Psychisches Bewusstsein und Katharer: Unterschied zwischen den Seiten

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Im '''psychischen Bewusstsein''', auch '''Imagination''' (von [[lat.]] ''imago'', „Bild“) oder '''Äthersehen''' genannt, vereinigt sich das [[Bilder-Bewusstsein]] des [[Alter Mond|alten Mondes]] mit dem gegenwärtigen [[Gegenstands-Bewusstsein]] auf höherer Ebene. Es entsteht dadurch ein selbstbewusstes Bilderbewusstsein, das der Mensch auf dem [[Neuer Jupiter|neuen Jupiter]] haben wird, der als nächste Verkörperung unseres [[Planetensystem]]s der jetzigen [[Erdentwicklung]] folgen wird. Die Imagination ist eine Art des vollbewussten, nicht [[traum]]haften [[Hellsehen]]s. Das imaginative Bewusstsein beginnt dann aufzuleuchten, wenn sich die Erlebnisse des [[Astralleib]]s im [[Ätherleib]] abbilden und durch letzteren in Form beweglicher Bilder ins [[Bewusstsein]] zurückgeworfen werden. Seelisches Wahrnehmungsorgan für die Imaginationen ist vor allem die [[zweiblättrige Lotosblume]] über der Nasenwurzel {{Lit|{{G|115|54}}}}.
[[Datei:Pedro Berruguete - St Dominic and the Albigenses - WGA02083.jpg|mini|hochkant=1.2|Der heilige [[Wikipedia:Dominikus|Dominikus]] und die Albigenser in [[Wikipedia:Albi|Albi]] (1207): Katholische und katharische Schriften werden ins Feuer geworfen, doch nur letztere verbrennen ([[Wikipedia:Pedro Berruguete|Pedro Berruguete]], um 1495).<ref>[http://www.wga.hu/html/b/berrugue/pedro/dominic2.html St Dominic and the Albigenses] in der [http://www.wga.hu/frames-e.html?/html/b/berrugue/pedro/dominic2.html WEB Gallery of Art].</ref>]]


== Leibfreies Bewusstsein ==
Der Begriff '''Katharer''' (von {{ELSalt|καθαρός}} ''katharós'' „rein“) steht im ursprünglichen Sinn für einen [[Mensch]]en, der sich einer umfangreichen [[Katharsis]], d.h. der Läuterung seines [[Astralleib]]s, unterzogen hat und dadurch für eine wahre [[Geistesschülerschaft]] vorbereitet war. Daraus wurde dann die Bezeichnung für die Anhänger einer [[christlich]]en Glaubensbewegung, die sich vom 12. Jahrhundert bis zum 14. Jahrhundert, vornehmlich im Süden [[Frankreich]]s, aber auch in [[Italien]], [[Spanien]] und [[Deutschland]] ausbreitete. Verbreitet ist auch die Bezeichnung '''Albigenser''' (gelegentlich auch: Albingenser) nach der südfranzösischen Stadt [[Wikipedia:Albi|Albi]], einer ehemaligen Katharerhochburg. Sie selbst nannten sich ''veri christiani'' („die wahren Christen“) oder ''boni homines'' bzw. ''Bonhommes'' („gute Menschen“). Gebräuchlich waren auch die Bezeichnungen ''Patarener'' bzw. ''Pateriner''.


Damit sich die Imagination entfalten kann, muss sich das [[Bewusstsein]] vom [[leib]]lichen Werkzeug lösen. Kräfte, die sonst durch den [[Leib]] aufgebraucht werden, müssen ins [[Seelisch]]e gewendet werden:
Die Katharer wurden im Zuge des [[Wikipedia:Albigenserkreuzzug|Albigenserkreuzzug]]s (1209 bis 1229) und weiterer Feldzüge sowie durch die [[Wikipedia:Inquisition|Inquisition]] als [[Häretiker]] verfolgt und vernichtet.


<div style="margin-left:20px">
Aus dem Wort Katharer wurde später auch die abwertende Bezeichnung ''[[Ketzer]]'' für alle Abweichler von einem herrschenden Glauben abgeleitet. Die [[Wikipedia:römisch-katholische Kirche|römisch-katholische Kirche]] verwendete in ihrer [[Wikipedia:Propaganda|Propaganda]] auch die [[Wikipedia:Volksetymologie|volksetymologische]] Ableitung von [[lat.]] ''Cattari'' (lat. ''cattus'', die ''Katze''). Danach würden die Katharer die Katze als Tier [[Satan]]s auf das Hinterteil küssen.
"Kein Mensch weiß, wie seine Bewegungen, wie alles, was da wirkt, daß
er ein handelnder Mensch sein kann in der physischen Außenwelt, wie das zustande
kommt und welche Kraft da wirkt. Das merkt erst der Geistesforscher, wenn er zur
sogenannten imaginativen Erkenntnis kommt. Da macht man sich zunächst Bilder,
die dadurch wirken, daß sie stärkere Kräfte aus der Seele heraus schöpfen, als sie
sonst im gewöhnlichen Leben angewendet werden. Woher kommt denn diese Kraft,
die die Bilder des imaginativen Erlebens in der Seele entfesselt? Sie kommt dorther,
wo die Kräfte wirken, die uns zu einem handelnden Menschen in der Welt machen,
die uns unsere Hände und Füße bewegen lassen. Weil das der Fall ist, kommt man nur zur Imagination, wenn man in Ruhe verbleiben kann, wenn man den Willen
seines Leibes zum Stillstand bringen kann, ihn beherrschen kann. Dann merkt
man, wie diese Kraft, die sonst die Muskeln bewegt, heraufströmt in das Seelisch-Geistige und die imaginativen Bilder erbildet. Man vollbringt also eine Umlagerung
der Kräfte. Da unten in den Tiefen des Leiblichen ist also etwas von unserem ureigensten
Wesen, von dem wir im gewöhnlichen Leben nichts spüren. Dadurch, daß
wir das Körperliche ausschalten, dringt der Geist, der sonst in unseren Handlungen
zum Ausdruck kommt, herauf in die Seele und erfüllt diese mit dem, was sie sonst für
das Körperliche verwenden muß. Der Geistesforscher weiß, daß er dasjenige dem
Leibe entrücken muß, was sonst der Leib konsumiert. Für die imaginative Erkenntnis
muß also das Leibliche ausgeschaltet werden." {{Lit|{{G|150|92f}}}}
</div>


== Imagination, [[Vision]] und [[Phantasie]] ==
== Lehre ==
Die Lehre der Katharer ist zeitlich und regional zu differenzieren. Es gab innerhalb der Katharer insbesondere in der späteren Zeit viele verschiedene Gruppen, so dass man nicht von einer einheitlichen Lehre sprechen kann. Alle Gruppen verband jedoch eine gemeinsame [[Dualismus (Religion)|dualistische]], [[Gnosis|gnostisch]]-[[Manichäismus|manichäische]] Grundüberzeugung, wonach nur die jenseitige geistige Welt gottgeschaffen war, während die irdisch-materielle Welt als Produkt eines bösen Prinzips gesehen wurde.<ref>Daniela Müller: ''Katharer.'' In: ''Theologische Real-Enzyklopädie.'' (TRE), Band 18, Berlin 1989, S. 334.</ref> Ihre dualistische  Form des [[Christentum]] wurde von den balkanischen [[Bogomilen]] beeinflusst. Die Katharer hatten direkte Verbindungen zu den Bogomilen: Die [[Interrogatio Johannis]], eine [[Apokryphen|apokryphe Schrift]] bogomilischer Herkunft, erhielt der italienische Katharerbischof Nazarius von Bogomilen aus Bulgarien.<ref>Malcolm Lambert: ''Geschichte der Katharer.'' 2001, S. 60.</ref>


Imaginationen müssen deutlich unterschieden werden von [[Vision]]en und [[Phantasie]]gebilden:
Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] hatte das [[Johannesevangelium]] für sie eine herausragende Rolle. Das Leben des Katharers war darauf ausgelegt, das Gute im Menschen (die [[Seele]]) aus der bösen Welt in den Himmel zu bringen. Der Katharismus war eine Erlösungsreligion und basierte auf der [[Offenbarung des Johannes|Offenbarung]]. Sein Heiliges Buch war das [[Neues Testament|Neue Testament]], sein einziges Gebet das [[Vaterunser|Pater Noster]].<ref>Roquebert: ''Die Religion der Katharer.'' S. 2.</ref>


<div style="margin-left:20px">
Die Katharer sahen sich selbst als die „wahre“ christliche Kirche. Ihr Ziel war die Befreiung der Seele durch die Erlangung des ''Consolamentums'' (siehe unten). Die Katharer unterschieden sich von der damaligen christlichen Kirche auch durch die Ablehnung des [[Altes Testament|Alten Testaments]] der [[Bibel]], in dem sie den [[Demiurg|Schöpfergott]] einer bösen Welt beschrieben sahen.<ref>Malcolm Lambert: ''Geschichte der Katharer.'' 2001, S. 33 und S. 81.</ref> In ihren Predigten kamen viele Bibelzitate vor, die Auslegung war oft nicht eng an den Text gebunden, was sich auch bei den Bibelübersetzungen feststellen lässt.
"Bringt man es durch Konzentration des Gedanken-, Gefühls-
und Empfindungslebens dahin, das Seelenleben so
zu verstärken, daß man in dieses schauende Bewußtsein
eintreten kann, dann ist man zunächst befähigt, von allem
abzusehen, was sonst der Alltagsbetrachtung des Menschen
im sinnlichen Wahrnehmen gegenübersteht. Über dieses
sinnliche Wahrnehmen ist man hinausgerückt. Man lebt in
einem andern inneren Seelenwesen, lebt zunächst in dem,
was man nennen kann imaginatives Bewußtsein. Ich nenne
es imaginatives Bewußtsein, nicht weil etwas Unwirkliches
dargestellt werden soll, sondern weil die Seele in diesem
Bewußtsein erfüllt ist von Bildern, und zwar zunächst von
nichts als Bildern, aber von Bildern einer Realität. Und
außerdem, daß die Seele von solchen Bildern erfüllt ist,
von denen sie ganz genau sieht, sie sind nicht selbst eine
Realität, sondern Bilder einer Realität, weiß die Seele noch,
daß sie drinnensteht im realen Weltenzusammenhang, daß
sie diese Bilder nicht webt aus irgendeinem Nichts aus beliebigen
Einfällen heraus, sondern aus einer inneren Notwendigkeit.
Diese kommt davon, daß die Seele sich hineinversetzt
hat in den realen Weltenzusammenhang und aus
diesem heraus in ihrem Bilderschaffen nicht so schafft, wie
etwa die bloße Phantasie, sondern daß das, was an Bildern
gewoben wird, den Charakter der Realität behält.


Es ist von ganz besonderer Wichtigkeit, daß man diese
Abgesehen von einer grundsätzlich dualistischen Weltsicht und der Ablehnung des Alten Testaments lassen sich über die katharische Lehre kaum für alle Untergruppen gemeinsame theologische Aussagen finden. Die Katharer wurden und werden gerne in die Traditionen des [[Manichäismus]] und der [[Gnosis]] gestellt. Eine direkte Verbindung lässt sich allerdings nicht nachweisen, obwohl theologische Parallelen augenscheinlich sind.<ref>Auch der Philosoph [[Wikipedia:Hans Jonas|Hans Jonas]] erinnert in seinem Text „Gnosis“ (siehe Lit.) daran, dass die Lehre der Katharer enge Beziehungen zur Gnosis aufweist.</ref>
erste Stufe des geistigen Erlebens genau ins Auge faßt,
denn nach zwei Richtungen hin kann sich ein Irrtum einstellen.
Das eine ist, daß man verwechseln kann, was hier
als imaginative Welt gemeint ist, mit jenen Bildern, die
aus dem krankhaften, abnormen Bewußtsein heraufsteigen,
mit allerlei Visionärem oder dergleichen. Aber aus dem
schon früher hier Entwickelten werden Sie gesehen haben,
wie schon in den Arbeiten des Geistesforschers zu dem
Wege hin, um in die geistige Welt hineinzukommen, alle
die Vorsichtsmaßregeln getroffen werden, die das unbestimmte
Schwimmen und Schweben in allerlei Visionärem
streng abweisen. Die Vision tritt so in die Seele ein, daß
man an ihrem Zustandekommen sich nicht beteiligt fühlt.
Sie tritt auf als ein Bild, aber man kann sich an dem Zustandekommen
des Bildes nicht beteiligen; man steht nicht
drinnen in dem Zustandekommen des Bildes. Daher kennt
man den Ursprung nicht. Das visionäre Bild kommt immer
bloß aus dem Organismus, und was aus dem Organismus
heraus dampft, das ist nicht Seelisch-Geistiges, das ist eine
Verhüllung vielleicht eines Geistig-Seelischen. Worum es
sich handelt, das ist, genau zu unterscheiden das ganze
unbewußte Leben in allerlei Visionen von dem, was der
Geistesforscher als imaginatives Bewußtseinsleben meint.
Das besteht darin, daß man bei allem, was da an Bildern
gewoben wird, so dabei ist, wie nur irgendwie bei dem vollbewußten,
von Gedanken zu Gedanken gehenden Denken.


