Diskussion:Sozialer Organismus und Reue: Unterschied zwischen den Seiten

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(In einzelnen Fällen kann ein sozialer Organismus sterben - wenn nämlich seine Bevölkerung stirbt.)
 
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'''Kann ein sozialer Organismus sterben?'''''
'''Reue''' ist ein meist [[schmerz]]liches [[Gefühl]] des Bedauerns, das entsteht, wenn man sich [[bewusst]] wird, etwas Falsches, Unrechtes, [[moral]]isch Verwerfliches, [[Sünde|Sündhaftes]] getan zu haben, verbunden mit dem festen [[Wille]]n zur Besserung und Wiedergutmachung, sofern diese möglich ist. Fehlt die klare, nüchterne und präzise [[Erkenntnis]] der eigenen Unvollkommenheit und der tätige Wille zur Besserung, gleitet die Reue sehr leicht in das bloß dumpfe [[egoistisch]]e Bedauern über den ''eigenen'' Unwert ab.
== Kursiver Text ==
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Nachdem sich die Goten in Zeiten der germanischen Völkerwanderung in West- und Ost-Goten aufgespalten hatten,
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zogen Sie nach Westen. Die Westgoten unter Alarich plünderten Rom und zogen nach Spanien weiter. Die Ostgoten
"Die Reue über
besiedelten Norditalien und begründeten dort das Ostgotische Reich. Ihr bekanntester König war Theoderich, der
die Sünden hat sehr häufig eine außerordentlich egoistische Färbung,
Dietrich von Bern in der Nibelungen-Sage. Beide Gesellschaften sind im späteren Verlauf verschwunden. Die Ostgoten
und man sollte die Menschen anweisen, diese egoistische Neigung
mögen in der ursprünglichen Bevölkerung aufgegangen sein. Die Westgoten aber verloren sich - ähnlich den Vandalen
aus der Reue herauszubringen. Worin besteht denn oftmals
im Süden Spaniens bzw. in Nordafrika. Selbst der letzte Rest der gotischen Sprache, das Krim-Gotische, ist spätestens
das Gefühl der Reue? Es besteht darin, daß man ein besserer
im 19. Jahrhundert ganz verschwunden. Ist dieser Vorgang nicht doch auch ein "Sterben" der zugehörigen Gesellschaft?
Mensch gewesen sein möchte, als man gewesen ist. In diesem «Man
Mit den Menschen eines sozialen Organismus kann - so scheint es mir - halt auch ihr sozialer Organismus sterben...
möchte ein besserer Mensch sein, als man eigentlich gewesen ist»
liegt etwas, das im Grunde genommen einer von Christus durchdrungenen
Moral widerspricht. Man muß im Grunde genommen
seine Sünden auf sich nehmen und man muß sich nicht für einen
besseren Menschen halten wollen, als man wirklich gewesen ist. Die
Reue hat nur dann einen Sinn, wenn sie nach einer vorurteilsfreien
Erkenntnis der Unvollkommenheiten strebt, wenn man geneigt ist,
sich die ganze Schwere der Unvollkommenheiten vorzuhalten, und
wenn aus dieser Vollerkenntnis der Vorsatz hervorgeht — der dann
aber ein zur Tat führender Vorsatz ist -, diese Unvollkommenheit
abzulegen. Also in dem Wirken der Seele für sich in die Zukunft
hinein muß das Wesentliche liegen. Reue ist die Absicht, durch eine
genaue Erkenntnis der Unvollkommenheiten dazu zu kommen, diese
Unvollkommenheiten abzulegen." {{Lit|{{G|343a|535}}}}
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An dem klaren [[Bewusstsein]] der eigenen Unvollkommenheit erwacht das [[Gewissen]]:
 
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"Die Sprache hat ein feines Gefühl für die Sache: wenn
die schlechte Handlung vorbei ist, «regt sich das Gewissen».
Warum regt sich das Gewissen? Weil jetzt erst die schlechte Tat
zum Wissen erhoben wird. Sie geht hinauf ins Wissen." {{Lit|{{G|166|88}}}}
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[[Strafe]]n für begangene Verfehlungen sind nur sinnvoll, wenn sie derart das Bewusstsein wecken und den Willen zur Besserung entzünden.
 
