Rudolf Steiner und Joachim von Fiore: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Steiner1_dif.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1861-1925). Er hat Eurythmie, Waldorfschule, Anthroposophie, Christengemeinschaft, biologisch-dynamische Landwirtschaft und einen neuen Baustil begonnen]]
[[Bild:Joachim of Flora.jpg|thumb|Joachim von Fiore]]
'''Rudolf Steiner''' (* [[Wikipedia:25. Februar|25.]] oder [[Wikipedia:27. Februar|27. Februar]]<ref>In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: ''„Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“'' (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtaufgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen  Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das mein jedenfalls Günter Aschoff (vgl. "Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861 - Neue Dokumente, in: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3ff ([http://www.dasgoetheanum.ch/fileadmin/wochenschrift/downloads/Forschungsbericht_Aschoff.pdf PDF]). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“.</ref> [[Wikipedia:1861|1861]] in [[Wikipedia:Donji Kraljevec|Donji Kraljevec]] bei Cakovec, in der Zupanija Medjimerje, Österreich-Ungarn, heute [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]]; † [[Wikipedia:30. März|30. März]] [[Wikipedia:1925|1925]] in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] bei [[Wikipedia:Basel|Basel]]), österreichischer Anthroposoph
'''Joachim von Fiore''' (''auch'': Joachim von Fiori, J. von Flore, de Flore, of Flora; * um [[Wikipedia:1130|1130]]/[[Wikipedia:1135|1135]] in [[Wikipedia:Celico|Celico]], [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]]; † [[Wikipedia:1202|1202]] in [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]]) war Abt und Ordensgründer in [[Wikipedia:Kalabrien|Kalabrien]] und wirkte im 12. Jahrhundert als Geschichtstheologe.


== Überblick über Steiners Werk ==
== Leben ==
Joachim von Fiore wurde um 1130/35 als Sohn eines Notars in Celico (Kalabrien) geboren. Anfangs arbeitete er auf Bestreben seiner Eltern als Notar in [[Wikipedia:Cosenza|Cosenza]] und in der Kanzlei am Königshof von [[Wikipedia:Wilhelm I. (Sizilien)|Wilhelm I.]] in [[Wikipedia:Palermo|Palermo]].


[[Bild:Goetheanum2.jpg|thumb|450px|Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaften in Dornach bei Basel mit ihren Nebengebäuden, von Steiner entworfen und als Grundstein eines freien Geisteslebens gedacht]]
Diese verließ er aber bald, um sich einem religiösen Leben zuzuwenden. So unternahm er 1166/67 eine [[Wikipedia:Pilger|Pilger]]fahrt ins [[Wikipedia:Heiliges Land|Heilige Land]] und besuchte [[Wikipedia:Jerusalem|Jerusalem]]. Nach Streitereien mit seinem Vater über seinen weiteren beruflichen Werdegang zog Joachim als Prediger und Einsiedler über das Land, verbrachte zuerst eine Zeitlang auf dem Hügel Guarassano bei Cosenza und dann nahe dem [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserkloster]] [[Wikipedia:Kloster Sambucina|Sambucina di Luzzi]]. In [[Wikipedia:Rende|Rende]] wurde er vom [[Wikipedia:Bischof|Bischof]] von [[Wikipedia:Catanzaro|Catanzaro]] zum Priester geweiht. Erst jetzt schloss er sich einer Ordensgemeinschaft an: er trat in das [[Wikipedia:Kloster Corazzo|Kloster Corazzo]] ein. Nachdem er [[Wikipedia:Prior|Prior]] geworden war, zog er sich in das Kloster SS. Trinità in Acri nach Sambucina zurück, und erst auf Grund der Bitten kirchlicher Würdenträger kehrte er als Abt nach Corazzo zurück. Er leitete das Kloster von 1171 bis 1177 und führte dort die [[Wikipedia:Zisterzienser|Zisterzienserregel]] ein. 1183/84 hielt er sich im [[Wikipedia:Kloster Casamari|Kloster Casamari]] auf und begann das ''Psalterium decem chordarum'', das er 1187/88 in [[Wikipedia:Petralata|Petralata]] (Kalabrien) beendete. Nachdem er schon 1183 bei der Kurie um Erlaubnis nachgesucht hatte, über die [[Offenbarung des Johannes|Offenbarung]] (''revelatio'') schreiben zu dürfen, erhielt er von Papst [[Wikipedia:Klemens III. (Papst)|Klemens III.]] 1188 die Erlaubnis, sich ausschließlich seinen [[Wikipedia:Hermeneutik|hermeneutischen Studien]] zu widmen. Zu diesem Zweck zog er sich in das Silagebirge zurück. Das Zisterzienser-[[Wikipedia:Ordenskapitel|Generalkapitel]] rief ihn aber 1192 nach Corazzo zurück. Stattdessen gründete er jedoch ein neues Kloster, [[Wikipedia:San Giovanni in Fiore|San Giovanni in Fiore]], dem er auch als Abt vorstand. An einem Ostermorgen zwischen 1190 und 1195 empfing er während der Meditation über der Johannes-Apokalypse seine entscheidende Erleuchtung. In die Zeit um 1190 fällt auch seine Gründung des [[Wikipedia:Florenser|Florenser-Ordens]]. Joachim von Fiore starb vermutlich im Jahre 1202 (weniger wahrscheinlich 1205) in San Giovanni in Fiore im Silagebirge.


