Gehirn und Reflexbogen: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:labeledbrain.jpg|thumb|300px|Sagittales [[Wikipedia:MRT|MRT]]-Schnittbild eines menschlichen Gehirns. Die Nase ist links.]]
[[Datei:Medulla spinalis - Querschnitt - German and Latin.svg|mini|500px|Querschnitt des Rückenmarks mit der einfachen [[Synapse|monosynaptischen]] Verschaltung einer [[afferent]]en und einer [[efferent]]en [[Nervenfaser]].]]
[[Datei:Einfacher Regelkreis n.svg|mini|500px|Blockschaltbild eines einfachen [[Regelkreis|Standardregelkreises]], bestehend aus der '''Regelstrecke''', dem '''Regler''' und einer [[Negative Rückkopplung|negativen Rückkopplung]] der '''Regelgröße''' ''y'' (auch ''Istwert''). Die Regelgröße ''y'' wird mit der '''Führungsgröße''' (''Sollwert'') ''w'' verglichen. Die '''Regeldifferenz''' ''e'' = ''w'' – ''y'' wird dem Regler zugeführt, der daraus entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine '''Stellgröße''' ''u'' bildet. Die '''Störgröße''' ''d'' wirkt meistens auf den Ausgang der Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke Einfluss nehmen.]]


Das '''Gehirn''' (Hirn, [[Wikipedia:Latein|lat.]] ''Cerebrum'', {{ELSalt|Ενκέφαλον}} ''Encephalon'') ist der in der [[Wikipedia:Schädel|Schädel]]höhle geschützt liegende Teil des [[Wikipedia:Zentralnervensystem|Zentralnervensystem]]s (ZNS) der [[Wirbeltiere]] und des [[Mensch]]en. Aufgebaut und beständig regeneriert (besonders im [[Schlaf]]) wird das '''physische Gehirn''' durch das ihm zu Grunde liegende [[Äthergehirn]].  
Der '''Reflexbogen''' ist ein grundlegendes funktionales Element des gesamten [[Nervensystem]]s und beruht auf der Verkopplung [[afferent]]er und [[efferent]]er [[Neuron]]en mittels entsprechender [[Synapse]]n. Diese funktionale Verschaltung der miteinander verkoppelten Neuronen wird auch als '''neuronaler Erregungskreis''' oder '''neuronaler Schaltkreis''' bezeichnet.  


Das Gehirn und das im [[Wikipedia:Wirbelkanal|Wirbelkanal]] (''Canalis vertebralis'') gelegene [[Rückenmark]] wird von zwei weichen ([[Wikipedia:Hirnhaut#Pia mater|Pia mater]] und [[Wikipedia:Hirnhaut#Arachnoidea mater|Arachnoidea]]) und einer harten Hirn- bzw. Rückenmarkshaut ([[Wikipedia:Hirnhaut#Dura mater|Dura mater]]) umgeben. Durch den zwischen den beiden weichen Hirnhäuten liegenden [[Wikipedia:Subarachnoidalraum|Subarachnoidalraum]] zirkuliert die Gehirn- bzw. Rückenmarksflüssigkeit ([[Wikipedia:Liquor cerebrospinalis|Liquor cerebrospinalis]]), die im [[Atemrhythmus]] steigt und fällt.
Im einfachsten Fall handelt es dabei um einen ''monosynaptischen Reflexbogen'' wie er im [[Rückenmark]] anzutreffen ist und die funktionelle Basis einfacher [[Reflex]]e bildet. Hier sind die beiden Nervenfasern über eine einzige Synapse im Vorderhorn des Rückenmarks miteinander verbunden. Weil hier die beiden Nervenfasern unmittelbar im gleichen Organ liegen, werden diese einfachen Reflexe auch '''Eigenreflexe''' genannt.  


Aus [[Anthroposophie|anthroposophischer]] Sicht dient das Gehirn hauptsächlich als reich differenzierter [[#Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken|Spiegelungsapparat]], der die [[geistig]]e und die [[Sinne|sinnlich]]-[[körper]]liche Tätigkeit des Menschen in die [[Seele]] und damit in das [[Bewusstsein]] reflektiert, wobei allerdings sehr unterschiedliche Bewusstseinsgrade enstehen, je nach dem, welche Schicht des Gehirns die Spiegelung hervorbringt. Je älter die entsprechende Gehirnstruktur entwicklungsgeschichtlich ist, desto dumpfer ist in der Regel der damit verbundene Bewusstseinsgrad. Das [[Wachbewusstsein]] des heutigen Menschen ist an einzelne Partien der [[Wikipedia:Großhirnrinde|Großhirnrinde]] gebunden. Hier werden auch die [[Gedanke]]n gespiegelt und dadurch bewusst gemacht. In diesem Sinn - und nur in diesem! - kann das Gehirn auch als „Denkorgan“ verstanden werden.
Bei ''polysynaptische Reflexbögen'' sind oft eine ganze Reihe von Neuronen auf wesentlich komplexere Weise miteinander verschaltet, wobei die afferenten und efferenten Fasern räumlich oft weit auseinander liegen können, weshalb man hier von '''Fremdreflexen''' spricht.


