Hödur und Erscheinung: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Loki and Hod.jpg|thumb|Loki bringt Hödur dazu, auf Balder zu schießen.]]
Unter '''Erscheinung''' versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch verschiedenen Arten von „Sichtbarem“. Meist wird damit ein (plötzlicher) Auftritt im Sinne einer Veränderung in der betrachteten Szene gemeint:
In der [[Wikipedia:Nordische Mythologie|nordischen Mythologie]] ist '''Hödur''' (auch '''Hödr''', '''Hödyr''' oder '''Hod''' geschrieben, zu deutsch etwa ''Kämpfer'') der Zwillingsbruder von [[Balder]] und somit Sohn von [[Odin]] und [[Frigg]]. Hödur ist ein blinder Gott. Er repräsentiert die dunkle, die blinde Seite seines Vaters, während sein Bruder Balder die lichte Seite Odins repräsentiert. Sie beide gehören dem Göttergeschlecht der [[Asen]] an.


Nachdem Balder von seinem eigenen Tod geträumt hat, verlangt seine Mutter von jedem Tier, jeder Pflanze und jedem Gegenstand einen Eid ab, Balder nicht zu töten. Nur den [[Mistel]]zweig übersieht sie, da er ihr so unscheinbar erscheint. Die Götter machen sich darauf einen Spaß und bewerfen Balder mit allerlei Gegenständen, jedoch vermag kein Gegenstand ihn zu verletzen. [[Loki]] ermutigt Hödur, mit einem Mistelzweig auf Balder zu schießen, welcher Balder tatsächlich umbringt. Daraufhin tötet sein gerade geborener Halbbruder [[Wikipedia:Wali (Mythologie)|Wali]] Hödur.
* „Auf einer Theater-Bühne erscheint ein Schauspieler im Hintergrund.
* „Der Zug kommt hinter dem Bergrücken hervor.
* „In der Filmszene materialisiert das Raumschiff direkt vor dem Pilotenfenster.


Später versöhnen sich Balder und Hödur miteinander und kehren einträchtig nach [[Ragnarök]] bei der Entstehung eines neuen Weltgebäudes zurück.
== Religiöse Bedeutung ==
In der Religion wird das Wort „Erscheinung“ synonym zu „[[Vision]]“ im Sinne von [[Offenbarung]]en gebraucht. Viele halten solche Erscheinungen für [[Halluzination]]en. Bekanntes Beispiel sind die [[Wikipedia:Marienerscheinung|Marienerscheinung]]en.


{{GZ|In den Mythen wurde früher in symbolischen Bildern die Entwicklung
Auch viele [[Wunder]] gelten als Erscheinungen.
dargestellt. So ist es auch mit der Baldur-Mythe. Einen
nordischen Initiierten haben wir auch in Baidur zu sehen. Alle
Bedingungen der Initiation sind hier erfüllt. Das Baldur-Rätsel
verbirgt in sich eine tiefe Wahrheit. Die eigentümliche Stellung
Lokis in der nordischen Sage ist nur dadurch zu verstehen. Sie
wissen, daß Baldurs Mutter, durch böse Träume erschreckt, alle
Wesen schwören ließ, dem Baidur nicht zu schaden. Nur ein unansehnliches
Gewächs, die Mistel, wird vergessen, und aus dieser
Mistel, die den Eid nicht geleistet hat, fertigt Loki den Pfeil, den
er dem blinden Gotte Hödur gibt, als die Götter im Spiele nach
Baidur werfen. Der Gott Baldur wird durch diesen Wurf Hödurs
getötet.


