14-Punkte-Programm

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Woodrow Wilson (1856 - 1924)

Als 14-Punkte-Programm werden die Grundzüge einer Friedensordnung für das vom Ersten Weltkrieg erschütterte Europa bezeichnet, die der amerikanische Präsident Woodrow Wilson am 8. Januar 1918 in einer programmatischen Rede vor beiden Häusern des US-Kongresses umriss. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der Ausarbeitung der Vierzehn Punkte spielte der Berater Wilsons, der amerikanischer Journalist und Publizist Walter Lippmann (1889 - 1974), der auch am Kriegseintritt der USA beteiligt war. Bekannt wurde er insbesondere durch sein 1922[1] veröffentlichtes Werk Die öffentliche Meinung, das als grundlegendes Werk des Journalismus, der Medienwissenschaften, der Politikwissenschaft und der Sozialpsychologie gilt.[2][3][4][5]

Die „Vierzehn Punkte“

  1. Offene, öffentlich abgeschlossene Friedensverträge. Danach sollen keinerlei geheime internationale Abmachungen mehr bestehen, sondern die Diplomatie soll immer aufrichtig und vor aller Welt getrieben werden.
  2. Uneingeschränkte Freiheit der Schifffahrt auf den Meeren, außerhalb der Territorialgewässer, im Frieden sowohl wie im Kriege, ausgenommen jene Meere, die ganz oder teilweise durch internationales Vorgehen zur Durchführung internationaler Verträge gesperrt werden.
  3. Möglichste Beseitigung aller wirtschaftlichen Schranken und Herstellung einer Gleichheit der Handelsbedingungen für alle Nationen, die dem Frieden beitreten und sich zu seiner Aufrechterhaltung verbinden.
  4. Entsprechende gegenseitige Bürgschaften für die Beschränkung der Rüstungen der Nationen auf das niedrigste, mit der Sicherheit im Innern vereinbare Maß.
  5. Freier, unbefangener und völlig unparteiischer Ausgleich aller kolonialen Ansprüche, auf der genauen Beachtung des Grundsatzes beruhend, dass beim Entscheid in solchen Souveränitätsfragen die Interessen der betreffenden Bevölkerungen ebenso ins Gewicht fallen, wie die berechtigten Ansprüche der Regierung, deren Rechtstitel zu entscheiden ist.
  6. Räumung des ganzen russischen Gebietes und ein Einvernehmen über alle auf Russland bezüglichen Fragen, das das beste und freieste Zusammenwirken der anderen Völker sichert, um für Russland eine ungehemmte Gelegenheit zur unabhängigen Bestimmung seiner eigenen politischen Entwicklung und nationalen Politik herbeizuführen und ihm eine herzliche Aufnahme in der Gesellschaft der freien Nationen unter selbst gewählten Staatseinrichtungen, ja noch mehr, Hilfe jeder Art, deren es bedürftig sein und von sich aus wünschen mag, gewährleistet. Die Russland von seinen Schwesternationen in den nächsten Monaten gewährte Behandlung wird der Prüfstein ihres guten Willens, ihres Verständnisses für seine Bedürfnisse im Unterschied zu ihren eigenen Interessen und ihres verständigen und selbstlosen Mitgefühls sein.
  7. Belgien muss, die ganze Welt wird dem beipflichten, geräumt und wiederhergestellt werden, ohne jeden Versuch, seine Souveränität, deren es sich wie alle anderen freien Völker erfreut, zu beschränken. Kein anderer einzelner Schritt wird so wie dieser dazu dienen, das Vertrauen unter den Nationen in die Gesetze wiederherzustellen, die sie selbst geschaffen haben und als maßgebend für ihre Beziehungen zueinander festgesetzt haben. Ohne diesen heilsamen Schritt bleibt die gesamte Struktur und die Gültigkeit des Völkerrechts für immer geschädigt.
  8. Das ganze französische Gebiet muss geräumt und die besetzten Teile wiederhergestellt werden. Das Unrecht, das Frankreich im Jahre 1872 in Beziehung auf Elsass-Lothringen durch Preußen angetan worden ist und das den Weltfrieden während nahezu fünfzig Jahren erschüttert hat, muss wiedergutgemacht werden, damit der Friede im Interesse Aller wiederhergestellt werden kann.
  9. Berichtigung der Grenzen Italiens nach den genau erkennbaren Abgrenzungen der Volksangehörigkeit.
  10. Den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden.
  11. Rumänien, Serbien und Montenegro sollten geräumt, die besetzten Gebiete zurückgegeben werden. Serbien sollte ein freier und sicherer Zugang zur See gewährt werden, und die Beziehungen unter den verschiedenen Balkanstaaten zueinander sollten durch freundschaftliche Übereinkunft nach den bestehenden geschichtlichen Richtlinien der Zugehörigkeit und der Nationalität geregelt werden. Internationale Bürgschaften für die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit sowie die Unverletzlichkeit des Gebiets der verschiedenen Balkanstaaten sollten geschaffen werden.
  12. Den türkischen Teilen des Osmanischen Reiches sollte eine unbedingte Selbständigkeit gewährleistet werden. Den übrigen Nationalitäten dagegen, die zurzeit unter türkischer Herrschaft stehen, sollte eine zuverlässige Sicherheit des Lebens und eine völlig ungestörte Gelegenheit zur selbständigen Entwicklung gegeben werden. Die Dardanellen sollten unter internationalen Bürgschaften als freie Durchfahrt für die Schiffe und den Handel aller Nationen dauernd geöffnet werden.
  13. Ein unabhängiger polnischer Staat sollte errichtet werden, der alle Gebiete einzubegreifen hätte, die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnt sind; diesem Staat sollte ein freier und sicherer Zugang zur See geöffnet werden, und seine politische sowohl wie wirtschaftliche Unabhängigkeit sollte durch internationale Übereinkommen verbürgt werden.
  14. Ein allgemeiner Verband der Nationen muss gegründet werden mit besonderen Verträgen zum Zweck gegenseitiger Bürgschaften für die politische Unabhängigkeit und die territoriale Unverletzbarkeit der kleinen sowohl wie der großen Staaten.

