemin sema'', wörtlich: „Der Körper ist für uns ein Grab.“<ref>Gorgias 493a2-3</ref>), wodurch sie sich erst im [[Leben zwischen Tod und neuer Geburt|leibfreien Zustand nach dem Tod]] voll entfalten und in die [[Ewigkeit]] aufschwingen könne. Im [[Christentum]] hingegen erscheint - im schroffen Gegensatz dazu - gerade die inhärente und unauflösliche Leibbezogenheit der Seele als ihre zentrale Wesenseigenschaft, die sie erst zur wahrhaft ''menschlichen'' Seele macht. Für [[Thomas von Aquin]] ist ihre wesentlichste Bestimmung, entsprechend des [[Aristoteles|aristotelischen]] [[Hylemorphismus]], [[Form]] des [[Körper]]s zu sein ({{laS|''anima forma corporis''}})<ref>siehe dazu auch: [https://epub.ub.uni-muenchen.de/10042/1/10042.pdf Richard Heinzmann: ''Anima unica forma corporis - Thomas von Aquin als Überwinder des platonisch-neuplatonischen Dualismus''] in ''Philosophisches Jahrbuch'', 93. Jahrgang, Verlag Karl Alber, Freiburg/München 1986, S. 236ff</ref>. Als unsterbliche [[Substanz]] bleibt sie zwar nach dem Tod erhalten, doch kann sie leiblos nicht ihr volles Potential entfalten und verliert ihr [[Person]]-Sein, das sie nur ''im''<ref>''im'' Leib, aber nicht ''durch'' den Leib</ref> Leib hat<ref>„Die vom Leibe getrennte Seele ist eine einzelne für sich bestehende Substanz der vernünftigen Natur. Sie ist aber nicht «Person».“ ([http://www.unifr.ch/bkv/summa/kapitel30-1.htm Summe der Theologie I 29,1,V])</ref>. Sie hat daher nach dem Tod eine mindere Daseinsweise als im verkörperten Zustand und erfährt ihre Vollendung erst durch die [[Auferstehung des Leibes]], die durch die alles übersteigende [[Liebe]] und [[Gnade]] [[Gott]]es dadurch möglich wird, dass Gott selbst in [[Jesus Christus]] Mensch geworden, durch den [[Tod]] auf [[Golgatha]] geschritten und am dritten Tage wieder auferstanden ist.
Ihrer [[Substanz|substanziellen]] Natur nach entstammt die Seele dem [[Astralleib]], der sich seinerseits aus der [[Astralwelt]] herausgegliedert hat. Die Seele ist das Organ des [[Bewusstsein]]s, der [[Trieb]]e und [[Empfindung]]en und der menschlichen [[Seelenfähigkeiten]] des [[Denken]]s, [[Fühlen]]s und [[Wollen]]s, die das [[Seelenleben]] bestimmen. [[Kunst|Künstlerisch]] wird sie meist in [[weiblich]]er Gestalt dargestellt.
== Die Seele als Innenwelt ==
<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px">
"Freude
"Als eigene Innenwelt ist die seelische Wesenheit des Menschen von seiner Leiblichkeit verschieden. Das Eigene tritt sofort entgegen, wenn man die Aufmerksamkeit auf die einfachste Sinnesempfindung lenkt. Niemand kann zunächst wissen, ob ein anderer eine solche einfache Sinnesempfindung in genau der gleichen Art erlebt wie er selbst. Bekannt ist, daß es Menschen gibt, die farbenblind sind. Solche sehen die Dinge nur in verschiedenen Schattierungen von Grau. Andere sind teilweise farbenblind. Sie können daher gewisse Farbennuancen nicht wahrnehmen. Das Weltbild, das ihnen ihr Auge gibt, ist ein anderes als dasjenige sogenannter normaler Menschen. Und ein Gleiches gilt mehr oder weniger für die andern Sinne. Ohne weiteres geht daraus hervor, daß schon die einfache Sinnesempfindung zur Innenwelt gehört. Mit meinen leiblichen Sinnen kann ich den roten Tisch wahrnehmen, den auch der andere wahrnimmt; aber ich kann nicht des andern Empfindung des Roten wahrnehmen. – Man muß demnach die Sinnesempfindung als Seelisches bezeichnen. Wenn man sich diese Tatsache nur ganz klar macht, dann wird man bald aufhören, die Innenerlebnisse als bloße Gehirnvorgänge oder ähnliches anzusehen. – An die Sinnesempfindung schließt sich zunächst das Gefühl. Die eine Empfindung macht dem Menschen Lust, die andere Unlust. Das sind Regungen seines inneren, seines seelischen Lebens. In seinen Gefühlen schafft sich der Mensch eine zweite Welt zu derjenigen hinzu, die von außen auf ihn einwirkt. Und ein Drittes kommt hinzu: der Wille. Durch ihn wirkt der Mensch wieder auf die Außenwelt zurück. Und dadurch prägt er sein inneres Wesen der Außenwelt auf. Die Seele des Menschen fließt in seinen Willenshandlungen gleichsam nach außen. Dadurch unterscheiden sich die Taten des Menschen von den Ereignissen der äußeren Natur, daß die ersteren den Stempel seines Innenlebens tragen. So stellt sich die Seele als das Eigene des Menschen der Außenwelt gegenüber. Er erhält von der Außenwelt die Anregungen; aber er bildet in Gemäßheit dieser Anregungen eine eigene Welt aus. Die Leiblichkeit wird zum Untergrunde des Seelischen." {{Lit|{{G|9|30f}}}}
ist zum größten Teil etwas, was auf ein zukünftiges Schicksal hindeutet,
nicht auf ein vergangenes. Freude ist in den meisten Fällen im
menschlichen Leben etwas, was man nicht verdient hat durch vorhergehende
Taten. Wenn wir das Karma untersuchen mit den okkulten
Mitteln, dann finden wir durchaus, daß man in den meisten Fällen die
Freude, die man erlebt, nicht verdient hat, und daß man die Freude so
betrachten soll, daß man sie dankbar hinnimmt als von den Göttern
gesandt, als ein Göttergeschenk, und sich sagt, was uns heute an
Freude begegnet, das soll uns anfeuern zu arbeiten, daß wir die uns
durch die Freude zuströmenden Kräfte in uns aufnehmen und in nutzbringender
Weise verwenden. Wir müssen die Freude betrachten als
eine Art Abschlagszahlung für die Zukunft." {{Lit|{{G|130|124}}}}
</div>
</div>


== Lust und Schmerz ==
== Die drei seelischen Wesensglieder ==
Die menschliche Seele wird dadurch gebildet, dass das individuelle menschliche [[Ich]] unterbewusst beständig an den unteren, [[leib]]lichen [[Wesensglieder]]n arbeitet und sich diese Arbeit in entsprechenden Veränderungen des Astralleibes widerspiegelt. Entsprechend den drei unteren Wesensgliedern des Menschen werden dem Astralleib dadurch folgende seelische Wesensglieder eingegliedert:
 
:::#[[Empfindungsseele]]
:::#[[Verstandes- oder Gemütsseele]]
:::#[[Bewusstseinsseele]]
 
Die erste Anlage der [[Empfindungsseele]] wurde geschaffen, als sich in der
[[Polarische Zeit|polarischen Zeit]], die in gewisser Weise den [[Alter Saturn|alten Saturnzustand]] wiederholte, die [[Erde (Planet)|Erde]] bis zum [[Feuer]]zustand verdichtete. Sie bildet sich weiter aus durch die unbewusste Arbeit des menschlichen [[Ich]] am [[Astralleib]]. Sie ist ein umgewandelter Teil des Astralleibs. Diese dämmerhafte unbewusste Arbeit am astralischen Leib begann
in der [[Lemurische Zeit|lemurischen Zeit]] und erreichte ihren Höhepunkt in der [[Ägyptisch-Chaldäische Kultur|Ägyptisch-Chaldäischen Kultur]]. Als selbstständiges Wesensglied wird die Empfindungsseelemit dem [[21. Lebensjahr]] geboren. [[Aristoteles]] bezeichnete die Empfindungsseele
als [[Orektikon]]. In der hebräischen Überlieferung wird sie [[Nephesch]] genannt.
 
Die [[Verstandes- oder Gemütsseele]] wurde veranlagt, als sich in der polarischen
Zeit die Erde bis zum [[Luft]]zustand verdichtete. Sie stellt eine Modifikation des
Astralleibs dar, die sich dadurch weiter ausbildet, dass das Ich unbewusst am
[[Ätherleib]] arbeitet und das Ergebnis dieser Tätigkeit in den Astralleib zurückgespiegelt
wird. Diese Arbeit begann in der [[Atlantische Zeit|atlantischen Zeit]] und erreichte in der
[[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-lateinischen Kultur]] ihren Höhepunkt. Aristoteles bezeichnete die Verstandes-oder Gemütsseele als [[Kinetikon]]. In der hebräischen Überlieferung nennt
man sie [[Ruach]]. Als selbstständiges Wesensglied wird die Verstandes- oder Gemütsseele
mit dem [[28. Lebensjahr]] geboren. In der Verstandesseele geht uns erstmals das Ich auf, ohne dass sich dieses aber schon ganz klar seiner selbst bewusst wird. Das geschieht erst durch die Bewusstseinsseele.
 
Die [[Bewusstseinsseele]] ist ein umgewandelter Teil des Astralleibs. Ihre erste Anlage
wurde geschaffen, als sich während der [[Hyperboräische Zeit|hyperboräischen Zeit]] – eine kurze
Wiederholung der [[Alte Sonne|alten Sonnenzeit]] - die Erde bis zum [[Wasser]]zustand verdichtete.
Sie bildet sich dadurch weiter aus, dass das Ich unbewusst umgestaltend am
[[Physischer Leib|physischen Leib]] arbeitet und sich diese Tätigkeit in den Astralleib zurückspiegelt. Diese unbewusste Arbeit des Ich hat am Ende der atlantischen Zeit begonnen und
strebt in unserer gegenwärtigen Kulturepoche einem Höhepunkt zu. Als selbstständiges
Wesensglied wird die Bewusstseinsseele mit dem [[35. Lebensjahr]] geboren. Aristoteles gebrauchte für die Bewusstseinsseele die Bezeichnung [[Dianoetikon]]. In der hebräischen Überlieferung wird sie [[Neschama]] genannt.


