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Vorträge über die drei ersten Kapitel des Entwurfs einer Allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie

796; zur Morphologie, Band I Heft 3, 182


Freudig war, vor vielen Jahren
Eifrig so der Geist bestrebt,
Zu erforschen, zu erfahren,
Wie Natur im Schaffen lebt.
Und es ist das ewig Eine,
Das sich vielfach offenbart;
Klein das Große, groß das Kleine,
Alles nach der eignen Art,
Immer wechselnd, fest sich haltend,
Nah und fern und fern und nah;
So gestaltend, umgestaltend. -
Zum Erstaunen bin ich da.

I. Von den Vorteilen der vergleichenden Anatomie und von den Hindernissen, die ihr entgegenstehen

Durch ein genaues Beobachten der Äusserlichkeiten organischer Wesen hat die Naturgeschichte an Ausbreitung und Anordnung nach und nach grenzenlos gewonnen, und es ist nun jedem anheimgegeben, durch Aufmerksamkeit und Anstrengen, sich Überblick des Ganzen oder Einsicht in das Besondere zu verschaffen.

Dieser glückliche Erfolg wäre aber nicht möglich gewesen, wenn die Naturforscher sich nicht bemüht hätten, die äußeren Kennzeichen reihenweis aufzustellen, welche den organischen Körpern, nach ihren verschiedenen Klassen und Ordnungen, Gattungen und Arten, irgend zukommen mögen.

So hat Linné die botanische Terminologie musterhaft ausgearbeitet und geordnet dargestellt, daß sie, durch nachfolgende Entdeckungen und Bemühungen, immer vollständiger werden konnte. So haben uns beide Forster die Kennzeichen der Vögel, Fische und Insekten vorgezeichnet und dadurch die Möglichkeit genauer und übereinstimmender Beschreibungen erleichtert.

Man wird aber nicht lange mit Bestimmung der äußern Verhältnisse und Kennzeichen sich beschäftigen, ohne das Bedürfnis zu fühlen, durch Zergliederung mit den organischen Körpern gründlicher bekannt zu werden. Denn wie es zwar löblich ist, die Mineralien, auf den ersten Blick, nach ihren äußern Kennzeichen zu beurteilen und zu ordnen: so muß doch die Chemie zu einer tiefern Kenntnis das Beste beitragen.

Beide Wissenschaften aber, die Zergliederung sowohl als die Chemie, haben für diejenigen, die nicht damit vertraut sind, eher ein widerliches als anlockendes Ansehn. Bei dieser denkt man sich nur Feuer und Kohlen, gewaltsame Trennung und Mischung der Körper; bei jener nur Messer, Zerstückelung, Fäulnis und einen ekelhaften Anblick auf ewig getrennter organischer Teile. Doch so verkennt man beide wissenschaftlichen Beschäftigungen. Beide üben den Geist auf mancherlei Art, und wenn die eine, nachdem sie getrennt hat, wirklich wieder verbinden, ja durch diese Verbindung eine Art von neuem Leben wieder hervorbringen kann, wie zum Beispiel bei der Gärung geschieht: so kann die andere zwar nur trennen, sie gibt aber dem menschlichen Geiste Gelegenheit, das Tote mit dem Lebenden, das Abgesonderte mit dem Zusammenhängenden, das Zerstörte mit dem Werdenden zu vergleichen, und eröffnet uns die Tiefen der Natur mehr als jede andere Bemühung und Betrachtung.

Wie nötig es war, den menschlichen Körper zu zergliedern, um ihn näher kennen zu lernen, sahen die Ärzte nach und nach wohl ein, und immer ging das Zergliedern der Tiere neben dem Zergliedern des Menschen, obschon mit ungleichem Schritte, fort. Teils wurden einzelne Bemerkungen aufgezeichnet, man verglich gewisse Teile verschiedener Tiere; allein ein übereinstimmendes Ganzes zu sehen blieb nur immer ein frommer Wunsch (Welsch: Somnium Vindiciani sive desiderata medicinae. Aug.Vind. 1676 - 4), und wird es vielleicht noch lange bleiben.

Sollten wir aber nicht bewogen werden, diesen Wünschen, diesen Hoffnungen der Naturforscher entgegenzugehen, da wir selbst, wenn wir das Ganze nicht aus den Augen verlieren, auf jedem Schritte so viel Befriedigung und selbst Vorteil für die Wissenschaft zu erwarten haben?

Wem ist unbekannt, welche Entdeckungen im Körperbau des Menschen wir der Zootomie schuldig sind? So wären die Milch- und lymphatischen Gefäße, sowie der Umlauf des Bluts vielleicht noch lange unbekannt geblieben, wenn ihr Entdecker sie nicht zuerst an Tieren bemerkt hätte. Und wie vieles von Wichtigkeit wird sich nicht auf diesem Wege künftigen Beobachtern offenbaren.

Denn das Tier zeigt sich als Flügelmann, indem die Einfachheit und Einschränkung seines Baues den Charakter deutlicher ausspricht, die einzelnen Teile größer und charakteristisch in die Augen fallender sind.

