Zehn Gebote und Intentionalität: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Rembrandt Harmensz. van Rijn 079.jpg|thumb|Der gehörnte<ref>Der beiden "Hörner" des Moses sind nach [[Rudolf Steiner]] ein Hinweis auf die [[zweiblättrige Lotosblume]], das [[Stirnchakra]].</ref> ''Moses mit den Gesetzestafeln'', von [[Wikipedia:Rembrandt van Rijn|Rembrandt Harmensz van Rijn]], 1659]]
[[Datei:Franz Brentano.jpeg|mini|Brentano führte den Begriff der Intentionalität in die moderne Philosophie ein]]
Die '''Zehn Gebote''', auch '''Dekalog''' (von {{ELSalt|δεκα}} ''deka'' „zehn“ und {{lang|grc|λoγoς}} ''[[logos]]'' „[[Wort]]“) sind eine Liste religiöser und [[Ethik|ethischer]] Regeln, die im [[Judentum]] und im [[Christentum]] eine grundlegend wichtige Bedeutung haben.


{{GZ|Was zeigen uns diese Zehn Gebote vor allen
Der Begriff der '''Intentionalität''' bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, sich auf etwas zu beziehen (etwa auf reale oder nur vorgestellte [[Entität|Gegenstände]], Eigenschaften oder [[Sachverhalt]]e). Das Konzept lässt sich antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theoretikern zuschreiben<ref>{{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality-ancient/|Intentionality in Ancient Philosophy|Victor Caston|beleg=1}}</ref> und geht in der modernen Diskussion meist auf den Philosophen und Psychologen [[Franz Brentano]] zurück. Dieser hatte den Begriff in seiner Arbeit ''Psychologie vom empirischen Standpunkte''<ref name="FB">[[Franz Brentano]]: Psychologie vom empirischen Standpunkt. 1874.</ref> wiedereingeführt. Durch die Arbeiten [[Edmund Husserl]]s wurde Intentionalität zu einem zentralen Konzept der [[Phänomenologie]].
Dingen? Wir werden sehen, sie zeigen uns überall, nicht nur in dem
ersten Teil, sondern auch in dem letzten Teil, wo es scheinbar verborgen
ist, daß durch Moses zu dem jüdischen Volke gesprochen
wird in dem Sinne, daß jene Macht nunmehr bei dem jüdischen Volke
sein soll, die sich im brennenden Dornbusch dem Moses angekündigt
hat mit den Worten als der Bezeichnung seines Namens: «Ich bin
der Ich bin!» - «Ehjeh asher ehjeh!» Hingewiesen ist darauf, daß
die anderen Völker in der Entwickelung unserer Erde jenes «Ich
bin», den eigentlichen Urgrund des vierten Teiles der menschlichen
Wesenheit, nicht so intensiv, so klar haben erkennen können, wie
das jüdische Volk das erkennen soll. Jener Gott, der einen Tropfen
seines Wesens in den Menschen gegossen hat, so daß das vierte Glied
der menschlichen Wesenheit der Träger dieses Tropfens wurde, der
Ich-Träger, jener Gott wird zum ersten Male seinem Volke bewußt
durch Moses.|107|118}}


Die Zehn Gebote sind zweifach im [[Altes Testament|Alten Testament]] ([[Wikipedia:2._Buch_Mose|Exodus]] 20,2-17; [[Wikipedia:5._Buch_Mose|Deuteronomium]] 5,6-21) überliefert und haben dort als einzige direkte Niederschrift durch den Finger [[Gott]]es ([[Wikipedia:2._Buch_Mose|Ex]] 31,18) - der Rest der Gesetze wird als ein Diktat Gottes an [[Mose]] geschildert - höchste Geltung und [[heilig|Heiligkeit]]. Sie wurden von Gott selber auf zwei steinernen [[Wikipedia:Gesetzestafeln|Gesetzestafeln]] geschrieben.  
In den heutigen philosophischen Debatten der [[Philosophie des Geistes]] wird Intentionalität oftmals als spezifisches Merkmal des Mentalen verstanden: Gibt es Intentionalität, so gebe es Mentales – und nicht etwa nur Materielles und naturwissenschaftlich Beschreibbares. Die Annahme von Intentionalität, ebenso wie die von phänomenalem Bewusstsein bzw. von [[Qualia]], stellt daher aus der Sicht der Vertreter des Mentalen ein Problem für den [[Materialismus]] dar. Gegner dieser Position kommen jedoch ohne eine Annahme des Mentalen aus und halten Intentionalität, ebenso wie [[Wahrnehmung]] und [[Gedächtnis]], für naturwissenschaftlich erklärbar.


Bei der Zählung der Gebote gibt es im [[Judentum]] und in den [[Christentum|christlichen]] Kirchen unterschiedliche Traditionen. Alle Zählungen sind sich in der Zehnzahl einig; schon das AT spricht von den "Zehn Worten". [[Jesus von Nazareth]] hat die Zehn Gebote in einem Doppelgebot zusammengefasst: dem der [[Gottesliebe]] (Gebot 1-3) und dem der [[Nächstenliebe]] (Gebot 4-10). Im [[Frühchristentum]] wurde der griechische Begriff '''Dekalog''' geprägt.
<!--
== Der Begriff „intentional“ ==
{{Überarbeiten}}
{{Quelle}}


{{GZ|Die
Intentional ist (1) alles, was eine Ausrichtung hat; (2) im engeren Sinn alles, was eine bewusste Ausrichtung auf einen Gegenstand hat; (3) der gemeinte Gegenstand selber. In der Bedeutung von (3) besitzen die Gegenstände als vorgestellte, gedachte, gewollte Gegenstände ein „intentionales“ Sein. (4) In der [[Subjektwissenschaft]] der [[Kritische Psychologie|Kritischen Psychologie]] werden Menschen dadurch charakterisiert, dass sie Intentionalitätszentren sind; d.&nbsp;h., dass sie nicht neutral in der Welt stehen, sondern sich zu ihr verhalten als sinnlich-körperliche, bedürftige, interessierte Subjekte.
Zehn Gebote sind, wenn wir näher darauf eingehen, in einer ganz
-->
besonderen Weise aufgebaut. Von den zehn sind nur drei so gebaut,
== Intentionalität nach Brentano ==
daß es heißt: Du sollst etwas tun. - Die anderen sieben sind so gebaut,
=== Intentionale Inexistenz ===
daß man sagt: Du sollst nicht. - Daraus geht hervor, daß die Weltenmächte
Der Begriff der Intentionalität ist ein philosophischer Fachterminus und weder mit dem alltäglichen Begriff der [[Intention]] als Absicht, noch mit dem [[Semantik|semantischen]] Begriff der [[Extension und Intension|Intension]] gleichbedeutend. Die klassische Begriffsbestimmung gibt Brentano:
viel mehr Notwendigkeit sehen, den Menschen moralische
Gesetze zu geben, die sagen: Du sollst etwas nicht tun —, als solche, die
sagen: Du sollst etwas tun. - Denn das, was geboten wird, nicht zu tun,
verhält sich zu dem, was geboten wird, zu tun, wie sieben zu drei. Wir
können also sagen: Die Moralität muß im allgemeinen in der Menschennatur
so wirken, daß sie sich besonders auf den Standpunkt
stellt, zu sagen: Du sollst etwas nicht.


Wir können dies Verhältnis sieben zu drei in den Zehn Geboten
{{Zitat|Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die ''intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz'' eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter / hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw. Diese ''intentionale Inexistenz'' ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches.|ref=<ref name="FB-124">Brentano, op.cit., I, S. 124, kursive Hervorhebung hinzugefügt</ref>}}
näher vergleichen. Wenn wir die sieben betrachten, die besagen: Du
sollst etwas nicht tun -, so beziehen sich diese alle auf Dinge der
äußeren Welt, auf das, was man nicht tun soll in der physischen Welt;
dagegen beziehen sich die drei Gebote, die das «Du sollst» enthalten,
eigentlich auf dasjenige, was über die physische Welt hinausgeht. Da
heißt es: Du sollst an einen einzigen Gott glauben -, Du sollst den
Namen dieses Gottes nicht mißbrauchen - und so weiter. Daraus
sehen wir, daß in bezug auf die eigentlich geistigen Angelegenheiten
der Seele die Gebote positiv sind; dagegen haben alle Gebote, welche
sich auf eigentliches moralisches Verhalten im äußeren physischen
Leben beziehen, ein «Du sollst nicht». Wenn wir nämlich auch vermeinen,
das vierte Gebot «Du sollst deinen Vater und deine Mutter
ehren, auf daß du lange lebest auf Erden» sei positiv, so spüren wir
doch, daß es im Grunde genommen einen stark negativen Charakter
hat, wie die anderen sechs Gebote auch. Es ist eine Art Übergangsgebot,
das sich zwar auf die physische Welt bezieht, aber gleichwohl von
dieser physischen Welt schon hinaufführt in die geistige Welt [...]


