Synode von Orange

Aus AnthroWiki
Version vom 26. Juni 2019, 13:01 Uhr von imported>Joachim Stiller (→‎Anmerkungen)

Auf der lokalen Synode von Orange (auch Synode von Arausio), die im Jahre 529 in der südfranzösischen Stadt Arausio (dem heutigen Orange) stattfand, wurden der Pelagianismus und Semipelagianismus verdammt, die davon ausgingen, dass die Erbsünde die menschliche Natur, da auch sie göttlich sei, nicht verderben könne und der menschliche Wille daher in der Lage sei, auch ohne göttlichen Beistand zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Damit wurde die mehrheitlich als ketzerisch empfundene Selbsterlösungsmöglichkeit und -fähigkeit des Menschen in Aussicht gestellt.

Auf der Synode von Orange wurden demgegenüber die Lehren des Augustinus von Hippo von der Unfreiheit des menschlichen Willens bestätigt, wonach die Erbsünde nur durch göttliche Gnade überwunden werden könne. Geschwächt durch die Erbsünde könne der Mensch von sich aus weder Gott lieben noch an ihn glauben noch Gutes tun. Augustinus eng damit verbundene Lehre der doppelten Prädestination (zum Guten und/oder Bösen) wurde dabei aber weder bestätigt, noch direkt abgelehnt.

Die Orthodoxe Kirche lehnt das Bekenntnis von Orange insbesondere wegen der Bestätigung der Lehre des unfreien Willens bis zum heutigen Tag ab.

Bekenntnis von Orange

Das Bekenntnis von Orange, auch Bekenntnis von Arausio oder Arausiacum genannt, lautet:

„Kan. 1. Wer sagt, der Mensch sei durch die Beleidigung der Übertretung Adams nicht ganz, d. h. dem Leib und der Seele nach, ”zum Schlechteren gewandelt worden”, sondern glaubt, die Freiheit der Seele habe unversehrt fortbestanden und lediglich der Leib sei der Verderbnis verfallen, der stellt sich - vom Irrtum des Pelagius getäuscht - gegen die Schrift, die sagt: ”Die Seele, die gesündigt hat, wird selbst sterben” (Ez 18,20); und: ”Wisst ihr nicht, dass ihr Sklaven dessen seid, dem ihr gehorcht, wenn ihr euch jemandem als Sklaven zum Gehorsam verpflichtet?” (Röm 6,16); und: ”Von wem einer überwältigt wird, dem wird er auch als Sklave zugesprochen” (vgl. 2 Petr 2,19).

Kan. 2. Wer behauptet, die Übertretung Adams habe nur ihm, nicht auch seiner Nachkommenschaft geschadet, oder versichert, jedenfalls sei nur der Tod des Leibes, der die Strafe für die Sünde ist, nicht aber auch die Sünde, die der Tod der Seele ist, durch einen Menschen auf das ganze menschliche Geschlecht übergegangen, der wird Gott ein Unrecht zuschreiben, da er dem Apostel widerspricht, der sagt: ”Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, und durch die Sünde der Tod, und so ging er (der Tod) auf alle Menschen über; in ihm haben alle gesündigt” (vgl. Röm 5,12).

Kan. 3. Wer sagt, die Gnade Gottes könne aufgrund menschlichen Flehens verliehen werden, nicht aber, die Gnade selbst bewirke, dass sie von uns angerufen wird, der widerspricht dem Propheten Jesaja bzw. dem Apostel, der dasselbe sagt: ”Ich wurde von denen gefunden, die mich nicht suchten; ich wurde denen offenbar, die nicht nach mir fragten” (Röm 10,20; vgl. Jes 65,1).

Kan. 4. Wer behauptet, Gott warte auf unseren Willen, damit wir von der Sünde gereinigt werden, aber nicht bekennt, es geschehe durch die Eingießung und das Wirken des Heiligen Geistes in uns, dass wir auch gereinigt werden wollen, der widerstreitet dem Heiligen Geist selbst, der durch Salomo sagt: ”Der Wille wird vom Herrn bereitet” (Spr 8,35 LXX) , und dem Apostel, der zu unserem Heil verkündet: ”Gott ist es, der in uns sowohl das Wollen als auch das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen bewirkt” (vgl. Phil 2,13).