Die menschliche Bildung aus sich selbst kennen zu lernen ist anderseits fast unmöglich, weil die Teile derselben in einem eigenen Verhältnisse stehen, weil manches ineinander gedrängt und verborgen ist, was bei den Tieren sehr deutlich am Tage liegt, weil dieses und jenes Organ, bei den Tieren sehr einfach, bei dem Menschen in einer unendlichen Komplikation oder Subdivision gefunden wird, so daß niemand zu sagen vermöchte, ob jemals einzelnen Entdeckungen und Bemerkungen ein Abschluß werden könne.

Allein noch wäre zu wünschen, daß, zu einem schnellem Fortschritte der Physiologie im ganzen, die Wechselwirkung aller Teile eines lebendigen Körpers sich niemals aus den Augen verlöre; denn bloß allein durch den Begriff, daß in einem organischen Körper alle Teile auf einen Teil hinwirken und jeder auf alle wieder seinen Einfluß ausübe, können wir nach und nach die Lücken der Physiologie auszufüllen hoffen.

Die Kenntnis der organischen Naturen überhaupt, die Kenntnis der vollkommneren, welche wir, im eigentlichen Sinn, Tiere und besonders Säugetiere nennen; der Einblick, wie die allgemeinen Gesetze bei verschieden beschränkten Naturen wirksam sind; die Einsicht zuletzt, wie der Mensch dergestalt gebaut sei, daß er so viele Eigenschaften und Naturen in sich vereinige und dadurch auch schon physisch als eine kleine Weit, als ein Repräsentant der übrigen Tiergattungen existiere, alles dieses kann nur dann am deutlichsten und schönsten eingesehen werden, wenn wir nicht, wie bisher leider nur zu oft geschehen, unsere Betrachtungen von oben herab anstellen und den Menschen im Tiere suchen, sondern wenn wir von unten herauf anfangen und das einfachere Tier im zusammengesetzten Menschen endlich wieder entdecken.

Es ist hierin schon unglaublich viel getan; allein es liegt so zerstreut, so manche falschen Bemerkungen und Folgerungen verdüstern die wahren und echten; täglich kommt zu diesem Chaos wieder neues Wahre und Falsche hinzu, so daß weder des Menschen Kräfte, noch sein Leben hinreichen, alles zu sondern und zu ordnen, wenn wir nicht den Weg, den uns die Naturhistoriker äußerlich vorgezeichnet, auch bei der Zergliederung verfolgen und es möglich machen, das Einzelne in übersehbarer Ordnung zu erkennen, um das Ganze nach Gesetzen, die unserm Geiste gemäß sind, zusammenzubilden.

Was wir zu tun haben, wird uns erleichtert, wenn wir die Hindernisse betrachten, welche der vergleichenden Anatomie bisher im Wege gestanden.

Da schon beim Bestimmen äußerer Merkmale organischer Wesen der Naturfreund in einem unendlichen Felde zu tun hat und mit so vielen Schwierigkeiten streitet; da schon die äußere Kenntnis der vollkommneren Tiere, die über den Erdboden verbreitet sind, so viele mühsame Betrachtung erfordert und ein immer zudringendes Neue uns zerstreut und ängstigt, so konnte der Trieb, auf innere Kenntnis der Geschöpfe gleichfalls zu dringen, nicht eher allgemein werden, als bis eine äußerliche Zusammenstellung weit genug gediehen war. Inzwischen häuften sich einzelne Beobachtungen, indem man teils absichtlich untersuchte, teils die Erscheinungen, wie sie sich zufällig aufdrangen, festzuhalten wußte; da dies aber ohne Zusammenhang, ohne allgemeine Übersicht geschah, so mußte mancher Irrtum sich einschleichen.

Noch mehr verwirrten sich aber die Beobachtungen, da sie oft einseitig aufgenommen und die Terminologie ohne Rücksicht auf gleich oder ähnlich gebaute Geschöpfe festgesetzt wurde. So ist durch die Stallmeister, Jäger und Fleischer eine Diskrepanz in Benennung der äußern und innern Teile der Tiere gekommen, die uns noch bis in die besser ordnende Wissenschaft verfolgt.

Wie sehr es an einem Vereinigungspunkte gefehlt, um welchen man die große Menge Beobachtungen hätte versammeln können, wird zunächst deutlicher werden.

Auch wird der Philosoph gar bald entdecken, daß sich die Beobachter selten zu einem Standpunkte erhoben, aus welchem sie so viele bedeutend bezügliche Gegenstände hätten übersehen können.

Man wendete auch hier, wie in andern Wissenschaften, nicht genug geläuterte Vorstellungsarten an. Nahm die eine Partei die Gegenstände ganz gemein und hielt sich ohne Nachdenken an den bloßen Augenschein, so eilte die andere, sich durch Annahme von Endursachen aus der Verlegenheit zu helfen; und wenn man auf jene Weise niemals zum Begriff eines lebendigen Wesens gelangen konnte, so entfernte man sich auf diesem Wege von ebendem Begriffe, dem man sich zu nähern glaubte.