Wir müssen auf dem okkulten Erkenntnispfad
Die These Brentanos lautet also, dass die Intentionalität eine [[Eigenschaft]] des Mentalen sei, die man mit den [[Phrase]]n “Beziehung auf einen Inhalt” oder “Richtung auf ein Objekt” beschreiben kann. Ein Beispiel kann diesen Zusammenhang verdeutlichen: Der Gedanke, dass noch Milch im Kühlschrank ist, bezieht sich auf die Objekte Kühlschrank und Milch und den Sachverhalt, dass noch Milch im Kühlschrank ist. Durch diesen Bezug auf einen Sachverhalt kann der Gedanke auch [[Wahrheit|wahr]] oder falsch sein.
unser ganzes Erkennen moralisieren, unsere sonst bloß
theoretischen Erkenntnisgesetze müssen innerliche Moralgesetze
werden. - Es muß also dasjenige, was sich vorzugsweise auf den
physischen Plan bezieht, wenn der Mensch durch innere Erkenntnis
der Dinge ihm gegenübersteht, so werden, daß er das, was unmittelbar
vor ihm sich ausbreitet, auslöscht, daß er sagt: Ich lösche es aus, so wie
die niederen Neigungen ausgelöscht werden, wenn das moralische
«Du sollst nicht» ruft. - In der Tat wird aus diesem Grunde in jeder
wahrhaften Schilderung des Erkenntnispfades darauf hingewiesen, daß
man durch Veredelung der moralischen Impulse die Erkenntniskräfte
am sichersten in die höhere Welt hinaufhebt.|143|45ff}}


Die beiden Fassungen in [[Wikipedia:2._Buch_Mose|Exodus]] und [[Wikipedia:5._Buch_Mose|Deuteronomium]] unterscheiden sich in 20 Punkten, wovon 13 Zusätze im [[Wikipedia:5._Buch_Mose|Deuteronomium]] sind. Wichtig ist vor allem der Unterschied in der Begründung des Sabbatgebots: Das Ruhen Gottes nach der [[Schöpfung]] am siebten Tag in [[Wikipedia:2._Buch_Mose|Exodus]] bzw. die Herausführung der Juden aus der Sklaverei, dem [[Wikipedia:Auszug aus Ägypten|Auszug aus Ägypten]], im [[Wikipedia:5._Buch_Mose|Deuteronomium]].
Nach Chrudzimski soll Brentano diese Theorie in seinen Vorlesungen zu einer komplexeren „Mediator“-Theorie weiterentwickelt haben. Nach 1900 soll Brentano die Einführung des Begriffs „intentionale Inexistenz“ bedauert haben.<ref>[http://www.roman-ingarden.phils.uj.edu.pl/pliki/arkadiusz_chrudzimski_brentano_husserl_ingarden.pdf Arkadiusz Chrudzimski:Brentano, Husserl und Ingarden über die intentionalen Gegenstände] (PDF; 150&nbsp;kB)</ref>


Das [[Judentum]], die [[Wikipedia:Orthodoxe Kirchen|orthodoxe]] und [[Wikipedia:Reformierte Kirche|reformierte]] Kirche sowie die [[Wikipedia:Römisch-katholische Kirche|katholische]] und [[Wikipedia:Martin Luther|lutherisch]]e  Kirche (beide basierend auf [[Wikipedia:Augustinus von Hippo|Augustinus von Hippo]]) haben jeweils unterschiedliche Aufteilungen und Zählungen:
=== Intentionale Definition des Mentalen ===
Brentano vertrat zudem die Auffassung, dass Intentionalität das definierende Merkmal des Mentalen sei. Es gebe keine nichtmentale [[Entität]], die das Merkmal der Intentionalität besitze, und umgekehrt auch keine mentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität nicht besitze. Diese Behauptung wird in der heutigen Philosophie oft angezweifelt.


{| border="1" cellpadding="2" cellspacing="0"
Es wird nämlich argumentiert, dass es auch nichtintentionale mentale Zustände gebe. So sei etwa ein allgemeines Unwohlsein oder eine allgemeine [[Euphorie]] durchaus mental, müssten sich jedoch auf nichts beziehen.<ref>Zum Beispiel von John R. Searle, in: ''Intentionalität''. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 16f.</ref> Allerdings hätten all diese nichtintentionalen mentalen Zustände das Merkmal der [[Qualia]]. So wird heutzutage oft folgendes vorgeschlagen: Intentionalität und Qualia sind jeweils [[hinreichend]], aber nicht [[notwendig]] für die Existenz des Mentalen. Jeder mentale Zustand müsse jedoch zumindest Intentionalität ''oder'' eine qualitative Empfindung als Eigenschaft haben.
|-----
| &nbsp; || Jüdische Zählung || Orthodoxe und Reformierte Zählung
| Augustinisch-Lutheranische Zählung
|-----
| Einleitung
| Und Gott sprach all diese Worte und sagte
| Und Gott sprach all diese Worte und sagte<br>
"Ich bin der Herr, dein Gott."
| Und Gott sprach all diese Worte und sagte<br>
"Ich bin der Herr, dein Gott."
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| Das 1. Wort || "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich herausgeführt hat aus dem Land Ägypten, aus dem Hause der Knechte."
| "Du sollst nicht andere Götter haben neben mir."
| "Du sollst nicht andere Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht."
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| Das 2. Wort
| "Du sollst nicht andere Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht."
| "Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist.
Bete sie nicht an und diene ihnen nicht."
| "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnützlich führen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht."
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| Das 3. Wort
| "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnützlich führen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht."
| "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnützlich führen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht."
| "Du sollst den Feiertag heiligen."
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| Das 4. Wort || "Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest"
| "Du sollst den Feiertag heiligen."
| "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dirs wohlgehe und du lange lebest auf Erden."
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| Das 5. Wort
| "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dirs wohlgehe und du lange lebest auf Erden."
| "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass dirs wohlgehe und du lange lebest auf Erden."
| "Du sollst nicht töten."
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| Das 6. Wort || "Du sollst nicht töten."
| "Du sollst nicht töten." || "Du sollst nicht ehebrechen."
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| Das 7. Wort || "Du sollst nicht ehebrechen."
| "Du sollst nicht ehebrechen." || "Du sollst nicht stehlen."
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| Das 8. Wort || "Du sollst nicht stehlen."
| "Du sollst nicht stehlen."
| "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten."
|-----
| Das 9. Wort
| "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten."
| "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten."
| "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus."
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| Das 10. Wort
| "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist."
| "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist."
| "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist."
|}


(In der deuteronomistischen Fassung steht anders als in Exodus als 9. "Frau" und als 10. "Haus"; dafür ist wie oben beschrieben das erste Gebot aufgeteilt in [[Wikipedia:Monotheismus|Monotheismus]]gebot und [[Wikipedia:Bilderverbot|Bilderverbot]]).
== Intentionalität nach Husserl ==
[[Datei:Intentionalität nach Husserl.jpg|mini|Intentionalität nach Husserl]]
[[Datei:Intentionales Erlebnis.jpg|mini|Aufbau eines Bewusstseinserlebnisses]]


Ein Pendant zu den Zehn Geboten sind die [[Fünf Silas]] im [[Buddhismus]].  
Durch [[Reflexion (Philosophie)|Reflexion]] erfassen wir statt der Sachen, der Werte, Zwecke, usw. die entsprechenden subjektiven Erlebnisse, in denen sie uns bewusst werden. Man bezeichnet sie auch als »Phänomene«. Ihr allgemeinster Wesenscharakter ist es, »Bewusstsein-von«, »Erscheinung-von« den jeweiligen Dingen zu sein, sie sind »intentionale« Erlebnisse. Der terminologisch aus der [[Scholastik]] stammende Ausdruck für den Grundcharakter des Seins als Bewußtsein, als Erscheinung von etwas ist Intentionalität.