Sie wissen, daß der Erdenentwicklung eine andere vorangegangen
Eine [[Wikipedia:Marxismus|marxistisch]] orientierte Interpretation der religiösen Erscheinung sieht [[Wikipedia:Ernst Bloch|Ernst Bloch]] in der Erscheinung als ''Vorschein'' auf eine bessere Welt.
ist: das [[Alter Mond|Mondenzeitalter]]. Die Mondmaterie war eine dem Lebendigen
ähnliche. Einige von den Mondgewächsen blieben stehen
auf der damaligen Stufe und ragen so störend hinein in die neue,
spätere Welt. Sie können nicht wachsen auf mineralischem Boden,
sie können nur auf anderen lebenden Wesen wachsen; sie sind
Parasiten. Die Mistel ist so ein Mondgewächs. Loki ist eine Gottheit
des Mondes. Er stammt ebenfalls noch aus der Mondepoche.
Er war vollkommen während der Mondepoche, jetzt stellt er das
Unvollkommene, das Böse, dar. Jetzt verstehen wir auch, warum
Loki in Wagners Dramen als Doppelnatur erscheint, als männlich
und weiblich zugleich. Wie Sie wissen, fällt die Eingeschlechtlichkeit
mit dem Ausscheiden des Mondes aus dem gemeinsamen
Planeten zusammen. Der neuen Schöpfung steht der Sonnengott
Baldur vor. Es kommt nun zu einem Zusammenstoß der alten und
der neuen Schöpfung, dem Mond- und dem Sonnenreich, ein Zusammenstoß,
dem Baldur, der Repräsentant der Sonnenkultur, zum
Opfer fällt. Der blinde Hödur ist der Repräsentant der blinden
Naturnotwendigkeit, die im Mineralreich lebt. Die Schuld mußte
er auf sich nehmen, um ein gewisses fortschreitendes Element zu
ermöglichen. In den Mysterien mußte Baldur wieder neu belebt
werden, nachdem er von Loki durch Hödur getötet worden war.|92|118f}}


{{GZ|Was sagt der Mythos? Lokis Einfluß ist über die Menschen gekommen,
== Philosophie ==
was sich ausdrückt in dem Wirken der [[Midgardschlange]], des [[Fenriswolf]]es
In der Geschichte der Philosophie wird der Begriff „Erscheinung“ von einer Vielzahl von Philosophen gebraucht, oft mit unterschiedlichen Bedeutungen. Er wird oft abgegrenzt gegen ein „Wesen“ oder „Ding an sich“. Er ist aber auch nicht gleichzusetzen mit „Schein“ im Sinne eines falschen, unvollständigen oder irreführenden Bildes.  
und der [[Hel]]. Der Mensch ist so geworden, daß seine Anschauung
sein klares, lichtvolles Hineinschauen in die geistige Welt getrübt wurde
dadurch, daß der luziferische Einfluß sich immer mehr geltend machte.
Der Mensch wechselte in seinem Leben ab in der damaligen Zeit, als
diese Anschauung sich ausbildete, zwischen dem Sehen in der geistigen
Welt und dem Leben auf dem physischen Plan, wie man im Leben abwechselt
zwischen Wachen und Schlafen. Wenn er in die geistige Welt
hineinsah, sah er in die Welt, aus der er herausgeboren war. Das ist ja
das Wesentliche, daß der Mythos aus dem hellseherischen Bewußtsein
heraus entstanden ist. Das menschliche Bewußtsein aber bestand in
diesem abwechselnden Hineinschauen und Nichthineinschauen in die
geistige Welt. War der Zustand des Traumbewußtseins da, so sah man
hinein in die geistige Welt; war der Zustand des Tagwachens da, so
war man blind für sie. So wechselte der Zustand zwischen Blindheit
und Hineinsehen in die geistige Welt. Es wechselte das Bewußtsein ab,
wie ein gewisses Weltenwesen wechselte zwischen dem blinden Hödur
und dem in die geistige Welt hineinschauenden, hellsichtigen Baldur.
Es war der Mensch veranlagt für Baldurs Einfluß, und im Sinne dieses
Einflusses wäre der Mensch geworden, wenn er nicht den Loki-Einfluß
aufgenommen hätte. Der aber hat bewirkt, daß Hödurs Natur den
Sieg über die Baldurnatur davongetragen hat. Das wird ausgedrückt
dadurch, daß Loki die Mistel herbeischafft, mit der der blinde Hödur
den sehenden Baidur tötet.