Ebensoviel und auf gleiche Weise hinderte die fromme Vorstellungsart, da man die Erscheinungen der organischen Welt zur Ehre Gottes unmittelbar deuten und anwenden wollte. Ferner verlor man sich, anstatt bei der durch unsere Sinne verbürgten Erfahrung zu bleiben, in leere Spekulationen, wie zum Beispiel über die Seele der Tiere und was dem ähnlich sein mag.

Wenn man nun bei der Kürze des Lebens bedenkt, daß die menschliche Anatomie eine unendliche Arbeit erheischt; daß das Gedächtnis kaum hinreicht das Bekannte zu fassen und zu behalten; daß überdies noch Anstrengung genug gefordert wird, um das in diesem Kreise einzeln Neuentdeckte zu kennen, auch wohl persönlich durch glückliche Aufmerksamkeit neue Entdeckungen zu machen: so sieht man deutlich, daß auch schon hierzu einzelne Menschen ihr ganzes Leben widmen müssen.

II. Über einen aufzustellenden Typus zu Erleichterung der vergleichenden Anatomie

Die Ähnlichkeit der Tiere, besonders der vollkommenen untereinander, ist in die Augen fallend und im allgemeinen auch stillschweigend von jedermann anerkannt. Daher ließen sich, dem bloßen Augenschein nach, die vierfüßigen Tiere leicht in eine Klasse begreifen.

Bei der Ähnlichkeit des Affen und Menschen, bei dem Gebrauch, den einige geschickte Tiere von ihren Gliedern aus natürlichem Antrieb machen oder nach vorgängiger künstlicher Übung machen lernen, konnte man auf die Ähnlichkeit des vollkommensten Geschöpfes mit unvollkommneren Brüdern gar leicht geführt werden, und es fanden von jeher bei Naturforschern und Zergliederern solche Vergleichungen statt. Die Möglichkeit der Verwandlung des Menschen in Vögel und Gewild, welche sich der dichterischen Einbildungskraft gezeigt hatte, wurde durch geistreiche Naturforscher nach endlicher Betrachtung der einzelnen Teile auch dem Verstande dargestellt. So trat nun Camper lebhaft hervor, die Übereinstimmung der Gestalt noch weiter hinaus und bis ins Reich der Fische zu verfolgen.

Dies also hätten wir gewonnen, ungescheut behaupten zu dürfen. daß alle vollkommnern organischen Naturen, worunter wir Fische, Amphibien, Vögel, Säugetiere und an der Spitze der letzten den Menschen sehen, alle nach einem Urbilde geformt seien, das nur in seinen sehr beständigen Teilen mehr oder weniger hin und her weicht und sich noch täglich durch Fortpflanzung aus- und umbildet.

Eingenommen von der aufgefaßten Idee, wagte Camper, auf der schwarzen Lehrtafel, durch Kreidestriche, den Hund in ein Pferd, das Pferd in einen Menschen, die Kuh in einen Vogel zu verwandeln. Er drang darauf, daß man im Hirn des Fisches das Gehirn des Menschen erblicken solle, und erreichte durch diese geistreichen, sprungweise gewagten Vergleichungen die Absicht, den innern Sinn des Beobachters aufzuschließen, der nur allzuoft von Äußerlichkeiten gefangen gehalten wird. Nun betrachtete man das Glied eines organischen Körpers nicht nur an und für sich, sondern gewöhnte sich, in demselben das Bild eines ähnlichen Gliedes einer verwandten organischen Natur, wo nicht zu sehen, doch zu ahnen, und begann der Hoffnung zu leben, daß ältere sowohl als neuere Beobachtungen dieser Art gesammelt, durch neuermunterten Fleiß ergänzt und zu einem Ganzen aufgestellt werden könnten.

Allein wenn man auch, im allgemeinen übereinstimmend, nach einem Zweck zu arbeiten schien, so war doch manche Verwirrung im einzelnen unvermeidlich: denn so ähnlich im ganzen die Tiere einander auch sein mögen, so sind doch gewisse einzelne Teile bei verschiedenen Geschöpfen an Gestalt äußerst verschieden, und es mußte daher begegnen, daß öfters ein Teil für den andern gehalten, an einer unrechten Stelle gesucht, oder geleugnet wurde. Die speziellere Ausführung wird mehrere Beispiele darlegen und die Verwirrung zeigen, die uns in früheren Zeiten umfing und noch umfängt.

An dieser Verwirrung scheint besonders die Methode schuld zu sein, welcher man sich gewöhnlich bediente, weil Erfahrung und Gewohnheit nichts weiter an die Hand gab. Man verglich zum Beispiel einzelne Tiere untereinander, wobei für das Ganze wenig oder nichts gewonnen war. Denn gesetzt auch, man hätte den Wolf mit dem Löwen recht gut verglichen, so wären beide deshalb noch nicht mit dem Elefanten in Parallele gebracht. Und wem fällt nicht auf, daß man, nach dieser Weise, alle Tiere mit jedem, jedes Tier mit allen hätte vergleichen müssen. Eine Arbeit, die unendlich, unmöglich und, würde sie durch ein Wunder geleistet, unübersehbar und fruchtlos wäre.

