Latente Wärme

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Als latente Wärme (lat. latent, „verborgen“) oder Umwandlungsenthalpie wird in der Physik die bei einem Phasenübergang erster Ordnung ausgetauschte Wärme bezeichnet. Latent wird sie deshalb genannt, weil der Wärmeaustausch dabei zu keiner Temperaturveränderung führt. Wenn etwa Eis durch Wärmezufuhr geschmolzen wird und dadurch das Wasser vom festen in den flüssigen Zustand übergeht, so bleibt dabei die Temperatur unter Normalbedingungen so lange konstant bei 0° Celsius stehen, bis alles Eis geschmolzen ist, weil die zugeführte Wärme vollständig für die innere Strukturänderung des Wassers aufgebraucht wird. Dadurch kommt es zu einer Entropieänderung , die sich mit der in Kelvin angegeben absoluten Umwandlungstemperatur ergibt zu:

Beim Gefrieren wird die latente Wärme wieder vollständig in fühlbare Wärme umgewandelt. Der Begriff „fühlbare Wärme“ steht dabei etwas unglücklich sowohl für die sinnlich wahrnehmbare als auch für die physikalisch messbare Wärme (thermische Energie), obwohl die subjektive Wärmeempfindung und die objektive Temperaturmessung nichts miteinander gemein haben.

Aus geisteswissenschaftlicher Sicht werden die kristallinen Strukturen des Eises beim Schmelzen aufgelöst und gehen in dynamische, potentiell strukturbildende ätherische Kräfte über. Äußere Wärme wird dabei vollständig in innere, ätherische Wärme umgewandelt. Die Wärme schlägt nicht nur eine Brücke von der physischen Welt zur Ätherwelt, sondern auch zur Astralwelt und ihre eigentliche Quelle ist - bildhaft gesprochen - das Feuer des Geistes.

Beispiele für Phasenübergänge erster Ordnung, bei denen latente Wärmen gebildet oder aufgelöst wird, sind:

Rudolf Steiner vergleicht den Übergang von der latenten Wärme zur fühlbaren Wärme oft mit der Bedeutung des Zahnwechsels für die Entwicklung des Kindes. Hier findet ein konkreter Übergang von körperlich-leiblichen Kräften zu seelisch-geistigen Tätigkeiten in Erscheinung. Kräfte, die vorher den Körper organisiert haben, werden nun beispielsweise frei zum Zählen, Rechnen und zur Mathematik überhaupt:

„Sehen Sie, wenn wir die ganz einfache Erscheinung nehmen, daß wir einen Körper mit einem andern reiben und Wärme zum Vorschein kommt, so sagen wir in der Naturwissenschaft gegenüber einem solchen vorliegenden Teilphänomen nicht: Diese Warme ist aus dem Nichts heraus entstanden, oder diese Wärme ist einfach da -, sondern wir suchen nach den Bedingungen, unter denen diese Wärme latent gewesen ist vorher und dann durch die Körper gewissermaßen zum Vorschein gekommen ist. Wir gehen da von einer Erscheinung zur andern über und nehmen das Werden ernst. So müssen wir es auch machen, wenn wir einen Begriff in die Geisteswissenschaft hineinbringen wollen. Und so müssen wir uns zunächst fragen: Ist denn dasjenige, was Mathematisieren ist, im Menschen immer da, insofern er sein Dasein durchlebt zwischen der Geburt und dem Tode? - Nein, es ist nicht immer da. Das Mathematisieren erwacht erst. Und zwar können wir - und dabei bleiben wir auch noch innerhalb der Empirie gegenüber der äußeren Welt stehen - ganz genau beobachten, wie allmählich diejenigen Seelenfähigkeiten gewissermaßen aus dem dunklen Untergrunde des menschlichen Bewußtseins heraus erwachen, die sich dann gerade im Mathematisieren und in Ähnlichem, was wie das Mathematisieren ist, von dem wir gleich nachher sprechen wollen, äußern. Dieser Zeitpunkt, wenn man ihn nur genau und ordentlich ins Auge zu fassen vermag, wenn man ihn nur so behandelt, wie die Naturforschung zum Beispiel die Erscheinung des Schmelzpunktes oder des Siedepunktes behandelt, dieser Zeitpunkt liegt etwa in derjenigen Lebensepoche, in der das Kind die Zähne wechselt, in der aus den Milchzähnen die zweiten Zähne werden. Man muß nur solch einen Lebensentwickelungspunkt aus derselben Gesinnung heraus ins Auge fassen, wie man zum Beispiel in der Physik gelernt hat, den Schmelzpunkt oder den Siedepunkt zu behandeln. Man muß sich die Fähigkeit erwerben, ins Komplizierte des Menschenlebens hinein diese strenge innere Disziplin zu tragen, die man sich aus den einfachen physikalischen Phänomenen, indem man sie im Sinne der neueren Wissenschaft beobachtet, erwerben kann. Und wenn man das tut, dann sieht man, daß in der menschlichen Entwickelung von der Geburt an, oder sagen wir besser von der Empfängnis an, bis zu diesem Punkte des Zahnwechsels sich zwar allmählich aus der Organisation herausarbeiten die Seelenfähigkeiten, die dann mathematisieren, aber sie sind eben noch nicht da. Und so wie wir sagen, daß die Wärme, die latent ist in einem Körper und in einem bestimmten Zustande zum Vorschein kommt, früher in dem Körper, in der inneren Struktur des Körpers gearbeitet hat, so müssen wir uns klar sein darüber, daß dasjenige, was als Fähigkeit des Mathematisierens in der Zeit des Zahnwechsels besonders stark, allmählich aber in gewissem anderem Sinne zum Vorscheine kommt, daß das früher in der Organisation des Menschen drinnen gearbeitet hat. Und so bekommen wir einen merkwürdigen, bedeutsamen Begriff über dieses Mathematisieren, im weitesten Sinne natürlich. Wir bekommen den Begriff, daß dasjenige, was wir als Seelenfähigkeit nach dem Zahnwechsel als Menschen anwenden, daß das vorher in uns organisierend wirkt. Ja, in dem Kinde bis zum siebenten Jahre ungefähr ist eine innere Mathematik, eine innere Mathematik, die nun nicht so abstrakt ist wie unsere äußere, sondern die kraftdurchsetzt ist, die, wenn ich diesen Ausdruck Platos gebrauchen darf, nicht nur angeschaut werden kann, sondern die lebensvoll tätig ist. Es existiert in uns etwas bis zu diesem Zeitpunkte, das mathematisiert, das uns innerlich durchmathematisiert.“ (Lit.:GA 322, S. 37ff)

Siehe auch

Literatur

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Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.