Kan. 5. Wer sagt, wie das Wachstum, so sei auch der Anfang des Glaubens und selbst die Neigung zur Gläubigkeit - durch die wir an den glauben, der den Sünder rechtfertigt, und zur (Wieder)Geburt der heiligen Taufe gelangen - nicht durch das Geschenk der Gnade - d. h. durch die Einhauchung des Heiligen Geistes, die unseren Willen von der Ungläubigkeit zum Glauben, von der Gottlosigkeit zur Frömmigkeit lenkt -, sondern von Natur aus in uns, der erweist sich als Gegner der Lehren der Apostel, da der selige Paulus sagt: ”Wir vertrauen darauf, dass der, der das gute Werk in euch begonnen hat, es vollenden wird bis zum Tage Jesu Christi” (vgl. Phil 1,6); und jenes Wort: ”Euch ist, was Christus betrifft, nicht nur verliehen, dass ihr an ihn glaubt, sondern auch, dass ihr für ihn leidet” (vgl. Phil 1,29); und: ”Aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und dies nicht aus euch: Es ist nämlich das Geschenk Gottes” (vgl. Eph 2,8). Wer nämlich sagt, der Glaube, mit dem wir an Gott glauben, sei natürlich, der behauptet, dass alle die, die nicht zur Kirche Christi gehören, gewissermaßen Gläubige seien.

Kan. 6. Wer sagt, wenn wir - ohne die Gnade Gottes - glauben, wollen, uns sehnen, uns anstrengen, uns abmühen, bitten, wachen, streben, verlangen, suchen und anklopfen, dann würde uns von Gott Barmherzigkeit verliehen, nicht aber bekennt, es geschehe durch die Eingießung und Einhauchung des Heiligen Geistes in uns, dass wir glauben, wollen, bzw. alles das zu tun vermögen, wie es sich gehört; und wer den Beistand der Gnade von der Demut und dem Gehorsam des Menschen abhängig macht, aber nicht zustimmt, dass es ein Geschenk der Gnade selbst ist, dass wir gehorsam und demütig sind, der widersetzt sich dem Apostel, der sagt: ”Was hast du, das du nicht empfangen hast?” (1 Kor 4,7); und: ”Durch die Gnade Gottes bin ich das, was ich bin” (1 Kor 15,10).

Kan. 7. Wer behauptet, man könne durch die Kraft der Natur und ohne die Erleuchtung und Einhauchung des Heiligen Geistes - der allen die Freude verleiht, der Wahrheit zuzustimmen und zu glauben - irgendetwas Gutes, das für das Heil des ewigen Lebens Bedeutung hat, in geeigneter Weise denken oder erwählen, oder der heilsamen Verkündigung - d. h. der des Evangeliums - zustimmen, der wird durch häretischen Geist getäuscht und versteht nicht die Stimme Gottes, der im Evangelium sagt: ”Ohne mich könnt ihr nichts tun” (Joh 15,5); und jenes Wort des Apostels: ”Nicht dass wir fähig wären, irgendetwas von uns aus zu denken, als ob es aus uns wäre; vielmehr stammt unsere Fähigkeit aus Gott” (2 Kor 3,5) .

Kan. 8. Wer behauptet, die einen könnten aufgrund der Barmherzigkeit, andere aber durch den freien Willen - der bekanntlich in allen verdorben ist, die seit der Übertretung des ersten Menschen geboren wurden - zur Gnade der Taufe gelangen, der erweist sich als dem rechten Glauben fremd. Er behauptet nämlich, dass der freie Wille nicht bei allen durch die Sünde des ersten Menschen geschwächt worden sei, oder meint wenigstens, er sei nur so verletzt worden, dass dennoch einige fähig seien, das Geheimnis des ewigen Heiles ohne die Offenbarung Gottes durch sich selbst erwerben zu können. Wie sehr dies widersprüchlich ist, bezeugt der Herr selbst, der versichert, nicht irgendwelche, sondern niemand könne zu ihm kommen, außer ”wen der Vater gezogen hat” (vgl. Joh 6,44), so wie er auch dem Petrus sagt: ”Selig bist du, Simon Bar-Jona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist” (Mt 16,17); und der Apostel: ”Niemand kann sagen: ‘Herr Jesus’, außer im Heiligen Geist” (vgl. 1 Kor 12,3).