Lust und [[Schmerz]] können sehr leicht ineinander umschlagen. Lust bedeutet ein Sichausdehnen, ein Sichverlieren des [[Mensch]]en; Schmerz ist ein Sichzusammenziehen, dass zu einem stärkeren Sichgewahrwerden führt. Im Normalzustand besteht ein harmonisches dynamisches Gleichgewicht zwischen Sichverlieren und Sichgewahrwerden.
Im [[Sohar]], dem heiligen Buch der [[Kabbala]], wird diese Dreiheit der Seelenglieder in ihrer grundlegenden Bedeutung so beschrieben:


<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px">
"Was heisst denn das: in Lust verfallen? In Lust verfallen heisst
"Und siehe: »Als der Allheilige den Menschen erschuf, las Er dessen Stoff von den vier Seiten der Welt, stellte den Menschen selbst an den Ort des unteren Heiligtums und zog an ihn Seele des Lebens heran vom oberen Heiligtum. Und die Seele ist zusammengefaßt in drei Stufen, weshalb ihr drei Namen eignen, gemäß oberem Geheimnis: [[Nefesch]], [[Ruach]], [[Neschama]]. Nefesch die untere Stufe. Ruach der Bestand, der über der Seele waltet, in allem bestehend in rechter Weise. Neschama, der höhere Bestand, waltend über allem - heilige, obere Stufe. Diese drei Stufen sind im Menschen zusammengefaßt, bei jenen, welche zum Dienste ihres Herrn gewürdigt sind. Denn im Anfang ist in ihm zur Nefesch, und das ist die heilige Richte, daß in ihr der Mensch zum Rechten sich wandle. Wenn der Mensch auf dieser Stufe zur Läuterung gelangt, kann er aufsteigend an »Ruach« sich veredeln, denn dies ist die heilige Stufe, die über Nefesch ruht, daß mit ihr der Mensch, der würdig geworden, sich veredle. Ist er aber in Nefesch und Ruach aufgestiegen und hat sich im Dienste seines Herrn zum Rechten gewandelt, dann waltet über ihm Neschamah, die obere, heilige, über allen waltende Stufe, daß er mit der oberen, heiligen Stufe sich verschöne - so wird er allvollkommen, vollkommen nach allen Seiten, um würdig zu werden der kommenden Welt, als Gottgeliebter." {{Lit|Sohar, S 127f}}
eigentlich, sich an die Umgebung verlieren. Alles, was Lust macht,
ist eigentlich ein Sichverlieren des Menschen. Und alles, was
Schmerz macht, ist ein zu starkes Sichgewahrwerden. Man findet
sich zuviel, wenn man Schmerz hat. Denken Sie nur, wieviel stärker
Sie bei sich sind, wenn Sie krank sind und irgendeinen Schmerz
haben, als wenn der ganze Leib schmerzlos dasteht. Sie sind zuviel
bei sich, Sie haben sich zuviel gefunden im Schmerz, und Sie sind
im Verlieren oder verlieren sich ganz in der Lust. Das harmonische
Empfinden des Menschen bildet die Gleichgewichtslage zwischen
Lust und Schmerz, weder das Aufgehen in Lust noch das Aufgehen
in Schmerz." {{Lit|{{G|278|30|28}}}}
</div>
</div>


== Über den Sinn des Leidens ==
== Alte und junge Seelen ==


<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px">
"Leiden ist eine Begleiterscheinung der höheren Entwickelung. Es ist
"Sie wissen ja aus der Darstellung in meiner «[[Geheimwissenschaft im Umriß]]», daß während des [[Lemurische Zeit|lemurischen Zeitraums]] der Erdentwickelung
das, was man nicht entbehren kann zur Erkenntnis. Der Mensch
nur ganz wenige Menschen die Ereignisse der Erdentwickelung auf der
wird sich einst sagen: Was mir die Welt an Freude gibt, dafür bin
Erde selbst sozusagen überdauert haben, daß nur wenige auf der Erde
ich dankbar. Wenn ich aber vor die Wahl gestellt werde, ob ich meine
blieben während des lemurischen Zeitraums; daß die Mehrzahl der
Freuden oder meine Leiden behalten will, so werde ich die Leiden
Seelen, bevor die eigentliche Gefahr der Mumifizierung alles Menschlichen
behalten wollen; ich kann sie nicht entbehren zur Erkenntnis. Jedes
begann, sich von der Erde hinweghob nach anderen Planeten und
Leiden stellt sich nach einer gewissen Zeit so dar, daß man es nicht
weiterlebte auf Mars, Saturn, Venus, Jupiter und so weiter; daß dann
entbehren kann, denn wir haben es als etwas in der Entwickelung
vom Ende des lemurischen Zeitraums an und während des atlantischen
Enthaltenes aufzufassen. Es gibt keine Entwickelung ohne Leiden,
Zeitraums nach und nach diese Seelen wieder herunterkamen auf die
wie es kein Dreieck ohne Winkel gibt. Wenn der Christus-Einklang
Erde, um unter den veränderten irdischen Verhältnissen sich in irdischen
erreicht sein wird, werden wir erkennen, daß zu diesem Einklang
Leibern zu verkörpern und in immer neuen Inkarnationen zu
alle vorangegangenen Leiden notwendige Vorbedingung waren. Damit
erscheinen. Da haben wir also solche Seelen, die verhältnismäßig früh
der Christus-Einklang da sein kann, muß das Leid da sein; es
heruntergekommen sind aus der Planetenwelt, und andere, die spät,
ist ein absoluter Faktor in der Entwickelung.
erst in späten Zeiträumen der atlantischen Entwickelung niedergestiegen
sind. Die ersteren Seelen, die also früher heruntergekommen
sind, haben mehr Inkarnationen innerhalb der Erde hinter sich als die
später herniedergestiegenen, und diese können wir daher im Gegensatz
zu den ersteren, jüngere Seelen nennen, Seelen, die also weniger in sich
aufgenommen haben.


