Gilgamesch-Epos und Margarita Woloschin: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:GilgameshTablet.jpg|thumb|Tafel mit Gilgamesch-Epos.]]
'''Margarita Wassiljewna Woloschin-Sabaschnikow''' ({{RuS|Маргарита Васильевна Сабашникова}}/Margarita Wassiljewna Sabaschnikowa; * 31. Januar 1882 in Moskau; † 2. November 1973 in Stuttgart) war eine russische Malerin und Schriftstellerin. Sie machte sich in frühen Jahren hauptsächlich als Porträt-Malerin russischer Geistesgrößen einen Namen, während in der zweiten Lebenhälfte vor allem religiöse Motive entstanden. Als Schriftstellerin wurde sie mit ihrer Autobiographie ''Die grüne Schlange'' bekannt.
Das '''Gilgamesch-Epos''', auch ''Gischgimmasch'', ist eine der ältesten überlieferten literarischen [[Wikipedia:Dichtung|Dichtung]]en der Menschheit, und das berühmteste literarische Werk [[Wikipedia:Babylon|Altbabylons]].
[[Datei:Margarita Woloschin.png|miniatur|Margarita Woloschin um 1950]]


== Tontafeln in Keilschrift ==
== Leben ==
Das [[Wikipedia:Epos|Epos]] hat seinen Ursprung im [[Wikipedia:Sumer|Sumerischen Reich]] in [[Wikipedia:Mesopotamien|Mesopotamien]].
=== Kindheit und Jugend ===
Aus sumerischer Zeit sind einige wenige Tontafeln in sumerischer [[Wikipedia:Keilschrift|Keilschrift]] mit Fragmenten des Epos bekannt.
Margarita Woloschin-Sabaschnikow wurde am 31. Januar 1882 als Tochter der Moskauer Kaufmannsfamilie ''Sabaschnikow'' geboren, die dem gebildeten fortschrittlichen [[Bürgertum]] angehörte. Ihre Kindheit verbrachte sie zum Teil im Elternhaus ihrer Familie, zum Teil bei ihrer Großmutter und teils auf einem elterlichen Gut.<ref>Margarita Woloschin: ''Die grüne Schlange''. Stuttgart 1982, S. 11</ref> Ihr Vater war allerdings als Kaufmann nicht sehr erfolgreich, weshalb das Haus der Familie verkauft werden musste. Daraufhin ging sie im Alter von zehn Jahren mit ihrer Mutter, ihren Geschwistern und mit zwei [[Hauslehrer]]innen ins Ausland, wo sie durch ihre verschiedenen Aufenthalte in [[Paris]], [[Lausanne]], [[Belgien]], [[Italien]] eine umfassende [[Bildung]] erfuhr. Ihr Interesse für Kunst und Kultur wurde frühzeitig geweckt. Nach drei Jahren zurück in [[Russisches Kaiserreich|Russland]], erhielt sie Unterricht in Musik und Literatur und bald darauf ihren ersten professionellen Unterricht bei dem Maler [[Abram Jefimowitsch Archipow|Abram Archipow]].
Der Großteil ist durch jüngere [[Wikipedia:Babylon|babylonische]] [[Wikipedia:Tontafel|Tontafel]]n überliefert, die in der [[Wikipedia:Bibliothek des Assurbanipal|Tontafelbibliothek Assurbanipal]]s ([[Wikipedia:669 v. Chr.|669 v. Chr.]] - [[Wikipedia:627 v. Chr.|627 v. Chr.]]) gefunden wurden. Die Tafeln sollen einer nicht nachprüfbaren Überlieferung zufolge von dem Dichter [[Wikipedia:Sin-leqe-unnini|Sin-leqe-unnini]] stammen, der im [[Wikipedia:12. Jahrhundert v. Chr.|12. Jahrhundert v. Chr.]] gelebt hat.


Das Epos wurde mit ca. 3600 Verszeilen auf 11 Tafeln in [[Wikipedia:Ninive|Ninive]] verfasst, die außer den Heldentaten des Königs [[Gilgamesch]] auch die weltweit verbreitete Erzählung von einer großen [[Sintflut]] beinhaltet. Die Figur des [[Utnapischtim]] scheint dabei genau der biblischen Figur des [[Noach]] zu entsprechen (Vergl. [[Wikipedia:1. Buch Mose|1. Buch Mose]] (''Genesis'') Kapitel 6-9 und 11. Tafel ''Gilgamesch-Epos''). Das sumerische Epos von Gilgamesch wurde später auf einer 12. Tafel ergänzend hinzugefügt. Die 12. Tafel beinhaltet als einzige den Unterwelt-Mythos, in dem König Gilgamesch zeitweilig als Richter gewirkt haben soll. Die Sagenbildung um den König Gilgamesch setzte bereits früh ein. Es hat ganz den Anschein, dass weitaus ältere Mythen an die Sagen mit historischem Hintergrund angehängt wurden.
Nach dem Abitur ging Margarita Sabaschnikow nach [[Sankt Petersburg|St. Petersburg]], um im Atelier des Malers [[Ilja Repin]] zu arbeiten. Seine naturalistische Malerei hinterfragte sie: {{"|Hat es denn einen Sinn zu wiederholen, was schon da ist? Es muss eine ganz andere Kunst entstehen, die eine nie dagewesene Welt offenbart.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S.101</ref>}} Mit ihren Fragen wandte sie sich an den damals schon alten [[Lew Nikolajewitsch Tolstoi|Leo Tolstoi]] (seine Frau und ihre Mutter waren befreundet), von dem sie sich Rat erhoffte. Er empfahl ihr, die Kunst als Freizeitgestaltung zu betreiben und ansonsten das Leben einer Bäuerin zu führen. Trotz dieser für sie erschütternden Äußerung ließ sich Sabaschnikow von ihrem eingeschlagenen Weg nicht abbringen. Die einmal aufgeworfenen Fragen der Probleme der Kunst, der sozialen Ordnung und der Stellung der Malerei beschäftigten sie weiter und führten sie letztlich zu tiefen Fragen über den Sinn des Lebens überhaupt.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S.106</ref>


Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Keilschriftdichtungen zum Gilgamesch-Epos in vier Sprachen geschrieben sind, und sie innerhalb des langen Zeitraumes vom 21. bis 6. Jahrhundert v. Chr. im Gebiet von Südbabylonien bis nach [[Wikipedia:Kleinasien|Kleinasien]] überliefert wurden.
=== Frühe Erwachsenenzeit ===
[[Datei:M. Woloschin - Selbstportrait.png|miniatur|M. Woloschin in jungen Jahren, Selbstporträt]]
Margarita Sabaschnikow beschäftigte sich mit der [[Analogie (Philosophie)|Analogie]] des [[Lichtspektrum|Farbspektrum]]s und der [[Tonskala]], mit [[Farbenlehre (Goethe)|Goethes Farbenlehre]] und immer wieder mit der Frage des Sinns der Kultur und des Lebens, das für sie in diesen Jahren ohne Grund und Richtung verlief.<ref>M. Woloschin, ''Die grüne Schlange''. S. 111</ref> Ihre ernsthafte Auseinandersetzung mit den Themen des Daseins und des [[Materialismus]] führte sie zu [[Darwin]] und [[Ernst Haeckel|Haeckel]] und von da zu [[Paul Du Bois-Reymond|Du Bois-Reymonds]] ''Grenzen der Naturerkenntnis''. Antworten auf ihre Fragen konnte sie nicht finden. Einzig im Objektiv-Absoluten der [[Mathematik]] fand Sabaschnikow Halt.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 120</ref>


Ein großer Teil der Tontafelfunde befindet sich im [[Wikipedia:Museum für Vor- und Frühgeschichte (Berlin)|Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin]].
Der Maler Mussatow ermutigte sie, zwei ihrer [[Porträt]]bilder zu der Ausstellung ''Moskauer Maler'' einzureichen. Sie hatte damit ihren ersten durchschlagenden Erfolg. Eine Teilnahme an der Ausstellung ''Welt der Kunst'' in St. Petersburg und in Paris folgten. Bei einer Abendgesellschaft im Hause des [[Kunstsammler]]s [[Sergei Iwanowitsch Schtschukin|Sergei Schtschukin]] lernte sie den Dichter und Maler [[Maximilian Woloschin]] kennen. Sie gelangte in die Kreise der russischen [[Symbolismus (Bildende Kunst)|Symbolisten]] um [[Andrei Bely]], [[Waleri Jakowlewitsch Brjussow|Waleri Brjussow]], [[Konstantin Balmont]] und andere. 1903 reiste sie erneut nach Paris. Dort hatte sie Gelegenheit im Atelier eines befreundeten Malers zu arbeiten. Maximilian Woloschin, ebenfalls in Paris, führte sie in die Pariser Künstlerkreise ein, wo sie [[Odilon Redon]] kennenlernte.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 142</ref>


== Entzifferung und Übersetzung ==
Während ihres erneuten Auslandsaufenthalts in Westeuropa 1904/05 brach in Russland die [[Russische Revolution 1905|Revolution]] aus, wodurch Margarita Sabaschnikow vorübergehend an ihrer Rückkehr gehindert wurde. In dieser Zeit lernte sie [[Rudolf Steiner]] und seine Weltanschauung kennen. Hier fand sie Antworten auf ihre Lebensfragen, reiste zu vielen seiner Vorträge in verschiedenen europäischen Städten und lernte ihn schließlich persönlich kennen.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 166</ref>
Der Text wurde erst nach Entzifferung der [[Wikipedia:Keilschrift|Keilschrift]] im 20. Jahrhundert wieder entdeckt und musste aus einzelnen Fragmenten zusammengesetzt werden, wobei größere Textlücken bestehen blieben. Da der Text in [[Wikipedia:Babylonische Sprache|altbabylonischer]], [[Wikipedia:Akkadische Sprache|akkadischer]], [[Wikipedia:Hurriter|hurritischer]] und [[Wikipedia:Hethitische Sprache|hethitischer]] Sprache verfasst wurde, ergab sich zusätzlich zu den Unsicherheiten durch die fragmentarischen Stücke der Tafeln eine besondere Übersetzungs- und Überlieferungssituation. Einige Textstellen waren nicht erhalten und mussten durch Fantasie und Sinnzusammenhang ergänzt werden. Andere wichtige Begriffe waren nicht bekannt, weshalb sich die Forscher auch hier auf ihre Erfahrung und ihren Sinn für die alten Sprachen verlassen mussten. Erst [[Wikipedia:S. N. Kramer|S. N. Kramer]], [[Wikipedia:Sumerologie|Sumerologe]] aus Philadelphia (USA), stellte große Teile der sumerischen Mythendichtungen wieder in einen sinnvollen Zusammenhang. Die erste vollständige deutsche Übersetzung erstellte [[Wikipedia:Alfred Jeremias|Alfred Jeremias]] im Jahr 1891. 1934 wurde das Epos erneut von Albert Schott übersetzt. Schott hat die Personennamen des Epos vereinheitlicht, so dass sich der Name Gilgamesch auch für die älteren Fassungen, in denen der Name Gischgimmasch verwendet wurde, in der Öffentlichkeit durchsetzte. Das gleiche gilt für Chuwawa statt Chumbaba, Sursunabu statt Urschanabi, usw.


