Salafismus und Prophezeiung des zweiten Weltkriegs: Unterschied zwischen den Seiten

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Der Ausdruck '''Salafiyya''' (umgangssprachlich vereinfachend auch '''Salafismus''') von {{arS|السلفية|w=as-salafiyya}}) bezeichnet die Rückbesinnung auf die „Altvorderen“ (arab. Salaf ‚Vorfahren‘). Der Ausdruck wird auch verwendet, um bestimmte Strömungen des [[Sunniten|sunnitischen]] [[Islam]]s zu bezeichnen, die sich ihrem Selbstverständnis nach an der Zeit der „Altvorderen“ orientieren. Unter den zeitgenössischen Strömungen zählt dazu einerseits die Schülerschaft [[Muhammad Abduh]]s, die eine Vereinbarkeit von Islam und [[Moderne]] vertritt, andererseits konservative Richtungen, welche sich auf [[Ibn Taimiya]] beziehen und nicht nur die Moderne, sondern auch Entwicklungen der islamischen Theologie und religiösen Praxis ablehnen wie etwa Traditionen bestimmter Rechtsschulen oder den [[Sufismus]]. Hierzu zählen die [[Wahhabiten]]; die Bezeichnung „Salafisten“ wird des Weiteren spezieller für nicht-saudische Wahhabiten gebraucht.<ref>Vgl. etwa Lutz Berger: ''Islamische Theologie'', UTb / facultas, Wien 2010, S. 146.</ref>
"Nun gibt es heute schon (1921) eine Anzahl von Leuten – und diese wird rasch wachsen –, welche einsieht, daß es ganz unmöglich ist, durch irgend etwas anderes als durch die Revolution hindurchzugehen, wenn man im alten Sinne weiterarbeitet. Und gerade so, wie man im alten Sinn den Leuten gesagt hat: wir müssen einen Krieg machen, damit wir die Revolution im eigenen Lande besiegen, heißt es nichts anderes, als daß hingearbeitet werden muß gerade unter den im alten Sinn verständigen Menschen des Westens auf den zweiten Weltkrieg. Es geht gar nicht anders, als daß zur Abwendung des inneren Bolschewismus im Westen auf den 2. Weltkrieg hingearbeitet werden muß. Dieser Weltkrieg steht um so sicherer in Aussicht, als im Osten niemals ein Verständnis, sobald die Dinge auf die Spitze getrieben sein werden, gewonnen werden kann für die wirtschaftlichen Maßnahmen des Westens. Im Osten wird sich diejenige Denkweise, die heute in Rußland zutage tritt, verbinden sogar mit den religiösen Vorstellungen des Ostens, und es wird über ganz Asien eine Stimmung entstehen, zu deren Führerschaft die japanische Bevölkerung und deren Machthaber außerordentlich taugen, so daß in die wirtschaftlichen Wirren der Zukunft hineinfallen wird die Ost-West-Spannung. Der 2. Weltkrieg, der sich zwischen Asien und Amerika, und was dazwischen liegt, entwickeln muß, er muß sich aus wirtschaftlichen Untergründen heraus ganz unbedingt entwickeln. Sie hören ja, wie aus den Unterschichten heraus der Ruf ertönt: Weltrevolution! Dieser Weltrevolutionsgedanke, er wird mit einem Nebel allein dadurch zugehüllt werden können, daß diese 2. Weltkriegskatastrophe entfesselt wird. Sie können ganz sicher sein, daß Asien mit den Japanern an der Spitze gegenüber dem, was von Westen kommt, in derselben Lage sein wird, wie Mitteleuropa war gegenüber der Entente. Man wird sich auf Seiten des Ostens vielleicht eine Zeitlang großen Siegeszuversichten hingeben, aber ebenso wie Amerika in Europa ausschlaggebend war, wird es auch in Asien ausschlaggebend sein." (Lit.:; GA 338, S. 224f)


Eine Minderheit der Salafisten folgt einer gewaltbereiten [[Dschihad|dschihadistischen]] Ideologie, die laut deutschem [[Verfassungsschutz]] mit einer [[Freiheitliche demokratische Grundordnung|freiheitlichen demokratischen Grundordnung]] unvereinbar ist.<ref name="FAZ 3.4.2012"/><ref name="SZ 9.4.2012"/><ref name="Welt 9.4.2012"/> Alle [[Islamistischer Terrorismus|islamistischen Terroristen]] des ''[[11. September 2001]]'', des schwersten Terroranschlages der Geschichte,<ref name="US-Außenministerium">[[US-Außenministerium]]: ''[http://www.state.gov/documents/organization/10288.pdf September 11]'' (PDF)</ref> gehörten der salafistischen Strömung an.<ref name="SZ 9.4.2012"/>
"Ich werde es nicht mehr erleben, 1938/1939 wird ein Krieg sein, wie ihn die Welt noch nie erlebt hat. Wer überlebt, wird bessere Zeiten haben." (Rudolf Steiner. In: Erika Beltle/Kurt Bierl: Erinnerungen an Rudolf Steiner, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 2015, S. 503)
 
== Der Begriff Salafiyya ==
=== Definition ===
Der Begriff "Salafiyya" setzt sich zusammen aus dem arabischen Wort für "Vorgänger, Altvordere" (salaf) und der Femininform der Nisbe-Endung (iyya), einem recht produktiven Abstrakta-bildenden Suffix, das sowohl dem deutschen /-heit/ entspricht, als auch der Bildung von
/-ismen/ dient. Der Begriff Salafiyya kann damit frei als "die Orientierung an den frommen Altvorderen" wiedergegeben werden. Zu verschiedenen Zeiten haben sich Bewegungen herausgebildet, deren Verständnis des Islams sich an der Frühzeit der Religion orientiert und daher von ihren Anhängern als unverfälscht angesehen wird. Je nach Kontext waren diese radikalen Strömungen unterschiedlich geprägt und hatten unterschiedliche Forderungen. Gemeinsam ist ihnen jedoch ein [[Fundamentalismus]] im Wortsinne, da viele Jahrhunderte theologischer Entwicklung ignoriert werden, um direkt zu den Quellen [[Koran]] und [[Sunna]] zurückzugehen. Ein Anhänger der Salafiyya wird als Salafi bezeichnet, der inzwischen übliche Begriff ''Salafist'' bezieht sich meist nur auf die zeitgenössische Bewegung.
 