Um den tieferen Sinn der Zehn Gebote und ihrer besonderen Beziehung zum [[Ich]] des [[Mensch]]en zu enthüllen, hat [[Rudolf Steiner]] folgende Übersetzung gegeben:
Edmund Husserl übernimmt von F. Brentano, einem seiner Lehrer, die Grundbedeutung von Intentionalität (s.&nbsp;o.) und baut sie durch zahlreiche Analysen von Beispielen zu einem eigenständigen, zentralen Begriff in der Phänomenologie aus.


<div style="margin-left:20px">
Das »Bewußtsein« besteht für Husserl im Gesamtbestand der intentionalen Erlebnisse eines Subjekts. Die intentionalen Erlebnisse bezeichnet Husserl als Akte (um [[Homonym|Äquivokationen]] zu vermeiden), z.&nbsp;B. Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gefühle usw. Die allgemeine Intentionalität des Bewusstseins differenziert Husserl später in [[Noesis]] (»cogito«, Weisen des Intendierens, intentionaler Akt) und [[Noema (Phänomenologie)|Noema]] (»cogitatum«, das Intendierte, intentionales Objekt).
"Erstes Gebot. Ich bin das ewig Göttliche, das du in dir empfindest.
Ich habe dich aus dem Lande Ägypten geführt, wo du nicht Mir in
dir folgen konntest. Fortan sollst du andere Götter nicht über Mich
stellen. Du sollst nicht als höhere Götter anerkennen, was dir eine
Abbildung zeigt von etwas, das oben am Himmel scheint, das
aus der Erde heraus oder zwischen Himmel und Erde wirkt. Du sollst
nicht anbeten, was von alledem unter dem Göttlichen in dir ist. Denn
Ich bin das Ewige in dir, das hineinwirkt in den Leib und daher
auf die kommenden Geschlechter wirkt. Ich bin ein fortwirkendes
Göttliches. Wenn du Mich nicht in dir erkennst, werde Ich als dein
Göttliches verschwinden bei Kindern und Enkeln und Urenkeln, und
deren Leib wird veröden. Wenn du Mich in dir erkennst, werde Ich
bis ins tausendste Geschlecht als Du fortleben, und die Leiber deines
Volkes werden gedeihen.


Zweites Gebot. Du sollst nicht im Irrtum von Mir in dir reden;
Nicht intentionale Empfindungsdaten, als sensuelle [[Hyle]] bezeichnet, erfahren im Bewusstsein eine Vergegenständlichung in einem besonderen [[mental]]en Prozess, den Husserl als [[Apperzeption]] im Sinne von Auffassung, Deutung, Interpretation bezeichnet, und werden somit als intentionale Gegenstände konstituiert. Unter intentionalen Gegenständen oder intentionalen Objekten sind die Bezugspunkte eines Bewusstseinsvollzuges aufzufassen. Der intendierte Gegenstand ist weder ein [[Immanenz|immanenter]] Teil des Bewusstseins selbst, noch in diesem enthalten. Intentionalität betrifft nicht nur wirklich existierende Gegenstände, sondern auch Phantasievorstellungen, Erinnerungen usw. Nicht alle Erlebnisse sind intentional, z.&nbsp;B. Farb- oder Tonempfindungen, sondern Momente, fundiert in einem intentionalen Gesamtakt.
denn jeder Irrtum über das Ich in dir wird deinen Leib verderben.


Drittes Gebot. Du sollst Werktag und Feiertag scheiden, auf daß
Unter der Bedeutungsintention versteht man den Bezug auf etwas Gegenständliches mit einer Bedeutung, z.&nbsp;B. Baum (Etwas als Etwas »vermeinen«). Kennt man die Bedeutung eines Ausdrucks nicht, ist die Bedeutungsintention zunächst anschauungsleer; zur Bedeutungserfüllung kommt es, wenn das Vermeinte eine anschauliche Bestätigung erfährt. Bei Deckung von Bedeutungsintention und Bedeutungserfüllung ist [[Evidenz]] gegeben.
dein Dasein Bild Meines Daseins werde. Denn was als Ich in dir lebt,
hat in sechs Tagen die Welt gebildet und lebte in sich am siebenten
Tage. Also soll dein Tun und deines Sohnes Tun und deiner Tochter
Tun und deiner Knechte Tun und deines Viehes Tun und dessen,
was sonst bei dir ist, nur sechs Tage dem Äußeren zugewandt sein;
am siebenten Tage aber soll dein Blick Mich in dir suchen.


Viertes Gebot. Wirke fort im Sinne deines Vaters und deiner Mutter,
In der Theorie der Intentionalität besetzt der Begriff des Horizonts eine zentrale Rolle. Betrachten wir einen Baum, erhalten wir nur eine Perspektive des Objekts. Diese einzelne Wahrnehmung führt zu Antizipationen, die auf einen Wahrnehmungszusammenhang hindeuten und abwesende, »abgeschattete« Perspektiven des Baumes mitintendieren ([[Appräsentation]]; jede Wahrnehmung schließt eine »Hinausdeutung« ein). Auch bleibt im Hintergrund die Umgebung unthematisch, die aber im weiteren Wahrnehmungsverlauf zur [[Präsenz]] kommen kann. Diese potentiellen Vollzugsmöglichkeiten werden als »Horizontintentionalitäten« bezeichnet.
damit dir als Besitztum verbleibt das Eigentum, das sie sich durch
die Kraft erworben haben, die Ich in ihnen gebildet habe.


Fünftes Gebot. Morde nicht.
Grundlegend für die Intentionalität ist das Zeitbewusstsein. Erst im Fluss der Akte aus [[Wikipedia:Protention (Philosophie)|Urimpression]]-[[Retention (Philosophie)|Retention]]-[[Wikipedia:Protention (Philosophie)|Protention]]-Einheiten kann sich ein zusammengehörendes Erlebnis, wie z.&nbsp;B. eine Melodie, im Bewusstsein konstituieren. Längsintentionalität ist das andauernde »Herabsinken« und Modifizieren der aufeinander folgenden Retentionen. Die Retention bindet gleichsam eine Urimpression an den Erlebnisfluss. Ähnliches gilt für die Protentionen, bei denen jedoch die Intentionen offenbleiben und erwartungsartig sind. Es handelt sich aber nicht um Leerintentionen, das sind Verweise auf Retention-Protentionsketten, wie bei der Erinnerung. Mit dem Begriff Querintentionalität der Retention bezeichnet Husserl die inhaltliche Gerichtetheit des Bewusstseins auf denselben Gegenstand in den zeitkonstituierenden Ablaufphasen.


Sechstes Gebot. Brich nicht die Ehe.
Für eine objektive Gültigkeit der [[Welt]] muss die [[Wikipedia:Egologie|egologische]] Phänomenologie durch die [[Intersubjektivität]] erweitert werden, da die intentionalen Gegebenheiten für jede Person existieren. Das transzendentale ego ist nicht allein für die Konstitution der objektiven Welt zuständig, sie muss in Relation zu Fremderfahrungen gesehen werden, deren Korrelat sie ist.


