Dualismus und Kategorie:Systemtheorie: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''Dualismus''' ist ein [[Philosophie|philosophisches]] System, das alles Weltgeschehen auf zwei grundsätzlich verschiedene und nicht aufeinander rückführbare Prinzipien, wie etwa [[Gut]] und [[Böse]] oder [[Geist]] und [[Materie]], gründet.
{{Seitenkategorien}}
 
[[Kategorie:Philosophie]]
== Historischer Hintergrund ==
[[Kategorie:Sozialphilosophie]]
 
[[Kategorie:Sozialwissenschaft]]
Der Ursprung des Dualismus liegt in der [[Urpersische Kultur]], die von dem beständig Kampf zweier [[geistige Wesen|geistiger Wesenheiten]] geprägt war. [[Ahura Mazdao]], dem Gott des Lichts, stand [[Ahriman]], der Geist der Finsternis, gegenüber. Sie waren allerdings Zwillinge, die aus [[Zurvan]] bzw. [[Zeruane Akarene]], der „unerschaffenen Zeit“, entsprungen waren. Dieser [[Ethik|ethisch]]-[[Religion|religiöse]] Dualismus setzte sich in nachchristlicher Zeit im [[Manichäismus]] fort, der das Weltgeschehen durch den Kampf von [[Gut]] und [[Böse]] bestimmt sieht.
[[Kategorie:Philosophie des 20. Jahrhunderts]]
 
Durch die sich in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-lateinischen Zeit]] entwickelnde [[Verstandes- und Gemütsseele]] wurde besonders stark der Gegensatz von [[Geist]] und [[Materie]] empfunden. Die [[Mythologie]] wurde durch die [[Philosophie]] ersetzt und damit trat auch der wesenhafte Kampf zwischen den [[Götter]]n in den Hintergrund. Viel stärker spürte man nun schon den Unterschied zwischen der eigenen [[Denktätigkeit]] und der äußerlich wahrgenommen [[Sinneswelt]]. Bereits [[Anaxagoras]] unterschied zwischen dem passiven, in eine chaotische Vielheit zersplitterten [[Stoff]] und dem aktiv ordnenden einheitlichen unpersönlichen Prinzip des [[Weltgeist]]es, des [[Nous]] ({{ELSalt|νοῦς}}, ''{{lang|grc-Latn|nous}}''). [[Platon]] stellte der [[Sinneswelt]] die [[Ideenwelt]] gegenüber und [[Aristoteles]] unterschied zwischen [[Stoff und Form]] bzw. [[Akt und Potenz]].
 
In der [[Neuzeit]], mit dem wachsenden [[Ich-Bewusstsein]] des anbrechenden [[Bewusstseinsseelenzeitalter]], wurde die Kluft, die zwischen [[Ich]] und [[Welt]] empfunden wurde, noch größer. [[René Descartes]] unterschied streng zwischen der [[res extensa]] und der [[res cogitans]] und verschärfte damit das [[Leib-Seele-Problem]], das die [[Wissenschaft]] bis heute vor unlösbar scheinende Probleme stellt. Zwischen [[Sein]] und [[Bewusstsein]] findet sich keine Brücke. „[[Das schwere Problem des Bewusstseins]]“<ref>[[David Chalmers]]: ''The Character of Consciousness.'' Oxford University Press, Oxford 2010, ISBN 978-0195311112, p. 39</ref> führt die [[Neurowissenschaftler]] und [[Philosophen]] an Grenzen, die sie nach wie vor nicht übersteigen können - ein Problem, auf das schon [[Emil du Bois-Reymond]] [[1872]] in seiner berühmten [[Ignorabimus-Rede]] hingewiesen hatte. Es wird nicht erkannt, dass unser Alltagsbewusstsein tatsächlich nur ein unwirkliches, d.h. nicht wirkungsmächtiges Spiegelbild ist. Das gerade darin die [[Möglichkeit]] der [[Freiheit]] des Menschen liegt, hat [[Rudolf Steiner]] immer wieder betont.
 
