David Ricardo und Wirtschaftseinheit: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Wirtschaftseinheiten.svg|thumb|Betriebswirtschaftlich relevante Wirtschaftseinheiten: :  [[Wikipedia:Öffentlicher Haushalt|öffentliche Haushalte]], [[Wikipedia:Privathaushalt|Privathaushalt]]e und [[Betrieb]]e|500px]]


'''David Ricardo''' (* [[Wikipedia:18. April|18. April]] [[Wikipedia:1772|1772]] in [[Wikipedia:London|London]]; † [[Wikipedia:11.September|11. September]] [[Wikipedia:1823|1823]] in [[Wikipedia:Gatcombe Parc|Gatcombe Park]]) war ein britischer [[Wirtschaftswissenschaftler]] und ein führender Vertreter der [[Klassische Nationalökonomie|klassischen Nationalökonomie]].
'''Wirtschaftseinheit''' oder '''Wirtschaftssubjekt''' ({{enS|''economic unit''}}) ist in der [[Wirtschaftswissenschaft]] ein wirtschaftlich selbständiger Entscheidungsträger, etwa ein [[Haushalte|Privathaushalt]] oder ein [[Unternehmen]]<ref>[http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/wirtschaftssubjekt.html Gablers Wirtschaftslexikon]</ref>
== Allgemeines ==
[[Datei:Bild 255xyz.jpg|thumb|Der [[Sozialer Organismus|soziale Organismus]] in seinem Ist-Zustand]]
Zu den Wirtschaftseinheiten gehören [[Haushalte|Privathaushalt]]e, [[Unternehmen]] und der [[Staat]] mit allen ihm zuzuordnenden [[Wikipedia:öffentlicher Haushalt|öffentlichen Haushalten]] ([[Wikipedia:öffentliche Hand|öffentliche Hand]] einschließlich [[Wikipedia:Sozialversicherung|Sozialversicherung]]). Manchmal werden als weitere Wirtschaftseinheiten noch die privaten [[Wikipedia:Non-Profit-Organisation|Organisationen ohne Erwerbscharakter]] (wie [[Wikipedia:Verein|Verein]]e, [[Wikipedia:Kirche (Organisation)|Kirchen]], [[Wikipedia:Gewerkschaft|Gewerkschaften]] oder [[Wikipedia:Verband (Soziologie)|Verbände]])<ref>[https://books.google.de/books?id=h038vihQ_mIC&pg=PA41&dq=Wirtschaftseinheit+begriff&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Wirtschaftseinheit%20begriff&f=false Alfred Endres/Jörn Martiensen, ''Umweltökonomik'', 2007, S. 41]</ref> und das [[Wikipedia:Ausland|Ausland]] (etwa [[Wikipedia:Touristen|Touristen]]) hinzugerechnet. Jede Gruppe gleicher Wirtschaftseinheiten weist Eigenheiten auf, die sie von den anderen Gruppen von Wirtschaftseinheiten unterscheidet. Das betrifft ihren wirtschaftlichen [[Zweck]], ihre [[Wikipedia:Vermögensstruktur|Vermögens-]] und [[Wikipedia:Kapitalstruktur|Kapitalstruktur]], ihre hauptsächliche [[Einkunftsart (Deutschland)|Einkommensart]] und ihre [[Ziel]]e. Wirtschaftseinheiten sind so organisiert, dass sie aufgrund ihrer Ziele in der Lage sind, am [[Markt]] teilzunehmen. Sie sind [[Akteur]]e, die als [[Entscheidungsträger]] ("Subjekte") auf den Märkten in [[Interaktion]] treten und innerhalb ihrer Gruppe jeweils ein charakteristisches [[Marktverhalten]] aufweisen. Wirtschaftssubjekte mit ähnlichen Verhaltensweisen werden zu [[Wirtschaftssektor]]en zusammengefasst.<ref>[https://books.google.de/books?id=KNR3_6cfPpcC&pg=PA67&dq=adam+smith+verhalten+wirtschaftssubjekte&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=wirtschaftssubjekte&f=false Klaus Schrüfer, ''Allgemeine Volkswirtschaftslehre'', 2010, S. 24]</ref>


== Leben ==
== Geschichte ==
Der [[Physiokrat]] [[François Quesnay]] kannte in seinem 1758 entstandenen ''[[Tableau économique]]'' drei Wirtschaftseinheiten, nämlich [[Eigentümer]], [[Unternehmer]] und [[Arbeiter]], die er entweder zur „produktiven Klasse“ (Unternehmer und Arbeiter in der [[Landwirtschaft]]) oder zur „sterilen Klasse“ (Unternehmer und Arbeiter in [[Handel]] und [[Manufaktur]]) zusammenfasste. In seinem Buch ''[[Theorie der ethischen Gefühle]]'' beschrieb [[Adam Smith]] im Jahre 1759 psychologische Aspekte des Verhaltens ({{enS|''conduct''}}) von Wirtschaftssubjekten.<ref>Adam Smith, ''The Theory of Moral Sentiments'', 1759 III, S. 239 ff.</ref> Spätestens seit seinem Buch ''[[Der Wohlstand der Nationen]]'' (März 1776) wird davon ausgegangen, dass die privaten Wirtschaftssubjekte ihren eigenen individuellen [[Nutzen (Wirtschaft)|Nutzen]] verfolgen.<ref>Adam Smith, ''An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations'', 1776, S. 825 ff.</ref> Smith erkannte den [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerb]] zwischen den am Markt teilnehmenden Wirtschaftssubjekten als den entscheidenden Selbststeuerungsmechanismus.