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"Nun hat man über die
Gründe, warum gestraft werden soll, viele Theorien aufgestellt.
Die einzig mögliche findet man nur, wenn man weiß, daß es sich
darum handelt, mit der Strafe die Kräfte der Seele so anzuspannen,
daß das Bewußtsein sich erweitert über Kreise, über die es sich vorher
nicht erstreckt hat. Und dies ist auch die Aufgabe der Reue. Die
Reue soll gerade darinnen bestehen, die Tat so anzuschauen, daß
sie durch ihre Gewalt ins Bewußtsein heraufgehoben wird, so daß
das Bewußtsein nun den Zusammenhang so überschaut, daß es das
nächste Mal nicht wiederum ausgeschaltet werden kann." {{Lit|{{G|166|88}}}}
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== Reue und geistige Entwicklung ==
Alle esoterischen Übungen auf dem geistigen [[Schulungsweg]] sollen täglich von einer abendlichen [[Rückschau]] auf den abgelaufenen Tag begleitet sein, wobei alles, bis in die kleinsten Details, rückläufig, d.h. entgegen dem äußeren [[Zeit]]verlauf betrachtet werden sollte - und zwar möglichst objektiv und ''ohne'' Reue, denn Reue entspränge hier nur dem subtilen [[Egoismus]], vor sich selbst besser erscheinen zu wollen, als man tatsächlich ist.
 
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"Jeden Tag ist eine Rückschau zu üben auf die Erlebnisse der
Persönlichkeit an dem Tage. Man hält sich selbst die wichtigsten
Erfahrungen vor, die man während des Tages gemacht hat, und
die Art, wie man sich innerhalb ihrer benommen hat. Das alles
geschieht unter dem Gesichtspunkte, daß man vom Leben lernen
wolle. Wie kann ich eine Sache, die ich heute getan habe, besser
machen? Solche Fragen legt man sich vor. Man macht sich dadurch
nicht stumpf gegen Lust und Leid. Im Gegenteil. Man wird
feiner empfindlich. Aber man bleibt nicht haften an der Sorge und
Reue über das, was man getan hat, sondern man verwandelt diese
in den Vorsatz, in der Zukunft alles besser zu machen. Man wird
sein eigener Baumeister. Wie dieser sich nicht hinstellt und reuevoll
an einem Hause, das er gebaut hat, jammert, daß es nicht
besser ist, sondern die Erfahrungen, die er an dem weniger guten
macht, bewertet zu einem nächsten ev. Bau, so der Mensch gegenüber
sich selbst. In Reue und Sorge geht unsere Persönlichkeit
unter; durch Lernen steigt sie aufwärts. Reue und Sorge nützen zu
nichts; die Zeit, die wir für sie verschwenden, sollen wir für
Aufwärtsentwickelung verwenden. Das Ganze braucht nicht
mehr als 3 - 4 Minuten in Anspruch zu nehmen." {{Lit|{{G|267|436}}}}
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Wenn der [[Tote]] nach seinem Eintritt in das [[Totenreich]] und nach einer Zeit der [[Läuterung]] aus den Fluten der [[Lethe]] den [[Trunk des Vergessens]] trinkt, wird er von der leidvollen [[Erinnerung]] an seine [[Sünde]]n, im vorangegangenen Erdenleben befreit und kann danach unbelastet in das [[Elysium]], d.h. in die eigentliche [[geistige Welt]], das [[Devachan]], eingehen.
 
Ebenso muss auch der [[Eingeweihte]] auf einer gewissen Stufe seiner [[Schulungsweg|geistigen Entwicklung]] den ''Trunk des Vergessens''  zu sich nehmen, damit er bewusst in die geistige Welt eintreten kann.
 
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln'', [[GA 166]] (1982), ISBN 3-7274-1660-2 {{Vorträge|166}}
#Rudolf Steiner: ''Seelenübungen'', [[GA 267]] (2001),  ISBN 3-7274-2670-5 {{Vorträge1|157}}
#Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}
#Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Dokumentarische Ergänzungen'' [[GA 343]]{{Vorträge|343b}}
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Ethik]]

Version vom 12. Juli 2013, 20:28 Uhr

Reue ist ein meist schmerzliches Gefühl des Bedauerns, das entsteht, wenn man sich bewusst wird, etwas Falsches, Unrechtes, moralisch Verwerfliches, Sündhaftes getan zu haben, verbunden mit dem festen Willen zur Besserung und Wiedergutmachung, sofern diese möglich ist. Fehlt die klare, nüchterne und präzise Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit und der tätige Wille zur Besserung, gleitet die Reue sehr leicht in das bloß dumpfe egoistische Bedauern über den eigenen Unwert ab.

"Die Reue über die Sünden hat sehr häufig eine außerordentlich egoistische Färbung, und man sollte die Menschen anweisen, diese egoistische Neigung aus der Reue herauszubringen. Worin besteht denn oftmals das Gefühl der Reue? Es besteht darin, daß man ein besserer Mensch gewesen sein möchte, als man gewesen ist. In diesem «Man möchte ein besserer Mensch sein, als man eigentlich gewesen ist» liegt etwas, das im Grunde genommen einer von Christus durchdrungenen Moral widerspricht. Man muß im Grunde genommen seine Sünden auf sich nehmen und man muß sich nicht für einen besseren Menschen halten wollen, als man wirklich gewesen ist. Die Reue hat nur dann einen Sinn, wenn sie nach einer vorurteilsfreien Erkenntnis der Unvollkommenheiten strebt, wenn man geneigt ist, sich die ganze Schwere der Unvollkommenheiten vorzuhalten, und wenn aus dieser Vollerkenntnis der Vorsatz hervorgeht — der dann aber ein zur Tat führender Vorsatz ist -, diese Unvollkommenheit abzulegen. Also in dem Wirken der Seele für sich in die Zukunft hinein muß das Wesentliche liegen. Reue ist die Absicht, durch eine genaue Erkenntnis der Unvollkommenheiten dazu zu kommen, diese Unvollkommenheiten abzulegen." (Lit.: GA 343a, S. 535)

