Die Prüfung der Seele und Kenosis: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Mysteriendramensiegel_2.gif|thumb|250px|Siegelbild für das zweite Mysteriendrama nach dem Entwurf [[Rudolf Steiner]]s.]]
'''Kenosis''' ({{ELSalt|κένωσις}} „Leerwerden“, „Entäußerung“) ist das Substantiv zu dem von [[Paulus von Tarsus|Paulus]] im Brief an die [[Wikipedia:Philipper|Philipper]] gebrauchten Verb ''ekenosen'', „er entäußerte sich“ (Phil. 2, 7). Über [[Jesus]] ausgesagt, bedeutet der Begriff den Verzicht auf [[Gott|göttliche]] Attribute bei der [[Menschwerdung Gottes|Menschwerdung]]. Darüber hinaus kann er das „Leerwerden“ des einzelnen Gläubigen für den Empfang der göttlichen [[Gnade]] bezeichnen.
== Die Prüfung der Seele ==
=== Szenisches Lebensbild als Nachspiel zur «[[Pforte der Einweihung]]» ===


ist das zweite von [[Rudolf Steiner]] verfasste [[Mysteriendrama]]. Die Uraufführung fand am [[Wikipedia:17. August|17. August]] [[Wikipedia:1911|1911]] im ''Gärtnerplatz-Theater'' in [[Wikipedia:München|München]] statt.
==Bedeutung==


===Kurzinhalt===
Paulus zitiert in {{B|Phi|2|5-11|EU}} möglicherweise einen ihm schon vorliegenden Hymnus:


Die Handlung spielt mehrere Jahre nach den Geschehnissen der „[[Die Pforte der Einweihung|Pforte der Einweihung]]. Am Beispiel des Johannes Thomasius ist Capesius klar geworden, dass der Mensch erkennend in die geistige Welt vordringen kann, doch machtlos fühlt er sich, selbst diesen Weg zu gehen. Maria erkennt durch Benedictus Hilfe, dass sie sich für einige Zeit von Johannes lösen muss, um ihm die eigenständige geistige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Für Johannes ist diese Trennung schmerzlich und die folgende Begegnung mit dem Doppelgänger zeigt ihm deutlich seine Schwächen. Strader hat indessen sein fruchtloses Erkenntnisstreben aufgegeben und widmet sich als Vorsteher einer Schraubenfabrik praktischen Lebensaufgaben. Eine wichtige Rolle spielen auch wieder Philia, Astrid und Luna, die die menschlichen Seelenkräfte mit dem Kosmos verbinden, und die andre Philia, die diese Verbindung zu hemmen sucht, aber gerade dadurch das Element der Liebe in die Welt trägt.
:5 Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: 6 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, 7 sondern er entäußerte sich ''(heauton ekenosen)'' und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen;


Auf dem Heimweg vom Häuschen der Familie Balde erlebt Capesius eine erschütternde Rückschau in seine vorige Inkarnation, die gleichzeitig auch Maria und Johannes miterleben. Diese Rückblende in die Zeit des Hochmittelalters bildet das Kernstück des zweiten Dramas und offenbart die Schicksalsverflechtungen zwischen den handelnden Personen. Maria wirkte damals als streng kirchentreuer Mönch und nahm Johannes, damals Thomas genannt, ganz gegen den Templerorden ein, für den dieser als Bergwerksmeister arbeitete. In einem der führenden Ordensmeister, der früheren Inkarnation des Capesius, muss Thomas seinen lange vermissten Vater wiedererkennen, der vor vielen Jahren schmählich die Familie verlassen hatte. In Cäcilia, der Theodora des ersten Dramas und jetzigen der Pflegetochter der Kühnes, erkennt er seine lang vermisste Schwester wieder. Der heilkundige, aber von den Dorfbewohnern wenig geliebte, doch mit den Tempelrittern eng verbundene Jude Simon erweist sich als frühere Inkarnation Straders. Der Geist des Benedictus, der einst der verehrte Lehrmeister des Mönches gewesen war, gibt Maria, in ihrer damaligen Inkarnation, schließlich Einblicke in die wahren und edlen Motive der Tempelritter und stößt damit ein Umdenken an.
Die Frage, wie das Verhältnis der göttlichen und menschlichen Natur Jesu zueinander zu denken sei, wurde vor allem in der [[Wikipedia:Protestantismus|protestantischen]] Theologie des [[Wikipedia:16. Jahrhundert|16.]] und dann wieder des [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]]s diskutiert und unterschiedlich beantwortet.