Auswirkungen

Einige der von Wilson aufgelisteten vierzehn Punkte (wie die Räumung und Wiederherstellung Belgiens, die Räumung und Aufgabe von Elsass-Lothringen) waren sehr konkret, andere (wie die Freiheit der Meere, Rüstungsbeschränkung) ziemlich allgemein oder vage („autonome Entwicklung“ für die Völker Österreich-Ungarns) gehalten. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker wurde von Wilson der Öffentlichkeit gegenüber als ein wichtiger Teil des Programms vertreten, war aber nicht mit allen Punkten des Programms konfliktlos kompatibel.

Ursprünglich waren die 14 Punkte dazu bestimmt gewesen, die deutsch-russischen Verhandlungen über einen Sonderfrieden zu torpedieren, die am 5. März 1918 in den Friedensvertrag von Brest-Litowsk mündeten.[6] Während der Verhandlungen der Pariser Vorortverträge 1919 waren sie Grundlage der amerikanischen Position. Großen Wert legte Wilson auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches aber nicht konsequent zur Anwendung kam. So wurde beispielsweise im Friedensvertrag von Versailles eine Vereinigung des Deutschen Reiches mit Deutschösterreich untersagt. Weitere fast ausschließlich deutschsprachige Gebiete wie Südtirol, das Sudetenland, das Memelland und Danzig mussten die Kriegsverlierer abtreten. In Ostbelgien fand zwar eine Wahl statt, in der die Bevölkerung über ihre Zugehörigkeit entscheiden sollte, jedoch galt diese Abstimmung aufgrund militärischen Drucks als unfrei. Auch Ungarn musste mehrheitlich von Magyaren besiedelte Gebiete im Vertrag von Trianon abtreten. Dennoch gilt dieser Plan selbst heute noch als eine für damalige Verhältnisse moderne Vision für eine Nachkriegsordnung. Wilson erhielt für seine Bemühungen sogar den Friedensnobelpreis.