== Das Epos ==
1906 heiratete sie Maximilian Woloschin. Nach einem kurzen Aufenthalt in [[Koktebel]], an der Nordküste der [[Krim]], beabsichtigten sie nach [[München]] überzusiedeln. Die Begegnung mit dem Dichter [[Wjatscheslaw Iwanowitsch Iwanow|Wjatscheslaw Iwanow]] in St. Petersburg, der für sie seit Jahren eine Welt bedeutete, in der sie ihre geistige Heimat fand<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 171</ref>, machte dieses Vorhaben zunichte. {{"|In der Weltanschauung von Wjatscheslaw Iwanow vereinigt sich das griechische Erleben der Geistigkeit in der Natur mit dem Christentum. In dieser Beziehung stand er für mich höher als [[Friedrich Nietzsche|Nietzsche]], dessen ''Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik'' eine entscheidende Wirkung auf mich ausgeübt hatte.[] dass ich ihn bald kennenlernen sollte, bedeutete für mich eine atemberaubende Aussicht<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 172</ref>}}
[[Gilgamesch]] (ca. [[Wikipedia:2652 v. Chr.|2652 v. Chr.]] bis [[Wikipedia:2602 v. Chr.|2602 v. Chr.]]) war König der sumerischen Stadt [[Wikipedia:Uruk|Uruk]] und laut dem Epos zu einem Drittel Mensch und zu zwei Dritteln Gott. Die Aufteilung in menschliche und göttliche Anteile scheint ein Rätsel. Das Epos beschreibt die Heldentaten Gilgameschs, die Freundschaft zu dem von der Göttin [[w:Aruru|Aruru]] erschaffenen menschenähnlichen Wesen [[Enkidu]] ([[Eabani]]), aber insbesondere die Auseinandersetzung und die Suche nach seiner ihm von den Göttern verweigerten [[Unsterblichkeit]].


Das Epos gilt als die erste Dichtung, welche das Lösen von den Göttern, zugleich aber auch die Angst vor der Vergänglichkeit des Lebens zeigt. Seit der Mensch sich seiner selbst bewusst ist und damit die „Unschuld“ der Natur hinter sich lässt, beginnen die existentiellen Ängste. Gilgamesch gilt daher auch als das erste [[Existentialismus|existentialistische]] Werk der Menschheit.
Ihre wachsende Berühmtheit und die vielen Kontakte ihres Mannes ermöglichten schnell die Aufnahme in die St. Petersburger Künstlerkreise. Sie trafen unter anderen auf den Dichter [[Alexei Remisow]], den Maler [[Konstantin Somow]], den sie bereits aus Paris kannten, den Philosophen [[Nikolai Berdjajew]] und den Schriftsteller [[Alexander Blok]]. Von einer Kunstzeitschrift wurden Portraits von [[Alexei Remisow]] und [[Michail Kusmin]] bestellt, die Woloschin in Kohle zeichnete. Ihre literarischen Versuche förderte Iwanow nachhaltig und ermutigte sie, diese öffentlich vorzutragen. Durch diese Zusammenarbeit entwickelte sich ein ambivalentes Liebesverhältnis, das zwangsläufig zu einem Störfaktor ihrer Ehe wurde. Bei einem Berlinaufenthalt 1908 entschied sie sich vorerst in Deutschland zu bleiben, um über ihr Privatleben Klarheit zu bekommen.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 199</ref>


Der Bericht zeigt interessante Parallelen zur biblischen Aussage (Genesis, Kapitel 6), wonach sich Engel auf der Erde materialisierten und Beziehungen mit Menschenfrauen eingingen. Die dadurch gezeugten Kinder wurden die „[[Nephilim]]“ genannt. Sie (diese „Halbgötter“) waren für ihre übermenschliche Stärke und Schlechtigkeit bekannt. Es finden sich auch Entsprechungen im griechischen Götterhimmel mit seinen [[Titanen]], Halbgöttern und den weltlichen Kindern des [[Zeus]], die dieser nach Lust und Laune zusammen mit normal sterblichen Frauen zeugte.
In der folgenden Zeit reiste Margarita Woloschin durch Europa, um die Vorträge Rudolf Steiners zu hören, die er in verschiedenen Städten hielt. Um ''Wjatscheslaw Iwanow'' nahe zu sein, kehrte sie schließlich zurück nach St. Petersburg. Zu ihrer Enttäuschung heiratete er aber seine Stieftochter Wera. Woloschin zog sich darauf von allen gesellschaftlichen Begegnungen zurück, lebte ganz für sich in ihrem Atelier, hatte kaum Kontakte zur Außenwelt. Sie begann eine Lehre bei dem berühmten [[Ikonenmalerei|Ikonenmaler]] Tjulin<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 223</ref> und begegnete dem Komponisten [[Nikolai Medtner]], von dem sie ein Porträt malte. Ihre literarischen Aktivitäten erweiterte sie durch die Übersetzung von [[Meister Eckhart]]s Werken ins Russische. An eine Veröffentlichung dachte sie zuerst nicht, nahm aber das Angebot des Verlages ''Musaget'' zur Publikation an. Eine kleine Erbschaft verlieh ihr größere Unabhängigkeit, was ihre Reisefreudigkeit wieder aufleben ließ. Sie mietete in Paris ein Atelier, wollte den Winter in Rom verbringen, blieb dann aber in München. Ein anderes Mal unterbrach sie die Rückreise von [[Prag]] nach Paris und blieb in Stuttgart, um ein bestimmtes Buch über die Mystiker zu lesen, das sie für das Vorwort zu ihrer Eckhart-Übersetzung benötigte. {{"|Mein unruhiger Lebenswandel war aber nur ein Abbild meines inneren Zustandes. Ich war schon achtundzwanzig Jahre alt, war als Dichterin und als Malerin anerkannt und wußte meinen Weg doch noch nicht.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange. S. 230</ref>}}


Eine Erklärung für die Wesensanteile Gilgameschs könnte sein, dass sich die Wesenskomponenten Gilgameschs nicht auf seine Herkunft beziehen, wie zuweilen angenommen wird, sondern darauf, in welchem Umfang er den göttlichen Willen befolgt. Die Klage seines Volkes und die Erschaffung Enkidus durch die Götter erfolgten, da Gilgamesch nur zu zwei Dritteln den göttlichen Willen befolgte. [[Utnapischtim]] ([[Xisuthros]]), der Vorfahre Gilgameschs und Überlebender der [[Sintflut]], war vollkommen göttlich, denn er befolgte den göttlichen Willen [[Ea]]s vollständig.
=== Mittleres Lebensalter ===
1911 wählte Margarita Woloschin München als ihren Wohnsitz, weil sie dem Umfeld Rudolf Steiners nahe sein wollte. In diesen Kreisen traf sie auf den Grafen [[Lerchenfeld (Adelsgeschlecht)|Otto von Lerchenfeld]], [[Christian Morgenstern]], [[Albert Steffen]] und andere. Die Arbeit an ihrem [[Triptychon]] ''Drei Opfer'' unterbrach sie im März 1911 wegen einer schweren Erkrankung ihrer Mutter, um nach Moskau zu fahren. Sie blieb aber nur wenige Tage dort. Steiners Vortragsreihe in [[Helsingfors]] wollte sie nicht vermissen.
In München sollte für die ''Mysteriendramen'' Steiners und die sonstigen kulturellen Veranstaltungen der anthroposophischen Bewegung ein adäquates Gebäude errichtet werden. Woloschin wurde angeboten darin ihr Atelier einzurichten. Sie lehnte aber ab. Insgesamt wurden die Pläne für den Bau nicht genehmigt. Das Vorhaben sollte bald darauf in der Schweiz begonnen werden.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 270</ref>


Da Gilgamesch rastlos nach dem ewigen, d. h. göttlichen, Leben sucht, ist hier auch ein frühes faustisches Motiv zu erkennen.
Als 1914 in [[Dornach SO|Dornach]] der Bau des ersten [[Goetheanum]] begann, war Margarita Woloschin zunächst mit vielen anderen Künstlern aus unterschiedlichen Ländern als Schnitzerin tätig. Ihnen oblag es, die [[Kapitell]]e der vielen Säulen, die die Doppelkuppel des ganz aus Holz bestehenden Baues trugen, zu schnitzen. Später war sie an den [[Deckenmalerei]]en der kleinen Kuppel beteiligt. {{"|Das Leben in Dornach gestaltete sich so, daß man immer in gemeinsamer Arbeit eingespannt war. Der Tag verlief mit Schnitzen, Malen, Üben und Proben für die [[Eurythmie]] und einzelne Szenen der [[Goethes Faust|Faust-Aufführung]].<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 294</ref>…}}


Eine weitere Interpretation des Epos ist der frühzeitliche Hinweis auf die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Waldes.
Im Sommer brach der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] aus. Geldtransfers aus Russland wurden immer spärlicher, was ihren Mann Maximilian veranlasste, als Journalist nach Paris zu gehen. Es sollte ihr letzter Abschied sein.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 300</ref> Nach Beendigung ihrer Arbeit an der Kuppel fuhr Woloschin 1917 zurück nach Russland und geriet in das Chaos der [[Februarrevolution 1917|Revolution]]. Zusammen mit Bely und Iwanow unterrichtete sie Arbeiter und Bauern in Kunst und Literatur. Sie wurde Mitarbeiterin im ''Volkskommissariat für Theaterwesen und Bildung''. Sie konnte aber nicht produktiv arbeiten, weil den ständig wechselnden Behörden die Zuständigkeiten fehlten und es an Wichtigem für das tägliche Leben mangelte. Nach einer schweren [[Typhus]]erkrankung 1920 gab sie Malunterricht an einer gerade gegründeten Schule für hochbegabte Waisenkinder. Auch diese Initiative misslang wegen mangelnder bürokratischer Erfahrungen einer im Entstehen begriffenen neuen Verwaltung.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 338</ref>


== Die Geschichte von Gilgamesch und Enkidu ==
In St. Petersburg wurde ihr im ''Kommissariat des Äußeren'' eine Stelle in der Bibliothek für ausländische Literatur angeboten, die bald darauf wegen der gleichen behördlichen Unzulänglichkeiten gekündigt wurde. Zurück in Moskau konnte Woloschin für einen Verleger eine Serie von Portraitzeichnungen bekannter Persönlichkeiten, unter anderem auch von [[Michael Tschechow]] fertigen.<ref>M. Woloschin: ''Die grüne Schlange''. S. 361/362</ref> Später traf sie ihn öfter in Stuttgart, Berlin und am Ammersee.


