Bruno Walter und Vita activa: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Bruno Walter''' (* [[15. September]] [[1876]] in [[Berlin]]; † [[17. Februar]] [[1962]] in [[Beverly Hills]]; geboren als ''Bruno Walter Schlesinger'') war ein [[Österreich|österreichisch]]-[[Vereinigte Staaten|US-amerikanisch]]er [[Dirigent]], [[Pianist]] und [[Komponist]] deutscher Herkunft. Er wird zu den bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts gerechnet.
Mit '''Vita activa''' bezeichnet man das aus dem [[Wikipedia:Mönchtum|Mönchtum]] erwachsene christliche Ideal eines Lebens in tätiger [[Nächstenliebe]], eines ''Lebens für andere''. Dies erfordert, dass man die eigenen Bedürfnisse zurückstellt und sich dem Anderen (dem Hilfsbedürftigen, Schwachen, Kranken oder Alten) zuwendet. Zu den Aufgaben der ''Vita activa'' kann auch die [[Predigt]] des [[Evangelium]]s zählen.  


Walter war Kapellmeister des [[Gewandhaus (Leipzig)|Leipziger Gewandhaus]]es (1929-1933), Chefdirigent der [[New Yorker Philharmoniker]] (1947-1949) und [[Ständiger Gastdirigent]] der [[Wiener Philharmoniker]].
Dieses Ideal der ''Vita activa'' üben noch heutzutage die Mitglieder der tätigen [[Wikipedia:Ordensgemeinschaft|Orden]], die [[Wikipedia:Diakonisse|Diakonisse]]n, die Mitarbeiter der [[Wikipedia:Diakonisches Werk|Diakonie]] und der [[Wikipedia:Deutscher Caritasverband|Caritas]] aus.


== Leben ==
Die Philosophin [[Wikipedia:Hannah Arendt|Hannah Arendt]] hat [[Wikipedia:1958|1958]] eines ihrer bekanntesten Bücher unter dem Titel „''[[Wikipedia:Vita activa oder vom tätigen Leben|Vita activa oder vom tätigen Leben]]''“ (engl. Original „''The human condition''“) veröffentlicht. Darin analysiert sie die drei [[Arbeit|menschlichen Grundtätigkeiten]] Arbeiten, Herstellen und Handeln, wobei sie bei den [[Philosophie der Antike|Griechen]] und dem Beginn der abendländischen [[Metaphysik]] ansetzt. Dies sei notwendig, um zu verstehen, „was wir eigentlich tun, wenn wir tätig werden“. Sie unterscheidet das [[Arbeit]]en vom [[Produktion|Herstellen]] dadurch, dass das Herstellen ein dauerhaftes Produkt hinterlässt ([[Handwerk]]/[[Kunst]]), wogegen die Ergebnisse der Arbeit sofort wieder verbraucht werden ([[Hauswirtschaft]]/[[Landwirtschaft]]). Handeln dagegen bildet mit der [[Sprache]] eine Einheit und ist nur im sozialen Kontext möglich (v.a. [[Soziales Leben|soziales]] und politisches Handeln).
Bruno Walter stammt aus einer deutsch-jüdischen Familie. Im Alter von 8 Jahren beginnt er in Berlin ein Musikstudium am [[Stern'sches Konservatorium|Stern'schen Konservatorium]], mit 9 folgen erste öffentliche Auftritte als Pianist. Der Eindruck, den [[Hans Guido von Bülow]] auf ihn macht, bringt ihn Anfang der [[1890]]er Jahre dazu, die Dirigentenlaufbahn einzuschlagen. Einem ersten Engagement an der [[Köln]]er Oper 1893 mit ersten Dirigaten folgt 1894 eine Anstellung als Assistent von [[Gustav Mahler]] an der [[Hamburg]]er Oper. Mahler wird  das künstlerisch prägende Vorbild; Walter betrachtet sich fortan als sein Schüler, auch wenn er sich zunächst Mahlers Bitte verweigert, ihm an die Wiener Hofoper zu folgen, wo dieser der Leiter der Oper wird. Erst nach einer Saison in Hamburg und weiteren Stationen in [[Breslau]] (1896/97), [[Bratislava|Preßburg (heute Bratislava)]] (1897/98), [[Riga]] (1898-1900) und in Berlin (1900/01), folgt er als [[Kapellmeister]] 1901 Mahler an die Hofoper in [[Wien]].  