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die reformistische Strömung des Modernismus’ als Salafiyya benannt und somit positiv konnotiert. Inzwischen hat der Begriff eine Bedeutungserweiterung erfahren und wird bisweilen inflationär benutzt. Er reicht bis zu den [[Neofundamentalismus|neofundamentalistischen]] Strömungen des Islams und bezeichnet im Alltagsgebrauch die „Rückwärtsgewandtheit“ von Muslimen, die versuchen, die Sitten und Gebräuche des 7. Jahrhunderts als erfundene Tradition in der modernen Welt zu leben. Teilweise werden auch militante Gruppierungen als salafistisch bezeichnet; die von [[Osama bin Laden]] inspirierte [[Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf]] in [[Algerien]] trägt den Begriff im Namen.
 
=== Die Salaf as-Ṣāliḥ ===
Die ''ehrwürdigen, rechtschaffenen Vorfahren'' (arab. as-Salaf as-Ṣāliḥ) sind die ersten drei Generationen von [[Muslim]]en. Diese standen entweder in unmittelbarem Kontakt mit dem Propheten [[Muhammad]] und waren dessen Anhänger (arab. sahaba) oder sie kannten die Nachfolger (arab. Tabi’un). Wer wiederum die ''tabi’in'' kannte, gehört zur dritten Generation, ''Nachfolger der Nachfolger'' (arab. Atba’ at-tabi’in). Dabei ist nach der Lehre entscheidend, dass die Bekanntschaft im Zustand des Glaubens stattgefunden hat und dieser Zustand bis zum Tode angehalten hat. Der letzte der Sahaba war [[Malik Ibn Anas|Anas bin Malik]] († 710 oder 712 n.&nbsp;Chr.), als letzter der Salaf der dritten Generation gilt [[Hanbal|Ahmad bin Hanbal]], der Begründer der hanbalitischen [[Madhhab|Rechtsschule]], der 855 n. Chr. starb.<ref name="Shahib463">Shahin, S. 463</ref> Sie waren an der Verbreitung des [[Islam]] und seiner Tradierung maßgeblich beteiligt.<ref>Merad, S. 149</ref>
 
Manche zählen auch spätere Gelehrte zu den Salaf, wie etwa [[Ibn Taimiyya]] (1263- 1328) und [[Muhammad ibn Abd al-Wahhab]] (1703-1792), den Gründer und Wegbereiter des [[Wahhabismus]]’.
 
=== Abgrenzung zu Wahhabismus und Islamismus ===
Diejenigen Wahhabiten, welche den Bezug auf [[Wahhab|Muhammad bin Abd al-Wahhab]] in ihrer Selbstbezeichnung vermeiden möchten, bezeichnen sich ebenfalls als Salafis. Dies liegt daran, dass sie nicht als Anhänger einer Einzelperson gelten wollen, sondern für sich in Anspruch nehmen, den „ursprünglichen“ Islam zu praktizieren, da auch ihnen die Salaf als Autoritäten dienen. Mittlerweile werden [[Wahhabismus]] und Salafiyya teilweise austauschbar verwendet. Die [[Wahhabiten]] sind Teil der vormodernen Salafiyya und gehören auch zur zeitgenössischen Salafiyya; von der modernistischen Salafiyya waren sie zunächst stark unterschieden.
Die salafistische Bewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts gilt als Vorläufer des [[Islamismus]] im Sinne einer politischen Ideologie, die einen islamischen Staat errichten möchte. Der Islamismus unterscheidet sich davon, wie bereits der Begriff nahelegt, durch die Ideologisierung, die zu der Schaffung des islamischen Systems führen soll, was bei der Salafiyya noch nicht im Blick ist. Schulze bezeichnet den Islamismus irreführenderweise auch als „Neo-Salafiyya“.<ref>Schulze 1994, S. 126</ref>
 
== Vormoderne Salafiyya ==
Bereits in frühen Jahrhunderten des Islams gab es [[Ulama|Gelehrte]], die der zeitgenössischen Theologie samt der gewachsenen Tradition kritisch gegenüberstanden und sich an den Fundamenten des Glaubens, [[Koran]] und [[Sunna]], orientieren wollten. Dabei sollte idealerweise keine Regelung akzeptiert werden, die keine Grundlage in diesen Quellen hatte (Weisman, S. 275). All diese Punkte gelten auch für die moderne Salafiyya. Der prominenteste Vertreter, auf den die späteren Strömungen zurückgreifen sollten, war [[Ibn Taimiyya]], der bis Anfang des 14. Jahrhunderts wirkte. Sowohl die [[Wahhabiten]] als auch die moderne Salafiyya sollten seine Schriften rezipieren.<ref>Schulze 1994, S. 96</ref>
 
Der Gegenbegriff zu Salaf ist Chalaf, damit werden die nachfolgenden Generationen von Muslimen beschrieben, die über die Jahrhunderte hinweg die Tradition errichtet haben.<ref>Adams, S. 112</ref> Den letzteren nachzufolgen gilt als reine Imitation (arab. [[Taqlid]]) und wird von den Salafiten zugunsten des eigenständigen Denkens verworfen. Die Chalaf werden also von den Salafiten übersprungen, sie versuchen möglichst nah an die Quelle zu gelangen. Das zugrundeliegende [[Koran]]verständnis war ein buchstäbliches.<ref>Shahin, S. 464</ref> Die problematische Quellenlage zum Frühislam wird dabei ignoriert.
 
Daher war die wichtigste Kritik, die sie gegenüber anderen Muslimen vorbrachten, der Vorwurf der verwerflichen Neuerung (arab. [[Bid'a]]), die von der ursprünglichen islamischen Praxis abweiche. Dieser Vorwurf traf zunächst die islamischen Theologen, die von griechischer Philosophie inspiriert waren (arab. [[Ilm al-Kalam|Kalam]]). Später gerieten auch die [[Sufi]]-Orden ins Kreuzfeuer der Kritik.
 