Dadurch, daß der Mensch die Egoität überwindet, kommt er über
Eine alte Seele war diejenige Individualität, die sich hinter dem
die Stimmung des Bedrückt- und Gelähmtseins hinweg. In diesem
Namen [[Gilgamesch]] verbirgt, und eine jüngere, die in [[Eabani]] verkörpert
Phänomen kann man etwas sehen, was gut ist: Kraft aus der Unzulänglichkeit.
war am Ausgangspunkte der babylonischen Kultur. Ja, in bezug auf
Gott sei Dank, daß ich durch eine unzulängliche
dieses Jüngere oder Ältere der menschlichen Seelen zeigt sich - man
Tat, das heißt deren Mißerfolg, ermutigt werde, weiter zu handeln!
möchte fast sagen selbst zur Überraschung des Okkultisten - etwas sehr
Das Menschenstreben ist kein unbestimmtes Glückslos. Unerlöst
Merkwürdiges. Wenn zum Beispiel irgend jemand heute es so weit gebracht
bleibt nur der, dessen freier Wille sich abwendet von der Bestimmung
hat, daß er die Wahrheiten der Geisteswissenschaft ein wenig
des Menschenwesens. In der Synthese des Weltenprozesses ist das
zugibt, sonst aber noch immer an den Vorurteilen und Werturteilen der
Leid ein Faktor." {{Lit|{{G|110|182f}}}}
äußeren Welt hängt, dann wird es ihm ja plausibel erscheinen, daß zum
Beispiel Philosophen- oder Gelehrtenseelen unserer heutigen Zeit zu den
älteren Seelen gerechnet werden müssen. Die okkulte Forschung ergibt
das gerade Gegenteil, so sonderbar es klingt, und es ist für den Okkultisten
selbst überraschend, daß zum Beispiel in [[Kant]] eine junge Seele
lebte. Ja, die Tatsachen sagen es, da ist nichts dagegen zu machen. Und
man könnte nun darauf hinweisen, daß die jüngeren Seelen sich allerdings
in der Mehrzahl in den farbigen Rassen verkörpern, daß also die
farbigen Rassen, namentlich die Negerrasse, vorzugsweise jüngere Seelen
zur Verkörperung bringen. Aber gerade das Eigentümliche jener
menschlichen Denkungsart, die sich in Gelehrsamkeit, in der heutigen
materialistischen Wissenschaft auslebt, die bedingt jüngere Seelen. Und
es ist sogar nachweisbar, daß bei mancher Persönlichkeit, bei der man
es gar nicht voraussetzen würde, die vorhergehende Inkarnation durchaus
bei den Wilden liegt. Ja, das sagen wieder die Tatsachen! Das alles
muß durchaus festgehalten werden, es ist so. Das nimmt natürlich den
Urteilen, die wir über unsere Umwelt haben, nichts von ihrer Bedeutung,
nichts von ihrem Werte; dennoch muß es erfaßt werden zum
Gesamtverständnis dessen, um was es sich handelt. In diesem Sinne
haben wir es mit Eabani im alten Babylonien zu tun mit einer jungen
Seele, in Gilgamesch mit einer alten Seele. Eine solche alte Seele, die
wird ihrer ganzen Natur nach früh erfassen, was gewissermaßen nicht
nur Kulturelement, Kulturfaktor der Gegenwart ist, sondern was als
Kultureinschlag in die Gegenwart hereinfällt und weit hinausblicken
läßt in die Perspektive der Zukunft." {{Lit|{{G|126|34f}}}}
</div>
</div>
== Das Schicksal der Seele nach dem Tod ==
[[Datei:Rohrbach Altar Allerseelen 2 Altarbild Arme Seelen.jpg|mini|300px|Stadtpfarrkirche Rohrbach. Aller-Seelen-Altar (1700) - Altargemälde: [[Arme Seelen]] im Fegefeuer.]]
{{Siehe auch|Leben zwischen Tod und neuer Geburt|Kamaloka}}
Unmittelbar nach dem [[Tod]] erlebt der [[Mensch]] zunächst für etwa zwei bis drei Tage ein umfassendes [[Lebenspanorama]], das ihm sein vergangenes Erdenleben in Gleichzeitigkeit vor das [[Bewusstsein]] stellt. Während dieser kurzen, als beglückend empfundenen Zeit zerstreut sich sein [[Ätherleib]] bis auf einen kleinen Rest im [[Weltenäther]]. Erst danach tritt der [[Tote]] in den Zustand des Kamalokas ein, das die 3 bzw. 4 niederen Partien der [[Seelenwelt]] ([[Astralwelt]]) umfasst, in denen der Mensch jene [[Begierde]]n ablegen muss, die nur mittels des mit dem Tode abgelegten [[Physischer Leib|physischen Leibes]] befriedigt werden könnten und die ihn noch an das vergangene Erdenleben fesseln. Ein großer Teil des [[Astralleib|Astralleibs]] wird hier abgelegt und geht in der allgemeinen Astralwelt auf. Im Kamaloka begegnet der Mensch den geistig-kosmischen Kräften der [[Mondensphäre]].
<div style="margin-left:20px">
"Die erste Zeit nach dem Tode — das wurde ja schon gesagt — ist
eigentlich für den Menschen ausgefüllt mit einer Art von Zusammenhang
mit dem letzten Erdenleben. Es ist eine Art von Herauswachsen
aus dem letzten Erdenleben, so daß in der Tat in diesen
ersten Zeiten nach dem Tode alles das fortdauert, was im Erdenleben
den menschlichen Astralleib ergriffen hat. Was diesen
menschlichen Astralleib beschäftigt hat, die Art der Affekte, die Art
der Leidenschaften, die Art der Gefühle, das dauert fort. Und weil
der Mensch hier in der physischen Verkörperung alle diese Dinge
bewußt nur erlebt, wenn er innerhalb seines physischen Leibes ist,
so ist natürlich das Erlebnis all dieser im Astralleib befindlichen
Kräfte wesentlich anders, wenn der Mensch durch das Gebiet
durchgeht, das da liegt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt.
Es ist dieses Erleben im wesentlichen durchzogen in normalen
Fällen — es gibt davon viele Ausnahmen — in den ersten Zeiten
nach dem Tode von einer gewissen Entbehrung, hervorgerufen dadurch,
daß der Mensch in seinem Astralleibe leben muß, ohne
daß ihm der physische Leib zur Verfügung steht. Der Mensch
drängt darnach, noch seinen physischen Leib zu haben; das hält den
Menschen eine kürzere oder längere Zeit — man darf es schon so
nennen - im normalen Falle in der Sphäre der Erde zurück. Alles
Kamaloka verläuft ja eigentlich in der Sphäre zwischen der Erde
und der Mondenbahn; aber das eigentliche für den Menschen bedeutungsvolle
Kamaloka verläuft viel näher der Erde als, sagen wir,
der Mondenbahn." {{Lit|{{G|140|266f}}}}
</div>
In manchen Fällen werden die [[Tote]]n länger als üblich an die [[Erdensphäre]] gebunden. Oft wird dieses für den Toten nur schwer zu ertragende Erlebnis dadurch verursacht, dass der [[Mensch]] es während des Erdenlebens versäumt hat, sich [[Begriffe]] und [[Vorstellung]]en zu bilden, die über das [[irdisch]]e [[Dasein]] hinausreichen. Es können aber auch Sorgen für zurückgelassene Freunde, Verwandte und Kinder oder unerfüllte Aufgaben sein, die den Toten noch lange an das Erdendasein fesseln. Man kann dann den Toten helfen, indem man ihre Aufgaben und Pflichten übernimmt. Für die Erde selbst und die hier zurückgelassenen Menschen stellen die erdgebundenen Toten ein großes Problem dar, denn ''„vieles von dem, was an zerstörenden Kräften wirkt innerhalb der Erdensphäre, kommt von solchen in diese Erdensphäre gebannten Toten.“'' {{Lit|{{G|182|20}}}}
{{Siehe auch|Erdgebundene Tote}}
== Unsterblichkeit der Seele ==
[[File:Madonna on the crescent Spain 17c.jpg|mini|Betende Madonna auf der Mondsichel, [[Wikipedia:Spanien|Spanien]], 17. Jh. (anonym)]]
Die '''Unsterblichkeit der Seele''' besteht nicht einfach im Fortleben dessen, was wir als empirisches Seelenleben aus dem Erdendasein kennen, denn dieses ist weitgehend an die Tätigkeit unserer [[Physischer Leib|physischen Organistation]] gebunden.
<div style="margin-left:20px">
"Diejenigen, die über die Unsterblichkeit der Seele gedacht
haben, haben immer gedacht wie über etwas, was im gewöhnlichen
Leben ist und durch die Pforte des Todes geht; während
man das, was durch die Pforte des Todes geht, eben erst
suchen muß, denn es liegt so tief verborgen in der Seele, daß
es gar nicht beachtet wird, daß die Aufmerksamkeit im gewöhnlichen
Leben nicht darauf gerichtet ist; aber es ist eben
doch da. Und wenn derjenige, der so wirklich, gleichsam chemisch,
abtrennt das Geistig-Seelische vom Leiblichen, wenn er
dieses Geistig-Seelische dann erlebt, wie es geborgen wird in
einer über ihm stehenden, übersinnlichen Welt von geistigen
Wesenheiten, dann weiß er auch, daß er in diesem, sich im
gewöhnlichen Leben Verbergenden der Seele — so wie der Wasserstoff
im Wasser verborgen ist —, daß er in dem etwas hat,
was ganz im geheimen arbeitet, sozusagen zwischen den Zeilen
des Lebens; was so die feinsten Kräfte der Seele, der Erfahrung,
der moralischen Fähigkeiten des Menschen in sich
aufnimmt, wie der kleine Pflanzenkeim aufnimmt aus der
ganzen Pflanze die Kräfte, um sie zu konzentrieren. Und wie
nach dem Abwelken, nachdem die Blätter abwelken und die
Blüte erstirbt, die Pflanze als kleinen Keim das, was in der
vorigen Pflanze gelebt hat, hinüberträgt in die folgende Pflanze,
das, was die Pflanze als Keim hinüber gerettet hat, — so ist es
in der Menschenseele. Wenn man sie so herausdestilliert, so
merkt man: unablässig arbeitet in jedem Augenblick des Lebens,
wachend und schlafend, diese Menschenseele in den
Untergründen des alltäglichen Lebens, arbeitet heraus alles das,
was wir uns an Fähigkeiten aneignen, wird durchdrungen, tief
durchdrungen von dem, was sie getan hat an Unrecht und
Recht, Schön und Häßlich; das trägt sie in sich, wie der Pflanzenkeim
in sich trägt den Keim der ganzen neuen Pflanze.
Und dann weiß man, daß das so verborgen in der Seele
Lebende ein Leben durchmacht zwischen Tod und neuer Geburt
— und wiederum zurückkehrt zum Erdenleben. In dem
Leben zwischen Tod und neuer Geburt sammelt aus einer geistigen
Welt heraus dann der Mensch die Kräfte, die aber
Bildekräfte werden, so daß er sich durch eine neue Geburt
vereinigen kann mit dem, was ihm gegeben wird von Vater
und Mutter, von der Vorfahrenreihe. So durchlebt die Menschenseele
nicht ein Erdenleben, sondern aufeinanderfolgende
Erdenleben." {{Lit|{{G|64|342f}}}}
</div>
Vor allem aber ist die Unsterblichkeit der Seele nicht etwas, das dem [[Mensch]]en von vornherein und unverlierbar geben ist, sondern etwas, das er sich aktiv erwerben und ebenso aktiv bewahren muss.
<div style="margin-left:20px">
"Innere Aktivität, inneres aktives Mittun mit
dem, was der Mensch aus sich macht, sogar was er aus sich macht als
einem unsterblichen Wesen, das ist notwendig. Der Mensch muß arbeiten
an seiner Unsterblichkeit. Das ist dasjenige, was sich die meisten Menschen
gern wegzaubern lassen möchten. Sie glauben, eine Erkenntnis
kann einen nur etwas von dem lehren, was ja sowieso ist, kann einen
höchstens lehren, der Mensch sei unsterblich [...]
Das ist im Grunde genommen in Wahrheit ja die christliche Lehre.
Daher soll der Mensch nicht bloß, wie es ein neueres Bekenntnis durchaus
will, den Glauben an Christus haben, sondern er soll das Pauluswort
beherzigen: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Die Kraft
des Christus in mir, entwickelt muß sie werden wollen und ausgebildet
