Höheres Selbst: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 22. April 2020, 22:39 Uhr

Das höhere Selbst oder höhere Ich im engeren Sinn ist das Geistselbst (Manas) des Menschen, sein unterstes geistiges Wesensglied, das durch die bewusste Reinigung (Katharsis) und Vergeistigung des Astralleibs entsteht. Im weiteren Sinn sind unter dem höheren Selbst alle drei geistigen Wesensglieder zu verstehen, also Manas, Buddhi und Atman, die zusammenfassend auch durch das sog. Goldene Dreieck symbolisiert werden. Das höhere Ich wirkt im bzw. durch das Ich, d.h. auf vollkommen individuelle Weise.

Während der Erdentwicklung wird vornehmlich das menschliche Ich ausgebildet. Die höheren geistigen Wesensglieder sind, von hohen Eingeweihten abgesehen, erst ansatzweise entwickelt. Wir haben sie uns noch nicht zueigen gemacht. Sie leben noch im Schoß der geistigen Welt und werden hier stellvertretend von höheren geistigen Wesenheiten getragen. Diese wirken auch während des Schlafes, wenn das Ich und der Astralleib aus dem im Bett liegenden belebten Körper herausgehoben sind, in unseren physischen Leib und in unseren Ätherleib herein. Ein Erzengel übernimmt dann die Aufgabe unseres Astralleibs und ein Urengel die unseres Ichs. Das geschieht normalerweise unbewusst. Durch eine entsprechende geistige Schulung ist aber eine bewusste Begegnung mit ihnen, das heißt mit unserem höheren Selbst, möglich. Ausführlicher schildert das Rudolf Steiner in einer am 7. Dezember 1909 in München gehaltenen esoterischen Stunde:

„Wir haben gehört, daß unser physischer und Ätherleib nicht eine Sekunde ohne das Ich und den Astralleib bestehen könnten und daß deshalb in dem Augenblick, wo diese beiden im Einschlafen den physischen und den Ätherleib verlassen, Wesenheiten höherer Art diese beziehen, Wesenheiten, die wesensgleich unserem Ich und Astralleib sind, aber viel höher stehend. Ein Erzengel ersetzt unseren Astralleib, ein Geist der Persönlichkeit unser Ich. Diesen hohen Geistwesen nun begegnen wir, wenn wir unsere astralen Organe entwickelt haben, und dieses gewaltige Ereignis, das uns so heilig ist, nennt die Esoterik die «Begegnung mit dem höheren Selbst».

Mit den Gefühlen tiefster Andacht, mit dem intensiven Durchdrungensein von seiner Heiligkeit sollen wir diesem Augenblick entgegensehen. Wenn wir unsere Meditation nicht in dieser Gesinnung echter, wahrer Demut machen, so wird sich uns die Geisteswelt nicht in ihrer wahren Gestalt offenbaren, sondern allerlei Phantasiegebilde etc. werden uns erscheinen, und das moralische Resultat für uns wird ein verderblicher Hochmut sein. Daß die Welt, in die wir, vorbereitet durch eine zu Recht bestehende Schule, eindringen möchten, uns verschlossen ist durch den Cherub mit dem feurigen Schwert, solange wir nicht genügend vorbereitet sind, das ist eine Wohltat. Der Hüter des Paradieses steht genau an der Stelle, wo wir in den Tiefschlaf hinübergleiten, wo wir das Bewußtsein verlieren. Wenn wir es hier nicht verlieren würden, so würden wir ihn erblicken. Ein Einblick in die Welt der Erzengel aber würde uns vernichten, da wir ihm nicht gewachsen sind.

Warum wird nun dieser Erzengel, der unseren Ätherleib bezieht, unser höheres Selbst genannt? Warum streben wir nach der Vereinigung mit ihm? Wir müssen da an ein Geheimnis rühren, das die menschliche Wesenheit betrifft. So, wie wir den Menschen hier auf der Erde in seiner jetzigen Verfassung sehen, ist er eigentlich eine Maya, ist er gar nicht vollständig. In der uralt - lemurischen Zeit war die Erde einmal so entvölkert, so verödet, daß nur ein einziges Menschenpaar, das stark genug war, die tierischen Gebilde zu beseelen, auf ihr verblieb. Die anderen Menschen hatten sich auf die anderen Planeten verteilt, und im wesentlichen stammen daher die jetzigen Menschen von diesem Urpaar ab. Auch darin ist der Bericht der Bibel von Adam und Eva richtig, wenn er auch in Form einer allegorischen Erzählung gebracht wird. Dieser ersten Menschen nun bemächtigte sich Luzifer und durchdrang ihren Astralleib mit seinen Einflüssen. Durch diese luziferischen wurden später die ahrimanischen Einflüsse möglich und alles, was dem Menschen dazu verhalf, sich im Physisch-Sinnlichen auszuleben. Dadurch verschwand für ihn immer mehr das Geistige hinter der Materie, und diese wurde für ihn zur undurchdringlichen Decke. Wäre der Mensch nur unter dem Einfluß der göttlich-geistigen Wesenheiten geblieben, die ihn erschufen, so wäre er nicht frei geworden, hätte aber durch die Materie hindurch immer das Geistige erkannt. Diese leitenden Schöpfer wollten nun die Gefahr verhindern, daß auch der ganze Ätherleib von luziferischen Einflüssen durchsetzt würde. Deshalb trennten sie einen Teil des Ätherleibes des Adam ab und behielten ihn in den geistigen Welten zurück. Und dieser Ätherleib[1] ist das höhere Selbst, mit dem wir uns wieder vereinigen sollen, mit dem zusammen wir erst ein ganzer Mensch sind. Der Esoteriker soll sich sagen: Da drüben wartet dieses Höhere, das eigentlich zu mir gehört, auf mich, um sich wieder mit mir zu vereinigen, und in meiner Meditation soll ich ihm mit aller Inbrunst entgegenstreben, soll mich zum Kelche formen, der dieses Höhere aufnimmt. - Paulus, der ein Eingeweihter war in diesen Dingen, gebraucht ganz die richtigen Ausdrücke, wenn er vom «alten» und «neuen» Adam spricht.