== Die modernistische Schule der Jahrhundertwende ==
=== Grundannahmen ===
Im ausgehenden 19. Jahrhundert stellte sich angesichts des [[Imperialismus]] in der islamischen Welt die Frage nach der Dominanz des Westens. In derselben Phase kamen zahlreiche westliche Missionare in die islamische Welt, deren Vorgehensweise auch die Muslime beeindruckte.<ref name="Merad143">Merad, S. 143</ref>
 
Entgegen der empirischen Feststellung, dass die islamische Welt sich nun relativ im Rückstand befand, proklamierten die sog. Modernisten die Vereinbarkeit von Islam und Moderne. Bedeutende Vertreter dieser Denkrichtung waren [[Dschamal ad-Din al-Afghani]], [[Muhammad Abduh]], [[Raschid Rida]], [[Abd al-Hamid bin Badis]], [[al-Kawakibi]] und andere.
Sie wollten die westliche Lebensart nicht komplett übernehmen, sondern durch den Rückgriff auf die Prinzipien des [[Islam]]s die zivilisatorische Stagnation überwinden. Gesellschaftliche und technologische Reformen wurden angestrebt. Dem liegt ein Geschichtsbild zugrunde, dass der Erfolg einer Gesellschaft mit ihrer Religiosität zusammenhängt. Wenn also der Islam richtig verstanden und praktiziert würde, könnte die muslimische Welt wieder zu alter Stärke finden. Die Wurzel allen Übels liegen nach dieser Ansicht in der Uneinheitlichkeit der islamischen Gemeinschaft ([[Umma]]) und der „Verunreinigung“ des Islams durch fremde Einflüsse. Diesem Weltbild liegt eine Dekadenztheorie zugrunde; der Islam selbst wird folglich nicht als die tatsächliche religiöse Praxis seiner Anhänger verstanden, sondern als allein durch seine Ursprünge bestimmt.<ref>Merad, S. 141</ref> Zentral ist hierbei die Rückbesinnung auf [[koran]]ische Werte und Traditionen, die von den Gewohnheiten des Propheten, der [[Sunna]], erklärt und ergänzt werden. Einen geringeren Stellenwert hat das Vorbild der Altvorderen, der Salaf.<ref name="Merad146">Merad, S. 146</ref>
 
Der programmatische Begriff Islah (Reform) wird teilweise synonym zu Salafiyya verwendet.<ref name="Shahib463" /> Er bezeichnet jegliche Verbesserung der aktuellen Situation, nicht nur in Recht und Religion (Ablehnung der Praxis der Sufiorden), sondern vor allem auch in säkularen Bereichen wie Bildung, Sprache und Verwaltung.<ref>Merad, S. 144</ref> Daraus resultieren widersprüchliche Einschätzungen der Salafiyya – während sie bei manchen als islamische „Reformation“ gilt, waren etwa für Elie Kedourie die beiden Protagonisten [[al-Afghani]] und [[Abduh]] überhaupt keine frommen Muslime, sondern „nur“ politische Aktivisten. Liberal gesinnte Sunniten wie auch säkulare Denker nahmen das Leitmotiv Islah auf.<ref name="Merad145">Merad, S. 145</ref>
 
=== Verbreitung ===
Die Salafiyya wurde zunächst eher von Aktivisten als von Philosophen oder Theologen dominiert, entsprechend sind größere schriftliche Abhandlungen erst spät entstanden. Eine widerspruchsfreie Beschreibung der modernistischen Bewegung ist nicht möglich, da ihre eigenen Vertreter nicht nur unterschiedliche Akzente setzten, sondern ihre Standpunkte auch infolge biographisch und historisch bedingter Veränderungen modifizierten. Eine umfassende Dogmatik besteht ebenfalls nicht.<ref name="Merad157">Merad, S. 157</ref> Auch waren die theologischen Ansichten anfangs weniger brisant als gesellschaftliche und politische Forderungen.<ref>Merad, S. 159</ref> Das maßgebliche Medium der Salafiyya war anfangs die Zeitschrift „al-‘Urwa al-wuthqa“ (das festeste Band), die 1884 von [[Abduh]] und [[al-Afghani]] herausgegeben wurde, jedoch bald verboten wurde.<ref>Meier, S. 85</ref> Später, ab 1898 wurde die Zeitschrift [[Raschīd_Ridā#Die_Zeitschrift_Al-Manar|al-Manār]] (der Leuchtturm) zur wichtigsten Veröffentlichung der Bewegung. Sie wurde herausgegeben von [[Raschid Rida]] und diente anfangs als ein Sprachrohr von dessen Mentor [[Abduh]]. Hier erschienen etwa die Rechtsgutachten der beiden Denker sowie ein einflussreicher Korankommentar, der „Tafsir al-Manar“. Nach dem Tod Abduhs wurde auch der [[Tafsīr (Koranexegese)|Tafsīr]] von Rida fortgeführt. Im Maghrib gab Abd al-Hamid bin Badis von 1924 an die Zeitschrift „asch-Schihab“ (der Meteor) heraus.<ref>Merad, S. 150</ref> Durch die Verbreitung der Publikationen entstanden in der ganzen arabischen Welt Anhänger der Salafiyya, wobei die soziale Basis eine städtische Mittelschicht war und ihre größte Konzentration in Kairo war.<ref>Schulze, S. 49</ref> Auch in [[Damaskus]] wurden die Werke von [[Ibn Taimiyya]] wieder verstärkt rezipiert von einem Kreis um Dschamal ad-Din al-Qasimi und Abd ar-Razzaq al-Bitar, die eine traditionelle Ausbildung als Religionsgelehrte genossen hatten und vom [[Sufismus]] geprägt waren.<ref>Weismann, S. 274, 279</ref> Weder ihre Kontakte zu den Modernisten in [[Ägypten]] noch ihr eigenständiger [[Idschtihad]] wurde von den örtlichen Religionsgelehrten gerne gesehen.<ref>Weismann, S. 280</ref>
 
=== Theologische Grundsätze ===
Theologisch stand das Konzept des [[Tauhid]] (Einheit, Einzigartigkeit Gottes) im Mittelpunkt, wie bereits bei den Wahhabiten. Das Gegenteil dessen ist [[Schirk]], die „Beigesellung“ anderer Götter zu der Verehrung des einen Gottes oder [[Polytheismus]], dessen Ablehnung ein wichtiger Teil des Islams ist.<ref>Wiktorowicz, S. 114f. </ref> Dies wurde manchen [[Sufi]]-Orden vorgeworfen, die sich nach Ansicht der Salafiyya durch die Anrufung von Mittlern des Schirk schuldig machten. Auch weitverbreitete Praktiken des Volksislams wie Aberglaube, Gräberkult und das Feiern von Muhammads Geburtstag, die keine Grundlage im [[Koran]] haben, prangerten die Modernisten an.
 
Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Rechtsschulen (arab. [[Madhhab]]) wird als Tradition bzw. Nachahmung und Spaltung der Umma abgelehnt. Stattdessen folgt man einer Art „Rechtsschule“ der Salaf, deren Konsens (arab. [[Idschma]]) für alle späteren Generationen wegweisend sein soll.<ref>Merad, S. 151</ref>
 
Die Religionsgelehrten (arab. [[Ulama]]) galten einerseits als Regierungsmarionetten und andererseits als erstarrte Traditionalisten, die fraglos Gedankengebäude theologischer Schulen übernahmen, ohne sich selbständig um ein Verständnis des Islam zu bemühen. Die Vertreter der Salafiyya lehnten dies als blinde Nachahmung (arab. [[Taqlid]]) ab, was sie aber keineswegs daran hinderte, in ihrer Theologie auch auf althergebrachte konventionelle Argumentationsmuster zurückzugreifen.<ref>Adams, S. 145</ref> Generell praktizierten sie jedoch [[Idschtihad]], die eigenständige Rechtsfindung mithilfe der als authentisch betrachteten Quellen. Neben dem [[Koran]] ist dies die [[Sunna]], wobei die Salafis nur einen sehr kleinen Teil der [[Hadith]]e für echt und fälschungssicher hielten, nämlich mehrfach überlieferte Hadithe. Insofern stützten sie sich fast ausschließlich auf den [[Koran]].<ref>Merad, S. 148</ref> Ihr Verständnis des Idschtihad ähnelte dem Prinzip des [[Qiyas|Analogieschlusses]] und durfte nur angewendet werden, wenn keine Regelung in den Quellen oder kein Konsens der Salaf vorlag.<ref name="Merad153">Merad, S. 153</ref> Seit dem 10. Jahrhundert war der eigenständige Idschtihad zugunsten der bis dato gewachsenen Tradition aufgegeben worden. Durch die Ablehnung des [[Taqlid]] wollte die Salafiyya „das Tor des [[Idschtihad]]“ wieder öffnen.<ref name="Merad152">Merad, S. 152</ref> Die Ausübung des Idschtihad sollte dabei auf die weltlichen Bereiche des Rechts und des Zusammenlebens beschränkt sein; in religiösen Fragen im engeren Sinne Idschtihad zu betreiben verwarf die Salafiyya als Häresie, solange sie nicht nur dazu diente, unklare Koranstellen zu verdeutlichen.<ref name="Merad153" /> Insofern war auch in dieser rationalistisch erscheinenden Bewegung der Stellenwert der Vernunft keineswegs absolut, sondern sie hatte ihre Grenzen in der göttlichen Offenbarung. Der Grundannahme, dass letztere und die Vernunft jedoch prinzipiell identische Ergebnisse erzeugen, folgte auch die Übereinstimmung von Islam und moderner Naturwissenschaft. Dies sollte die These des [[Orientalist]]en [[Ernest Renan]] widerlegen, dass der Islam und wissenschaftliches Denken unvereinbar wären.<ref name="Merad143"/> Im extremen Fall führte die Gegenbewegung zu der Entstehung von [[Tafsīr (Koranexegese)|Korankommentaren]], die übernatürliche Phänomene innerhalb des [[Koran]]s mit Hilfe von moderner Technik und [[Naturwissenschaft]] zu erklären versuchten. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass sämtliche fortschrittlichen Errungenschaften bereits im Koran vorgezeichnet sind. Ein Beispiel sind Geistwesen, die [[Dschinn]], die [[Abduh]] als die kurz zuvor unter dem neu erfundenen Mikroskop entdeckten Mikroben interpretierte.<ref>Adams, S. 138</ref> Auch das evolutionäre Prinzip wollte [[Abduh]] als „Gewohnheit Gottes“ in den Koran hineinlesen.<ref>Kerr, S. 130</ref> Eine Voraussetzung hierfür war, dass im Gegensatz zu den Salafiyya-Bewegungen anderer Epochen der Modernismus nicht literalistisch war.<ref name="Shahib466">Shahin, S. 466</ref> Auf der anderen Seite verhinderten die Dogmen von der Unerschaffenheit des [[Koran]]s und von seinem göttlichen Charakter weiterreichende rationalistische Interpretationen.<ref name="Merad146"/> An die Stelle symbolischer Auslegung trat häufig der wortwörtliche Kommentar ([[Tafsīr (Koranexegese)|Tafsīr]]) entsprechend der islamischen Tradition.<ref>Merad, S. 147</ref> Die Gratwanderung zwischen dem Vorbild der Altvorderen und einer modernen [[Aufklärung]] war folglich von Widersprüchen geprägt.<ref name="Merad157" />
 
[[Da'wa]] oder Mission, wörtlich die Einladung zum Islam, stellt [[Abduh]] als individuelle Pflicht (arab. fard ‘ain) im Gegensatz zu einer Verpflichtung der Gemeinschaft dar.<ref>Adams, S. 173</ref> Auch [[Raschid Rida]] strebte an, ein islamisches Pendant zu westlichen Missionstätigkeiten aufzubauen. In diesem Zusammenhang war besonders Bildung von großer Bedeutung. Das [[Da'wa]]-Verständnis der Salafiyya beinhaltete alle Maßnahmen, die zu einer „islamischeren Gesellschaft“ führen sollten. Neben der Verbreitung des Islam allgemein war dies auch eine Vorbildfunktion durch islamgemäßen Lebenswandel sowie die Tilgung von Korruption und [[Atheismus]] aus dem öffentlichen wie privaten Leben.<ref>Merad, S. 158</ref>
Bei den koranischen Regelungen wurde zurückgehend auf Ibn Taimiya unterschieden zwischen veränderlichen und unveränderlichen. Die letzten sind „ewige“ Regulierungen der Verehrung Gottes und der religiösen Rituale, die in [[Koran]] und authentischen [[Hadith]]en festgeschrieben sind (arab. ‘Ibadat). Jegliche Veränderung dieser Vorschriften ist eine unerlaubte Neuerung (arab. [[Bid'a]]). Hingegen beziehen sich die veränderlichen Regulierungen auf diesseitige gesellschaftliche Fragen (arab. Mu’amalat). Mit dem Wandel der Zeiten sollten für die sozialen Beziehungen Antworten gefunden werden, die der Moderne angemessen sind.<ref>Adams, S. 175</ref> Durch ein unorthodoxes Prinzip der Rechtsfindung, das von [[Ibn Taimiyya]] entwickelt worden war, sollte der Nutzen (arab. maslaha) für die zeitgenössische Gemeinschaft beachtet werden.<ref name="Shahib466" /> Diejenigen mit Befehlsgewalt (arab. ulu-l-amr) sollten diesen in ihrer Gesetzgebung berücksichtigen.<ref name="Merad146"/>
 
