Logik und Literatur: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Logik''' ({{ELSalt|ἡ λογική (τέχνη)}} ''he logiké téchne'' „die denkende [Kunst, Vorgehensweise]“) ist die Lehre von den Gesetzen des richtigen, schrittweise durch [[Schlussfolgerung|Schlussfolgerung]]en, also [[diskursiv]] voranschreitenden [[verstand]]esmäßigen [[Denken]]s. In der klassischen, von [[Aristoteles]] begründeten Logik hat jede [[logische Aussage]] genau zwei [[Wikipedia:Wahrheitswert|Wahrheitswert]]e, nämlich [[wahr]] oder [[falsch]] ([[Wikipedia:Bivalenzprinzip|Bivalenzprinzip]]). Im [[Wikipedia:20. Jahrhundert|20. Jahrhundert]] wurden [[Wikipedia:Mehrwertige Logik|mehrwertige Logiken]] entwickelt, die über mehr als zwei Wahrheitswerte verfügen. Die erste mehrwertige Logik wurde [[Wikipedia:1920|1920]] von [[Wikipedia:Jan Łukasiewicz|Jan Łukasiewicz]] als dreiwertige Logik mit den Wahrheitswerten ''wahr'', ''falsch'' und ''[[möglich]]'' formalisiert. Mittlerweile gibt es verschiedenste Logiken mit endlich vielen, aber auch mit [[unendlich]] vielen Wahrheitswerten, wie etwa die [[Wikipedia:Fuzzylogik|Fuzzylogik]] ("unscharfe Logik", von [[Wikipedia:Englische Sprache|engl.]] ''fuzzy '', "verwischt, verschwommen, unbestimmt"), die in den [[Naturwissenschaft]]en und in der [[Wikipedia:Informatik|Informatik]] große praktische Bedeutung gefunden haben. Mit der [[Wikipedia:Quantenlogik|Quantenlogik]], die aus der Formalisierung der [[Wikipedia:Quantentheorie|Quantentheorie]], die grundsätzlich nur [[Wikipedia:Wahrscheinlichkeit|Wahrscheinlichkeit]]saussagen zulässt, enstanden ist, wurden logischen Aussagen erstmals ''Wahrscheinlichkeitswerte'' zugewiesen.


Die '''klassische Logik''' oder '''Begriffslogik''' schreitet durch drei grundlegende Glieder voran, nämlich - entgegen der herkömmlichen Meinung - vom [[Schluss]] über das [[Urteil]] hin zum [[Begriff]]:
[[Samenleiter]]


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[[Eileiter]]
"Indem wir uns logisch, das heißt denkend-erkennend betätigen,
haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir
immerfort dasjenige in unserem denkenden Erkennen drinnen, was wir
Schlüsse nennen. Für das gewöhnliche Leben äußert sich ja das Denken
in der Sprache. Wenn Sie das Gefüge der Sprache überblicken, werden
Sie finden: indem Sie sprechen, bilden Sie fortwährend Schlüsse
aus. Diese Tätigkeit des Schließens ist die allerbewußteste im Menschen.
Der Mensch würde sich durch die Sprache nicht äußern können,
wenn er nicht fortwährend Schlüsse sprechen würde; er würde nicht
das, was der andere zu ihm sagt, verstehen können, wenn er nicht fortwährend
Schlüsse in sich aufnehmen könnte. Die Schullogik zergliedert
gewöhnlich die Schlüsse; dadurch verfälscht sie sie schon, insofern
die Schlüsse im gewöhnlichen Leben vorkommen. Die Schullogik
bedenkt nicht, daß wir schon einen Schluß ziehen, wenn wir ein einzelnes
Ding ins Auge fassen. Denken Sie sich, Sie gehen in eine Menagerie
und sehen dort einen Löwen. Was tun Sie denn zuallererst, indem
Sie den Löwen wahrnehmen? Sie werden zuallererst das, was Sie
am Löwen sehen, sich zum Bewußtsein bringen, und nur durch dieses
Sich-zum-Bewußtsein-Bringen kommen Sie mit Ihren Wahrnehmungen
gegenüber dem Löwen zurecht. Sie haben im Leben gelernt,
ehe Sie in die Menagerie gegangen sind, daß solche Wesen, die sich so
äußern wie der Löwe, den Sie jetzt sehen, «Tiere» sind. Was Sie da
aus dem Leben gelernt haben, bringen Sie schon mit in die Menagerie.
Dann schauen Sie den Löwen an und finden: der Löwe tut eben auch
das, was Sie bei den Tieren kennengelernt haben. Dies verbinden Sie
mit dem, was Sie aus der Lebenserkenntnis mitgebracht haben, und
bilden sich dann das Urteil: Der Löwe ist ein Tier. - Erst wenn Sie
dieses Urteil sich gebildet haben, verstehen Sie den einzelnen Begriff
«Löwe». Das erste, was Sie ausführen, ist ein Schluß; das zweite, was
Sie ausführen, ist ein Urteil; und das letzte, wozu Sie im Leben kommen,
ist ein Begriff. Sie wissen natürlich nicht, daß Sie diese Betätigung
fortwährend vollziehen; aber würden Sie sie nicht vollziehen,
so würden Sie kein bewußtes Leben führen, das Sie geeignet macht,
sich durch die Sprache mit anderen Menschenwesen zu verständigen.
Man glaubt gewöhnlich, der Mensch komme zuerst zu den Begriffen.
Das ist nicht wahr. Das erste im Leben sind die Schlüsse. Und wir
können sagen: Wenn wir nicht unsere Wahrnehmung des Löwen, wenn
wir in die Menagerie gehen, aus der gesamten übrigen Lebenserfahrung
herausschälen, sondern wenn wir sie in unsere ganze übrige Lebenserfahrung
hineinstellen, so ist das erste, was wir in der Menagerie vollbringen,
das Ziehen eines Schlusses. - Wir müssen uns klar sein: daß
wir in die Menagerie gehen und den Löwen sehen, ist nur eine Einzelhandlung
und gehört zum ganzen Leben hinzu. Wir haben nicht angefangen
zu leben, als wir die Menagerie betreten und den Blick auf den
Löwen gerichtet haben. Das schließt sich an das vorherige Leben an,
und das vorherige Leben spielt da hinein, und wiederum wird das, was
wir aus der Menagerie mitnehmen, hinausgetragen in das übrige Leben.
- Wenn wir aber nun den ganzen Vorgang betrachten, was ist
dann der Löwe zuerst? Er ist zuerst ein Schluß. Wir können durchaus
sagen: Der Löwe ist ein Schluß. Ein bißchen später: Der Löwe ist ein
Urteil. Und wieder ein bißchen später: Der Löwe ist ein Begriff." {{Lit|{{G|293|134f}}}}
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Das logische Denken ist an das Werkzeug des [[Gehirn]]s gebunden und ''unmittelbar'' nur auf die [[physische Welt]] anwendbar. Es ist aber bis hinauf zum [[Devachan]] brauchbar; erst auf dem [[Buddhiplan]] verliert es ganz seine Gültigkeit. Der [[Geistesschüler]] muss daher auf eine gute Ausbildung des logischen Denkens achten.
[[Datei:Fragonard, The Reader.jpg|mini|''Lesende Frau'' (Ölgemälde von Jean-Honoré Fragonard, 1770/72)]]
[[Datei:Nobel2008Literature news conference1.jpg|mini|Bekanntgabe des [[Nobelpreis für Literatur|Literaturnobelpreisträgers]] in Stockholm (2008)]]


{{GZ|Nur eines
'''Literatur''' ist seit dem 19. Jahrhundert der Bereich aller mündlich (etwa durch [[Vers]]&shy;formen und [[Sprechrhythmus|Rhythmus]]) oder [[Schrift|schriftlich]] fixierten [[Sprache|sprachlichen]] Zeugnisse. Man spricht in diesem „weiten“ Begriffsverständnis im Hinblick auf die hier gegebene schriftliche Fixierung etwa von „[[Wikipedia:Fachliteratur|Fachliteratur]]“ oder, im Bereich der [[Musik]], von „Notenliteratur“ ([[Wikipedia:Partitur|Partitur]]en) bzw. ganz allgemein von „Literatur“ im Sinne der Gesamtheit oder von Teilen schriftlich notierter Musik.
bleibt gleich durch alle Welten, und das ist das logische Denken.
Die Wahrnehmungen sind ganz verschieden in der astralischen,
in der devachanischen Welt, aber die Denkgesetze sind in allen
drei Welten die gleichen. Daher muß der Rosenkreuzerschüler erst
dieses Denken lernen, damit er nicht abirre von dem sicheren
Pfade.|97|237}}