An dem klaren Bewusstsein der eigenen Unvollkommenheit erwacht das Gewissen:

"Die Sprache hat ein feines Gefühl für die Sache: wenn die schlechte Handlung vorbei ist, «regt sich das Gewissen». Warum regt sich das Gewissen? Weil jetzt erst die schlechte Tat zum Wissen erhoben wird. Sie geht hinauf ins Wissen." (Lit.: GA 166, S. 88)

Strafen für begangene Verfehlungen sind nur sinnvoll, wenn sie derart das Bewusstsein wecken und den Willen zur Besserung entzünden.

"Nun hat man über die Gründe, warum gestraft werden soll, viele Theorien aufgestellt. Die einzig mögliche findet man nur, wenn man weiß, daß es sich darum handelt, mit der Strafe die Kräfte der Seele so anzuspannen, daß das Bewußtsein sich erweitert über Kreise, über die es sich vorher nicht erstreckt hat. Und dies ist auch die Aufgabe der Reue. Die Reue soll gerade darinnen bestehen, die Tat so anzuschauen, daß sie durch ihre Gewalt ins Bewußtsein heraufgehoben wird, so daß das Bewußtsein nun den Zusammenhang so überschaut, daß es das nächste Mal nicht wiederum ausgeschaltet werden kann." (Lit.: GA 166, S. 88)

Reue und geistige Entwicklung

Alle esoterischen Übungen auf dem geistigen Schulungsweg sollen täglich von einer abendlichen Rückschau auf den abgelaufenen Tag begleitet sein, wobei alles, bis in die kleinsten Details, rückläufig, d.h. entgegen dem äußeren Zeitverlauf betrachtet werden sollte - und zwar möglichst objektiv und ohne Reue, denn Reue entspränge hier nur dem subtilen Egoismus, vor sich selbst besser erscheinen zu wollen, als man tatsächlich ist.

"Jeden Tag ist eine Rückschau zu üben auf die Erlebnisse der Persönlichkeit an dem Tage. Man hält sich selbst die wichtigsten Erfahrungen vor, die man während des Tages gemacht hat, und die Art, wie man sich innerhalb ihrer benommen hat. Das alles geschieht unter dem Gesichtspunkte, daß man vom Leben lernen wolle. Wie kann ich eine Sache, die ich heute getan habe, besser machen? Solche Fragen legt man sich vor. Man macht sich dadurch nicht stumpf gegen Lust und Leid. Im Gegenteil. Man wird feiner empfindlich. Aber man bleibt nicht haften an der Sorge und Reue über das, was man getan hat, sondern man verwandelt diese in den Vorsatz, in der Zukunft alles besser zu machen. Man wird sein eigener Baumeister. Wie dieser sich nicht hinstellt und reuevoll an einem Hause, das er gebaut hat, jammert, daß es nicht besser ist, sondern die Erfahrungen, die er an dem weniger guten macht, bewertet zu einem nächsten ev. Bau, so der Mensch gegenüber sich selbst. In Reue und Sorge geht unsere Persönlichkeit unter; durch Lernen steigt sie aufwärts. Reue und Sorge nützen zu nichts; die Zeit, die wir für sie verschwenden, sollen wir für Aufwärtsentwickelung verwenden. Das Ganze braucht nicht mehr als 3 - 4 Minuten in Anspruch zu nehmen." (Lit.: GA 267, S. 436)

Wenn der Tote nach seinem Eintritt in das Totenreich und nach einer Zeit der Läuterung aus den Fluten der Lethe den Trunk des Vergessens trinkt, wird er von der leidvollen Erinnerung an seine Sünden, im vorangegangenen Erdenleben befreit und kann danach unbelastet in das Elysium, d.h. in die eigentliche geistige Welt, das Devachan, eingehen.

Ebenso muss auch der Eingeweihte auf einer gewissen Stufe seiner geistigen Entwicklung den Trunk des Vergessens zu sich nehmen, damit er bewusst in die geistige Welt eintreten kann.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Notwendigkeit und Freiheit im Weltengeschehen und im menschlichen Handeln, GA 166 (1982), ISBN 3-7274-1660-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Seelenübungen, GA 267 (2001), ISBN 3-7274-2670-5 html
  3. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II, GA 343 (1993), ISBN 3-7274-3430-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Dokumentarische Ergänzungen GA 343pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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