Es gibt keine Möglichkeit, anders in die geistige Welt einzudringen,
== Zusammenhang mit der Entstehung der Gotik ==
als wenn die Tätigkeit, durch die man hineintritt,
so vollbewußt ist wie das bewußteste Gedankenleben.
Dabei ist nur der Unterschied, daß die Gedanken als solche
schattenhaft, abgeblaßt sind und daß sie erworben werden
an äußeren Dingen oder irgendwie aus der Erinnerung
aufsteigen, während dasjenige, was hier als Imagination
gemeint ist, von der Seele selbst gewoben wird in dem Moment,
wo es auftritt.


Festzuhalten ist nur, daß auf der andern Seite diese Imagination
[[Rudolf Steiner]] hat darauf hingewiesen, dass die geistige Gesinnung der Katharer eine tiefen Einfluss auf die die Entstehung der [[Gotik]] hatte.  
nicht verwechselt werden darf mit dem, was man
mit Recht als Phantasie bezeichnet. Was die menschliche
Phantasie webt, wird auch aus dem Unterbewußten herauf
gewoben; das bindet sich allerdings - besonders wenn
die Phantasie so wirkt wie die ''Goethes'' - vielfach an innere
Gesetze des wirklichen Lebens. Aber der Mensch steht in
dem, was er in der Phantasie webt, nicht so drinnen, daß
er sich bewußt ist in seinem Weben. Im Aufbauen des
Phantasiegebildes ist er überlassen einer inneren realen
Notwendigkeit. In dem imaginativen Erleben aber webt er
nicht so wie in der Phantasie, sondern so, daß er sich einer
objektiven Weltennotwendigkeit überläßt. Ganz notwendig
ist es, daß man weiß, daß das, auf Grund dessen zunächst
der Geistesforscher arbeiten muß, als eine objektive
Tatsächlichkeit in seinem Bewußtsein auftritt, weder visionär
ist noch Phantasie ist, sondern daß es durchaus von
diesen beiden - ich möchte sagen polarischen - Gegensätzen
als etwas in der Mitte stehendes unterschieden werden
muß. Man ist tatsächlich mit dem Stehen in dem imaginativen
Leben in ähnlicher Lage, wie man mit seinem sinnlichen
Menschen vor einem Spiegel steht. Man weiß: der
da steht, der steht in einer Wirklichkeit drinnen, er ist eine
Wirklichkeit, die sich fühlt als eine solche von Fleisch und
Blut, aber von dieser Wirklichkeit geht nichts in den Spiegel
hinüber. Im Spiegel ist nur ein Bild; aber dieses Bild ist
ein Abbild, und man kennt es in seiner Beziehung zur
Realität." {{Lit|{{G|67|328ff}}}}
</div>


== Schulungsweg ==
{{GZ|Der eigentümliche Baustil des Mittelalters, den man
fälschlich den gotischen nennt, kam aus Südfrankreich, entstammte
Gegenden, wo solche frommen Ketzer lebten wie
die Katharer, die Waldenser, die bestrebt waren, das innere
Leben zu vertiefen und mit dem üppigen Leben der Bischöfe
und des Klerus zu brechen. Ein eigentümliches geistiges
Leben breitet sich von dorther aus; die deutsche Mystik
wird stark davon beeinflußt.


Durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] kann eine Vorform des imaginativen Bewusstseins schon heute errungen werden. Es muss dazu die [[Bewusstseinsseele]] zur [[Imaginationsseele]] verwandelt werden. Die Imagination ist die zweite Stufe der [[Rosenkreuzer-Schulung]].
Welch tiefen Einfluß diese Gesinnung auch auf die äußere
Gestalt dieser Kirchen hatte, geht daraus hervor, daß alle
diese gotischen Münster einen mystischen Schmuck besaßen
in den wunderbaren Glasmalereien. Diese Kunst, die
im 17. Jahrhundert vollständig verlorengegangen ist, war
nicht artistische Allegorie, sondern die Sinnbilder, die dort
eingemalt waren, übten wirklich einen mystischen Einfluß
aus auf die Menge, wenn der Sonnenschein durch sie hereinschien
in die dämmerigen hohen Kirchen.|51|177}}


<div style="margin-left:20px">
== Kult und religiöse Praxis ==
"Der Ätherleib ist in einer regelmäßigen Bewegung im
Die katharischen Priester (sowohl Männer als auch Frauen) predigten in der Volkssprache, nicht in der traditionelle Kirchensprache [[Latein]], und erreichten dadurch weite Bevölkerungsschichten. Armut, Bescheidenheit und Enthaltsamkeit (auch in der Sexualität) galten als erstrebenswert und trugen zur Popularität der Bewegung bei, während die römische Kirche aufgrund der Lebensweise vieler ihrer Funktionsträger abgelehnt wurde.
ganzen übrigen menschlichen Leib, nur nicht im Kopfe. Im Kopfe ist der Ätherleib
innerlich ruhig. Im Schlafe ist das anders. Die letzten Kopf-Ätherbewegungen nehmen
wir beim Aufwachen noch wahr – die Träume. Wer lange in der Weise, wie ich es
angegeben habe, meditiert, der kommt aber in die Lage, in den ruhigen Ätherleib des
Kopfes allmählich Bilder hinein zu formen. Das nenne ich Imaginationen. Und diese
Imaginationen, die unabhängig vom physischem Leibe im Ätherleib erlebt werden,
sind der erste übersinnliche Eindruck, den wir haben können." {{Lit|{{G|305|82}}}}
</div>


Um das imaginative Bewusstsein zu entwickeln, muss man zuerst lernen, die Welt zu betrachten gemäß der Verszeile aus Goethes Faust: ''Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.'' Man beginnt die sinnlich-sittliche Wirkung der [[Sinnesqualitäten]] zu erleben. Durch die Imagination lernen wir Wahrnehmungen von Farbe, Ton, Geschmack, Geruch als äußeren Ausdruck [[Geistige Wesen|geistiger Wesenheiten]] zu erfahren. Imaginativ schaut man den [[Ätherleib]] und [[Astralleib]] geistiger Wesen, gleichsam ihre übersinnliche Außenseite. Der geistige [[Wesenskern]] bleibt der Imagination verborgen.
Der katharische [[Kult]] ist dem Kern nach bogomilischer Tradition, was sich vor allem in der Tatsache äußert, dass die Vergebung der Sünden nur durch die Aufnahme in die Kirche der Katharer erfolgen konnte. In ihrem kultischen Leben kannten die Katharer neben ihrem einzigen [[sakrament]]sähnlichen Ritus, der Geisttaufe (''Consolamentum''), noch eine Reihe an kultischen Handlungen.<ref>Daniela Müller: ''Ketzer und Kirche: Beobachtungen aus zwei Jahrtausenden.'' Lit-Verlag 2014. S. 165, S. 169.</ref>


=== Das rote Westfenster des ersten Goetheanums ===
=== Consolamentum ===
[[Bild:Goetheanum1_Rotes_Westfenster.gif|thumb|400px|Das rote Westfenster des [[Erstes Goetheanum|ersten Goetheanums]], das den Weg zur [[Imagination|imaginativen Erkenntnis]] schildert.]]
In bildhafter Form hat Rudolf Steiner die Imagination in den Motiven des roten Westfensters des [[Erstes Goetheanum|ersten Goetheanums]] geschildert.
Der Weg zur imaginativen Erkenntnis wurde im linken Seitenfenster gezeigt. Das wärmende Rot, in dem sich der Wärmeäther kundgibt, durchdringt das ganze Bild. Man sieht eine helle Gestalt, die einen hohen Felsen erklettert hat und ihren Blick und ihre Arme abwärts auf drei groteske vogel- oder schlangenähnliche tierartige Gestalten richtet, die sich bedrohlich empor strecken; die rechte zeigt sogar ein menschenähnliches Antlitz. Das ist die niedere seelische Natur des Menschen, die Dreiheit der noch ungeläuterten Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens, in denen noch niedere, tierische astrale Kräfte wirken. Zugleich ist es auch ein Bild für die noch unvollkommenen seelischen Wesensglieder: die Empfindungsseele, die Verstandes- oder Gemütsseele und die Bewusstseinsseele. Wenn es dem geistig strebenden Menschen gelingt, sich von dieser niederen Natur zu lösen und sie von außen objektiv zu betrachten, kann die Imagination aufleuchten.


Im mittleren Fensterteil ist die bereits erwachte Imaginationsfähigkeit dargestellt. Das menschliche Antlitz, das hier gezeigt wird, trägt auf der Stirne das Zeichen der zweiblättrigen Lotosblume, die bereits aktiviert ist. Die Augenpartie ist besonders betont, die Kraft des geistigen Sehens, der Imagination ist erwacht, weil sich die Erlebnisse des Stirnlotos im Lichtätherteil des menschlichen Ätherleibes abdrücken.  
Die ''Geisttaufe'' oder auch Consolamentum (lat.: „Tröstung“, nach [[Wikipedia:Römerbrief|Römerbrief]] Kapitel 1 Vers 12 und [[Wikipedia:Kolosserbrief|Kolosserbrief]] Kapitel 2 Vers 2) war der entscheidende Schritt, um Mitglied der katharischen Kirche zu werden, und der einzige Zugang zum Heil. Wollten Frauen oder Männer das Consolamentum erhalten, wurde von ihnen verlangt, sich in einer Art [[Wikipedia:Noviziat|Noviziat]] auf das Leben eines Katharers vorzubereiten. Nach der Geisttaufe durch Handauflegen musste das neue Mitglied der Bewegung sein restliches Leben als Katharer führen, um das Heil zu erlangen. Wer einmal das Consolamentum erhalten hatte, konnte es weitergeben, also weitere Personen in die katharische Kirche aufnehmen und so ihre Seelen retten.


Daneben sieht man links und rechts oben zwei geflügelte Engelwesen, die der ersten Hierarchie angehören. Bei der linken Engelsgestalt ist das Zeichen des Mondes, bei der rechten das Symbol der Sonne zu sehen und über dem Menschenkopf der Saturn. Damit wird auf die dem Erdendasein vorangegangenen planetarischen Entwicklungsstufen hingewiesen, auf den alten Saturn, wo der Mensch die Anlage des physischen Leibes und bekommen hat, auf die alte Sonne, die dem Menschen den Ätherleib gab und schließlich der alte Mond, der Planet der Weisheit, auf dem der Mensch seinen Astralleib erhielt.  
Das Consolamentum wurde in einem feierlichen Akt vollzogen, an dem – unter der Leitung des Bischofs oder des ältesten Katharers der Gemeinde oder der Umgebung – alle Katharer teilnahmen, die das Consolamentum schon erhalten hatten. Die Katharer, die in den engeren Kreis der katharischen Kirche aufgenommen wurden, hießen ''Perfecti'' oder ''Perfectae'' (''Vollkommene''). Die Übergabe des Consolamentums vollzog sich, nach Vergebung der Sünden und der Übergabe des [[Vaterunser]]s an den [[Wikipedia:Novize|Novize]]n, durch Auflegen des Johannesevangeliums auf den Kopf des Kandidaten. Nacheinander berührten die Anwesenden den Kopf des Novizen und übertrugen somit den Geist der Erkenntnis auf ihn. Beging ein Perfectus eine Sünde, war nicht nur sein Consolamentum hinfällig, sondern auch diejenigen Geisttaufen, die von dem Sünder gespendet worden waren.


Darunter sieht man links und rechts zwei Gestalten mit Tierköpfen, die dem Menschen offenbar etwas ins Ohr raunen. Hier wird bereits auf ein Klangerlebnis gedeutet. Der Klangäther ertönt. Diese beiden Wesenheiten gehören der zweiten Hierarchie an. Die linke Gestalt trägt einen Löwenkopf, durch den die Ätherkräfte symbolisiert werden; die rechte Figur hat einen Stierkopf, ein Zeichen für die physische Welt.  
Nach dem Empfang des Consolamentums hatten die Perfecti ein entbehrungsreiches Leben zu führen. Neben dem Verbot der Ehe und der geschlechtlichen Beziehungen mussten auch strenge Speisevorschriften befolgt werden, z.&nbsp;B. war die Kost stets fleischlos; das töten von Menschen, vierbeinigen Tieren und Vögeln war verboten, außerdem durften sie weder fluchen, lügen noch einen Eid leisten und waren zur Arbeit verpflichtet. Frauen konnten ebenso wie Männer das Consolamentum erhalten, um gerettet zu werden. Jedoch war der Ritus für Frauen etwas abgeändert: Sie durften während der Zeremonie nicht berührt werden. Daher wurde ein Tuch über sie gedeckt. Da die Katharer annahmen, dass die Seele von Natur aus männlich sei, wurde nach Ansicht der Katharer beim Tod einer Perfecta ihre Seele in den ursprünglichen Zustand versetzt – sie wurde männlich. Die Perfecta wurde der Theorie nach zu einem asexuellen Wesen, ihr Geist löste sich vom Körper und erinnerte sich seines ursprünglich männlichen Zustandes. Schwangeren Frauen durfte kein Consolamentum erteilt werden, da sie nach Ansicht der Katharer einen [[Dämon]] im Leib hatten. Die Katharer lehnten generell die Zeugung von Kindern ab ([[Antinatalismus]]), da Adam und Eva ursprünglich ohne [[Sexualität]] gelebt hätten und vom [[Teufel]] zur Sünde der Reproduktion verführt worden seien.