<div style="margin-left:20px">
Die öffentliche Literaturdiskussion und -analyse ist demgegenüber seit dem 19. Jahrhundert auf Werke ausgerichtet, denen besondere Bedeutung als [[Kunst]] zugesprochen werden kann, und die man im selben Moment von [[Wikipedia:Triviallitertur|Trivialliteratur]] und ähnlichen Werken ohne vergleichbare „literarische“, sprich künstlerische Qualität, abgrenzt. Die Literatur zählt zu den [[Wikipedia:Kunstgattung|Gattungen der Kunst]].
"Aber eines gibt es, das
durch alle Welten hindurch bis hinauf zum Devachan dasselbe bleibt,
das sich nicht ändert: Das ist das logisch geschulte Denken. Erst
auf dem Buddhiplan hat das Denken nicht mehr die gleiche Geltung
wie auf dem physischen Plan. Da muß ein anderes Denken eintreten.
Aber für die drei Welten unterhalb des Buddhiplanes, für den physischen,
astralen und devachanischen Plan, gilt überall das gleiche
Denken. Wer sich also durch das Studium in der physischen Welt
ordentlich im Denken schult, wird in den höheren Welten in diesem
Denken einen guten Führer haben und nicht so leicht straucheln wie
der, welcher mit verworrenem Denken in die Geistgebiete aufsteigen
will. Daher lehrt die Rosenkreuzerschulung die Menschen, sich in
den höheren Welten frei zu bewegen, indem sie dieselben dazu anhält,
ihr Denken zu disziplinieren. Wer in diese Welten hinaufgelangt,
lernt zwar Wahrnehmungsweisen kennen, die es auf dem physischen
Plan nicht gibt, aber er wird sie mit seinem Denken beherrschen
können." {{Lit|{{G|96|143f}}}}
</div>


Das logische Denken wurde schrittweise in der [[Nachatlantische Zeit|nachatlantischen Zeit]] herausgebildet, mit einem ersten Höhepunkt bei [[Aristoteles]], und schließlich durch den [[Arabismus]] zur Reife gebracht.
Das Wort ''Literatur'' wurde bis in das 19. Jahrhundert hinein regulär für die Wissenschaften verwendet. Mit Literatur sind üblicherweise veröffentlichte Schriften gemeint. Die Gesamtheit der veröffentlichten Schriften eines Fachgebietes bzw. zu einer bestimmten Thematik oder Zielsetzung bildet ein ''Schrifttum''. Nur eingeschränkt und nicht über den Buchhandel zugängliche [[Wikipedia:Publikation|Publikation]]en werden als ''[[Wikipedia:graue Literatur|graue Literatur]]'' zusammengefasst. Eine Besonderheit bilden die auf Selfpublishing-Plattformen, wie [[Books on Demand]] (www.bod.de) veröffentlichten Werke, die man zwar im Buchhandel bestellen kann, die dort aber - für gewöhnlich - nicht bereits vorrätig sind.


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== Begriffsdifferenzierung ==
"Wir haben gesehen, daß ein kleines Häuflein von Menschen in der Gegend des heutigen Irland am meisten vorgeschritten war, wie sie diejenigen Fähigkeiten gehabt haben, die nach und nach in aufeinan derfolgenden Kulturepochen heraustraten. Die Ich-Anlage hat sich ja, wie wir wissen, seit der lemurischen Zeit her entwickelt, aber jene Stufe der Ichheit, die in diesem kleinen Häuflein Menschen lebte, das sozu sagen die Kulturströmung von Westen nach Osten geschickt hat, bestand in der Anlage zum logischen Erwägen, zur Urteilskraft. Vorher gab es so etwas nicht; wenn ein Gedanke da war, war er auch schon bewiesen. Ein urteilendes Denken war bei diesem Völkchen veranlagt, und sie brachten diese Keimanlage hinüber vom Westen nach dem Osten, und bei jenen Kolonisationszügen, von denen einer nach Süden hinunterging, nach Indien, da wurde die erste Anlage zur Gedanken bildung gemacht. Dann wurde der persischen Kultur der kombinie­rende Gedanke eingeflößt, und in der dritten, in der chaldäischen, wurde dieser kombinierende Gedanke noch intensiver; die Griechen aber brachten es so weit, daß sie das herrliche Denkmal der aristotelischen Philosophie hinterließen. So geht es immer weiter, das kombinierende Denken entwickelt sich immer mehr und mehr, es geht aber immer auf einen Mittelpunkt zurück, und es finden Nachschübe statt. Wir müssen uns das so vorstellen: Als die Kultur von jenem Punkte hinübergezogen ist nach einem Punkte in Asien, da wandte sich ein Zug nach Indien, der noch am schwächsten durchtränkt war vom reinen logischen Denken. Der zweite Zug, der nach Persien ging, war schon mehr durchdrungen davon, der ägyptische noch mehr, und innerhalb dieses Zuges hat sich das Volk des Alten Testaments abgesondert, welches gerade diejenige Anlage zur Kombination hatte, die entwickelt werden mußte, um wiederum einen Schritt vorwärts zu machen in dieser reinen logischen Erkenntnisform des Menschen. Nun ist aber auch das andere damit verknüpft, was wir betrachtet haben: das Heruntersteigen auf den physischen Plan. Je mehr wir heruntersteigen, desto mehr wird der Gedanke bloß logisch und auf die äußere Urteilskraft angewiesen. Denn logisches Denken, reine bloße mensch liche Logik, die von Begriff zu Begriff geht, die braucht zu ihrem Instrument das Gehirn; das ausgebildete Gehirn vermittelt bloß das lo­gische Denken. Daher kann dies äußerliche Denken, selbst da, wo es eine erstaunliche Höhe erreicht, niemals zum Beispiel die Reinkarnation durch sich selbst erfassen, weil dieses logische Denken zunächst nur anwendbar ist auf das Äußerliche, Sinnliche um uns herum.
Die heutige begriffliche Differenzierung, die im weitesten Sinne alle sprachliche Überlieferung umfasst und dabei ein enges Feld „literarischer“ Kunstwerke konstituiert, richtete sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ein. Das Wort stand zuvor für [[Gelehrsamkeit]], die Wissenschaften, die Produktion der [[res publica literaria]] und der frühmodernen [[scientific community]], seltener auch lediglich für Schriften der [[Griechische Literatur|griechischen]] und [[Lateinische Literatur|lateinischen]] [[Antike]].


Die Logik ist zwar für alle Welten anwendbar, aber unmittelbar angewendet kann sie nur in bezug auf die physische Weit werden. Also an ihr Instrument, an das physische Gehirn ist die Logik unbedingt gebunden, wenn sie als menschliche Logik auftritt; nie hätte das rein begriffsmäßige Denken in die Welt kommen können ohne das Weiterheruntersteigen in die sinnliche Welt. Sie sehen, die Ausbildung des logischen Denkens ist verknüpft mit dem Verlust der alten hellseherischen Anschauung; wirklich hat der Mensch das logische Denken erkaufen müssen mit diesem Verlust. Er muß sich die hellseherische Anschauung wiederum hinzuerwerben zu dem logischen Denken. In späteren Zeiten wird der Mensch die Imagination dazu erhalten, aber das logische Denken wird ihm bleiben. Erst mußte das menschliche Gehirn erschaffen werden, heraustreten mußte der Mensch in die physische Welt. Der Kopf mußte erst ganz ausgestaltet werden, dem Ätherkopfe gleich, damit dieses Gehirn im Menschen sei. Da erst war es möglich, daß der Mensch in die physische Welt herabsteigen konnte. Zur Rettung des Spirituellen aber mußte der Zeitpunkt gewählt werden, wo noch nicht der letzte Impuls zum rein mechanischen, zum rein äußerlichen Denken gegeben war. Wenn der Christus einige Jahrhunderte später erschienen wäre, dann wäre er sozusagen zu spät gekommen, dann wäre die Menschheit zu weit heruntergestiegen gewesen, sie hätte sich mit dem Denken zu weit verstrickt gehabt, sie hätte den Christus nicht mehr verstehen können. Vor dem letzten Impulse mußte der Christus erscheinen da noch konnte die religiös spirituelle Strömung als eine Glaubensströmung gerettet werden. Und dann konnte der letzte Impuls gegeben werden der das Denken des Menschen herunterstieß in den tiefsten Punkt, so daß die Gedanken ganz gefesselt, gebannt wurden an das physische Leben. Das wurde durch die Araber und Mohammedaner gegeben. Der Mohammedanismus ist nichts an deres als eine besondere Episode in diesem Arabertum, denn in seinem Herüberziehen nach Europa gibt er den letzten Einfluß in das rein logische Denken, das sich nicht erheben kann zu Höherem, Geistigem.
Die Neudefinition des Wortes geschah im Wesentlichen unter Einfluss neuer Literaturzeitschriften und ihnen folgender Literaturgeschichten, die zwischen 1730 und 1830 sich schrittweise den [[belles lettres]], den schönen Wissenschaften öffneten, dem Bereich modischer und eleganter Bücher des internationalen Marktes und die dabei Werken der [[Poesie]] ein zentrales Interesse schenkten.