(Hier sind Beispiele aus Buffon anzuführen, und das Unternehmen Josephis zu beurteilen.)

Sollte es denn aber unmöglich sein, da wir einmal anerkennen, daß die schaffende Gewalt nach einem allgemeinen Schema die vollkommneren organischen Naturen erzeugt und entwickelt, dieses Urbild, wo nicht den Sinnen, doch dem Geiste darzustellen, nach ihm, als nach einer Norm unsere Beschreibungen auszuarbeiten und, indem solche von der Gestalt der verschiedenen Tiere abgezogen wäre, die verschiedensten Gestalten wieder auf sie zurückzuführen?

Hat man aber die Idee von diesem Typus gefaßt, so wird man erst recht einsehen, wie unmöglich es sei, eine einzelne Gattung als Kanon aufzustellen. Das Einzelne kann kein Muster vom Ganzen sein, und so dürfen wir das Muster für alle nicht im Einzelnen suchen. Die Klassen, Gattungen, Arten und Individuen verhalten sich wie die Fälle zum Gesetz; sie sind darin enthalten, aber sie enthalten und geben es nicht.

Am wenigsten ist der Mensch, bei seiner hohen organischen Vollkommenheit, eben dieser Vollkommenheit wegen, als Maßstab der übrigen unvollkommneren Tiere aufzustellen. Man darf die sämtlichen Geschöpfe weder nach der Art, noch in der Ordnung, noch in den Rücksichten untersuchen und beschreiben, wie man den Menschen, sobald man bloß auf ihn Rücksicht nimmt, betrachten und behandeln muß.

Alle Anmerkungen der vergleichenden Anatomie, welche bei Gelegenheit der menschlichen beigebracht werden, mögen, einzeln genommen, nützlich und dankenswert sein; im ganzen aber bleiben sie unvollständig und, genau betrachtet, eher zweckwidrig und verwirrend.

Wie nun aber ein solcher Typus aufzufinden, zeigt uns der Begriff desselben schon selbst an: die Erfahrung muß uns die Teile lehren die allen Tieren gemein und worin diese Teile bei verschiedenen Tieren verschieden sind, alsdann tritt die Abstraktion ein, sie zu ordnen und ein allgemeines Bild aufzustellen.

Daß wir hierbei nicht bloß hypothetisch verfahren, sind wir durch die Natur des Geschäfts versichert. Denn indem wir uns nach Gesetzen umsehen, wonach lebendige, aus sich selbst wirkende, abgesonderte Wesen gebildet werden, so verlieren wir uns nicht ins Weite, sondern belehren uns im Innern. Daß die Natur, wenn sie ein solches Geschöpf hervorbringen will, ihre größte Mannigfaltigkeit in die absoluteste Einheit zusammenschließen müsse, ergibt sich aus dem Begriff eines lebendigen, entschiedenen, von allen andern abgesonderten und mit einer gewissen Spontaneität wirkenden Wesens. Wir halten uns also schon der Einheit, Mannigfaltigkeit, Zweck- und Gesetzmäßigkeit unseres Objekts versichert; sind wir nun bedächtig und kräftig genug, mit einer einfachen, aber weitumfassenden, mit einer gesetzmäßig freien, lebhaften aber regulierten Vorstellungsart, unserm Gegenstande zu nahen, ihn zu betrachten und zu behandeln; sind wir imstande mit dem Komplex von Geisteskräften, den man Genie zu nennen pflegt, der aber oft sehr zweideutige Wirkungen hervorbringt, dem gewissen und unzweideutigen Genie der hervorbringenden Natur entgegenzudringen; könnten mehrere in einem Sinne auf den ungeheuren Gegenstand loswirken: so müßte denn doch etwas entstehen, dessen wir uns als Menschen zu erfreuen hätten.

Ob wir nun aber schon unsere Bemühung bloß für anatomisch erklären, so müßte sie doch, wenn sie fruchtbar, ja wenn sie in unserm Falle überhaupt auch nur möglich sein sollte, stets in physiologischer Rücksicht unternommen werden. Man hat also nicht bloß auf das Nebeneinandersein der Teile zu sehen, sondern auf ihren lebendigen wechselseitigen Einfluß, auf ihre Abhängigkeit und Wirkung.

Denn wie die Teile, wenn sie im gesunden und lebendigen Zustand sich alle in einer wechselseitigen unaufhörlichen Wirkung umfassen und die Erhaltung der schon gebildeten Teile nur durch gebildete Teile möglich ist, so muß die Bildung selbst, wie in ihrer Grundbestimmung, so auch in ihren Abweichungen, durch einen wechselseitigen Einfluß hervorgebracht und determiniert werden, worüber uns aber nur eine sorgfältige Ausführung Aufschluß und Deutlichkeit geben kann.