muß sie werden! Der Glaube als solcher kann durchaus den Menschen
nicht retten, sondern einzig und allein das innere Zusammenarbeiten
mit dem Christus, das innere Sich-Erarbeiten der [[Christuskraft]], die
ja immer da ist, wenn man sie sich erarbeiten will, die aber erarbeitet
werden muß. Initiative, Aktivität, das ist es, womit die Menschheit
sich wird erfüllen müssen. Und einsehen wird sie müssen, daß der bloß
passive Glaube den Menschen einfach zu leicht macht, so daß allmählich
die Unsterblichkeit auf der Erde sterben würde. Das ist das Bestreben
des Ahriman." {{Lit|{{G|205|186f}}}}
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Platons "Phaidon" will nichts anderes als Seelenewigkeit. Er will Seelenewigkeit
nicht etwa beweisen. Es handelt sich nicht um logische Beweise.
Er bezweckt ein Hinaufleben desjenigen, was sich um Sokrates herumschart,
und ein Einleben in eine neue Welt. Die Seele soll sich erheben dadurch,
dass sie sich abwendet von dem, was man mit Augen sehen und mit Ohren hören
kann. Kurz, die Ewigkeit soll etwas sein, was man erwirbt, was man
durch die Einführung in die Mysterien erwirbt. Platos Schüler sagt: Die
Seele kann unsterblich werden, wenn sie sich erhebt zur Ewigkeitsschau.
Wenn sie das Geistige sieht, nimmt sie Anteil am geistigen Leben. Dadurch
wird sie ewig. Das ist ein Entwicklungsprozess, den wir im platonischen
"Phaidon" durchgemacht haben, auch ein Entwicklungsprozess, den wir im
"Gastmahl" sehen [...]
Das ist das, was als Grundelement den platonischen "Phaidon"
durchzieht. Da sagt Plato: Ihr könnt sehen, was Ihr wollt, wenn Ihr aber
nur das wahrnehmt, was Eure Augen, Ohren, die äusseren Sinne geben, dann
könnt Ihr nicht ins Geistige kommen. Das Uebersinnliche ist es, was Euch
die Seelenewigkeit verbürgt. - Er konnte die Seelenewigkeit nicht beweisen
lassen. Die Schüler sollten sie erwerben, sie sollten unsterblich werden.
Das ist die Grundauffassung der platonischen Methode." {{Lit|R. Steiner 1901/1902, 12. Vortrag, [http://www.steiner-klartext.net/pdfs/19020124b-04-01.pdf]}}
</div>
Die [[Persönlichkeit und Individualität|persönliche]] [[Unsterblichkeit]] - das über den [[Tod]] hinaus fortdauernde
[[Bewusstsein]] von der [[Persönlichkeit]] - hat der sich der Mensch überhaupt erst durch die [[Bewusstseinsseele]] errungen.
<div style="margin-left:20px">
"In Spanien wurde von den maurischen Gelehrten, vor allen Dingen
von einer solchen Persönlichkeit wie Averroes, gelehrt, wie die
Intelligenz überall waltet, wie die ganze Welt, der Kosmos erfüllt ist
von der allwaltenden Intelligenz. Die Menschen unten auf der Erde,
sie haben verschiedene Eigenschaften, aber sie haben nicht eine eigene,
persönliche Intelligenz. Sondern jedesmal, wenn ein Mensch auf der
Erde wirkt, so geht ein Tropfen der Intelligenz, ein Strahl der Intelligenz
von der allgemeinen Intelligenz aus, senkt sich gewissermaßen
in den Kopf, in den Körper des Menschen, erfüllt ihn, so daß, wenn
ein Mensch auf Erden herumgeht, er etwas hat wie eine Art Teil der
ganz allgemeinen kosmischen Intelligenz. Stirbt dann der Mensch,
[[Datei:GA237 164.gif|center|800px|Tafel 9]]
geht er durch die Pforte des Todes, so geht das, was er als Intelligenz
gehabt hat, zurück in die allgemeine Intelligenz, fließt zurück. So daß,
was der Mensch während des Lebens zwischen Geburt und Tod an
Gedanken, Begriffen, Ideen hat, in das allgemeine Reservoir der allgemeinen
Intelligenz zurückfließt und man nicht davon sprechen kann,
daß dasjenige, was der Mensch als besonders Wertvolles in seiner Seele
trägt, seine Intelligenz, einer persönlichen Unsterblichkeit unterliegt.
Das war auch durchaus gelehrt von den spanisch-maurischen Gelehrten,
daß der Mensch eine persönliche Unsterblichkeit nicht hat.
Er lebt weiter, aber es ist ja das Wichtigste an ihm - so sagten die Gelehrten
-, daß er während des Lebens intelligentes Wissen entfalten
kann. Das geht aber nicht mit seinem Wesen mit. Also kann man nicht
sagen, daß das intelligente Wesen eine persönliche Unsterblichkeit hat.
Sehen Sie, das war, ich möchte sagen, der Furor des Kampfes der
Scholastiker unter den Dominikanern, der Furor, geltendzumachen
die persönliche Unsterblichkeit des Menschen. Es konnte das in jener
Zeit nicht anders auftreten als so, daß diese Dominikaner geltend
machten: Der Mensch ist persönlich unsterblich, und das, was Averroes
lehrt, ist Ketzerei, ist Häresie. Das müssen wir heute anders sagen.
Aber für die damalige Zeit ist begreiflich, daß man einen Menschen,
der die persönliche Unsterblichkeit nicht annahm, wie Averroes in
Spanien, für einen Häretiker erklärte. Heute müssen wir die Sache
der Wirklichkeit, der Realität gemäß betrachten. Wir müssen sagen:
In dem Sinne, wie der Mensch unsterblich geworden ist seiner Bewußtseinsseele
nach, hat er sich diese Unsterblichkeit - dieses fortdauernde
Bewußtsein von der Persönlichkeit -, nachdem er durch
die Pforte des Todes durchgegangen war, erst errungen seit der Zeit,
da eine Bewußtseinsseele im Erdenmenschen Platz greift. Wenn man
also Aristoteles oder Alexander gefragt hätte, wie sie über Unsterblichkeit
denken, wie würden sie geantwortet haben? Auf Worte kommt
es nicht an, aber wenn sie gefragt worden wären und wenn sie in
christlicher Terminologie geantwortet hätten, würden sie gesagt haben:
Unsere Seele wird aufgenommen von Michael, und wir leben fort
in der Gemeinschaft des Michael. - Oder sie würden es kosmologisch
ausgedrückt haben; gerade aus einer solchen Gemeinschaft heraus, wie
die des Alexander oder des Aristoteles war, würde man kosmologisch
gesagt haben, und man hat es auch gesagt: Die Seele des Menschen ist
intelligent auf Erden, aber diese Intelligenz ist ein Tropfen aus der
Fülle dessen, was Michael ergießt wie einen intelligenten Regen, der
die Menschen überströmt. Und dieser Regen geht von der Sonne aus,
die Sonne nimmt in ihr eigenes Wesen wiederum zurück des Menschen
Seele, und die Menschenseele, die da besteht zwischen Geburt und Tod,
sie strahlt aus der Sonne auf die Erde nieder. Michael-Herrschaft hätte
man auf der Sonne gesucht. So würde man kosmologisch geantwortet
haben." {{Lit|{{G|237|163ff}}}}
</div>
== Seelentod ==
{{Siehe auch|Seelentod|Ganztod}}
Der [[Seelentod]], das Absterben bzw. die völlige Auflösung der Seele, droht jenen [[Mensch]]en, die ihre Seele während des [[Erdenleben]]s nur mit irdisch vergänglichem [[Wissen]] erfüllen. Sie wird zur Zeit des [[Jüngstes Gericht|Jüngsten Gerichts]] der [[Zweiter Tod|zweite Tod]], wenn nicht nur der [[Physischer Leib|physische Leib]], sondern auch der [[Ätherleib]] in seiner der [[Erdentwicklung]] entsprechenden Form endgültig abgelegt wird, besonders hart treffen, da sie nicht über die notwendige Seelensubstanz verfügen, durch die sie ihre weitere Entwicklung auf dem [[Neuer Jupiter|Neuen Jupiter]] - dem [[Neues Jerusalem|Neuen Jerusalem]] aus der [[Apokalypse des Johannes]] - fortführen können. Nur an denjenigen, die ihren [[Astralleib]] erfüllt haben mit der [[Christus|Christus-Wesenheit]], wird der zweite Tod unbemerkt vorüber gehen.
{{GZ|Diejenigen, deren Ätherleib ganz im
Einklang ist mit dem astralischen Leib, die werfen ohne Schmerzen
diesen Ätherleib ab, denn sie bleiben in ihrem astralischen Leibe,
der erfüllt ist von der Christus-Wesenheit, und sie empfinden es als
Entwickelungsnotwendigkeit, daß der Ätherleib abgestreift wird.
Denn sie fühlen in sich die Fähigkeit, ihn wiederum selbst aufzubauen,
weil sie Christus in sich aufgenommen haben. Diejenigen
aber, die in diesem Ätherleib die Begierde nach dem haben, was
vergangen ist, die können diesen Ätherleib auch nicht behalten,
wenn alles astralisch wird. Er wird ihnen genommen werden, wird
aus ihnen gerissen werden, und jetzt empfinden sie das als ein zweites
Sterben, als den «zweiten Tod». Dieser zweite Tod geht an den
anderen, die ihren Ätherleib mit dem astralischen Leib durch Aufnahme
des Christus-Prinzips harmonisch gemacht haben, unvermerkt
vorüber. Über sie hat der zweite Tod keine Macht. Die anderen
empfinden aber den zweiten Tod beim weiteren Hinüberleben
in jene folgende astralische Gestalt. Dann ist die Menschheit in
jenem Zustand, wo diejenigen, die das Ziel der Entwickelung erreicht
haben, ihren astralischen Leib ganz durchdrungen haben mit
Christus. Sie sind reif, hinüberzuleben nach dem Jupiter, sie entwerfen
auf unserer Erde den Plan zur Jupiterentwickelung. Das ist
der Plan, der genannt wird das neue Jerusalem. Sie leben in einem
«neuen Himmel» und einer «neuen Erde»: das ist Jupiter.
Dieser neue Jupiter wird begleitet sein wie von einem Trabanten
von denjenigen, die ausgeschlossen sind von dem Leben im Geistigen,
die den zweiten Tod erlebt haben, die daher keine Möglichkeit
haben, das Jupiterbewußtsein zu erlangen.|104|246f}}
== Abstammung der Seelen ==
{{GZ|Alle Seelen stammen ab von Christus, und eine solche Zeit
wird kommen, wo den Seelen das zum Bewußtsein kommt und
wo sie verstehen werden, daß auch der Ausgleich unter den
Seelen nur durch den Christus geschehen kann.|266c|48}} (Aufzeichnung C)
{{GGZ|Im Urbeginn war eine Seelensubstanz vorhanden,
die sich dann in die unzähligen differenzierten Einzelseelen
teilte; durch diese Differenzierung entstand das [[Karma]], das besteht
in seelischen Zusammenhängen von Mensch zu Mensch. In
der Zeit vor dem Ereignis von Palästina lebten sich diese karmischen
Zusammenhänge in der Blutsverwandtschaft aus, waren an
das Blut gebunden. Aber gerade zur Zeit des Mysteriums von
Golgatha versiegte allmählich diese Seelensubstanz, und die
Menschen wären seelenlos über die Erde dahingegangen am
Ende der Erdenentwicklung, wären in die Tierheit verfallen in
Menschenleibern, die die Karikaturen von Tierleibern sein würden;
und die Iche (denn nicht das Ich stirbt aus, an dieses ist das
Karma gebunden bis zum Ende) würden leer und seelenlos sein,
wenn nicht das Mysterium von Golgatha stattgefunden hätte.
Der Christus ist der geistig-seelische Stammvater der jetzigen
Menschheit, wie Adam es in bezug auf den Leib ist und nur,
indem wir uns mit der Christus-Substanz, dem Christus-Impuls
erfüllen, entgehen wir der Seelenlosigkeit, und das tun wir,
indem wir die Erkenntnisse über das Mysterium von Golgatha
in uns aufnehmen und in uns leben lassen. Immer seelischer
werden dann die Beziehungen und das Zusammenleben von
Mensch und Mensch.|266c|48f}} (Aufzeichnung D)