David Ricardo wurde am 18. April 1772 als drittes von 17 Kindern in eine [[Sephardim|sephardische]] [[Judentum|jüdische]] Familie geboren.<ref name="Klassiker 62">Michael Hüther (Hrsg.): ''Klassiker der Ökonomie - Von Adam Smith bis Amartya Sen'', Bonn 2006, S.62f</ref> Diese stammte ursprünglich aus [[Portugal]] und war erst kurz zuvor aus den [[Republik der Sieben Vereinigten Niederlande|Niederlanden]] nach [[London]] immigriert.<ref name="Bordat">Josef Bordat: ''David Ricardo – Eine erste Orientierung zu Leben und Werk''</ref> Ricardos Vater war als [[Börsenmakler]] tätig und galt als einer der reichsten Männer seiner Zeit. Dieser führte seinen Sohn im Alter von 14 Jahren in seinen Beruf ein, nahm ihn mit zur [[London Stock Exchange|Londoner Börse]] und ließ ihn dort arbeiten. Einige Jahre später, im Alter von 21 Jahren, lernte Ricardo Priscilla Anne Wilkinson kennen, die [[Quäker]]in war. Er heiratete sie bereits kurze Zeit später und entsagte damit dem jüdisch-orthodoxen Glauben. Ricardos Vater enterbte seinen Sohn und brach alle Kontakte ab.<ref name="Linß 35">Vera Linß: ''Die wichtigsten Wirtschaftsdenker'', Wiesbaden 2007, S. 35</ref> Ricardo erhielt von Freunden ein Darlehen und eröffnete bald ein eigenes Maklerbüro. Durch dessen Erfolg kam er bereits wenige Jahre später zu Reichtum, was ihm bald erlaubte, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen.<ref name="Bordat"/> Intellektuell wurde Ricardo unter anderem von [[Jeremy Bentham]] beeinflusst, der als Begründer des klassischen [[Utilitarismus]] gilt.<ref>{{Literatur|Titel=David Ricardo {{!}} British economist|Sammelwerk=Encyclopedia Britannica|Online=https://www.britannica.com/biography/David-Ricardo|Abruf=2017-05-30}}</ref>
Das [[Wirtschaften]] beruht [[Werner Sombart]] zufolge auf dem „zweckmäßigen Handeln“ der Wirtschaftssubjekte. Unter diesen Wirtschaftssubjekten verstand er im Jahre 1902 „Persönlichkeiten, von deren Willen also die wirtschaftliche Tätigkeit der eigenen Person oder Fremder bestimmt wird, bei denen im Bilde gesprochen der Schwerpunkt des Wirtschaftslebens liegt“.<ref>Werner Sombart, ''Der moderne Kapitalismus'', Band 1, 1902, S. 4</ref> Er unterschied 1927 zwischen Konsumtions- und Produktionswirtschaftssubjekten, rechnete die [[Kapitalist]]en als Inhaber der [[Produktionsmittel]] zu den Wirtschaftssubjekten und fasste die [[Lohnarbeit]]er als Wirtschaftsobjekte auf.<ref>Werner Sombart, ''Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus'', 1927, S. 230</ref> Der Privathaushalt ist [[Heinrich von Stackelberg]] zufolge eine „Wirtschaftseinheit, deren Zwecke die Verwendung wirtschaftlicher Güter erfordern, selbst jedoch nicht die Erzeugung wirtschaftlicher Güter zum Inhalt haben“.<ref>[https://books.google.de/books?id=VWTx96Ne4xUC&pg=PA107&dq=deren+zwecke+die+verwendung+wirtschaftlicher+g%C3%BCter+er-&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=deren%20zwecke%20die%20verwendung%20wirtschaftlicher%20g%C3%BCter%20er-&f=false Heinrich von Stackelberg, ''Grundlagen der theoretischen Volkswirtschaftslehre'', 1951, S. 107]</ref> Erich Kosiol sah 1962 in der Wirtschaftseinheit ein „Aktionsgebilde zur Erreichung von (ökonomischen, d. Verf.) Zielen durch Willenshandlungen“.<ref>Erich Kosiol, ''Organisation der Unternehmung'', 1962, S. 22</ref> Für [[Erwin Grochla]] schien eine sinnvolle Definition der Wirtschaftseinheit 1964 noch ein ungelöstes Problem der Wirtschaftswissenschaft zu sein.<ref>Erwin Grochla, ''Unternehmung und Betrieb'', in: Handbuch der Sozialwissenschaften, Band 10, 1964, S. 583</ref>