Loki ist also die tötende Macht, wie Luzifer, der den Menschen zu
Der entsprechende Begriff in der griechischen Philosophie ist phainomenon. (Der Begriff [[Phänomen]] hat sich entsprechend erhalten.) Ursprünglich nur aufs Sichtbare bezogen, wurde der Begriff auf alles sinnlich Wahrnehmbare ausgeweitet und beschrieb dann alles, was subjektiv in der [[Anschauung]] erfahren wird. Schon hier taucht die Unterscheidung zwischen sinnlichen Erscheinungen einerseits und einer „wirklichen“, „wahren“, „objektiven“ Welt dahinter auf. Ihren ersten Höhepunkt erreicht diese Trennung mit [[Platon]], der die sinnlichen Erscheinungen den „[[Idee]]n“ klar gegenüberstellt. Bei Platon ist auch eine Wertung zu finden: die Erscheinungen werden den Ideen gegenüber als zweitrangig, minderwertig beschrieben.
Ahriman getrieben hat. Indem der Mensch hingegeben ist an den blinden
Hödur, verlöscht das alte hellsichtige Anschauen. Das ist die Tötung
des Baldur. Das empfindet der nordische Mensch, daß nach und
nach wirklich verloren gegangen ist das Baldurhafte, das Hineinschauen
in die geistige Welt.|121|161f}}


== Literatur ==
Auch in der [[Scholastik]] wird die Erscheinung der Dinge dem wirklichen Sein gegenübergestellt. Hier tritt die Trennung zwischen einer äußeren und inneren Welt hinzu. Erscheinung bezeichnet dann das Sein eines Dinges im [[Bewusstsein]], während die Wirklichkeit außerhalb desselben liegt. Diese Kluft könne nur durch [[Glaube]]n überwunden werden.
#Rudolf Steiner: ''Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen'', [[GA 92]] (1999), ISBN 3-7274-0920-7 {{Vorträge|092}}
#Rudolf Steiner: ''Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie'', [[GA 121]] (1982), ISBN 3-7274-1210-0 {{Vorträge|121}}


{{GA}}
Nach [[Immanuel Kant]] gibt es einen Unterschied zwischen dem „Ding an sich“ und dessen „Erscheinung“. "Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißt Erscheinung" ( [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|KdrV]], Buch I, Erster Teil, §1) Erscheinung ist alles, was mit unseren Sinnen wahrgenommen und mit unseren Kategorien verarbeitet wird. Insofern sind die Erscheinungen den Gesetzen unseres Denkens unterworfen: sie „erscheinen“ in Raum und Zeit, weil wir notwendig in Raum und Zeit denken. Nur diese, unserem Denken unterworfenen Erscheinungen können vom Menschen erfasst werden: das Ding an sich müsse immer unerkannt bleiben. Der Begriff „Erscheinung“ soll hier nicht wertend sein: den Erscheinungen komme durchaus subjektive Wahrheit zu. Als anderes Wort für „Erscheinung“ tritt auch „Vorstellung“ auf.


[[Kategorie:Mythologie]] [[Kategorie:Germanische Mythologie]]
Die [[Wikipedia:Dialektischer Materialismus|materialistische Dialektik]] trennt ebenfalls zwischen Erscheinung als Gesamtheit der Eigenschaften und Beziehungen eines Gegenstandes einerseits und dessen „Wesen“ andererseits. Für ihn kann aber auch letzteres erkannt werden. Die Erscheinung enthalte zwar schon wesentliche Merkmale eines Dings, aber auch Unwesentliches. Die Untersuchung müsse das Unwesentliche aussondern und zum Wesentlichen gelangen, was durch [[Dialektik|dialektisches]] Denken möglich sei.
 
[[Arthur Schopenhauer]] verbindet die kantische Philosophie mit [[Buddhismus|buddhistischen]] und altindischen Denkweisen. So gelangt auch er zu einer Möglichkeit, das Wesen hinter der Erscheinung zu erkennen. Das Ding an sich, das Kant für unerkennbar hielt, identifiziert er mit dem „Willen“, den man nicht erkennt, aber innerlich fühlt. Die ganze Welt sei deswegen äußerlich eine „Erscheinung“ und „Vorstellung“, innerlich aber ein blinder, zielloser, irrationaler Wille, der sich in den Erscheinungen, dem „Schleier der [[Maya]]“ manifestiere.
 