Steiner war [[Goethe]]-Forscher, Philosoph und [[Esoterik|Esoteriker]]. Er begründete die [[Anthroposophie]] als [[Geisteswissenschaft|Wissenschaft vom Geistigen]] und schuf mit der [[Eurythmie]] eine neue Bewegungskunst sowie mit dem [[Goetheanum]] in Dornach als einer unabhängigen Hochschule für Geisteswissenschaften und durch weitere Bauten einen neuen, organischen Architekturstil. In erheblichem Umfang gab er Anleitung für die [[Sprachgestaltung|Kunst der Rezitation und Deklamation]]. Die [[Waldorfschule]] ermöglicht ein natürlicheres Lernen, die [[biologisch-dynamische Landwirtschaft]] lebensvolle Ernährung, die [[Christengemeinschaft]] einen modernen Zugang zum Christentum, der Gedanke der [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]] soll Verquickungen des Geldes mit dem Recht, des Rechts mit dem Glauben und des Glaubens mit dem Geld verhindern. Gemeinsam mit [[Ita Wegman]] schuf Steiner die [[Anthroposophische Medizin|anthroposophisch erweiterte Medizin]]. Auch zu weiteren Künsten und zu den Naturwissenschaften hat er Fachleuten, meist auf deren Bitten, Anregungen gegeben.
{{GZ|Wenn wir zum Beispiel zurückkommen so in das 9., 10., 11.
Jahrhundert, auch ins 12., 13. Jahrhundert, aber da schon sehr wenig,
da kommen wir zu Menschen, die wir, wenn wir heute das Wort
anwenden würden, gelehrte Menschen, Wissenschafter nennen würden.
Wir kommen da zurück zu jenen großartigen Gelehrten im Sinne
der damaligen Zeit, die in der bedeutsamen [[Schule von Chartres]] im
11., 12. Jahrhundert gelehrt haben, kommen zurück zu ''[[Bernardus Silvestris]]'', zu ''[[Bernardus von Chartres]]'', zu ''[[Alanus ab Insulis]]''. Wir
kommen zurück dann zu solchen Persönlichkeiten, die in der damaligen
Zeit noch, ich möchte sagen, mit dem Typus des Eingeweihten
unter anderen Menschen herumgingen, mit dem Typus eines Menschen,
der viel weiß um die Geheimnisse des Daseins, wie jener
großartige, im Sinne des Mittelalters noch initiierte ''Joachim de Fiore'',
oder zu jener großartigen Persönlichkeit, die auch in jener Zeit
gewirkt hat, die der Welt bekanntgeworden ist unter dem Namen
''[[Johannes von Auville]]''.|243|79}}


== Leben und Schaffen ==
== Lehre ==


=== Kindheit ===
Bedeutend ist Joachim von Fiore vor allem wegen seines Geschichtsbildes und seiner [[Biblische Exegese|exegetischen]] Methode, bei der er die [[Allegorie|allegorischen]] Schriftauslegungen den typologisch-historischen vorzieht. Den historischen Ablauf des [[Wikipedia:Altes Testament|Alten]] und des [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testaments]] deutet er im heilsgeschichtlichen Sinn. Die Geschichte wird in drei [[Zeitalter]] gegliedert, welche er mit der [[Trinität]] in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des [[Heiliger Geist|Heiligen Geistes]]. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der ''intelligentia spiritualis'' erleuchtet sein und alle Freuden des [[Neues Jerusalem|Himmlischen Jerusalem]] (Offenbarung 21) bieten. Das letzte, das Dritte Zeitalter, das durch das ''Evangelium aeternum'' ({{ItS|Vangel eterno}} „Ewiges Evangelium“) geprägt wird, steht im Zentrum des joachimitischen Geschichtbildes. Dieses Zeitalter wird auch ''Drittes Reich'' genannt (siehe auch [[Wikipedia:Chiliasmus|Chiliasmus]]).<ref>Die Nazis benutzten später den Begriff „[[Wikipedia:Drittes Reich|Drittes Reich]]“, um den neuen Charakter ihres Staates zu unterstreichen, aber keinesfalls den Inhalt im Sinne Joachims.</ref> Dem Dritten Zeitalter geht die Ankunft des [[Antichrist]] voraus, welcher dann von einer kirchlichen Persönlichkeit besiegt wird. So identifizierten einige joachimitische [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]] den [[Wikipedia:Franz von Assisi|Heiligen Franziskus]] auf Grund seiner [[Stigmatisation|Stigmata]] als ''Alter-Christus''. Seine Lehre wird auch mit dem Begriff der Drei-Zeiten-Lehre bezeichnet.
 
Joachim von Fiore klagte [[Wikipedia:Petrus Lombardus|Petrus Lombardus]] an, er habe neben Vater, Sohn und Heiligem Geist noch die [[Trinität]] als vierte kollektive Einheit und damit eine ''Quaternitas'' eingeführt. Diese These wurde auf dem [[Wikipedia:Viertes Laterankonzil|Vierten Laterankonzil]] von 1215 verurteilt. 1254 wurden einige seiner Lehren überprüft, aber er wurde von der Kirche nie als [[Häresie|Häretiker]] angesehen, auch wenn postum gefälschte Bibelkommentare sein Ansehen schädigen sollten. Seine Lehren verbreiteten sich einige Jahrzehnte nach seinem Tod sehr rasch. Neben dem [[Joachimismus]] gewann vor allem der so genannte [[Wikipedia:Pseudojoachimismus|Pseudojoachimismus]] großen Einfluss. Besonders der Franziskanerorden nahm im 13. Jahrhundert joachimitische Ideen auf.


Der Bub hat im heutigen [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]] in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, Johann Steiner (1829-1910), ein Eisenbahnbeamter, zur Mutter Franziska Steiner, geborener Blie (1834-1918), ist der spätere Begründer einer weltumfassenden Bewegung bis in reifere Zeiten in einem liebevollen nachgerade kindlichen Verhältnis stehngeblieben.
== Wirken ==


Die Familie zog mehrmals um: [[Wikipedia:1862|1862]] nach [[Wikipedia:Mödling|Mödling]], ein Jahr später nach [[Wikipedia:Pottschach|Pottschach]] und [[Wikipedia:1869|1869]] nach [[Wikipedia:Neudörfl|Neudörfl]]. Rudolf wurde von den Gleichaltrigen ausgeschlossen, ersetzte den Geschichtsunterricht durch [[Wikipedia:Immanuel Kant|Kant]]s [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]]. Für den Ministranten gehörten die Mönche aus der Nachbarschaft zu den stärksten Kindheitseindrücken. Eine tiefe Auffassungsgabe verwandelte ihm Erlebnisse wie einen brennend vorbeirasenden Zugwaggon oder die innerliche Begegnung mit einer Tante, die sich das Leben genommen hatte, in Flammenzeichen. Er kam nur aufs Realgymnasium in [[Wikipedia:Wiener Neustadt|Wiener Neustadt]].
Seine Ideen fanden im späten 13. und 14. Jahrhundert großen Anklang und verbreiteten sich schnell. So beeinflussten sie auch [[Dante Alighieri]], vermutlich über die [[Wikipedia:Spiritualen|spirituale]] Strömung der Franziskaner, der dann auch Joachim von Fiore in seine [[Göttliche Komödie]] aufnahm. So wie er auf die spiritualen Franziskaner wirkte, so kann man auch seinen Einfluss bei den [[Wikipedia:Täufer|Täufer]]n der [[Wikipedia:Reformation|Reformation]]szeit, z. B.  bei [[Wikipedia:Thomas Müntzer|Thomas Müntzer]] und schließlich auch bei [[Gotthold Ephraim Lessing|Lessings]] „[[Erziehung des Menschengeschlechts]]“ sowie bei [[Georg W. F. Hegel|Hegel]], [[Wikipedia:Auguste Comte|Auguste Comte]], [[Wikipedia:Karl Marx|Karl Marx]] und in [[Wikipedia:Ernst Bloch|Ernst Bloch]]s „[[Wikipedia:Das Prinzip Hoffnung|Prinzip Hoffnung]]“ erkennen.  