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Sympathie und Antipathie]]


== Literatur ==
* [[Psyche]]
 
== Anmerkungen ==
 
<references />
 
==Literatur==


#Rudolf Steiner: ''Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt'', [[GA 110]] (1991), ISBN 3-7274-1100-7 {{Vorträge|110}}
#Rudolf Steiner: ''Das Christentum als mystische Tatsache'', 24 Vorträge, gehalten in Berlin vom 19. Oktober 1901 - 26. April 1902, nicht veröffentlicht in der [[Rudolf Steiner Gesamtausgabe|GA]].
#Rudolf Steiner: ''Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit'', [[GA 130]] (1995), ISBN 3-7274-1300-X {{Vorträge|130}}
#Rudolf Steiner: ''Theosophie'', [[GA 9]] (2002), Kapitel ''Die seelische Wesenheit des Menschen'', ISBN 3-7274-0090-0
#Rudolf Steiner: ''Eurythmie als sichtbarer Gesang'', [[GA 278]] (2001), ISBN 3-7274-2781-7 {{Vorträge|278}}
#Rudolf Steiner: ''Aus schicksaltragender Zeit'', [[GA 64]] (1959), ISBN 3-7274-0640-2 {{Vorträge|064}}
#Rudolf Steiner: ''Die Apokalypse des Johannes'', [[GA 104]] (1985), ISBN 3-7274-1040-X {{Vorträge|104}}
#Rudolf Steiner: ''Okkulte Geschichte'', [[GA 126]] (1992), ISBN 3-7274-1261-5 {{Vorträge|126}}
#Rudolf Steiner: ''Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt'', [[GA 140]] (1961) {{Vorträge|140}}
#Rudolf Steiner: ''Der Tod als Lebenswandlung'', [[GA 182]] (1996), ISBN 3-7274-1820-6 {{Vorträge|182}}
#Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil'', [[GA 205]] (1987), ISBN 3-7274-2050-2 {{Vorträge|205}}
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Dritter Band'', [[GA 237]] (1991), ISBN 3-7274-2370-6 {{Vorträge|237}}
#Rudolf Steiner: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III: 1913 und 1914; 1920 – 1923'', [[GA 266/3]] (1998), ISBN 3-7274-2663-2 {{Vorträge|266c}}
#Rudolf Steiner, Harald Haas (Hrsg.): ''Grenzerlebnisse der Seele: Schreck, Scham, Zweifel und schreckvollste Verwirrung (Thementexte)'', Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2016, ISBN 978-3727454158
#''Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala'', aus dem Hebräischen übertragen und herausgegeben von Ernst Müller, Diederichs Gelbe Reihe, Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München 2005, ISBN 3-7205-2643-7


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Fühlen]]
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Wesensglieder]] [[Kategorie:Seele]]

Version vom 8. August 2016, 10:25 Uhr

Frederic Leighton: The Bath of Psyche, 1890

Die Seele (von urgerm. *saiwalō bzw. *saiwlō, vermutlich abgeleitet von *saiwaz, "See"; eng. soul), von den Griechen in der Antike Psyche (griech. ψυχή, psychḗ = Atem, Atemhauch; lat. anima) genannt und darum glegentlich auch als Atemseele bezeichnet, ist jenes Wesensglied des Menschen, das seine leibliche und geistige Existenz miteinander verbindet. Sie gliedert sich in drei in der Aura unterscheidbare Teile. Ihre leibgebundenen Anteile, nämlich die Empfindungsseele, die Verstandes- oder Gemütsseele und auch der der Sinneswelt zugewandte Teil der Bewusstseinsseele unterliegen der Sterblichkeit; nur der dem Geist zugewandte Teil der Bewusstseinsseele ist unsterblich. Dieser unsterbliche Teil der Seele ist aber nicht von vornherein und unverlierbar gegeben, sondern muss aktiv errungen und bewahrt werden (siehe → Unsterblichkeit der Seele).

Die von dem byzantinischen Patriarchen Photius I. vertretene Zwei-Seelen-Lehre, gemäß der dem Menschen eine höhere, unsterbliche Geist-Seele und eine irdische, vergängliche Seele eigen sind, wurde 869 auf dem vierten Konzil von Konstantinopel mit dem Bannfluch belegt. Die Lehre von der Trichotomie, wonach der Mensch aus Geist, Seele und Leib bestehe, gilt seitdem in der römisch-katholischen Kirche als Häresie. An ihre Stelle trat die Dichotomie, die dem Menschen nur mehr Leib und Seele zugesteht und seinen selbstständigen Geist leugnet. Damit wurde, wie sich Rudolf Steiner öfters ausdrückt, „der Geist abgeschafft“.

Nach anthroposophischer Auffassung ist es aber gerade der unsterbliche individuelle Geist, das Ich des Menschen, das sich wiederverkörpert und, von Ausnahmefällen abgesehen[1], nicht die weitgehend vergängliche Seele, die sich nach dem Tod durch ihre Läuterung im Kamaloka (Fegefeuer) und in den höheren Bereichen der Seelenwelt bis auf ihren unvergänglichen Rest in der allgemeinen Astralwelt zerstreut und für die nächste irdische Inkarnation weitgehend neu und mit anderen Eigenschaften wieder aufgebaut werden muss. Die Lehre von der Reinkarnation des Geistes ist darum auch streng zu unterscheiden von der Seelenwanderung oder Metempsychose. Der Leib unterliegt der Vererbung, die Seele dem selbstgeschaffenen Schicksal (Karma) und der Geist entwickelt sich durch die aufeinanderfolgenden Inkarnationen weiter.

Platon empfand noch ganz im orientlisch-vorchristlichen Sinn den Leib als Kerker oder gar als Grab der Seele (griech. τὸ μὲν σῶμά ἐστιν ἡμῖν σῆμα to men soma estin hemin sema, wörtlich: „Der Körper ist für uns ein Grab.“[2]), wodurch sie sich erst im leibfreien Zustand nach dem Tod voll entfalten und in die Ewigkeit aufschwingen könne. Im Christentum hingegen erscheint - im schroffen Gegensatz dazu - gerade die inhärente und unauflösliche Leibbezogenheit der Seele als ihre zentrale Wesenseigenschaft, die sie erst zur wahrhaft menschlichen Seele macht. Für Thomas von Aquin ist ihre wesentlichste Bestimmung, entsprechend des aristotelischen Hylemorphismus, Form des Körpers zu sein (lat. anima forma corporis)[3]. Als unsterbliche Substanz bleibt sie zwar nach dem Tod erhalten, doch kann sie leiblos nicht ihr volles Potential entfalten und verliert ihr Person-Sein, das sie nur im[4] Leib hat[5]. Sie hat daher nach dem Tod eine mindere Daseinsweise als im verkörperten Zustand und erfährt ihre Vollendung erst durch die Auferstehung des Leibes, die durch die alles übersteigende Liebe und Gnade Gottes dadurch möglich wird, dass Gott selbst in Jesus Christus Mensch geworden, durch den Tod auf Golgatha geschritten und am dritten Tage wieder auferstanden ist.

Ihrer substanziellen Natur nach entstammt die Seele dem Astralleib, der sich seinerseits aus der Astralwelt herausgegliedert hat. Die Seele ist das Organ des Bewusstseins, der Triebe und Empfindungen und der menschlichen Seelenfähigkeiten des Denkens, Fühlens und Wollens, die das Seelenleben bestimmen. Künstlerisch wird sie meist in weiblicher Gestalt dargestellt.

Die Seele als Innenwelt

"Als eigene Innenwelt ist die seelische Wesenheit des Menschen von seiner Leiblichkeit verschieden. Das Eigene tritt sofort entgegen, wenn man die Aufmerksamkeit auf die einfachste Sinnesempfindung lenkt. Niemand kann zunächst wissen, ob ein anderer eine solche einfache Sinnesempfindung in genau der gleichen Art erlebt wie er selbst. Bekannt ist, daß es Menschen gibt, die farbenblind sind. Solche sehen die Dinge nur in verschiedenen Schattierungen von Grau. Andere sind teilweise farbenblind. Sie können daher gewisse Farbennuancen nicht wahrnehmen. Das Weltbild, das ihnen ihr Auge gibt, ist ein anderes als dasjenige sogenannter normaler Menschen. Und ein Gleiches gilt mehr oder weniger für die andern Sinne. Ohne weiteres geht daraus hervor, daß schon die einfache Sinnesempfindung zur Innenwelt gehört. Mit meinen leiblichen Sinnen kann ich den roten Tisch wahrnehmen, den auch der andere wahrnimmt; aber ich kann nicht des andern Empfindung des Roten wahrnehmen. – Man muß demnach die Sinnesempfindung als Seelisches bezeichnen. Wenn man sich diese Tatsache nur ganz klar macht, dann wird man bald aufhören, die Innenerlebnisse als bloße Gehirnvorgänge oder ähnliches anzusehen. – An die Sinnesempfindung schließt sich zunächst das Gefühl. Die eine Empfindung macht dem Menschen Lust, die andere Unlust. Das sind Regungen seines inneren, seines seelischen Lebens. In seinen Gefühlen schafft sich der Mensch eine zweite Welt zu derjenigen hinzu, die von außen auf ihn einwirkt. Und ein Drittes kommt hinzu: der Wille. Durch ihn wirkt der Mensch wieder auf die Außenwelt zurück. Und dadurch prägt er sein inneres Wesen der Außenwelt auf. Die Seele des Menschen fließt in seinen Willenshandlungen gleichsam nach außen. Dadurch unterscheiden sich die Taten des Menschen von den Ereignissen der äußeren Natur, daß die ersteren den Stempel seines Innenlebens tragen. So stellt sich die Seele als das Eigene des Menschen der Außenwelt gegenüber. Er erhält von der Außenwelt die Anregungen; aber er bildet in Gemäßheit dieser Anregungen eine eigene Welt aus. Die Leiblichkeit wird zum Untergrunde des Seelischen." (Lit.: GA 9, S. 30f)

Die drei seelischen Wesensglieder

Die menschliche Seele wird dadurch gebildet, dass das individuelle menschliche Ich unterbewusst beständig an den unteren, leiblichen Wesensgliedern arbeitet und sich diese Arbeit in entsprechenden Veränderungen des Astralleibes widerspiegelt. Entsprechend den drei unteren Wesensgliedern des Menschen werden dem Astralleib dadurch folgende seelische Wesensglieder eingegliedert:

  1. Empfindungsseele
  2. Verstandes- oder Gemütsseele
  3. Bewusstseinsseele

Die erste Anlage der Empfindungsseele wurde geschaffen, als sich in der polarischen Zeit, die in gewisser Weise den alten Saturnzustand wiederholte, die Erde bis zum Feuerzustand verdichtete. Sie bildet sich weiter aus durch die unbewusste Arbeit des menschlichen Ich am Astralleib. Sie ist ein umgewandelter Teil des Astralleibs. Diese dämmerhafte unbewusste Arbeit am astralischen Leib begann in der lemurischen Zeit und erreichte ihren Höhepunkt in der Ägyptisch-Chaldäischen Kultur. Als selbstständiges Wesensglied wird die Empfindungsseelemit dem 21. Lebensjahr geboren. Aristoteles bezeichnete die Empfindungsseele als Orektikon. In der hebräischen Überlieferung wird sie Nephesch genannt.