[[Gilgamesch]] war zu zwei Dritteln Gott und zu einem Drittel Mensch und er war der König von [[Wikipedia:Uruk|Uruk]], ein sehr starker und grober König. Um ihn zu bändigen, schufen die Götter einen wilden Mann namens [[Enkidu]] und setzten ihn in die Steppe bei Uruk. Ein Jäger entdeckte ihn und berichtete dem König davon. Gilgamesch interessierte das und schickte eine [[Wikipedia:Tempelprostitution|Tempeldienerin]], um Enkidu zu verführen und so in die Stadt zu locken, was ihr auch gelang. In der Stadt wurde er gewaschen und gekleidet. Gilgamesch und Enkidu trafen danach aufeinander und es kam zum Kampf, doch der Eine konnte den Anderen nicht besiegen, weil auch Enkidu von den Göttern so stark erschaffen worden war. Sie schlossen Freundschaft.
Im August 1922 erhielt sie die lange beantragte Genehmigung zur Ausreise in die Niederlande, von wo sie nach Dornach weiterreiste. Kurz vor ihrer Abreise erreichte sie die Mitteilung vom brennenden Goetheanum. Wegen politischer Komplikationen zwischen der Schweiz und Russland musste sie nach einem halben Jahr die Schweiz wieder verlassen. Durch eine Einladung der Familie [[Lory Maier-Smits]] konnte sie nach Deutschland einreisen und übersiedelte 1924 nach Einsingen bei Ulm. Ihr Lungenleiden flammte wieder auf, worauf ihre Gastfamilie ihr den Aufenthalt in einer Stuttgarter Klinik ermöglichte. Stuttgart sollte von da an ihr neues Zuhause werden.


Gilgamesch und Enkidu nahmen sich vor, eine Heldentat zu vollbringen und Chumbaba, ein furchtbares Waldungeheuer, zu töten und in dessen Wald Zedern zu fällen. Sie fanden Chumbaba, konnten ihn töten und fällten dann die Zedern. Als die Liebes-Göttin [[Ischtar]] den zurückgekehrten Helden Gilgamesch sah, verliebte sie sich in ihn. Doch Gilgamesch wies sie zurück. Erbost darüber ging sie zum Göttervater [[An (Gott)|Anu]] und verlangte nach dem Himmelsstier, welcher Gilgamesch töten sollte. In Uruk angelangt, richtete er schlimme Zerstörungen an. Er tötete hunderte von Uruks Männern bis Enkidu und Gilgamesch den Kampf aufnahmen und ihn töteten. Die Götter sahen dies und waren sich einig, dass beide zu weit gegangen waren. Sie beschlossen, sie zu bestrafen, indem sie Enkidu eine Krankheit schickten.
=== Zweite Lebenshälfte ===
Woloschins Autobiographie ''Die grüne Schlange'' reicht bis zu ihrer Übersiedlung nach Stuttgart. Eine Fortsetzung schien zunächst nicht geplant. Notizen und Aufzeichnungen aus ihrem Nachlass lassen allerdings darauf schließen, dass sie mit fortgeschrittenem Alter doch zu einem zweiten Band neigte. Dass es dennoch nicht dazu gekommen ist, wird ihren reduzierten Kräften zugeschrieben, die sie nur noch für die Malerei, ihrer eigentlichen Aufgabe, verwenden wollte.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,29">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 29</ref>


Enkidu starb und voller Trauer machte sich Gilgamesch auf den Weg, um das Geheimnis des Leben zu finden. Gilgamesch hoffte, dass ihm sein Urahn [[Utnapischtim]] dabei helfen könnte. Er irrte auf der Suche durch die weite Steppe und kam dann zum Berg Maschu, durch den der Tunnel führte, den nachts die Sonne [[Schamasch]] auf ihrem Weg von West nach Ost durchläuft. Gilgamesch konnte die Wächter des Tunnels, zwei Wesen, die halb Mensch, halb Skorpion waren, überreden, ihn passieren zu lassen. Als er aus dem Tunnel heraustrat, befand er sich in einem Garten, in dem alle Pflanzen aus Edelsteinen waren. Er kam dann zu einer Schenke, deren Schenkin ihm den Weg wies. Gilgamesch fand nun [[Urschanabi]], den Fährmann Utnapischtims, der ihn über das [[Wasser des Todes]] zur Insel bringen sollte, auf der Utnapischtim lebte. Aber im Streit zerschlug Gilgamesch „[[Die Steinernen]]“, die allein die für die Überfahrt nötigen Stocherstangen aus Zedernholz herzustellen wussten, die dem Wasser des Todes standhalten konnten. Der Fährmann erklärte sich dennoch bereit, Gilgamesch überzusetzen, doch musste Gilgamesch dazu hundertzwanzig Ruder aus Holz schnitzen. Nachdem Gilgamesch das getan hatte, fuhren sie los. Sie mussten aber bei jedem Ruderschlag das gerade benutzte Ruder ins Wasser gleiten lassen, da es kein spezielles Ruder aus Stein war und mit dem Wasser des Todes benetzt war. Als das letzte Ruder aufgebraucht war, waren sie aber noch nicht auf der Insel angelangt. Gilgamesch zog Urschanabis Hemd aus und hängte es wie ein Segel auf ...
Aufgewachsen mit den [[Russisch-Orthodoxe Kirche|russisch-orthodoxen Riten]] und der schon als Kind erlebten Nähe zur Religion in Elternhaus und Erziehung spiegelten sich diese Erlebnisse nun in einer neuen Schaffensphase wieder. Mit großer Bestimmtheit widmete sie sich christlichen Themen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entstanden eine Reihe Bilder mit biblischen Motiven. Sie lernte die 1922 gegründete [[Christengemeinschaft]] kennen und malte Altarbilder für die neu entstehenden Gemeinden.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,36">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 36</ref>


''Wie Gilgamesch und der Fährmann die Insel erreichten, ist nicht bekannt, da dieser Teil der Tontafel beschädigt ist. Er hat aber die Insel erreicht.''
Während eines Aufenthaltes in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]] ergab sich unvorhergesehen die Möglichkeit, einen Ausflug nach Dornach zu machen. Hier konnte sie viele lange nicht gesehene Freunde wiedertreffen. In den darauffolgenden Jahren hatte sie immer wieder Gelegenheit, nach Dornach zu fahren und in den 1930er Jahren stand für sie sogar ein eigenes Atelier in der Nähe des Goetheanum zur Verfügung. In Stuttgart gab sie Malkurse, darunter auch einen für Lehrer an der neu gegründeten [[Waldorfschule]]. Aus dieser Tätigkeit entstand die Idee, eine Malschule mit ordentlichem [[Curriculum (Pädagogik)|Curriculum]] zu gründen. Räumlichkeiten wurden angeboten, Lehrer für den Unterricht standen zur Verfügung. Nach langem Ringen entschied sich Woloschin aber für ihren künstlerischen Weg.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,40">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 40</ref>


Nun suchte er seinen Urahnen Utnapischtim auf. Dieser erzählte ihm von der [[Sintflut]], die die Götter geschickt und nur er und seine Familie überlebt hatten. Eindringlich schärfte ihm Utnapischtim ein, den Schlaf, den kleinen Bruder des Todes, zu bezwingen. Doch Gilgamesch konnte sich nicht wach halten und schlief sechs Tage und sechs Nächte. Nach dem er am siebten Tag aufgewacht war, sagte Utnapischtim ihm schliesslich, wo er ein Gewächs des Lebens finden würde. Gilgamesch konnte das Gewächs finden und machte sich auf den Weg in die Heimat. Als er an einem Brunnen rastete, war er unvorsichtig und eine Schlange konnte ihm das Gewächs des Lebens stehlen. Betrübt und niedergeschlagen kam er nach Uruk zurück.
Wenige Jahre danach sind einige ihrer Bilder als [[Entartete Kunst|entartet]] vernichtet worden. Die politische Lage wurde immer bedrückender und die Machtübernahme der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] empfand sie als Beginn eines „dunklen Zeitalters“. Die Berichte aus Russland waren nicht weniger düster. Ihre Freunde in St. Petersburg und Moskau waren entweder tot oder verhaftet und in Lagern interniert. 1932 erhielt sie Nachricht vom Tod ihres Gatten Maximilian Woloschin, der inzwischen mit Maria Stepanowna Sabolozkaja verheiratet gewesen war<ref name="Stiftung">[http://www.biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=794 Biographie] der Stiftung Kulturimpuls</ref> und den sie seit 1914 nicht mehr gesehen hatte. Ein Jahr später starb ihre Mutter.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,41">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 41</ref>


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Margarita Woloschin war auch in ihren späteren Jahren nicht von sesshafter Natur. Immer noch reiste sie ihren Möglichkeiten entsprechend gerne und viel. Sie tat es, um Kurse zu geben, Vorträge zu halten oder um an Tagungen teilzunehmen. In ihrem 56. Lebensjahr unternahm sie eine Reise zu den Stätten ihrer Kindheit und Jugend und fuhr über Rom nach Sizilien. Es war ihre letzte große Unternehmung.
"Da war einmal ein großer König,
namens Gilgamesch. Aber schon aus dem Namen erkennt derjenige, der
solche Namen zu beurteilen vermag, daß wir es nicht bloß mit einem
physischen König zu tun haben, sondern mit einer dahinterstehenden
Gottheit, mit einer dahinterstehenden geistigen Individualität, von der
der König von Erek besessen war, die durch ihn wirkte. Also wir haben
es zu tun mit dem, was wir im realen Sinne einen Gottmenschen zu
nennen haben. Er bedrückt die Stadt Erek, so wird uns erzählt. Die
Stadt Erek wendet sich an ihre Gottheit Aruru, und diese Gottheit läßt
einen Helfer erstehen: aus der Erde heraus erwächst dieser Held. Das
sind also die Bilder des Mythos; wir werden sehen, welche Tiefen von
historischen Ereignissen hinter diesem Mythos liegen. Die Gottheit läßt
erstehen aus der Erde heraus Eabani, eine Art von menschlicher Wesenheit,
welche im Verhältnis zu Gilgamesch ausschaut wie eine niedere
Wesenheit, denn es wird erzählt, daß er Tierfelle hatte, daß er mit
Haaren bedeckt war, daß er wie ein Wilder war; aber in seiner Wildheit
lebte Gottbeseeltheit, altes Hellsehen, Hellwissen, alte Heil-Erkenntnis.