Der geistigen Forschung zeigt sich das Gehirn als ''[[mond]]enhaftes'' Organ ([[#Das Gehirn als Abbild des Makrokosmos|siehe unten]]), das sogar bis zu einem gewissen Grad unter dem Einfluss der Mondrhythmen steht. Dem gegenseitigen Verhältnis von [[Herz]] und Gehirn entspricht im  [[Makrokosmos]] das Verhältnis der [[Sonne]] zum [[Mond]] {{Lit|{{G|107|109}}}}. Das zugehörige [[Planetenmetall]] ist das [[Silber]].
In den [[Neurowissenschaften]] wird die Funktion des Reflexbogens in [[Analogie]] zu einem technischen [[Regelkreis]] gedacht, womit aber eine Wirkung des [[Geist]]es und der [[Seele]] des [[Mensch]]en nicht mehr denkmöglich erscheint.  


[[Rudolf Steiner]] hat daher ein völlig anderes Bild gezeichnet, ohne deswegen in den von den Neurowissenschaftler zurecht mehrheitlich abgelehnten cartesianischen [[Dualismus]] zu verfallen. [[René Descartes|Descartes]] „[[res cogitans]]“ ist nicht das wirkliche [[Ich]] des Menschen, sondern nur dessen flüchtiges, am [[Gehirn]] reflektiertes [[mental]]es Spiegelbild, dem keine eigenständige [[Realität]] zukommt und daher auch nicht in den [[Organismus]] eingreifen kann - weder über die [[Epiphyse]], wie Descartes meinte, noch sonst wie.


== Der Aufbau des menschlichen Gehirns ==
Rudolf Steiners aus geistiger Erfahrung geschöpfte Darstellung steht gleichermaßen im Widerspruch zu Descartes als auch zur zeitgenössischen Neurowissenschaft. Steiner war sich dieses Widerspruchs ganz bewusst. Unermüdlich hat er darauf hingewiesen, dass die bis heute unverrückbar Unterscheidung [[Motorische Nerven|motorischer]] und [[Sensorische Nerven|sensorischer Nerven]], die ihren Ursprung schon bei den allerersten Anatomen der griechischen [[Antike]] hat, völlig unsinnig ist und auch [[Anatomie|anatomisch]] nicht zu rechtfertigen sei. Die [[Muskel]]bewegungen würden keinesfalls durch sog. „motorische“ [[Nerven]] ausgelöst oder gar gesteuert, sondern vielmehr dadurch, dass das [[Wirkliches Ich|wirkliche Ich]] und der [[Astralleib]] im [[Wille]]nsakt ''von außen'' - d.h. aus der geistigen Außenwelt - ''unmittelbar'' in den [[Stoffwechsel]] eingreifen. Die sog. „motorischen“ Nerven dienen nur der [[Wahrnehmung]] des [[Muskelsystem]]s und der resultierenden [[Bewegung]]en. Ohne diese Wahrnehmung könne die Bewegung nicht stattfinden. Die [[Körperbewegung]] ist in diesem Sinn kein rein innerlich bewirktes Körpergeschehen, sondern ein Weltgeschehen, durch das sich unser [[Karma]] verwirklicht und an dem höchsten geistigen [[Hierarchien]] beteiligt sind.  
=== Grundlegende Eigenschaften des Gehirns ===
Das menschliche Gehirn, das durchschnittlich bei einer erwachsenen Frau eine Masse von 1245 g und bei einem erwachsenen Mann von 1375 g hat, besteht auf fundamentaler Ebene aus geschätzten 100 Milliarden (10<sup><small>11</small></sup>) [[Wikipedia:Nervenzelle|Nervenzelle]]n, die durch etwa 100 Billionen (10<sup><small>14</small></sup>) [[Wikipedia:Synapse|Synapse]]n eng miteinander vernetzt sind. Es hat einen ungeheuren Blut-, Sauerstoff- und Energiebedarf, um am Leben erhalten zu werden. Dieser Energiebedarf ist weitgehend unabhängig davon, ob wir wachen oder schlafen bzw. geistig aktiv oder träge sind. Bei etwa 2% der Körpermasse ist es für nahezu 1/4, bei Neugeborenen sogar für 50% des täglichen [[Wikipedia:Grundumsatz|Grundumsatz]]es verantwortlich, der beim Mann etwa 80 W (1700 kcal/Tag) beträgt, und beansprucht vom Blutkreislauf ca. 20% des [[Wikipedia:Herzminutenvolumen|Herzminutenvolumen]]s, das in Ruhe insgesamt etwa 5 l/min beträgt. Bei angestrengter intellektueller Tätigkeit wird allerdings noch mehr Energie benötigt, nämlich etwa soviel wie bei mittlerer körperlicher Arbeit, also ungefähr 115 W (2400 kcal/Tag). Dieser zusätzliche Energiebedarf geht aber nicht an das Gehirn, sondern beruht auf dem erhöhten Muskeltonus, der dadurch entsteht, dass sich die Körpermuskulatur beim intellektuellen Denken verkrampft. Der restliche Organismus muss gleichsam zur Erstarrung gebracht werden, damit wir in Ruhe unser modernes intellektuelles Denken entfalten können. Die intellektuelle Tätigkeit führt daher sehr schnell zu unangenehmen Muskelverspannungen. Im antiken Griechenland, wo man das philosophische Denken gemeinsam herumwandelnd (→ [[Wikipedia:Peripatos|Peripatetiker]]) im lebendigen philosophischen Gespräch übte, hatte das Denken noch einen etwas anderen Grundcharakter.