Die Verstandes- oder Gemütsseele wurde veranlagt, als sich in der polarischen Zeit die Erde bis zum Luftzustand verdichtete. Sie stellt eine Modifikation des Astralleibs dar, die sich dadurch weiter ausbildet, dass das Ich unbewusst am Ätherleib arbeitet und das Ergebnis dieser Tätigkeit in den Astralleib zurückgespiegelt wird. Diese Arbeit begann in der atlantischen Zeit und erreichte in der griechisch-lateinischen Kultur ihren Höhepunkt. Aristoteles bezeichnete die Verstandes-oder Gemütsseele als Kinetikon. In der hebräischen Überlieferung nennt man sie Ruach. Als selbstständiges Wesensglied wird die Verstandes- oder Gemütsseele mit dem 28. Lebensjahr geboren. In der Verstandesseele geht uns erstmals das Ich auf, ohne dass sich dieses aber schon ganz klar seiner selbst bewusst wird. Das geschieht erst durch die Bewusstseinsseele.

Die Bewusstseinsseele ist ein umgewandelter Teil des Astralleibs. Ihre erste Anlage wurde geschaffen, als sich während der hyperboräischen Zeit – eine kurze Wiederholung der alten Sonnenzeit - die Erde bis zum Wasserzustand verdichtete. Sie bildet sich dadurch weiter aus, dass das Ich unbewusst umgestaltend am physischen Leib arbeitet und sich diese Tätigkeit in den Astralleib zurückspiegelt. Diese unbewusste Arbeit des Ich hat am Ende der atlantischen Zeit begonnen und strebt in unserer gegenwärtigen Kulturepoche einem Höhepunkt zu. Als selbstständiges Wesensglied wird die Bewusstseinsseele mit dem 35. Lebensjahr geboren. Aristoteles gebrauchte für die Bewusstseinsseele die Bezeichnung Dianoetikon. In der hebräischen Überlieferung wird sie Neschama genannt.

Im Sohar, dem heiligen Buch der Kabbala, wird diese Dreiheit der Seelenglieder in ihrer grundlegenden Bedeutung so beschrieben:

"Und siehe: »Als der Allheilige den Menschen erschuf, las Er dessen Stoff von den vier Seiten der Welt, stellte den Menschen selbst an den Ort des unteren Heiligtums und zog an ihn Seele des Lebens heran vom oberen Heiligtum. Und die Seele ist zusammengefaßt in drei Stufen, weshalb ihr drei Namen eignen, gemäß oberem Geheimnis: Nefesch, Ruach, Neschama. Nefesch die untere Stufe. Ruach der Bestand, der über der Seele waltet, in allem bestehend in rechter Weise. Neschama, der höhere Bestand, waltend über allem - heilige, obere Stufe. Diese drei Stufen sind im Menschen zusammengefaßt, bei jenen, welche zum Dienste ihres Herrn gewürdigt sind. Denn im Anfang ist in ihm zur Nefesch, und das ist die heilige Richte, daß in ihr der Mensch zum Rechten sich wandle. Wenn der Mensch auf dieser Stufe zur Läuterung gelangt, kann er aufsteigend an »Ruach« sich veredeln, denn dies ist die heilige Stufe, die über Nefesch ruht, daß mit ihr der Mensch, der würdig geworden, sich veredle. Ist er aber in Nefesch und Ruach aufgestiegen und hat sich im Dienste seines Herrn zum Rechten gewandelt, dann waltet über ihm Neschamah, die obere, heilige, über allen waltende Stufe, daß er mit der oberen, heiligen Stufe sich verschöne - so wird er allvollkommen, vollkommen nach allen Seiten, um würdig zu werden der kommenden Welt, als Gottgeliebter." (Lit.: Sohar, S 127f)

Alte und junge Seelen

"Sie wissen ja aus der Darstellung in meiner «Geheimwissenschaft im Umriß», daß während des lemurischen Zeitraums der Erdentwickelung nur ganz wenige Menschen die Ereignisse der Erdentwickelung auf der Erde selbst sozusagen überdauert haben, daß nur wenige auf der Erde blieben während des lemurischen Zeitraums; daß die Mehrzahl der Seelen, bevor die eigentliche Gefahr der Mumifizierung alles Menschlichen begann, sich von der Erde hinweghob nach anderen Planeten und weiterlebte auf Mars, Saturn, Venus, Jupiter und so weiter; daß dann vom Ende des lemurischen Zeitraums an und während des atlantischen Zeitraums nach und nach diese Seelen wieder herunterkamen auf die Erde, um unter den veränderten irdischen Verhältnissen sich in irdischen Leibern zu verkörpern und in immer neuen Inkarnationen zu erscheinen. Da haben wir also solche Seelen, die verhältnismäßig früh heruntergekommen sind aus der Planetenwelt, und andere, die spät, erst in späten Zeiträumen der atlantischen Entwickelung niedergestiegen sind. Die ersteren Seelen, die also früher heruntergekommen sind, haben mehr Inkarnationen innerhalb der Erde hinter sich als die später herniedergestiegenen, und diese können wir daher im Gegensatz zu den ersteren, jüngere Seelen nennen, Seelen, die also weniger in sich aufgenommen haben.

Eine alte Seele war diejenige Individualität, die sich hinter dem Namen Gilgamesch verbirgt, und eine jüngere, die in Eabani verkörpert war am Ausgangspunkte der babylonischen Kultur. Ja, in bezug auf dieses Jüngere oder Ältere der menschlichen Seelen zeigt sich - man möchte fast sagen selbst zur Überraschung des Okkultisten - etwas sehr Merkwürdiges. Wenn zum Beispiel irgend jemand heute es so weit gebracht hat, daß er die Wahrheiten der Geisteswissenschaft ein wenig zugibt, sonst aber noch immer an den Vorurteilen und Werturteilen der äußeren Welt hängt, dann wird es ihm ja plausibel erscheinen, daß zum Beispiel Philosophen- oder Gelehrtenseelen unserer heutigen Zeit zu den älteren Seelen gerechnet werden müssen. Die okkulte Forschung ergibt das gerade Gegenteil, so sonderbar es klingt, und es ist für den Okkultisten selbst überraschend, daß zum Beispiel in Kant eine junge Seele lebte. Ja, die Tatsachen sagen es, da ist nichts dagegen zu machen. Und man könnte nun darauf hinweisen, daß die jüngeren Seelen sich allerdings in der Mehrzahl in den farbigen Rassen verkörpern, daß also die farbigen Rassen, namentlich die Negerrasse, vorzugsweise jüngere Seelen zur Verkörperung bringen. Aber gerade das Eigentümliche jener menschlichen Denkungsart, die sich in Gelehrsamkeit, in der heutigen materialistischen Wissenschaft auslebt, die bedingt jüngere Seelen. Und es ist sogar nachweisbar, daß bei mancher Persönlichkeit, bei der man es gar nicht voraussetzen würde, die vorhergehende Inkarnation durchaus bei den Wilden liegt. Ja, das sagen wieder die Tatsachen! Das alles muß durchaus festgehalten werden, es ist so. Das nimmt natürlich den Urteilen, die wir über unsere Umwelt haben, nichts von ihrer Bedeutung, nichts von ihrem Werte; dennoch muß es erfaßt werden zum Gesamtverständnis dessen, um was es sich handelt. In diesem Sinne haben wir es mit Eabani im alten Babylonien zu tun mit einer jungen Seele, in Gilgamesch mit einer alten Seele. Eine solche alte Seele, die wird ihrer ganzen Natur nach früh erfassen, was gewissermaßen nicht nur Kulturelement, Kulturfaktor der Gegenwart ist, sondern was als Kultureinschlag in die Gegenwart hereinfällt und weit hinausblicken läßt in die Perspektive der Zukunft." (Lit.: GA 126, S. 34f)

Das Schicksal der Seele nach dem Tod

Stadtpfarrkirche Rohrbach. Aller-Seelen-Altar (1700) - Altargemälde: Arme Seelen im Fegefeuer.

Unmittelbar nach dem Tod erlebt der Mensch zunächst für etwa zwei bis drei Tage ein umfassendes Lebenspanorama, das ihm sein vergangenes Erdenleben in Gleichzeitigkeit vor das Bewusstsein stellt. Während dieser kurzen, als beglückend empfundenen Zeit zerstreut sich sein Ätherleib bis auf einen kleinen Rest im Weltenäther. Erst danach tritt der Tote in den Zustand des Kamalokas ein, das die 3 bzw. 4 niederen Partien der Seelenwelt (Astralwelt) umfasst, in denen der Mensch jene Begierden ablegen muss, die nur mittels des mit dem Tode abgelegten physischen Leibes befriedigt werden könnten und die ihn noch an das vergangene Erdenleben fesseln. Ein großer Teil des Astralleibs wird hier abgelegt und geht in der allgemeinen Astralwelt auf. Im Kamaloka begegnet der Mensch den geistig-kosmischen Kräften der Mondensphäre.