=== Politische Visionen ===
In realpolitischer Hinsicht waren die meisten Salafiyya-Anhänger prinzipiell [[Kolonialismus|antikolonialistisch]]. Nur die indischen Modernisten strebten eine engere Bindung an die Briten an, doch wussten auch ihre nahöstlichen Gleichgesinnten um die Freiheiten unter der britischen Herrschaft in Ägypten im Gegensatz zur osmanischen „Despotie“ (al-Kawakibi). Im Widerspruch zum untergehenden [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] sowie dem aufkommenden Nationalismus der [[Jungtürken]] verstanden sich Teile der Salafiyya als betont arabische Bewegung.<ref>Weismann, S, 290</ref> Der [[Panislamismus|panislamische]] Gedanke war demnach eng mit einem arabischen [[Nationalismus]] verknüpft.<ref>Ende, S. 907</ref> In diesem Zusammenhang und auch angesichts des [[Imperialismus]] der westlichen Mächte war die Förderung der [[Arabische Sprache|arabischen]] Sprache ein Anliegen der Salafiyya.<ref name="Shahib466" />
 
Alternativen zur Fremdherrschaft sollten Herrschaftsformen mit islamischer Begründung sein; einerseits befürwortete man ein Wiederaufleben eines arabischen [[Kalifat]]s nach der Abschaffung des osmanischen Kalifats infolge der Gründung der modernen [[Türkei]].<ref>Shahin, S. 466</ref> Andererseits wurden klassische Konzepte wie Beratschlagung und Konsens herangezogen, um eine Art islamische [[Demokratie]] zu propagieren – und den vermeintlich koranischen Ursprung dieser Regierungsform zu belegen. Dies zeigt, dass der Rückgriff auf die Quellen des Islams nicht zu einer reaktionären Bewegung führt, sondern eher nach Übereinstimmungen mit der modernen Zeit gesucht wurde.<ref name="Merad152" /> Al-Kawakibi wollte demokratische Elemente sogar mit dem [[Kalif]]at kombinieren.<ref>Meier, S. 97</ref>
 
Insgesamt übten Vertreter der Salafiyya Widerstand gegen die osmanische Herrschaft und den [[Kolonialismus]] und strebten tiefgreifende Veränderungen bei den etablierten Rechtsgelehrten sowie dem Volksislam an.<ref name="Merad145"/> Dies resultierte im Misstrauen oder gar Verfolgung der anderen Seite, so dass sich die Ideen der Salafiyya aufgrund ihrer schmalen sozialen Basis nicht durchsetzen konnten.<ref>Dean Commins, S. 142</ref> Zwar wurde [[Abduh]] Großmufti von Ägypten und hatte in dieser Position große Einflussmöglichkeiten, doch traf er auch hier auf Widerstand.<ref name="Merad145"/>
 
=== Einflüsse auf Islamismus und Nationalismus ===
Die Denker der modernen Salafiyya bereiteten den Nährboden für den [[Islamismus]] als politische [[Ideologie]] wie auch für einen säkularen Liberalismus, wobei beide sich als legitime Erben zu präsentieren versuchten.<ref>Merad, S. 161</ref> Während die Modernisten zumeist eine religiöse Ausbildung durchlaufen hatten, entstammten die Aktivisten des Islamismus’ nicht den [[Ulama]]. Hierbei ist besonders der Gründer der [[Muslimbruderschaft]], [[Hasan al-Banna]], zu nennen, der als Volksschullehrer den Bildungsgedanken der Salafiyya in seine Agenda übernahm. Mit dem Aufkommen des aktivistischen, politischen Islams verschwand die Salafiyya als intellektuelle Geisteshaltung. Mehr noch als der Bildungsgedanke kam nun die Moral als Basis der [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] ins Zentrum. Bereits Raschid Rida hatte eine Entwicklung durchgemacht, die von den erneuernden Gedanken zu konservativen Standpunkten überging, und hatte sich den saudi-arabischen [[Wahhabiten]] angenähert. Diese Entwicklung entstand auch aus Furcht vor dem aufkeimenden liberalen [[Säkularismus]], dem die Salafiyya mit einer Radikalisierung begegnete, die sich im alltäglichen Lebenswandel niederschlug.<ref>Schulze, S. 100</ref> Damit einher ging eine Einbuße an erneuerndem Elan in der gesamten Strömung, die nun ironischerweise selbst traditionell wirkte und den [[Muslimbrüder]]n als moderner Massenbewegung das Feld überließ.<ref>Merad, S. 160</ref>
 
Einige Anliegen der Salafiyya wurden auch von säkularen Intellektuellen aufgenommen, wie etwa denen des [[Nationalismus]]. Insofern war die Salafiyya die Wegbereiterin für zwei gegensätzliche Strömungen, die nicht ihrer Idee der Vermittlung zwischen Erbe und Moderne entsprachen. In den 1950er und 60er Jahren führten die Tatsachen, dass die Salafiyya nicht mehr Motor der gesellschaftlichen Erneuerung war, sondern nunmehr im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen nationalistische und sozialistische Strömungen politisch an Einfluss gewannen, bis hin zu [[revolution]]ären Umstürzen in einigen arabischen Staaten, und dass letztere es eine Zeit lang verstanden, in ihren Diskursen die gesellschaftliche Erneuerung für sich zu reklamieren, zu einer Marginalisierung der Salafiyya.<ref>Vgl. auch Schulze, S. 118</ref>
 
== Neofundamentalismus – zeitgenössischer Salafismus ==
Nach der Enttäuschung über die nationalistischen und sozialistischen Politikresultate, insbesondere über die des Krieges zwischen den arabischen Staaten und Israel 1967, und nach dem Aufkommen der [[Islamische Revolution|Islamischen Revolution im Iran]] 1979, erfuhren religiöse muslimische Strömungen in den arabischen Staaten einen enormen Auftrieb, im Zuge dessen sich auch eine Salafiyya-Bewegung wieder neu formiert hat.
 