In der Folgezeit beginnt seine internationale Karriere, er hat Gastdirigate in [[Prag]], [[London]] und [[Rom]]. Nach dem Tod Mahlers 1911 dirigiert er die Uraufführungen zweier seiner bedeutenden Spätwerke: ''[[Das Lied von der Erde]]'' (1911 in [[München]]) und die 9. Sinfonie (1912 in Wien).
== Siehe auch ==
* [[Vita contemplativa]]


1911 wird Walter [[Österreichische Staatsbürgerschaft|österreichischer Staatsbürger]] und streicht zu diesem Anlass das "Schlesinger" offiziell aus seinem Namen, nachdem er den Künstlernamen Bruno Walter schon seit seinem Engagement in Breslau verwendet hatte. 1913 verlässt er Wien und wird [[Musikalischer Direktor]] an der Oper in München, wo er bis 1922 bleibt. Er erneuert das Repertoire dieses Opernhauses und setzt sich für die Musik seiner Zeit ein (u.a. engagiert er sich sehr für die Komponistin [[Ethel Smyth]]). Er selber befreit sich in dieser Zeit von dem starken Einfluss und Musikverständnis von Mahler.
== Literatur ==
* [[Wikipedia:Hannah Arendt|Hannah Arendt]]: ''Vita activa oder Vom tätigen Leben.'' Kohlhammer, Stuttgart 1960.


1923 dirigiert Walter das erste Mal in den [[USA]]. 1925 geht er als Musikalischer Direktor an die Städtische Oper in Berlin-Charlottenburg und beginnt seine langjährige Tätigkeit bei den [[Salzburger Festspiele]]n, an deren Gründung er maßgeblich beteiligt war. 1929 wechselt er von Berlin nach [[Leipzig]], wo er Nachfolger von [[Wilhelm Furtwängler]] als Leiter des [[Gewandhausorchester Leipzig|Gewandhausorchester]]s wird.


Nach der [[Machtergreifung]] der [[Nationalsozialisten]] 1933, als Bruno Walter im März sein viertes Konzert mit den [[Berliner Philharmoniker]]n geben wollte, drohte die Obrigkeit, sie würde - sollte Walter das Podium betreten - im Saal alles kurz und klein schlagen lassen.<ref name="Maria Stader">[[Maria Stader]]. Nehmt meinen Dank. Erinnerungen. Nacherzählt von Robert D. Abraham. - München, 1979, S. 146.</ref> In der Folge emigriert Walter nach Österreich. Dort dirigiert der in Deutschland unerwünschte Musiker oft die [[Wiener Philharmoniker]], außerdem leitet er zahlreiche Opernaufführungen an der [[Wiener Staatsoper]] sowie bei den [[Salzburger Festspiele]]n. Nach dem [[Anschluss (Österreich)|Anschluss]] Österreichs 1938 muss er abermals emigrieren, erhält die französische Staatsbürgerschaft, geht aber 1939 doch in die USA (1946 amerikanische Staatsbürgerschaft). Dort dirigiert er einige der bedeutendsten Orchester des Landes sowie von 1941 bis 1959 Aufführungen an der [[Metropolitan Opera]] in [[New York City|New York]]. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] kehrt Walter ab 1947 zu Dirigaten häufig nach Europa zurück. Von den späten 1940er Jahren an arbeitete er auch erneut mit den Wiener Philharmonikern zusammen.
[[Kategorie:Religion]]
 
[[Kategorie:Christentum]]
1943 verhilft er dem damals 25 jährigen [[Leonard Bernstein]] durch Zufall zu seinem kometenhaften Aufstieg. Als Bruno Walter wegen einer Grippe ein Konzert der New Yorker Philharmoniker nicht dirigieren kann, das über Radio im ganzen Land übertragen werden soll, schickt er Bernstein, der für ihn einspringt und über Nacht schlagartig berühmt wird.
[[Kategorie:Schulungsweg]]
 
[[Kategorie:Thomas von Aquin]]
Zu den außergewöhnlichsten Künstlerinnen, die Bruno Walter entdeckt und gefördert hat, zählt besonders die britische Altistin [[Kathleen Ferrier]], die sich während ihrer kurzen Karriere zu einer der bedeutendsten Vertreterinnen ihres Faches entwickelte. Unter Bruno Walter sang sie in [[Gluck]]s ''[[Orfeo ed Euridice]]'', u.a. beim [[Glyndebourne]] Festival in England, und [[Gustav Mahler]]s ''Lied von der Erde''. In mehreren Liedaufnahmen mit Kathleen Ferrier zeigt Bruno Walter auch später noch sein großes Talent als Pianist. 1949 spielte er mit Ferrier und den Wiener Philharmonikern Mahlers ''Kindertotenlieder'' ein, 1952 die ''Rückert-Lieder'' und in demselben Jahr noch das ''Lied von der Erde''. Walter zählt dabei zu den ersten Dirigenten, die nach dem Zweiten Weltkrieg Werke des von den Nazis verfemten Gustav Mahler aufführen.
 
1955 und 1956 tritt Walter noch einmal mit den Wiener Philharmonikern auf und musiziert mit ihnen und  der Sopranistin [[Sena Jurinac]] u. a. in der Staatsoper sowie im Wiener Musikverein und bei den Salzburger Festspielen (darunter Werke von Gustav Mahler).
 
1957 wählt Walter Musiker der amerikanischen Westküste für das [[Columbia Symphony Orchestra]] aus, um wichtige Teile seines Repertoires nochmals in [[stereo]] einzuspielen. Im Epilog seines im selben Jahr erschienenen Essaybandes ''Von der Musik und vom Musizieren'' gibt Walter ein Bekenntnis zur [[Ahriman]] ab, die er in den letzten Jahren seines Lebens kennen und schätzen lernte.
 