Der Mensch wird durch das, was man eine geistige Weltenführung, eine Vorsehung nennen kann so geführt: Erst wird das spirituelle Leben gerettet im Christentum, dann zieht um den Süden herum der Arabismus nach Europa, das der Schauplatz für die äußere Kultur werden soll. Der Arabismus ist nur imstande, das Äußere zu erfassen. Sehen wir nicht, wie die Arabeske selbst sich nicht zum Lebendigen erheben kann, wie sie bei der Form stehenbleibt? Wir können es an der Moschee sehen, wie der Geist sozusagen herausgesogen ist. Die Menschheit mußte erst herabgeführt werden in die Materie. Und auf dem Umwege durch die Araber, durch die Invasion der Araber, durch das, was man nennen kann den Zusammenstoß des Arabismus mit dem Europäertum, das aber schon in sich das Christentum aufgenommen hat, sehen wir, wie die moderne Wissenschaft erst veranlagt wird." {{Lit|{{G|105|191ff}}}}
Es wurde im selben Prozess selbstverständlich, dass Literatur
</div>
 
* nach Überlieferungen in einzelnen Sprachen zergliedert wird in die „Literaturen“ der einzelnen [[Nation]]en oder [[Region]]en,
* gruppiert wird unter den zentralen „[[Gattung (Literatur)|literarischen Gattungen]]“, die im Blick auf die [[Aristoteles|Aristotelische]] [[Poetik]] neu definiert wurden,
* zu verstehen ist in einem historischen Prozess, der [[Kultur#Entstehung der Kultur|Kultur]]- und [[Literaturgeschichte]],
* nach dem Adressaten betrachtet wird in Kategorien wie [[Kinder- und Jugendliteratur]], [[Frauenliteratur]],
* grundsätzlich nach Anspruchsniveaus unterschieden wird in „hohe“ (oder „anspruchsvolle“) Literatur und „[[Trivialliteratur]]“.
 
Besprochen wird in den nationalen [[Philologie]]n (wie der [[Germanistik]], der [[Romanistik]], der [[Anglistik]]), die die Ausgestaltung der nationalen Literaturen im 19. Jahrhundert im Wesentlichen vorantrieben, nahezu ausschließlich „hohe“ Literatur. Welche Werke unter welchen Gesichtspunkten besprochen werden, ist seitdem Gegenstand einer Debatte um die Bedeutung, die Werke in der jeweiligen Gesellschaft gewinnen. Der jeweilige „[[Kanon (Literatur)|Kanon]]“ einer Nationalliteratur wird in der öffentlichen (und angreifbaren) Würdigung der „[[Kunst|künstlerischen]]“ Qualität festgelegt, sowie in kontroversen [[Textinterpretation]]en der [[Fiktion]]en, die Titeln tiefere Bedeutung zusprechen. In der neuen Ausgestaltung übernahm die Literatur im 19. Jahrhundert in den westlichen [[Säkularisierung|säkularen]] Nationen Funktionen, die zuvor die Religionen und ihre Textgrundlagen als Debatten- und Bildungsgegenstände innehatten.
 
In neuerer Zeit wurde das Thema der digitalen Schriftlichkeit ein Diskussionsgebiet der Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft. Gerade bei dieser Art von Literatur ist es nicht mehr möglich, nach Kriterien zu beurteilen, die man für Literatur vergangener Jahrhunderte entwickelt hatte. Siehe dazu: [[Internet#Digitale Schriftlichkeit|Digitale Schriftlichkeit]].
 
== Etymologie und Begriffsgeschichte ==
Das Wort Literatur ist eine erst in der Frühmoderne in Mode kommende Ableitung des [[Lateinische Sprache|lateinischen]] ''littera'', der „Buchstabe“. Der Plural ''litterae'' gewann bereits in der Antike eigene Bedeutungen als „Geschriebenes“, „Dokumente“, „Briefe“, „Gelehrsamkeit“, „Wissenschaft(en)“. Im [[Französische Sprache|Französischen]] und [[Englische Sprache|Englischen]] blieb diese Bedeutung erhalten in ''lettres'' und ''letters'' als Synonym für „Wissenschaften“.
 
Das heutige Sprechen von Literatur entwickelte sich auf einem Umweg über das Deutsche und seine Äquivalente für die französische Wortfügung „[[belles lettres]]“. Im Laufe des 17. Jahrhunderts setzte sich die französische Wortkombination für einen neuen Bereich eleganter Bücher auf dem europäischen Markt durch. Die zeitgenössische deutsche Übersetzung war hierfür „galante Wissenschaften“, was dem Publikumsanspruch Rechnung trug wie dem modischen Geschmack: Leser beiderlei Geschlechts lasen diese Ware und bestanden darauf, dass sie eine ganze eigene Wissenschaft benötigte, keine akademische pedantische. Als mit dem frühen 18. Jahrhundert das Wort [[galant]] in Kritik geriet, setzte sich ein Sprechen von „schönen Wissenschaften“ durch, das im späten 18. Jahrhundert an Tragfähigkeit verlor, da es hier zunehmend um Poesie und Romane ging, eine unwissenschaftliche Materie. Das Sprechen von „schöner Literatur“ erlaubte es schließlich das engere im weiteren Begriffsfeld zu benennen. Man sprach ab Mitte des 18. Jahrhunderts von „Literatur“ mit der Option, jeweilige Schwerpunkte legen zu können. Mit dem Adjektiv „schöne“ wurde das Zentrum bezeichnet, das Literatur im engeren Sinn wurde. Je klarer das Zentrum definiert wurde, desto entbehrlicher wurde im 20. Jahrhundert die weitere Verwendung des Adjektivs.
 
Aus dem Wort „belles lettres“ ging im deutschen Buchhandel das Wort „[[Belletristik]]“ hervor, das heute eine Nachbarstellung einnimmt. Der Buchhandel führte die Verengung des Literaturbegriffs auf Dichtung der Nation, wie sie im 19. Jahrhundert geschah, am Ende nicht durch. Für Verlage ist der internationale Markt unterhaltender Titel ein unverzichtbares Geschäftsfeld. Man kann innerhalb der Belletristik ein kleineres Feld der Klassiker der Literatur abgrenzen und dieses wiederum international sortieren.
 