Eabani lernt eine Frau aus Erek kennen, und er wird dadurch in die
Ende der dreißiger Jahre wurde Woloschin von den Behörden vor die Wahl gestellt, nach Russland zurückzukehren oder in ein Internierungslager gebracht zu werden. Freunde erwirkten für sie im letzten Augenblick eine Legalisierung ihres weiteren Aufenthaltes unter der Bedingung der regelmäßigen Meldepflicht bei der [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]]. Zu Beginn der Luftangriffe auf Stuttgart kam sie mit anderen in einem Dorf im nördlichen Schwarzwald unter, wo sie mit der Arbeit an ihrer Autobiografie begann. Gegen Ende des Krieges musste sie wegen ihres russischen Passes erneut eine Verhaftung befürchten. Freunde nahmen sie auf und gewährten ihr Unterschlupf. Den Winter 1945/46 verbrachte die Malerin bereits wieder in Stuttgart.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,45">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 45</ref>
Stadt gezogen. Er wird der Freund des Gilgamesch und dadurch zieht
Friede in die Stadt ein. Nun herrschen sie beide zusammen, Gilgamesch
und Eabani. Da wird durch eine Nachbarstadt die Stadtgöttin Ischtar
der Stadt des Eabani und des Gilgamesch geraubt. Sie unternehmen
beide einen Kriegszug gegen die räuberische Stadt. Sie überwinden den
König und gewinnen die Stadtgöttin zurück. Nun ist die Stadtgöttin
wiederum in Erek eingezogen, Gilgamesch lebt ihr gegenüber, und da
tritt uns das Eigentümliche entgegen, daß Gilgamesch kein Verständnis
hat für die eigenartige Natur der Stadtgöttin. Eine Szene spielt sich nun
ab, die einen unmittelbar erinnert an eine biblische Szene des Johannes-
Evangeliums. Gilgamesch steht Ischtar gegenüber. Er benimmt sich
allerdings anders als der Christus Jesus; er wirft der Stadtgöttin vor,
daß sie, bevor sie ihm gegenübergetreten sei, viele andere Männer geliebt
habe. Namentlich die Bekanntschaft mit dem letzten wirft er ihr vor.
Darauf geht sie beschwerdeführend zu derjenigen Gottheit, zu derjenigen
Wesenheit der höheren Hierarchien, der gerade sie, die Stadtgöttin,
zugeteilt ist: sie geht zu Anu. Und nun sendet Anu einen Stier
auf die Erde herab, mit diesem Stier muß Gilgamesch kämpfen. Wer
sich an den stierbekämpfenden Mithras erinnert, der findet einen Anklang
daran an dieser Stelle, wo der von Anu heruntergesandte Stier
bekämpft werden muß von Gilgamesch. Alle diese Ereignisse haben
- und wir werden sehen, wenn wir den Mythos erklären werden, welche
Tiefen darin stecken - nun dahin geführt, daß Eabani mittlerweile
gestorben ist. Gilgamesch ist jetzt allein. Ihm kommt ein Gedanke, der
furchtbar an seiner Seele zehrt. Unter dem Eindruck dessen, was er da
erlebt hat, wird ihm der Gedanke erst bewußt, daß der Mensch doch
sterblich ist. Ein Gedanke, den er früher nicht berücksichtigt hatte, der
tritt ihm in seiner ganzen Furchtbarkeit vor die Seele. Und da vernimmt
er von dem einzigen Erdenmenschen, der unsterblich geblieben
ist, während alle anderen Menschen in der nachatlantischen Zeit das
Bewußtsein der Sterblichkeit erlangt haben: er hört von dem unsterblichen
Xisuthros weit im Westen drüben. Nun unternimmt er, weil er
erforschen will die Rätsel von Leben und Tod, den schweren Zug nach
dem Westen. - Schon heute kann ich sagen: Dieser Zug nach dem
Westen ist kein anderer als der Zug nach den Geheimnissen der alten
Atlantis, nach den Ereignissen, die vor der großen atlantischen Katastrophe
liegen.


Dahin unternimmt Gilgamesch den Wanderzug. Sehr interessant ist
In den Nachkriegsjahren gab Margarita Woloschin Kurse am anthroposophischen Lehrerseminar, hielt Vorträge an der Eurythmieschule, wirkte bei Berufsorientierungskursen mit und erzählte den Kindern in der Schule. Daneben bewältigte sie den täglichen Strom von Besuchern. Man suchte ihren Rat und ihre Anteilnahme, wollte von ihr Begebenheiten aus der Vergangenheit geschildert wissen und man bat sie an verschiedenen Gremien und Sitzungen beratend teilzunehmen.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,46">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 46</ref>
es, daß er vorbei muß an einer Pforte, die behütet ist von Skorpionenriesen,
 
daß ihn der Geist einführt in das Reich des Todes, daß er eintritt
Zwei Jahre nach ihrem siebzigsten Geburtstag erschien ihre Autobiografie bei der [[Deutsche Verlags-Anstalt|Deutschen Verlagsanstalt]]. Ihre weiteren schriftstellerischen Aktivitäten flossen in biografischen Darstellungen über Michael Tschechow, [[Michail Lomonossow]], Leo Tolstoi, Georg von Albrecht und vielen anderen ein. Dennoch war ihr eigentliches Betätigungsfeld die Malerei. Auch im höheren Alter malte sie täglich, sofern die vielen Verpflichtungen, Besucher und Krankheitsphasen es zuließen.
in das Reich des Xisuthros und daß er in diesem Reich des Xisuthros
{{"|Ich fühle, daß mit dem allmählichen Schwund des Tastsinns aus beiden Händen, die mir immer so gute Diener waren, wie zwei helfende Wesen, die unmittelbar Anschluß an das Herz hatten und besser wußten als ich, was zu geschehen hat […] meine Laufbahn als Malerin zu Ende gehen.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,52">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 52</ref>}} Dieser Ausspruch der Künstlerin aus ihren späten 80er Jahren ist kennzeichnend für die beginnende Abnahme ihrer physischen Kräfte. Ein Nachlassen ihres Hör- und Sehvermögens kam hinzu. Der Umzug in ein Altersheim war unausweichlich geworden. Ihre Befürchtung {{"|…jetzt wird mir meine Muse endgültig davonlaufen,<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,52"></ref>}} traf allerdings nicht ein. Auch hier dominierte eine Staffelei ihr Zimmer. Ihr letztes großes Werk, ''Orpheus'', konnte sie nicht mehr vollenden.
erfährt, daß alle Menschen immer mehr von dem Bewußtsein des Todes
 
durchdrungen werden müssen in der nachatlantischen Zeit. Nun fragt
Im November 1972 wurde in Baden-Baden die Ausstellung ''Russischer Realismus 1850–1900'' eröffnet. Viele Bilder von Künstlern, die Woloschin aus ihrer frühen Zeit als junge Malerin kannte, begegneten ihr hier wieder. Margarita Wassiljewna Woloschin-Sabaschnikow starb ein Jahr später am 2. November 1973.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,54">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 54</ref>
er Xisuthros, woher er denn ein Wissen habe von seinem ewigen Kern,
 
warum er von dem Bewußtsein der Unsterblichkeit durchdrungen sei.
== Werk ==
Da sagt ihm Xisuthros: Du kannst es auch werden, aber du mußt nacherleben,
=== Malerei ===
was ich durchleben mußte durch all die Überwindungen von
Margarita Woloschin war vor allem und besonders in der ersten Hälfte ihres Schaffens eine Portraitmalerin. Sie portraitierte, neben Menschen ihres Umkreises, sich selbst und viele Persönlichkeiten des kulturellen Lebens wie [[Leo Tolstoi]], [[Michael Tschechow]], [[Michael Bauer (Anthroposoph)|Michael Bauer]] oder Rudolf Steiner. Sie fertigte viele Auftragsarbeiten und ihre Bilder wurden von zahlreichen Museen erworben. Vereinzelt sind sie heute noch in Moskau, [[Astrachan]] und [[Koktebel]] zu sehen. Die meisten ihrer Werke aus dieser Zeit sind allerdings durch die Wirren der Revolution und der Weltkriege verschollen.<ref name="Schmidt">Evelies Schmidt: [http://www.a-tempo.de/amschreibtisch/am_schreibtisch_11_2009.pdf ''Margarita Woloschin - Portätkunst – Gemalt und Geschrieben''] In: ''a tempo'', Stuttgart 11/2009 (pdf.)</ref><ref name="Stiftung"></ref>
Furcht und Angst und Einsamkeit, die ich durchmachen mußte. Als der
 