Im Kehlkopfbereich ist das Halschakra sichtbar, das bereits auf die inspirierte Erkenntnis hinweist. Die seelischen Erlebnisse drücken sich nun auch im Wort- oder Lebensäther ab. Darunter ist Michael, der wichtigste Repräsentant der ersten Hierarchie, zu sehen, der den Drachen, die niedere Natur des Menschen, bekämpft und niederzwingt.
=== Das Gebet ===
Das vor dem Consolamentum übergebene Vaterunser war das einzige [[Gebet]] der Katharer.<ref>Daniela Müller: ''Ketzer und Kirche: Beobachtungen aus zwei Jahrtausenden.'' Lit-Verlag 2014. S. 169.</ref> Der Tagesablauf der Katharer war durch das Gebet bestimmt. Mit dem Consolamentum erhielten sie die Erlaubnis, das Vaterunser in verschiedenen Formeln zu beten, was Ausdruck der Zugehörigkeit zur ''ecclesia Dei'' (‚Kirche Gottes‘) war.


Im rechten Seitenfenster ist der Mensch gezeigt, nachdem er die Imaginationsfähigkeit errungen hat. Wieder sieht man die helle menschliche Gestalt auf der Spitze des hochragenden Felsens, hier sind ihre Arme und ihr Blick nun der geistigen Sonne zugewendet, die mit ihrem strahlenden Leuchten den obersten Bildteil erfüllt. Zwischen dem Menschen und den Tieren im Abgrund schweben drei Engelpaare, die einander die Hände reichen. Sie stellen zugleich die geläuterten höheren Seelenkräfte des Menschen dar. In ihrem Schoß tragen sie auch die höheren geistigen Wesensglieder des Menschen: das Geistselbst, den Lebensgeist und den Geistesmenschen. Zusammen mit dem Menschen an der Spitze geben die drei Engelpaare ein Bild der heiligen Siebenzahl. Die Tiergestalten aus der Tiefe sind zurückgesunken, die eine mit dem menschlichen Antlitz ist sogar ganz verschwunden. Die [[Bewusstseinsseele]] hat sich durch die geistige Schulung zur [[Imaginationsseele]] verwandelt.
=== Das Apparellamentum ===
Ebenso wie das oben genannte Gebet war das sogenannte ''Apparellamentum'' den bekennenden Katharern vorbehalten. Das ''Apparellamentum'' war ein monatlicher Bußgottesdienst, der zur Reinigung von den  beeinträchtigenden Beeinflussungen des irdischen Lebens diente und sie vor dem Rückfall in den Sündenstand bewahren sollte; sie beichteten ihre Verfehlungen einem Diakon. Ebenso wurde durch das ''Apparellamentum'' eine Unterwerfung unter die katharische Gemeinschaft vollzogen.


== Wie werden Imaginationen erlebt ? ==
=== Der Friedenskuss ===
Der Friedenskuss steht in unmittelbarer Beziehung zum Melioramentum (der ''Ehrenbezeugung'') und diente in erster Linie zur Begrüßung zweier Perfecti bzw. zweier Perfectae untereinander, oder auch der Begrüßung eines Gläubigen, allerdings nur in dem Fall, dass der Kuss vom Perfectus ausgegangen war. Friedensküsse gab es also nur unter Katharern gleichen Geschlechts. Statt zur Begrüßung einen Kuss auszutauschen, wurde die Perfecta vom Perfectus am Arm berührt. Eine andere, noch bessere Lösung zur Übergabe des Friedenskusses war, den Kuss auf das Johannesevangelium zu drücken und dieses dann der Frau zu überreichen.


Wenn sich beim Schüler die Imagination entwickelt, so ähneln die Imaginationen zunächst den Erinnerungsbilder und dann auch den [[Traum]]bildern. Sie sind blass und unbestimmt, aber nicht chaotisch durcheinander gewürfelt wie die Traumbilder. Man lernt aber nach und nach die wirklichen Imaginationen zu unterscheiden von den Reminiszenzen an das, was man im sinnlichen Dasein erlebt hat und auch von den Träumen.
=== Radikaler Dualismus ===
Zirka 1176 schwor der Bogumilenbischof [[Wikipedia:Niketas (Bogumilenbischof)|Niketas]], als Abgesandter der drughuntisch-häretischen Kirche von [[Wikipedia:Konstantinopel|Konstantinopel]] den Führer der moderaten Katherer im [[Wikipedia:Languedoc|Languedoc]] auf den radikalen [[Dualismus]] ein.<ref>Malcolm Barber: ''Die Katharer. Ketzer des Mittelalters''. Patmos Verlag, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-96220-0. S. 57.</ref> Deggau schreibt: {{"|Im strengen Sinne kann man bei dem radikalen Dualismus der Katharer nicht von einer Moral sprechen. Denn moralische Vorschriften waren für einen Vollkommenen (perfectus) […] weder möglich noch nötig. Er ''konnte'' nicht mehr sündigen […] Umgekehrt konnte es für den einfachen Gläubigen in der Welt des Bösen keine verbindlichen Vorschriften geben […] Es wären nur Regeln des Bösen für das Böse.}}<ref>Hans-Georg Deggau: ''Kleine Geschichte der Katharer.'' Verlag Herder, Freiburg i. Breisgau 2005, S. 77.</ref>


<div style="margin-left:20px">
=== Speisevorschriften und die Brotsegnung ===
"Der Mensch kann im gewöhnlichen Bewußtsein nur egoistisch träumen. Wenn
Aus der Ablehnung der Fortpflanzung als Teufelswerk kann bis zu einem gewissen Maße die Ablehnung sämtlicher Speisen, die aus der Fortpflanzung entstanden sind, also von Tierfleisch, [[Fett|Fetten]] und Milchprodukten, begründet werden. Eine weitaus stärkere Begründung für die Ablehnung dieser Speisen war die Annahme, dass sich in den Tierkörpern die Seelen verstorbener Menschen aufhielten. Wer ein Tier tötete, um es zu verspeisen, stand also in der Gefahr, einen Mord an einer Engelsseele zu begehen, die in einem Tierkörper Zuflucht gesucht hatte. Fische hingegen durften von den Katharern verzehrt werden, da sie der (im Mittelalter weit verbreiteten) Ansicht waren, Fische seien kein Zeugungsprodukt, sondern gingen aus dem Wasser hervor. Außerdem war das Trinken gegorener Getränke (vor allem von Wein) verboten. Mit der Brotsegnung, die im Rahmen einer Mahlzeit stattfand, sollte dem Beispiel Christi gedacht und nachgeeifert werden. Die Betrachtung der [[Hostie]] als Leib Christi lehnten die Katharer jedoch ab: Für sie war sie nur ein Stück Brot.
er in der Nacht träumt, so träumt er in Gebundenheit an seinen eigenen Organismus;
er ist im Traume nicht verbunden mit der Umgebung. Kann er verbunden sein
mit der Umgebung und dieselben Kräfte entwickeln, die er sonst im Traume entwickelt,
so ist er im imaginativen Vorstellen." {{Lit|{{G|179|106}}}}
</div>


[[Bild:Wolfgang_pauli.jpg|thumb|250px|Wolfgang Pauli (1900 - 1958)]]
=== Das Melioramentum und die Credentes ===
Die Imaginationen sind nicht nur Bilder in der menschlichen Seele, sondern sie gehören der geistigen Wirklichkeit an. Aus imaginativen Bildern ist letztlich alles geschaffen, auch die physische Welt. Sie sind die wirksam tätigen [[Urbild]]er der Dinge. Sie sind die [[Ideen]], die [[Archetypus|Archetypen]] im Sinne [[Platon]]s. Die [[Urpflanze]], von der Goethe in seiner [[Metamorphosenlehre]] gesprochen hat, ist ein Beispiel dafür. {{lit|{{G|157|298}}}} Der österreichische Physiker und Mitbegründer der [[Wikipedia:Quantentheorie|Quantentheorie]] [[Wikipedia:Wolfgang Pauli|Wolfgang Pauli]] (1900-1958) hat davon sehr deutlich etwas geahnt, wenn er in einem Brief an den Physiker [[Wikipedia:Markus Fierz|Markus Fierz]] (1912-2006), in dem er sich auf dessen 1948 im [[Wikipedia:Eranos#Eranos-Jahrbücher|Eranos-Jahrbuch]] veröffentlichten Vortrag "Zur physikalisehen Erkenntnis" bezieht, schreibt:
Die Gläubigen drückten ihre Verehrung gegenüber dem Guten Christen (Perfectus) durch Kniebeugen und Verneigungen, dem so genannten ''Melioramentum'' aus. Dadurch wurde die Hinwendung zum Katharismus nach außen bezeugt. Durch die Abgabe des Melioramentums wurde ein gewöhnlicher Mensch zu einem Credens, also einem Gefolgsmann der Katharer. Zwar galten die Credentes nicht als Mitglieder der katharischen Kirche, da sie das Consolamentum nicht erhalten hatten, aber das Melioramentum war ein Zeugnis dafür, dass die Credentes eines Tages das Consolamentum erhalten würden. Die Zeremonie des Melioramentums wurde durch das dreimalige Kniebeugen vor einem Perfectus und durch das dreimalige Bitten um seinen Segen vollzogen.


<div style="margin-left:20px;">
Obwohl die Credentes Verpflichtungen gegenüber den Perfecti hatten, kann das Melioramentum nicht als geschäftlicher Vertrag angesehen werden; vielmehr war es Ausdruck enger sozialer und ideologischer Bindung an die katharische Kirche und deren Vertreter.
"Die in Ihrem Vortrag formulierten Ideen
haben viele Berührungspunkte mit meinen, z. B. Komplementarität und Universalität,
bzw. Physik und Psychologie, vielleicht sind da aber auch einige Unterschiede.
Mein Ausgangspunkt ist, welches die Brücke sei zwischen den [[Sinneswahrnehmung]]en
und den [[Begriff]]en. Zugestandenermaßen kann die Logik eine solche
Brücke nicht geben oder konstruieren. Wenn man die vorbewußte Stufe der
Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus "symbolischen"<ref>Vgl. C. G. Jungs Definition von [[Symbol]] in seinem Buch "Psychologische Typen". Das S[ymbol] drückt einen "geahnten, aber noch unbekannten Sachverhalt" aus.</ref>
Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe
des Denkens ist ein ''malendes Schauen'' dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht
allein und nicht in erster Linie auf die Sinneswahrnehmungen (des betreffenden
Individuums) zurückgeführt werden kann, sondern die durch einen "Instinkt des
Vorstellens" produziert und bei verschiedenen Individuen unabhängig, d. h.
kollektiv reproduziert werden. {Dazu paßt, was Sie Seite 12 und 13 über den
Zahlbegriff gesagt haben.} Der frühere archaisch-magische Standpunkt ist nur ein
klein wenig unter der Oberfläche; ein geringes abaissement du niveau mental
genügt, um ihn völlig "nach oben" kommen zu lassen. Die archaische Einstellung
ist aber auch die notwendige Voraussetzung ''und die Quelle'' der wissenschaftlichen
Einstellung. Zu einer vollständigen Erkenntnis gehört auch diejenige der Bilder,
aus denen die rationalen Begriffe gewachsen sind.