Neben seinen Geschäften befasste sich Ricardo mit [[Mathematik]] und [[Naturwissenschaft]]en. Nach der Lektüre des Werkes ''[[Der Wohlstand der Nationen|The Wealth of Nations]]'' von [[Adam Smith]] (1723–1790) befasste er sich ab 1799 intensiv mit der [[Wirtschaftswissenschaft|Ökonomie]]. Zunächst fertigte er nur Studien an; 1809 veröffentlichte er erstmals kritische Zeitungsbeiträge.<ref name="Bordat" /> Allerdings beschäftigte er sich erst ab 1814 ausschließlich mit seinen Studien.<ref name="Linß 35"/> Ricardo stand in den folgenden Jahren in engem Kontakt zu anderen führenden Ökonomen seiner Zeit, wie [[James Mill]] (1773–1836) und [[Thomas Robert Malthus]] (1766–1834), mit denen ihn Freundschaft verband, auch wenn sie fachlich unterschiedliche Auffassungen hatten. Zum Teil als Resultat dieser Dialoge, besonders mit Mill, entstanden schließlich die Hauptwerke Ricardos, ''Essay on the Influence of a low Price of Corn on the Profits of Stock'' (1815) und ''On the Principles of Political Economy and Taxation'' (1817). Ab 1819 vertrat Ricardo als [[Abgeordneter]] den [[Irland|irischen]] Bezirk [[Portarlington (County Laois)|Portarlington]] im [[House of Commons (Vereinigtes Königreich)|britischen Unterhaus]]. Dort setzte er sich für den [[Freihandel]] und die Abschaffung der [[Getreidezoll|Getreidezölle]] ein. Schließlich starb Ricardo am 11. September 1823 in [[Gatcombe Park]] an den Folgen einer [[Mittelohrentzündung]].<ref name="Linß 38f">Vera Linß: ''Die wichtigsten Wirtschaftsdenker'', Wiesbaden 2007, S. 38f</ref>
== Arten ==
''Privathaushalte'' weisen eine hauptsächlich dem Wohnzweck und der [[Haushaltsführung]] dienende Vermögensstruktur auf, ihr Zweck besteht in dem [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebot]] von [[Arbeit (Volkswirtschaftslehre)|Arbeit]], ihr Ziel ist die [[Nutzenmaximierung]]. Sie erzielen [[Arbeitseinkommen]], Einkommen aus [[Kapitalbeteiligung]], Unternehmertätigkeit oder [[Transferleistung]]en. Das [[Arbeitsangebot]] wird durch die [[Präferenz]]en der Privathaushalte festgelegt, die bestimmte Kombinationen von [[Realeinkommen]] und Freizeit zur Auswahl haben.


Den Zeitgenossen zufolge war Ricardo ein „freundlicher, nie rechthaberischer, überlegter und etwas zurückhaltender Mensch“.<ref name="Klassiker 62" />
''Unternehmen'' weisen eine mehr oder weniger hohe [[Anlagenintensität]] auf, um [[Gut (Wirtschaftswissenschaft)|Güter]] und [[Dienstleistung]]en produzieren zu können; ihre hauptsächliche Einkunftsart ist der [[Gewinn]], ihr [[Betriebszweck]] besteht in der Kombination der [[Produktionsfaktor]]en zwecks [[Produktion]] und [[Vertrieb]] und ihr [[Unternehmensziel]] ist die [[Gewinnmaximierung]]. Sie beziehen Produktionsfaktoren, um sie im [[Produktionsprozess]] in [[Konsumgut|Konsum-]] oder [[Investitionsgut|Investitionsgüter]] und [[Dienstleistung]]en umzuwandeln. Die Unternehmen stellen bei beliebig teilbaren Produktionsfaktoren und einer [[Produktionsfunktion]] mit abnehmender [[Grenzproduktivität]] solange zusätzlich Personal ein, bis die Grenzproduktivität dem [[Reallohn]] entspricht. Der ''Staat'' (und insbesondere die öffentliche Verwaltung und [[öffentliches Unternehmen|öffentliche Unternehmen]]) dienen [[Öffentlicher Zweck|öffentlichen Zwecken]], erfüllen [[öffentliche Aufgaben]] und verfolgen das Ziel des [[Kostendeckungsprinzip]]s.  


David Ricardo wurde Vater von acht Kindern, darunter drei Söhnen. Seine Söhne Oswald Ricardo (MP für [[Worcester]]) und David Ricardo der Jüngere (MP für [[Stroud]]) wurden Mitglieder des Parlamentes. Der dritte, Mortimer Ricardo diente als Offizier bei den [[Life Guards]] und war Deputy Lieutenant für Oxfordshire.<ref>"[http://www.historyofparliamentonline.org/volume/1820-1832/member/ricardo-david-1772-1823 RICARDO, David (1772–1823), of Gatcombe Park, Minchinhampton, Glos. and 56 Upper Brook Street, Grosvenor Square, Mdx.]". History of Parliament Online.</ref>
Jede Wirtschaftseinheit kann eine [[Bilanz]] erstellen, bei der sich auf der [[Aktivseite]] das [[Sachvermögen]] (Privathaushalte: Wohnimmobilie, Hausrat; Unternehmen: Gewerbeimmobilien, [[Lagerbestand]]; Staat: [[öffentliches Vermögen (Deutschland)|öffentliches Vermögen]]) und die [[Forderung]]en ([[Kassenbestand]], [[Bankguthaben]], [[Wertpapier]]e, [[Devisen]]) sowie auf der [[Passivseite]] die [[Verbindlichkeit]]en (etwa [[Staatsschulden]]) und das [[Reinvermögen]] bzw. [[Eigenkapital]] befinden.<ref>[https://books.google.de/books?id=DhcQBgAAQBAJ&pg=PA310&dq=staat+als+Wirtschaftseinheit&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=staat%20als%20Wirtschaftseinheit&f=false Holger Lang, ''Mon(k)ey-Business'', 2016, S. 310]</ref>