[[Friedrich Nietzsche]] folgte in seiner frühen Philosophie dem Schopenhauerschen Denken: der Welt zugrunde liege ein tragischer Urschmerz, der sich im Gegensatz von dionysischen Rausch und appolinischer Schönheit äußere. Später lehnte er dieses Denken radikal ab: die Trennung der Welt in eine „wahre“ und eine „scheinbare“ sei verlogen. Es gebe ''nur'' die sinnlichen „Erscheinungen“, womit das Wort hinfällig sei; eine weitere, angeblich „wahre“ Welt „dahinter“ sei etwa von Platon, dem Christentum oder Kant nur erfunden worden, um die einzige, nämlich unsere sinnlich wahrnehmbare Welt schlecht zu machen. Ein „Ding an sich“ sei widersinnig, denn nichts könne getrennt von anderem existieren.
 
Die [[Phänomenologie]] bezeichnete mit dem Begriff „Phänomen“ (etwa gleichbedeutend mit Erscheinung) alle Bewusstseinsinhalte. Die Frage, ob es diese auch unabhängig vom Bewusstsein existieren, wird dabei ausgeklammert. Durch phänomenologische Analyse ([[eidetische Reduktion]]) könne zu ihrem „Wesen“ vorgedrungen werden. Dieses ist hier also nicht Gegensatz zur Erscheinung, sondern ein zu erkennender Teil des Phänomens.
 
==Literatur==
*Mittelstraß, Jürgen: ''Erscheinung'', in: Mittelstraß (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Aufl. [2005], S. 393
*Pat Cocking: ''Den Himmel offen sehen. Natürlicher Umgang mit dem Übernatürlichen.'' Berlin, 2003, ISBN 3-935992-10-6
 
== Weblinks ==
 
* {{UTB-Philosophie|Thomas Blume|303|Erscheinung}}
 
[[Kategorie:Grundbegriffe]][[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Erkenntnistheorie]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 20. Juni 2015, 16:49 Uhr

Unter Erscheinung versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch verschiedenen Arten von „Sichtbarem“. Meist wird damit ein (plötzlicher) Auftritt im Sinne einer Veränderung in der betrachteten Szene gemeint:

  • „Auf einer Theater-Bühne erscheint ein Schauspieler im Hintergrund.“
  • „Der Zug kommt hinter dem Bergrücken hervor.“
  • „In der Filmszene materialisiert das Raumschiff direkt vor dem Pilotenfenster.“

Religiöse Bedeutung

In der Religion wird das Wort „Erscheinung“ synonym zu „Vision“ im Sinne von Offenbarungen gebraucht. Viele halten solche Erscheinungen für Halluzinationen. Bekanntes Beispiel sind die Marienerscheinungen.

Auch viele Wunder gelten als Erscheinungen.

Eine marxistisch orientierte Interpretation der religiösen Erscheinung sieht Ernst Bloch in der Erscheinung als Vorschein auf eine bessere Welt.

Philosophie

In der Geschichte der Philosophie wird der Begriff „Erscheinung“ von einer Vielzahl von Philosophen gebraucht, oft mit unterschiedlichen Bedeutungen. Er wird oft abgegrenzt gegen ein „Wesen“ oder „Ding an sich“. Er ist aber auch nicht gleichzusetzen mit „Schein“ im Sinne eines falschen, unvollständigen oder irreführenden Bildes.

Der entsprechende Begriff in der griechischen Philosophie ist phainomenon. (Der Begriff Phänomen hat sich entsprechend erhalten.) Ursprünglich nur aufs Sichtbare bezogen, wurde der Begriff auf alles sinnlich Wahrnehmbare ausgeweitet und beschrieb dann alles, was subjektiv in der Anschauung erfahren wird. Schon hier taucht die Unterscheidung zwischen sinnlichen Erscheinungen einerseits und einer „wirklichen“, „wahren“, „objektiven“ Welt dahinter auf. Ihren ersten Höhepunkt erreicht diese Trennung mit Platon, der die sinnlichen Erscheinungen den „Ideen“ klar gegenüberstellt. Bei Platon ist auch eine Wertung zu finden: die Erscheinungen werden den Ideen gegenüber als zweitrangig, minderwertig beschrieben.