Siebentes Gebot. Stehle nicht.
=== Heideggers Kritik an Husserl ===
==== Transzendenz des Daseins ====
[[Martin Heidegger]] verwarf Husserls Konzept der Intentionalität. Intentionalität kann sich nur auf als vorhanden vorgestellte Objekte richten. Wenn Husserl nämlich davon spricht, dass sinnliche Wahrnehmung im „Gegenwärtigen“ besteht, dann ist im Moment der Wahrnehmung gerade jegliche Zeit ausgeschaltet.<ref>Vgl. Edmund Husserl: ''Logische Untersuchungen'' 1. Aufl. (1901) Bd. II, S. 588 u. 620.</ref> Dies, so Heidegger, muss auch so erscheinen, wenn man von einem ''intentionalen'' Ansatz ausgeht, weil dieser es nicht ermöglicht, nachträglich die Zeit mit in das Verständnis eines Phänomens einzubeziehen. Heidegger hingegen dreht das Verhältnis um und gibt der ''Zeitlichkeit'' des Daseins die Priorität: Das Verhältnis zwischen ''Dasein'' (Mensch) und Welt ist immer ein zeitliches.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Sein und Zeit''. Tübingen 2001, S. 363.</ref> Erst nachträglich kann man von diesem grundlegenden Verhältnis absehen und dann zu einem Intentionalitätsbegriff kommen, der die Zeit nicht mehr enthält.  


Achtes Gebot. Setze den Wert deines Mitmenschen nicht herab,
Heideggers Kritik am Begriff der Intentionalität steht in Zusammenhang mit seiner Kritik an traditionellen Ontologien, sofern diese Objekte losgelöst von ihrem Bezugszusammenhang betrachteten. (Diesen Bezugszusammenhang, der u.&nbsp;a. durch basale Zweckzusammenhänge bestimmt ist, nennt Heidegger ''Welt''.) ''Was'' beispielsweise ein Hammer ''ist'', bestimmt sich erst durch diesen Zusammenhang. (Heidegger spricht von ''um zu''-Bezügen, von ''Zuhandenheit'' statt Vorhandenheit und von einem zuhandenen Zeug statt einem vorhandenen Ding.) In diesem Zusammenhang erst ist der Hammer als solcher begreifbar: als ein Zeug, das zum Hämmern dient, um etwa ein Haus zu bauen und so Schutz vor Unwetter zu bieten. Dieses Welt''ganze'' ist nichts, das sich aus einzelnen Teilen erst nachträglich zusammenbaut, sondern es geht dem Zuhandenen ontologisch voraus, indem es ihnen ihren Sinn gleichsam im Voraus zuweist. Umgedreht ist das ''Dasein'' immer schon auf dieses Ganze bezogen, wenn es sich einer einzelnen Sache annimmt. Weil es das einzelne ''stets übersteigt'' spricht Heidegger auch von der ''Transzendenz des Daseins''.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Vom Wesen des Grundes''. [[Gesamtausgabe (Heidegger)|GA]] 9, S. 135.</ref> Das Übersteigen des einzelnen Objekts in Bezug auf das Ganze ist dabei zugleich zeitlich wie auch bedeutungsmäßig zu verstehen. Es ist Bedingung dafür, dass einzelnes Seiendes begegnen kann und verstanden wird. Das intentionale Erfassen eines Seienden ist daher nur möglich auf dem Grund dieser Transzendenz – Intentionalität ist ein „Sonderfall“ der Transzendenz des Daseins. Heidegger gibt als These dafür, wie die falsche Ansetzung der Intentionalität als primärer Bezug zur Welt entstehen konnte an, dass hier immer noch die Idee eines [[Wikipedia:Subjekt (Philosophie)|Subjekts]] mitschwingt, das der Welt ''erkennend'' gegenübersteht und einzelne zusammenhangslose Objekte in Raum und Zeit wahrnimmt.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Sein und Zeit''. Tübingen 2001, S. 366.</ref>
indem du Unwahres von ihm sagst.


Neuntes Gebot. Blicke nicht mißgönnend auf das, was dein Mitmensch
Das Beispiel des Hammers zeigt hingegen, dass Dinge in einen Verweisungszusammenhang eingebunden sind und dieser nur zeitlich verstanden werden kann: der Hammer ist nur in Betracht auf einen ''zukünftigen'' Gebrauch zu verstehen. Diese Zukunft ist aber nicht „etwas“, kein Objekt in der Welt, auf das man gerichtet sein kann. Auch ist die Zukunft kein „Gedanke“. Auch dies würde sie vergegenständlichen, so dass man sich auf sie als Objekt richten könnte. Die „Welt“ selbst geschieht als eine Verschränkung von Gegenwart und Zukunft im Dasein des Menschen. Heidegger kennzeichnet diesen Strukturzusammenhang von Welt und Dasein indem er das Dasein als ''Sorge'' bezeichnet und so den praktischen Umgang mit der Welt in den Vordergrund stellt, dem ein theoretisch-intentionaler erst nachfolgt.
besitzt als Eigentum.


Zehntes Gebot. Blicke nicht mißgönnend auf das Weib deines Mitmenschen
==== Grundstimmung als nicht-intentionaler Weltbezug ====
und auch nicht auf die Gehilfen und die anderen Wesen,
Ähnlich kann ein Phänomen wie die Langeweile nicht – wie Husserl dies allgemein für alle Objekte postulierte – als Objekt im Bewusstseinsstrom beobachtet werden.<ref>Vgl. Martin Heidegger: GA Band 29/30, S. 136ff.</ref> Zwar sind wir, wenn uns langweilig ist, auf Dinge (also Objekte) ''gerichtet'', die uns die Zeit vertreiben. Aber die ''Bedrängnis'' welche wir in der Langeweile verspüren lässt sich, so Heidegger, gerade nicht als Gerichtetheit auf ein Objekt verstehen. Viel mehr sind hier ''Stimmungen'' am Werk. Heidegger stellt dem Konzept der Intentionalität daher eine ''Grundstimmung'' entgegen, d.&nbsp;h. die Tatsache, dass der Mensch immer schon stimmungsmäßig auf die Welt ''als Ganzes'' bezogen ist. Nur weil wir der Welt gegenüber immer schon irgendwie ''gestimmt'' sind, gehen uns dann auch die einzelnen (intentional erfassten) Sachen etwas an. Nur aus dem Ganzen bekommt ein einzelner „Vorfall“ eine Bedeutung, geht uns etwas an und nicht als factum brutum.
durch die er sein Fortkommen findet." {{Lit|{{G|107|117f}}}}
</div>


==Literatur==
== Intentionalität als Problem für reduktionistische Theorien ==
* Hermann Deuser: Die zehn Gebote, Ditzingen 2002 (Reclam)
In der gegenwärtigen [[Philosophie des Geistes]] wird das Konzept der Intentionalität insbesondere als ein Problem für den [[Materialismus]] diskutiert. Materialistische Theorien gehen davon aus, dass auch mentale Zustände auf physische Zustände zurückgeführt werden können. Nun hätten allerdings mentale Zustände oft die Eigenschaft der Intentionalität, und es scheine unklar zu sein, wie ein physischer Zustand ebendiese Eigenschaft haben könne.
* [[Rudolf Steiner]]: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988), ISBN 3-7274-1070-1 {{Vorträge|107}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus'', [[GA 143]] (1994), ISBN 3-7274-1430-8 {{Vorträge|143}}


{{GA}}
In materialistischen Theorien werden Gedanken auf [[neuron]]ales Geschehen zurückgeführt. Kritiker des Materialismus argumentieren dagegen, wenn ein Gedanke einem Vorgang im Gehirn entspräche, so müsse ebendieser Vorgang auch intentional sein. Genau dieses sei jedoch sehr unplausibel.<ref name="JS">Der Klassiker ist hier: [[John Searle]]: Intentionality. An Essay in the Philosophy of Mind. Cambridge: Cambridge University Press, 1983, ISBN 0521273021</ref>


==Weblinks==
Von materialistischer Seite wird hierauf erwidert, dass sich Auslöser von Aktionen, Bedeutungen, Gründe und Wahrheit auch ohne mentale Zustände erklären ließen, da sie auch in der Sprache von Maschinen vorkommen.<ref>Paul Churchland: ''Eliminative Materialism and the Propositional Attitudes.'' In: ''Journal of Philosophy.'' 1981, S. 67–90.</ref>
*[http://www.ekd.de/bekenntnisse/117_kleiner_katechismus.html Der Kleine Katechismus]
*[http://www.intratext.com/IXT/DEU0035/_P8J.HTM Katholischer Katechismus, Die Zehn Gebote]
*[http://de.wikibooks.org/wiki/Religionskritik-Naturglaube#Zehn_Gebote_der_Natur Zehn Gebote eines Glaubens an die Natur]