[[Bild:SteineralsAbiturient.jpg|thumb|Als Abiturient]]
[[Wikipedia:Benedikt XVI.|Papst Benedikt XVI.]] ist seit Jahrzehnten ein führender Joachim-Spezialist. Im [[Wikipedia:Lexikon für Theologie und Kirche|Lexikon für Theologie und Kirche]] verfasste er  1960 den Artikel „Joachim von Fiore“ und betonte, Joachim sei nicht antihierarchisch eingestellt gewesen, mit [[Wikipedia:Benedikt von Nursia|Benedikt von Nursia]] habe laut Joachim das Geist-Zeitalter begonnen.


=== Als Student in Wien ===
[[Wikipedia:1255|1255]] gab [[Wikipedia:Gerhard von Borgo San Donnino|Gerhard von Borgo San Donnino]] in Paris die drei Hauptwerke Joachims &nbsp;''Concordia Novi et Veteris Testamenti,'' ''Expositio in Apocalypsim'' und ''Psalterium decem chordarum''&nbsp;– heraus und fügte eine eigene Schrift mit dem Titel ''Introductorius in Evangelium aeternum'' hinzu. Direkt nach Erscheinen des ''Evangelium aeternum'' erfolgt die Verwerfung der Schrift durch eine Kardinalskommission in Anagni<ref>vgl. z.B. Heinrich Denifle: ''Das Evangelium aeternum und die Commission zu Anagni'', Berlin 1885 [https://archive.org/details/bub_gb_1UMNAAAAYAAJ]</ref>.
 
An der Technischen Hochschule Wien studierte Steiner ab [[Wikipedia:1879|1879]] Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Letztere war für ihn durch ihre Unwiderlegbarkeit weltanschaulicher Rettungsanker und Hoffnungsschimmer. Der Student entdeckte [[Thomas von Aquin]] für sich, begeisterte sich für paranormale Wahrnehmungen und freundete sich mit seinem Germanistikprofessor [[Karl-Julius Schröer]] an. Erst in seinen Zwanzigern, gab er in Kürschners [[Wikipedia:Deutsche Nationalliteratur|Deutscher Nationalliteratur]] [[Goethe]]s naturwissenschaftliche Schriften heraus und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen. Von [[Wikipedia:1884|1884]] bis [[Wikipedia:1890|1890]] verdiente er sich sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden [[hydrocephalus]]kranken Kindes in einer prominenten Wiener Familie, das später (nach Überzeugung der Mutter ermöglicht durch die pädagogische Leistung Steiners) Medizin studierte und Arzt wurde. Mit der Dichterin [[Marie Eugenie delle Grazie]] knüpfte er eine Freundschaft, [[Marie Lang]] vermittelte eine gleiche mit [[Rosa Mayreder]], aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler [[Felix Koguzki]] kam er aus.
 
=== Als Goetheforscher in Weimar ===
 
In [[Wikipedia:Rostock|Rostock]] promovierte Steiner [[Wikipedia:1891|1891]] mit [[GA 3|Wahrheit und Wissenschaft]] zum Dr.phil., da er als ehemaliger Realgymnasiast in der [[Wikipedia:k.u.k. Monarchie|k.u.k. Monarchie]] nicht promovieren konnte. [[Wikipedia:1890|1890]] übernahm er, auf Schröers Vorschlag, am [[Wikipedia:Goethe-und-Schiller-Archiv|Goethe-und-Schiller-Archiv]] in [[Wikipedia:Weimar|Weimar]] die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große [[Wikipedia:Weimarer Ausgabe|Weimarer Goethe-Ausgabe]], die so genannte "Sophien-Ausgabe". Fern von jeder Buchgelehrsamkeit hält er in seinem Kommentar zwischen den Zeilen dazu an, sich meditativ in Goethes Weltsicht zu vertiefen und dessen Ansatz zu verinnerlichen, dass es rein biologische Gesetzmäßigkeiten gibt, welche sich nicht auf chemische oder physikalische Regeln zurückführen lassen – eine Sichtweise, ohne die sich seine späteren Ausführungen über Geisteswissenschaft im okkulten Sinne gar nicht würden denken lassen.
 
Weimar war Steiners erste größere Reise, aber es brachte auch Kontakte: einen Umzug zu [[Anna Eunike]], die er später heiratete, Freundschaft mit [[Gabriele Reuter]], eine teils problematische Zusammenarbeit mit [[Nietzsche]]s Schwester, [[Elisabeth Förster-Nietzsche]], in deren [[Nietzsche-Archiv]] in Naumburg er vor dem umnachteten Philosophen stand, eine Begegnung mit [[Ernst Haeckel]], das Erlebnis [[Heinrich von Treitschke]]s als einer Autorität, die aus äußerlichen Gründen nur schwer kommunizieren konnte, vor allem aber die Zusammenarbeit an der Weimarer Ausgabe mit [[Herman Grimm]], der ihm durch seine Ehe mit einer Tochter [[Bettine von Arnim]]s einen unmittelbaren Zugang zu Goethes Welt schenkte, aber auf den Kollegen auch durch seinen Stil gewirkt hat.
 
[[Wikipedia:1894|1894]] veröffentlichte Steiner das – nach Ansicht seiner Anhänger epochale – [[Wikipedia:Erkenntnistheorie|erkenntnismethodologische]] Grundlagenwerk "[[Die Philosophie der Freiheit]] – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode". Das Werk sagt in seinem Kerne aus, dass es eine innere Autorität gibt, die ganz von äußeren Befehlshabern unabhängig ist. Außerdem wiederholt es den Realismus [[Thomas von Aquin]]s, denn es setzt zunächst Einheit von Ding und Begriff voraus. Philosophische und sprachphilosophische Einflüsse hat hier nicht zuletzt [[Wilhelm Dilthey]] ausgeübt.
 
Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.
 