Nun kommt eine Auffassung, wo ich vielleicht mehr ein Platonist<ref>Es ist kein Zufall, daß Sie auf Seite 13 Plato zitiert haben.</ref> bin als die
=== Die Endura ===
Psychologen der Jungschen Richtung. Was ist nun die Antwort auf die Frage nach
Endura (lat. ''abstinentia'') bezeichnete ursprünglich die Probezeit der mindestens achtzehn Jahre alten katharischen [[Wikipedia:Novize|Novize]]n auf das Amt des/der Perfectus/a. Hierbei musste der Anwärter ein Jahr [[fasten]], wonach er (mitunter nach weiterer Prüfungszeit) durch das Consolamtentum und die Einkleidung mit einem schwarzen Gewand in den Kreis der Perfecti/ae aufstieg.<ref>[[Wikipedia:Arno Borst|Arno Borst]]: ''Die Katharer''. 2. Auflage. Herder Verlag, Freiburg i.Br. 1992, ISBN 3-451-04025-5, S. 145.</ref> Die Endura als Fasten-Prüfungszeit gewann in der Spätzeit in einer radikalen Variante eine neue Bedeutung, als sie mit einer Sonderform des Consolamentums, dem ''Kranken-Consolamentum'' verknüpft wurde: Kranke oder Sterbende, die sich erst am Ende ihres Lebens entschieden, das Consolamentum zu empfangen, jedoch nun nicht mehr die Möglichkeit hatten, ein strenges asketisches Leben als Perfecti/ae zu leben, konnten dadurch noch ihre Seele retten und die Vollkommenenwürde erlangen, indem sie keinerlei Nahrungsmittel mehr zu sich nahmen und dadurch, so sie nicht zuvor verstarben, [[Hunger|verhungerten]]. Bei der Ausführung dieser Art der Endura kamen auch Kinder, bei denen eine längere Fastenzeit ebenfalls nicht in Frage kam, ums Leben.<ref>Arno Borst: ''Die Katharer''. 2. Auflage. Herder Verlag, Freiburg i.Br. 1992, ISBN 3-451-04025-5, S. 146f.</ref>
der Brücke zwischen den [[Sinneswahrnehmung]]en und den [[Begriff]]en, die sich uns
nun reduziert auf die Frage nach der Brücke zwischen den äußeren Wahrnehmungen
und jenen inneren bildhaften Vorstellungen. Es scheint mir - wie immer man es
auch dreht, ob man vom "Teilhaben der Dinge an den Ideen" oder von "an sich
realen Dingen" spricht - es muß hier eine unserer Willkür entzogene kosmische
Ordnung der Natur postuliert werden, der sowohl die äußeren materiellen Objekte
als auch die inneren Bilder unterworfen sind. (Was von beiden historisch das
frühere ist, dürfte sich als eine müßige Scherzfrage erweisen - so etwa wie "Was war
früher: das Huhn oder das Ei?") ''Das Ordnende und Regulierende muß jenseits der
Unterscheidung von physisch und psychisch gestellt werden'' - so wie Platos "Ideen"
etwas von "Begriffen" und auch etwas von "Naturkräften" haben (sie erzeugen von
sich aus Wirkungen). Ich bin sehr dafür, dieses "Ordnende und Regulierende"
"Archetypen" zu nennen; es wäre aber dann unzulässig, diese als psychische
Inhalte zu definieren. Vielmehr sind die erwähnten inneren Bilder ("Dominanten
des kollektiven Unbewußten" nach Jung) die psychische Manifestation der
Archetypen, die aber auch alles naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt
hervorbringen, erzeugen, bedingen müßten. Die Naturgesetze der Körperwelt
waren dann die physikalische Manifestation der Archetypen." {{lit|Meyenn, S 496f}}
</div>


Den Traumbildern, die einen letzten Rest des atavistischen Hellsehens darstellen, sind wir mehr oder weniger willenlos hingegeben. Bei [[Klartraum|luciden Träumen]] wird unser [[Wille]] bereits aktiver eingeschaltet, und im Wachen setzen wir uns dann schon sehr deutlich mit unserer Umwelt willentlich in Beziehung. Je mehr unser Wille das Schauen begleitet, desto mehr fühlen wir uns auch einer realen [[Wirklichkeit]] gegenübergestellt. Das steigert sich noch mehr, wenn wir zur Imagination voranschreiten. Sowohl unser Willensengagement als auch unser Wirklichkeitsempfinden werden bedeutsam gesteigert gegenüber dem gewöhnlichen Wachbewusstsein. Das Bewusstsein ist wacher und klarer als das normale [[Tagesbewusstsein]]. Wir wissen, wir selbst machen die Bilder – und dennoch sind sie nicht willkürlich, sondern der gemäße Ausdruck einer höheren Wirklichkeit.
== Die katharische Hierarchie ==
Die katharische Bewegung hatte bereits Mitte des zwölften Jahrhunderts eine ''fertig organisierte [[Wikipedia:Kirche (Organisation)|Kirche]] mit eigener Hierarchie''<ref name="lam25">Malcolm Lambert: ''Geschichte der Katharer.'' 2001, S. 25.</ref> gebildet. Die katharische Kirche besaß Diözesen, Bischöfe und Diakone und hielt selbst [[Wikipedia:Konzil|Konzil]]ien zu Glaubensfragen ab.<ref>So etwa das Konzil von [[Wikipedia:Mirepoix (Ariège)|Mirepoix]] 1206, vgl. Malcolm Lambert: ''Geschichte der Katharer.'' 2001, S. 62.</ref> Bis zum [[Wikipedia:Albigenserkreuzzug|Albigenserkreuzzug]] (1209–1229) konnten die Katharer ihre Organisation ausbauen und in Okzitanien unter dem Schutz des Adels und dem Wohlwollen großer Teile der Bevölkerung ihre Religion über mehrere Jahrzehnte lang weitgehend frei und öffentlich praktizieren. Vielerorts wurden Gemeinschaftshäuser als Zentren des Gebets und als Lebens- und Arbeitsorte für Perfecti und Perfectae eröffnet. Obwohl dieselben tatsächlich in persönlicher Armut lebten, konnte ihre Organisation, die katharische Kirche, in dieser Phase ein beträchtliches Vermögen erwirtschaften, und zwar vor allem durch Spenden, die im Zuge der Erteilung des Consolamentums am Kranken- oder Sterbebett (siehe oben: [[#Die Endura|Endura]]) der Gemeinschaft überlassen wurden, oft in Form von stattlichen Summen oder der Überschreibung des gesamten Erbes. So verfügte die Bewegung über große Mengen an festen und beweglichen Gütern. Die katharische Kirche, in der es kein [[Wikipedia:Zinsverbot|Zinsverbot]] gab, war – besonders in Südfrankreich bisweilen überaus reich: Die Organisation kaufte für ihre Zwecke Häuser, Weinberge oder Äcker, investierte in den Ausbau von Festungen und gab hohe Summen als Bestechungsgelder für Amtsträger der gegnerischen Kirche aus.<ref>Arno Borst: ''Die Katharer.'' 1992, S. 86 und 98.</ref>


== Gefahren und Fehlerquellen bei der geistigen Schulung ==
Anhand der Struktur der katharischen Kirche lässt sich anschaulich darstellen, wie sich die religiöse Praxis der Katharer ausgebildet hatte: Aufgrund ihrer strengen Hierarchie besaß sie nur eine kleine Spitze, die Bischöfe und ihre Stellvertreter, und führte von diesen hin zu einer breiten Basis, den Credentes und Sympathisanten. Ihre straffe Organisation verlieh der katharischen Kirche große Wirkmächtigkeit und Schlagkraft. In der Auseinandersetzung mit der [[Wikipedia:Inquisition|Inquisition]] geriet sie ihnen jedoch zum Nachteil, weil die Katharer nach der Beseitigung ihrer Führungseliten kaum über dezentrale Strukturen „im Untergrund“ verfügten, wie sie etwa die ebenfalls verfolgten [[Waldenser]] besaßen. Der römisch-katholischen Kirche schienen die Katharer aufgrund ihrer „Gegenkirche“, die sie spiegelbildlich zu ihrer Rivalin errichtet hatten, umso gefährlicher.


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=== Der Bischof und seine Stellvertreter ===
"Wenn der Mensch mit dem hellsichtigen Bewußtsein durch die
Der Bischof hatte in der katharischen Gegenkirche keine so weitreichenden Aufgaben wie ein Bischof in der römisch-katholischen Kirche. Sein vornehmliches Recht war, bei allen Riten der Katharer die erste Stelle einzunehmen, beispielsweise bei der Erteilung des Consolamentums oder beim Brotbrechen. Ansonsten wurden ihm keine weiteren nur ihm vorbehaltenen Rechte, wie etwa Priesterweihe oder Firmung, zugesprochen, so dass der katharische Bischof im Grunde nur der Gemeindevorstand war, der sich auch um den Besuch der Einzelgemeinden kümmern musste.
Übungen der imaginativen Erkenntnis hinunterdringt ins Unterbewußtsein und
nicht aufmerksam ist darauf, daß er da zunächst nur sich selbst findet mit alledem,
was er ist und was in ihm wirkt, dann ist der Mensch den allermannigfaltigsten Irrtümern
ausgesetzt; denn durch irgendwelche mit den gewöhnlichen Bewußtseinstatsachen
vergleichbare Art wird man keineswegs gewahr, daß man es zu tun hat nur
mit sich selber. Es tritt auf irgendeiner Stufe die Möglichkeit auf, sagen wir Visionen
zu haben, Gestalten vor sich zu sehen, die durchaus etwas Neues sind gegenüber
dem, was man sonst durch die Lebenserfahrungen kennengelernt hat. Das kann auftreten.
Wenn man aber etwa die Vorstellung haben sollte, daß das schon Dinge sein
müßten der höheren Welten, so würde man sich einem schweren Irrtum hingeben.
Diese Dinge stellen sich nicht so dar, wie sie sich für das gewöhnliche Bewußtsein
die Dinge des inneren Lebens darstellen. Wenn man in die Tiefen, die wir die verborgenen
Seelentiefen nennen, hinuntersteigt, dann kann man durchaus nur in sich
selbst sein, und dennoch kann das, was einem entgegentritt, sich so hinstellen, als
wenn es außer uns wäre." {{Lit|{{G|143|80}}}}
</div>


=== Die drei Tugenden des Sehers ===
Das Bischofsamt wurde nur von Männern bekleidet.


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In der ersten Zeit der katharischen Kirche wurde der Bischof noch von der Gemeinde gewählt, im 13. Jahrhundert hatte sich die Verkirchlichung der katharischen Bewegung aber so weit durchgesetzt, dass der Bischof einer Diözese nur von seinesgleichen geweiht werden durfte.
"Jeder, der sehend werden will, muß drei Tugenden ausbilden, die
er notwendig braucht. Erstens: Selbstvertrauen, er muß seiner selbst
sicher sein. Zweitens: Selbsterkenntnis, er darf niemals davor zurückschrecken,
seine Fehler zu sehen, und drittens: Geistesgegenwart.
Denn es trifft ihn manches auf dem astralen Plane, was zwar
immer um uns ist, aber es ist etwas anderes, dies auch zu sehen.
Deshalb müssen vor allen Dingen diese Eigenschaften ausgebildet
werden, und es ist eigentlich ein Unfug, wenn durch irgendwelche
Schulen oder Gesellschaften Menschen, ohne in dieser Weise
geführt zu werden, zu Hellsehern gemacht werden." {{Lit|{{G|98|25}}}}
</div>


== Flüchtigkeit der Imaginationen ==
An der Seite des Bischofs standen seine zwei Stellvertreter: der ältere und der jüngere „Sohn“ (''filius major'' und ''filius minor''). Beide vertraten den Bischof in seiner Abwesenheit und bereisten die Gemeinden als seine Vertreter. Die eigentliche Pfarrseelsorge hingegen wurde vom Diakon übernommen. Die Aufgaben eines Bischofs und auch eines Diakons konnten nur von Personen übernommen werden, die das Consolamentum erhalten hatten.


Imaginationen sind sehr flüchtig und lassen sich nur schlecht im [[Gedächtnis]] festhalten. Ein geeignetes Hilfsmittel ist, das [[Erleben|Erlebte]] niederzuschreiben oder durch eine symbolische Zeichnung zu fixieren - aber möglichst unmittelbar und ohne Kopftätigkeit!
=== Der Diakon ===
Der Aufgabenbereich eines Diakons einer katharischen Gemeinde war vielfältiger als der des Bischofs. Er hatte zwar nicht das Recht, als Erster das Consolamentum zu spenden oder das Brot zu brechen, aber er hatte die Aufgabe, im Fall von Unklarheiten oder Zweifeln bei den Gemeindegliedern schlichtend einzugreifen, diejenigen wieder zu konsolieren, die eine Sünde begangen hatten, und das Apparellamentum zu vollziehen.