"Die erste Zeit nach dem Tode — das wurde ja schon gesagt — ist eigentlich für den Menschen ausgefüllt mit einer Art von Zusammenhang mit dem letzten Erdenleben. Es ist eine Art von Herauswachsen aus dem letzten Erdenleben, so daß in der Tat in diesen ersten Zeiten nach dem Tode alles das fortdauert, was im Erdenleben den menschlichen Astralleib ergriffen hat. Was diesen menschlichen Astralleib beschäftigt hat, die Art der Affekte, die Art der Leidenschaften, die Art der Gefühle, das dauert fort. Und weil der Mensch hier in der physischen Verkörperung alle diese Dinge bewußt nur erlebt, wenn er innerhalb seines physischen Leibes ist, so ist natürlich das Erlebnis all dieser im Astralleib befindlichen Kräfte wesentlich anders, wenn der Mensch durch das Gebiet durchgeht, das da liegt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Es ist dieses Erleben im wesentlichen durchzogen in normalen Fällen — es gibt davon viele Ausnahmen — in den ersten Zeiten nach dem Tode von einer gewissen Entbehrung, hervorgerufen dadurch, daß der Mensch in seinem Astralleibe leben muß, ohne daß ihm der physische Leib zur Verfügung steht. Der Mensch drängt darnach, noch seinen physischen Leib zu haben; das hält den Menschen eine kürzere oder längere Zeit — man darf es schon so nennen - im normalen Falle in der Sphäre der Erde zurück. Alles Kamaloka verläuft ja eigentlich in der Sphäre zwischen der Erde und der Mondenbahn; aber das eigentliche für den Menschen bedeutungsvolle Kamaloka verläuft viel näher der Erde als, sagen wir, der Mondenbahn." (Lit.: GA 140, S. 266f)

In manchen Fällen werden die Toten länger als üblich an die Erdensphäre gebunden. Oft wird dieses für den Toten nur schwer zu ertragende Erlebnis dadurch verursacht, dass der Mensch es während des Erdenlebens versäumt hat, sich Begriffe und Vorstellungen zu bilden, die über das irdische Dasein hinausreichen. Es können aber auch Sorgen für zurückgelassene Freunde, Verwandte und Kinder oder unerfüllte Aufgaben sein, die den Toten noch lange an das Erdendasein fesseln. Man kann dann den Toten helfen, indem man ihre Aufgaben und Pflichten übernimmt. Für die Erde selbst und die hier zurückgelassenen Menschen stellen die erdgebundenen Toten ein großes Problem dar, denn „vieles von dem, was an zerstörenden Kräften wirkt innerhalb der Erdensphäre, kommt von solchen in diese Erdensphäre gebannten Toten.“ (Lit.: GA 182, S. 20)

Siehe auch: Erdgebundene Tote

Unsterblichkeit der Seele

Betende Madonna auf der Mondsichel, Spanien, 17. Jh. (anonym)

Die Unsterblichkeit der Seele besteht nicht einfach im Fortleben dessen, was wir als empirisches Seelenleben aus dem Erdendasein kennen, denn dieses ist weitgehend an die Tätigkeit unserer physischen Organistation gebunden.

"Diejenigen, die über die Unsterblichkeit der Seele gedacht haben, haben immer gedacht wie über etwas, was im gewöhnlichen Leben ist und durch die Pforte des Todes geht; während man das, was durch die Pforte des Todes geht, eben erst suchen muß, denn es liegt so tief verborgen in der Seele, daß es gar nicht beachtet wird, daß die Aufmerksamkeit im gewöhnlichen Leben nicht darauf gerichtet ist; aber es ist eben doch da. Und wenn derjenige, der so wirklich, gleichsam chemisch, abtrennt das Geistig-Seelische vom Leiblichen, wenn er dieses Geistig-Seelische dann erlebt, wie es geborgen wird in einer über ihm stehenden, übersinnlichen Welt von geistigen Wesenheiten, dann weiß er auch, daß er in diesem, sich im gewöhnlichen Leben Verbergenden der Seele — so wie der Wasserstoff im Wasser verborgen ist —, daß er in dem etwas hat, was ganz im geheimen arbeitet, sozusagen zwischen den Zeilen des Lebens; was so die feinsten Kräfte der Seele, der Erfahrung, der moralischen Fähigkeiten des Menschen in sich aufnimmt, wie der kleine Pflanzenkeim aufnimmt aus der ganzen Pflanze die Kräfte, um sie zu konzentrieren. Und wie nach dem Abwelken, nachdem die Blätter abwelken und die Blüte erstirbt, die Pflanze als kleinen Keim das, was in der vorigen Pflanze gelebt hat, hinüberträgt in die folgende Pflanze, das, was die Pflanze als Keim hinüber gerettet hat, — so ist es in der Menschenseele. Wenn man sie so herausdestilliert, so merkt man: unablässig arbeitet in jedem Augenblick des Lebens, wachend und schlafend, diese Menschenseele in den Untergründen des alltäglichen Lebens, arbeitet heraus alles das, was wir uns an Fähigkeiten aneignen, wird durchdrungen, tief durchdrungen von dem, was sie getan hat an Unrecht und Recht, Schön und Häßlich; das trägt sie in sich, wie der Pflanzenkeim in sich trägt den Keim der ganzen neuen Pflanze. Und dann weiß man, daß das so verborgen in der Seele Lebende ein Leben durchmacht zwischen Tod und neuer Geburt — und wiederum zurückkehrt zum Erdenleben. In dem Leben zwischen Tod und neuer Geburt sammelt aus einer geistigen Welt heraus dann der Mensch die Kräfte, die aber Bildekräfte werden, so daß er sich durch eine neue Geburt vereinigen kann mit dem, was ihm gegeben wird von Vater und Mutter, von der Vorfahrenreihe. So durchlebt die Menschenseele nicht ein Erdenleben, sondern aufeinanderfolgende Erdenleben." (Lit.: GA 64, S. 342f)

Vor allem aber ist die Unsterblichkeit der Seele nicht etwas, das dem Menschen von vornherein und unverlierbar geben ist, sondern etwas, das er sich aktiv erwerben und ebenso aktiv bewahren muss.

"Innere Aktivität, inneres aktives Mittun mit dem, was der Mensch aus sich macht, sogar was er aus sich macht als einem unsterblichen Wesen, das ist notwendig. Der Mensch muß arbeiten an seiner Unsterblichkeit. Das ist dasjenige, was sich die meisten Menschen gern wegzaubern lassen möchten. Sie glauben, eine Erkenntnis kann einen nur etwas von dem lehren, was ja sowieso ist, kann einen höchstens lehren, der Mensch sei unsterblich [...]

Das ist im Grunde genommen in Wahrheit ja die christliche Lehre. Daher soll der Mensch nicht bloß, wie es ein neueres Bekenntnis durchaus will, den Glauben an Christus haben, sondern er soll das Pauluswort beherzigen: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Die Kraft des Christus in mir, entwickelt muß sie werden wollen und ausgebildet muß sie werden! Der Glaube als solcher kann durchaus den Menschen nicht retten, sondern einzig und allein das innere Zusammenarbeiten mit dem Christus, das innere Sich-Erarbeiten der Christuskraft, die ja immer da ist, wenn man sie sich erarbeiten will, die aber erarbeitet werden muß. Initiative, Aktivität, das ist es, womit die Menschheit sich wird erfüllen müssen. Und einsehen wird sie müssen, daß der bloß passive Glaube den Menschen einfach zu leicht macht, so daß allmählich die Unsterblichkeit auf der Erde sterben würde. Das ist das Bestreben des Ahriman." (Lit.: GA 205, S. 186f)

"Platons "Phaidon" will nichts anderes als Seelenewigkeit. Er will Seelenewigkeit nicht etwa beweisen. Es handelt sich nicht um logische Beweise. Er bezweckt ein Hinaufleben desjenigen, was sich um Sokrates herumschart, und ein Einleben in eine neue Welt. Die Seele soll sich erheben dadurch, dass sie sich abwendet von dem, was man mit Augen sehen und mit Ohren hören kann. Kurz, die Ewigkeit soll etwas sein, was man erwirbt, was man durch die Einführung in die Mysterien erwirbt. Platos Schüler sagt: Die Seele kann unsterblich werden, wenn sie sich erhebt zur Ewigkeitsschau. Wenn sie das Geistige sieht, nimmt sie Anteil am geistigen Leben. Dadurch wird sie ewig. Das ist ein Entwicklungsprozess, den wir im platonischen "Phaidon" durchgemacht haben, auch ein Entwicklungsprozess, den wir im "Gastmahl" sehen [...]

Das ist das, was als Grundelement den platonischen "Phaidon" durchzieht. Da sagt Plato: Ihr könnt sehen, was Ihr wollt, wenn Ihr aber nur das wahrnehmt, was Eure Augen, Ohren, die äusseren Sinne geben, dann könnt Ihr nicht ins Geistige kommen. Das Uebersinnliche ist es, was Euch die Seelenewigkeit verbürgt. - Er konnte die Seelenewigkeit nicht beweisen lassen. Die Schüler sollten sie erwerben, sie sollten unsterblich werden. Das ist die Grundauffassung der platonischen Methode." (Lit.: R. Steiner 1901/1902, 12. Vortrag, [1])

Die persönliche Unsterblichkeit - das über den Tod hinaus fortdauernde Bewusstsein von der Persönlichkeit - hat der sich der Mensch überhaupt erst durch die Bewusstseinsseele errungen.

"In Spanien wurde von den maurischen Gelehrten, vor allen Dingen von einer solchen Persönlichkeit wie Averroes, gelehrt, wie die Intelligenz überall waltet, wie die ganze Welt, der Kosmos erfüllt ist von der allwaltenden Intelligenz. Die Menschen unten auf der Erde, sie haben verschiedene Eigenschaften, aber sie haben nicht eine eigene, persönliche Intelligenz. Sondern jedesmal, wenn ein Mensch auf der Erde wirkt, so geht ein Tropfen der Intelligenz, ein Strahl der Intelligenz von der allgemeinen Intelligenz aus, senkt sich gewissermaßen in den Kopf, in den Körper des Menschen, erfüllt ihn, so daß, wenn ein Mensch auf Erden herumgeht, er etwas hat wie eine Art Teil der ganz allgemeinen kosmischen Intelligenz. Stirbt dann der Mensch,

Tafel 9
Tafel 9

geht er durch die Pforte des Todes, so geht das, was er als Intelligenz gehabt hat, zurück in die allgemeine Intelligenz, fließt zurück. So daß, was der Mensch während des Lebens zwischen Geburt und Tod an Gedanken, Begriffen, Ideen hat, in das allgemeine Reservoir der allgemeinen Intelligenz zurückfließt und man nicht davon sprechen kann, daß dasjenige, was der Mensch als besonders Wertvolles in seiner Seele trägt, seine Intelligenz, einer persönlichen Unsterblichkeit unterliegt.

