Akkumulation (Wirtschaft)

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Akkumulation (von lat. accumulare, „anhäufen“) ist in der klassischen Nationalökonomie die durch Reinvestition des auf dem Markt realisierten Mehrwerts vorangetriebene Erweiterung des Kapitals.

Nach Karl Marx hat Akkumulation zwei Seiten: auf der einen Seite immer mehr Kapital in den Händen der Kapitalisten, auf der anderen Seite der Arbeiter immer mehr Elend. Gerade dies hält aber den Kapitalismus am Laufen, da dadurch die Lohnarbeiter stets ökonomisch gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu deren Bedingungen verkaufen zu müssen.

Die Akkumulation kann sich auf die Produktionsmittel, also auf das konstante Kapital beziehen, aber auch auf die Beschäftigung, indem ein Teil des Mehrwerts dazu verwendet wird, mehr Arbeiter zu beschäftigen. In diesem Fall wird variables Kapital akkumuliert, also ein Teil des Mehrwerts dazu verwendet, die Lohnsumme zu erhöhen, um mehr Arbeiter zu beschäftigen. Es wird jedoch in der Regel nicht der gesamte Mehrwert reinvestiert, sondern ein Teil des Mehrwerts wird als persönliches Einkommen („Revenue“) der Kapitalisten unproduktiv verausgabt, etwa für Luxus- oder Geltungskonsum.

Während gesamtwirtschaftlich die Kapitalakkumulation durch den Mehrwert begrenzt ist, kann das einzelne Kapital auch rascher akkumulieren, indem es sich mit anderen Kapitalien zusammenschließt, fusioniert, andere Kapitalien übernimmt oder aufkauft. Es kommt also zu einer Zentralisation des Kapitals, da im Konkurrenzkampf die großen Unternehmen durch die Vorteile der Massenproduktion die kleineren besiegen und so nicht nur ihre Durchschnittsgröße ständig wächst, sondern darüber hinaus die Anzahl der Unternehmen immer wieder sich vermindert. Der Kredit ist beim Aufkauf von Unternehmen ein wichtiges Instrument. Das bloße Größerwerden der Unternehmen, wenn sich also immer mehr Kapital in den Händen des einzelnen Kapitalisten konzentriert, wird als Kapitalkonzentration bezeichnet, im Unterschied zur Kapitalzentralisation, in welcher dieses Wachstum darüber hinaus durch Übernahme fremder Kapitalien beschleunigt wird.

Entscheidendes Element aus Marxscher Sicht: Es gibt nur eine Ware, deren Gebrauchswert darin besteht, Mehrwert zu produzieren: das ist die Arbeitskraft. Denn: Nur Arbeitskraft ist ein Gut, dessen (Re-)Produktion günstiger ist als der Wert, den es produziert – anders ausgedrückt: der Tauschwert der Ware Arbeitskraft (Lohn/Gehalt) ist kleiner als die Wertsumme, was sein Gebrauchswert erzeugt (Mehrprodukt); die Differenz ist der Mehrwert.

Produktion, Verteilung, Krise

Wenn sich die effektive Nachfrage ändert, kann das Produktionssystem auf verschiedene Weisen angepasst werden:

  1. Durch die Änderung der Nutzungs- bzw. Auslastungsintensität der Produktionsmittel,
  2. durch die mittelfristige Flexibilität der Faktoreinsatzproportionen,
  3. durch die langfristige Anpassung der Produktionskapazität durch Akkumulations- oder Deakkumulationsprozesse.

Die neoklassische Theorie stützt sich auf Says Theorem und die Flexibilität der Einsatzproportionen. Marx stellt in Zusammenhang mit der Einführung des Maschinenwesens eine Elastizität fest, eine plötzlich sprungweise Anpassungsfähigkeit, die nur an dem Rohmaterial und dem Absatzmarkt Schranken findet, und gründet darauf seine Theorie des industriellen Zyklus, wonach die Industrie eine „Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation“ durchläuft. Wie Marx bricht auch John Maynard Keynes mit Says Theorem; die Investitionsentscheidungen werden von ihm unabhängig vom Sparen angenommen. Roy F. Harrod und Nicholas Kaldor haben sodann unternommen, Keynes‘ Analyse auf die langfristige dynamische Betrachtung auszudehnen.[1] Intentionen und Problemstellungen der Akkumulationstheorie von Karl Marx werden so durch die neuere Wachstumstheorie wieder aufgenommen.[2]

Ursprüngliche Akkumulation

Die „ursprüngliche Akkumulation“ bezeichnet den Prozess, wie sich der Kapitalismus als Gesellschaftsformation herausgebildet hat. Dazu war Vorbedingung, dass die Landwirtschaft von der Naturalwirtschaft überging zur Produktion für den Markt; hierbei wurden die in der Landwirtschaft tätigen Bauern „freigesetzt“. Außerdem war schon immer aufgrund von Handelsbeziehungen Handelskapital vorhanden, das sich unter günstigen Bedingungen auf die gewerbliche und industrielle Produktion werfen konnte.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Henryk Grossmann: Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems. (Zugleich eine Krisentheorie). C. L. Hirschfeld, Leipzig 1929. (Schriften des Instituts für Sozialforschung an der Universität Frankfurt a. M. Bd. I. Hrsg. von Carl Grünberg.) [Nachdruck: Verlag Neue Kritik, Frankfurt a. M. 1967/1970, ISBN 3-8015-0065-9].
  • Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus. Berlin 1923.
  • Joan Robinson: Die Akkumulation des Kapitals. Berlin 1972, ISBN 3-548-02862-4.
  • Ernest Mandel: Einführung in den Marxismus. Köln 1998, ISBN 3-929008-04-1.
  • Stephan Krüger: Allgemeine Theorie der Kapitalakkumulation – Konjunkturzyklus und langfristige Entwicklungstendenzen, Kritik der politischen Ökonomie und Kapitalismusanalyse. Band 1. Hamburg 2011, ISBN 3-89965-376-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinz D. Kurz: Akkumulation, Einkommensverteilung und effektive Nachfrage. In: Harald Hagemann, Heinz D. Kurz: Beschäftigung, Verteilung und Konjunktur. Zur Politischen Ökonomik der modernen Gesellschaft. Festschrift für Adolph Lowe. Bremen 1984, ISBN 3-926570-09-1, S. 161 ff.
  2. Jürgen Kromphardt: Wachstumstheoretische Beziehungen in der Akkumulationstheorie von Karl Marx. Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik, 174, 1962, S. 258–261.
  3. 20. Kapitel: Die ursprüngliche Akkumulation und die Akkumulation der Kapitalien. In: Roman Rosdolsky: Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen ‘Kapital’. Der Rohentwurf des Kapital 1857–1858. Bd. I. 4. Auflage. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1974, ISBN 3-434-45003-3, S. 315 ff.
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