=== Lehrer in Berlin ===
 
Zwischen [[Wikipedia:1898|1898]] und [[Wikipedia:1900|1900]] gab Steiner in Berlin das [[Wikipedia:Magazin für Litteratur|Magazin für Litteratur]] heraus und unterrichtete an der [[Wikipedia:Arbeiterbildungsschule|Arbeiterbildungsschule]]. Als er [[Wikipedia:1902|1902]] zusammen mit [[Marie von Sivers]] die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]] übernahm, wurde die Rezeption der "Philosophie der Freiheit" in der philosophischen Fachwelt abgebrochen. Im gleichen Jahr publizierte Steiner seinen [[Spiritualität|spirituellen]] Zugang zu demjenigen, was seiner Ansicht nach die Grundelemente des Christentums sind, in [[GA 8|Das Christentum als mystische Tatsache]], unabhängig von und teilweise im Widerspruch zu den bestehenden [[Wikipedia:konfession|konfession]]ellen und [[Wikipedia:Dogma|dogmatischen]] Traditionen der etablierten Theologie. In dem Werk [[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]] brach er [[Wikipedia:1904|1904]] mit der bislang gültigen [[Okkultismus|okkulten]] Tradition, dass spirituelle Schulung eines persönlichen Lehrers bedürfe, und stellte die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer [[Wikipedia:Rationalismus|rationalen]] Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. [[1904]] legte er in seinem Werk [[Theosophie]] und später in [[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]] ([[Wikipedia:1909|1909]]) u.a. durch Ausführungen über die [[Wesensglieder]] des Menschen, die Farben der [[Aura]] und die [[Planetenzustände]] der Erde den Ideengehalt der [[Anthroposophie]] dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche [[Vortragstätigkeit]], bei der er als ein okkulter Alleswisser herumgezeigt wurde. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer zum größten Teil nicht geprüft, stellen das Mehr der Bände der [[Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe]], deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.
 
[[Bild:Steiner_1919.jpg|thumb|1919]]
[[Wikipedia:1913|1913]] trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers` in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und [[Wikipedia:1911|1911]] von [[Annie Besant]] und [[Charles Leadbeater]] der Hinduknabe [[Jiddu Krishnamurti]] als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die [[Anthroposophische Gesellschaft]] wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.
 
=== Dornach und das Goetheanum ===
 
[[Wikipedia:1914|1914]] heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.
 
Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch, und 1913 begann in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] der Bau des ersten [[Goetheanum]]s als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war [[Edith Maryon]] maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten [[Faust]] von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein "Haus der Sprache" oder ein "Haus des Wortes" gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Kirchen, Schulen und Hochschulen für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.
 
 
==== Anthroposophische Architektur ====
 
Auf dem Dornacher Hügel hat Steiner nicht nur das erste Goetheanum, das noch stark dem Jugendstil verpflichtet war, und dessen Nachfolgerbau, sondern zwischen diesen beiden auch noch einige Wohnhäuser und Bauwerke mit anderen Aufgaben errichtet, die vorübergehend einen starken [[Wikipedia:Kubismus|kubistischen]] Einschlag annehmen, aber dann in etwas völlig Neues übergehen. Das [[Glashaus]] vermittelt noch einen Eindruck davon, wie das erste Goetheanum ausgesehen hat. [[Haus Duldeck]] steht zwischen der alten und der neuen Art der neuen schon näher, die vor allem in Waldorfschulen bis heute fortlebt. Beeinflusst ist sie vor allem von ''Antonio Gaudi'', ausgewirkt hat sie sich am stärksten bei ''Alvar Aalto'' (Aalto-Theater in Essen und Finlandia-Halle in Helsinki). (Siehe hierzu: Steiner, [[GA 286|Wege zu einem neuen Baustil]])
 
==== Die Eurythmie ====
 
Die [[Eurythmie]], die ''Musik und Sprache durch Bewegung sichtbar macht,'' hatte in der Aufführungskunst von Dramen [[Edouard Schuré]]s durch [[Mieta Waller]] und [[Marie Steiner]] bereits Vorläufer. Steiner entwickelte sie zwischen [[1913]] und [[1924]] gemeinsam mit [[Lory Maier-Smits]].
 
=== Ausgeweitetes öffentliches Wirken ===
 
Steiner, der schon vor dem [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] durch esoterische Unterweisungen für [[Eliza von Moltke]] mit dem Neffen des Bismarck-Moltke, [[Helmuth Johannes Ludwig von Moltke]], zusammengekommen war, ab [[Wikipedia:1906|1906]] in ihm dem Chef des Generalstabs begegnend, hatte während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker und versuchte u.a., die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei. [[Wikipedia:1919|1919]] hat er mit seiner Frau in Paris gegen die Friedensbedingungen protestiert. Später sollte er für eine kurze Zeit stark in die Öffentlichkeit hinausgehn, das Berliner Sportstadion sah ihn als Redner, bis diese Episode wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, wieder beendet wurde. In der durch [[Alexander von Bernus]] begründeten anthroposophischen Zeitschrift [[Das Reich]] schrieb Steiner gemeinsam u.a. mit [[Wikipedia:Alfred Kubin|Alfred Kubin]] und [[Wikipedia:Else Lasker-Schüler|Else Lasker-Schüler]].
 
==== Die Dreigliederung ====
 
[[Wikipedia:1919|1919]] warb Steiner für den Gedanken einer [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]], die ein freies Geistesleben zwei unabhängigen Organisationen für Recht und Wirtschaft überordnet und die Staatsgrenzen aufhebt. Er verfasste einen [[Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt]], der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie [[Wikipedia:Hermann Bahr|Hermann Bahr]], [[Wikipedia:Hermann Hesse|Hermann Hesse]] und [[Bruno Walter]] unterzeichnet wurde. (Zur Dreigliederung: Steiner, [[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]])
 
==== Das neue Goetheanum ====
 
In der Silvesternacht 1922/23 brannte das Goetheanum völlig nieder (die Versicherung hat Brandstiftung als Ursache anerkannt). Ende [[Wikipedia:1923|1923]] hat Steiner auf der [[Weihnachtstagung]] die nun "Allgemeine" [[Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophische Gesellschaft]] neu begründet. Dadurch wollte er, anders als bis dahin, die ''Bewegung'' mit ihrer ''äußeren Hülle'' in eins bringen. Die Grundsteinlegung für den größeren Nachfolgerbau erfolgte [[1924]]. Er ist der Sitz der Gesellschaft und der von ihr betriebenen [[Freie Hochschule für Geisteswissenschaften|Freien Hochschule für Geisteswissenschaften]].
 