Das Wort Literatur hat seine zentrale Bedeutung in Literaturgeschichten, Literaturzeitschriften, in der Literaturkritik und Literaturtheorie. In all diesen Bereichen geht es deutlich darum, Kontroversen über Literatur zu erzeugen. Mit der Belletristik wird im Deutschen eher ein unkontroverses, uneingeschränktes Feld ohne eigene Geschichte beibehalten. Es gibt bezeichnenderweise keine „Belletristikgeschichte“, keine „Belletristikkritik“ und keine nationalen „Belletristiken“, dafür jedoch „Literaturgeschichte“, und „Literaturkritik“ wie „Nationalliteraturen“.<ref>Siehe Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, ''Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik'', 77 (1990), 36-65 und Olaf Simons: ''Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde'' (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), S. 85–94.</ref>
 
== Definitionen ==
Der heutige Literaturbegriff spiegelt den Wortgebrauch der letzten zweihundert Jahre wider. Er zeichnet sich dabei gleichzeitig durch die Aufnahme einer Reihe historischer Kontroversen aus, die den modernen Streit darüber, welche Werke es verdienen sollten, als Literatur besprochen zu werden, fruchtbar in ihrer teilweisen Unvereinbarkeit bestimmen. Literaturstudenten wird seit dem 19. Jahrhundert die Beherrschung eines Handwerkszeugs der Textanalyse nach den verschiedenen Traditionen der Poetik, der Rhetorik, und der Textinterpretation abverlangt, die dem literarischen Text tiefere kulturelle Bedeutung beimessen soll. Moderne Schulen der Literaturtheorie nahmen hier einzelne Fragestellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und divergierenden Wünschen an einen Kanon wichtigster Werke der jeweils zu schreibenden Literaturgeschichte auf.
 
=== Ästhetik und kunstvolle Sprachbeherrschung ===
Die Vorstellung, dass Literatur ein Bereich besonders schöner Texte sein sollte, ist Erbmasse der antiken und frühneuzeitlichen [[Poesie]]&shy;diskussion. Der alternative Blick auf kunstvolle Sprachbeherrschung geht dagegen auf die Diskussion antiker [[Rhetorik]] zurück. Während sich die Rhetorik als weitgehend unkontroverse, zweckorientierte Kunst handhaben ließ, bestand über die Frage des Schönen in der Poesie ein langer Streit, der im 18. Jahrhundert im Wesentlichen als Kampf zwischen [[Regelpoetik]]ern (Verfechtern einer nach Gesetzen schönen Poesie) und Verfechtern eines [[Geschmack (Kultur)|Geschmacksurteils]] geführt wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte sich in Auflösung dieser Diskussion eine neue wissenschaftliche Debatte der [[Ästhetik]] durch, die – so die Hoffnung – am Ende in allen Bereichen der Kunst gelten würde als eine Konstante menschlicher Wahrnehmung, wie sie Schönheit auch in der Natur entdeckte.
 
Ende des 19. Jahrhunderts geriet der Blick auf die Ästhetik in grundsätzliche Kritik. Das hatte zum einen mit der kontroversen Begriffsaneignung durch die [[Ästhetizismus|Ästhetizisten]] zu tun, zum anderen mit Kunstwerken, die sich provokant von der Konzentration auf Schönheit verabschiedeten und einen eigenen Realismus im Umgang mit sozialer Realität einklagten. Die schonungslose Anerkennung von Missständen sollte ein anerkanntes Ziel werden. Optionen im Umgang mit dem Konflikt bestanden in der Erweiterung der ästhetischen Konzepte wie in der Diskreditierung der Forderung eigener ästhetischer Wahrheit.
 
=== Fiktionalität, gesellschaftliche Relevanz ===
Dass Literatur sich im gegenwärtigen Begriff durch Fiktionalität und tiefere Bedeutung, eine Relevanz für die Gesellschaft, auszeichnet, ist im Wesentlichen Erbe der [[Roman]]&shy;diskussion, die Mitte des 18. Jahrhunderts von der Literaturbesprechung aufgenommen wurde. Weder die [[Poetik (Aristoteles)|Aristotelische Poetik]] noch die Nachfolge[[poetik]]en der frühen Moderne hatten Poesie über Fiktionalität erklärt. Romane hatten sie samt und sonders nicht als Poesie anerkannt.
 
Der Vorschlag, Romane und womöglich Poesie generell über Fiktionalität zu definieren, findet sich erstmals klarer mit [[Pierre Daniel Huet]]s [[Traitté de l’origine des romans|Traktat über den Ursprung der Romane]] (1670) gemacht – als Möglichkeit, den theologischen Umgang mit Gleichnissen auf eine neue Lektüre von Romanen zu übertragen, bei dem es darum gehen soll, zu ermessen, welche kulturelle Bedeutung ein jeweiliger Titel hat.
 
Beim Aufbau des modernen Besprechungsgegenstands Literatur war die Frage nach tieferer Bedeutung Anfang des 19. Jahrhunderts praktisch, da sie dem Literaturwissenschaftler neue Tätigkeiten abverlangt, vor allem die der Interpretation. Daneben schuf sie neue Möglichkeiten, Texte zu bewerten und sich speziell diskutierbar rätselhaften, fremdartigen Titeln zuzuwenden und über sie die eigene Nation und Geschichte neu zu erklären. Im 19. und 20. Jahrhundert entfaltete die Frage nach der Bedeutung des Textes in der Kultur zudem politische Dynamik, da sich an sie Forderungen nach aktivem Engagement anschließen ließen.
 
=== Literarischer Stil und Subjektivität ===
Die Frage stilistischen Anspruchs ist im Wesentlichen Erbmasse der Diskussion neuester „belles lettres“. Poetiken waren davon ausgegangen, dass zwar einzelne Dichter die Kunst unterschiedlich handhabten, dass jedoch das Persönliche selbst nicht zu erstreben war. Schönheit galt es an sich anzustreben, der Künstler rang um die Schönheit. Mit der Romandiskussion wurde die Frage nach kulturellen Hintergründen akut, die Frage des individuellen [[Autor]]s war dabei wenig das Ziel. Anders war die Debatte in der Belletristik verlaufen. In ihr stand gerade die Frage nach den Titeln im Vordergrund, die den aktuellen Geschmack am besten befriedigten. Es ging im selben Moment um die Frage nach neuen Autoren, die mit eigenen Sichtweisen den Geschmack prägten.
 
Die „belles lettres“ sollten insgesamt, so ihre Verfechter sich durch Stil auszeichnen – gegenüber den minderwertigen [[Volksbuch|Volksbüchern]] wie gegenüber der pedantischen Wissenschaftlichkeit. Romane und Memoiren wurden wesentliche Felder der Produktion modernen persönlichen Stils. Die Diskussion jeweiliger Leistungen der individuellen Perspektive ging im frühen 19. Jahrhundert in der heutigen Literaturdiskussion auf – die Frage nach subjektiver Wahrnehmung der Realität, wie sie sich in Literatur abzeichne, prädestinierte den neuen Bereich, der im 19. Jahrhundert aufgebaut wurde, dazu, ein Debattenfeld im Schulunterricht zu werden. Im modernen Literaturunterricht geht es seitdem zentral darum, Schüler zu subjektiven Stellungnahmen zu Literatur zu bewegen, ihre Subjektivität dabei öffentlich wahrzunehmen, Subjektivität behandelter Autoren zu erfassen.
 
=== Höhere strukturelle Komplexität und komplexeres Traditionsverhalten ===
Im Lauf des 20. Jahrhunderts kam eine eigene, mutmaßlich neutrale, wissenschaftliche Analyse von Komplexität literarischer Werke auf. Auf sie richtete sich vor allem der [[Strukturalismus]] der 1960er und 1970er und ihm folgend der [[Poststrukturalismus]] der 1980er und 1990er aus. Betrachtet man die Untersuchungen mit historischer Perspektive, so nehmen sie aus allen Debattenfeldern Untersuchungsoptionen auf. Besondere Würdigung erhalten dabei Texte, die komplexer zu analysieren sind, die der Literaturbesprechung mehr Angriffsfläche der auszulotenden Kontexte geben.
 
Der hochrangige Text ist unter dieser Prämisse der, der reich an – womöglich divergierenden – Bedeutungsebenen ist, sich intensiv mit Traditionen auseinandersetzt, sich komplex auf andere Texte bezieht, erst im Blick auf diese besser verstanden wird. Die Analysen sind insofern wissenschaftlich objektiv, als sie tatsächlich die wissenschaftliche Analysierbarkeit als Eigenschaft von Texten erfassen, die sich dank ihrer Qualitäten in der wissenschaftlichen Analyse halten, uns nachhaltig als Literatur damit beschäftigen.
 
Hier lag, rückblickend betrachtet gleichzeitig die Option einer Mode von Texten, die sich auf die Literaturbetrachtung ausrichteten. Die [[Postmoderne]] ging in Entdeckungen des Trivialen am Ende zunehmend konfrontativ bis ablehnend mit den hier definierten Ansprüchen an Kunst der Literatur um.
 