== Theorie ==
== Interaktion der Wirtschaftseinheiten ==
David Ricardo veröffentlichte 1817 ''Principles of Political Economy and Taxation''. Er entwickelte die Theorie der [[Komparativer Kostenvorteil|komparativen Kostenvorteile]], ein Kernstück der [[Außenhandelstheorie]], und begründete damit das [[Ricardianisches Außenhandelsmodell|ricardianische Außenhandelsmodell]]. Nach Ricardo lohnt sich Außenhandel für alle Volkswirtschaften, auch für jene, die gegenüber anderen Staaten bei allen [[Gut (Wirtschaftswissenschaft)|Gütern]] Kostennachteile haben. Weil jedes Land den größtmöglichen Güterertrag erzielt, wenn es die Produkte mit den geringeren Arbeitskosten selbst herstellt und die übrigen Güter im Austausch bezieht, wobei schon die relativen Kostenvorteile die internationale Arbeitsteilung und ihre weitere Spezialisierung gewährleisten. Ricardo meinte, nur 25 Personen in England seien imstande, seine ''Principles of Political Economy and Taxation'' überhaupt zu verstehen. Doch die erste Auflage von 750 Exemplaren war bald vergriffen, 1819 erschien die zweite, 1821 die stark überarbeitete dritte.<ref>Heinz D. Kurz: ''Nichts ist praktischer als gute Theorie. Vor 200 Jahren schrieb David Ricardo seine berühmten „Principles of Political Economy and Taxation“.'' In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Januar 2017, S. 18.</ref>
Das Wirtschaften in einer Volkswirtschaft erfolgt durch die Wirtschaftseinheiten. Um das [[Ökonomisches Prinzip|ökonomische Prinzip]] zu verwirklichen, müssen sie einen [[Wirtschaftsplan]] aufstellen.<ref>Klaus Schrüfer, ''Allgemeine Volkswirtschaftslehre'', 2010, S. 36</ref> Dabei sind sie gezwungen, ihren Wirtschaftsplan bestmöglich mit den Plänen anderer Wirtschaftseinheiten zu koordinieren.<ref>[https://books.google.de/books?id=PCPMBgAAQBAJ&pg=PA14&dq=Wirtschaftseinheit+staat&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Wirtschaftseinheit%20staat&f=false Walter Grosse, ''Allgemeine Versicherungslehre'', 1991, S. 20]</ref> In einer [[Marktwirtschaft]] entscheiden sie aufgrund ihres Wirtschaftsplans dezentral; ihre Entscheidungen werden über Märkte koordiniert. 


Weitere wichtige Schriften Ricardos sind der ''[[Essay über den Einfluss eines niedrigen Getreidepreises auf den Kapitalprofit]]'' (1815), worin er die freie Korneinfuhr empfahl, und die 1820 verfasste ''Essay on the Funding System'', worin er Steuererhöhung statt Anleihen forderte.
Heute ist der ''Privathaushalt'' eine aus einer oder mehreren [[natürliche Person|natürlichen Personen]] zusammengesetzte Wirtschaftseinheit, die eine [[private Finanzplanung]] aufstellen, durch [[Verbrauch]]sentscheidungen Konsumgüter/Dienstleistungen nachfragen, [[Arbeitsangebot]] zur Verfügung stellen und nur für den eigenen [[Konsum]] produzieren ([[Haus- und Familienarbeit|Hausarbeit]], [[Gartenarbeit]], [[Erziehung]]).<ref>Alfred Endres/Jörn Martiensen, ''Umweltökonomik'', 2007, S. 41</ref> [[Günter Wöhe]] definiert den [[Betrieb]] als „planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Produktionsfaktoren kombiniert werden, um Güter und Dienstleistungen herzustellen und abzusetzen“,<ref>Günter Wöhe, ''Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre'', 2003, S. 27</ref> sie treffen Produktionsentscheidungen.  
Ricardo konnte sich gemeinsam mit [[Robert Torrens]] mit der These durchsetzen, wonach die Basisgeldmenge begrenzt werden müsse. Damit galt die gegenteilige These [[John Fullarton]]s und [[Thomas Tooke]]s, wonach der Geldbedarf einer Volkswirtschaft sich ganz von alleine regeln würde, als widerlegt.


Ricardos Name ist eng verknüpft mit der [[Grundrententheorie|Theorie der Grundrente]]. Die Entstehung der Rente wird darauf zurückgeführt, dass von verschiedenen vorhandenen [[Boden (Bodenkunde)|Bodenqualitäten]] die besseren nicht ausreichten, um den Bedarf zu decken, und deshalb der [[Preis (Wirtschaft)|Preis]] der Bodenprodukte so hoch stehen müsse, dass die Kosten für Bebauung des schlechtesten noch unentbehrlichen Grundstücks gerade gedeckt würden.
Der ''Staat'' und seine Haushalte sind eine Wirtschaftseinheit, die überwiegend [[öffentliche Güter]] herstellt und der [[Öffentlichkeit]] bereitstellt. Entscheidungsträger im Staat ist das [[Organ (Recht)|Organ]] ([[Parlament]], [[Kabinett (Politik)|Kabinett]], [[Finanzminister]], [[Kämmerer]]), das die Abstimmung der Mittel für die verschiedenen Kollektivzwecke vornimmt. Wirtschaftseinheit ist der Staat nur als der Bewirtschafter von Mitteln für kollektive Zwecke.<ref>Walter Grosse, ''Allgemeine Versicherungslehre'', 1991, S. 14</ref>