{{GZ|Hier, sehen Sie, liegt jene
Schwierigkeit, auf welche die Philosophen fortwährend kommen,
und die sie mit ihrer Philosophie nicht überwinden können, die
Hauptschwierigkeit. Diesen Philosophen ist ja zunächst nichts anderes
gegeben als dasjenige, was sie vorstellen. Aber bedenken Sie, daß
aus der Vorstellung, aus dem Inhalt des Bewußtseins das Sein gerade
herausgepreßt ist. Es kann nicht darinnen sein, denn was im Bewußtsein
ist, ist nur Spiegelbild. Es kann das Sein nicht darinnen
sein. Nun suchen die Philosophen das Sein durch das Bewußtsein,
durch das gewöhnliche physische Bewußtsein. Sie können es so
nicht finden. Und es ist ganz natürlich, daß solche Philosophien entstehen
mußten wie die Kantsche zum Beispiel, die da sucht durch
das Bewußtsein das Sein. Aber weil das Bewußtsein ganz naturgemäßerweise
nur enthalten kann Bilder des Seins, kann man zu nichts
anderem kommen als dazu, anzuerkennen, daß man an das Sein mit
dem Bewußtsein niemals herankommen könne.|162|31}}
 
Zeitgenössische [[Philosoph]]en und Bewusstseinsforscher wie etwa [[Daniel Dennett]] oder [[Susan Blackmore]], die zurecht die Realität des gegenwärtigen menschlichen Bewusstseins bestreiten und es letztlich ganz wegerklären wollen, liegen damit durchaus richtiger als jene, die dem Bewusstsein noch eine eigenständige Wirkungsmächtigkeit zubilligen. Sie landen damit zwar vorerst im blanken [[Materialismus]], helfen zugleich aber auch, die fadenscheinigen falschen dualistischen [[Leib]]/[[Seele]]-Vorstellungen loszuwerden, die die abendländische Kultur nachhaltig geprägt haben und das Verständis für den wirklichen [[Geist]] bis zum heutigen Tag nicht weniger erschweren als der Materialismus.
 
== Dualismus und Monismus ==
 
Die Gegenposition zum Dualismus ist der [[Monismus]], der alles Weltgeschehen auf ein einziges Grundprinzip zurückführt.
 
In einem Brief an [[Ernst Haeckel]] machte [[Rudolf Steiner]] seine strikt ablehnende Position zum Dualismus deutlich, an der sich auch in späteren Jahren nichts geändert hat.
 
{{GZ|Ich kämpfe, seitdem ich schriftstellerisch tätig bin, gegen allen Dualismus und sehe es als die Aufgabe der Philosophie an, durch eine streng positivistische Analyse unseres Erkenntnisvermögens den Monismus wissenschaftlich zu rechtfertigen, also den Nachweis zu führen, daß die in der Naturwissenschaft gewonnenen Ergebnisse wirkliche Wahrheiten sind. Deshalb mußte ich mich ebenso gegen den Kantianismus mit seinen zweierlei Wahrheiten wie gegen das moderne «Ignorabimus» wenden.|39|166}}
 
Steiner vertrat stets einen geistigen Monismus, für den die [[Materie]] eine Erscheinungsform des [[Geist]]igen ist. Daher erschien ihm auch die Frage sinnlos, wie [[Geist]] und Materie - etwa in Form des [[Leib-Seele-Problem]]s - wechselseitig aufeinander einwirken können; vielmehr gehe es darum, [[Empirie|empirisch]] zu erforschen, wie der Geist seine verschiedenen Erscheinungsformen, zu denen auf elementarer Ebene auch die Materie zählt, hervorbringen könne.
 
{{GZ|Kein naturwissenschaftlicher Denker wird je der Meinung sein,
daß darüber, was im logischen Sinne wahr oder falsch ist, die körperlich-organischen Gründe Aufschluß geben können. Die geistigen
Zusammenhänge können nur aus dem geistigen Leben heraus
erkannt werden. Was logisch berechtigt ist, darüber wird immer
die Logik, was künstlerisch vollkommen ist, darüber wird das
ästhetische Urteil entscheiden. Ein anderes aber ist die Frage: Wie
entsteht das logische Denken, wie das ästhetische Urteil als Funktion
des Gehirnes? Über diese Frage allein spricht sich die vergleichende
Physiologie und Gehirnanatomie aus. Und diese zeigen,
daß das vernünftige Bewußtsein nicht für sich abgesondert existiert
und das menschliche Gehirn nur benutzt, um sich durch dasselbe
zu äußern, wie der Klavierspieler auf dem Klavier spielt,
sondern daß unsere Geisteskräfte ebenso Funktionen der Form-Elemente unseres Gehirns sind, wie «jede Kraft die Funktion eines
materiellen Körpers ist» (Haeckel, Anthropogenie).
 