Bei unserer Vorarbeit zur Konstruktion des Typus werden wir vor allen Dingen die verschiedenen Vergleichungsarten, deren man sich bedient, kennen lernen, prüfen und anwenden; so wie wir auch die angestellten Vergleichungen selbst, jedoch mit großer Vorsicht, wegen der darin oft vorkommenden Irrtümer, mehr nach aufgebautem Typus als zu Aufbauung desselben benutzen können.

Der Vergleichungsarten aber, deren man sich mit mehr und ininderrn Glücke bedient, finden sich folgende:

Vergleichung der Tiere untereinander und zwar entweder einzeln oder teilweise.

(Anführung verschiedener Schriftsteller und Beurteilung derselben. Buffon, Daubenton, Duverney, Unzer, Camper, Sömmerring, Blumenbach, Schneider.)

Ebenso wurden auch Tiere zum Menschen, zwar nie irn ganzen und absichtlich, doch teilweise und zufällig verglichen.

(Hierbei abermals Autoren und Bemerkungen.) Ferner ist man in Vergleichung der Menschenrassen untereinander fleißig und aufmerksam gewesen, und man hat dadurch über die Naturgeschichte des Menschen ein heiteres Licht verbreitet.

Die Vergleichung der beiden Geschlechter miteinander ist, zu tieferer Einsicht in das Geheimnis der Fortpflanzung, als des wichtigsten Ereignisses, der Physiologie unentbehrlich. Beider Objekte natürlicher Parallelismus erleichtert sehr das Geschäft, bei welchem unser höchster Begriff - die Natur könne identische Organe dergestalt modifizieren und verändern, daß dieselben nicht nur in Gestalt und Bestimmung völlig andere zu sein scheinen, sondern sogar, in gewissem Sinne, einen Gegensatz darstellen, bis zur sinnlichen Anschauung heranzuführen ist. Ferner hat man bei Beschreibung des menschlichen Körpers schon früher darin eine große Erleichterung gefunden, wenn man Hauptteile desselben untereinander, zum Beispiel obere und untere Extremitäten verglich.

Kleinere Teile, zum Beispiel Wirbelknochen, lassen sich gleichfalls mit großem Vorteile der Wissenschaft gegeneinander halten, weil die Verwandtschaft der verschiedensten Gestalten sich dabei dem Beobachter auf das lebhafteste aufdringt.

Alle diese Vergleichungsarten werden uns bei unserer Arbeit leiten, und sie mögen nach aufgestelltem Typus immer noch fort zu brauchen sein; nur wird der Beobachter alsdann den Vorteil haben, daß er seine Forschungen mehr in bezug auf ein Ganzes anstellen kann.

III. Über die Gesetze der Organisation überhaupt, insofern wir sie bei Konstruktion des Typus vor Augen haben sollen

Um uns den Begriff organischer Wesen zu erleichtern, werfen wir einen Blick auf die Mineralkörper. Diese, in ihren mannigfaltigen Grundteilen so fest und unerschütterlich, scheinen in ihren Verbindungen, die zwar auch nach Gesetzen geschehen, weder Grenze noch Ordnung zu halten. Die Bestandteile trennen sich leicht, um wieder neue Verbindungen einzugehen; diese können abermals aufgehoben werden und der Körper, der erst zerstört schien, liegt wieder in seiner Vollkommenheit vor uns. So vereinen und trennen sich die einfachen Stoffe, zwar nicht nach Willkür, aber doch mit großer Mannigfaltigkeit, und die Teile der Körper, welche wir unorganisch nennen, sind, ohngeachtet ihrer Anneigung zu sich selbst, doch immer wie in einer suspendierten Gleichgültigkeit, indem die nächste, nähere, oder stärkere Verwandtschaft sie aus dem vorigen Zusammenhange reißt und einen neuen Körper darstellt, dessen Grundteile, zwar unveränderlich, doch wieder auf eine neue, oder unter andern Umständen auf eine Rückzusammensetzung zu warten scheinen.

Zwar bemerkt man, daß die mineralischen Körper, insofern sie ähnliche oder verschiedene Grundteile enthalten, auch in sehr abwechselnden Gestalten erscheinen; aber eben diese Möglichkeit, daß der Grundteil einer neuen Verbindung unmittelbar auf die Gestalt wirke und sie sogleich bestimme, zeigt das Unvollkommene dieser Verbindung, die auch ebenso leicht wieder aufgelöst werden kann.

So sehen wir gewisse Mineralkörper bloß durch das Eindringen fremder Stoffe entstehen und vergehen; schöne durchsichtige Kristalle zerfallen zu Pulver, wenn ihr Kristallisationswasser verraucht, und (ein entfernter liegendes Beispiel sei erlaubt) die zu Borsten und Haaren durch den Magnet vereinigten Eisenspäne zerfallen wieder in ihren einzelnen Zustand, sobald der mächtig verbindende Einfluß entzogen wird.