Obwohl Ricardo in seiner ökonomischen Analyse sonst [[Says Gesetz]] als gültig annimmt, hat er in seinem letzten Kapitel über das Maschinenwesen eingeräumt, dass [[technischer Fortschritt]] zur Verringerung von Beschäftigung führen kann; diese Einstellung (obgleich in der Gesamttheorie inkonsistent) wurde von [[Karl Marx|Marx]] als „wissenschaftlich objektiv“ geschätzt.<ref>Michio Morishima: ''Ricardo's Economics. A general equilibrium theory of distribution and growth.'' Cambridge University Press 1989. ISBN 0-521-36630-5. S. 11.</ref> Mit seiner eigenen Version der [[Arbeitswerttheorie]] hat Marx an Ricardos Werk als dem ihm bekannten letzten Stand der Wissenschaft angeknüpft.
Die Möglichkeit bzw. die Notwendigkeit, Leistungen von anderen Wirtschaftseinheiten zu erwerben oder an diese abzugeben, erfordert [[Arbeitsteilung]]. Hierdurch sind die Wirtschaftseinheiten durch zwei Prinzipien miteinander verbunden:<ref>[https://books.google.de/books?id=2DiHBwAAQBAJ&pg=PA32&dq=Wirtschaftseinheit&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Wirtschaftseinheit&f=false Matthias Lehmann, ''Marktorientierte Betriebswirtschaftslehre'', 1998, S. 32]</ref>
<!--'''Korrektur''': Mark Blaug (in Swedberg Kapitel 3) zufolge war Marx' letzter bekannter Stand der Wissenschaft NICHT Ricardo, sondern Johann von Thünens "Der isolierte Staat, Teil 2" (1850). Seine Analyse zum Entrepreneur, die nicht in Marx Theorie passt, hat er vollständig ignoriert.
* ''Leistungen gegen Entgelt'': die Wirtschaftssubjekte vereinbaren übereinstimmend, was jeder gibt und was der andere dafür erhält („Entgeltwirtschaft“),
Ebenso ignorierte Ricardo Says Analysen zum Thema Unternehmertum (Entrepreneurship), der sich auf Cantillon bezieht, der wiederum auch von Adam Smith gelesen aber ignoriert wurde. Damit stehen Smith, Ricardo und Marx in einer theoretischen Linie.
* ''einseitige Leistungs- und Zahlungsvorgänge'': die Leistungsabgabe an andere ist von Entgelt-Einnahmen abgetrennt und wird durch Steuereinnahmen ersetzt („Staatswirtschaft“).
Das Ignorieren der gelesenen Analysen führte auch erst sehr spät zu einer Einführung des Begriffs "Entrepreneur" in die angelsächsische Literatur (durch John Stuart Mills 1848)- fand jedoch immer noch keine Beachtung, da sich die Wissenschaft vollends auf Makrozusammenhänge fokussierte.-->
Die Wirtschaftssektoren bilden schließlich die einfachste Struktur der [[Wikipedia:volkswirtschaftliche Gesamtrechnung|volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung]].
 
== Begriffe und Methode ==
Ricardos „Kornmodell“ gilt als ein frühes Beispiel einer [[Wikipedia:Ein-Gut-Parabel|Ein-Gut-Parabel]].
 
Nach Ricardo ist auch die sogenannte [[Wikipedia:Ricardianische Äquivalenz|Ricardianische Äquivalenz]] benannt.
 
Mit dem Begriff ''Ricardian Vice'' (dt. „ein für Ricardo typischer Fehler“) hat Joseph A. Schumpeter Ricardos Methode scharf kritisiert:<ref>Joseph A. Schumpeter: ''History of Economic Analysis''. Ed. Elizabeth Boody Schumpeter. London. Allen and Unwin, 1954. (dt.: Joseph A. Schumpeter, (Elizabeth B. Schumpeter, Hg.): ''Geschichte der ökonomischen Analyse.'' Zwei Teilbände. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 1965.)</ref> Ricardo gehe häufig von unrealistischen [[Wikipedia:Hypothese|Annahmen]] aus. Zudem behandele er Variablen als Konstante, die dem ökonomischen Argument nach keine Konstante sein dürften. Heinz D. Kurz hingegen weist Schumpeters Kritik als ungerechtfertigt zurück, da Ricardos Methode damit fehlinterpretiert werde.<ref>Heinz D. Kurz: [http://www.uni-graz.at/heinz.kurz/papers/Ricardian%20Vice%20%28IESS%29.pdf ''Ricardian Vice.''] International Encyclopedia of the Social Sciences, 2. Aufl.</ref>
 
Unter der Bezeichnung „[[Wikipedia:Neoricardianische Schule|Neoricardianische Schule]]“ werden Ökonomen wie Joan Robinson oder Piero Sraffa gefasst, die Ricardos Theorie wieder aufgegriffen und zu einer Alternative zur neoklassischen Theorie ausgebaut haben. Sraffa ist zudem als Herausgeber der Neuausgabe der Gesammelten Werke Ricardos hervorgetreten. Ricardo hat kurz vor seinem Tod einen Essay verfasst: „Absoluter Wert und Tauschwert“<ref>David Ricardo: ''Absoluter Wert und Tauschwert.'' In: Bertram Schefold, (Hg.): ''Ökonomische Klassik im Umbruch. Theoretische Aufsätze von David Ricardo, Alfred Marshall, Vladimir K. Dmitriev und Piero Sraffa.'' suhrkamp taschenbuch wissenschaft 627. Frankfurt/Main 1986. ISBN 3-518-28227-1. S. 7–14.</ref>. Der Aufsatz wurde erst kurz vor der Publikation der ''Gesammelten Werke'' bekannt und zum Anlass einer wesentlichen Revision der fast schon fertigen Ricardo-Gesamtausgabe.
 