== Einzelnachweise ==
{{WikipediaDE|Neuronales Korrelat des Bewusstseins}}
<references/>


[[Kategorie:Altes Testament]]
== Intentionalität als Vorstellung aufgrund sozialer Spiegelung ==
[[Kategorie:Zehn Gebote|!]]
Der Psychologe Wolfgang Prinz legte eine umfassende und empirisch begründete Theorie vor, wonach während der kindlichen Entwicklung die Vorstellung eigener Absichten aus der Beobachtung anderer Personen erwachse. Diesen Wahrnehmungsprozess bezeichnete er als soziale Spiegelung. Das beobachtende Kind lerne zu verstehen, dass andere Personen zielgerichtet handeln, und es lerne, diesem Handeln Absichten zuzuschreiben. Ab einem gewissen Entwicklungsstadium sei ein Kind in der Lage, die Vorstellung, dass andere Personen Absichten haben, auf sich selber zu übertragen. Von da ab sei es in der Lage, eigene Intentionalität zu erleben. Demnach seien soziale Wahrnehmung, Gedächtnis und Kombination die Wurzeln von Intentionalität. Da diese naturwissenschaftlich erklärbar seien, gelte dasselbe auch für Intentionalität.<ref>[[Wolfgang Prinz]]: ''Open Minds: The Social Making of Agency and Intentionality'', MIT Press 2012, 358 S. ISBN 026230094X, S. XVI und 225-244 (Deutsche Übersetzung von Jürgen Schröder: ''Selbst im Spiegel. Die soziale Konstruktion von Subjektivität''. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-58594-8, 502 S.)</ref>
[[Kategorie:Tora]]


{{Wikipedia}}
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Intentionalität}}
 
== Literatur ==
''Literatur zu Einzelthemen findet sich in den Quellen''
 
; Intentionalität bei Husserl
* Edmund Husserl, Martin Heidegger - Phänomenologie (1927). hrsg. von Renato Cristin Berlin: Duncker und Humblot, 1999 (Philosophische Schriften; Bd. 34) ISBN 3-428-09296-1
* Verena Mayer: Edmund Husserl. [[C.H. Beck]] München 2009 ISBN 9783406586880
* Peter Prechtl: Edmund Husserl zur Einführung. [[Junius Verlag]] GmbH Hamburg 1998 ISBN 3-88506-369-7
* Ferdinand Fellmann: Phänomenologie zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 2006 ISBN 978-3-88506-616-3
* Dan Zahavi: Husserls Phänomenologie. Arbeitsgemeinschaft von 16 Verlagen 2003/2009 ISBN 978-3-16-149450-5 (Mohr Siebeck)
* Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hrsg. Helmut Vetter [[Felix Meiner Verlag]] Hamburg 2004 ISBN 3-7873-1689-2
* Husserl-Lexikon. Hrsg. Hans-Helmut Gander WBG Darmstadt 2010 ISBN 978-3-534-16493-6
* Daniel O. Dahlstrom: ''Introduction to Phenomenological Research'', Bloomington: Indiana University Press, 2005.
* John J. Drummond: The structure of intentionality, in: Donn Welton (Hrsg.): ''The new Husserl : a critical reader'', Bloomington: Indiana University Press, 2003, S. 65–92.
* Michael Dummett: ''The Seas of Language'', Oxford: Oxford University Press, 1993.
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* Wolfgang Künne: Edmund Husserl: Intentionalität, in: J. Speck (Hrsg.): ''Grundprobleme der großen Philosophen: Philosophie der Neuzeit'', Bd. 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986.
 
; Intentionalität bei Heidegger (und Husserl)
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* Taylor Carman: ''Heidegger's Analytic: Interpretation, Discourse, and Authenticity in “Being and Time”'', Cambridge: Cambridge University Press 2003
* Carleton Christensen: ''Heidegger’s Representationalism'', in: Review of Metaphysics 51 (1997), S. 77–103.
* Steven Crowell: Subjectivity: Locating the First-Person in Being and Time, in: ''Inquiry'' 44 (2001), S. 433–454.
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* Burt C. Hopkins: ''Intentionality In Husserl And Heidegger : The Problem Of The Original Method And Phenomenon Of Phenomenology'', Kluwer Academic Publishers, 1993, ISBN 0-7923-2074-3
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* Mark Okrent: ''Heidegger's Pragmatism: Understanding, Being, and the Critique of Metaphysics'', Ithaca, NY 1998
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* Thomas Sheehan: Heidegger’s Philosophy of Mind, in: G. Floistad (Hrsg.): ''Contemporary Philosophy of Mind: A New Survey'', Bd. 4, Philosophy of Mind, The Hague: Nijhoff, 1984, S. 287–318.
* Martin Weatherston: ''Heidegger's Interpretation of Kant'': Categories, Imagination, and Temporality, Palgrave Macmillan, 2002, ISBN 0-333-99400-0
* Mark A. Wrathall: Intentionality without Representation: Heidegger’s Account of Perception, in: ''Philosophy Today'' 42 (1999), 182–89.
 
; Sonstige Literatur:
* Elisabeth Baumgartner: ''Intentionalität: Begriffsgeschichte und Begriffsanwendung in der Psychologie'', Würzburg: Königshausen & Neumann, 1985.
* Dominik Perler: ''Theorien der Intentionalität im Mittelalter'', Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2004. 436 S. (Rezension: Flasch, FAZ v. 16.&nbsp;Februar 2004)
* Arkadiusz Chrudzimski: ''Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität: Studien zur Phänomenologie von Brentano bis Ingarden'', Frankfurt: ontos (Rezension: Helmut Klemm: Außenwelt der Innenwelt, ''FAZ'' vom 22.&nbsp;Februar 2006, Nr. 45, Seite N3)
* Armin Stock: ''Intentionalität und Ideo-Motorik – Eine handlungstheoretisch-psychologische Synthese'', Lengerich/Berlin/Wien: Pabst Science Publishers, 2004, ISBN 978-3-89967-118-6
* Thorsten Streubel: ''Das Wesen der Zeit. Zeit und Bewußtsein bei Augustinus, Kant und Husserl,'' Würzburg 2006
* Tobias Schlicht: Ein Stufenmodell der Intentionalität, in: P. Spät (Hg.): ''Zur Zukunft der Philosophie des Geistes'', Paderborn: mentis, 2008, S. 59–91.
 
; Neuere Debatten
* Ulrike Haas-Spohn (Hg.): ''Intentionalität zwischen Subjektivität und Weltbezug'', Paderborn: mentis, 2003 <small> Sammelband mit Aufsätzen zur aktuellen Debatte </small>
* Wolfgang Barz: ''Das Problem der Intentionalität'', Paderborn: mentis, 2004
(weitere neuere Literatur bei Jacob, Caston und Chalmers, s. Weblinks)
* Jesús Padilla Gálvez, M. Gaffal (eds.), ''Intentionality and Action''. De Gruyter, Berlin - Boston, 2017. ISBN 978-3-11-056028-2.
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality|Intentionality|Pierre Jacob}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality-ancient/|Intentionality in Ancient Philosophy|Victor Caston}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/consciousness-intentionality/|Consciousness and Intentionality|Charles Siewert}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/phenomenal-intentionality/|Phenomenal Intentionality|David Bourget, Angela Mendelovici}}
* {{Scholarpedia|http://scholarpedia.org/article/Intentionality|Intentionality|Walter J. Freeman}}
* [[David Chalmers]]: [http://consc.net/mindpapers#.2 Bibliographie] und [http://consc.net/online#.5 Online-Aufsätze]
* [http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=4804&n=2&y=1&c=50 Philosophie des Geistes: Time Crane verteidigt die Intentionalität], Rezension in Information Philosophie
* Andreas Kemmerling: [http://www.philosophie.uni-hd.de/imperia/md/content/fakultaeten/phil/philosophischesseminar2/kemmerling/v_55_naturalisierungvonintentionalitaet.pdf zur sog. Naturalisierung von Intentionalität] (PDF; 1,9&nbsp;MB)
 
== Einzelanchweise ==
<references />
 
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Version vom 15. Juli 2018, 10:52 Uhr

Brentano führte den Begriff der Intentionalität in die moderne Philosophie ein

Der Begriff der Intentionalität bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, sich auf etwas zu beziehen (etwa auf reale oder nur vorgestellte Gegenstände, Eigenschaften oder Sachverhalte). Das Konzept lässt sich antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theoretikern zuschreiben[1] und geht in der modernen Diskussion meist auf den Philosophen und Psychologen Franz Brentano zurück. Dieser hatte den Begriff in seiner Arbeit Psychologie vom empirischen Standpunkte[2] wiedereingeführt. Durch die Arbeiten Edmund Husserls wurde Intentionalität zu einem zentralen Konzept der Phänomenologie.