Die sodann emporgekommene heutige Salafiyya-Bewegung hat sich jedoch von der modernen Schule weit entfernt. Für die Einstellung der neuen Formation verwendet [[Olivier Roy]] den präziser definierten Begriff [[Neofundamentalismus]], der heterogene Gruppen umfasst.<ref>Roy, S. 230</ref> Er ist zweigeteilt in einen konservativen Teil sowie einen [[dschihad]]istischen Flügel.<ref>Roy, S. 232</ref>
* Der erste geht zurück auf die vormoderne Salafiyya wahhabitischer Prägung und hat sein geistiges Zentrum heute dementsprechend in [[Saudi-Arabien]].
* Der dschihadistische Salafismus ist militant.
 
Während die moderne Salafiyya durch Rückbesinnung auf ursprüngliche Werte den Muslimen die verlorengegangene zivilisatorische Vorreiterrolle wieder verschaffen will, möchte der islamistische [[Neofundamentalismus]] die religiöse Zeituhr zurückdrehen und betrachtet die heutige Welt insgesamt feindlich. Insofern steht er der Salafiyya der Jahrhundertwende diametral entgegen. Er gilt als die am schnellsten wachsende radikale Strömung des Islams.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/salafismus100.html Stichwort:Hintergrund Salafismus] Tagesschau.de. 22. Juni 2011, abgerufen am 25. Juni 2011</ref> Es handelt sich um eine entterritorialisierte Bewegung, die losgelöst von jeder kulturellen „Verunreinigung“ die „wahre“ Religion praktizieren möchte.<ref>Roy, S. 254f.</ref>
 
== Politische Bewertung und Präventionsgipfeltreffen unter Mitwirkung von Muslimischen Verbänden ==
Im Rahmen der [[Innenministerkonferenz]] im Juni 2011 warnten die deutschen Innenminister vor den Gefahren des zeitgenössischen, [[Neofundamentalismus (Islam)|neofundamentalistischen]] Salafismus. Zum Abschluss des Treffens meinte der hessische Staatsminister des Inneren und Vorsitzende der Innenministerkonferenz, [[Boris Rhein]], der Salafismus sei der „Nährboden für [[Islamismus|islamistischen]] Terrorismus.“<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/imk100.html Konferenz in Frankfurt am Main: Innenminister warnen vor Salafismus] Tagesschau.de, 22. Juni 2011, abgerufen am 22. Juni 2011</ref> Radikale und [[Islamismus|islamistische]] Ausprägungen des Islam wie der zeitgenössische Salafismus sollen in Deutschland unter Mitwirkung von [[Islamische Organisationen in Deutschland|islamischen Verbänden]] wie des [[Koordinationsrat der Muslime in Deutschland|Koordinationsrates der Muslime in Deutschland]] und der [[Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion|Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion]] (DİTİB) durch „Präventionsgipfeltreffen“ eingedämmt und verhindert werden. Nicht nur von Sicherheitsbehörden, auch von muslimischen Organisationen in Deutschland werde eine pauschalisierende, negative Haltung der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber Muslimen durch die Aktivitäten neofundamentalistischer Salafisten wahrgenommen.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/praeventionsgipfel100.html „Präventionsgipfel“ mit muslimischen Verbänden: Rezept gegen Radikalisierung dringend gesucht] Tagesschau.de, 24. Juni 2011, abgerufen am 27. Juni 2011</ref>
 
== Bekannte Vertreter in den letzten Jahrzehnten ==
* [[Abd al-Aziz bin Abdullah Al asch-Schaich]]
* [[Abd al-Aziz ibn Baz]]
* [[Muhammad Ibn Uthaymin]]
* [[Muhammad Nasiruddin al-Albani]]
* [[Abdul Adhim Kamouss]]<ref>Bericht dazu von Güner Y. Balci: [http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~ED23E8E542A0B468B9D1C9C4BAA7280C1~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''Integration in Berlin. Im Schatten der Al-Nur-Moschee'']; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 24. Februar 2009</ref><ref>[http://www.zeit.de/2007/41/Islam-Prediger Die lässigen Gehirnwäscher] Zeit.de, 4. Oktober 2007</ref>
 
== Salafiyya heute nach Ländern ==
=== Deutschland ===
Laut Islamwissenschaftler Benno Köpfer gibt es drei- bis fünftausend Salafisten in Deutschland,<ref>[http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Islamisten-sehen-sich-als-Fremde-und-Verfolgte-_arid,111567.html Tübinger Terrorismus-Konferenz: Islamisten sehen sich als Fremde und Verfolgte, Schwäbisches Tagblatt, 11. September 2010]</ref> der Islamwissenschaftler Guido Steinberg spricht von vier- bis fünftausend Anhängern.<ref>[http://icsr.info/blog/Terror-in-Germany-An-interview-with-Guido-Steinberg Terror in Germany: An interview with Guido Steinberg by Raff Pantucci, ca. 2011]</ref> Alle Terroristen des [[11. September 2001]] waren Salafisten, darunter auch die drei Selbstmordattentäter der [[Hamburger Zelle]].<ref name="SZ 9.4.2012">[[Süddeutsche Zeitung]]: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/radikal-islamische-missionierung-im-auftrag-des-herrn-1.1328178 Radikal-islamische Missionierung. Im Auftrag des Herrn]'', vom 09. April 2012, abgerufen am 10. April 2012</ref>
 
Der Verein ''[[Muhamed Ciftci#Islamschule und Einladung zum Paradies e.V.|Einladung zum Paradies]]'' (EZP), der zu den Salafisten gerechnet wird, wird wegen seiner diskriminierenden Haltung gegenüber Frauen und Homosexuellen vom [[Verfassungsschutz]] beobachtet. Zu diesem Verein gehört auch der deutsche Konvertit [[Pierre Vogel]], der besonders durch Video-Predigten im Internet missioniert.<ref>[http://www.rp-online.de/niederrheinsued/moenchengladbach/nachrichten/Wie-Salafisten-Frauen-unterdruecken_aid_891145.html ''Wie Salafisten Frauen unterdrücken.'' Rheinische Post, 7. August 2010]</ref>
 