==== Die Waldorfschule ====
 
[[Wikipedia:1919|1919]] entstand in Stuttgart eine erste [[Waldorfschule|Freie Waldorfschule]]. Sie war aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der [[Wikipedia:Waldorf-Astoria#Waldorf-Astoria-Cigarettenfabrik|Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik]] herausgewachsen, die Steiner organisiert hatte, und hatte auch Impulse aus dem Bestreben erhalten, die modernen, verzweigten Arbeitsvorgänge für den einzelnen Schaffenden durch eine [[Betriebskunde]] übersehbarer zu machen. Die Arbeiter wollten ein Gleiches auch für ihre Kinder. Steiner entwickelte in Vortragsreihen und Lehrerbildungskursen eine [[Waldorfschule#Methodisch-Didaktisches|neue Erziehungskunst]], die genau auf die Entwicklungsstufen und geistigen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes auf seinem Weg zum erwachsenen Menschen abgestimmt ist. Von der Umsetzung war der Übervater allerdings bald schon ehrlich enttäuscht. Er hat das in einem Ergänzungskurs ganz unverhohlen ausgesprochen. Mit der Waldorfschule wurde auf einen [[Weltschulverein]] abgezielt. Ergänzt wurden die für sie gegebenen Hinweise durch einen [[GA 317|heilpädagogischen Kurs]].
 
==== Die Christengemeinschaft ====
 
[[Wikipedia:1922|1922]] eröffnete Steiner 48 von [[Friedrich Rittelmeyer]] angeführten evangelischen Theologen, die ihn darum gebeten hatten, die äußeren Formen für eine anthroposophisch-christliche Sekte, die [[Christengemeinschaft]].
 
==== Die biologisch-dynamische Landwirtschaft ====
 
[[Wikipedia:1924|1924]] gab Steiner in Koberwitz bei Breslau mit einem landwirtschaftlichen Kurs den Startschuss für die Entwicklung der [[biologisch-dynamische Landwirtschaft|biologisch-dynamischen Landwirtschaft]].
 
==== Die anthroposophisch erweiterte Medizin ====
 
Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte [[Anthroposophische Medizin|Medizin]] durch das Werk [[GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], das er gemeinsam mit der Ärztin [[Ita Wegman]] herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs ''abgelehnt,'' sondern nur ''ergänzt'' wird, indem man bei der Behandlung ''anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt,'' bestimmte Methoden ''hinzufügt'' und nur ''zum Teil, auf Wunsch des Patienten,'' gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ''ersetzt.''
 
==== Die Naturwissenschaften ====
 
Wer Steiners Glauben teilt, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist durch die [[Bildschaffende Methoden|bildschaffenden Methoden]] der Anthroposophie möglich. So haben vor allem [[Theodor Schwenk]] die [[Tropfenbildmethode]] zur Erforschung der Wassergüte und [[Ehrenfried Pfeiffer]] die Methode der [[Kupferchloridkristallisation]] zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.
 
==== Die Musik ====
 
Auch zur Musik hat Steiner Anregungen gegeben, die die Tonkunst umgreifend ändern. Er empfahl formliche Änderungen der Instrumente. Den Dirigenten [[Bruno Walter]] und den Komponisten [[Viktor Ullmann]] konnte er für die [[Anthroposophie]] gewinnen.
 
== Geistige Heimat und Zukunft ==
 
Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für [[Wassily Kandinsky]], [[Christian Morgenstern]] und [[Joseph Beuys]] systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im ''Ganzen'' der europäischen Kultur zuhause. Bei den von [[Gerhard Wehr]] bezeichneten Vorgängern wie [[Jakob Böhme]] handelt es sich nur um Vor''läufer.'' Der Grundzug, sich bewusst vor allem vom ''Materialismus'' abzugrenzen, dagegen stammt aus älterer Tradition. Hier ist [[Thomas von Aquin]] durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie Steiners wichtigster Vorausverkünder, steht dieser in einer Reihe von Männern, die vom glühenden Erneuerer des Christentums, [[Bernhard von Clairvaux]], über Thomas, [[Francesco Petrarca]] als dessen moderneren Nachfolger in dem Beginnen einer Erneuerung, die ''das ganze Leben umfasst,'' Petrarcas wichtigste Verwirklicher ([[Leonardo da Vinci]], [[Rembrandt]]) und schließlich [[Goethe]] mit seiner hochgezüchteten ''Ruhe'' bis zu ihm führt, der durchs Bauen eine künstlerische Bedeutung erlangt hat, durch die er seinen Vorgängern im Führen und Begeistern der Menschen keine Schande antut. Bemerkungen bei Marie von Sivers lassen darauf zurückschließen, dass sie und ihr Mann auch dessen eigenes früheres Erdensein in [[Italien]] gesehen haben, das sie oft bereisten und auf seine Kunstwerke durchkämmten. Der Theaterkritiker und Zeitungsmann Steiner hat in seinen [[GA 40|Wahrspruchworten]] und [[GA 14|Mysteriendramen]] indessen auch einen eigenen literarischen [[Stil]] entwickelt, der ''ganz bewusst'' in abstrakten geistigen Bereichen verschwebt. [[Rosa Mayreder]] hat dies nach seinem Tod Goethes wirklichkeitsnahem Stil in [[Dichtung und Wahrheit]] gegenübergehalten. Ist der geistige Ursprung von Steiners Weltanschauung also so sehr allgemein nur ''ein Verbundensein mit den tiefsten und höchsten Werten der europäischen Kultur,'' dass den Anhängern 1919 auf seine Frage, wie man die neubegründete Schule, außer Waldorfschule, noch nennen könnte, nur "Kulturschule" einfiel und sich das eigentlich Besondere dieser Schulen noch heute nicht ''gefunden'' hat, obwohl es jeder ''spürt,'' so müssen auch die noch nicht gereiften Früchte seines Sinnstiftertums ganz in seinem Sinne nicht in einer eng begrenzten, wenn auch noch so geflissentlich weiterentwickelten weltanschaulichen Bewegung, sondern in einem möglichst ehrlichen und konstruktiven Weiterentwickeln der ''ganzen Weltkultur'' gesucht werden.