Gott Ea beschlossen hatte - in dem, was wir die atlantische Katastrophe
Ein Teil des malerischen Werks aus ihrer zweiten Lebenshälfte, vor allem religiöse Motive, Altarbilder, Märchendarstellungen, Landschaften und Portraits sind zu einem Teil erhalten. Sie befinden sich verstreut in Privatbesitz, in verschiedenen Kirchen der [[Christengemeinschaft]] und im Nachlass der Künstlerin.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,172">Wermbter/Möhring/Rapp: ''Margarita Woloschin-Leben und Werk''. Werkverzeichnis, S. 172</ref> Diese vielfach mit Pflanzenfarben gemalten Bilder wurden damals als neue religiöse Malerei angesehen, die Stilisierung in der Darstellung mit der strengen Welt der Ikonenmalerei verglichen.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,36"></ref>
nennen - , untergehen zu lassen, was von der Menschheit nicht weiter
 
fortleben sollte, da trug er mir auf, mich zurückzuziehen in eine Art
Ihre Tätigkeit verstand Woloschin immer als eine Auseinandersetzung mit dem dreidimensionalen Raum und der Farbe als vierter Dimension. Den Betrachter wollte sie nicht nur vor dem Bild stehend, sondern auch in ihm empfinden. Er sollte sowohl Betrachter als auch Teilhaber am schöpferischen Prozess sein.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,159">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 159</ref> Ihre unstete Rastlosigkeit, die sie im Laufe ihres Lebens an viele verschiedene Orte führte, schlug sich auch in ihrer Malerei nieder. {{"|Sie besaß ein geniales kompositorisches Talent, das einen Maler des 19. Jahrhunderts berühmt gemacht hätte. Sie hat diese Chance nicht genützt. […] Das Aufsehen, das ihre ersten Bilder […] erregten, gab ihr alle Möglichkeiten auf der Straße des Ruhm fortzuschreiten. Doch […] eine Schicksalsunruhe trieb sie weiter. […] Woloschin […] fühlte auch manchmal einen leisen Vorwurf in ihrer Seele, eine Möglichkeit zu einem ganz neuen Kunstschaffen nicht ergriffen zu haben. Aber sie ließ sich nicht ablenken von einem Weg, den sie gehen wollte}}<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,164">Dorothea Rapp in: Wermbter/Möhring/Rapp ''Margarita Woloschin-Leben und Werk''. S. 164</ref>
Schiff. Hineinnehmen sollte ich die Tiere, die übrigbleiben sollten, und
 
diejenigen Individualitäten, die da in Wahrheit genannt werden die
Ihre Aufzeichnungen unterstreichen diesen Weg: {{"|Stets aus der Stimmung malen; keinen Strich tun, ohne ihn aus dem Gesamten, Tief-Erlebten zu beschließen. Der gedankliche Inhalt – besser: das Erlebnis – muß Stimmung werden. Das Erleben des Gefühls in Farbe verwandeln, in die Bewegung der Farbe, die zum Rhythmus und endlich zur Form wird. Das Bild soll als etwas Unerwartetes auftreten. Aber die Idee […] muß immer als ein Wesenhaftes, ein Ganzes geahnt werden. Die Komposition soll nicht, im Voraus, mathematisch-architektonisch wie bei den alten Meistern festgelegt werden, sondern entstehen}}<ref>Aus Aufzeichnungen Margarita Woloschins, in: Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk''. S. 56</ref>
Meister. Mit diesem Schiff überdauerte ich die große Katastrophe. -
 
So erzählte Xisuthros dem Gilgamesch, und sagte: Was da durchgemacht
=== Literatur ===
worden ist, das kannst du nur im Inneren erleben. Dadurch aber
Ihre Lebenserinnerungen ''Die grüne Schlange'' sind in mehreren Auflagen erschienen. Sie stellen nicht nur eine persönliche Entwicklungsgeschichte dar, sondern schildern ausführlich das Panorama einer ganzen kulturellen Epoche Russlands zu Beginn des letzten Jahrhunderts.<ref name="Schmidt"></ref>
kannst du zum Bewußtsein der Unsterblichkeit kommen, wenn du
Vor allem die Elite des russischen Geisteslebens um die Jahrhundertwende (Tolstoi, [[Iwanow]], [[Leonid Wassiljewitsch Solowjow|Solowjew]], [[Fjodor Iwanowitsch Schaljapin|Schaljapin]] und andere) werden dem Leser nahe gebracht. Aber auch die [[Anthroposophie]] um Rudolf Steiner, in der Woloschin eine geistige Heimat fand, wird ausführlich charakterisiert und lässt den seltsam zwiespältigen Eindruck, den Steiner mit seiner Sehergabe und Genialität auf viele Zeitgenossen von damals machte deutlich werden.<ref name="Zeit 1955">[http://www.zeit.de/1955/11/nachdenklicher-rueckblick ''Nachdenklicher Rückblick - Margarita Woloschins Erinnerungen''] ''Die Zeit'', 17. März 1955</ref> ''Die grüne Schlange'' wurde in viele Sprachen übersetzt und ist seit 2009 in einer erweiterten Auflage erhältlich.
sieben Nächte und sechs Tage nicht schläfst. - Gilgamesch will sich
 
dieser Probe unterziehen, schläft aber sehr bald ein. Da bäckt die Frau
Neben ihren vielen Erzählungen und Gedichten war die ''Grüne Schlange'' der Höhepunkt ihres literarischen Schaffens. Den in den 1930er Jahren abgeschlossenen Roman ''Die Regenbrücke'' sah Woloschin als eine Art Vorläufer ihrer Erinnerungen. Er hatte stark autobiografische Züge und war nach Ansicht der Autorin nach Erscheinen ihrer Autobiografie überflüssig geworden.<ref name="Wermbter/Möhring/Rapp,49">Wermbter/Möhring/Rapp, ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', S. 49</ref>
des Xisuthros sieben mystische Brote, die sollen ersetzen durch ihren
 
Genuß das, was in den sieben Nächten und sechs Tagen hätte errungen
== Rezeption ==
werden sollen. Nun zieht Gilgamesch weiter mit dieser Art Lebenselixier
 
und macht etwas durch wie ein Bad im Jungbrunnen und kommt
DIE ZEIT würdigt das literarische Wirken Margarita Woloschins:
wieder an die Küste seiner Heimat, die etwa am Euphrat und Tigris
[[Datei:REPIN_portret_REPIN.jpg|thumb|180px|Ilja Jefimowitsch Repin - Margarita Woloschins Lehrer (Selbstportrait, 1878)]]
liegt. Da wird ihm die Kraft des Lebenselixiers durch eine Schlange
{{"|…[diese Lektüre, die] nicht nur literarischen Genuß, sondern auch einen bemerkenswerten Zuwachs an Weltkenntnis bedeutet. Ein solches Buch ist: Margarita Woloschin: Die grüne Schlange. Lebenserinnerungen.
genommen, und er kommt also wieder ohne das Lebenselixier in seinem
Was aber ihr Buch, vom prallen Inhalt abgesehen, so fesselnd macht, ist die geistige Regsamkeit, mit der diese in ihrer Art ungewöhnliche Frau die Geschehnisse und Gestalten ihres Lebenskreises gesehen und geschildert hat. Und es sind keine unerheblichen Gestalten, […] die ihren Weg gekreuzt haben. Vor allem die Elite des russischen Kulturlebens vor der und um die Jahrhundertwende: der Maler [[Ilja Repin]] (der Lehrer der Autorin), [[Leo Tolstoj]], [[Iwanow]], [[Solowjew]], [[Berdjajew]], [[Schaljapin]], [[Stanislawsky]], [[Diaghilew]] – Vertreter jener russischen Geistigkeit, deren Existenz und Bedeutung im bürgerlichen Deutschland allzu unzulänglich bekannt war und in deren Kreisen umgekehrt der gewisse provinzielle deutsche Akademikerstolz so gern verspottet wurde. Alle diese markanten Erscheinungen treten dem Leser auf eine frappierend unmittelbare Art nahe.
Lande an, aber doch mit dem Bewußtsein, daß es eine Unsterblichkeit
Sehr erregend sind auch die Berichte über die Zustände in Rußland kurz nach der Revolution: wieviel prachtvolle menschliche Substanz da noch verschleudert, verwüstet und erstickt wurde. Margarita Woloschin ist damals aus der Schweiz in die Heimat gefahren mit einem der Züge, in denen Ludendorff Lenin und Genossen quer durch Deutschland nach Rußland brachte, um das Land endgültig in Zwietracht, Aufruhr und Elend zu stürzen.}}<ref name="Zeit 1955"></ref>
gibt und von Sehnsucht erfüllt, wenigstens noch den Geist des Eabani
 
zu sehen. Der erscheint ihm nun wirklich, und aus dem Gespräch, das
Jeder Raum, in dem Woloschin lebte, nahm bald ihre unverwechselbaren Eigenheiten an. Mitteleuropäische Wohnideale und Bürgerlichkeit konnten in ihrer Nähe nicht gedeihen. Die Malerin lebte spartanisch. Ihre Existenz hing von den spärlich eingehenden Porträt-Aufträgen und gelegentlichen Malkursen ab. Darüber Kurt Wistighausen:
sich dann abspinnt, erfahren wir die Art, wie sozusagen für die Kultur
 
der ägyptisch-chaldäischen Zeit das Bewußtsein des Zusammenhanges
{{"|Ihr Zimmer war gleichzeitig Atelier und meistens auch Küche. Mitten zwischen Malpapieren, Paletten, Bildern und Büchern, die in genialer Unordnung … umherlagen, wurde liebevoll der obligate Tee aufgebrüht und serviert. […] Die Gastgeberin scherzte selbst über ihr ‚Chaos‘ und erzählte, die erste Zeit im Westen sei ihr bei der Heimkehr der Mantel immer zu Boden gefallen, weil ja niemand mehr da war, der ihn ihr von den Schultern nahm und versorgte – so sehr war sie von ihrer Jugend und den wohlhabenden Verhältnissen im Elternhaus her gewohnt gewesen, daß sofort ein Diener herbeisprang. […] Jetzt in der Emigration, hatte die Künstlerin weder einen dienstbaren Geist, noch Geld. Jedoch: keinen Augenblick war es dies, was sie ernstlich beschäftigte.}}<ref>Kurt v. Wistinghausen, ''Margarita Sabaschnikow-Woloschin †''. In: ''Die Christengemeinschaft 12/1973''</ref>
mit der geistigen Welt aufgehen konnte. Das ist wichtig, dieses Verhältnis
 
von Gilgamesch und Eabani." {{Lit|{{G|126|14ff}}}}
[[Datei:20921Woloschin_Erzengel_Michael.jpg]]
</div>
 
== Publikationen ==
* Margarita Woloschin: ''Die grüne Schlange'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 1954, 1982, 2009
* Margarita Woloschin: ''Green Snake'', Floris Books, Edinburgh 2010


