Hexeneinmaleins

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Das bekannte Hexeneinmaleins, ursprünglich als Hexen-Einmal-Eins und in späteren Ausgaben Hexen-Einmaleins geschrieben, findet sich erstmals in der 1790 gedruckten Ausgabe von Goethes «Faust. Ein Fragment» in der Szene der Hexenküche und später dann auch in Faust I.

Text

DIE HEXE, mit großer Emphase, fängt an, aus dem Buche zu deklamieren.
Du mußt verstehn!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei laß gehn,
Und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs -
So sagt die Hex -
Mach Sieben und Acht,
So ists vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmaleins!
FAUST. Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber.
MEPHISTOPHELES. Das ist noch lange nicht vorüber,
Ich kenn es wohl, so klingt das ganze Buch!
Ich habe manche Zeit damit verloren;
Denn ein vollkommner Widerspruch
Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.
Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narrn befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
                            (Lit.: Goethe: Faust I, Vers 2540 - 2566)

Rudolf Steiner über das Hexeneinmaleins

Von Maria der Alchemistin die als Begründerin der Alchemie und als die bedeutendste Alchemistin der Antike gilt[1] und zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert in Alexandria (Nordafrika) zur Blütezeit der neuplatonisch-gnostisch geprägten Kosmologie lebte und wirkte, ist ein Ausspruch in verschiedenen Varianten überliefert:

„Aus Eins wird Zwei, aus Zwei wird Drei, und das Eine des Dritten ist das Vierte; so werden die zwei eins.“ Oder: „Die Eins wird zur Zwei, die Zwei zur Drei, und aus dem Dritten wird das Eine als Viertes.“

Maria die Alchemistin

Die zahlreichen Deutungsversuche dieses Satzes mögen Johann Wolfgang von Goethe mit zu seinem „Hexeneinmaleins“ inspiriert haben. Rudolf Steiner weist aber nachdrücklich darauf hin, dass eine spekulative symbolische Ausdeutung des Hexeneinmals Goethes künstlerischer Haltung nicht gerecht wird.

"Denken Sie sich einen Menschen so hingestellt in die übersinnliche Welt, wie Faust in die «Hexenküche», wenn man sich in dieser Welt nicht mehr auskennen kann, dann können nicht einmal die gewöhnlichen Gesetze des Zahlensystems stimmen. Auf geistreiche Auslegung des Hexeneinmaleins kommt es nicht an, man muß fühlen, was es heißt, real dem gegenüberzustehen, was in dem Hexeneinmaleins geschrieben ist:

Du mußt verstehn!
Aus eins mach zehn,
Und zwei laß gehn,
Und drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier' die Vier!
Aus fünf und sechs,
So sagt die Hex',
Mach sieben und acht,
So ist's vollbracht:
Und neun ist eins,
Und zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmal-Eins.

Es handelt sich darum, sich in die Seele eines Menschen zu versetzen, der sich plötzlich in dieser Welt sieht, wo alles anders ist, nachdem er das gewöhnliche Zahlensystem kennengelernt hat. Wenn man mehr oder weniger geistvoll diese Dinge auslegt, schadet man der Dichtung, weil es dann den Anschein hat, als ob der Dichter selber so symbolisiert hätte. Nein, vor dem Dichter stand lebendig die Situation. Wer Goethe einen Symboliker, einen abstrakten Denker nennt, der zeigt, daß er nicht das Bedeutungsvolle und Reale dieser Situation erfassen kann." (Lit.: GA 272, S. 47f)

Variante von Joachim Stiller

Hier eine Vaiante von Joachim Stiller vom 28.01.2020:

Aus eins mach acht,
schon ist's vollbracht,
Und neun lass stehn,
Das reimt die zehn,
Die fünf zentrier,
Dann sechs und vier,
Dann zwei und drei,
Schon ist's vorbei.
Und zehn ist keins.
Das ist das Hexeneinmaleins.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Lexikon bedeutender Chemiker.