In den heutigen philosophischen Debatten der Philosophie des Geistes wird Intentionalität oftmals als spezifisches Merkmal des Mentalen verstanden: Gibt es Intentionalität, so gebe es Mentales – und nicht etwa nur Materielles und naturwissenschaftlich Beschreibbares. Die Annahme von Intentionalität, ebenso wie die von phänomenalem Bewusstsein bzw. von Qualia, stellt daher aus der Sicht der Vertreter des Mentalen ein Problem für den Materialismus dar. Gegner dieser Position kommen jedoch ohne eine Annahme des Mentalen aus und halten Intentionalität, ebenso wie Wahrnehmung und Gedächtnis, für naturwissenschaftlich erklärbar.

Intentionalität nach Brentano

Intentionale Inexistenz

Der Begriff der Intentionalität ist ein philosophischer Fachterminus und weder mit dem alltäglichen Begriff der Intention als Absicht, noch mit dem semantischen Begriff der Intension gleichbedeutend. Die klassische Begriffsbestimmung gibt Brentano:

„Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter / hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw. Diese intentionale Inexistenz ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches.“[3]

Die These Brentanos lautet also, dass die Intentionalität eine Eigenschaft des Mentalen sei, die man mit den Phrasen “Beziehung auf einen Inhalt” oder “Richtung auf ein Objekt” beschreiben kann. Ein Beispiel kann diesen Zusammenhang verdeutlichen: Der Gedanke, dass noch Milch im Kühlschrank ist, bezieht sich auf die Objekte Kühlschrank und Milch und den Sachverhalt, dass noch Milch im Kühlschrank ist. Durch diesen Bezug auf einen Sachverhalt kann der Gedanke auch wahr oder falsch sein.

Nach Chrudzimski soll Brentano diese Theorie in seinen Vorlesungen zu einer komplexeren „Mediator“-Theorie weiterentwickelt haben. Nach 1900 soll Brentano die Einführung des Begriffs „intentionale Inexistenz“ bedauert haben.[4]

Intentionale Definition des Mentalen

Brentano vertrat zudem die Auffassung, dass Intentionalität das definierende Merkmal des Mentalen sei. Es gebe keine nichtmentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität besitze, und umgekehrt auch keine mentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität nicht besitze. Diese Behauptung wird in der heutigen Philosophie oft angezweifelt.

Es wird nämlich argumentiert, dass es auch nichtintentionale mentale Zustände gebe. So sei etwa ein allgemeines Unwohlsein oder eine allgemeine Euphorie durchaus mental, müssten sich jedoch auf nichts beziehen.[5] Allerdings hätten all diese nichtintentionalen mentalen Zustände das Merkmal der Qualia. So wird heutzutage oft folgendes vorgeschlagen: Intentionalität und Qualia sind jeweils hinreichend, aber nicht notwendig für die Existenz des Mentalen. Jeder mentale Zustand müsse jedoch zumindest Intentionalität oder eine qualitative Empfindung als Eigenschaft haben.

Intentionalität nach Husserl

Intentionalität nach Husserl
Aufbau eines Bewusstseinserlebnisses

Durch Reflexion erfassen wir statt der Sachen, der Werte, Zwecke, usw. die entsprechenden subjektiven Erlebnisse, in denen sie uns bewusst werden. Man bezeichnet sie auch als »Phänomene«. Ihr allgemeinster Wesenscharakter ist es, »Bewusstsein-von«, »Erscheinung-von« den jeweiligen Dingen zu sein, sie sind »intentionale« Erlebnisse. Der terminologisch aus der Scholastik stammende Ausdruck für den Grundcharakter des Seins als Bewußtsein, als Erscheinung von etwas ist Intentionalität.

Edmund Husserl übernimmt von F. Brentano, einem seiner Lehrer, die Grundbedeutung von Intentionalität (s. o.) und baut sie durch zahlreiche Analysen von Beispielen zu einem eigenständigen, zentralen Begriff in der Phänomenologie aus.

Das »Bewußtsein« besteht für Husserl im Gesamtbestand der intentionalen Erlebnisse eines Subjekts. Die intentionalen Erlebnisse bezeichnet Husserl als Akte (um Äquivokationen zu vermeiden), z. B. Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gefühle usw. Die allgemeine Intentionalität des Bewusstseins differenziert Husserl später in Noesis (»cogito«, Weisen des Intendierens, intentionaler Akt) und Noema (»cogitatum«, das Intendierte, intentionales Objekt).

Nicht intentionale Empfindungsdaten, als sensuelle Hyle bezeichnet, erfahren im Bewusstsein eine Vergegenständlichung in einem besonderen mentalen Prozess, den Husserl als Apperzeption im Sinne von Auffassung, Deutung, Interpretation bezeichnet, und werden somit als intentionale Gegenstände konstituiert. Unter intentionalen Gegenständen oder intentionalen Objekten sind die Bezugspunkte eines Bewusstseinsvollzuges aufzufassen. Der intendierte Gegenstand ist weder ein immanenter Teil des Bewusstseins selbst, noch in diesem enthalten. Intentionalität betrifft nicht nur wirklich existierende Gegenstände, sondern auch Phantasievorstellungen, Erinnerungen usw. Nicht alle Erlebnisse sind intentional, z. B. Farb- oder Tonempfindungen, sondern Momente, fundiert in einem intentionalen Gesamtakt.

Unter der Bedeutungsintention versteht man den Bezug auf etwas Gegenständliches mit einer Bedeutung, z. B. Baum (Etwas als Etwas »vermeinen«). Kennt man die Bedeutung eines Ausdrucks nicht, ist die Bedeutungsintention zunächst anschauungsleer; zur Bedeutungserfüllung kommt es, wenn das Vermeinte eine anschauliche Bestätigung erfährt. Bei Deckung von Bedeutungsintention und Bedeutungserfüllung ist Evidenz gegeben.

In der Theorie der Intentionalität besetzt der Begriff des Horizonts eine zentrale Rolle. Betrachten wir einen Baum, erhalten wir nur eine Perspektive des Objekts. Diese einzelne Wahrnehmung führt zu Antizipationen, die auf einen Wahrnehmungszusammenhang hindeuten und abwesende, »abgeschattete« Perspektiven des Baumes mitintendieren (Appräsentation; jede Wahrnehmung schließt eine »Hinausdeutung« ein). Auch bleibt im Hintergrund die Umgebung unthematisch, die aber im weiteren Wahrnehmungsverlauf zur Präsenz kommen kann. Diese potentiellen Vollzugsmöglichkeiten werden als »Horizontintentionalitäten« bezeichnet.

Grundlegend für die Intentionalität ist das Zeitbewusstsein. Erst im Fluss der Akte aus Urimpression-Retention-Protention-Einheiten kann sich ein zusammengehörendes Erlebnis, wie z. B. eine Melodie, im Bewusstsein konstituieren. Längsintentionalität ist das andauernde »Herabsinken« und Modifizieren der aufeinander folgenden Retentionen. Die Retention bindet gleichsam eine Urimpression an den Erlebnisfluss. Ähnliches gilt für die Protentionen, bei denen jedoch die Intentionen offenbleiben und erwartungsartig sind. Es handelt sich aber nicht um Leerintentionen, das sind Verweise auf Retention-Protentionsketten, wie bei der Erinnerung. Mit dem Begriff Querintentionalität der Retention bezeichnet Husserl die inhaltliche Gerichtetheit des Bewusstseins auf denselben Gegenstand in den zeitkonstituierenden Ablaufphasen.