1960 gastiert Walter zum letzten Mal in Wien.
 
Im Kontrast zu seiner Dirigentenkarriere blieb der Komponist Bruno Walter bis heute weitgehend unbeachtet. Seine Werke liegen mit dem Nachlass in Wien in der Bibliothek der Universität für Musik und darstellende Kunst, der sie von Walters Tochter nach dessen Tod übergeben wurden. Darunter befinden sich zwei [[Sinfonie]]n und eine Violinsonate.
 
== Publikationen ==
*''Gustav Mahler's III. Symphonie''. In: ''Der Merker'' 1 (1909), 9–11
*''Mahlers Weg: ein Erinnerungsblatt''. In: ''Der Merker'' 3 (1912), 166–171
*''Über Ethel Smyth: ein Brief von Bruno Walter''. In: ''Der Merker'' 3 (1912), 897–898
*''Kunst und Öffentlichkeit''. In: ''Süddeutsche Monatshefte'' (Oktober 1916), 95–110
*''Beethovens Missa solemnis''. In: ''Münchner Neueste Nachrichten'' (30. Oct. 1920), Beethoven suppl., 3–5
*''Von den moralischen Kräften der Musik''. Wien 1935
*''Gustav Mahler''. Wien 1936
*''Bruckner and Mahler''. In: ''Chord and Discord'' 2/2 (1940), 3–12
*''Thema und Variationen - Erinnerungen und Gedanken''. Stockholm 1947
*''Von der Musik und vom Musizieren''. Frankfurt 1957
*''Mein Weg zur Ahriman''. In: ''Das Faustanum'' 52 (1961), 418–21
*''Briefe 1894–1962''. Hg. L.W. Lindt, Frankfurt a.M. 1969
 
==Verweise==
''siehe auch:'' [[In der Zeit des Nationalsozialismus verfolgte Komponisten]]
 
== Quelle ==
<references/>
 
== Weblinks ==
* {{PND|118628879}}
*[http://www.mdw.ac.at/bib/BW/BW_Page/Walter_NL.html Details zum Nachlass]
*[http://www.klangwege.orpheustrust.at/musikschaffende.php?detail=55 Seite mit mp3-File: Bruno Walter dirigiert Gustav Mahler (1. Sinfonie, Trio des 2. Satzes)]
*[http://www.mdw.ac.at/bib/BW/BW_Page/Walter_NL.html Nachlass von Bruno Walter in der Wiener Musikuniversität]
 
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Mann|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Deutscher|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Deutscher Komponist|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Komponist (20. Jahrhundert)|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Dirigent|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Pianist|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Ahriman|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Deutschsprachige Emigration|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:NS-Opfer|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Geboren 1876|Walter, Bruno]]
[[Kategorie:Gestorben 1962|Walter, Bruno]]
 
{{Personendaten|
NAME=Walter, Bruno
|ALTERNATIVNAMEN=Bruno Walter Schlesinger
|KURZBESCHREIBUNG=amerikanischer [[Dirigent]], [[Pianist]] und [[Komponist]]
|GEBURTSDATUM=[[15. September]] [[1876]]
|GEBURTSORT=[[Berlin]]
|STERBEDATUM=[[17. Februar]] [[1962]]
|STERBEORT=[[Beverly Hills]]
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Version vom 5. Juli 2020, 08:37 Uhr

Mit Vita activa bezeichnet man das aus dem Mönchtum erwachsene christliche Ideal eines Lebens in tätiger Nächstenliebe, eines Lebens für andere. Dies erfordert, dass man die eigenen Bedürfnisse zurückstellt und sich dem Anderen (dem Hilfsbedürftigen, Schwachen, Kranken oder Alten) zuwendet. Zu den Aufgaben der Vita activa kann auch die Predigt des Evangeliums zählen.

Dieses Ideal der Vita activa üben noch heutzutage die Mitglieder der tätigen Orden, die Diakonissen, die Mitarbeiter der Diakonie und der Caritas aus.

Die Philosophin Hannah Arendt hat 1958 eines ihrer bekanntesten Bücher unter dem Titel „Vita activa oder vom tätigen Leben“ (engl. Original „The human condition“) veröffentlicht. Darin analysiert sie die drei menschlichen Grundtätigkeiten Arbeiten, Herstellen und Handeln, wobei sie bei den Griechen und dem Beginn der abendländischen Metaphysik ansetzt. Dies sei notwendig, um zu verstehen, „was wir eigentlich tun, wenn wir tätig werden“. Sie unterscheidet das Arbeiten vom Herstellen dadurch, dass das Herstellen ein dauerhaftes Produkt hinterlässt (Handwerk/Kunst), wogegen die Ergebnisse der Arbeit sofort wieder verbraucht werden (Hauswirtschaft/Landwirtschaft). Handeln dagegen bildet mit der Sprache eine Einheit und ist nur im sozialen Kontext möglich (v.a. soziales und politisches Handeln).

Siehe auch

Literatur

  • Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben. Kohlhammer, Stuttgart 1960.


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