Erst ab dem 19. Jahrhundert hat man zur Literatur nicht nur das Wissenschaftliche gezählt, sondern alles, was schriftlich niedergelegt war. Ab dem Jahrhundert unterschied man auch zwischen hoher Literatur, sprich Hochliteratur, und Literatur von wenig künstlerischer Qualität, sprich Trivialliteratur.
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Literatur}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft'', [[GA 96]] (1989) {{Vorträge|096}}
=== Nachschlagewerke ===
#Rudolf Steiner: ''Das christliche Mysterium'', [[GA 97]] (1998), ISBN 3-7274-0970-3 {{Vorträge|097}}
 
#Rudolf Steiner: ''Welt, Erde und Mensch '', [[GA 105]] (1983) {{Vorträge|105}}
* Peter Stein, Hartmut Stein: ''Chronik der deutschen Literatur. Daten, Texte, Kontexte'', Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-84201-5.
#Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
* Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus Verlag: ''Der Brockhaus Literatur: Schriftsteller, Werke, Epochen, Sachbegriffe.'' (Lexikon) Mannheim, 3. Auflage, 2006. 960 S. ISBN 978-3-7653-3133-6.
* Elisabeth Frenzel: ''Stoffe der Weltliteratur'', Kröner Verlag, 10. Auflage 2005, ISBN 978-3-520-30010-2.
* Elisabeth Frenzel: ''Motive der Weltliteratur'', Kröner Verlag, 6. Auflage 2008, ISBN 978-3-520-30106-2.
* Gero von Wilpert: ''Lexikon der Weltliteratur – Deutsche Autoren'', Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83704-2.
* Gero von Wilpert: ''Lexikon der Weltliteratur – Fremdsprachige Autoren'', Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83804-9.
* Gero von Wilpert: ''Sachwörterbuch der Literatur'', Kröner Verlag 2001, ISBN 978-3-520-23108-6.
* Kindlers Literaturlexikon
* Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
* Kritisches Lexikon zur fremdsprachigen Gegenwartsliteratur
 
=== Klassische Literaturdefinitionen ===
''Die Autoren dieser Titel legen ein Corpus von in ihren Augen literarischen Werken fest und versuchen dann, in einer wissenschaftlichen und subjektiven Analyse dieser Werke auszumachen, was Literatur grundsätzlich auszeichnet.''
 
* René Wellek: ''Literature and its Cognates''. In: ''Dictionary of the History of Ideas. Studies of Selected Pivotal Ideas''. Band 3, ed. Philip P. Wiener, New York 1973, S. 81–89.
* René Wellek, Austin Warren: ''Theorie der Literatur.'' Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-8072-2005-4.
* Paul Hernadi, ''What Is Literature?'' London 1978, ISBN 0-253-36505-8 <small>Sammelband zum Begriff Literatur – enthält unter anderem von René Wellek: „What Is Literature?“</small>
* Helmut Arntzen: ''Der Literaturbegriff. Geschichte, Komplementärbegriffe, Intention. Eine Einführung.'' Münster: Aschendorff, 1984. ISBN 3-402-03596-0 <small>Kontrastiert verschiedene Literaturbegriffe miteinander, die samt und sonders als Begriffe des in unseren Augen literarischen Materials gewonnen werden.</small>
* Wolf-Dieter Lange: ''Form und Bewusstsein. Zu Genese und Wandlung des literarischen Ausdrucks''. In: ''Meyers kleines Lexikon Literatur''. Mannheim 1986. <small>Ist ein typischer Aufsatz zum Thema – Lange stellt Titel, die ihm Literatur sind zusammen und erkennt, dass Literatur schon immer besonders ausdrucksstark war (und darum, so seine Mutmaßung, auf den Schrei der ersten Menschen zurückgehe).</small>
* Gisela Smolka-Koerdt, Peter M Spangenberg, Dagmar Tillmann-Bartylla (Hrsg.): '' Der Ursprung von Literatur. Medien, Rollen, Kommunikationssituationen 1450–1650'' München: Wilhelm Fink, 1988. ISBN 3-7705-2461-6 <small>Sammlung von Aufsätzen zu in unseren Augen literarischen Genres am Beginn der frühen Neuzeit.</small>
* [http://de.wikibooks.org/wiki/Zweideutigkeit_als_System_-_Thomas_Manns_Forderung_an_die_Kunst Zweideutigkeit als System. Thomas Manns Forderung an die Kunstgattung Literatur.]
 
=== Begriffs- und Diskursgeschichte ===
* Roland Barthes: ''Histoire ou Litérature?'' In: ''Sur Racine''. Paris 1963, S. 155; erstveröffentlicht in ''Annales'', 3 (1960). <small>Barthes verwies als erster darauf, dass das Wort „Literatur“ noch im Blick auf die Zeit Racines nur „anachronistisch“ zu verwenden sei – wurde darauf von René Wellek (1978) heftig angegriffen – das Wort habe es durchaus gegeben, wobei Wellek verschwieg, dass die Titel, die er dazu zitierte, sich nicht mit Literatur in unserem Sinne befassten. Barthes starb 1980, Welleks Antwort blieb als korrekte Richtigstellung stehen.</small>
* Jürgen Fohrmann: ''Projekt der deutschen Literaturgeschichte. Entstehung und Scheitern einer nationalen Poesiegeschichtsschreibung zwischen Humanismus und Deutschem Kaiserreich'' (Stuttgart, 1989), ISBN 3-476-00660-3 <small>Ist die erste germanistische Arbeit, die den Themenwechsel im Blick auf „Literaturgeschichten“ skizzierte, und daran Überlegungen zum Aufbau der Germanistik im 19. Jahrhundert anknüpfte.</small>
* Kian-Harald Karimi: ''‚Des contes qui sont sans raison, et qui ne signifient rien‘ – Vom ‚Roman der französischen Philosophen’ zum philosophischen Roman.'' In: Christiane Solte-Gressner, Margot Brink (Hrsg.): ''Écritures. Denk- und Schreibweisen jenseits der Grenzen von Literatur und Philosophie.'' Stauffenburg, Tübingen 2004, S. 71–88. <small>Bestimmt das Verhältnis von Literatur und Philosophie, wobei die Literatur der Moderne, besonders der Roman selbst zu einem Ort philosophischer Reflexion wird und sich nicht mehr darauf beschränkt, diese wie im Zeitalter der Aufklärung zu illustrieren, sondern selbst zu entfalten.</small>
* Lee Morrissey: ''The Constitution of Literature. Literacy, Democracy, and Early English Literary Criticism'' (Stanford: Stanford UP, 2008). <small>Zur Interaktion zwischen Literaturkritik und Literaturproduktion sowie zum Zusammenhang zwischen Literatur und Öffentlichkeit im englischsprachigen Raum.</small>
* Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, ''Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik'', 77 (1990), 36-65. <small>Konstatiert die Bedeutungen der Begriffe „Poesie“, „Dichtung“, „Belles Lettres“, „Schöne Wissenschaften“, „Schöne Literatur“, „Literatur“ für verschiedene Zeitpunkte – und beklagt, dass darin kein System erkennbar sei – verfasst ohne den Denkschritt Fohrmanns, nachdem die Literaturwissenschaft hier Themen adoptierte und ihr altes Thema aufgab, um etwas Neues zu besprechen.</small>
* Olaf Simons: ''Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde'' (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), ISBN 90-420-1226-9 <small>Bietet [http://www.uni-oldenburg.de/anglistik/lit-wiss/simons/marteaus-europa/085-set.html S. 85–94] einen Überblick über die Geschichte des Wortes Literatur und S. 115–193 einen genaueren Blick auf die Literaturdebatte 1690–1720; im Zentrum mit der Positionsveränderung des Romanmarkts zwischen dem frühen 18. Jahrhundert und heute befasst.</small>
* Richard Terry: ''The Eighteenth-Century Invention of English Literature. A Truism Revisited''. In: ''British Journal for Eighteenth Century Studies'', 19.1, 1996, S. 47–62. <small>Konstatiert einleitend, dass es nun spannend ist, zu erfassen, was all das war, was uns heute „Literatur“ ist, und welche Rolle es spielte, bevor man anfing es als „Literatur“ zu diskutieren. Gibt Überblick über Titel, die Details des Problems untersuchten.</small>
* Winfried Wehle: ''Literatur und Kultur – Zur Archäologie ihrer Beziehungen''. In: Jünke, Zaiser, Geyer (Hrsg.): ''Romanistische Kulturwissenschaft'', Würzburg 2004, S. 65–83 [http://edoc.ku-eichstaett.de/1939/1/Literatur_11.pdf (PDF)].
* Jannis Androutsopoulos: ''Neue Medien – neue Schriftlichkeit?'' In: ''Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes'', Nr. 1/2007, S. 72–97 [http://jannisandroutsopoulos.files.wordpress.com/2009/12/androutsopoulos_2007-neue-medien-neue-schriftlichkeit.pdf (PDF; 9,7&nbsp;MB)].
* Christiane Heibach: ''Literatur im Internet: Theorie und Praxis einer kooperativen Ästhetik''. Dissertation.de Berlin 2000, ISBN 3-89825-126-8 (Dissertation Universität Heidelberg 2000, 396 Seiten, illustriert, 21 cm).
 