Durch den Auftrieb der Gehirnflüssigkeit, in der das Gehirn schwimmt, ist es zum allergrößten Teil der [[Schwerkraft]] enthoben; erst dadurch kann sich unsere [[Intelligenz]] entfalten:
{{GZ|Ich will ganz absehen davon, daß ja schließlich die sensitiven von
den motorischen Nerven anatomisch fast gar nicht zu unterscheiden
sind; die einen sind höchstens etwas dicker als die anderen; aber in
bezug auf die Struktur ist wirklich ein wesentlicher Unterschied nicht
vorhanden. Was anthroposophische Forschung in dieser Beziehung
lehrt - ich kann das nur andeuten, nur Ergebnisse mitteilen, ich müßte
sonst anthroposophische Physiologie vortragen - , das ist dieses, daß die
Nerven durchaus einheitliche Organe sind, daß es ein Unding ist, von
zweierlei Nerven, von sensitiven und motorischen Nerven zu sprechen.
Da im Seelischen das Willensmäßige und Empfindungsmäßige überall
durchgebildet ist, stelle ich es jedem frei, motorisch oder sensitiv zu
sagen, aber er muß einheitlich werten, denn sie sind absolut einheitlich,
es gibt keinen Unterschied. Der Unterschied liegt nämlich nur in
der Richtung der Funktion. Wenn der sensitive Nerv nach dem Auge
hingeht, so öffnet er sich den Eindrücken des Lichtes, und es wirkt
wiederum dasjenige, was an der Peripherie des Menschen liegt, auf
einen anderen Nerv, den die heutige Physiologie als einen motorischen
Nerv anspricht. Wenn er nun vom Gehirn ausgeht nach dem übrigen
Organismus, so ist dieser Nerv dazu da, daß er dasjenige wahrnimmt,
was bei einer Bewegung vorgeht. Eine richtige Behandlung der Tabes
gibt schon auch durchaus Bestätigung dieses Resultates.
Der Nerv also, der motorischer Nerv genannt ist, der ist dazu da,
um die Bewegungsimpulse, das, was da während der Bewegung vorgeht,
wahrzunehmen, nicht um der Bewegung den Impuls zu geben.
Nerven sind überall die Vermittlungsorgane für die Wahrnehmungen,
die sensitiven Nerven für die Wahrnehmungen nach außen, die sogenannten
motorischen Nerven, die auch sensitive Nerven sind, für die
Wahrnehmungen nach innen. Es gibt nur ''einen'' Nerv. Und nur eine
materialistische Wissenschaftsgesinnung hat diese Telegraphengeschichte
als Analogon erfunden.