Die Regierung des Deutschen Kaiserreichs stimmte zwar einzelnen Punkten zu, lehnte aber anfangs Verhandlungen mit den USA über territoriale Fragen ab. Sie griff Wilsons Plan erst im Oktober 1918 auf, als die eigene militärische Lage hoffnungslos geworden und eine neue politische Situation eingetreten war.[7] Dennoch hofften viele deutsche Politiker und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung nun auf einen Frieden auf Basis der 14 Punkte.[8] Als im Sommer 1919 die tatsächlichen Friedensbedingungen der Alliierten und der assoziierten Mächte bekannt wurden, löste dies in Deutschland einen Sturm der Entrüstung aus. In Unkenntnis der Politik der früheren, kaiserlichen Reichsleitung wurde der Versailler Friedensvertrag als Betrug und als ungerechtes „Versailler Diktat“ empfunden.

Rudolf Steiner über die Vierzehn Punkte

Rudolf Steiner stand den Vierzehn Punkten Wilsons von Anfang an ablehnend gegenüber. Er sah darin ein abstraktes weltfremdes Konzept, das nicht geeignet sei, den sozialen und politischen Frieden in der Welt zu fördern, sondern diese vielmehr ins Chaos stürzen würde. Statt dessen propagierte er das von ihm entwickelte Leitbild der Dreigliederung des sozialen Organismus.

„Während des Weltkrieges hat man es nicht verstanden, daß den vierzehn abstrakten Punkten des Woodrow Wilson die konkrete Dreigliederung von autoritativer Stelle hätte entgegengetragen werden müssen. Die Praktiker haben sie unpraktisch gefunden, weil sie gar keine wirkliche Idee von dem Zusammenhang von Idee und Praxis haben. Gewiß, die Vierzehn Punkte Woodrow Wilsons sind so unpraktisch wie möglich. Und es ist vielleicht die größte Tragik, die dem deutschen Volk hat passieren können, daß selbst der Mann, auf den man in den letzten Tagen der katastrophalen Zeit gerechnet hat, der noch aus dem alten Regime heraus Reichskanzler werden konnte, daß selbst der imstande war, die Vierzehn Punkte Wilsons irgend wie ernstzunehmen. Vorläufig sind diese Vierzehn Punkte in die Unmöglichkeit des abstrakten Völkerbundes ausgelaufen; ihre Unmöglichkeit zeigen sie praktisch in Versailles und Spa. Dasjenige aber, was sie vermocht haben, trotzdem sie abstrakt sind, das ist, sie haben Heere und Schiffe in Bewegung gebracht. Und etwas in Bewegung bringen, das sollten die Punkte, die durch die Dreigliederung in die Welt kommen, auch; wenn auch nicht gerade Heere und Schiffe, so sollten sie doch die Menschen in Bewegung bringen, so daß wieder ein lebensfähiger sozialer Organismus da sein könnte. Das kann nur auf dem Wege der Dreigliederung geschehen - das wurde von den verschiedensten Gesichtspunkten aus hier erörtert.“ (Lit.:GA 337a, S. 262f)

„Wilsons vierzehn Punkte waren abstrakt und wirklichkeitsfremd. Man kann solchen Ideen eine Scheinwirklichkeit geben, weil Menschen auch das ausführen können, was in der Ausführung sich als bestandsunmöglich erweist. Aus diesen vierzehn Punkten konnte nie ein wahrer Friede werden. Denn die zivilisierte Menschheit ist an einem Punkte ihrer Entwicklung angekommen, in dem, was als geistiges Leben, als Rechtsverhältnisse im weitesten Sinn und als wirtschaftliche Daseinsbedingungen aus den Bereichen der überkommenen Staaten heraus sich ergeben hatte, nicht mehr weiterzubringen war im Rahmen dieser Staaten. Bis in die Gegenwart bedurfte es der einheitlichen Staatsgebilde, um durch sie im Rechtszusammenleben der Menschen das Geistesleben zu pflegen und die neueren Wirtschaftsformen zu gebären. Aber sowohl das Geistesleben wie auch die Weltwirtschaft sind zu Gestaltungen gelangt, die durch diese Staatsgebilde nicht weiterzubringen sind. Unbefangen erfasst war der Weltkrieg doch nichts anderes als der Ausdruck dafür, dass die Staaten aufeinanderprallten, weil diejenigen Kräfte nach einem unvernünftigen Ausweg suchten, deren wahre Natur darin bestand, für Geistesleben und Wirtschaft neue Formen zu suchen [...]