Das Hauptkennzeichen der Mineralkörper, auf das wir hier gegenwärtig Rücksicht zu nehmen haben, ist die Gleichgültigkeit ihrer Teile in Absicht auf ihr Zusammensein, ihre Ko- oder Subordination. Sie haben nach ihrer Grundbestimmung gewisse stärkere oder schwächere Verhältnisse, die, wenn sie sich zeigen, wie eine Art von Neigung aussehen, deswegen die Chemiker auch ihnen die Ehre einer Wahl bei solchen Verwandtschaften zuschreiben, und doch sind es oft nur äußere Determinationen, die sie da- oder dorthin stoßen oder reißen, wodurch die Mineralkörper hervorgebracht werden, ob wir ihnen gleich den zarten Anteil, der ihnen an dem allgemeinen Lebenshauche der Natur gebührt, keineswegs absprechen wollen.

Wie sehr unterscheiden sich dagegen organische Wesen, auch nur unvollkommener Sie verarbeiten zu verschiedenen bestimmten Organen die in sich aufgenommene Nahrung und zwar, das übrige absondernd, nur einen Teil derselben. Diesem gewähren sie etwas Vorzügliches und Eigenes, indem sie manches mit manchem auf das innigste vereinen und so den Gliedern, zu denen sie sich hervorbilden, eine das mannigfaltigste Leben bezeugende Form verleihen, die wenn sie zerstört ist, aus den Überresten nicht wiederhergestellt werden kann.

Vergleichen wir nun diese unvollkommenen Organisationen mit den vollkommneren, so finden wir, daß jene, wenn sie auch die elementaren Einflüsse mit einer gewissen Gewalt und Eigenheit verarbeiten, doch die daraus entstandenen organischen Teile nicht zu der hohen Determination und Festigkeit erheben können, als es von den vollkommneren Tiernaturen geschieht. So wissen wir, um nicht tiefer herabzusteigen, daß zum Beispiel die Pflanzen, indem sie sich in einer gewissen Folge ausbilden, ein und dasselbe Organ unter höchst verschiedenen Gestalten darstellen.

Die genaue Kenntnis der Gesetze, wonach diese Metamorphose geschieht, wird die botanische Wissenschaft, sowohl insofern sie nur beschreibt, als insofern sie in die innere Natur der Pflanzen einzudringen gedenkt, gewiß weiter bringen.

Hier ist davon nur soviel zu bemerken: die uns in die Sinne fallenden organischen Teile der Pflanze, Blätter und Blumen, Staubfäden und Stempel, die verschiedensten Hüllen und was sonst an ihr bemerkt werden mag, sind alles identische Organe, die, durch eine Sukzession von vegetativen Operationen, nach und nach so sehr verändert und bis zum Unkenntlichen hinangetrieben werden.

Einerlei Organ kann als zusammengesetztestes Blatt ausgebildet und als Stipula in die größte Einfalt zurückgezogen werden. Ebendasselbe Organ kann sich nach verschiedenen Umständen zu einer Tragknospe, oder zu einem unfruchtbaren Zweige entwickeln. Der Kelch, indem er sich übereilt, kann zur Krone werden, und die Krone kann sich rückwärts dem Kelche nähern. Dadurch werden die mannigfaltigsten Bildungen der Pflanzen möglich, und derjenige, der bei seinen Beobachtungen diese Gesetze immer vor Augen hat, wird davon große Erleichterung und Vorteil ziehen.

Daß man bei der Geschichte der Insekten auf die Metamorphose derselben genau Rücksicht zu nehmen habe und daß man ohne diesen Begriff die Ökonomie der Natur in diesem Reiche keineswegs übersehen könne, war auffallender und ist früher beherzigt worden. Die Verwandlung der Insekten an und für sich genau zu betrachten und mit der Pflanzenverwandlung zu vergleichen, wird ein sehr angenehmes Geschäft sein, gegenwärtig davon nur so viel, als zu unserm Zwecke dient.

Die Pflanze erscheint fast nur einen Augenblick als Individuum und zwar da, wenn sie sich als Samenkorn von der Mutterpflanze loslöst. In dem Verfolg des Keimens erscheint sie schon als ein Vielfaches, an welchem nicht allein ein identischer Teil aus identischen Teilen entspringt, sondern auch diese Teile durch Sukzession verschieden ausgebildet werden, so daß ein mannigfaltiges, scheinbar verbundenes Ganzes zuletzt vor unsern Augen dasteht.

Allein daß dieses scheinbare Ganze aus sehr unabhängigen Teilen bestehe, gibt teils der Augenschein, teils die Erfahrung. denn Pflanzen, in viele Teile getrennt und zerrissen, werden wieder als ebenso viele scheinbare ganze aus der Erde hervorsprossen.