Auch in der Scholastik wird die Erscheinung der Dinge dem wirklichen Sein gegenübergestellt. Hier tritt die Trennung zwischen einer äußeren und inneren Welt hinzu. Erscheinung bezeichnet dann das Sein eines Dinges im Bewusstsein, während die Wirklichkeit außerhalb desselben liegt. Diese Kluft könne nur durch Glauben überwunden werden.

Nach Immanuel Kant gibt es einen Unterschied zwischen dem „Ding an sich“ und dessen „Erscheinung“. "Der unbestimmte Gegenstand einer empirischen Anschauung heißt Erscheinung" ( KdrV, Buch I, Erster Teil, §1) Erscheinung ist alles, was mit unseren Sinnen wahrgenommen und mit unseren Kategorien verarbeitet wird. Insofern sind die Erscheinungen den Gesetzen unseres Denkens unterworfen: sie „erscheinen“ in Raum und Zeit, weil wir notwendig in Raum und Zeit denken. Nur diese, unserem Denken unterworfenen Erscheinungen können vom Menschen erfasst werden: das Ding an sich müsse immer unerkannt bleiben. Der Begriff „Erscheinung“ soll hier nicht wertend sein: den Erscheinungen komme durchaus subjektive Wahrheit zu. Als anderes Wort für „Erscheinung“ tritt auch „Vorstellung“ auf.

Die materialistische Dialektik trennt ebenfalls zwischen Erscheinung als Gesamtheit der Eigenschaften und Beziehungen eines Gegenstandes einerseits und dessen „Wesen“ andererseits. Für ihn kann aber auch letzteres erkannt werden. Die Erscheinung enthalte zwar schon wesentliche Merkmale eines Dings, aber auch Unwesentliches. Die Untersuchung müsse das Unwesentliche aussondern und zum Wesentlichen gelangen, was durch dialektisches Denken möglich sei.

Arthur Schopenhauer verbindet die kantische Philosophie mit buddhistischen und altindischen Denkweisen. So gelangt auch er zu einer Möglichkeit, das Wesen hinter der Erscheinung zu erkennen. Das Ding an sich, das Kant für unerkennbar hielt, identifiziert er mit dem „Willen“, den man nicht erkennt, aber innerlich fühlt. Die ganze Welt sei deswegen äußerlich eine „Erscheinung“ und „Vorstellung“, innerlich aber ein blinder, zielloser, irrationaler Wille, der sich in den Erscheinungen, dem „Schleier der Maya“ manifestiere.

Friedrich Nietzsche folgte in seiner frühen Philosophie dem Schopenhauerschen Denken: der Welt zugrunde liege ein tragischer Urschmerz, der sich im Gegensatz von dionysischen Rausch und appolinischer Schönheit äußere. Später lehnte er dieses Denken radikal ab: die Trennung der Welt in eine „wahre“ und eine „scheinbare“ sei verlogen. Es gebe nur die sinnlichen „Erscheinungen“, womit das Wort hinfällig sei; eine weitere, angeblich „wahre“ Welt „dahinter“ sei etwa von Platon, dem Christentum oder Kant nur erfunden worden, um die einzige, nämlich unsere sinnlich wahrnehmbare Welt schlecht zu machen. Ein „Ding an sich“ sei widersinnig, denn nichts könne getrennt von anderem existieren.

Die Phänomenologie bezeichnete mit dem Begriff „Phänomen“ (etwa gleichbedeutend mit Erscheinung) alle Bewusstseinsinhalte. Die Frage, ob es diese auch unabhängig vom Bewusstsein existieren, wird dabei ausgeklammert. Durch phänomenologische Analyse (eidetische Reduktion) könne zu ihrem „Wesen“ vorgedrungen werden. Dieses ist hier also nicht Gegensatz zur Erscheinung, sondern ein zu erkennender Teil des Phänomens.

Literatur

  • Mittelstraß, Jürgen: Erscheinung, in: Mittelstraß (Hrsg.), Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, 2. Aufl. [2005], S. 393
  • Pat Cocking: Den Himmel offen sehen. Natürlicher Umgang mit dem Übernatürlichen. Berlin, 2003, ISBN 3-935992-10-6

Weblinks


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