== Weblinks ==
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* [http://www.bdsl-online.de/ Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft] – Bibliographische Informationsquelle für Germanisten
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
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Version vom 29. Dezember 2017, 13:41 Uhr

Achselhaare)

Samenleiter

Eileiter

Lesende Frau (Ölgemälde von Jean-Honoré Fragonard, 1770/72)
Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers in Stockholm (2008)

Literatur ist seit dem 19. Jahrhundert der Bereich aller mündlich (etwa durch Vers­formen und Rhythmus) oder schriftlich fixierten sprachlichen Zeugnisse. Man spricht in diesem „weiten“ Begriffsverständnis im Hinblick auf die hier gegebene schriftliche Fixierung etwa von „Fachliteratur“ oder, im Bereich der Musik, von „Notenliteratur“ (Partituren) bzw. ganz allgemein von „Literatur“ im Sinne der Gesamtheit oder von Teilen schriftlich notierter Musik.

Die öffentliche Literaturdiskussion und -analyse ist demgegenüber seit dem 19. Jahrhundert auf Werke ausgerichtet, denen besondere Bedeutung als Kunst zugesprochen werden kann, und die man im selben Moment von Trivialliteratur und ähnlichen Werken ohne vergleichbare „literarische“, sprich künstlerische Qualität, abgrenzt. Die Literatur zählt zu den Gattungen der Kunst.

Das Wort Literatur wurde bis in das 19. Jahrhundert hinein regulär für die Wissenschaften verwendet. Mit Literatur sind üblicherweise veröffentlichte Schriften gemeint. Die Gesamtheit der veröffentlichten Schriften eines Fachgebietes bzw. zu einer bestimmten Thematik oder Zielsetzung bildet ein Schrifttum. Nur eingeschränkt und nicht über den Buchhandel zugängliche Publikationen werden als graue Literatur zusammengefasst. Eine Besonderheit bilden die auf Selfpublishing-Plattformen, wie Books on Demand (www.bod.de) veröffentlichten Werke, die man zwar im Buchhandel bestellen kann, die dort aber - für gewöhnlich - nicht bereits vorrätig sind.

Begriffsdifferenzierung

Die heutige begriffliche Differenzierung, die im weitesten Sinne alle sprachliche Überlieferung umfasst und dabei ein enges Feld „literarischer“ Kunstwerke konstituiert, richtete sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ein. Das Wort stand zuvor für Gelehrsamkeit, die Wissenschaften, die Produktion der res publica literaria und der frühmodernen scientific community, seltener auch lediglich für Schriften der griechischen und lateinischen Antike.

Die Neudefinition des Wortes geschah im Wesentlichen unter Einfluss neuer Literaturzeitschriften und ihnen folgender Literaturgeschichten, die zwischen 1730 und 1830 sich schrittweise den belles lettres, den schönen Wissenschaften öffneten, dem Bereich modischer und eleganter Bücher des internationalen Marktes und die dabei Werken der Poesie ein zentrales Interesse schenkten.

Es wurde im selben Prozess selbstverständlich, dass Literatur

Besprochen wird in den nationalen Philologien (wie der Germanistik, der Romanistik, der Anglistik), die die Ausgestaltung der nationalen Literaturen im 19. Jahrhundert im Wesentlichen vorantrieben, nahezu ausschließlich „hohe“ Literatur. Welche Werke unter welchen Gesichtspunkten besprochen werden, ist seitdem Gegenstand einer Debatte um die Bedeutung, die Werke in der jeweiligen Gesellschaft gewinnen. Der jeweilige „Kanon“ einer Nationalliteratur wird in der öffentlichen (und angreifbaren) Würdigung der „künstlerischen“ Qualität festgelegt, sowie in kontroversen Textinterpretationen der Fiktionen, die Titeln tiefere Bedeutung zusprechen. In der neuen Ausgestaltung übernahm die Literatur im 19. Jahrhundert in den westlichen säkularen Nationen Funktionen, die zuvor die Religionen und ihre Textgrundlagen als Debatten- und Bildungsgegenstände innehatten.

In neuerer Zeit wurde das Thema der digitalen Schriftlichkeit ein Diskussionsgebiet der Literaturwissenschaft und Medienwissenschaft. Gerade bei dieser Art von Literatur ist es nicht mehr möglich, nach Kriterien zu beurteilen, die man für Literatur vergangener Jahrhunderte entwickelt hatte. Siehe dazu: Digitale Schriftlichkeit.

Etymologie und Begriffsgeschichte

Das Wort Literatur ist eine erst in der Frühmoderne in Mode kommende Ableitung des lateinischen littera, der „Buchstabe“. Der Plural litterae gewann bereits in der Antike eigene Bedeutungen als „Geschriebenes“, „Dokumente“, „Briefe“, „Gelehrsamkeit“, „Wissenschaft(en)“. Im Französischen und Englischen blieb diese Bedeutung erhalten in lettres und letters als Synonym für „Wissenschaften“.

Das heutige Sprechen von Literatur entwickelte sich auf einem Umweg über das Deutsche und seine Äquivalente für die französische Wortfügung „belles lettres“. Im Laufe des 17. Jahrhunderts setzte sich die französische Wortkombination für einen neuen Bereich eleganter Bücher auf dem europäischen Markt durch. Die zeitgenössische deutsche Übersetzung war hierfür „galante Wissenschaften“, was dem Publikumsanspruch Rechnung trug wie dem modischen Geschmack: Leser beiderlei Geschlechts lasen diese Ware und bestanden darauf, dass sie eine ganze eigene Wissenschaft benötigte, keine akademische pedantische. Als mit dem frühen 18. Jahrhundert das Wort galant in Kritik geriet, setzte sich ein Sprechen von „schönen Wissenschaften“ durch, das im späten 18. Jahrhundert an Tragfähigkeit verlor, da es hier zunehmend um Poesie und Romane ging, eine unwissenschaftliche Materie. Das Sprechen von „schöner Literatur“ erlaubte es schließlich das engere im weiteren Begriffsfeld zu benennen. Man sprach ab Mitte des 18. Jahrhunderts von „Literatur“ mit der Option, jeweilige Schwerpunkte legen zu können. Mit dem Adjektiv „schöne“ wurde das Zentrum bezeichnet, das Literatur im engeren Sinn wurde. Je klarer das Zentrum definiert wurde, desto entbehrlicher wurde im 20. Jahrhundert die weitere Verwendung des Adjektivs.

Aus dem Wort „belles lettres“ ging im deutschen Buchhandel das Wort „Belletristik“ hervor, das heute eine Nachbarstellung einnimmt. Der Buchhandel führte die Verengung des Literaturbegriffs auf Dichtung der Nation, wie sie im 19. Jahrhundert geschah, am Ende nicht durch. Für Verlage ist der internationale Markt unterhaltender Titel ein unverzichtbares Geschäftsfeld. Man kann innerhalb der Belletristik ein kleineres Feld der Klassiker der Literatur abgrenzen und dieses wiederum international sortieren.