Ricardo zu Ehren führte später der Lehrstuhl der politischen Ökonomie an der Londoner Universität seinen Namen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|David Ricardo}}
* {{WikipediaDE|Wirtschaftseinheit}}
* {{WikipediaDE|Klassische Nationalökonomie}}
 
== Publikationen ==
* ''[http://socserv.mcmaster.ca/econ/ugcm/3ll3/ricardo/bullion The High Price of Bullion, a Proof of the Depreciation of Bank Notes]'', London 1810
* ''Observations on some Passages in a Article in the Edinburgh Review, on the Depreciation of the Paper Currency'', (1811)
* ''Reply to Mr Bosanquet's Practical Observation on the Report of the Bullion Committee'' (1811)
* ''[http://socserv.mcmaster.ca/econ/ugcm/3ll3/ricardo/profits.txt An Essay on the Influence of a low Price of Corn on the Profits of Stock]'' (1815)
* ''Proposals for an Economical and Secure Currency'' (1816)
* ''[http://dlisv03.media.osaka-cu.ac.jp/infolib/user_contents/fukuda/0262.djvu On the Principles of Political Economy and Taxation]'' (1817)
* ''On Protection in Agriculture'', London 1822
* ''Speech on Mr Western's Motion, for a Committee to consider the Effects produced by the Resumption of Cash payments'' (1822)
'''Postume Ausgaben:'''
* ''Plan for the Establishment of a National Bank'' (1824)
* ''The Works of David Ricardo'' (1826)
* ''The Works and Correspondence of David Ricardo'' (11 Bde., 1951–1973)
* ''On the Principles of Political Economy and Taxation.'' Nachdruck der Ausgabe von 1817, mit einer Einführung von Frederick William Kolthammer (Friedrich Wilhelm Kolthammer). Empiricus Books, London, 3. Aufl. 2002, ISBN 1-902835-15-8.
'''Schriften in deutscher Übersetzung:'''
* ''Die Grundsätze der politischen Oekonomie oder der Staatswirthschaft und der Besteuerung''. Übersetzt von Christian August Schmidt. Verlag des priv. Landes-Industrie-Comptoirs, Weimar 1821 ([http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:061:1-74831 Digitalisat] der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
* ''Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung. Vollständige deutsche Fassung der englischen Standardausgabe einschließlich der Einführung und editorischen Anmerkungen Piero Sraffas''. Metropolis, Marburg 2006, ISBN 3-89518-540-X.
 
== Literatur ==
* Edwin Cannan: ''Ricardo in Parliament'', in: ''Economic Journal'', Vol. 4 (1894), [http://socserv2.socsci.mcmaster.ca/~econ/ugcm/3ll3/cannan/cannan001.html E-Text]
* John P. Henderson: ''The life and economics of David Ricardo'', Kluwer Publ., Boston 1997. ISBN 0-7923-9937-4
* Jan Hoff: ''Kritik der klassischen politischen Ökonomie. Zur Rezeption der werttheoretischen Ansätze ökonomischer Klassiker durch Karl Marx.'' PapyRossa, Köln 2004. ISBN 3-89438-314-3
* Jacob H. Hollander: ''The Development of Ricardo's Theory of Value'', in: ''Quarterly Journal of Economics'', Vol. 18 (1904), S. 455–491 [http://socserv2.socsci.mcmaster.ca/~econ/ugcm/3ll3/hollander/value.html E-Text]
* Samuel Hollander: ''The economics of David Ricardo'', University of Toronto Press, Toronto 1979. ISBN 0-8020-5438-2
* Moses Ricardo / Horst Claus Recktenwald: ''David Ricardo. Persönlichkeit und Lebensweg'', Verlag Wirtschaft und Finanzen, Düsseldorf 1988. ISBN 3-87881-027-X
* Mark Blaug: Entrepreneurship before and after Schumpeter, in Richard Swedberg Entrepreneurship. The Social Science View. Oxford University Press. New York: 2000.
* Gerhard Stapelfeldt: Der Liberalismus. Die Gesellschaftstheorien von Smith, Ricardo und Marx, Freiburg i.Br. 2006. ISBN 3-924627-78-9
 
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* [http://jobo72.wordpress.com/2013/02/19/david-ricardo/ Josef Bordat : ''David Ricardo – Eine erste Orientierung zu Leben und Werk''] (Stand: 19. Februar 2013)
* [http://www.zeit.de/1999/23/199923.biblio-serie_4_.xml Rudolf Hammerschmidt / Katharina Kort: ''Lohnender Tausch - David Ricardo: "Über die Grundsätze der Politischen Ökonomie und Besteuerung"'', in: ''Die Zeit Online''] (Stand: 25. September 2008)
* [http://www.vwler.de/Who_is_Who_/David_Ricardo/david_ricardo.html ''David Ricardo'', in VWLer.de] (Stand: 25. September 2008)
* Gerhard Stapelfeldt: [http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/IMG/pdf/Stapelfeldt_Ricardo_Wth.pdf Die Politische Ökonomie David Ricardos] (22 Seiten; PDF; 194&nbsp;kB), aus: ''Der Liberalismus. Die Gesellschaftstheorien von Smith, Ricardo und Marx'', ça ira, Freiburg 2006