== Literatur ==
== Literatur ==
* Th. Jacobsen, in: ''Frühlicht des Geistes.'' Stuttgart 1954.
* Ruth Moering, Dorothea Rapp, Rosemarie Wermbter: ''Margarita Woloschin-Leben und Werk'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1982
* [[Wikipedia:Samuel Noah Kramer |S. N. Kramer]]: ''Sumerian Mythology''. Philadelphia 1944.
* [[Wikipedia:Samuel Noah Kramer |S. N. Kramer]]: ''From the Tablets of Sumer''. Indian Hills 1956.
* Nicole Leurpendeur: ''Das Gilgamesch-Epos.'' aja-verlag, Abensberg 2005. ISBN 3-938621-00-1.
* [[Wikipedia:Stefan M. Maul|Stefan M. Maul]] (Übers): ''Das Gilgamesch-Epos.''. (neu übers. u. komm.) Beck, München 2005. ISBN 3-406-52870-8
* Werner Papke: ''Die Geheime Botschaft des Gilgamesch. 4000 Jahre alte astronomische Aufzeichnungen entschlüsselt'', Weltbild Verlag (copyright ''Lübbe Verlag'', Originaltitel: ''Die Sterne von Babylon''), Augsburg 1996. ISBN 3-89350-551-2
* Hermann Ranke (Übers.): ''Das Gilgamesch Epos - Der älteste überlieferte Mythos der Geschichte'', Marix Verlag, Wiesbaden 2006. ISBN 3-86539-080-3
* Raoul Schrott (Übers.): ''Gilgamesch Epos''. 2001. ISBN 3-89584-505-1
* [[Wikipedia:Wolfram von Soden|Wolfram von Soden]] (Übers.), Hajo Edelhausen (Ill.): ''Gilgamesch oder die Mauern von Uruk - Bilder zur Menschwerdung''. Vorwort von Rolf Wedewer und Karl Hecker. Edition Orient, 1995.  ISBN 3922825605
* Wolfram von Soden (Hrsg.): ''Das Gilgamesch-Epos.'' Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Albert Schott. Reclam, Stuttgart 1982.  ISBN 3-15-007235-2
*Rudolf Steiner: ''Okkulte Geschichte'', [[GA 126]] (1992), ISBN 3-7274-1261-5 {{Vorträge|126}}


{{GA}}
== Weblinks ==
* [http://www.zeit.de/1955/11/nachdenklicher-rueckblick ''Nachdenklicher Rückblick - Margarita Woloschins Erinnerungen''], ''DIE ZEIT'', 17. März 1955
* [http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=794 Biographie] der Stiftung Kulturimpuls
* Evelies Schmidt: [http://www.a-tempo.de/amschreibtisch/am_schreibtisch_11_2009.pdf ''Margarita Woloschin - Portätkunst – Gemalt und Geschrieben''] In: ''a tempo'', Stuttgart 11/2009 (pdf.)
* [http://www.fink-verlag.de/shop/fink/cdrom/html/woloschina_margaritasebaschnikowa.htm Beitrag des Fink-Verlages]


== Weblinks ==
== Einzelnachweise ==
* [http://gilgamesh.psnc.pl/ Multimediales Epos, englisch]
<references />
* [http://www.pinselpark.de/geschichte/einzel/a05_3000_orient/gilga/gilgamesch.html Gilgamesch-Epos ausführlich und kompakt]


[[Kategorie:Mesopotamische Mythologie]]
{{SORTIERUNG:Woloschin, Margarita}}
[[Kategorie:Literarisches Werk]]  
[[Kategorie:Anthroposoph]]
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[[Kategorie:Maler]]
[[Kategorie:Gilgamesch-Epos|!]]  
[[Kategorie:Schriftsteller]]
[[Kategorie:Versepos]]
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[[Kategorie:Geboren 1882]]
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Version vom 20. Juli 2018, 15:03 Uhr

Margarita Wassiljewna Woloschin-Sabaschnikow (russisch Маргарита Васильевна Сабашникова/Margarita Wassiljewna Sabaschnikowa; * 31. Januar 1882 in Moskau; † 2. November 1973 in Stuttgart) war eine russische Malerin und Schriftstellerin. Sie machte sich in frühen Jahren hauptsächlich als Porträt-Malerin russischer Geistesgrößen einen Namen, während in der zweiten Lebenhälfte vor allem religiöse Motive entstanden. Als Schriftstellerin wurde sie mit ihrer Autobiographie Die grüne Schlange bekannt.

Margarita Woloschin um 1950

Leben

Kindheit und Jugend

Margarita Woloschin-Sabaschnikow wurde am 31. Januar 1882 als Tochter der Moskauer Kaufmannsfamilie Sabaschnikow geboren, die dem gebildeten fortschrittlichen Bürgertum angehörte. Ihre Kindheit verbrachte sie zum Teil im Elternhaus ihrer Familie, zum Teil bei ihrer Großmutter und teils auf einem elterlichen Gut.[1] Ihr Vater war allerdings als Kaufmann nicht sehr erfolgreich, weshalb das Haus der Familie verkauft werden musste. Daraufhin ging sie im Alter von zehn Jahren mit ihrer Mutter, ihren Geschwistern und mit zwei Hauslehrerinnen ins Ausland, wo sie durch ihre verschiedenen Aufenthalte in Paris, Lausanne, Belgien, Italien eine umfassende Bildung erfuhr. Ihr Interesse für Kunst und Kultur wurde frühzeitig geweckt. Nach drei Jahren zurück in Russland, erhielt sie Unterricht in Musik und Literatur und bald darauf ihren ersten professionellen Unterricht bei dem Maler Abram Archipow.

Nach dem Abitur ging Margarita Sabaschnikow nach St. Petersburg, um im Atelier des Malers Ilja Repin zu arbeiten. Seine naturalistische Malerei hinterfragte sie: „Hat es denn einen Sinn zu wiederholen, was schon da ist? Es muss eine ganz andere Kunst entstehen, die eine nie dagewesene Welt offenbart.[2]“ Mit ihren Fragen wandte sie sich an den damals schon alten Leo Tolstoi (seine Frau und ihre Mutter waren befreundet), von dem sie sich Rat erhoffte. Er empfahl ihr, die Kunst als Freizeitgestaltung zu betreiben und ansonsten das Leben einer Bäuerin zu führen. Trotz dieser für sie erschütternden Äußerung ließ sich Sabaschnikow von ihrem eingeschlagenen Weg nicht abbringen. Die einmal aufgeworfenen Fragen der Probleme der Kunst, der sozialen Ordnung und der Stellung der Malerei beschäftigten sie weiter und führten sie letztlich zu tiefen Fragen über den Sinn des Lebens überhaupt.[3]

Frühe Erwachsenenzeit

M. Woloschin in jungen Jahren, Selbstporträt

Margarita Sabaschnikow beschäftigte sich mit der Analogie des Farbspektrums und der Tonskala, mit Goethes Farbenlehre und immer wieder mit der Frage des Sinns der Kultur und des Lebens, das für sie in diesen Jahren ohne Grund und Richtung verlief.[4] Ihre ernsthafte Auseinandersetzung mit den Themen des Daseins und des Materialismus führte sie zu Darwin und Haeckel und von da zu Du Bois-Reymonds Grenzen der Naturerkenntnis. Antworten auf ihre Fragen konnte sie nicht finden. Einzig im Objektiv-Absoluten der Mathematik fand Sabaschnikow Halt.[5]

Der Maler Mussatow ermutigte sie, zwei ihrer Porträtbilder zu der Ausstellung Moskauer Maler einzureichen. Sie hatte damit ihren ersten durchschlagenden Erfolg. Eine Teilnahme an der Ausstellung Welt der Kunst in St. Petersburg und in Paris folgten. Bei einer Abendgesellschaft im Hause des Kunstsammlers Sergei Schtschukin lernte sie den Dichter und Maler Maximilian Woloschin kennen. Sie gelangte in die Kreise der russischen Symbolisten um Andrei Bely, Waleri Brjussow, Konstantin Balmont und andere. 1903 reiste sie erneut nach Paris. Dort hatte sie Gelegenheit im Atelier eines befreundeten Malers zu arbeiten. Maximilian Woloschin, ebenfalls in Paris, führte sie in die Pariser Künstlerkreise ein, wo sie Odilon Redon kennenlernte.[6]

Während ihres erneuten Auslandsaufenthalts in Westeuropa 1904/05 brach in Russland die Revolution aus, wodurch Margarita Sabaschnikow vorübergehend an ihrer Rückkehr gehindert wurde. In dieser Zeit lernte sie Rudolf Steiner und seine Weltanschauung kennen. Hier fand sie Antworten auf ihre Lebensfragen, reiste zu vielen seiner Vorträge in verschiedenen europäischen Städten und lernte ihn schließlich persönlich kennen.[7]

1906 heiratete sie Maximilian Woloschin. Nach einem kurzen Aufenthalt in Koktebel, an der Nordküste der Krim, beabsichtigten sie nach München überzusiedeln. Die Begegnung mit dem Dichter Wjatscheslaw Iwanow in St. Petersburg, der für sie seit Jahren eine Welt bedeutete, in der sie ihre geistige Heimat fand[8], machte dieses Vorhaben zunichte. „In der Weltanschauung von Wjatscheslaw Iwanow vereinigt sich das griechische Erleben der Geistigkeit in der Natur mit dem Christentum. In dieser Beziehung stand er für mich höher als Nietzsche, dessen Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik eine entscheidende Wirkung auf mich ausgeübt hatte.[…] dass ich ihn bald kennenlernen sollte, bedeutete für mich eine atemberaubende Aussicht[9]

Ihre wachsende Berühmtheit und die vielen Kontakte ihres Mannes ermöglichten schnell die Aufnahme in die St. Petersburger Künstlerkreise. Sie trafen unter anderen auf den Dichter Alexei Remisow, den Maler Konstantin Somow, den sie bereits aus Paris kannten, den Philosophen Nikolai Berdjajew und den Schriftsteller Alexander Blok. Von einer Kunstzeitschrift wurden Portraits von Alexei Remisow und Michail Kusmin bestellt, die Woloschin in Kohle zeichnete. Ihre literarischen Versuche förderte Iwanow nachhaltig und ermutigte sie, diese öffentlich vorzutragen. Durch diese Zusammenarbeit entwickelte sich ein ambivalentes Liebesverhältnis, das zwangsläufig zu einem Störfaktor ihrer Ehe wurde. Bei einem Berlinaufenthalt 1908 entschied sie sich vorerst in Deutschland zu bleiben, um über ihr Privatleben Klarheit zu bekommen.[10]

In der folgenden Zeit reiste Margarita Woloschin durch Europa, um die Vorträge Rudolf Steiners zu hören, die er in verschiedenen Städten hielt. Um Wjatscheslaw Iwanow nahe zu sein, kehrte sie schließlich zurück nach St. Petersburg. Zu ihrer Enttäuschung heiratete er aber seine Stieftochter Wera. Woloschin zog sich darauf von allen gesellschaftlichen Begegnungen zurück, lebte ganz für sich in ihrem Atelier, hatte kaum Kontakte zur Außenwelt. Sie begann eine Lehre bei dem berühmten Ikonenmaler Tjulin[11] und begegnete dem Komponisten Nikolai Medtner, von dem sie ein Porträt malte. Ihre literarischen Aktivitäten erweiterte sie durch die Übersetzung von Meister Eckharts Werken ins Russische. An eine Veröffentlichung dachte sie zuerst nicht, nahm aber das Angebot des Verlages Musaget zur Publikation an. Eine kleine Erbschaft verlieh ihr größere Unabhängigkeit, was ihre Reisefreudigkeit wieder aufleben ließ. Sie mietete in Paris ein Atelier, wollte den Winter in Rom verbringen, blieb dann aber in München. Ein anderes Mal unterbrach sie die Rückreise von Prag nach Paris und blieb in Stuttgart, um ein bestimmtes Buch über die Mystiker zu lesen, das sie für das Vorwort zu ihrer Eckhart-Übersetzung benötigte. „Mein unruhiger Lebenswandel war aber nur ein Abbild meines inneren Zustandes. Ich war schon achtundzwanzig Jahre alt, war als Dichterin und als Malerin anerkannt und wußte meinen Weg doch noch nicht.[12]