An dem Insekt hingegen zeigt sich uns ein anderer Fall. Das von der Mutter losgetrennte abgeschlossene Ei manifestiert sich schon als Individuum; der herauskriechende Wurm ist gleichfalls eine isolierte Einheit; seine Teile sind nicht allein verknüpft, nach einer gewissen Reihe bestimmt und geordnet, sondern sie sind auch einander subordiniert; sie werden, wo nicht von einem Willen geleitet, doch von einer Begierde angeregt. Hier ist ein ausgesprochenes Oben und Unten, ein entschiedenes Vom und Hinten, die sämtlichen Organe sind nach einer gewissen Reihe entwickelt, so daß keins an die Stelle des andern treten kann.

Indessen ist die Raupe ein unvollkommenes Geschöpf; ungeschickt zur notwendigsten aller Funktionen, zur Fortpflanzung, wohin sie auf dem Wege der Verwandlung nur gelangen kann.

Bei der Pflanze bemerken wir Sukzessionen der Zustände mit Zusammensein verknüpft. Die Stengel bestehen von der Wurzel auf, indem sich die Blume schon entwickelt; das Zeugungsgeschäft geht vor sich und die früheren, vorbereitenden Organe zeigen sich noch kräftig und lebendig; nur alsdann erst, wenn der befruchtete Same seiner Reife sich nähert, welkt das Ganze zusammen.

Bei dem Insekt ist es ganz anders. Eine jede Haut, die es abwirft, läßt es alsbald hinter sich, und aus der letzten Raupenhülle schlüpft ein entschieden abgesondertes Geschöpf; jeder folgende Zustand ist von dem vorhergehenden getrennt; kein Rückschritt möglich. Der Schmetterling kann sich nur aus der Raupe, die Blume hingegen aus und an der Pflanze entwickeln.

Betrachten wir nun die Gestalt der Raupe gegen die Gestalt des Schmetterlings, so finden wir folgenden Hauptunterschied zwischen beiden: die Raupe besteht, wie ein anderer gegliederter Wurm, aus Teilen, die einander ziemlich ähnlich sind, wenn sich auch Kopf und Hinterteil einigermaßen auszeichnen. Die vorderen Füße sind wenig von den hinteren Wätzchen verschieden, und die Körper in ziemlich gleiche Ringe geteilt.

Durch das fortschreitende Wachstum wird eine Haut nach der andern zersprengt und abgelegt. Die folgende scheint sich erst wieder zu erzeugen, um, wenn sie, zu weit ausgedehnt, keine Elastizität mehr hat, abermals zu zerspringen und abzufallen. Die Raupe wird immer größer, ohne ihre Gestalt eigentlich zu verändern. Nun kommt ihr Wachstum endlich auf den Punkt, auf dem es nicht weiter kann, und so geht eine sonderbare Veränderung vor in dem Geschöpf. Es sucht sich eines gewissen Gespinstes zu entledigen, das zu den Systemen seines Körpers gehörte, wobei das Ganze, wie es scheint, zugleich von allem Überflüssigen des der Verwandlung in edlere Organe Entgegenstehenden gereinigt wird.

Nach Maßgabe dieser Ausleerung nimmt der Körper an Länge ab, an Breite jedoch nicht verhältnismäßig zu, und indem er in diesem Zustande seine Haut abwirft, befindet sich darunter, nicht wie sonst ein dem ehemaligen Tiere ähnliches, sondern ein ganz verschiedenes Geschöpf

Bei einer weitern Ausführung der Metamorphose der Insekten müssen nun auch die verschiedenen Charaktere beider Zustände umständlicher angezeigt werden. Hier wenden wir uns, unserer Absicht gemäß, sogleich zu den Schmetterlingen, und finden einen sehr wichtigen Unterschied gegen die Raupe. Der Körper besteht nicht mehr aus ähnlichen Teilen; die verschiedenen Ringe haben sich in Systeme zusammengeordnet, teils sind sie völlig verschwunden, teils noch kenntlich. Wir sehen drei entschiedene Abteilungen. das Haupt mit seinen Hilfsorganen, die Brust mit den ihrigen und den Leib, an welchem ebenfalls die Organe seiner Bestimmung sich ausgebildet haben. Ob wir nun gleich dem Wurtne seine Individualität nicht absprechen konnten, so erschien er uns deswegen doch so unvollkommen, weil seine Teile gegeneinander in einem gleichgültigen Verhältnisse standen, einer ungefähr an Wert und Würde so viel als der andere besaß und vermochte, woraus denn nichts als höchstens Nahrung und Wachstum und gemeine Absonderung entsprang; dagegen jene Absonderungen der Gefäße und Säfte, wodurch ein neues Individuum erst hervorspringen kann, in diesem Zustande nicht möglich waren. Nur erst dann, wenn durch eine langsame heimliche Wirkung die verwandlungsfähigen Organe zu ihrer höchsten Vollkommenheit gediehen, wenn bei der gehörigen Temperatur die nötige Ausleerung und Austrocknung vor sich gegangen, dann sind die Glieder geeignet sich zu entscheiden, aus ihrem früheren Verhältnis tretend, sich voneinander aufs möglichste abzusondern, ungeachtet ihrer innerlichen Verwandtschaft bestimmte entgegengesetzte Charaktere anzunehmen; und indem sie sich in Systeme zusammendrängen, die mannigfaltigen energischen Operationen des Lebens möglich zu machen.