== Werke ==
== Werke ==
Rudolf Steiner hat neben 20 Büchern eine Vielzahl von Schriften und Artikeln veröffentlicht und rund 5900 Vorträge im In- und Ausland gehalten. Ein Großteil der Vorträge ist in Mitschriften von Berufsstenographen und Vortragszuhörern erhalten geblieben. Sie erschienen zunächst häufig im Privatdruck und in Zeitschriften . Später begannen verschiedene Verlage (u.a. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Rudolf-Steiner Verlag) die Vorträge, Bücher im engeren Sinne wie auch die dazu gehörigen Wandtafelbilder zu edieren und publizieren.
[[Bild:Steiner1923.jpg|thumb|1923]]
:[[GA 3|Wahrheit und Wissenschaft]], [[1892]]
:[[GA 4|Die Philosophie der Freiheit]], [[1894]]
:[[GA 18|Die Rätsel der Philosophie]], [[1900]]
:[[GA 8|Das Christentum als mystische Tatsache]], [[1902]]
:[[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]], [[1904]]
:[[GA 9|Theosophie]], [[1904]]
:[[GA 11|Aus der Akasha-Chronik]], [[1904]] - [[1908]], als Buch [[1939]]
:[[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]], [[1909]]
:[[GA 14|Vier Mysteriendramen]], [[1910]]-[[1913]]
:[[GA 286|Wege zu einem neuen Baustil]], [[1914]]
:[[GA 20|Vom Menschenrätsel]], [[1916]]
:[[GA 21|Von Seelenrätseln]], [[1917]]
:[[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]], [[1919]]
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:[[GA 28|Mein Lebensgang]], [[1924]]
:[[GA 279|Eurythmie als sichtbare Sprache]], [[1924]]
:[[GA 278|Eurythmie als sichtbarer Gesang]], [[1924]]
== Aktuelle Bezüge ==
''Der größere Teil der Menschheit wird seinen Einfluß von '''Amerika''', von dem Westen herüber haben, und der geht ... jener Entwickelung entgegen, die heute sich erst in den idealistischen Spuren, gegenüber dem, was da kommt, in sympathischen Anfängen zeigt. Man kann sagen: Die Gegenwart hat es noch recht gut gegenüber dem, was da kommen wird, wenn die westliche Entwickelung immer mehr und mehr ihre Blüten treibt. Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das '''Jahr 2000''' geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von '''Verbot''' für alles '''Denken''' von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu '''unterdrücken.'''''


Rudolf Steiner: Vortrag, Berlin, 4. April 1916
;Hauptwerke


''Dasjenige, was ein ewiges Friedensideal ist, das wird niemals durch ein Tröpfchen Blut erreicht, das hervorgerufen worden ist durch ein '''Kriegsinstrument'''. Das muss auf ganz andere Weise in die Welt gesetzt werden! Und sei es wer immer, der da sagt, er '''kämpfe für den Frieden''' und müsse deshalb '''Krieg''' führen, Krieg bis zur Vernichtung des Gegners, um Frieden zu haben, der lügt, wenn er sich dessen auch nicht bewusst ist, wer er auch immer sein möge.''
* ''Concordia novi et veteris Testamenti''
* ''Expositio in Apocalypsim''
* ''Psalterium decem chordarum''
* ''Tractatus super quatuor Evangelia''
* ''De articulis Fidei''
* ''Adversus Iudeos''
* ''Vita S. Benedicti'' (unvollendet)


Rudolf Steiner: Vortrag, Dornach, 18. Dezember 1916
== Siehe auch ==
*[[Wikipedia:Sixtinische Kapelle|Sixtinische Kapelle]]


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
*Taja Gut: "Aller Geistesprozess ist ein Befreiungsprozess" - Der Mensch Rudolf Steiner, Pforte Verlag, [[2000]]
* [[Wikipedia:Herbert Grundmann|Herbert Grundmann]]: ''Zur Biographie Joachims von Fiore und Rainers von Ponza''. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 16, 1960, S. 437-546.
*Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner - eine Biographie, Verlag Urachhaus, [[1999]]
* M. Reeves: ''The Influence of Prophecy in the Later MA. A Study in Joachimism''. 1969.
*Johannes Hemleben: Rudolf Steiner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlts Monographien 79, 151.-160. Tausend, Reinbek bei Hamburg [[1980]]
* Matthias Riedl: ''Joachim von Fiore. Denker der vollendeten Menschheit''. 2004 ISBN 3-8260-2697-7
* G.L. Potestà: ''Il tempo dell'apocalisse. Vita di Gioacchino da Fiore''. 2004.
* Julia Eva Wannenmacher: ''Hermeneutik der Heilsgeschichte: de septem Sigillis und die sieben Siegel im Werk Joachims von Fiore.'' Leiden; Boston: Brill 2005 ISBN 90-04-13750-5
* [[Wikipedia:Henri de Lubac|Henri de Lubac]]: ''[[Wikipedia:Schleiermacher|Schleiermacher]], [[Wikipedia:Johann Gottlieb Fichte|Fichte]], [[Wikipedia:Friedrich Hölderlin|Hölderlin]]'' Übers. Alexander Düttmann. In: Typologie. Internat. Beiträge zur Poetik. Frankfurt am Main, 1988 ISBN 3518114514 - S.338-356 (Zuerst in: Lubac ''La postérité spirituelle de Joachim de Flore''. T.1: De Joachim à [[Wikipedia:Friedrich Wilhelm Joseph Schelling|Schelling]]. Paris, 1979. - S.327-342 (das Buch ist wichtig für die Wirkung des Begriffs Drittes Reich mit dem deutschen Idealismus als Brücke hin zur Verwendung durch die Nazis)
* [[Wikipedia:Karl Löwith|Karl Löwith]]: Kapitel „Joachim“, in: Ders., Weltgeschichte und Heilgeschehen, Sämtliche Schriften Bd.2, Stuttgart 1983, S. 158-172
* Rudolf Steiner: ''Das Initiaten-Bewußtsein. Die wahren und die falschen Wege der geistigen Forschung.'', [[GA 243]] (2004), ISBN 3-7274-2430-3 {{Vorträge|243}}
 