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Eine weitere Verpflichtung des Diakons war, katharische Konvente zu leiten, die auch als Gästehäuser für Katharer bezeichnet werden können. Diese Aufgabe wurde auch von Frauen übernommen; allerdings war es Frauen untersagt zu predigen. In den Frauenkonventen, die der Leitung einer Frau unterstanden, wurden die Predigten entweder vom katharischen Bischof oder aber in den meisten Fällen – vom Diakon der Gemeinde durchgeführt.
"... wer durch
die Übungen, wie sie in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren
Welten?» beschrieben sind, diese imaginative Erkenntnis erlangt hat,
so daß er versteht, in Gedanken zu leben, namentlich in reinen, sinnlichkeitsfreien
Gedanken zu leben, wie ich es in der «Philosophie der
Freiheit» geschildert habe, der lebt dann, wie er hier im Raumleib in
jedem Teile lebt, so dort in jedem Teile seines Zeitenleibes gleichzeitig
und in jeder Stärke. Man sieht, wenn man sich als fünfzig- oder sechzigjähriger
Mensch zurückversetzt oder auch als ein achtzigjähriger,
nicht nur fünf Jahre zurück - denn es dehnt sich das gegenwärtige
Dasein über den ganzen Lebenslauf aus - : Man ist in jedem einzelnen
Punkte unmittelbar gegenwärtig. Allerdings erkauft man diese Gegenwärtigkeit
mit der Flüchtigkeit. Wenn Sie imstande sind, in noch
so lebendiger Weise ein Erlebnis zu haben mit etwas, was in Ihr achtzehntes
Jahr fällt: es entschwindet Ihnen zwar nicht so schnell wie
ein Traum, aber Sie können es nicht halten, Sie müssen es vergessen.
Und als Geistesforscher könnte man zum Beispiel, wenn es nicht andere
Hilfen gäbe, in eine sehr üble Lage kommen. Man könnte die Beziehungen
herstellen, durch die man etwas in der ätherischen Welt
sehen kann, aber man vergißt es sogleich. Daher muß man auch zu
allerlei Hilfen greifen - Einzelheiten darüber habe ich in «Wie erlangt
man Erkenntnisse der höheren Welten?» angeführt -, damit dasjenige
nicht gleich wieder entschwindet, was man sich auf diese Weise als ein
geistig-ätherisches Anschauen erwirbt. Es verschwindet mit großer Sicherheit
nach ein paar Tagen, und was der Mensch als seinen Ätherleib
noch an sich trägt nach dem Tode, das verschwindet ebenso schnell.


Man lernt nämlich das ganze Wesen des Ätherischen aus diesem
Die Aufgaben eines Diakons, die mit Reisen verbunden waren, konnten von Frauen nicht übernommen werden, da es vor allem nach dem Albigenserkreuzzug und während der Inquisition für Frauen nicht möglich war, allein auf Reisen zu gehen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Erleben heraus kennen, wie ich es jetzt beschrieben habe. Die Dinge,
die man über das Leben nach dem Tode erzählt, sind nicht konstruiert,
sondern aus einer lebendigen Erkenntnis heraus gewonnen. Aber wenn
man nun solche Hilfen anwenden will, genügt nie eine bloße Kopftätigkeit.
Ich scheue mich nicht, da von eigenen Erfahrungen zu reden,
die ich machte, als ich bemerkte, wie flüchtig solche Erlebnisse im
ätherischen Kosmos sind. Wenn man noch so viel schaut, so nimmt
man, um seine Erlebnisse nach einer Woche anderen Menschen zu erzählen,
dann seine Zuflucht zu anderem. Aber diese Hilfen nimmt man
nicht aus den Kopfmitteln. So war ein Mittel sehr günstig, das darin
bestand, das Erlebte, wenn es noch dastand, aufzuschreiben, so daß
die Tätigkeit nicht durch den Kopf gegangen ist, sondern durch die
schreibende Hand. Es handelt sich in diesem Falle nicht um ein mediales
Schreiben, auch nicht um den Zweck, die Sache aufgeschrieben zu
haben. Das Aufschreiben - auch das Nachschreiben von Vorträgen - ist
einem ohnedies, wenn man auf geistigem Gebiete steht, etwas außerordentlich
Unsympathisches. Aber man hat dadurch eine Hilfe, dasjenige,
was sonst flüchtig wird, zu fixieren, indem man den ganzen
Organismus daran teilnehmen läßt, wie sonst, wenn man eine Zeichnung
oder eine Malerei ausführt. Es bleibt dann im eigenen Organismus,
man braucht es sich gar nicht wieder nachher anzueignen. Es
handelt sich nur darum, die Sachen zu fixieren. Aber dazu kann man
nicht Kopfhilfen brauchen. Wenn Sie Geistesforscher sind, können Sie
es durch keine Kopf hilfen fixieren; Sie müssen es fixieren durch etwas,
was Ihren ganzen Menschen in Anspruch nimmt. Ein solches Mittel
wäre es, wenn Sie das Erlebte aufschreiben. Nehmen Sie aber keine
Rücksicht darauf, daß Sie eine intellektuelle Tätigkeit hineinverarbeiten,
sondern was in Frage kommt, ist nur der Duktus des Schreibens;
oder Sie machen sich gar eine symbolische Zeichnung, malen ab oder
dergleichen." {{Lit|{{G|218|303f}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
=== Die Perfecti ===
"Die geistigen Wahrheiten haben das Eigentümliche, daß sie nicht richtige
Die Perfecti (weibliche Form: ''Perfectae'', Wortbedeutung: [[lat.]] „Vollkommene“; {{FrS|parfaits}}), bezeichnet auch als „gute Menschen“, ''Bonhommes'', ''Bonshommes'' bzw. ''boni homines'', bildeten den harten Kern der eigentlichen Mitglieder der katharischen Kirche.<ref>Arno Borst: ''Die Katharer.'' 1992, S. 151.</ref> Ihnen war erlaubt, das Vaterunser zu beten und das Consolamentum zu erteilen. Sie führten eine keusche und schlichte bis asketische Lebensweise in persönlicher Armut mit vielen Fastenregeln und standen vor den Gläubigen (Credentes), in denen sie eine „bemerkenswerte Hingabe“ erweckten, „in der machtvollen Tradition des Märtyrertums“.<ref name="lam25" /> Ihre Besitztümer überschrieben die Perfecti/ae bei ihrem Eintritt an die Gemeinschaft ihrer Kirche. Es hat wohl zu keiner Zeit mehr als zehntausend Perfecti gegeben; es kann sogar vermutet werden, dass die Zahl der Perfekten nicht mehr als viertausend betragen hat. Wenn die Perfecti/ae nicht auf Wanderschaft waren, um zu predigen, oder in ihrer Gemeinde unterwegs waren, lebten sie in eigenen Häusern, die der Gemeinschaft gehörten.
Gedächtniswahrheiten werden können. Sie können auch nicht in
Ihrem eigenen Organismus das, was Sie vor einer Woche gegessen
haben, aufbewahren. Der Wiederkäuer kann es, allerdings nur für eine
kurze Zeit, aufbewahren. Beim Wiederkäuer ist es eben eine organische
Nachbildung, ein Rudiment im physischen Leibe für das, was sonst nur
im Ätherleib als Gedächtnis vorhanden ist. Was aber gegenüber den
geistigen Wahrheiten werden muß, das ist, daß man sie immer wieder
und wieder erlebt und sie einem dann zur Gewohnheit werden, nicht
gedächtnismäßig, bildmäßig behalten werden, sondern zur Gewohnheit
werden. Das ist der Sinn, der durchgreifende Sinn des Meditierens,
daß man an das appelliert, was im Grunde genommen nur in der ersten
Kindheit vorhanden ist. Da hat man auch kein Bildgedächtnis, daher
wird das vom kleinen Kinde vergessen, was es erst erlebt hat. Es lebt im
gewohnheitsmäßigen Gedächtnis. An dieses müssen wir zurückgehen,
wenn wir geistige Wahrheiten in uns verarbeiten wollen, sonst verschwitzen
wir sie sehr schnell." {{Lit|{{G|316|183f}}}}
</div>


== Imaginationen und Muskelsystem ==
Eine Perfecta durfte nur in der Gegenwart eines Diakons das Consolamentum spenden.


<div style="margin-left:20px">
=== Die Initiierten ===
"Geht man von dem Gedanken zur Imagination über, so erlebt man
Eine Stufe unter den Perfecti standen die Initiierten. Die Initiierten waren Gläubige, die danach strebten, das Consolamentum zu erhalten. Wie schon erwähnt, bestand die Übergabe des Consolamentums aus zwei Teilen, nämlich der Übergabe des Vaterunsers und der eigentlichen Geisttaufe, die aber nicht zeitnah durchgeführt werden mussten. Ein Initiierter hatte das Recht, das Vaterunser zu beten, stand also kurz davor, in den Stand eines Guten Menschen erhoben zu werden. Davor musste er sich jedoch über einen längeren Zeitraum moralisch bewähren – schon ein Initiierter hatte also nach den moralischen Grundsätzen der katharischen Kirche zu leben.
seine Imagination im Muskelsystem. Die Inspiration erlebt man, indem
man innerlich mit seinen eigenen Organen miterlebt. Man muß
nur ja nicht da, wo es sich um Inspirationen handelt, den Satz vergessen:
«naturalia non sunt turpia.» Denn unter Umständen werden die
wunderbarsten Inspirationen mit den Nieren erlebt oder mit andern
niederen Organen. Also dasjenige, was höhere Erkenntnis ist, das
nimmt wirklich den ganzen Menschen in Anspruch; und derjenige
bekommt keinen Eindruck von Imaginationen und Inspirationen, der
nicht weiß, daß Imaginieren eine Arbeit ist, die dem physischen Arbeiten ganz gleich kommt, weil sie die Muskeln anstrengt, so daß ein
wirkliches Imaginieren ist wie ein wirkliches physisches Arbeiten.
Daher gibt es auch eine Korrelation zwischen einer physischen Arbeit
und dem Imaginieren, zum Beispiel, wenn ich da etwas Persönliches
erwähnen darf, ich habe immer gefunden, zum Imaginieren hat es
ungeheuer viel beigetragen, daß ich als Knabe Holz gehackt habe,
Kartoffeln ausgenommen habe, mit dem Erdspaten gearbeitet habe,
gesät habe und Ähnliches. Nun ja, ich will nicht mit diesen Dingen
renommieren, aber diese Dinge einmal gemacht zu haben, erleichtert
das Wiederheraufbringen in die Muskeln, eine Anstrengung, um das
Imaginieren leichter zu haben, gerade so, wie wenn Sie sonst etwas
gewöhnt sind. So ist es, wenn Sie die Muskeln gerade in der Jugend
angestrengt haben, wenn Sie später imaginieren wollen. Aber sehen
Sie, da nützen einem nicht Bewegungen, die nicht Arbeit sind. Das
Spielen eigentlich nützt einem für das Imaginieren nichts. Ich will
nichts gegen das Spielen an sich sagen, Sie brauchen nur an meine
pädagogischen Dinge heranzugehen, so werden Sie sehen, daß ich
nichts gegen das Spiel habe, aber das Imaginieren bringt den ruhenden
Muskel - denn es muß natürlich in der Ruhe vor sich gehen - zu
einem ähnlichen Erlebnis wie eine wirkliche physische Arbeit." {{Lit|{{G|316|114f}}}}
</div>


== Beispiele ==
=== Die Credentes ===
Die Gläubigen fühlten sich noch nicht in der Lage, das von strengen Vorschriften geprägte Leben eines Perfectus zu führen. Sie standen aber der katharischen Kirche nahe und bezeugten das auch durch das Melioramentum. Dieser Gruppe, auch Credentes genannt, war zu verdanken, dass aus der katharischen Gegenkirche keine von der Welt abgesonderte, elitäre Mönchskirche, sondern eine Bewegung mit Massenanhang geworden war. Die Anzahl der Anhänger der katharischen Kirche wird auf „mehrere Hunderttausend“ geschätzt.


* [[Weihnachts-Imagination]]
Die Credentes gehörten nicht zur katharischen Kirche und brauchten aus diesem Grund auch nicht die religiösen Vorschriften zu befolgen, die die Perfecti einzuhalten hatten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Credentes war es, die Perfekten zu versorgen, und zur Zeit der Inquisition und des Albigenserkreuzzuges auch zu verstecken.
* [[Oster-Imagination]]
* [[Johanni-Imagination]]
* [[Michael-Imagination]]
* [[Paradieses-Imagination]]
* [[Grals-Imagination]]
* [[Kain und Abel-Imagination]]


== Anmerkungen ==
Am Ende ihres Lebens wurde den Credentes das [[#Das Consolamentum|Consolamentum]] erteilt, d.&nbsp;h., sie wurden von der sündigen Welt erlöst. Nach Erteilung des Consolamentums durfte der Kranke nur noch Wasser erhalten, da weltliche Nahrung die Wirkung aufgehoben hätte. Somit kam der Empfang des Consolamentums einem Todesurteil gleich (vgl. oben: Endura).