In jüngerer Zeit (2012) hat die Missionsaktivität extremistischer Salafismusprediger wie [[Ibrahim Abou-Nagie]] im Bundesgebiet deutlich zugenommen, insbesondere in [[NRW]] und [[Hessen]]. Ziel der intensivierten Anstrengungen sei es laut Verfassungsschutz „Konversionen zum Islam salafistischer Prägung herbeizuführen und damit diese Form des religiös motivierten Extremismus in Deutschland weiterzuverbreiten.“<ref name="FAZ 3.4.2012">{{Internetquelle | url=http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/salafisten-einen-koran-in-jeden-haushalt-11705989.html | titel=Salafisten: Einen Koran in jeden Haushalt | zugriff=2012-04-03 | datum=2012-04-03 | werk=[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]}}</ref> Über die Osterfeiertage 2012 verteilten Salafisten in 35 deutschen Städten kostenlose Ausgaben des Koran. In der vom [[Hassprediger]] [[Ibrahim Abou-Nagie]] geleiteten und seit Monaten laufenden Kampagne wurden nach Schätzungen bislang dreihunderttausend Exemplare verteilt.<ref name="SZ 9.4.2012"/> Verteilungsverbote einiger Städte wurden von salafistischen Helfern umgangen.<ref name="Welt 9.4.2012">[[Die Welt]]: [http://www.welt.de/politik/deutschland/article106164941/Wie-Salafisten-Verbote-von-Koran-Staenden-umgehen.html Wie Salafisten Verbote von Koran-Ständen umgehen], vom 9. April 2012, abgerufen am 10. April 2012</ref>
 
=== Andere ===
International zählen Wiktorowicz<ref>Wiktorowicz, S. 151</ref> und Roy sehr unterschiedliche Organisationen auf, die der heutigen Salafiyya-Bewegung zuzuordnen sind:
* In den USA: [[Qur’an and Sunna Society]], [[Islamic Association of North America]], [[Salafiyya Society]], Preservation of the Qur’an, Society for Adherence to the Sunna
* In Großbritannien: Dachorganisation [[Jami’iat Ihyaa’ Minhaaj al-Sunnah]], Mohammed Sourour Center, Ahl al-Sunnah wal Jama’at
* Kuwait: [[Revitalization of Heritage Society]]
* Ägypten: Bei den [[Parlamentswahlen in Ägypten 2011/2012]] trat mit der [[Partei des Lichts]] erstmals eine salafistische Partei bei [[Demokratie|demokratischen]] Wahlen an. Auch die [[Ansar al-Sunna|Ansar al-Sunna Gesellschaft]] versucht, Einfluss auf die Bevölkerung auszuüben.
* Afghanistan: [[Taliban]], [[Al-Qaida]]
* Pakistan: [[Ahl-i Hadith]], [[Jaish-e Muhammad]], [[Sipah-e Sahaba]], [[Tablighi Jamaat]]
* Algerien: In Algerien kämpfen die islamistischen bewaffneten Gruppen ''[[Groupe Islamique Armé]]'' und ''[[Al-Qaida im Maghreb]]'' (vormalig: Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf) für einen islamischen Staat und liefern sich in der westlichen [[Sahara]] Gefechte mit Regierungstruppen.<ref>[http://merln.ndu.edu/archive/icg/islamistterrorisminthesahel.pdf ''Islamist Terrorism in the Sahel: Fact or Fiction?'' International Crisis Group, Africa Report Nr. 92, 31. März 2005]</ref>
* Libyen: In Libyen kämpft seit 1995 die [[Libysche Islamische Kampfgruppe]] für einen islamischen Staat in salafistischer Tradition und kooperiert dafür mit al-Qaida im Irak und Afghanistan.<ref>Moshe Terdman: [http://www.e-prism.org/images/PRISM_no_2_vol_3_-_The_Libyan_LIFG.pdf The Libyan Islamic Fighting Group (LIFG)], GLORIA Center, Vol. 3, Number 2, Juni 2005</ref>
* Libanon: Im [[Libanon]] erhält die salafistische Bewegung besonders durch die von [[Schakir al-Absi]] im palästinensischen Flüchtlingslager [[Nahr al-Bared]] 2006 gegründeten Untergrundorganisation [[Fatah al-Islam]] Zulauf unter arbeitslosen Jugendlichen.<ref>Tine Gade: [http://www.mil.no/multimedia/archive/00102/02727_102478a.pdf ''Fatah al-Islam in Lebanon: Between global and local jihad.'' Norwegian Defence Research Establishment (FFI), 5. Dezember 2007, S. 22 f]</ref>
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Salafismus}}
* {{WikipediaDE|Salafismus}}
* {{WikipediaDE|Neofundamentalismus}}
* {{WikipediaDE|Wahhabismus}}
* {{WikipediaDE|Islamismus}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Charles C. Adams: ''Islam and Modernism in Egypt. A Study of the Modern Reform Movement Inaugurated by Muhammad ’Abduh.'' London 1933.
* David Dean Commins: ''Islamic Reform. Politics and Social Change in Late Ottoman Syria.'' New York, Oxford 1990. ISBN 0-19-506103-9
* Werner Ende, Pessah Shinar: ''Salafiyya.'' In: ''The Encyclopedia of Islam.'' T. 2, Bd 8. Brill, Leiden 1995, S. 900–909. {{ISSN|1873-9830}}
* Elie Kedourie: ''Afghani and ’Abduh. An Essay on Religious Unbelief and Political Activism in Modern Islam.'' London 1966.
* Andreas Meier: ''Der politische Auftrag des Islam: Programme und Kritik zwischen Fundamentalismus und Reformen. Originalstimmen aus der islamischen Welt.'' Wuppertal 1994.
* Roel Meijer: ''Global Salafism''. Islam's new religious movement, Columbia University Press, New York 2009. Darin: R. Meijer: [http://www.clingendael.nl/publications/2009/20090700_cdsp_global_salafism_introduction_meijer.pdf Introduction], S. 1-32.
* Ali Merad: ''Islah.'' In: ''The Encyclopedia of Islam.'' T. 2, Bd 4. Brill, Leiden 1978, S. 141–171. {{ISSN|1873-9830}}
* Olivier Roy: ''Der islamische Weg nach Westen. Globalisierung, Entwurzelung und Radikalisierung.'' Pantheon, München 2006, [[Bertelsmann|RM Buch und Medien]], Gütersloh 2007, [[Bundeszentrale für politische Bildung|BpB]], Bonn 2007. ISBN 3-89331-731-7
* Reinhard Schulze: ''Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert.'' Beck, München 1994. ISBN 3-406-38108-1
* Emad Eldin Shahin: ''Salafiyyah.'' In: ''The Oxford Encyclopedia of the Modern Islamic World.'' New York 1995, S. 463–469. ISBN 0-19-506613-8
* Itzchak Weismann: ''Taste of Modernity. Sufism, Salafiyya, and Arabism in Late Ottoman Damascus.'' Brill, Leiden u.a. 2000. ISBN 90-04-11908-6
* Quintan Wiktorowicz: ''The Management of Islamic Activism. Salafis, the Muslim Brotherhood, and State Power in Jordan.'' Albany NY 2001. ISBN 0-7914-4835-5
== Weblinks ==
* [http://www.tagesschau.de/inland/salafismus100.html tagesschau.de - Stichwort Salafismus]
*[http://salaf.com/ Salafisten-Webportal] (englisch)
*[http://www.seasite.niu.edu/Indonesian/Islam/83_indonesia_backgrounder_why_salafism_and_terrorism_don_t_mix_web.pdf ''Indonesia Backgrounder: Why Salafism and Terrorism Mostly Don’t Mix.''] In: ''Asia Report.'' Nr. 83. international crisis group<!-- Sic! -->, Southeast Asia, Brussels, 13. September 2004 (pdf, 873 kB).
* Albrecht Metzger: [http://www.zeit.de/2008/14/Rahman-Moschee ''Unter strengen Brüdern.''] In: ''[[Die Zeit]].'' 27. März 2008 (Im Visier des Verfassungsschutzes)
* [http://www.spiegel.de/video/video-1084959.html Über deutsche Salafisten.] Video. SPIEGEL-TV 20. September 2010.
* Samit Amghar: [http://www.isn.ethz.ch/isn/Digital-Library/Publications/Detail/?lng=en&id=45690 ''Salafism and Radicalisation of young European Muslims']', in: Samit Amghar, Amel Boubekeur, Michael Emerson (Hgg.): [http://www.ceps.eu/ceps/download/1386 ''European Islam. Challenges for society and Public Policy''], Brüssel 2007, S. 38-51.
== Einzelnachweise ==
<references />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4215345-1}}
[[Kategorie:Islamistischer Terrorismus]]
[[Kategorie:Islam und Politik]]
[[Kategorie:Terrorismus]]
[[Kategorie:Islamismus]]
[[Kategorie:Islam]]


