Messtechnik und Inkommensurabilität: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Inkommensurabilität''' (von [[lat.]] ''mensura'' „Maß“) bedeutet, im Gegensatz zur '''Kommensurabilität''', dass zwei [[Wert]]e „ohne gemeinsames Maß“ sind und daher „nicht miteinander vergleichbar sind“. Der [[Begriff]] wird in verschiedenen [[Wissenschaft]]sdisziplinen unterschiedlich verwendet.
 
Bezogen auf die [[Geometrie]] findet er sich erstmals in [[Euklid]]s «[[Euklid: Die Elemente|Elementen]]» und bezieht sich hier auf unmittelbar anschaulich auf das Messen geometrischer Strecken mittels einer [[Messlatte]]. Ausgehend davon wurde der Begriff auf die [[Mathematik]] insgesamt ausgedehnt. Zwei Strecken oder zwei, im allgemeinen Fall, [[reelle Zahl]]en sind nur dann kommensurabel, wenn sie in einem rationalen Verhältnis zueinander stehen, d.h. wenn sich ihr Verhältnis durch eine wenn auch noch so kleine [[rationale Zahl]] (Bruchzahl) ausdrücken lässt. Stehen sie hingegen zueinander im Verhältnis einer [[Irrationale Zahl|irrationalen Zahl]], also einer unendlichen, nichtperiodischen [[Dezimalzahl]], sind sie inkommensurabel.
 
In der [[Physik]] sind zwei [[physikalische Größe]]n nicht miteinander kommensurabel, wenn sie nicht mit dem gleichen [[Maß]] [[Messgerät|gemessen]] bzw. miteinander verglichen werden können. In der [[Quantenmechanik]] sind zwei Größen bzw. [[Operator (Mathematik)|Operatoren]] inkommensurabel, wenn ihr [[Wikipedia:Kommutator (Mathematik)|Kommutator]] ungleich 0 ist, also bei Vertauschung der Reihenfolge der Größen bzw. Operatoren ungleiche Werte entstehen. Die [[Heisenbergsche Unschärferelation]], die für die Quantenmechanik von fundamentaler Bedeutung ist, besagt, dass inkommensurable Größen nicht nur niemals gleichzeitig vollkommen scharf gemessen werden können, sondern dass sie auch grundsätzlich niemals gleichzeitig vollkommen scharf bestimmt sind. Die [[Natur]] entzieht sich daher auf der mikrophysikalischen, quantenmechanischen Ebene einem vollkommenen [[Determinismus]].
 
Anfang der 1960er führten [[Thomas S. Kuhn]] und [[Paul Feyerabend]] den Begriff auch in die [[Wissenschaftstheorie]] ein. Zwei [[Theorie]]n gelten hier als inkommensurabel, wenn sie von so unterschiedlichen Ansätzen ausgehen, dass sie nicht unmittelbar miteinander verglichen werden können, wie etwa die [[Farbenlehre]]n von [[Goethe]] und [[Isaac Newton|Newton]]. 
 
Ähnlich gelten in der [[Ethik]] [[Werte|Wertesysteme]] als inkommensurabel, wenn sie aus [[kultur]]ell so unterschiedlichen Bedingungen entspringen, dass sie nicht miteinander vergleichbar erscheinen.
 
[[Kategorie:Wissenschaft]] [[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]

Version vom 19. August 2019, 20:36 Uhr

Inkommensurabilität (von lat. mensura „Maß“) bedeutet, im Gegensatz zur Kommensurabilität, dass zwei Werte „ohne gemeinsames Maß“ sind und daher „nicht miteinander vergleichbar sind“. Der Begriff wird in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen unterschiedlich verwendet.

Bezogen auf die Geometrie findet er sich erstmals in Euklids «Elementen» und bezieht sich hier auf unmittelbar anschaulich auf das Messen geometrischer Strecken mittels einer Messlatte. Ausgehend davon wurde der Begriff auf die Mathematik insgesamt ausgedehnt. Zwei Strecken oder zwei, im allgemeinen Fall, reelle Zahlen sind nur dann kommensurabel, wenn sie in einem rationalen Verhältnis zueinander stehen, d.h. wenn sich ihr Verhältnis durch eine wenn auch noch so kleine rationale Zahl (Bruchzahl) ausdrücken lässt. Stehen sie hingegen zueinander im Verhältnis einer irrationalen Zahl, also einer unendlichen, nichtperiodischen Dezimalzahl, sind sie inkommensurabel.

In der Physik sind zwei physikalische Größen nicht miteinander kommensurabel, wenn sie nicht mit dem gleichen Maß gemessen bzw. miteinander verglichen werden können. In der Quantenmechanik sind zwei Größen bzw. Operatoren inkommensurabel, wenn ihr Kommutator ungleich 0 ist, also bei Vertauschung der Reihenfolge der Größen bzw. Operatoren ungleiche Werte entstehen. Die Heisenbergsche Unschärferelation, die für die Quantenmechanik von fundamentaler Bedeutung ist, besagt, dass inkommensurable Größen nicht nur niemals gleichzeitig vollkommen scharf gemessen werden können, sondern dass sie auch grundsätzlich niemals gleichzeitig vollkommen scharf bestimmt sind. Die Natur entzieht sich daher auf der mikrophysikalischen, quantenmechanischen Ebene einem vollkommenen Determinismus.

Anfang der 1960er führten Thomas S. Kuhn und Paul Feyerabend den Begriff auch in die Wissenschaftstheorie ein. Zwei Theorien gelten hier als inkommensurabel, wenn sie von so unterschiedlichen Ansätzen ausgehen, dass sie nicht unmittelbar miteinander verglichen werden können, wie etwa die Farbenlehren von Goethe und Newton.

Ähnlich gelten in der Ethik Wertesysteme als inkommensurabel, wenn sie aus kulturell so unterschiedlichen Bedingungen entspringen, dass sie nicht miteinander vergleichbar erscheinen.