<references />
== Literatur ==
=== Deutsch ===
* Eduard Cunitz: ''Ein katharisches Rituale'', Druck und Verlag von Friedrich Mauke, Jena 1852 [https://books.google.at/books?id=wVwrAAAAYAAJ google]
* [[Wikipedia:Lothar Baier|Lothar Baier]]: ''Die große Ketzerei: Verfolgung und Ausrottung der Katharer durch Kirche und Wissenschaft''. Wagenbach, Berlin 2002, ISBN 3-8031-2410-7.
* Malcolm Barber: ''Die Katharer. Ketzer des Mittelalters''. Patmos Verlag, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-96220-0.
* Matthias Benad: ''Domus und Religion in Montaillou.'' Tübingen 1990.
* [[Wikipedia:Arno Borst|Arno Borst]]: ''Die Katharer''. A. Hiersemann Verlag, Stuttgart 1953, ISBN 3-7772-5301-4.
** Neuauflage mit Nachträgen von [[Wikipedia:Alexander Patschovsky|Alexander Patschovsky]] und Gerhard Rottenwöhrer. Karolinger Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85418-145-3.
* Heinrich Fichtenau: ''Ketzer und Professoren: Häresie und Vernunftglaube im Hochmittelalter.'' München, Beck 1992, ISBN 3-406-36458-6.
* [[Wikipedia:Hans Jonas|Hans Jonas]]: ''Gnosis: Die Botschaft des fremden Gottes''. Insel, Frankfurt 1999, ISBN 3-458-16944-X.
* Reiner Klein: ''Die Mysterien der Katharer''. Zeitenwende 2008, ISBN 978-3-934291-51-5.
* Malcolm Lambert: ''Geschichte der Katharer''. Primus Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-401-3.
* Malcolm Lambert: ''Häresie im Mittelalter: Von den Katharern bis zu den Hussiten''. Primus Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-184-7.
* [[Wikipedia:Emmanuel Le Roy Ladurie|Emmanuel Le Roy Ladurie]]: ''Montaillou – Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324.'' (fr. 1975) Ullstein, Berlin 2000, ISBN 3-548-26571-5.
* Jörg Oberste: ''Ketzerei und Inquisition im Mittelalter''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-534-15576-7.
* Jörg Oberste: ''Der Kreuzzug gegen die Albigenser''. Primus Verlag, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-464-1.
* [[Déodat Roché]]: ''Die Katharer-Bewegung. Ursprung und Wesen.'' Verlag am Goetheanum, Dornach 1997, ISBN 9783723508275
* Michel Roquebert: ''Die Religion der Katharer.'' Übersetzung von Rosi Hoffmann. Editions Loubatières, Portet-sur-Garonne 1988, {{Falsche ISBN|2-86266-102-8}}.
* Gerhard Rottenwöhrer: ''Der Katharismus''. 4 Bände, Bock & Herchen, Bad Honnef 1982f., ISBN 3-88347-103-8.
* Kurt Rudolph: ''Die Gnosis.'' Göttingen 1990.
* [[Wikipedia:Steven Runciman|Steven Runciman]]: ''Häresie und Christentum: Der mittelalterliche Manichäismus''. Wilhelm Fink Verlag, München 1988, ISBN 3-7705-2498-5.
* Gerd Schwerhoff: ''Die Inquisition: Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit''. C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50840-5.
* Joseph Szöverffy: ''Maria und die Häretiker. Ein Zisterzienserhymnus zum Albigenserkrieg.'' In: ''[[Wikipedia:Analecta Cisterciensia|Analecta Cisterciensia]].'' 43 (1987), S. 223–232.
* Pierre des Vaux-de-Cernay: ''Kreuzzug gegen die Albigenser''. Manesse, Zürich 1997, ISBN 3-7175-8228-3 (Übersetzung der ''Historia Albigensis'' aus dem Lateinischen).
* Ernst Werner, Martin Erbstößer: ''Kleriker, Mönche, Ketzer: Das religiöse Leben im Hochmittelalter''. Herder, Freiburg 1994, ISBN 3-451-04284-3.
* Eugen Roll: ''Ketzer zwischen Orient und Okzident. Patarener, Paulikianer, Bogomilen'', J. Ch. Mellinger Verlag 1986, ISBN 978-3880691902
* Rudolf Steiner: ''Über Philosophie, Geschichte und Literatur'', [[GA 51]] (1983), ISBN 3-7274-0510-4 {{Vorträge|051}}
 
{{GA}}
 
=== Französisch ===
* Martin Aurell: ''Les Cathares devant l'histoire''. Hydre Éd., Cahors 2005, ISBN 2-913703-57-7.
* Jacques Berlioz: ''„Tuez-les tous Dieu reconnaîtra les siens“: le massacre de Béziers et la croisade des Albigeois vus par Césaire de Heisterbach''. Loubatières, Portet-sur-Garonne 1994, ISBN 2-86266-215-1.
* Jean-Louis Biget, ''Hérésie et inquisition dans le Midi de la France'', Paris, Picard, 2007 [https://www.cairn.info/heresie-et-inquisition-dans-le-midi-de-la-france--9782708408036.htm, online].
* Richard Bordes: ''Cathares et Vaudois en Périgord, Quercy et Agenais''. Hydre Éd., Cahors 2005, ISBN 2-913703-30-5.
* Anne Brenon: ''Le Dico des cathares''. Editions Milan, Paris 2000, ISBN 2-84113-817-8.
* Anne Brenon: ''Les Femmes cathares''. Perrin, Paris 2004, ISBN 2-262-02269-0.
* Roger Caratini: ''Les cathares – de la gloire à la tragédie (1209–1244)''. Archipel, Paris 2005, ISBN 2-84187-589-X.
* Jean Duvernoy: ''Le Catharisme: La religion des cathares (tome 1)''. Éd. Privat, Toulouse 1996, ISBN 2-7089-5326-5.
* Jean Duvernoy: ''L'Histoire des cathares (tome 2)''. Neuauflage. Éd. Privat, Toulouse 2004, ISBN 2-7089-7523-4.
* [https://www.academia.edu/11602867/Mark_G._Pegg_Innocent_III_les_Pestilentiels_Proven%C3%A7aux_et_le_paradigme_%C3%A9puis%C3%A9_du_catharisme_dans_Innocent_III_et_le_Midi_._Cahiers_de_Fanjeaux_50_2015_p._277-307_trad._de_langlais_ Mark G. Pegg, "Innocent III, les 'Pestilentiels Provençaux' et le paradigme épuisé du catharisme", in ''Innocent III et le Midi''. ''Cahiers de Fanjeaux'' 50, 2015, p. 277-307, online].
* Michel Roquebert: ''Histoire des Cathares. Hérésie, Croisade, Inquisition du XIe au XIVe siècle''. Perrin, Paris 1999, ISBN 2-262-01894-4.
 
=== Spanisch ===
* Jesús Ávila Granados: ''La mitología cátara : símbolos y pilares del catarismo occitano''. mr ed., Madrid 2005, ISBN 84-270-3126-2.
 
== Weblinks ==
 
* [http://www.katharer.de/ katharer.de]


==Literatur==
== Einzelnachweise ==


#Rudolf Steiner: ''Das Ewige in der Menschenseele. Unsterblichkeit und Freiheit'', [[GA 67]] (1992), ISBN 3-7274-0670-4 {{Vorträge|067}}
<references />
#Rudolf Steiner: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996), ISBN 3-7274-0980-0 {{Vorträge|098}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie'', [[GA 115]] (2001) {{Vorträge|115}}
#Rudolf Steiner: ''Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus'', [[GA 143]] (1994) {{Vorträge|143}}
#Rudolf Steiner: ''Die Welt des Geistes und ihr Hereinragen in das physische Dasein'', [[GA 150]] (1980) {{Vorträge|150}}
#Rudolf Steiner: ''Menschenschicksale und Völkerschicksale'', [[GA 157]] (1981), Vierzehnter Vortrag, Berlin, 6. Juli 1915 {{Vorträge|157}}
#Rudolf Steiner: ''Geschichtliche Notwendigkeit und Freiheit. Schicksalseinwirkungen aus der Welt der Toten'', [[GA 179]] (1993) {{Vorträge|179}}
#Rudolf Steiner: ''Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus'', [[GA 218]] (1992), ISBN 3-7274-2180-0 {{Vorträge|218}}
#Rudolf Steiner: ''Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben.'', [[GA 305]] (1991) {{Vorträge|305}}
#Rudolf Steiner: ''Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heikunst'', [[GA 316]] (2003), ISBN 3-7274-3160-1 {{Vorträge|316}}
#H. Atmanspacher, H. Primas, E. Wertenschlag-Birkhäuser (Hrsg.): ''Der Pauli-Jung-Dialog'', Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1995, S 219
#Karl von Meyenn (Hrsg.): ''Wolfgang Pauli. Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band III: 1940–1949. Springer. Berlin (1993) Brief #929, S. 496
#[[Herbert Witzenmann]]: ''Erkenntniswissenschaftliche Bemerkungen zur Bildhaftigkeit des übersinnlichen Schauens'', in: Verstandesblindheit und Ideenschau. Die Überwindung des Intellektualismus als Zeitforderung, Gideon Spicker, 1985, S. 96 - 122. (Zuerst als Aufsatz in den 'Beiträgen zur Weltlage' (Nr. 71, 1984), überarbeitet), ISBN 3857041730


==Weblinks==
[[Kategorie:Christentum]]
#[http://www.anthroposophie.net/bibliothek/nawi/physik/pauli/bib_pauli.htm Wolfgang Pauli (1900 - 1958)] - weiterführende Informationen zu Leben und Werk
[[Kategorie:Häresie]]
#[http://www.cerncourier.com/main/article/40/7/18 Wolfgang Pauli Biographie] - in englischer Sprache
[[Kategorie:Katharer]]


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Version vom 1. Dezember 2017, 10:30 Uhr

Der heilige Dominikus und die Albigenser in Albi (1207): Katholische und katharische Schriften werden ins Feuer geworfen, doch nur letztere verbrennen (Pedro Berruguete, um 1495).[1]

Der Begriff Katharer (von griech. καθαρός katharós „rein“) steht im ursprünglichen Sinn für einen Menschen, der sich einer umfangreichen Katharsis, d.h. der Läuterung seines Astralleibs, unterzogen hat und dadurch für eine wahre Geistesschülerschaft vorbereitet war. Daraus wurde dann die Bezeichnung für die Anhänger einer christlichen Glaubensbewegung, die sich vom 12. Jahrhundert bis zum 14. Jahrhundert, vornehmlich im Süden Frankreichs, aber auch in Italien, Spanien und Deutschland ausbreitete. Verbreitet ist auch die Bezeichnung Albigenser (gelegentlich auch: Albingenser) nach der südfranzösischen Stadt Albi, einer ehemaligen Katharerhochburg. Sie selbst nannten sich veri christiani („die wahren Christen“) oder boni homines bzw. Bonhommes („gute Menschen“). Gebräuchlich waren auch die Bezeichnungen Patarener bzw. Pateriner.

Die Katharer wurden im Zuge des Albigenserkreuzzugs (1209 bis 1229) und weiterer Feldzüge sowie durch die Inquisition als Häretiker verfolgt und vernichtet.

Aus dem Wort Katharer wurde später auch die abwertende Bezeichnung Ketzer für alle Abweichler von einem herrschenden Glauben abgeleitet. Die römisch-katholische Kirche verwendete in ihrer Propaganda auch die volksetymologische Ableitung von lat. Cattari (lat. cattus, die Katze). Danach würden die Katharer die Katze als Tier Satans auf das Hinterteil küssen.

Lehre

Die Lehre der Katharer ist zeitlich und regional zu differenzieren. Es gab innerhalb der Katharer insbesondere in der späteren Zeit viele verschiedene Gruppen, so dass man nicht von einer einheitlichen Lehre sprechen kann. Alle Gruppen verband jedoch eine gemeinsame dualistische, gnostisch-manichäische Grundüberzeugung, wonach nur die jenseitige geistige Welt gottgeschaffen war, während die irdisch-materielle Welt als Produkt eines bösen Prinzips gesehen wurde.[2] Ihre dualistische Form des Christentum wurde von den balkanischen Bogomilen beeinflusst. Die Katharer hatten direkte Verbindungen zu den Bogomilen: Die Interrogatio Johannis, eine apokryphe Schrift bogomilischer Herkunft, erhielt der italienische Katharerbischof Nazarius von Bogomilen aus Bulgarien.[3]

Im Neuen Testament hatte das Johannesevangelium für sie eine herausragende Rolle. Das Leben des Katharers war darauf ausgelegt, das Gute im Menschen (die Seele) aus der bösen Welt in den Himmel zu bringen. Der Katharismus war eine Erlösungsreligion und basierte auf der Offenbarung. Sein Heiliges Buch war das Neue Testament, sein einziges Gebet das Pater Noster.[4]

Die Katharer sahen sich selbst als die „wahre“ christliche Kirche. Ihr Ziel war die Befreiung der Seele durch die Erlangung des Consolamentums (siehe unten). Die Katharer unterschieden sich von der damaligen christlichen Kirche auch durch die Ablehnung des Alten Testaments der Bibel, in dem sie den Schöpfergott einer bösen Welt beschrieben sahen.[5] In ihren Predigten kamen viele Bibelzitate vor, die Auslegung war oft nicht eng an den Text gebunden, was sich auch bei den Bibelübersetzungen feststellen lässt.

Abgesehen von einer grundsätzlich dualistischen Weltsicht und der Ablehnung des Alten Testaments lassen sich über die katharische Lehre kaum für alle Untergruppen gemeinsame theologische Aussagen finden. Die Katharer wurden und werden gerne in die Traditionen des Manichäismus und der Gnosis gestellt. Eine direkte Verbindung lässt sich allerdings nicht nachweisen, obwohl theologische Parallelen augenscheinlich sind.[6]

Zusammenhang mit der Entstehung der Gotik

Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass die geistige Gesinnung der Katharer eine tiefen Einfluss auf die die Entstehung der Gotik hatte.