{{Wikipedia}}
* Rudolf Steiner: ''Wie wirkt man für den Impuls der Dreigliederung des sozialen Organismus?. Zwei Schulungskurse für Redner und aktive Vertreter des Dreigliederungsgedankens'' (1921), [[GA 338]], Dornach 1986

Aktuelle Version vom 18. Januar 2017, 08:41 Uhr

"Nun gibt es heute schon (1921) eine Anzahl von Leuten – und diese wird rasch wachsen –, welche einsieht, daß es ganz unmöglich ist, durch irgend etwas anderes als durch die Revolution hindurchzugehen, wenn man im alten Sinne weiterarbeitet. Und gerade so, wie man im alten Sinn den Leuten gesagt hat: wir müssen einen Krieg machen, damit wir die Revolution im eigenen Lande besiegen, heißt es nichts anderes, als daß hingearbeitet werden muß gerade unter den im alten Sinn verständigen Menschen des Westens auf den zweiten Weltkrieg. Es geht gar nicht anders, als daß zur Abwendung des inneren Bolschewismus im Westen auf den 2. Weltkrieg hingearbeitet werden muß. Dieser Weltkrieg steht um so sicherer in Aussicht, als im Osten niemals ein Verständnis, sobald die Dinge auf die Spitze getrieben sein werden, gewonnen werden kann für die wirtschaftlichen Maßnahmen des Westens. Im Osten wird sich diejenige Denkweise, die heute in Rußland zutage tritt, verbinden sogar mit den religiösen Vorstellungen des Ostens, und es wird über ganz Asien eine Stimmung entstehen, zu deren Führerschaft die japanische Bevölkerung und deren Machthaber außerordentlich taugen, so daß in die wirtschaftlichen Wirren der Zukunft hineinfallen wird die Ost-West-Spannung. Der 2. Weltkrieg, der sich zwischen Asien und Amerika, und was dazwischen liegt, entwickeln muß, er muß sich aus wirtschaftlichen Untergründen heraus ganz unbedingt entwickeln. Sie hören ja, wie aus den Unterschichten heraus der Ruf ertönt: Weltrevolution! Dieser Weltrevolutionsgedanke, er wird mit einem Nebel allein dadurch zugehüllt werden können, daß diese 2. Weltkriegskatastrophe entfesselt wird. Sie können ganz sicher sein, daß Asien mit den Japanern an der Spitze gegenüber dem, was von Westen kommt, in derselben Lage sein wird, wie Mitteleuropa war gegenüber der Entente. Man wird sich auf Seiten des Ostens vielleicht eine Zeitlang großen Siegeszuversichten hingeben, aber ebenso wie Amerika in Europa ausschlaggebend war, wird es auch in Asien ausschlaggebend sein." (Lit.:; GA 338, S. 224f)

"Ich werde es nicht mehr erleben, 1938/1939 wird ein Krieg sein, wie ihn die Welt noch nie erlebt hat. Wer überlebt, wird bessere Zeiten haben." (Rudolf Steiner. In: Erika Beltle/Kurt Bierl: Erinnerungen an Rudolf Steiner, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 2015, S. 503)

Literatur

  • Rudolf Steiner: Wie wirkt man für den Impuls der Dreigliederung des sozialen Organismus?. Zwei Schulungskurse für Redner und aktive Vertreter des Dreigliederungsgedankens (1921), GA 338, Dornach 1986