Wie man 1917 auf die Dreigliederung des sozialen Organismus weisen musste, um den ohnmächtigen vierzehn Punkten Wilsons etwas entgegenzustellen, das zu einem wirklichen Friedensausweg führen konnte, so muss man jetzt auf dieselbe Dreigliederung zeigen, um dem Gespenst zu begegnen, das der Zivilisation droht. Wie ohnmächtig die «Vierzehn Punkte» waren, das hat die Hilflosigkeit ihres Trägers in Versailles erwiesen. John Maynard Keynes, der bei den Versailler Verhandlungen zugegen war, hat das in seinem Buche über die wirtschaftlichen Folgen des Krieges deutlich genug gesagt.“ (Lit.:GA 24, S. 318ff)

„Als auch für eine größere Anzahl in der Außenwelt stehende Persönlichkeiten klar war, wie die furchtbaren katastrophalen Ereignisse aus dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts verlaufen werden, da stellte sich in die Ereignisse etwas hinein - ich will heute, wie gesagt, nur Richtungen andeuten, Sie finden das Genauere darüber in meinen Schriften -, das die blutleerste Abstraktion war, etwas ganz und gar nur aus der abstrakten Geistigkeit Herausgeborenes. Mit dieser abstrakten Art der Geistigkeit war derjenige heraufgekommen, der aus einem Gelehrten Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika geworden war, Woodrow Wilson. In seinen Vierzehn Punkten war auch als ein Impuls für das Praktische vor die Welt hingestellt, was nur aus einer lebensfremden Abstraktion hervorging. Den praktischen Beweis dafür hat die Lage geliefert - Sie können das bei Maynard Keynes nachlesen -, in der sich Woodrow Wilson bei den Verhandlungen in Versailles befand, wo das, was in seiner Theorie lebte, immer mehr und mehr abschmolz gegenüber dem, was aus den veraltetsten traditionellen Anschauungen heraus dazumal in Versailles ausgemacht worden war. Die geschichtliche Entwickelung selber hat den Beweis für das Lebensfremde der Vierzehn Punkte Woodrow Wilsons geliefert. Als sie aufgestellt wurden, da bezeugten sie aber, daß man mit solcher Abstraktion durchaus auch etwas in die Wirklichkeit hinein tragen kann: man trägt in sie etwas hinein, aber man trägt nur den Irrtum hinein! Es ist nicht so, daß Abstraktionen, wenn sie durch Menschen gehen, nicht Wirklichkeiten hervorzaubern könnten; aber es ist so, daß sie immer in diesen Wirklichkeiten Verwirrungen oder Unzulänglichkeiten werden hervorrufen müssen, weil sie eben nicht aus dem Leben geholt sind. So konnten die Vierzehn Punkte Schiffe und Heere über das Meer bringen, aber es konnten diese Vierzehn Punkte nicht einen lebenskräftigen Impuls in die moderne Zivilisation hineinsenden.“ (Lit.:GA 76, S. 183f)