Capesius kann seine Schuld aus der vorigen Inkarnation nicht verwinden und flüchtet sich in die bewusstseinsdämpfende schmerzlindernde Nähe Luzifers, in dessen Fänge auch Thomasius durch seine Schwäche und unterschwellige Triebhaftigkeit geworfen wird. Und so können am Ende nur Maria und Strader, er allerdings nur unbewusst, den geistigen Sonnentempel der Hierophanten betreten.
* [[Wikipedia:Martin Chemnitz|Martin Chemnitz]] (1522-1586) vertrat die Auffassung, dass Jesus bei der Menschwerdung ganz auf seine göttlichen Eigenschaften verzichtet habe.


== Personen, Gestalten und Vorgänge ==
* [[Wikipedia:Johannes Brenz|Johannes Brenz]] (1499-1570) zufolge besaß er sie, machte aber keinen Gebrauch davon.


Die geistigen und seelischen Erlebnisse der Menschen, welche in dieser „Prüfung der Seele“ gebildet sind, stellen eine Fortsetzung derjenigen dar, welche in dem früher erschienenen Lebensbilde „[[Die Pforte der Einweihung]]“ vorgeführt worden sind.
Im 19. Jahrhundert bildete sich eine eigene Schule von '''Kenotikern''':


*[[Professor Capesius]]  
* [[Wikipedia:Gottfried Thomasius|Gottfried Thomasius]] (1802-1875) unterschied die „weltbezogenen“ Wesenszüge Gottes, nämlich [[Allmacht]], [[Allgegenwart]], [[Allwissenheit]], von den „[[Immanenz|immanenten]]“ Wesenszügen [[Macht]], [[Wahrheit]], [[Heiligkeit]], [[Liebe]]; letztere habe auch Jesus nicht veräußern können.
*[[Benedictus]], Hierophant des Sonnentempels
<table><tr><td width="150px">
*[[Philia, Astrid und Luna|Philia]]
*[[Philia, Astrid und Luna|Astrid]]
*[[Philia, Astrid und Luna|Luna]]
</td><td width="400px">
die geistigen Wesenheiten, welche die Verbindung der menschlichen Seelenkräfte mit dem Kosmos vermitteln; nicht allegorisch, sondern so, wie sie für die geistige Erkenntnis Realität sind.
</td></tr></table>
*[[Die andere Philia]], die geistige Wesenheit, welche die Verbindung der Seelenkräfte mit dem Kosmos hemmt.
*Die Stimme des Gewissens   
*[[Maria (Mysteriendrama)|Maria]]  
*[[Johannes Thomasius]]  
*[[Doktor Strader]]  
*[[Felix Balde]]  
*[[Frau Balde]]  
*Der Doppelgänger des Johannes Thomasius


*[[Luzifer|Lucifer]]  
* [[Wikipedia:Wolfgang Geß|Wolfgang Geß]] (1819-1891) vertrat darüber hinaus, dass Jesus auch diese immanenten Eigenschaften nicht besessen, ja nicht einmal das Bewusstsein gehabt habe, von jeher Gott zu sein. „''Man muß bei Geß fragen, ob von einer Gegenwart Gottes in dem Menschen Jesus überhaupt noch etwas bleibt.''“ ([[Wikipedia:Paul Althaus|P. Althaus]])
*[[Ahriman]]
 
*Sechs Bauern und sechs Bäuerinnen
*[[Simon, der Jude]], vorige Inkarnation des Doktor Strader
*[[Johannes Thomasius|Thomas]], vorige Inkarnation des Johannes Thomasius
*[[Ein Mönch]], vorige Inkarnation Maria’s
*[[Der Grossmeister]], Oberhaupt eines Zweiges einer mystischen Brüderschaft
*[[Erster Präzeptor]] derselben Brüderschaft, vorige Inkarnation des Professors Capesius
*[[Zweiter Präzeptor]]  
*[[Erster Zeremonienmeister]] derselben Brüderschaft
*[[Zweiter Zeremonienmeister]]  
*Der Geist des Benedictus   
*[[Joseph Kühne]], vorige Inkarnation des Felix Balde
*[[Frau Kühne]], vorige Inkarnation der Frau Balde
*[[Berta]], deren Tochter, vorige Inkarnation der andren Maria in der „Pforte der Einweihung“
*[[Cäcilia]], genannt Cilli, Kühnes Pflegetochter, vorige Inkarnation der Theodora in der „Pforte der Einweihung“
*[[Theodosius]], Hierophant des Sonnentempels
*[[Romanus]], Hierophant des Sonnentempels