Mittleres Lebensalter

1911 wählte Margarita Woloschin München als ihren Wohnsitz, weil sie dem Umfeld Rudolf Steiners nahe sein wollte. In diesen Kreisen traf sie auf den Grafen Otto von Lerchenfeld, Christian Morgenstern, Albert Steffen und andere. Die Arbeit an ihrem Triptychon Drei Opfer unterbrach sie im März 1911 wegen einer schweren Erkrankung ihrer Mutter, um nach Moskau zu fahren. Sie blieb aber nur wenige Tage dort. Steiners Vortragsreihe in Helsingfors wollte sie nicht vermissen. In München sollte für die Mysteriendramen Steiners und die sonstigen kulturellen Veranstaltungen der anthroposophischen Bewegung ein adäquates Gebäude errichtet werden. Woloschin wurde angeboten darin ihr Atelier einzurichten. Sie lehnte aber ab. Insgesamt wurden die Pläne für den Bau nicht genehmigt. Das Vorhaben sollte bald darauf in der Schweiz begonnen werden.[13]

Als 1914 in Dornach der Bau des ersten Goetheanum begann, war Margarita Woloschin zunächst mit vielen anderen Künstlern aus unterschiedlichen Ländern als Schnitzerin tätig. Ihnen oblag es, die Kapitelle der vielen Säulen, die die Doppelkuppel des ganz aus Holz bestehenden Baues trugen, zu schnitzen. Später war sie an den Deckenmalereien der kleinen Kuppel beteiligt. „Das Leben in Dornach gestaltete sich so, daß man immer in gemeinsamer Arbeit eingespannt war. Der Tag verlief mit Schnitzen, Malen, Üben und Proben für die Eurythmie und einzelne Szenen der Faust-Aufführung.[14]…“

Im Sommer brach der Erste Weltkrieg aus. Geldtransfers aus Russland wurden immer spärlicher, was ihren Mann Maximilian veranlasste, als Journalist nach Paris zu gehen. Es sollte ihr letzter Abschied sein.[15] Nach Beendigung ihrer Arbeit an der Kuppel fuhr Woloschin 1917 zurück nach Russland und geriet in das Chaos der Revolution. Zusammen mit Bely und Iwanow unterrichtete sie Arbeiter und Bauern in Kunst und Literatur. Sie wurde Mitarbeiterin im Volkskommissariat für Theaterwesen und Bildung. Sie konnte aber nicht produktiv arbeiten, weil den ständig wechselnden Behörden die Zuständigkeiten fehlten und es an Wichtigem für das tägliche Leben mangelte. Nach einer schweren Typhuserkrankung 1920 gab sie Malunterricht an einer gerade gegründeten Schule für hochbegabte Waisenkinder. Auch diese Initiative misslang wegen mangelnder bürokratischer Erfahrungen einer im Entstehen begriffenen neuen Verwaltung.[16]

In St. Petersburg wurde ihr im Kommissariat des Äußeren eine Stelle in der Bibliothek für ausländische Literatur angeboten, die bald darauf wegen der gleichen behördlichen Unzulänglichkeiten gekündigt wurde. Zurück in Moskau konnte Woloschin für einen Verleger eine Serie von Portraitzeichnungen bekannter Persönlichkeiten, unter anderem auch von Michael Tschechow fertigen.[17] Später traf sie ihn öfter in Stuttgart, Berlin und am Ammersee.

Im August 1922 erhielt sie die lange beantragte Genehmigung zur Ausreise in die Niederlande, von wo sie nach Dornach weiterreiste. Kurz vor ihrer Abreise erreichte sie die Mitteilung vom brennenden Goetheanum. Wegen politischer Komplikationen zwischen der Schweiz und Russland musste sie nach einem halben Jahr die Schweiz wieder verlassen. Durch eine Einladung der Familie Lory Maier-Smits konnte sie nach Deutschland einreisen und übersiedelte 1924 nach Einsingen bei Ulm. Ihr Lungenleiden flammte wieder auf, worauf ihre Gastfamilie ihr den Aufenthalt in einer Stuttgarter Klinik ermöglichte. Stuttgart sollte von da an ihr neues Zuhause werden.

Zweite Lebenshälfte

Woloschins Autobiographie Die grüne Schlange reicht bis zu ihrer Übersiedlung nach Stuttgart. Eine Fortsetzung schien zunächst nicht geplant. Notizen und Aufzeichnungen aus ihrem Nachlass lassen allerdings darauf schließen, dass sie mit fortgeschrittenem Alter doch zu einem zweiten Band neigte. Dass es dennoch nicht dazu gekommen ist, wird ihren reduzierten Kräften zugeschrieben, die sie nur noch für die Malerei, ihrer eigentlichen Aufgabe, verwenden wollte.[18]

Aufgewachsen mit den russisch-orthodoxen Riten und der schon als Kind erlebten Nähe zur Religion in Elternhaus und Erziehung spiegelten sich diese Erlebnisse nun in einer neuen Schaffensphase wieder. Mit großer Bestimmtheit widmete sie sich christlichen Themen. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre entstanden eine Reihe Bilder mit biblischen Motiven. Sie lernte die 1922 gegründete Christengemeinschaft kennen und malte Altarbilder für die neu entstehenden Gemeinden.[19]

Während eines Aufenthaltes in Freiburg ergab sich unvorhergesehen die Möglichkeit, einen Ausflug nach Dornach zu machen. Hier konnte sie viele lange nicht gesehene Freunde wiedertreffen. In den darauffolgenden Jahren hatte sie immer wieder Gelegenheit, nach Dornach zu fahren und in den 1930er Jahren stand für sie sogar ein eigenes Atelier in der Nähe des Goetheanum zur Verfügung. In Stuttgart gab sie Malkurse, darunter auch einen für Lehrer an der neu gegründeten Waldorfschule. Aus dieser Tätigkeit entstand die Idee, eine Malschule mit ordentlichem Curriculum zu gründen. Räumlichkeiten wurden angeboten, Lehrer für den Unterricht standen zur Verfügung. Nach langem Ringen entschied sich Woloschin aber für ihren künstlerischen Weg.[20]

Wenige Jahre danach sind einige ihrer Bilder als entartet vernichtet worden. Die politische Lage wurde immer bedrückender und die Machtübernahme der Nationalsozialisten empfand sie als Beginn eines „dunklen Zeitalters“. Die Berichte aus Russland waren nicht weniger düster. Ihre Freunde in St. Petersburg und Moskau waren entweder tot oder verhaftet und in Lagern interniert. 1932 erhielt sie Nachricht vom Tod ihres Gatten Maximilian Woloschin, der inzwischen mit Maria Stepanowna Sabolozkaja verheiratet gewesen war[21] und den sie seit 1914 nicht mehr gesehen hatte. Ein Jahr später starb ihre Mutter.[22]

Margarita Woloschin war auch in ihren späteren Jahren nicht von sesshafter Natur. Immer noch reiste sie ihren Möglichkeiten entsprechend gerne und viel. Sie tat es, um Kurse zu geben, Vorträge zu halten oder um an Tagungen teilzunehmen. In ihrem 56. Lebensjahr unternahm sie eine Reise zu den Stätten ihrer Kindheit und Jugend und fuhr über Rom nach Sizilien. Es war ihre letzte große Unternehmung.

Ende der dreißiger Jahre wurde Woloschin von den Behörden vor die Wahl gestellt, nach Russland zurückzukehren oder in ein Internierungslager gebracht zu werden. Freunde erwirkten für sie im letzten Augenblick eine Legalisierung ihres weiteren Aufenthaltes unter der Bedingung der regelmäßigen Meldepflicht bei der Gestapo. Zu Beginn der Luftangriffe auf Stuttgart kam sie mit anderen in einem Dorf im nördlichen Schwarzwald unter, wo sie mit der Arbeit an ihrer Autobiografie begann. Gegen Ende des Krieges musste sie wegen ihres russischen Passes erneut eine Verhaftung befürchten. Freunde nahmen sie auf und gewährten ihr Unterschlupf. Den Winter 1945/46 verbrachte die Malerin bereits wieder in Stuttgart.[23]

In den Nachkriegsjahren gab Margarita Woloschin Kurse am anthroposophischen Lehrerseminar, hielt Vorträge an der Eurythmieschule, wirkte bei Berufsorientierungskursen mit und erzählte den Kindern in der Schule. Daneben bewältigte sie den täglichen Strom von Besuchern. Man suchte ihren Rat und ihre Anteilnahme, wollte von ihr Begebenheiten aus der Vergangenheit geschildert wissen und man bat sie an verschiedenen Gremien und Sitzungen beratend teilzunehmen.[24]

Zwei Jahre nach ihrem siebzigsten Geburtstag erschien ihre Autobiografie bei der Deutschen Verlagsanstalt. Ihre weiteren schriftstellerischen Aktivitäten flossen in biografischen Darstellungen über Michael Tschechow, Michail Lomonossow, Leo Tolstoi, Georg von Albrecht und vielen anderen ein. Dennoch war ihr eigentliches Betätigungsfeld die Malerei. Auch im höheren Alter malte sie täglich, sofern die vielen Verpflichtungen, Besucher und Krankheitsphasen es zuließen. „Ich fühle, daß mit dem allmählichen Schwund des Tastsinns aus beiden Händen, die mir immer so gute Diener waren, wie zwei helfende Wesen, die unmittelbar Anschluß an das Herz hatten und besser wußten als ich, was zu geschehen hat […] meine Laufbahn als Malerin zu Ende gehen.[25]“ Dieser Ausspruch der Künstlerin aus ihren späten 80er Jahren ist kennzeichnend für die beginnende Abnahme ihrer physischen Kräfte. Ein Nachlassen ihres Hör- und Sehvermögens kam hinzu. Der Umzug in ein Altersheim war unausweichlich geworden. Ihre Befürchtung „…jetzt wird mir meine Muse endgültig davonlaufen,[25]“ traf allerdings nicht ein. Auch hier dominierte eine Staffelei ihr Zimmer. Ihr letztes großes Werk, Orpheus, konnte sie nicht mehr vollenden.