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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[[Kategorie:Mann]]
 
{{Wikipedia}}
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Version vom 29. April 2021, 08:02 Uhr

Betriebswirtschaftlich relevante Wirtschaftseinheiten: : öffentliche Haushalte, Privathaushalte und Betriebe

Wirtschaftseinheit oder Wirtschaftssubjekt (eng. economic unit) ist in der Wirtschaftswissenschaft ein wirtschaftlich selbständiger Entscheidungsträger, etwa ein Privathaushalt oder ein Unternehmen[1]

Allgemeines

Der soziale Organismus in seinem Ist-Zustand

Zu den Wirtschaftseinheiten gehören Privathaushalte, Unternehmen und der Staat mit allen ihm zuzuordnenden öffentlichen Haushalten (öffentliche Hand einschließlich Sozialversicherung). Manchmal werden als weitere Wirtschaftseinheiten noch die privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter (wie Vereine, Kirchen, Gewerkschaften oder Verbände)[2] und das Ausland (etwa Touristen) hinzugerechnet. Jede Gruppe gleicher Wirtschaftseinheiten weist Eigenheiten auf, die sie von den anderen Gruppen von Wirtschaftseinheiten unterscheidet. Das betrifft ihren wirtschaftlichen Zweck, ihre Vermögens- und Kapitalstruktur, ihre hauptsächliche Einkommensart und ihre Ziele. Wirtschaftseinheiten sind so organisiert, dass sie aufgrund ihrer Ziele in der Lage sind, am Markt teilzunehmen. Sie sind Akteure, die als Entscheidungsträger ("Subjekte") auf den Märkten in Interaktion treten und innerhalb ihrer Gruppe jeweils ein charakteristisches Marktverhalten aufweisen. Wirtschaftssubjekte mit ähnlichen Verhaltensweisen werden zu Wirtschaftssektoren zusammengefasst.[3]

Geschichte

Der Physiokrat François Quesnay kannte in seinem 1758 entstandenen Tableau économique drei Wirtschaftseinheiten, nämlich Eigentümer, Unternehmer und Arbeiter, die er entweder zur „produktiven Klasse“ (Unternehmer und Arbeiter in der Landwirtschaft) oder zur „sterilen Klasse“ (Unternehmer und Arbeiter in Handel und Manufaktur) zusammenfasste. In seinem Buch Theorie der ethischen Gefühle beschrieb Adam Smith im Jahre 1759 psychologische Aspekte des Verhaltens (eng. conduct) von Wirtschaftssubjekten.[4] Spätestens seit seinem Buch Der Wohlstand der Nationen (März 1776) wird davon ausgegangen, dass die privaten Wirtschaftssubjekte ihren eigenen individuellen Nutzen verfolgen.[5] Smith erkannte den Wettbewerb zwischen den am Markt teilnehmenden Wirtschaftssubjekten als den entscheidenden Selbststeuerungsmechanismus.

Das Wirtschaften beruht Werner Sombart zufolge auf dem „zweckmäßigen Handeln“ der Wirtschaftssubjekte. Unter diesen Wirtschaftssubjekten verstand er im Jahre 1902 „Persönlichkeiten, von deren Willen also die wirtschaftliche Tätigkeit der eigenen Person oder Fremder bestimmt wird, bei denen im Bilde gesprochen der Schwerpunkt des Wirtschaftslebens liegt“.[6] Er unterschied 1927 zwischen Konsumtions- und Produktionswirtschaftssubjekten, rechnete die Kapitalisten als Inhaber der Produktionsmittel zu den Wirtschaftssubjekten und fasste die Lohnarbeiter als Wirtschaftsobjekte auf.[7] Der Privathaushalt ist Heinrich von Stackelberg zufolge eine „Wirtschaftseinheit, deren Zwecke die Verwendung wirtschaftlicher Güter erfordern, selbst jedoch nicht die Erzeugung wirtschaftlicher Güter zum Inhalt haben“.[8] Erich Kosiol sah 1962 in der Wirtschaftseinheit ein „Aktionsgebilde zur Erreichung von (ökonomischen, d. Verf.) Zielen durch Willenshandlungen“.[9] Für Erwin Grochla schien eine sinnvolle Definition der Wirtschaftseinheit 1964 noch ein ungelöstes Problem der Wirtschaftswissenschaft zu sein.[10]

Arten

Privathaushalte weisen eine hauptsächlich dem Wohnzweck und der Haushaltsführung dienende Vermögensstruktur auf, ihr Zweck besteht in dem Angebot von Arbeit, ihr Ziel ist die Nutzenmaximierung. Sie erzielen Arbeitseinkommen, Einkommen aus Kapitalbeteiligung, Unternehmertätigkeit oder Transferleistungen. Das Arbeitsangebot wird durch die Präferenzen der Privathaushalte festgelegt, die bestimmte Kombinationen von Realeinkommen und Freizeit zur Auswahl haben.