„Darum handelt es sich, daß durch die Bewegung, die sich auch anders nennen könnte, die drei Glieder des sozialen Lebens in ein richtiges Verhältnis gebracht werden sollen gegenüber dem Intellektualismus, der das Bestreben hat, alles in einen Topf zusammen zu werfen, wenn er auch dann aus dem einen Topf zum Beispiel die Vierzehn Punkte herausnimmt, die, sofern es Woodrow Wilsons Vierzehn Punkte waren, in bezug auf ihren Intellektualismus wahrhaftig nichts zu wünschen übrig lassen. Die Dreigliederungsidee wurde von mir zuerst geäußert, gerade als man in einem furchtbar ernsten Moment wiederum einmal nicht aus der Lebenspraxis heraus die Lösung der Fragen suchte, sondern aus Köpfen, aus dem Intellektualismus heraus, mit den Vierzehn Punkten Wilsons. Man konnte besonders auch im Ausland sehen, wie diese Vierzehn Punkte, als sie auftraten, etwas Pathologisches in der Menschheit ansprachen, und es war im höchsten Maße zu bedauern, daß im ernstesten Augenblick der neueren deutschen Geschichtsentwicklung, im Herbste 1918, Mitteleuropa sich sogar auf diese Vierzehn Punkte einließ und nicht sehen konnte, wie wir gerade im gegenwärtigen Augenblick genötigt sind, uns ohne alle blassen Theorien unmittelbar auf die Lebenspraxis einzulassen und aus ihr heraus die Dinge zu studieren. Die Vierzehn Punkte waren eine Utopie; die weitere Entwicklung hat das gezeigt. Die Menschheit wird sich überzeugen müssen, daß mit solchen Utopien nichts zu erreichen ist, sondern daß lediglich etwas erreicht wird, wenn man wirklichkeitsgemäß sich auf das einläßt, was da ist; wenn man aus dem Daseienden heraus nicht nur logisch - das ist heute leicht -, sondern wirklichkeitsgemäß zu denken versteht.“ (Lit.:GA 77a, S. 50f)

„Sie wissen ja alle, daß in das in ein so furchtbares Chaos hineingehende Zivilisationsleben in einem gewissen Zeitpunkte die sogenannten «Vierzehn Punkte» Woodrow Wilsons fielen. Was waren diese Vierzehn Punkte denn eigentlich? Sie waren im Grunde genommen nichts anderes als die abstrakten Prinzipien eines weltfremden Mannes, die abstrakten Prinzipien eines Menschen, der von der Wirklichkeit wenig wußte, wie sich dann in Versailles, wo er in der Wirklichkeit eine hervorragende Rolle hätte spielen können, gezeigt hat. Ein wirklichkeitsfremder Mann wollte aus dem Intellektualismus heraus der Welt zeigen, wie sie sich organisieren sollte. Man muß nur erlebt haben, mit welcher Begeisterung die zivilisierte Menschheit an diesen Vierzehn Punkten hing, allerdings mit Ausnahme eines großen Teiles der mitteleuropäischen Bevölkerung, für die es aber leider auch einen, wenn auch kurzen Zeitraum gab, in dem sie auf diese Vierzehn Punkte hereinfiel.

Im Jahre 1917 versuchte ich demgegenüber, einzelnen Persönlichkeiten Mitteleuropas, die sich dafür interessierten, denen aber nicht nachgelaufen wurde, sondern die entweder herankamen oder herangebracht wurden, zu zeigen, wie abstrakt, wie wirklichkeitsfremd dasjenige ist, was da in die soziale Gestaltung der Welt herein will, wie sozusagen alles das, was an schlechten Erziehungsgrundsätzen in der modernen Zivilisation waltet, kondensiert in diesem Weltschulmeister Woodrow Wilson sich darstellte, und wie die abstrakten Grundsätze dieser - im schlechten Sinne - Weltschulmeisterei von den Leuten mit Begeisterung aufgenommen wurden. Dazumal versuchte ich zu zeigen, daß eine Gesundung dieser Verhältnisse nur eintreten könne, wenn man gegenüber allen solchen abstrakten Einstellungen sich auf den Boden stellt, der die Gedanken nicht ausschließt, der aber gerade die Gedanken so hervorbringt, daß sie aus der Wirklichkeit, aus der Realität herauswachsen. Dann darf man sich aber nicht irgend etwas Utopistisches ausdenken - ich möchte sagen, die Woodrow Wilsonschen Grundsätze waren der verdichtetste Utopismus, waren der Utopismus in der dritten Potenz schon -, sondern dann muß man sich klar sein, daß man aus den realen Bedingungen der gegenwärtigen Menschheit selbst suchen muß, wie Impulse zu finden sind.“ (Lit.:GA 81, S. 108ff)

Nach der Ansicht Rudolf Steiners wurde durch das 14-Punkte-Programm ein ungesunder nationaler Chauvinismus gefördert, in dem zurückgebliebene Geister der Form wirkten.