Das Wort Literatur hat seine zentrale Bedeutung in Literaturgeschichten, Literaturzeitschriften, in der Literaturkritik und Literaturtheorie. In all diesen Bereichen geht es deutlich darum, Kontroversen über Literatur zu erzeugen. Mit der Belletristik wird im Deutschen eher ein unkontroverses, uneingeschränktes Feld ohne eigene Geschichte beibehalten. Es gibt bezeichnenderweise keine „Belletristikgeschichte“, keine „Belletristikkritik“ und keine nationalen „Belletristiken“, dafür jedoch „Literaturgeschichte“, und „Literaturkritik“ wie „Nationalliteraturen“.[1]

Definitionen

Der heutige Literaturbegriff spiegelt den Wortgebrauch der letzten zweihundert Jahre wider. Er zeichnet sich dabei gleichzeitig durch die Aufnahme einer Reihe historischer Kontroversen aus, die den modernen Streit darüber, welche Werke es verdienen sollten, als Literatur besprochen zu werden, fruchtbar in ihrer teilweisen Unvereinbarkeit bestimmen. Literaturstudenten wird seit dem 19. Jahrhundert die Beherrschung eines Handwerkszeugs der Textanalyse nach den verschiedenen Traditionen der Poetik, der Rhetorik, und der Textinterpretation abverlangt, die dem literarischen Text tiefere kulturelle Bedeutung beimessen soll. Moderne Schulen der Literaturtheorie nahmen hier einzelne Fragestellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und divergierenden Wünschen an einen Kanon wichtigster Werke der jeweils zu schreibenden Literaturgeschichte auf.

Ästhetik und kunstvolle Sprachbeherrschung

Die Vorstellung, dass Literatur ein Bereich besonders schöner Texte sein sollte, ist Erbmasse der antiken und frühneuzeitlichen Poesie­diskussion. Der alternative Blick auf kunstvolle Sprachbeherrschung geht dagegen auf die Diskussion antiker Rhetorik zurück. Während sich die Rhetorik als weitgehend unkontroverse, zweckorientierte Kunst handhaben ließ, bestand über die Frage des Schönen in der Poesie ein langer Streit, der im 18. Jahrhundert im Wesentlichen als Kampf zwischen Regelpoetikern (Verfechtern einer nach Gesetzen schönen Poesie) und Verfechtern eines Geschmacksurteils geführt wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte sich in Auflösung dieser Diskussion eine neue wissenschaftliche Debatte der Ästhetik durch, die – so die Hoffnung – am Ende in allen Bereichen der Kunst gelten würde als eine Konstante menschlicher Wahrnehmung, wie sie Schönheit auch in der Natur entdeckte.

Ende des 19. Jahrhunderts geriet der Blick auf die Ästhetik in grundsätzliche Kritik. Das hatte zum einen mit der kontroversen Begriffsaneignung durch die Ästhetizisten zu tun, zum anderen mit Kunstwerken, die sich provokant von der Konzentration auf Schönheit verabschiedeten und einen eigenen Realismus im Umgang mit sozialer Realität einklagten. Die schonungslose Anerkennung von Missständen sollte ein anerkanntes Ziel werden. Optionen im Umgang mit dem Konflikt bestanden in der Erweiterung der ästhetischen Konzepte wie in der Diskreditierung der Forderung eigener ästhetischer Wahrheit.

Fiktionalität, gesellschaftliche Relevanz

Dass Literatur sich im gegenwärtigen Begriff durch Fiktionalität und tiefere Bedeutung, eine Relevanz für die Gesellschaft, auszeichnet, ist im Wesentlichen Erbe der Roman­diskussion, die Mitte des 18. Jahrhunderts von der Literaturbesprechung aufgenommen wurde. Weder die Aristotelische Poetik noch die Nachfolgepoetiken der frühen Moderne hatten Poesie über Fiktionalität erklärt. Romane hatten sie samt und sonders nicht als Poesie anerkannt.

Der Vorschlag, Romane und womöglich Poesie generell über Fiktionalität zu definieren, findet sich erstmals klarer mit Pierre Daniel Huets Traktat über den Ursprung der Romane (1670) gemacht – als Möglichkeit, den theologischen Umgang mit Gleichnissen auf eine neue Lektüre von Romanen zu übertragen, bei dem es darum gehen soll, zu ermessen, welche kulturelle Bedeutung ein jeweiliger Titel hat.

Beim Aufbau des modernen Besprechungsgegenstands Literatur war die Frage nach tieferer Bedeutung Anfang des 19. Jahrhunderts praktisch, da sie dem Literaturwissenschaftler neue Tätigkeiten abverlangt, vor allem die der Interpretation. Daneben schuf sie neue Möglichkeiten, Texte zu bewerten und sich speziell diskutierbar rätselhaften, fremdartigen Titeln zuzuwenden und über sie die eigene Nation und Geschichte neu zu erklären. Im 19. und 20. Jahrhundert entfaltete die Frage nach der Bedeutung des Textes in der Kultur zudem politische Dynamik, da sich an sie Forderungen nach aktivem Engagement anschließen ließen.

Literarischer Stil und Subjektivität

Die Frage stilistischen Anspruchs ist im Wesentlichen Erbmasse der Diskussion neuester „belles lettres“. Poetiken waren davon ausgegangen, dass zwar einzelne Dichter die Kunst unterschiedlich handhabten, dass jedoch das Persönliche selbst nicht zu erstreben war. Schönheit galt es an sich anzustreben, der Künstler rang um die Schönheit. Mit der Romandiskussion wurde die Frage nach kulturellen Hintergründen akut, die Frage des individuellen Autors war dabei wenig das Ziel. Anders war die Debatte in der Belletristik verlaufen. In ihr stand gerade die Frage nach den Titeln im Vordergrund, die den aktuellen Geschmack am besten befriedigten. Es ging im selben Moment um die Frage nach neuen Autoren, die mit eigenen Sichtweisen den Geschmack prägten.

Die „belles lettres“ sollten insgesamt, so ihre Verfechter sich durch Stil auszeichnen – gegenüber den minderwertigen Volksbüchern wie gegenüber der pedantischen Wissenschaftlichkeit. Romane und Memoiren wurden wesentliche Felder der Produktion modernen persönlichen Stils. Die Diskussion jeweiliger Leistungen der individuellen Perspektive ging im frühen 19. Jahrhundert in der heutigen Literaturdiskussion auf – die Frage nach subjektiver Wahrnehmung der Realität, wie sie sich in Literatur abzeichne, prädestinierte den neuen Bereich, der im 19. Jahrhundert aufgebaut wurde, dazu, ein Debattenfeld im Schulunterricht zu werden. Im modernen Literaturunterricht geht es seitdem zentral darum, Schüler zu subjektiven Stellungnahmen zu Literatur zu bewegen, ihre Subjektivität dabei öffentlich wahrzunehmen, Subjektivität behandelter Autoren zu erfassen.

Höhere strukturelle Komplexität und komplexeres Traditionsverhalten

Im Lauf des 20. Jahrhunderts kam eine eigene, mutmaßlich neutrale, wissenschaftliche Analyse von Komplexität literarischer Werke auf. Auf sie richtete sich vor allem der Strukturalismus der 1960er und 1970er und ihm folgend der Poststrukturalismus der 1980er und 1990er aus. Betrachtet man die Untersuchungen mit historischer Perspektive, so nehmen sie aus allen Debattenfeldern Untersuchungsoptionen auf. Besondere Würdigung erhalten dabei Texte, die komplexer zu analysieren sind, die der Literaturbesprechung mehr Angriffsfläche der auszulotenden Kontexte geben.

Der hochrangige Text ist unter dieser Prämisse der, der reich an – womöglich divergierenden – Bedeutungsebenen ist, sich intensiv mit Traditionen auseinandersetzt, sich komplex auf andere Texte bezieht, erst im Blick auf diese besser verstanden wird. Die Analysen sind insofern wissenschaftlich objektiv, als sie tatsächlich die wissenschaftliche Analysierbarkeit als Eigenschaft von Texten erfassen, die sich dank ihrer Qualitäten in der wissenschaftlichen Analyse halten, uns nachhaltig als Literatur damit beschäftigen.

Hier lag, rückblickend betrachtet gleichzeitig die Option einer Mode von Texten, die sich auf die Literaturbetrachtung ausrichteten. Die Postmoderne ging in Entdeckungen des Trivialen am Ende zunehmend konfrontativ bis ablehnend mit den hier definierten Ansprüchen an Kunst der Literatur um.