Für eine objektive Gültigkeit der Welt muss die egologische Phänomenologie durch die Intersubjektivität erweitert werden, da die intentionalen Gegebenheiten für jede Person existieren. Das transzendentale ego ist nicht allein für die Konstitution der objektiven Welt zuständig, sie muss in Relation zu Fremderfahrungen gesehen werden, deren Korrelat sie ist.

Heideggers Kritik an Husserl

Transzendenz des Daseins

Martin Heidegger verwarf Husserls Konzept der Intentionalität. Intentionalität kann sich nur auf als vorhanden vorgestellte Objekte richten. Wenn Husserl nämlich davon spricht, dass sinnliche Wahrnehmung im „Gegenwärtigen“ besteht, dann ist im Moment der Wahrnehmung gerade jegliche Zeit ausgeschaltet.[6] Dies, so Heidegger, muss auch so erscheinen, wenn man von einem intentionalen Ansatz ausgeht, weil dieser es nicht ermöglicht, nachträglich die Zeit mit in das Verständnis eines Phänomens einzubeziehen. Heidegger hingegen dreht das Verhältnis um und gibt der Zeitlichkeit des Daseins die Priorität: Das Verhältnis zwischen Dasein (Mensch) und Welt ist immer ein zeitliches.[7] Erst nachträglich kann man von diesem grundlegenden Verhältnis absehen und dann zu einem Intentionalitätsbegriff kommen, der die Zeit nicht mehr enthält.

Heideggers Kritik am Begriff der Intentionalität steht in Zusammenhang mit seiner Kritik an traditionellen Ontologien, sofern diese Objekte losgelöst von ihrem Bezugszusammenhang betrachteten. (Diesen Bezugszusammenhang, der u. a. durch basale Zweckzusammenhänge bestimmt ist, nennt Heidegger Welt.) Was beispielsweise ein Hammer ist, bestimmt sich erst durch diesen Zusammenhang. (Heidegger spricht von um zu-Bezügen, von Zuhandenheit statt Vorhandenheit und von einem zuhandenen Zeug statt einem vorhandenen Ding.) In diesem Zusammenhang erst ist der Hammer als solcher begreifbar: als ein Zeug, das zum Hämmern dient, um etwa ein Haus zu bauen und so Schutz vor Unwetter zu bieten. Dieses Weltganze ist nichts, das sich aus einzelnen Teilen erst nachträglich zusammenbaut, sondern es geht dem Zuhandenen ontologisch voraus, indem es ihnen ihren Sinn gleichsam im Voraus zuweist. Umgedreht ist das Dasein immer schon auf dieses Ganze bezogen, wenn es sich einer einzelnen Sache annimmt. Weil es das einzelne stets übersteigt spricht Heidegger auch von der Transzendenz des Daseins.[8] Das Übersteigen des einzelnen Objekts in Bezug auf das Ganze ist dabei zugleich zeitlich wie auch bedeutungsmäßig zu verstehen. Es ist Bedingung dafür, dass einzelnes Seiendes begegnen kann und verstanden wird. Das intentionale Erfassen eines Seienden ist daher nur möglich auf dem Grund dieser Transzendenz – Intentionalität ist ein „Sonderfall“ der Transzendenz des Daseins. Heidegger gibt als These dafür, wie die falsche Ansetzung der Intentionalität als primärer Bezug zur Welt entstehen konnte an, dass hier immer noch die Idee eines Subjekts mitschwingt, das der Welt erkennend gegenübersteht und einzelne zusammenhangslose Objekte in Raum und Zeit wahrnimmt.[9]

Das Beispiel des Hammers zeigt hingegen, dass Dinge in einen Verweisungszusammenhang eingebunden sind und dieser nur zeitlich verstanden werden kann: der Hammer ist nur in Betracht auf einen zukünftigen Gebrauch zu verstehen. Diese Zukunft ist aber nicht „etwas“, kein Objekt in der Welt, auf das man gerichtet sein kann. Auch ist die Zukunft kein „Gedanke“. Auch dies würde sie vergegenständlichen, so dass man sich auf sie als Objekt richten könnte. Die „Welt“ selbst geschieht als eine Verschränkung von Gegenwart und Zukunft im Dasein des Menschen. Heidegger kennzeichnet diesen Strukturzusammenhang von Welt und Dasein indem er das Dasein als Sorge bezeichnet und so den praktischen Umgang mit der Welt in den Vordergrund stellt, dem ein theoretisch-intentionaler erst nachfolgt.

Grundstimmung als nicht-intentionaler Weltbezug

Ähnlich kann ein Phänomen wie die Langeweile nicht – wie Husserl dies allgemein für alle Objekte postulierte – als Objekt im Bewusstseinsstrom beobachtet werden.[10] Zwar sind wir, wenn uns langweilig ist, auf Dinge (also Objekte) gerichtet, die uns die Zeit vertreiben. Aber die Bedrängnis welche wir in der Langeweile verspüren lässt sich, so Heidegger, gerade nicht als Gerichtetheit auf ein Objekt verstehen. Viel mehr sind hier Stimmungen am Werk. Heidegger stellt dem Konzept der Intentionalität daher eine Grundstimmung entgegen, d. h. die Tatsache, dass der Mensch immer schon stimmungsmäßig auf die Welt als Ganzes bezogen ist. Nur weil wir der Welt gegenüber immer schon irgendwie gestimmt sind, gehen uns dann auch die einzelnen (intentional erfassten) Sachen etwas an. Nur aus dem Ganzen bekommt ein einzelner „Vorfall“ eine Bedeutung, geht uns etwas an und nicht als factum brutum.

Intentionalität als Problem für reduktionistische Theorien

In der gegenwärtigen Philosophie des Geistes wird das Konzept der Intentionalität insbesondere als ein Problem für den Materialismus diskutiert. Materialistische Theorien gehen davon aus, dass auch mentale Zustände auf physische Zustände zurückgeführt werden können. Nun hätten allerdings mentale Zustände oft die Eigenschaft der Intentionalität, und es scheine unklar zu sein, wie ein physischer Zustand ebendiese Eigenschaft haben könne.

In materialistischen Theorien werden Gedanken auf neuronales Geschehen zurückgeführt. Kritiker des Materialismus argumentieren dagegen, wenn ein Gedanke einem Vorgang im Gehirn entspräche, so müsse ebendieser Vorgang auch intentional sein. Genau dieses sei jedoch sehr unplausibel.[11]

Von materialistischer Seite wird hierauf erwidert, dass sich Auslöser von Aktionen, Bedeutungen, Gründe und Wahrheit auch ohne mentale Zustände erklären ließen, da sie auch in der Sprache von Maschinen vorkommen.[12]

Neuronales Korrelat des Bewusstseins - Artikel in der deutschen Wikipedia

Intentionalität als Vorstellung aufgrund sozialer Spiegelung

Der Psychologe Wolfgang Prinz legte eine umfassende und empirisch begründete Theorie vor, wonach während der kindlichen Entwicklung die Vorstellung eigener Absichten aus der Beobachtung anderer Personen erwachse. Diesen Wahrnehmungsprozess bezeichnete er als soziale Spiegelung. Das beobachtende Kind lerne zu verstehen, dass andere Personen zielgerichtet handeln, und es lerne, diesem Handeln Absichten zuzuschreiben. Ab einem gewissen Entwicklungsstadium sei ein Kind in der Lage, die Vorstellung, dass andere Personen Absichten haben, auf sich selber zu übertragen. Von da ab sei es in der Lage, eigene Intentionalität zu erleben. Demnach seien soziale Wahrnehmung, Gedächtnis und Kombination die Wurzeln von Intentionalität. Da diese naturwissenschaftlich erklärbar seien, gelte dasselbe auch für Intentionalität.[13]