„Der eigentümliche Baustil des Mittelalters, den man fälschlich den gotischen nennt, kam aus Südfrankreich, entstammte Gegenden, wo solche frommen Ketzer lebten wie die Katharer, die Waldenser, die bestrebt waren, das innere Leben zu vertiefen und mit dem üppigen Leben der Bischöfe und des Klerus zu brechen. Ein eigentümliches geistiges Leben breitet sich von dorther aus; die deutsche Mystik wird stark davon beeinflußt.

Welch tiefen Einfluß diese Gesinnung auch auf die äußere Gestalt dieser Kirchen hatte, geht daraus hervor, daß alle diese gotischen Münster einen mystischen Schmuck besaßen in den wunderbaren Glasmalereien. Diese Kunst, die im 17. Jahrhundert vollständig verlorengegangen ist, war nicht artistische Allegorie, sondern die Sinnbilder, die dort eingemalt waren, übten wirklich einen mystischen Einfluß aus auf die Menge, wenn der Sonnenschein durch sie hereinschien in die dämmerigen hohen Kirchen.“ (Lit.:GA 51, S. 177)

Kult und religiöse Praxis

Die katharischen Priester (sowohl Männer als auch Frauen) predigten in der Volkssprache, nicht in der traditionelle Kirchensprache Latein, und erreichten dadurch weite Bevölkerungsschichten. Armut, Bescheidenheit und Enthaltsamkeit (auch in der Sexualität) galten als erstrebenswert und trugen zur Popularität der Bewegung bei, während die römische Kirche aufgrund der Lebensweise vieler ihrer Funktionsträger abgelehnt wurde.

Der katharische Kult ist dem Kern nach bogomilischer Tradition, was sich vor allem in der Tatsache äußert, dass die Vergebung der Sünden nur durch die Aufnahme in die Kirche der Katharer erfolgen konnte. In ihrem kultischen Leben kannten die Katharer neben ihrem einzigen sakramentsähnlichen Ritus, der Geisttaufe (Consolamentum), noch eine Reihe an kultischen Handlungen.[7]

Consolamentum

Die Geisttaufe oder auch Consolamentum (lat.: „Tröstung“, nach Römerbrief Kapitel 1 Vers 12 und Kolosserbrief Kapitel 2 Vers 2) war der entscheidende Schritt, um Mitglied der katharischen Kirche zu werden, und der einzige Zugang zum Heil. Wollten Frauen oder Männer das Consolamentum erhalten, wurde von ihnen verlangt, sich in einer Art Noviziat auf das Leben eines Katharers vorzubereiten. Nach der Geisttaufe durch Handauflegen musste das neue Mitglied der Bewegung sein restliches Leben als Katharer führen, um das Heil zu erlangen. Wer einmal das Consolamentum erhalten hatte, konnte es weitergeben, also weitere Personen in die katharische Kirche aufnehmen und so ihre Seelen retten.

Das Consolamentum wurde in einem feierlichen Akt vollzogen, an dem – unter der Leitung des Bischofs oder des ältesten Katharers der Gemeinde oder der Umgebung – alle Katharer teilnahmen, die das Consolamentum schon erhalten hatten. Die Katharer, die in den engeren Kreis der katharischen Kirche aufgenommen wurden, hießen Perfecti oder Perfectae (Vollkommene). Die Übergabe des Consolamentums vollzog sich, nach Vergebung der Sünden und der Übergabe des Vaterunsers an den Novizen, durch Auflegen des Johannesevangeliums auf den Kopf des Kandidaten. Nacheinander berührten die Anwesenden den Kopf des Novizen und übertrugen somit den Geist der Erkenntnis auf ihn. Beging ein Perfectus eine Sünde, war nicht nur sein Consolamentum hinfällig, sondern auch diejenigen Geisttaufen, die von dem Sünder gespendet worden waren.

Nach dem Empfang des Consolamentums hatten die Perfecti ein entbehrungsreiches Leben zu führen. Neben dem Verbot der Ehe und der geschlechtlichen Beziehungen mussten auch strenge Speisevorschriften befolgt werden, z. B. war die Kost stets fleischlos; das töten von Menschen, vierbeinigen Tieren und Vögeln war verboten, außerdem durften sie weder fluchen, lügen noch einen Eid leisten und waren zur Arbeit verpflichtet. Frauen konnten ebenso wie Männer das Consolamentum erhalten, um gerettet zu werden. Jedoch war der Ritus für Frauen etwas abgeändert: Sie durften während der Zeremonie nicht berührt werden. Daher wurde ein Tuch über sie gedeckt. Da die Katharer annahmen, dass die Seele von Natur aus männlich sei, wurde nach Ansicht der Katharer beim Tod einer Perfecta ihre Seele in den ursprünglichen Zustand versetzt – sie wurde männlich. Die Perfecta wurde der Theorie nach zu einem asexuellen Wesen, ihr Geist löste sich vom Körper und erinnerte sich seines ursprünglich männlichen Zustandes. Schwangeren Frauen durfte kein Consolamentum erteilt werden, da sie nach Ansicht der Katharer einen Dämon im Leib hatten. Die Katharer lehnten generell die Zeugung von Kindern ab (Antinatalismus), da Adam und Eva ursprünglich ohne Sexualität gelebt hätten und vom Teufel zur Sünde der Reproduktion verführt worden seien.

Das Gebet

Das vor dem Consolamentum übergebene Vaterunser war das einzige Gebet der Katharer.[8] Der Tagesablauf der Katharer war durch das Gebet bestimmt. Mit dem Consolamentum erhielten sie die Erlaubnis, das Vaterunser in verschiedenen Formeln zu beten, was Ausdruck der Zugehörigkeit zur ecclesia Dei (‚Kirche Gottes‘) war.

Das Apparellamentum

Ebenso wie das oben genannte Gebet war das sogenannte Apparellamentum den bekennenden Katharern vorbehalten. Das Apparellamentum war ein monatlicher Bußgottesdienst, der zur Reinigung von den beeinträchtigenden Beeinflussungen des irdischen Lebens diente und sie vor dem Rückfall in den Sündenstand bewahren sollte; sie beichteten ihre Verfehlungen einem Diakon. Ebenso wurde durch das Apparellamentum eine Unterwerfung unter die katharische Gemeinschaft vollzogen.

Der Friedenskuss

Der Friedenskuss steht in unmittelbarer Beziehung zum Melioramentum (der Ehrenbezeugung) und diente in erster Linie zur Begrüßung zweier Perfecti bzw. zweier Perfectae untereinander, oder auch der Begrüßung eines Gläubigen, allerdings nur in dem Fall, dass der Kuss vom Perfectus ausgegangen war. Friedensküsse gab es also nur unter Katharern gleichen Geschlechts. Statt zur Begrüßung einen Kuss auszutauschen, wurde die Perfecta vom Perfectus am Arm berührt. Eine andere, noch bessere Lösung zur Übergabe des Friedenskusses war, den Kuss auf das Johannesevangelium zu drücken und dieses dann der Frau zu überreichen.

Radikaler Dualismus

Zirka 1176 schwor der Bogumilenbischof Niketas, als Abgesandter der drughuntisch-häretischen Kirche von Konstantinopel den Führer der moderaten Katherer im Languedoc auf den radikalen Dualismus ein.[9] Deggau schreibt: „Im strengen Sinne kann man bei dem radikalen Dualismus der Katharer nicht von einer Moral sprechen. Denn moralische Vorschriften waren für einen Vollkommenen (perfectus) […] weder möglich noch nötig. Er konnte nicht mehr sündigen […] Umgekehrt konnte es für den einfachen Gläubigen in der Welt des Bösen keine verbindlichen Vorschriften geben […] Es wären nur Regeln des Bösen für das Böse.“[10]

Speisevorschriften und die Brotsegnung

Aus der Ablehnung der Fortpflanzung als Teufelswerk kann bis zu einem gewissen Maße die Ablehnung sämtlicher Speisen, die aus der Fortpflanzung entstanden sind, also von Tierfleisch, Fetten und Milchprodukten, begründet werden. Eine weitaus stärkere Begründung für die Ablehnung dieser Speisen war die Annahme, dass sich in den Tierkörpern die Seelen verstorbener Menschen aufhielten. Wer ein Tier tötete, um es zu verspeisen, stand also in der Gefahr, einen Mord an einer Engelsseele zu begehen, die in einem Tierkörper Zuflucht gesucht hatte. Fische hingegen durften von den Katharern verzehrt werden, da sie der (im Mittelalter weit verbreiteten) Ansicht waren, Fische seien kein Zeugungsprodukt, sondern gingen aus dem Wasser hervor. Außerdem war das Trinken gegorener Getränke (vor allem von Wein) verboten. Mit der Brotsegnung, die im Rahmen einer Mahlzeit stattfand, sollte dem Beispiel Christi gedacht und nachgeeifert werden. Die Betrachtung der Hostie als Leib Christi lehnten die Katharer jedoch ab: Für sie war sie nur ein Stück Brot.

Das Melioramentum und die Credentes

Die Gläubigen drückten ihre Verehrung gegenüber dem Guten Christen (Perfectus) durch Kniebeugen und Verneigungen, dem so genannten Melioramentum aus. Dadurch wurde die Hinwendung zum Katharismus nach außen bezeugt. Durch die Abgabe des Melioramentums wurde ein gewöhnlicher Mensch zu einem Credens, also einem Gefolgsmann der Katharer. Zwar galten die Credentes nicht als Mitglieder der katharischen Kirche, da sie das Consolamentum nicht erhalten hatten, aber das Melioramentum war ein Zeugnis dafür, dass die Credentes eines Tages das Consolamentum erhalten würden. Die Zeremonie des Melioramentums wurde durch das dreimalige Kniebeugen vor einem Perfectus und durch das dreimalige Bitten um seinen Segen vollzogen.

Obwohl die Credentes Verpflichtungen gegenüber den Perfecti hatten, kann das Melioramentum nicht als geschäftlicher Vertrag angesehen werden; vielmehr war es Ausdruck enger sozialer und ideologischer Bindung an die katharische Kirche und deren Vertreter.

Die Endura

Endura (lat. abstinentia) bezeichnete ursprünglich die Probezeit der mindestens achtzehn Jahre alten katharischen Novizen auf das Amt des/der Perfectus/a. Hierbei musste der Anwärter ein Jahr fasten, wonach er (mitunter nach weiterer Prüfungszeit) durch das Consolamtentum und die Einkleidung mit einem schwarzen Gewand in den Kreis der Perfecti/ae aufstieg.[11] Die Endura als Fasten-Prüfungszeit gewann in der Spätzeit in einer radikalen Variante eine neue Bedeutung, als sie mit einer Sonderform des Consolamentums, dem Kranken-Consolamentum verknüpft wurde: Kranke oder Sterbende, die sich erst am Ende ihres Lebens entschieden, das Consolamentum zu empfangen, jedoch nun nicht mehr die Möglichkeit hatten, ein strenges asketisches Leben als Perfecti/ae zu leben, konnten dadurch noch ihre Seele retten und die Vollkommenenwürde erlangen, indem sie keinerlei Nahrungsmittel mehr zu sich nahmen und dadurch, so sie nicht zuvor verstarben, verhungerten. Bei der Ausführung dieser Art der Endura kamen auch Kinder, bei denen eine längere Fastenzeit ebenfalls nicht in Frage kam, ums Leben.[12]

Die katharische Hierarchie

Die katharische Bewegung hatte bereits Mitte des zwölften Jahrhunderts eine fertig organisierte Kirche mit eigener Hierarchie[13] gebildet. Die katharische Kirche besaß Diözesen, Bischöfe und Diakone und hielt selbst Konzilien zu Glaubensfragen ab.[14] Bis zum Albigenserkreuzzug (1209–1229) konnten die Katharer ihre Organisation ausbauen und in Okzitanien unter dem Schutz des Adels und dem Wohlwollen großer Teile der Bevölkerung ihre Religion über mehrere Jahrzehnte lang weitgehend frei und öffentlich praktizieren. Vielerorts wurden Gemeinschaftshäuser als Zentren des Gebets und als Lebens- und Arbeitsorte für Perfecti und Perfectae eröffnet. Obwohl dieselben tatsächlich in persönlicher Armut lebten, konnte ihre Organisation, die katharische Kirche, in dieser Phase ein beträchtliches Vermögen erwirtschaften, und zwar vor allem durch Spenden, die im Zuge der Erteilung des Consolamentums am Kranken- oder Sterbebett (siehe oben: Endura) der Gemeinschaft überlassen wurden, oft in Form von stattlichen Summen oder der Überschreibung des gesamten Erbes. So verfügte die Bewegung über große Mengen an festen und beweglichen Gütern. Die katharische Kirche, in der es kein Zinsverbot gab, war – besonders in Südfrankreich – bisweilen überaus reich: Die Organisation kaufte für ihre Zwecke Häuser, Weinberge oder Äcker, investierte in den Ausbau von Festungen und gab hohe Summen als Bestechungsgelder für Amtsträger der gegnerischen Kirche aus.[15]

Anhand der Struktur der katharischen Kirche lässt sich anschaulich darstellen, wie sich die religiöse Praxis der Katharer ausgebildet hatte: Aufgrund ihrer strengen Hierarchie besaß sie nur eine kleine Spitze, die Bischöfe und ihre Stellvertreter, und führte von diesen hin zu einer breiten Basis, den Credentes und Sympathisanten. Ihre straffe Organisation verlieh der katharischen Kirche große Wirkmächtigkeit und Schlagkraft. In der Auseinandersetzung mit der Inquisition geriet sie ihnen jedoch zum Nachteil, weil die Katharer nach der Beseitigung ihrer Führungseliten kaum über dezentrale Strukturen „im Untergrund“ verfügten, wie sie etwa die ebenfalls verfolgten Waldenser besaßen. Der römisch-katholischen Kirche schienen die Katharer aufgrund ihrer „Gegenkirche“, die sie spiegelbildlich zu ihrer Rivalin errichtet hatten, umso gefährlicher.