Erst ab dem 19. Jahrhundert hat man zur Literatur nicht nur das Wissenschaftliche gezählt, sondern alles, was schriftlich niedergelegt war. Ab dem Jahrhundert unterschied man auch zwischen hoher Literatur, sprich Hochliteratur, und Literatur von wenig künstlerischer Qualität, sprich Trivialliteratur.

Siehe auch

Literatur

Nachschlagewerke

  • Peter Stein, Hartmut Stein: Chronik der deutschen Literatur. Daten, Texte, Kontexte, Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-84201-5.
  • Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus Verlag: Der Brockhaus Literatur: Schriftsteller, Werke, Epochen, Sachbegriffe. (Lexikon) Mannheim, 3. Auflage, 2006. 960 S. ISBN 978-3-7653-3133-6.
  • Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur, Kröner Verlag, 10. Auflage 2005, ISBN 978-3-520-30010-2.
  • Elisabeth Frenzel: Motive der Weltliteratur, Kröner Verlag, 6. Auflage 2008, ISBN 978-3-520-30106-2.
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur – Deutsche Autoren, Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83704-2.
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur – Fremdsprachige Autoren, Kröner Verlag 2004, ISBN 978-3-520-83804-9.
  • Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur, Kröner Verlag 2001, ISBN 978-3-520-23108-6.
  • Kindlers Literaturlexikon
  • Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
  • Kritisches Lexikon zur fremdsprachigen Gegenwartsliteratur

Klassische Literaturdefinitionen

Die Autoren dieser Titel legen ein Corpus von in ihren Augen literarischen Werken fest und versuchen dann, in einer wissenschaftlichen und subjektiven Analyse dieser Werke auszumachen, was Literatur grundsätzlich auszeichnet.

  • René Wellek: Literature and its Cognates. In: Dictionary of the History of Ideas. Studies of Selected Pivotal Ideas. Band 3, ed. Philip P. Wiener, New York 1973, S. 81–89.
  • René Wellek, Austin Warren: Theorie der Literatur. Athenäum Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1972, ISBN 3-8072-2005-4.
  • Paul Hernadi, What Is Literature? London 1978, ISBN 0-253-36505-8 Sammelband zum Begriff Literatur – enthält unter anderem von René Wellek: „What Is Literature?“
  • Helmut Arntzen: Der Literaturbegriff. Geschichte, Komplementärbegriffe, Intention. Eine Einführung. Münster: Aschendorff, 1984. ISBN 3-402-03596-0 Kontrastiert verschiedene Literaturbegriffe miteinander, die samt und sonders als Begriffe des in unseren Augen literarischen Materials gewonnen werden.
  • Wolf-Dieter Lange: Form und Bewusstsein. Zu Genese und Wandlung des literarischen Ausdrucks. In: Meyers kleines Lexikon Literatur. Mannheim 1986. Ist ein typischer Aufsatz zum Thema – Lange stellt Titel, die ihm Literatur sind zusammen und erkennt, dass Literatur schon immer besonders ausdrucksstark war (und darum, so seine Mutmaßung, auf den Schrei der ersten Menschen zurückgehe).
  • Gisela Smolka-Koerdt, Peter M Spangenberg, Dagmar Tillmann-Bartylla (Hrsg.): Der Ursprung von Literatur. Medien, Rollen, Kommunikationssituationen 1450–1650 München: Wilhelm Fink, 1988. ISBN 3-7705-2461-6 Sammlung von Aufsätzen zu in unseren Augen literarischen Genres am Beginn der frühen Neuzeit.
  • Zweideutigkeit als System. Thomas Manns Forderung an die Kunstgattung Literatur.

Begriffs- und Diskursgeschichte

  • Roland Barthes: Histoire ou Litérature? In: Sur Racine. Paris 1963, S. 155; erstveröffentlicht in Annales, 3 (1960). Barthes verwies als erster darauf, dass das Wort „Literatur“ noch im Blick auf die Zeit Racines nur „anachronistisch“ zu verwenden sei – wurde darauf von René Wellek (1978) heftig angegriffen – das Wort habe es durchaus gegeben, wobei Wellek verschwieg, dass die Titel, die er dazu zitierte, sich nicht mit Literatur in unserem Sinne befassten. Barthes starb 1980, Welleks Antwort blieb als korrekte Richtigstellung stehen.
  • Jürgen Fohrmann: Projekt der deutschen Literaturgeschichte. Entstehung und Scheitern einer nationalen Poesiegeschichtsschreibung zwischen Humanismus und Deutschem Kaiserreich (Stuttgart, 1989), ISBN 3-476-00660-3 Ist die erste germanistische Arbeit, die den Themenwechsel im Blick auf „Literaturgeschichten“ skizzierte, und daran Überlegungen zum Aufbau der Germanistik im 19. Jahrhundert anknüpfte.
  • Kian-Harald Karimi: ‚Des contes qui sont sans raison, et qui ne signifient rien‘ – Vom ‚Roman der französischen Philosophen’ zum philosophischen Roman. In: Christiane Solte-Gressner, Margot Brink (Hrsg.): Écritures. Denk- und Schreibweisen jenseits der Grenzen von Literatur und Philosophie. Stauffenburg, Tübingen 2004, S. 71–88. Bestimmt das Verhältnis von Literatur und Philosophie, wobei die Literatur der Moderne, besonders der Roman selbst zu einem Ort philosophischer Reflexion wird und sich nicht mehr darauf beschränkt, diese wie im Zeitalter der Aufklärung zu illustrieren, sondern selbst zu entfalten.
  • Lee Morrissey: The Constitution of Literature. Literacy, Democracy, and Early English Literary Criticism (Stanford: Stanford UP, 2008). Zur Interaktion zwischen Literaturkritik und Literaturproduktion sowie zum Zusammenhang zwischen Literatur und Öffentlichkeit im englischsprachigen Raum.
  • Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 77 (1990), 36-65. Konstatiert die Bedeutungen der Begriffe „Poesie“, „Dichtung“, „Belles Lettres“, „Schöne Wissenschaften“, „Schöne Literatur“, „Literatur“ für verschiedene Zeitpunkte – und beklagt, dass darin kein System erkennbar sei – verfasst ohne den Denkschritt Fohrmanns, nachdem die Literaturwissenschaft hier Themen adoptierte und ihr altes Thema aufgab, um etwas Neues zu besprechen.
  • Olaf Simons: Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), ISBN 90-420-1226-9 Bietet S. 85–94 einen Überblick über die Geschichte des Wortes Literatur und S. 115–193 einen genaueren Blick auf die Literaturdebatte 1690–1720; im Zentrum mit der Positionsveränderung des Romanmarkts zwischen dem frühen 18. Jahrhundert und heute befasst.
  • Richard Terry: The Eighteenth-Century Invention of English Literature. A Truism Revisited. In: British Journal for Eighteenth Century Studies, 19.1, 1996, S. 47–62. Konstatiert einleitend, dass es nun spannend ist, zu erfassen, was all das war, was uns heute „Literatur“ ist, und welche Rolle es spielte, bevor man anfing es als „Literatur“ zu diskutieren. Gibt Überblick über Titel, die Details des Problems untersuchten.
  • Winfried Wehle: Literatur und Kultur – Zur Archäologie ihrer Beziehungen. In: Jünke, Zaiser, Geyer (Hrsg.): Romanistische Kulturwissenschaft, Würzburg 2004, S. 65–83 (PDF).
  • Jannis Androutsopoulos: Neue Medien – neue Schriftlichkeit? In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, Nr. 1/2007, S. 72–97 (PDF; 9,7 MB).
  • Christiane Heibach: Literatur im Internet: Theorie und Praxis einer kooperativen Ästhetik. Dissertation.de Berlin 2000, ISBN 3-89825-126-8 (Dissertation Universität Heidelberg 2000, 396 Seiten, illustriert, 21 cm).

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Siehe Rainer Rosenberg: „Eine verworrene Geschichte. Vorüberlegungen zu einer Biographie des Literaturbegriffs“, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 77 (1990), 36-65 und Olaf Simons: Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde (Amsterdam/ Atlanta: Rodopi, 2001), S. 85–94.


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