Die Ereignisse des sechsten, siebenten, achten und neunten Bildes sind der Inhalt der geistigen Rückschau des Capesius in sein voriges Leben. Dieselbe Rückschau erleben (wie die Darstellung selbst zeigt) zugleich Maria und Johannes Thomasius, nicht aber Strader, dessen vorige Inkarnation nur von Capesius, Maria und Johannes geschaut wird. Die Bilder der Rückschau in das vierzehnte Jahrhundert sind als Ergebnisse der imaginativen Erkenntnis gedacht und stellen sich daher gegenüber der Geschichte als idealisierte Darstellung von Lebensverhältnissen dar, die in der physischen Welt nur durch ihre Wirkungen erkennbar sind. Die Art der Lebenswiederholung (von Vorgängen des vierzehnten Jahrnunderts in der Gegenwart) darf nicht als etwas allgemein gültiges aufgefaßt werden, sondern als etwas, das nur an einem Zeitenwendepunkt geschehen kann. Daher sind auch die Konflikte, wie sie hier dargestellt werden, als Folgen aus einem vorigen Leben nur für einen solchen Zeitabschnitt möglich.
Während solche Unterscheidungen heute ihr [[Wikipedia:Theologie|theologisches]] Gewicht verloren haben, wird den Kenotikern zugute gehalten, dass sie die Menschlichkeit Jesu betont haben, nachdem davor lange seine göttliche Majestät im Vordergrund stand.


==Literatur==
==Siehe auch==
#Rudolf Steiner: ''Vier Mysteriendramen'', [[GA 14]] (1998), ISBN 3-7274-0140-0
* [[Entäußerung]]
* [[Zimzum]]


{{Vorlage:GA}}
== Literatur ==
* [[Wikipedia:Paul Althaus|Paul Althaus]]: ''Kenosis'', in: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG)'', Tübingen 1959 (3. Auflage), Band 3, Sp. 1243 ff.


==Weblinks==
== Weblink ==
#[[Bild:adobepdf_small.gif]] http://anthroposophie.byu.edu/schriften/014b.pdf - Die Prüfung der Seele als PDF-Dokument.
* [http://www.newadvent.org/cathen/08617a.htm A.J. Maas: „Kenosis“, in: ''The Catholic Encyclopedia'', Bd. 8], New York 1910


[[Kategorie:Kunst]] [[Kategorie:Dichtung]] [[Kategorie:Drama]] [[Kategorie:Mysteriendrama]]
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
[[Kategorie:Theologie]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 24. August 2017, 02:41 Uhr

Kenosis (griech. κένωσις „Leerwerden“, „Entäußerung“) ist das Substantiv zu dem von Paulus im Brief an die Philipper gebrauchten Verb ekenosen, „er entäußerte sich“ (Phil. 2, 7). Über Jesus ausgesagt, bedeutet der Begriff den Verzicht auf göttliche Attribute bei der Menschwerdung. Darüber hinaus kann er das „Leerwerden“ des einzelnen Gläubigen für den Empfang der göttlichen Gnade bezeichnen.

Bedeutung

Paulus zitiert in Phi 2,5-11 EU möglicherweise einen ihm schon vorliegenden Hymnus:

5 Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: 6 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, 7 sondern er entäußerte sich (heauton ekenosen) und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen;

Die Frage, wie das Verhältnis der göttlichen und menschlichen Natur Jesu zueinander zu denken sei, wurde vor allem in der protestantischen Theologie des 16. und dann wieder des 19. Jahrhunderts diskutiert und unterschiedlich beantwortet.

  • Martin Chemnitz (1522-1586) vertrat die Auffassung, dass Jesus bei der Menschwerdung ganz auf seine göttlichen Eigenschaften verzichtet habe.
  • Johannes Brenz (1499-1570) zufolge besaß er sie, machte aber keinen Gebrauch davon.

Im 19. Jahrhundert bildete sich eine eigene Schule von Kenotikern:

  • Wolfgang Geß (1819-1891) vertrat darüber hinaus, dass Jesus auch diese immanenten Eigenschaften nicht besessen, ja nicht einmal das Bewusstsein gehabt habe, von jeher Gott zu sein. „Man muß bei Geß fragen, ob von einer Gegenwart Gottes in dem Menschen Jesus überhaupt noch etwas bleibt.“ (P. Althaus)

Während solche Unterscheidungen heute ihr theologisches Gewicht verloren haben, wird den Kenotikern zugute gehalten, dass sie die Menschlichkeit Jesu betont haben, nachdem davor lange seine göttliche Majestät im Vordergrund stand.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Althaus: Kenosis, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG), Tübingen 1959 (3. Auflage), Band 3, Sp. 1243 ff.

Weblink

Einzelnachweise


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Kenosis aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.