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
===Allgemein===
{{PND|118557564}}
* http://www.rudolf-steiner.com- Website der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, Archiv und Verlag in Dornach.
* {{BBKL|j/Joachim_f|autor=Jendris Alwast|artikel=Joachim, v. Fiore (1130-1202)|band=3|spalten=115-117|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070629090825/http://www.bautz.de/bbkl/j/Joachim_f.shtml|archivedate=12.4.2017}}
* http://www.goetheanum.org - Website des Goetheanum in Dornach.
* [http://www.stereo-denken.de/joachim.htm Jürgen Kuhlmann: Neujoachimismus]
* http://www.anthromedia.net - Übersicht über die anthroposophischen Tätigkeitsfelder.
* [http://www.centrostudigioachimiti.it/ Centro internazionale di studi Gioachimiti (it. u. engl.)]
* http://www.radio-anthroposophie.de - Blog zu Rudolf Steiner und aktuellen Entwicklungen in der Anthroposophie.
* [http://www.newadvent.org/cathen/08406c.htm „Joachim of Flora“-Artikel der Catholic Encyclopedia auf www.newadvent.org (engl.)]
* http://www.rudolf-steiner.de - Weiterführende Information, Literaturdatenbank.
* [http://www.emigrati.it/TEDESCO/Hermeneutik_im_Web.asp Joachim von Fiore - Für eine Hermeneutik im Web. Ein „Escatologia Florense“ Vergleich]
*[http://www.izf-group.de/Wikka/HomePage/ Forschungsanregungen Steiners] - und Forschungsergebnisse Steiners
* [http://www.eckhart.de/index.htm?winter.htm# Meister Eckhart und seine Zeit - Eduard Winter - Ketzerschicksale] Der Ketzervater: Joachim von Fiore
* http://www.antroposofi.no/historie/Motzstrase30%20Berlin.pdf "Rudolf Steiner, wohnten und wirkten hier 1903-1923", Motzstraße 30, Schöneberg, Berlin.
 
===Werke===
* http://www.rudolf-steiner.com - Website des Rudolf Steiner Archivs mit Volltextrecherchemöglichkeit.
* http://rudolf.steiner.home.att.net - Komplette Online-Edition der Schriften Rudolf Steiners (GA 1-28).
* http://www.anthroposophy.com/Steinerwerke/Steinerschriften.html - Grundlegende Werke Rudolf Steiners online.
* http://www.dr-rudolf-steiner.de - Einige Ausgaben letzter Hand
* http://www.datenbank-anthroposophie.de - Datenbank Anthroposophie [Privates Projekt].
 
===Anthroposophische Publikationen===
* [http://www.anthroposophy.com/ Anthroposophie]
* [http://www.anthroposophie-de.com/ Die anthroposophische Gesellschaft in Deutschland]
* [http://www.goetheanum.ch/ Das Goetheanum der Anthroposopischen Gesellschaft]
* [http://www.sab.org.br/ Sociedade Antroposófica no Brasil (portugiesisch, englisch)]
* [http://www.info3.de Info3 - Monatsmagazin für Spiritualität und Zeitfragen]
* [http://www.anthroposophie.net/ Forum für Anthroposophie, Waldorpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft]
 
===Kunstwissenschaftliche Publikationen===
* [http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2004/1385/ Rudolf Steiner Design : Spiritueller Funktionalismus – Kunst] - Dissertation von Reinhold Johann Fäth
 
===Goetheanistische Naturwissenschaft===
* [http://www.izf-group.de Der IZF Group Verlag] - Forschungsprojekte zu Rudolf Steiner und Magazin
 
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Version vom 7. Mai 2017, 14:39 Uhr

Joachim von Fiore

Joachim von Fiore (auch: Joachim von Fiori, J. von Flore, de Flore, of Flora; * um 1130/1135 in Celico, Kalabrien; † 1202 in San Giovanni in Fiore) war Abt und Ordensgründer in Kalabrien und wirkte im 12. Jahrhundert als Geschichtstheologe.

Leben

Joachim von Fiore wurde um 1130/35 als Sohn eines Notars in Celico (Kalabrien) geboren. Anfangs arbeitete er auf Bestreben seiner Eltern als Notar in Cosenza und in der Kanzlei am Königshof von Wilhelm I. in Palermo.

Diese verließ er aber bald, um sich einem religiösen Leben zuzuwenden. So unternahm er 1166/67 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land und besuchte Jerusalem. Nach Streitereien mit seinem Vater über seinen weiteren beruflichen Werdegang zog Joachim als Prediger und Einsiedler über das Land, verbrachte zuerst eine Zeitlang auf dem Hügel Guarassano bei Cosenza und dann nahe dem Zisterzienserkloster Sambucina di Luzzi. In Rende wurde er vom Bischof von Catanzaro zum Priester geweiht. Erst jetzt schloss er sich einer Ordensgemeinschaft an: er trat in das Kloster Corazzo ein. Nachdem er Prior geworden war, zog er sich in das Kloster SS. Trinità in Acri nach Sambucina zurück, und erst auf Grund der Bitten kirchlicher Würdenträger kehrte er als Abt nach Corazzo zurück. Er leitete das Kloster von 1171 bis 1177 und führte dort die Zisterzienserregel ein. 1183/84 hielt er sich im Kloster Casamari auf und begann das Psalterium decem chordarum, das er 1187/88 in Petralata (Kalabrien) beendete. Nachdem er schon 1183 bei der Kurie um Erlaubnis nachgesucht hatte, über die Offenbarung (revelatio) schreiben zu dürfen, erhielt er von Papst Klemens III. 1188 die Erlaubnis, sich ausschließlich seinen hermeneutischen Studien zu widmen. Zu diesem Zweck zog er sich in das Silagebirge zurück. Das Zisterzienser-Generalkapitel rief ihn aber 1192 nach Corazzo zurück. Stattdessen gründete er jedoch ein neues Kloster, San Giovanni in Fiore, dem er auch als Abt vorstand. An einem Ostermorgen zwischen 1190 und 1195 empfing er während der Meditation über der Johannes-Apokalypse seine entscheidende Erleuchtung. In die Zeit um 1190 fällt auch seine Gründung des Florenser-Ordens. Joachim von Fiore starb vermutlich im Jahre 1202 (weniger wahrscheinlich 1205) in San Giovanni in Fiore im Silagebirge.