So ein unvollkommenes und vergängliches Geschöpf ein Schmetterling in seiner Art, verglichen mit den Säugetieren, auch sein mag, so zeigt er uns doch durch seine Verwandlung, die er vor unsern Augen vornimmt, den Vorzug eines vollkommneren Tiers vor einem unvollkommneren; die Entschiedenheit seiner Teile ist es, die Sicherheit, daß keiner für den andern gesetzt, noch genommen werden kann, jeder vielmehr zu seiner Funktion bestimmt und bei derselben auf immer festgehalten bleibt.

Nun wollen wir noch einen flüchtigen Blick auf diejenigen Erfahrungen tun, die uns belehren, daß manche Tiere ganz verlorne Gliedmaßen wieder ersetzen können. Dieser Fall kann jedoch nur bei Geschöpfen, deren Glieder gleichgültig sind, wo eins in die Wirkung und Würde des andern nachrücken kann, eintreten, oder bei solchen, deren Natur, wie der Amphibien, durch das Element in welchem sie leben, weicher, schwebender, nachgiebiger erhalten wird.

Daher entspringt aus der völligen Entschiedenheit der Glieder die Würde der vollkomtnensten Tiere und besonders des Menschen. Hier hat, in der regelmäßigsten Organisation, alles bestimmte Form, Stelle, Zahl, und was auch die inannigfaltige Tätigkeit des Lebens für Abweichungen hervorbringen mag, wird das Ganze sich immer wieder in sein Gleichgewicht stellen.

Hätten wir aber nötig gehabt, uns durch die Betrachtung der Pflanzen- und Insektenmetamorphose heraufzuwinden, wenn wir nicht hoffen könnten, dadurch auch über die Gestalt der vollkommnern Tiere einigen Aufschluß zu erhalten?

Wir haben dort gesehen, daß aller Betrachtung über Pflanzen und Insekten der Begriff einer sukzessiven Verwandlung identischer Teile, neben- oder nacheinander, zugrunde liegen müsse, und nun wird es uns beim Untersuchen des Tierkörpers zum größten Vorteil gereichen, wenn wir uns den Begriff einer gleichzeitigen, von der Zeugung an schon bestimmten Metamorphose aneignen können.

So ist zum Beispiel in die Augen fallend, daß sämtliche Wirbelknochen eines Tieres einerlei Organe sind, und doch würde, wer den ersten Halsknochen mit einem Schwanzknochen unmittelbar verglichen nicht eine Spur von Gestaltsähnlichkeit finden.

Da wir nun hier identische und doch so sehr verschiedene Teile vor Augen sehen und uns ihre Verwandtschaft nicht leugnen können, so haben wir, indem wir ihren organischen Zusammenhang betrachten, ihre Berührung untersuchen und nach wechselseitiger Einwirkung forschen, sehr schöne Aufschlüsse zu erwarten.

Denn eben dadurch wird die Harmonie des organischen Ganzen möglich, daß es aus identischen Teilen besteht, die sich in sehr zarten Abweichungen modifizieren. In ihrem Innersten verwandt, scheinen sie sich in Gestalt, Bestimmung und Wirkung aufs weiteste zu entfernen, ja sich einander entgegenzusetzen, und so wird es der Natur möglich, die verschiedensten und doch nahe verwandten Systeme, durch Modifikation ähnlicher Organe, zu erschaffen und ineinander zu verschlingen.

Die Metamorphose jedoch wirkt bei vollkommneren Tieren auf zweierlei Art: erstlich daß, wie wir oben bei den Wirbelknochen gesehen, identische Teile, nach einem gewissen Schema, durch die bildende Kraft auf die beständigste Weise verschieden umgeformt werden, wodurch der Typus im allgemeinen möglich wird; zweitens daß die in dem Typus benannten einzelnen Teile durch alle Tiergeschlechter und Arten immerfort verändert werden, ohne daß sie doch jemals ihren Charakter verlieren können.

Zum Beispiel des ersten wiederholen wir das von den Wirbelknochen Hergenommene, deren jeder von den Halsknochen bis zu den Schwanzknochen seinen eigenen Charakter hat. Zum Beispiel des andern führen wir an, daß den ersten und zweiten Halsknochen jedermann durch alle Tiere ungeachtet der außerordentlichen Abweichung erkennen so wie der aufmerksame und fleißige Beobachter sich auch auf eben diese Weise durch alle Wechselgestalten durchzufinden hat.

Wir wiederholen also, daß die Beschränktheit, Bestimmtheit und Allgemeinheit der durch die Fortpflanzung schon entschiedenen simultanen Metamorphose den Typus möglich macht, daß aber aus der Versatilität dieses Typus, in welchem die Natur, ohne jedoch aus dem Hauptcharakter der Teile herauszugehen, sich mit grosser Freiheit bewegen kann, die vielen Geschlechter und Arten der vollkommneren Tiere, die wir kennen, durchgängig abzuleiten sind.