Im November 1972 wurde in Baden-Baden die Ausstellung Russischer Realismus 1850–1900 eröffnet. Viele Bilder von Künstlern, die Woloschin aus ihrer frühen Zeit als junge Malerin kannte, begegneten ihr hier wieder. Margarita Wassiljewna Woloschin-Sabaschnikow starb ein Jahr später am 2. November 1973.[26]

Werk

Malerei

Margarita Woloschin war vor allem und besonders in der ersten Hälfte ihres Schaffens eine Portraitmalerin. Sie portraitierte, neben Menschen ihres Umkreises, sich selbst und viele Persönlichkeiten des kulturellen Lebens wie Leo Tolstoi, Michael Tschechow, Michael Bauer oder Rudolf Steiner. Sie fertigte viele Auftragsarbeiten und ihre Bilder wurden von zahlreichen Museen erworben. Vereinzelt sind sie heute noch in Moskau, Astrachan und Koktebel zu sehen. Die meisten ihrer Werke aus dieser Zeit sind allerdings durch die Wirren der Revolution und der Weltkriege verschollen.[27][21]

Ein Teil des malerischen Werks aus ihrer zweiten Lebenshälfte, vor allem religiöse Motive, Altarbilder, Märchendarstellungen, Landschaften und Portraits sind zu einem Teil erhalten. Sie befinden sich verstreut in Privatbesitz, in verschiedenen Kirchen der Christengemeinschaft und im Nachlass der Künstlerin.[28] Diese vielfach mit Pflanzenfarben gemalten Bilder wurden damals als neue religiöse Malerei angesehen, die Stilisierung in der Darstellung mit der strengen Welt der Ikonenmalerei verglichen.[19]

Ihre Tätigkeit verstand Woloschin immer als eine Auseinandersetzung mit dem dreidimensionalen Raum und der Farbe als vierter Dimension. Den Betrachter wollte sie nicht nur vor dem Bild stehend, sondern auch in ihm empfinden. Er sollte sowohl Betrachter als auch Teilhaber am schöpferischen Prozess sein.[29] Ihre unstete Rastlosigkeit, die sie im Laufe ihres Lebens an viele verschiedene Orte führte, schlug sich auch in ihrer Malerei nieder. „Sie besaß ein geniales kompositorisches Talent, das einen Maler des 19. Jahrhunderts berühmt gemacht hätte. Sie hat diese Chance nicht genützt. […] Das Aufsehen, das ihre ersten Bilder […] erregten, gab ihr alle Möglichkeiten auf der Straße des Ruhm fortzuschreiten. Doch […] eine Schicksalsunruhe trieb sie weiter. […] Woloschin […] fühlte auch manchmal einen leisen Vorwurf in ihrer Seele, eine Möglichkeit zu einem ganz neuen Kunstschaffen nicht ergriffen zu haben. Aber sie ließ sich nicht ablenken von einem Weg, den sie gehen wollte“[30]

Ihre Aufzeichnungen unterstreichen diesen Weg: „Stets aus der Stimmung malen; keinen Strich tun, ohne ihn aus dem Gesamten, Tief-Erlebten zu beschließen. Der gedankliche Inhalt – besser: das Erlebnis – muß Stimmung werden. Das Erleben des Gefühls in Farbe verwandeln, in die Bewegung der Farbe, die zum Rhythmus und endlich zur Form wird. Das Bild soll als etwas Unerwartetes auftreten. Aber die Idee […] muß immer als ein Wesenhaftes, ein Ganzes geahnt werden. Die Komposition soll nicht, im Voraus, mathematisch-architektonisch wie bei den alten Meistern festgelegt werden, sondern entstehen“[31]

Literatur

Ihre Lebenserinnerungen Die grüne Schlange sind in mehreren Auflagen erschienen. Sie stellen nicht nur eine persönliche Entwicklungsgeschichte dar, sondern schildern ausführlich das Panorama einer ganzen kulturellen Epoche Russlands zu Beginn des letzten Jahrhunderts.[27] Vor allem die Elite des russischen Geisteslebens um die Jahrhundertwende (Tolstoi, Iwanow, Solowjew, Schaljapin und andere) werden dem Leser nahe gebracht. Aber auch die Anthroposophie um Rudolf Steiner, in der Woloschin eine geistige Heimat fand, wird ausführlich charakterisiert und lässt den seltsam zwiespältigen Eindruck, den Steiner mit seiner Sehergabe und Genialität auf viele Zeitgenossen von damals machte deutlich werden.[32] Die grüne Schlange wurde in viele Sprachen übersetzt und ist seit 2009 in einer erweiterten Auflage erhältlich.

Neben ihren vielen Erzählungen und Gedichten war die Grüne Schlange der Höhepunkt ihres literarischen Schaffens. Den in den 1930er Jahren abgeschlossenen Roman Die Regenbrücke sah Woloschin als eine Art Vorläufer ihrer Erinnerungen. Er hatte stark autobiografische Züge und war nach Ansicht der Autorin nach Erscheinen ihrer Autobiografie überflüssig geworden.[33]

Rezeption

DIE ZEIT würdigt das literarische Wirken Margarita Woloschins:

Ilja Jefimowitsch Repin - Margarita Woloschins Lehrer (Selbstportrait, 1878)

„…[diese Lektüre, die] nicht nur literarischen Genuß, sondern auch einen bemerkenswerten Zuwachs an Weltkenntnis bedeutet. Ein solches Buch ist: Margarita Woloschin: Die grüne Schlange. Lebenserinnerungen. Was aber ihr Buch, vom prallen Inhalt abgesehen, so fesselnd macht, ist die geistige Regsamkeit, mit der diese in ihrer Art ungewöhnliche Frau die Geschehnisse und Gestalten ihres Lebenskreises gesehen und geschildert hat. Und es sind keine unerheblichen Gestalten, […] die ihren Weg gekreuzt haben. Vor allem die Elite des russischen Kulturlebens vor der und um die Jahrhundertwende: der Maler Ilja Repin (der Lehrer der Autorin), Leo Tolstoj, Iwanow, Solowjew, Berdjajew, Schaljapin, Stanislawsky, Diaghilew – Vertreter jener russischen Geistigkeit, deren Existenz und Bedeutung im bürgerlichen Deutschland allzu unzulänglich bekannt war und in deren Kreisen umgekehrt der gewisse provinzielle deutsche Akademikerstolz so gern verspottet wurde. Alle diese markanten Erscheinungen treten dem Leser auf eine frappierend unmittelbare Art nahe. Sehr erregend sind auch die Berichte über die Zustände in Rußland kurz nach der Revolution: wieviel prachtvolle menschliche Substanz da noch verschleudert, verwüstet und erstickt wurde. Margarita Woloschin ist damals aus der Schweiz in die Heimat gefahren mit einem der Züge, in denen Ludendorff Lenin und Genossen quer durch Deutschland nach Rußland brachte, um das Land endgültig in Zwietracht, Aufruhr und Elend zu stürzen.“[32]

Jeder Raum, in dem Woloschin lebte, nahm bald ihre unverwechselbaren Eigenheiten an. Mitteleuropäische Wohnideale und Bürgerlichkeit konnten in ihrer Nähe nicht gedeihen. Die Malerin lebte spartanisch. Ihre Existenz hing von den spärlich eingehenden Porträt-Aufträgen und gelegentlichen Malkursen ab. Darüber Kurt Wistighausen:

„Ihr Zimmer war gleichzeitig Atelier und meistens auch Küche. Mitten zwischen Malpapieren, Paletten, Bildern und Büchern, die in genialer Unordnung … umherlagen, wurde liebevoll der obligate Tee aufgebrüht und serviert. […] Die Gastgeberin scherzte selbst über ihr ‚Chaos‘ und erzählte, die erste Zeit im Westen sei ihr bei der Heimkehr der Mantel immer zu Boden gefallen, weil ja niemand mehr da war, der ihn ihr von den Schultern nahm und versorgte – so sehr war sie von ihrer Jugend und den wohlhabenden Verhältnissen im Elternhaus her gewohnt gewesen, daß sofort ein Diener herbeisprang. […] Jetzt in der Emigration, hatte die Künstlerin weder einen dienstbaren Geist, noch Geld. Jedoch: keinen Augenblick war es dies, was sie ernstlich beschäftigte.“[34]

Publikationen

  • Margarita Woloschin: Die grüne Schlange, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 1954, 1982, 2009
  • Margarita Woloschin: Green Snake, Floris Books, Edinburgh 2010

Literatur

  • Ruth Moering, Dorothea Rapp, Rosemarie Wermbter: Margarita Woloschin-Leben und Werk, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1982

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Margarita Woloschin: Die grüne Schlange. Stuttgart 1982, S. 11
  2. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S.101
  3. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S.106
  4. M. Woloschin, Die grüne Schlange. S. 111
  5. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 120
  6. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 142
  7. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 166
  8. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 171
  9. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 172
  10. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 199
  11. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 223
  12. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 230
  13. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 270
  14. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 294
  15. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 300
  16. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 338
  17. M. Woloschin: Die grüne Schlange. S. 361/362
  18. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 29
  19. 19,0 19,1 Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 36
  20. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 40
  21. 21,0 21,1 Biographie der Stiftung Kulturimpuls
  22. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 41
  23. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 45
  24. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 46
  25. 25,0 25,1 Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 52
  26. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 54
  27. 27,0 27,1 Evelies Schmidt: Margarita Woloschin - Portätkunst – Gemalt und Geschrieben In: a tempo, Stuttgart 11/2009 (pdf.)
  28. Wermbter/Möhring/Rapp: Margarita Woloschin-Leben und Werk. Werkverzeichnis, S. 172
  29. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 159
  30. Dorothea Rapp in: Wermbter/Möhring/Rapp Margarita Woloschin-Leben und Werk. S. 164
  31. Aus Aufzeichnungen Margarita Woloschins, in: Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk. S. 56
  32. 32,0 32,1 Nachdenklicher Rückblick - Margarita Woloschins Erinnerungen Die Zeit, 17. März 1955
  33. Wermbter/Möhring/Rapp, Margarita Woloschin-Leben und Werk, S. 49
  34. Kurt v. Wistinghausen, Margarita Sabaschnikow-Woloschin †. In: Die Christengemeinschaft 12/1973


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