Das Wesen des ''Monismus'' besteht in der Annahme, daß alle
Weltvorgänge, von den einfachsten mechanischen an bis herauf
zu den höchsten menschlichen Geistesschöpfungen, in gleichem
Sinne sich naturgemäß entwickeln und daß alles, was zur Erklärung
der Erscheinungen herangezogen wird, ''innerhalb'' der Welt
selbst zu suchen ist. Dieser Anschauung steht der ''Dualismus'' gegenüber,
der die reine Naturgesetzlichkeit nicht für ausreichend
hält, um die Erscheinungen zu erklären, sondern zu einer über den
Erscheinungen waltenden, vernünftigen Wesenheit seine Zuflucht
nimmt. Diesen Dualismus muß die Naturwissenschaft, wie gezeigt
worden ist, verwerfen.|30|174}}
 
Im geisteswissenschaftlichen Sinn ist alle Materie als zebrochene, zerstörte geistige [[Form]] aufzufassen; sie ist gleichsam der Trümmerhaufen des Geistes. Dieser Anschauung nähert sich auch die moderne [[Physik]] - allerdings vorerst rein abstrakt spekulativ und nicht durch unmittelbare [[geistige Anschauung]]. So meinte etwa der [[Quantenphysik]]er [[Hans-Peter Dürr]]:
 
{{LZ|Die moderne Physik kommt nun zu der überraschenden Erkenntnis: Materie ist nicht aus Materie aufgebaut! Wenn wir die Materie immer weiter auseinandernehmen, in der Hoffnung die kleinste, gestaltlose, reine Materie zu finden, bleibt am Ende nichts mehr übrig, was uns an Materie erinnert. Am Schluss ist kein Stoff mehr, nur noch Form, Gestalt, Symmetrie, Beziehung.
 
Was bedeutet das? Wir haben eine Umkehrung: Das Primäre ist Beziehung, der Stoff das Sekundäre. Materie ist ein Phänomen, das erst bei einer gewissen vergröberten Betrachtung erscheint. Stoff ist geronnene Form. Vielleicht könnten wir auch sagen: Am Grunde bleibt nur etwas, was mehr dem Geistigen ähnelt – ganzheitlich, offen, lebendig: Potenzialität, die Kann-Möglichkeit einer Realisierung. Materie ist die Schlacke dieses Geistigen – zerlegbar, abgrenzbar, determiniert: Realität. In der Potenzialität gibt es keine ein-eindeutigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Die Zukunft ist wesentlich offen. Es lassen sich für das, was „verschlackt“, was real passiert, nur noch Wahrscheinlichkeiten angeben. Es gibt keine Teilchen, die unzerstörbar sind, die mit sich selbst identisch bleiben, sondern wir haben ein “feuriges Brodeln“, ein ständiges Entstehen und Vergehen. In jedem Augenblick wird die Welt neu geschaffen, aber im Angesicht, im „Erwartungsfeld“, der ständig abtretenden Welt.|Dürr 2003}}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Dualismus}}
* {{Eisler|Dualismus}}
 
== Literatur ==
 
*[[Hans-Peter Dürr]]: ''Versöhnung von Wissenschaft und Religion'', Vortrag vom 30. Mai 2003, Französische Friedrichstadtkirche (Gendarmenmarkt), Berlin
*Rudolf Steiner: ''Methodische Grundlagen der Anthroposophie'', [[GA 30]] (1989), ISBN 3-7274-0300-4 {{Vorträge|030}}
*Rudolf Steiner: ''Briefe Band II: 1890 – 1925'', [[GA 39]] (1987), ISBN 3-7274-0390-X {{Briefe|038}}
*Rudolf Steiner: ''Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft'', [[GA 162]] (2000), ISBN 3-7274-1620-3 {{Vorträge|162}}
 
{{GA}}
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />
 
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Ethik]] [[Kategorie:Religion]] [[Kategorie:Zweiheit]]
[[Kategorie:Philosophische Grundposition|203]] [[Kategorie:Dualismus|!]]
[[Kategorie:Philosophie des Geistes]]
[[Kategorie:Ontologie]]

Version vom 4. August 2017, 22:45 Uhr