„Wenn wir zum Beispiel zurückkommen so in das 9., 10., 11. Jahrhundert, auch ins 12., 13. Jahrhundert, aber da schon sehr wenig, da kommen wir zu Menschen, die wir, wenn wir heute das Wort anwenden würden, gelehrte Menschen, Wissenschafter nennen würden. Wir kommen da zurück zu jenen großartigen Gelehrten im Sinne der damaligen Zeit, die in der bedeutsamen Schule von Chartres im 11., 12. Jahrhundert gelehrt haben, kommen zurück zu Bernardus Silvestris, zu Bernardus von Chartres, zu Alanus ab Insulis. Wir kommen zurück dann zu solchen Persönlichkeiten, die in der damaligen Zeit noch, ich möchte sagen, mit dem Typus des Eingeweihten unter anderen Menschen herumgingen, mit dem Typus eines Menschen, der viel weiß um die Geheimnisse des Daseins, wie jener großartige, im Sinne des Mittelalters noch initiierte Joachim de Fiore, oder zu jener großartigen Persönlichkeit, die auch in jener Zeit gewirkt hat, die der Welt bekanntgeworden ist unter dem Namen Johannes von Auville.“ (Lit.:GA 243, S. 79)

Lehre

Bedeutend ist Joachim von Fiore vor allem wegen seines Geschichtsbildes und seiner exegetischen Methode, bei der er die allegorischen Schriftauslegungen den typologisch-historischen vorzieht. Den historischen Ablauf des Alten und des Neuen Testaments deutet er im heilsgeschichtlichen Sinn. Die Geschichte wird in drei Zeitalter gegliedert, welche er mit der Trinität in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des Heiligen Geistes. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der intelligentia spiritualis erleuchtet sein und alle Freuden des Himmlischen Jerusalem (Offenbarung 21) bieten. Das letzte, das Dritte Zeitalter, das durch das Evangelium aeternum (ital.Vangel eterno „Ewiges Evangelium“) geprägt wird, steht im Zentrum des joachimitischen Geschichtbildes. Dieses Zeitalter wird auch Drittes Reich genannt (siehe auch Chiliasmus).[1] Dem Dritten Zeitalter geht die Ankunft des Antichrist voraus, welcher dann von einer kirchlichen Persönlichkeit besiegt wird. So identifizierten einige joachimitische Franziskaner den Heiligen Franziskus auf Grund seiner Stigmata als Alter-Christus. Seine Lehre wird auch mit dem Begriff der Drei-Zeiten-Lehre bezeichnet.

Joachim von Fiore klagte Petrus Lombardus an, er habe neben Vater, Sohn und Heiligem Geist noch die Trinität als vierte kollektive Einheit und damit eine Quaternitas eingeführt. Diese These wurde auf dem Vierten Laterankonzil von 1215 verurteilt. 1254 wurden einige seiner Lehren überprüft, aber er wurde von der Kirche nie als Häretiker angesehen, auch wenn postum gefälschte Bibelkommentare sein Ansehen schädigen sollten. Seine Lehren verbreiteten sich einige Jahrzehnte nach seinem Tod sehr rasch. Neben dem Joachimismus gewann vor allem der so genannte Pseudojoachimismus großen Einfluss. Besonders der Franziskanerorden nahm im 13. Jahrhundert joachimitische Ideen auf.

Wirken

Seine Ideen fanden im späten 13. und 14. Jahrhundert großen Anklang und verbreiteten sich schnell. So beeinflussten sie auch Dante Alighieri, vermutlich über die spirituale Strömung der Franziskaner, der dann auch Joachim von Fiore in seine Göttliche Komödie aufnahm. So wie er auf die spiritualen Franziskaner wirkte, so kann man auch seinen Einfluss bei den Täufern der Reformationszeit, z. B. bei Thomas Müntzer und schließlich auch bei LessingsErziehung des Menschengeschlechts“ sowie bei Hegel, Auguste Comte, Karl Marx und in Ernst BlochsPrinzip Hoffnung“ erkennen.

Papst Benedikt XVI. ist seit Jahrzehnten ein führender Joachim-Spezialist. Im Lexikon für Theologie und Kirche verfasste er 1960 den Artikel „Joachim von Fiore“ und betonte, Joachim sei nicht antihierarchisch eingestellt gewesen, mit Benedikt von Nursia habe laut Joachim das Geist-Zeitalter begonnen.

1255 gab Gerhard von Borgo San Donnino in Paris die drei Hauptwerke Joachims – Concordia Novi et Veteris Testamenti, Expositio in Apocalypsim und Psalterium decem chordarum – heraus und fügte eine eigene Schrift mit dem Titel Introductorius in Evangelium aeternum hinzu. Direkt nach Erscheinen des Evangelium aeternum erfolgt die Verwerfung der Schrift durch eine Kardinalskommission in Anagni[2].

Werke

Hauptwerke
  • Concordia novi et veteris Testamenti
  • Expositio in Apocalypsim
  • Psalterium decem chordarum
  • Tractatus super quatuor Evangelia
  • De articulis Fidei
  • Adversus Iudeos
  • Vita S. Benedicti (unvollendet)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Die Nazis benutzten später den Begriff „Drittes Reich“, um den neuen Charakter ihres Staates zu unterstreichen, aber keinesfalls den Inhalt im Sinne Joachims.
  2. vgl. z.B. Heinrich Denifle: Das Evangelium aeternum und die Commission zu Anagni, Berlin 1885 [1]

Literatur

  • Herbert Grundmann: Zur Biographie Joachims von Fiore und Rainers von Ponza. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 16, 1960, S. 437-546.
  • M. Reeves: The Influence of Prophecy in the Later MA. A Study in Joachimism. 1969.
  • Matthias Riedl: Joachim von Fiore. Denker der vollendeten Menschheit. 2004 ISBN 3-8260-2697-7
  • G.L. Potestà: Il tempo dell'apocalisse. Vita di Gioacchino da Fiore. 2004.
  • Julia Eva Wannenmacher: Hermeneutik der Heilsgeschichte: de septem Sigillis und die sieben Siegel im Werk Joachims von Fiore. Leiden; Boston: Brill 2005 ISBN 90-04-13750-5
  • Henri de Lubac: Schleiermacher, Fichte, Hölderlin Übers. Alexander Düttmann. In: Typologie. Internat. Beiträge zur Poetik. Frankfurt am Main, 1988 ISBN 3518114514 - S.338-356 (Zuerst in: Lubac La postérité spirituelle de Joachim de Flore. T.1: De Joachim à Schelling. Paris, 1979. - S.327-342 (das Buch ist wichtig für die Wirkung des Begriffs Drittes Reich mit dem deutschen Idealismus als Brücke hin zur Verwendung durch die Nazis)
  • Karl Löwith: Kapitel „Joachim“, in: Ders., Weltgeschichte und Heilgeschehen, Sämtliche Schriften Bd.2, Stuttgart 1983, S. 158-172
  • Rudolf Steiner: Das Initiaten-Bewußtsein. Die wahren und die falschen Wege der geistigen Forschung., GA 243 (2004), ISBN 3-7274-2430-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks


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