Der Bischof und seine Stellvertreter

Der Bischof hatte in der katharischen Gegenkirche keine so weitreichenden Aufgaben wie ein Bischof in der römisch-katholischen Kirche. Sein vornehmliches Recht war, bei allen Riten der Katharer die erste Stelle einzunehmen, beispielsweise bei der Erteilung des Consolamentums oder beim Brotbrechen. Ansonsten wurden ihm keine weiteren nur ihm vorbehaltenen Rechte, wie etwa Priesterweihe oder Firmung, zugesprochen, so dass der katharische Bischof im Grunde nur der Gemeindevorstand war, der sich auch um den Besuch der Einzelgemeinden kümmern musste.

Das Bischofsamt wurde nur von Männern bekleidet.

In der ersten Zeit der katharischen Kirche wurde der Bischof noch von der Gemeinde gewählt, im 13. Jahrhundert hatte sich die Verkirchlichung der katharischen Bewegung aber so weit durchgesetzt, dass der Bischof einer Diözese nur von seinesgleichen geweiht werden durfte.

An der Seite des Bischofs standen seine zwei Stellvertreter: der ältere und der jüngere „Sohn“ (filius major und filius minor). Beide vertraten den Bischof in seiner Abwesenheit und bereisten die Gemeinden als seine Vertreter. Die eigentliche Pfarrseelsorge hingegen wurde vom Diakon übernommen. Die Aufgaben eines Bischofs und auch eines Diakons konnten nur von Personen übernommen werden, die das Consolamentum erhalten hatten.

Der Diakon

Der Aufgabenbereich eines Diakons einer katharischen Gemeinde war vielfältiger als der des Bischofs. Er hatte zwar nicht das Recht, als Erster das Consolamentum zu spenden oder das Brot zu brechen, aber er hatte die Aufgabe, im Fall von Unklarheiten oder Zweifeln bei den Gemeindegliedern schlichtend einzugreifen, diejenigen wieder zu konsolieren, die eine Sünde begangen hatten, und das Apparellamentum zu vollziehen.

Eine weitere Verpflichtung des Diakons war, katharische Konvente zu leiten, die auch als Gästehäuser für Katharer bezeichnet werden können. Diese Aufgabe wurde auch von Frauen übernommen; allerdings war es Frauen untersagt zu predigen. In den Frauenkonventen, die der Leitung einer Frau unterstanden, wurden die Predigten entweder vom katharischen Bischof oder aber – in den meisten Fällen – vom Diakon der Gemeinde durchgeführt.

Die Aufgaben eines Diakons, die mit Reisen verbunden waren, konnten von Frauen nicht übernommen werden, da es vor allem nach dem Albigenserkreuzzug und während der Inquisition für Frauen nicht möglich war, allein auf Reisen zu gehen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Perfecti

Die Perfecti (weibliche Form: Perfectae, Wortbedeutung: lat. „Vollkommene“; franz. parfaits), bezeichnet auch als „gute Menschen“, Bonhommes, Bonshommes bzw. boni homines, bildeten den harten Kern der eigentlichen Mitglieder der katharischen Kirche.[16] Ihnen war erlaubt, das Vaterunser zu beten und das Consolamentum zu erteilen. Sie führten eine keusche und schlichte bis asketische Lebensweise in persönlicher Armut mit vielen Fastenregeln und standen vor den Gläubigen (Credentes), in denen sie eine „bemerkenswerte Hingabe“ erweckten, „in der machtvollen Tradition des Märtyrertums“.[13] Ihre Besitztümer überschrieben die Perfecti/ae bei ihrem Eintritt an die Gemeinschaft ihrer Kirche. Es hat wohl zu keiner Zeit mehr als zehntausend Perfecti gegeben; es kann sogar vermutet werden, dass die Zahl der Perfekten nicht mehr als viertausend betragen hat. Wenn die Perfecti/ae nicht auf Wanderschaft waren, um zu predigen, oder in ihrer Gemeinde unterwegs waren, lebten sie in eigenen Häusern, die der Gemeinschaft gehörten.

Eine Perfecta durfte nur in der Gegenwart eines Diakons das Consolamentum spenden.

Die Initiierten

Eine Stufe unter den Perfecti standen die Initiierten. Die Initiierten waren Gläubige, die danach strebten, das Consolamentum zu erhalten. Wie schon erwähnt, bestand die Übergabe des Consolamentums aus zwei Teilen, nämlich der Übergabe des Vaterunsers und der eigentlichen Geisttaufe, die aber nicht zeitnah durchgeführt werden mussten. Ein Initiierter hatte das Recht, das Vaterunser zu beten, stand also kurz davor, in den Stand eines Guten Menschen erhoben zu werden. Davor musste er sich jedoch über einen längeren Zeitraum moralisch bewähren – schon ein Initiierter hatte also nach den moralischen Grundsätzen der katharischen Kirche zu leben.

Die Credentes

Die Gläubigen fühlten sich noch nicht in der Lage, das von strengen Vorschriften geprägte Leben eines Perfectus zu führen. Sie standen aber der katharischen Kirche nahe und bezeugten das auch durch das Melioramentum. Dieser Gruppe, auch Credentes genannt, war zu verdanken, dass aus der katharischen Gegenkirche keine von der Welt abgesonderte, elitäre Mönchskirche, sondern eine Bewegung mit Massenanhang geworden war. Die Anzahl der Anhänger der katharischen Kirche wird auf „mehrere Hunderttausend“ geschätzt.

Die Credentes gehörten nicht zur katharischen Kirche und brauchten aus diesem Grund auch nicht die religiösen Vorschriften zu befolgen, die die Perfecti einzuhalten hatten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Credentes war es, die Perfekten zu versorgen, und zur Zeit der Inquisition und des Albigenserkreuzzuges auch zu verstecken.

Am Ende ihres Lebens wurde den Credentes das Consolamentum erteilt, d. h., sie wurden von der sündigen Welt erlöst. Nach Erteilung des Consolamentums durfte der Kranke nur noch Wasser erhalten, da weltliche Nahrung die Wirkung aufgehoben hätte. Somit kam der Empfang des Consolamentums einem Todesurteil gleich (vgl. oben: Endura).

Literatur

Deutsch

  • Eduard Cunitz: Ein katharisches Rituale, Druck und Verlag von Friedrich Mauke, Jena 1852 google
  • Lothar Baier: Die große Ketzerei: Verfolgung und Ausrottung der Katharer durch Kirche und Wissenschaft. Wagenbach, Berlin 2002, ISBN 3-8031-2410-7.
  • Malcolm Barber: Die Katharer. Ketzer des Mittelalters. Patmos Verlag, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-96220-0.
  • Matthias Benad: Domus und Religion in Montaillou. Tübingen 1990.
  • Arno Borst: Die Katharer. A. Hiersemann Verlag, Stuttgart 1953, ISBN 3-7772-5301-4.
  • Heinrich Fichtenau: Ketzer und Professoren: Häresie und Vernunftglaube im Hochmittelalter. München, Beck 1992, ISBN 3-406-36458-6.
  • Hans Jonas: Gnosis: Die Botschaft des fremden Gottes. Insel, Frankfurt 1999, ISBN 3-458-16944-X.
  • Reiner Klein: Die Mysterien der Katharer. Zeitenwende 2008, ISBN 978-3-934291-51-5.
  • Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer. Primus Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-401-3.
  • Malcolm Lambert: Häresie im Mittelalter: Von den Katharern bis zu den Hussiten. Primus Verlag, Darmstadt 2001, ISBN 3-89678-184-7.
  • Emmanuel Le Roy Ladurie: Montaillou – Ein Dorf vor dem Inquisitor 1294 bis 1324. (fr. 1975) Ullstein, Berlin 2000, ISBN 3-548-26571-5.
  • Jörg Oberste: Ketzerei und Inquisition im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-534-15576-7.
  • Jörg Oberste: Der Kreuzzug gegen die Albigenser. Primus Verlag, Darmstadt 2003, ISBN 3-89678-464-1.
  • Déodat Roché: Die Katharer-Bewegung. Ursprung und Wesen. Verlag am Goetheanum, Dornach 1997, ISBN 9783723508275
  • Michel Roquebert: Die Religion der Katharer. Übersetzung von Rosi Hoffmann. Editions Loubatières, Portet-sur-Garonne 1988, ISBN 2-86266-102-8 (formal falsche ISBN).
  • Gerhard Rottenwöhrer: Der Katharismus. 4 Bände, Bock & Herchen, Bad Honnef 1982f., ISBN 3-88347-103-8.
  • Kurt Rudolph: Die Gnosis. Göttingen 1990.
  • Steven Runciman: Häresie und Christentum: Der mittelalterliche Manichäismus. Wilhelm Fink Verlag, München 1988, ISBN 3-7705-2498-5.
  • Gerd Schwerhoff: Die Inquisition: Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit. C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50840-5.
  • Joseph Szöverffy: Maria und die Häretiker. Ein Zisterzienserhymnus zum Albigenserkrieg. In: Analecta Cisterciensia. 43 (1987), S. 223–232.
  • Pierre des Vaux-de-Cernay: Kreuzzug gegen die Albigenser. Manesse, Zürich 1997, ISBN 3-7175-8228-3 (Übersetzung der Historia Albigensis aus dem Lateinischen).
  • Ernst Werner, Martin Erbstößer: Kleriker, Mönche, Ketzer: Das religiöse Leben im Hochmittelalter. Herder, Freiburg 1994, ISBN 3-451-04284-3.
  • Eugen Roll: Ketzer zwischen Orient und Okzident. Patarener, Paulikianer, Bogomilen, J. Ch. Mellinger Verlag 1986, ISBN 978-3880691902
  • Rudolf Steiner: Über Philosophie, Geschichte und Literatur, GA 51 (1983), ISBN 3-7274-0510-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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Französisch

Spanisch

  • Jesús Ávila Granados: La mitología cátara : símbolos y pilares del catarismo occitano. mr ed., Madrid 2005, ISBN 84-270-3126-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. St Dominic and the Albigenses in der WEB Gallery of Art.
  2. Daniela Müller: Katharer. In: Theologische Real-Enzyklopädie. (TRE), Band 18, Berlin 1989, S. 334.
  3. Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer. 2001, S. 60.
  4. Roquebert: Die Religion der Katharer. S. 2.
  5. Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer. 2001, S. 33 und S. 81.
  6. Auch der Philosoph Hans Jonas erinnert in seinem Text „Gnosis“ (siehe Lit.) daran, dass die Lehre der Katharer enge Beziehungen zur Gnosis aufweist.
  7. Daniela Müller: Ketzer und Kirche: Beobachtungen aus zwei Jahrtausenden. Lit-Verlag 2014. S. 165, S. 169.
  8. Daniela Müller: Ketzer und Kirche: Beobachtungen aus zwei Jahrtausenden. Lit-Verlag 2014. S. 169.
  9. Malcolm Barber: Die Katharer. Ketzer des Mittelalters. Patmos Verlag, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-491-96220-0. S. 57.
  10. Hans-Georg Deggau: Kleine Geschichte der Katharer. Verlag Herder, Freiburg i. Breisgau 2005, S. 77.
  11. Arno Borst: Die Katharer. 2. Auflage. Herder Verlag, Freiburg i.Br. 1992, ISBN 3-451-04025-5, S. 145.
  12. Arno Borst: Die Katharer. 2. Auflage. Herder Verlag, Freiburg i.Br. 1992, ISBN 3-451-04025-5, S. 146f.
  13. 13,0 13,1 Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer. 2001, S. 25.
  14. So etwa das Konzil von Mirepoix 1206, vgl. Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer. 2001, S. 62.
  15. Arno Borst: Die Katharer. 1992, S. 86 und 98.
  16. Arno Borst: Die Katharer. 1992, S. 151.


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