Siehe auch

Literatur

Literatur zu Einzelthemen findet sich in den Quellen

Intentionalität bei Husserl
  • Edmund Husserl, Martin Heidegger - Phänomenologie (1927). hrsg. von Renato Cristin Berlin: Duncker und Humblot, 1999 (Philosophische Schriften; Bd. 34) ISBN 3-428-09296-1
  • Verena Mayer: Edmund Husserl. C.H. Beck München 2009 ISBN 9783406586880
  • Peter Prechtl: Edmund Husserl zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 1998 ISBN 3-88506-369-7
  • Ferdinand Fellmann: Phänomenologie zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 2006 ISBN 978-3-88506-616-3
  • Dan Zahavi: Husserls Phänomenologie. Arbeitsgemeinschaft von 16 Verlagen 2003/2009 ISBN 978-3-16-149450-5 (Mohr Siebeck)
  • Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hrsg. Helmut Vetter Felix Meiner Verlag Hamburg 2004 ISBN 3-7873-1689-2
  • Husserl-Lexikon. Hrsg. Hans-Helmut Gander WBG Darmstadt 2010 ISBN 978-3-534-16493-6
  • Daniel O. Dahlstrom: Introduction to Phenomenological Research, Bloomington: Indiana University Press, 2005.
  • John J. Drummond: The structure of intentionality, in: Donn Welton (Hrsg.): The new Husserl : a critical reader, Bloomington: Indiana University Press, 2003, S. 65–92.
  • Michael Dummett: The Seas of Language, Oxford: Oxford University Press, 1993.
  • Peter Simons: Edmund Husserl Die Intentionalität des Bewußtseins. In: Ansgar Beckermann (Hrsg.): Klassiker der Philosophie heute. Stuttgart: Reclam, 2004, S. 581–600.
  • Wolfgang Künne: Edmund Husserl: Intentionalität, in: J. Speck (Hrsg.): Grundprobleme der großen Philosophen: Philosophie der Neuzeit, Bd. 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986.
Intentionalität bei Heidegger (und Husserl)
  • Archana Barua: Husserl, Heidegger and the Intentionality Question, in: Minerva – An Internet Journal of Philosophy 7 (2003), S. 44–59
  • Rudolf Bernet: Husserl and Heidegger on Intentionality and Being, in: Journal of the British Society for Phenomenology 21/2 (1990), S. 136–52.
  • Taylor Carman: Heidegger's Analytic: Interpretation, Discourse, and Authenticity in “Being and Time”, Cambridge: Cambridge University Press 2003
  • Carleton Christensen: Heidegger’s Representationalism, in: Review of Metaphysics 51 (1997), S. 77–103.
  • Steven Crowell: Subjectivity: Locating the First-Person in Being and Time, in: Inquiry 44 (2001), S. 433–454.
  • Daniel O. Dahlstrom: Heidegger’s Transcendentalism, in: Research in Phenomenology 35 (2005).
  • Hubert Dreyfus: Being-in-the-World, Cambridge, MA: MIT Press, 1991
  • Hubert Dreyfus: Heidegger’s critique of the Husserl/Searle account of intentionality, in: Social Research 93/60 (1993), 17ff.
  • Sean McGovern: The Being of Intentionality, in: Lyceum 9/1 (2007) (Saint Anselm College)
  • H. Hall: Intentionality and World: Division I of Being and Time in: Charles Guignon (Hrsg.): The Cambridge Companion to Heidegger, Cambridge: Cambridge University Press, 1993
  • Burt C. Hopkins: Intentionality In Husserl And Heidegger : The Problem Of The Original Method And Phenomenon Of Phenomenology, Kluwer Academic Publishers, 1993, ISBN 0-7923-2074-3
  • J. N. Mohanty: Intentionality, in: Hubert Dreyfus, Mark Wrathall (Hrsg.): A Companion to Phenomenology and Existentialism, Blackwell Companions to Philosophy, Oxford: Blackwell 2006, ISBN 978-1-4051-1077-8.
  • Dermot Moran: Heidegger’s Critique of Husserl’s and Brentano’s Accounts of Intentionality, in: Inquiry 43 (2000), S. 39–66.
  • Mark Okrent: Heidegger's Pragmatism: Understanding, Being, and the Critique of Metaphysics, Ithaca, NY 1998
  • Frederick A. Olafson: Heidegger and the Philosophy of Mind, New Haven, CO: Yale University Press 1987.
  • Thomas Sheehan: Heidegger’s Philosophy of Mind, in: G. Floistad (Hrsg.): Contemporary Philosophy of Mind: A New Survey, Bd. 4, Philosophy of Mind, The Hague: Nijhoff, 1984, S. 287–318.
  • Martin Weatherston: Heidegger's Interpretation of Kant: Categories, Imagination, and Temporality, Palgrave Macmillan, 2002, ISBN 0-333-99400-0
  • Mark A. Wrathall: Intentionality without Representation: Heidegger’s Account of Perception, in: Philosophy Today 42 (1999), 182–89.
Sonstige Literatur
  • Elisabeth Baumgartner: Intentionalität: Begriffsgeschichte und Begriffsanwendung in der Psychologie, Würzburg: Königshausen & Neumann, 1985.
  • Dominik Perler: Theorien der Intentionalität im Mittelalter, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2004. 436 S. (Rezension: Flasch, FAZ v. 16. Februar 2004)
  • Arkadiusz Chrudzimski: Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität: Studien zur Phänomenologie von Brentano bis Ingarden, Frankfurt: ontos (Rezension: Helmut Klemm: Außenwelt der Innenwelt, FAZ vom 22. Februar 2006, Nr. 45, Seite N3)
  • Armin Stock: Intentionalität und Ideo-Motorik – Eine handlungstheoretisch-psychologische Synthese, Lengerich/Berlin/Wien: Pabst Science Publishers, 2004, ISBN 978-3-89967-118-6
  • Thorsten Streubel: Das Wesen der Zeit. Zeit und Bewußtsein bei Augustinus, Kant und Husserl, Würzburg 2006
  • Tobias Schlicht: Ein Stufenmodell der Intentionalität, in: P. Spät (Hg.): Zur Zukunft der Philosophie des Geistes, Paderborn: mentis, 2008, S. 59–91.
Neuere Debatten
  • Ulrike Haas-Spohn (Hg.): Intentionalität zwischen Subjektivität und Weltbezug, Paderborn: mentis, 2003 Sammelband mit Aufsätzen zur aktuellen Debatte
  • Wolfgang Barz: Das Problem der Intentionalität, Paderborn: mentis, 2004

(weitere neuere Literatur bei Jacob, Caston und Chalmers, s. Weblinks)

  • Jesús Padilla Gálvez, M. Gaffal (eds.), Intentionality and Action. De Gruyter, Berlin - Boston, 2017. ISBN 978-3-11-056028-2.

Weblinks

 Wiktionary: Intentionalität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelanchweise

  1. Victor Caston: Intentionality in Ancient Philosophy. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
  2. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt. 1874.
  3. Brentano, op.cit., I, S. 124, kursive Hervorhebung hinzugefügt
  4. Arkadiusz Chrudzimski:Brentano, Husserl und Ingarden über die intentionalen Gegenstände (PDF; 150 kB)
  5. Zum Beispiel von John R. Searle, in: Intentionalität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 16f.
  6. Vgl. Edmund Husserl: Logische Untersuchungen 1. Aufl. (1901) Bd. II, S. 588 u. 620.
  7. Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Tübingen 2001, S. 363.
  8. Vgl. Martin Heidegger: Vom Wesen des Grundes. GA 9, S. 135.
  9. Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Tübingen 2001, S. 366.
  10. Vgl. Martin Heidegger: GA Band 29/30, S. 136ff.
  11. Der Klassiker ist hier: John Searle: Intentionality. An Essay in the Philosophy of Mind. Cambridge: Cambridge University Press, 1983, ISBN 0521273021
  12. Paul Churchland: Eliminative Materialism and the Propositional Attitudes. In: Journal of Philosophy. 1981, S. 67–90.
  13. Wolfgang Prinz: Open Minds: The Social Making of Agency and Intentionality, MIT Press 2012, 358 S. ISBN 026230094X, S. XVI und 225-244 (Deutsche Übersetzung von Jürgen Schröder: Selbst im Spiegel. Die soziale Konstruktion von Subjektivität. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-58594-8, 502 S.)