Unternehmen weisen eine mehr oder weniger hohe Anlagenintensität auf, um Güter und Dienstleistungen produzieren zu können; ihre hauptsächliche Einkunftsart ist der Gewinn, ihr Betriebszweck besteht in der Kombination der Produktionsfaktoren zwecks Produktion und Vertrieb und ihr Unternehmensziel ist die Gewinnmaximierung. Sie beziehen Produktionsfaktoren, um sie im Produktionsprozess in Konsum- oder Investitionsgüter und Dienstleistungen umzuwandeln. Die Unternehmen stellen bei beliebig teilbaren Produktionsfaktoren und einer Produktionsfunktion mit abnehmender Grenzproduktivität solange zusätzlich Personal ein, bis die Grenzproduktivität dem Reallohn entspricht. Der Staat (und insbesondere die öffentliche Verwaltung und öffentliche Unternehmen) dienen öffentlichen Zwecken, erfüllen öffentliche Aufgaben und verfolgen das Ziel des Kostendeckungsprinzips.

Jede Wirtschaftseinheit kann eine Bilanz erstellen, bei der sich auf der Aktivseite das Sachvermögen (Privathaushalte: Wohnimmobilie, Hausrat; Unternehmen: Gewerbeimmobilien, Lagerbestand; Staat: öffentliches Vermögen) und die Forderungen (Kassenbestand, Bankguthaben, Wertpapiere, Devisen) sowie auf der Passivseite die Verbindlichkeiten (etwa Staatsschulden) und das Reinvermögen bzw. Eigenkapital befinden.[11]

Interaktion der Wirtschaftseinheiten

Das Wirtschaften in einer Volkswirtschaft erfolgt durch die Wirtschaftseinheiten. Um das ökonomische Prinzip zu verwirklichen, müssen sie einen Wirtschaftsplan aufstellen.[12] Dabei sind sie gezwungen, ihren Wirtschaftsplan bestmöglich mit den Plänen anderer Wirtschaftseinheiten zu koordinieren.[13] In einer Marktwirtschaft entscheiden sie aufgrund ihres Wirtschaftsplans dezentral; ihre Entscheidungen werden über Märkte koordiniert.

Heute ist der Privathaushalt eine aus einer oder mehreren natürlichen Personen zusammengesetzte Wirtschaftseinheit, die eine private Finanzplanung aufstellen, durch Verbrauchsentscheidungen Konsumgüter/Dienstleistungen nachfragen, Arbeitsangebot zur Verfügung stellen und nur für den eigenen Konsum produzieren (Hausarbeit, Gartenarbeit, Erziehung).[14] Günter Wöhe definiert den Betrieb als „planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Produktionsfaktoren kombiniert werden, um Güter und Dienstleistungen herzustellen und abzusetzen“,[15] sie treffen Produktionsentscheidungen.

Der Staat und seine Haushalte sind eine Wirtschaftseinheit, die überwiegend öffentliche Güter herstellt und der Öffentlichkeit bereitstellt. Entscheidungsträger im Staat ist das Organ (Parlament, Kabinett, Finanzminister, Kämmerer), das die Abstimmung der Mittel für die verschiedenen Kollektivzwecke vornimmt. Wirtschaftseinheit ist der Staat nur als der Bewirtschafter von Mitteln für kollektive Zwecke.[16]

Die Möglichkeit bzw. die Notwendigkeit, Leistungen von anderen Wirtschaftseinheiten zu erwerben oder an diese abzugeben, erfordert Arbeitsteilung. Hierdurch sind die Wirtschaftseinheiten durch zwei Prinzipien miteinander verbunden:[17]

  • Leistungen gegen Entgelt: die Wirtschaftssubjekte vereinbaren übereinstimmend, was jeder gibt und was der andere dafür erhält („Entgeltwirtschaft“),
  • einseitige Leistungs- und Zahlungsvorgänge: die Leistungsabgabe an andere ist von Entgelt-Einnahmen abgetrennt und wird durch Steuereinnahmen ersetzt („Staatswirtschaft“).

Die Wirtschaftssektoren bilden schließlich die einfachste Struktur der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gablers Wirtschaftslexikon
  2. Alfred Endres/Jörn Martiensen, Umweltökonomik, 2007, S. 41
  3. Klaus Schrüfer, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 2010, S. 24
  4. Adam Smith, The Theory of Moral Sentiments, 1759 III, S. 239 ff.
  5. Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776, S. 825 ff.
  6. Werner Sombart, Der moderne Kapitalismus, Band 1, 1902, S. 4
  7. Werner Sombart, Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus, 1927, S. 230
  8. Heinrich von Stackelberg, Grundlagen der theoretischen Volkswirtschaftslehre, 1951, S. 107
  9. Erich Kosiol, Organisation der Unternehmung, 1962, S. 22
  10. Erwin Grochla, Unternehmung und Betrieb, in: Handbuch der Sozialwissenschaften, Band 10, 1964, S. 583
  11. Holger Lang, Mon(k)ey-Business, 2016, S. 310
  12. Klaus Schrüfer, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 2010, S. 36
  13. Walter Grosse, Allgemeine Versicherungslehre, 1991, S. 20
  14. Alfred Endres/Jörn Martiensen, Umweltökonomik, 2007, S. 41
  15. Günter Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2003, S. 27
  16. Walter Grosse, Allgemeine Versicherungslehre, 1991, S. 14
  17. Matthias Lehmann, Marktorientierte Betriebswirtschaftslehre, 1998, S. 32
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