„Wo sehen wir denn nun zurückgebliebene Geister der Form tätig? In erster Linie sehen wir sie heute tätig in den nationalen Chauvinismen, die über die ganze Welt sich verbreiten, da, wo die Gedanken der Menschen sich nicht aus unmittelbarer innerster menschlicher Zentralität heraus entwickeln, sondern aus dem Blute heraus, aus dem, was aus den Instinkten aufflutet [...]

Und wenn man nun nachgeben will diesen zurückgebliebenen Geistern der Form und zu gleicher Zeit ein furchtbar ehrgeiziger Mensch ist, der durch das Schicksal an einen besonderen Posten gestellt ist, dann fabriziert man, gerade mit Rücksicht auf die nationalen Chauvinismen der Welt, «Vierzehn Punkte» und findet dann Anhänger, welche diese vierzehn Punkte Woodrow Wilsons als dasjenige betrachten, was der Welt etwas Großartiges geben soll.

In Wahrheit gesehen, was waren sie, diese vierzehn Punkte Woodrow Wilsons? Sie waren etwas, was der Welt hingeworfen werden sollte, damit sie frönen kann dem, was die zurückgebliebenen Geister der Form ausgießen wollen über die verschiedenen Naturgrundlagen der Nationen. Sie waren unmittelbar von da her inspiriert.“ (Lit.:GA 222, S. 85)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wikisource: Fourteen Points Speech – Quellen und Volltexte (english)

Einzelnachweise

  1.  Ronald Steel: Walter Lippmann and the American Century. Routledge, 29. September 2017, ISBN 9781351299756 (https://books.google.com.ph/books?id=hmRQDwAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=lippmann+public+opinion&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiayIjm26rkAhWHUN4KHUS0BAE4ChDoAQhCMAM#v=onepage&q=lippmann%20public%20opinion&f=false).
  2.  Elliot King, Jane Chapman: Key Readings in Journalism. Routledge, 12. November 2012, ISBN 9781135767679 (https://books.google.com.ph/books?id=QSKCxz7DKcwC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=snippet&q=lippmann&f=false).
  3.  Doris Appel Graber: The politics of news: the news of politics. CQ Press, 1998, ISBN 9781568024127 (https://books.google.com.ph/books?id=Bb1oAAAAIAAJ&q=lippmann+public+opinion+key+text&dq=lippmann+public+opinion+key+text&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiplNicuqfkAhUsL6YKHRRIDesQ6AEIWjAG).
  4.  John Durham Peters, Peter Simonson: Mass Communication and American Social Thought: Key Texts, 1919-1968. Rowman & Littlefield, 2004, ISBN 9780742528390 (https://books.google.com.ph/books?id=34kSkJuYCIYC&pg=PA36&dq=lippmann+public+opinion+key+text&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiplNicuqfkAhUsL6YKHRRIDesQ6AEIYjAH#v=onepage&q=lippmann%20public%20opinion%20key%20text&f=false).
  5.  John Gray Geer: Public Opinion and Polling Around the World: A Historical Encyclopedia. ABC-CLIO, 2004, ISBN 9781576079119 (https://books.google.com.ph/books?id=ErMMGz1RIUcC&pg=PA424&dq=lippmann+public+opinion&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjpqrKf0KrkAhXJBIgKHRT5AIIQ6AEIQjAD#v=onepage&q=lippmann%20public%20opinion&f=false).
  6. Gerd Koenen: Spiel um Weltmacht. Deutschland und die Russische Revolution. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 67, Heft 34–36 (2017), S. 19.
  7. René Schlott: Als Amerika eine neue Weltordnung entwarf. In: Spiegel.de. 18. Januar 2018, abgerufen am 5. November 2020.
  8. Das 14-Punkte-Programm. In: DHM.de. Abgerufen am 4. April 2020.
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