Das war auch durchaus gelehrt von den spanisch-maurischen Gelehrten, daß der Mensch eine persönliche Unsterblichkeit nicht hat. Er lebt weiter, aber es ist ja das Wichtigste an ihm - so sagten die Gelehrten -, daß er während des Lebens intelligentes Wissen entfalten kann. Das geht aber nicht mit seinem Wesen mit. Also kann man nicht sagen, daß das intelligente Wesen eine persönliche Unsterblichkeit hat. Sehen Sie, das war, ich möchte sagen, der Furor des Kampfes der Scholastiker unter den Dominikanern, der Furor, geltendzumachen die persönliche Unsterblichkeit des Menschen. Es konnte das in jener Zeit nicht anders auftreten als so, daß diese Dominikaner geltend machten: Der Mensch ist persönlich unsterblich, und das, was Averroes lehrt, ist Ketzerei, ist Häresie. Das müssen wir heute anders sagen. Aber für die damalige Zeit ist begreiflich, daß man einen Menschen, der die persönliche Unsterblichkeit nicht annahm, wie Averroes in Spanien, für einen Häretiker erklärte. Heute müssen wir die Sache der Wirklichkeit, der Realität gemäß betrachten. Wir müssen sagen: In dem Sinne, wie der Mensch unsterblich geworden ist seiner Bewußtseinsseele nach, hat er sich diese Unsterblichkeit - dieses fortdauernde Bewußtsein von der Persönlichkeit -, nachdem er durch die Pforte des Todes durchgegangen war, erst errungen seit der Zeit, da eine Bewußtseinsseele im Erdenmenschen Platz greift. Wenn man also Aristoteles oder Alexander gefragt hätte, wie sie über Unsterblichkeit denken, wie würden sie geantwortet haben? Auf Worte kommt es nicht an, aber wenn sie gefragt worden wären und wenn sie in christlicher Terminologie geantwortet hätten, würden sie gesagt haben: Unsere Seele wird aufgenommen von Michael, und wir leben fort in der Gemeinschaft des Michael. - Oder sie würden es kosmologisch ausgedrückt haben; gerade aus einer solchen Gemeinschaft heraus, wie die des Alexander oder des Aristoteles war, würde man kosmologisch gesagt haben, und man hat es auch gesagt: Die Seele des Menschen ist intelligent auf Erden, aber diese Intelligenz ist ein Tropfen aus der Fülle dessen, was Michael ergießt wie einen intelligenten Regen, der die Menschen überströmt. Und dieser Regen geht von der Sonne aus, die Sonne nimmt in ihr eigenes Wesen wiederum zurück des Menschen Seele, und die Menschenseele, die da besteht zwischen Geburt und Tod, sie strahlt aus der Sonne auf die Erde nieder. Michael-Herrschaft hätte man auf der Sonne gesucht. So würde man kosmologisch geantwortet haben." (Lit.: GA 237, S. 163ff)

Seelentod

Siehe auch: Seelentod und Ganztod

Der Seelentod, das Absterben bzw. die völlige Auflösung der Seele, droht jenen Menschen, die ihre Seele während des Erdenlebens nur mit irdisch vergänglichem Wissen erfüllen. Sie wird zur Zeit des Jüngsten Gerichts der zweite Tod, wenn nicht nur der physische Leib, sondern auch der Ätherleib in seiner der Erdentwicklung entsprechenden Form endgültig abgelegt wird, besonders hart treffen, da sie nicht über die notwendige Seelensubstanz verfügen, durch die sie ihre weitere Entwicklung auf dem Neuen Jupiter - dem Neuen Jerusalem aus der Apokalypse des Johannes - fortführen können. Nur an denjenigen, die ihren Astralleib erfüllt haben mit der Christus-Wesenheit, wird der zweite Tod unbemerkt vorüber gehen.

„Diejenigen, deren Ätherleib ganz im Einklang ist mit dem astralischen Leib, die werfen ohne Schmerzen diesen Ätherleib ab, denn sie bleiben in ihrem astralischen Leibe, der erfüllt ist von der Christus-Wesenheit, und sie empfinden es als Entwickelungsnotwendigkeit, daß der Ätherleib abgestreift wird. Denn sie fühlen in sich die Fähigkeit, ihn wiederum selbst aufzubauen, weil sie Christus in sich aufgenommen haben. Diejenigen aber, die in diesem Ätherleib die Begierde nach dem haben, was vergangen ist, die können diesen Ätherleib auch nicht behalten, wenn alles astralisch wird. Er wird ihnen genommen werden, wird aus ihnen gerissen werden, und jetzt empfinden sie das als ein zweites Sterben, als den «zweiten Tod». Dieser zweite Tod geht an den anderen, die ihren Ätherleib mit dem astralischen Leib durch Aufnahme des Christus-Prinzips harmonisch gemacht haben, unvermerkt vorüber. Über sie hat der zweite Tod keine Macht. Die anderen empfinden aber den zweiten Tod beim weiteren Hinüberleben in jene folgende astralische Gestalt. Dann ist die Menschheit in jenem Zustand, wo diejenigen, die das Ziel der Entwickelung erreicht haben, ihren astralischen Leib ganz durchdrungen haben mit Christus. Sie sind reif, hinüberzuleben nach dem Jupiter, sie entwerfen auf unserer Erde den Plan zur Jupiterentwickelung. Das ist der Plan, der genannt wird das neue Jerusalem. Sie leben in einem «neuen Himmel» und einer «neuen Erde»: das ist Jupiter. Dieser neue Jupiter wird begleitet sein wie von einem Trabanten von denjenigen, die ausgeschlossen sind von dem Leben im Geistigen, die den zweiten Tod erlebt haben, die daher keine Möglichkeit haben, das Jupiterbewußtsein zu erlangen.“ (Lit.:GA 104, S. 246f)

Abstammung der Seelen

„Alle Seelen stammen ab von Christus, und eine solche Zeit wird kommen, wo den Seelen das zum Bewußtsein kommt und wo sie verstehen werden, daß auch der Ausgleich unter den Seelen nur durch den Christus geschehen kann.“ (Lit.:GA 266c, S. 48)

(Aufzeichnung C)

„Im Urbeginn war eine Seelensubstanz vorhanden, die sich dann in die unzähligen differenzierten Einzelseelen teilte; durch diese Differenzierung entstand das Karma, das besteht in seelischen Zusammenhängen von Mensch zu Mensch. In der Zeit vor dem Ereignis von Palästina lebten sich diese karmischen Zusammenhänge in der Blutsverwandtschaft aus, waren an das Blut gebunden. Aber gerade zur Zeit des Mysteriums von Golgatha versiegte allmählich diese Seelensubstanz, und die Menschen wären seelenlos über die Erde dahingegangen am Ende der Erdenentwicklung, wären in die Tierheit verfallen in Menschenleibern, die die Karikaturen von Tierleibern sein würden; und die Iche (denn nicht das Ich stirbt aus, an dieses ist das Karma gebunden bis zum Ende) würden leer und seelenlos sein, wenn nicht das Mysterium von Golgatha stattgefunden hätte. Der Christus ist der geistig-seelische Stammvater der jetzigen Menschheit, wie Adam es in bezug auf den Leib ist und nur, indem wir uns mit der Christus-Substanz, dem Christus-Impuls erfüllen, entgehen wir der Seelenlosigkeit, und das tun wir, indem wir die Erkenntnisse über das Mysterium von Golgatha in uns aufnehmen und in uns leben lassen. Immer seelischer werden dann die Beziehungen und das Zusammenleben von Mensch und Mensch.“ (S. 48f)

(Aufzeichnung D)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu das Prinzip der spirituellen Ökonomie.
  2. Gorgias 493a2-3
  3. siehe dazu auch: Richard Heinzmann: Anima unica forma corporis - Thomas von Aquin als Überwinder des platonisch-neuplatonischen Dualismus in Philosophisches Jahrbuch, 93. Jahrgang, Verlag Karl Alber, Freiburg/München 1986, S. 236ff
  4. im Leib, aber nicht durch den Leib
  5. „Die vom Leibe getrennte Seele ist eine einzelne für sich bestehende Substanz der vernünftigen Natur. Sie ist aber nicht «Person».“ (Summe der Theologie I 29,1,V)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Christentum als mystische Tatsache, 24 Vorträge, gehalten in Berlin vom 19. Oktober 1901 - 26. April 1902, nicht veröffentlicht in der GA.
  2. Rudolf Steiner: Theosophie, GA 9 (2002), Kapitel Die seelische Wesenheit des Menschen, ISBN 3-7274-0090-0
  3. Rudolf Steiner: Aus schicksaltragender Zeit, GA 64 (1959), ISBN 3-7274-0640-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Die Apokalypse des Johannes, GA 104 (1985), ISBN 3-7274-1040-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Okkulte Geschichte, GA 126 (1992), ISBN 3-7274-1261-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Okkulte Untersuchungen über das Leben zwischen Tod und neuer Geburt, GA 140 (1961) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Der Tod als Lebenswandlung, GA 182 (1996), ISBN 3-7274-1820-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil, GA 205 (1987), ISBN 3-7274-2050-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Dritter Band, GA 237 (1991), ISBN 3-7274-2370-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  10. Rudolf Steiner: Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III: 1913 und 1914; 1920 – 1923, GA 266/3 (1998), ISBN 3-7274-2663-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  11. Rudolf Steiner, Harald Haas (Hrsg.): Grenzerlebnisse der Seele: Schreck, Scham, Zweifel und schreckvollste Verwirrung (Thementexte), Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2016, ISBN 978-3727454158
  12. Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala, aus dem Hebräischen übertragen und herausgegeben von Ernst Müller, Diederichs Gelbe Reihe, Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München 2005, ISBN 3-7205-2643-7
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.