[...] Die folgenden Kanones sind Sätze aus den Schriften von Augustinus


Schlusswort (Bischof Caesarius von Arles): So müssen wir gemäß den oben niedergeschriebenen Sätzen der heiligen Schriften bzw. Bestimmungen der alten Väter mit Gottes Huld dies verkünden und glauben, dass der freie Wille durch die Sünde des ersten Menschen so gebeugt und geschwächt wurde, dass hernach keiner Gott lieben, wie es sich gehörte, an Gott glauben oder Gottes wegen wirken kann, was gut ist, wenn ihm nicht die Gnade der göttlichen Barmherzigkeit zuvorkommt. Daher wurde - so glauben wir - dem gerechten Abel, Noah, Abraham, Isaak, Jakob und der ganzen Schar der alten Heiligen jener vortreffliche Glaube, den der Apostel Paulus in ihrem Lobpreis rühmt (Hebr 11 ), nicht durch ein Gut der Natur, das früher in Adam geschenkt worden war, sondern durch die Gnade Gottes verliehen.

Diese Gnade liegt - so wissen und glauben wir zugleich - auch nach der Ankunft des Herrn allen, die getauft werden wollen, nicht im freien Willen, sondern wird durch die Großzügigkeit Christi verliehen, gemäß jenem schon oft angeführten Wort, das der Apostel Paulus verkündet: ”Euch ist, was Christus betrifft, nicht nur verliehen, dass ihr an ihn glaubt, sondern auch, dass ihr für ihn leidet” (Phil 1,29); und jenes Wort: ”Gott, der das gute Werk in euch begonnen hat, wird es vollenden bis zum Tage unseres Herrn” (Phil 1,6); und jenes Wort: ”Aus Gnade seid ihr gerettet worden durch den Glauben, und dies nicht aus euch: Es ist nämlich das Geschenk Gottes” (Eph 2,8); und was der Apostel von sich selbst sagt: ”Ich erlangte die Barmherzigkeit, gläubig zu sein” (1 Kor 7,25; 1 Tim 1,13); er sagte nicht: ”weil ich war”, sondern: ”zu sein”. Und jenes Wort: ”Was hast du, das du nicht empfangen hast?” (1 Kor 4,7). Und jenes Wort: ”Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, steigt herab vom Vater der Lichter” (Jak 1,17). Und jenes Wort: ”Niemand hat etwas, wenn es ihm nicht von oben gegeben worden ist” (Joh 3,27). Es gibt unzählige Zeugnisse der heiligen Schriften, die zum Beweis der Gnade vorgebracht werden könnten, jedoch im Bemühen um Kürze weggelassen wurden; denn wem die wenigen nicht genügen, dem werden sicher auch mehr nicht nützen.

Wir glauben gemäß dem katholischen Glauben auch dies, dass alle Getauften nach dem Empfang der Taufgnade mit Christi Hilfe und Mitwirkung erfüllen können und müssen, was zum Seelenheil gehört, wenn sie sich gläubig bemühen wollen. Dass aber irgendwelche durch göttliche Macht zum Bösen vorherbestimmt seien, das glauben wir nicht nur nicht, sondern, wenn es welche gibt, die so Übles glauben wollen, so sagen wir diesen auch mit ganzer Abscheu: Anathema! Wir verkünden und glauben zu unserem Heil auch dies, dass bei jedem guten Werk nicht wir beginnen und danach durch die Barmherzigkeit Gottes unterstützt werden, sondern er selbst uns zuerst - ohne dass irgendwelche guten Verdienste vorausgegangen wären - den Glauben und die Liebe zu sich einhaucht, damit wir gläubig das Sakrament der Taufe erstreben und nach der Taufe mit seiner Hilfe das, was ihm gefällt, erfüllen können. Daher muss man ganz offensichtlich glauben, dass der so bewunderungswürdige Glaube jenes Räubers, den der Herr zur Heimat des Paradieses zurückgerufen hat (Lk 23,43), des Hauptmanns Kornelius, zu dem der Engel des Herrn geschickt wurde (Apg 10,3), und des Zachäus, der den Herrn selbst aufnehmen durfte (Lk 19,6), nicht von Natur aus, sondern durch die Großzügigkeit der göttlichen Gnade geschenkt war.“

Bekenntnis von Orange: [1]

Weblinks

  1. Hans Steubing (Hrsg.): Bekenntnisse der Kirche, 2. Taschenbuchauflage, Wuppertal: R. Brockhaus, 1997, S. 25ff