Zum ersten Mal geschah diese Vereinigung des zurückgebliebenen Ätherleibes mit einem Menschen damals, als der Jesus von Nazareth geboren wurde, von dem uns das Lukas-Evangelium erzählt. Dieser Jesusknabe erhielt den Ätherleib des Adam. Mit diesem Teile des Ätherleibes hatten damals die hohen, leitenden schöpferischen Wesenheiten dem Menschen die Fähigkeit des individuellen Denkens und der [individuellen] Sprache zurückbehalten. Wohl denkt der Mensch, aber es ist kein Denken, das er individuell selber produziert, sondern er nimmt von dem göttlichen Stoffe des Denkens, der die Welt durchflutet. Und auch eine individuelle Sprache hat der Mensch nicht, sondern hohe geistige Wesenheiten gaben Gruppen von Menschen eine gemeinsame Sprache. Das eigene Denken, die eigene Sprache sollen die Menschen sich erst erwerben durch die Wiedervereinigung mit ihrem höheren Ätherleib. Da in diesem Ätherleibe die Fähigkeit der Sprache liegt, so ist die Legende verständlich, die erzählt, daß der Jesusknabe die Sprache nicht zu erlernen brauchte, sondern mit seiner Mutter nach seiner Geburt in einer Sprache redete, die diese verstand.

Dadurch, daß dieser Ätherleib des Adam zum ersten Mal wieder sich mit einem physischen Menschenkörper verband, wurde er dem Gesetz unterworfen, dem jedes Geistige unterliegt, das in die Materie hinabsteigt, dem Gesetz der Zahl, der Vervielfältigung. Wie das Samenkorn, in die Erde gelegt, die Ähre mit den vielen Körnern hervorbringt, so ist der Körper des Jesus für den Ätherleib des Adam der Erdenschoß gewesen, der Durchgangspunkt zur Vervielfältigung, und diese vervielfältigten Ätherleiber sind es, die auf uns warten. Und wenn wir in unsere Meditation versunken sind, so daß das ganze Außenleben für uns verschwindet, daß wir nicht hören und sehen, dann werden wir das Gefühl erlangen, wie wenn wir dahinstürben, um vereint mit unserem höheren Selbst wieder aufzuleben. Für die neueren, zu Recht bestehenden esoterischen Schulen ist deshalb das Kreuz das Symbol der Auferstehung zu diesem neuen Leben. Nicht eine Geburt ist zum Ausgangspunkt dieses Lebens genommen, sondern ein Tod, der Tod des Christus am Kreuz von Golgatha, und dieses Leben hat zum Symbol das heilige Blut, das dahinfloß. Deshalb haben wir das tote Pflanzliche, das vertrocknete Holz, und an ihm sprießend die lebenden roten Rosen im Rosenkreuz vereint. Und in unserer Meditation sollen wir empfinden, daß wir aus Gott geboren sind, wie es in unserem Hauptleitspruch heißt, der der Leitspruch unseres esoterischen Lebens sein soll, und daß wir in Christo sterben, indem wir die Kraft unserer Meditation in uns zu einem Lichte werden lassen, das in die höheren Welten hineinstrahlt; und dieser Wärme, diesen Strahlen, denen kommt unser höheres Selbst entgegen, auf diesem Wege vereinigt es sich mit uns als der Heilige Geist, in dem wir Wiederaufleben:

Ex Deo nascimur
In Christo morimur
Per Spiritum Sanctum reviviscimus.

“ (Lit.:GA 266a, S. 548ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Gemeint ist hier und im folgenden immer: der zurückbehaltene Teil des Adamischen Ätherleibes. Siehe hierzu Hinweis.