{{GZ|Sehen Sie, unser Gehirn wiegt durchschnittlich 1250 Gramm. Wenn
Diese materialistische Wissenschaftsgesinnung glaubt nämlich, ebenso
dieses Gehirn, indem wir es in uns tragen, wirklich 1250 Gramm wiegen
wie sie für die Sensation, für die Empfindung, für die Wahrnehmung
würde, dann würde es so stark drücken auf die unter ihm befindlichen
der Vermittelung der Nerven bedarf, bedürfe sie auch der Vermittelung
Blutadern, daß das Gehirn nicht in richtiger Weise mit Blut
des Nervs für die Willensimpulse. Das ist aber nicht der Fall.
versorgt werden könnte. Es würde ein starker Druck ausgeübt werden,
Der Willensimpuls geht von dem Geistig-Seelischen aus. Da beginnt
der das Bewußtsein sogleich umnebeln würde. In Wahrheit drückt
er, und er wirkt im Leibe, unmittelbar, nicht auf dem Umweg des
das Gehirn gar nicht mit den vollen 1250 Gramm auf die Unterfläche
Nervs, unmittelbar auf das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem. Und der
der Schädelhöhle, sondern nur mit etwa 20 Gramm. Das kommt davon
Nerv, der in das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem hineingeht, vermittelt
her, daß das Gehirn in der Gehirnflüssigkeit schwimmt. So wie der
nur die Wahrnehmung desjenigen, was das Geistig-Seelische an dem
Körper hier im Wasser schwimmt, so schwimmt das Gehirn in der
ganzen Menschen in bezug auf sein Gliedmaßen-Stoffwechselsystem
Gehirnflüssigkeit. Und das Gewicht der Gehirnflüssigkeit, die verdrängt
tut. Wir nehmen dasjenige wahr, was eine Folge ist seelisch-geistiger
wird durch das Gehirn, beträgt eben ungefähr 1230 Gramm.
Willensprozesse in der Blutzirkulation, im übrigen Stoffwechsel und
Um diese wird das Gehirn leichter und hat nur noch 20 Gramm. Das
auch in der mechanischen Bewegung der Glieder; wir nehmen das wahr.
heißt, wenn man nun auch - und das tut man ja mit einem gewissen
Die sogenannten motorischen Nerven sind keine motorischen Nerven,
Recht - das Gehirn als das Werkzeug unserer Intelligenz und unseres
die sind bloß dasjenige, was die Äußerungen, den Impuls des Willens
Seelenlebens, wenigstens eines Teiles unseres Seelenlebens, betrachtet,
wahrnimmt. Ehe man diesen Zusammenhang nicht einsehen wird, eher
so muß man nicht bloß rechnen mit dem wägbaren Gehirn - denn dieses
wird man nicht zu einer durchsichtigen Menschenerkenntnis kommen.
ist nicht allein da -, sondern dadurch, daß ein Auftrieb da ist, strebt
Wenn Sie aber diesen Zusammenhang voll einsehen, dann werden Sie
das Gehirn eigentlich nach aufwärts, strebt seiner eigenen Schwere
es auch begreiflich finden, daß ich nun eben ein Paradoxon, eine Ketzerei
entgegen. Das heißt, wir leben mit unserer Intelligenz nicht in abwärtsziehenden,
vor Sie hinstellen muß: denn dann wirkt das Geistig-Seelische ja
sondern in aufwärtsziehenden Kräften. Wir leben mit
eben auf den ganzen übrigen Menschen.|303|208f}}
unserer Intelligenz in einem Auftrieb drinnen.|320|49}}


=== Die 4 Hauptbereiche des menschlichen Gehirns ===
[[Datei:Steiner Der dreigliedrige Mensch 1.jpg|mini|250px|[[Rudolf Steiner]]: ''Der dreigliedrige Mensch'', Pastell auf Transparentpapier, 12. Juni 1923]]
[[Datei:Gehirn, medial - beschriftet lat.svg|mini|300px|Längsschnitt durch das menschliche Gehirn]]
Laut Rudolf Steiner lässt sich das [[Seelenleben]] des [[Mensch]]en nicht auf die Tätigkeit des [[Nervensystem]]s reduzieren, vielmehr sei der ganze [[Dreigliederung des menschlichen Organismus|dreigliedrige Organismus]] des Menschen daran beteiligt. In etwas abgewandelter Form gilt das auch für die [[Tiere]]. Nur die [[Sinneswahrnehmung]] und die [[Vorstellung]]stätigkeit bedient sich unmittelbar des [[Nerven-Sinnessystem]]s. Das [[Fühlen]] wirkt unmittelbar im [[Rhythmisches System|rhythmischen System]] und das [[Wollen]] - und damit auch die [[Körperbewegung]] - gründet sich auf das [[Stoffwechsel-Gliedmaßensystem]]. Letztere werfen nur ''mittelbar'' durch das Nervensystem ihren Schatten in das [[Bewusstsein]]. [[Denken]] bzw. Vorstellen, Fühlen und Wollen haben dadurch ganz unterschiedliche Bewusstseinsgrade. Nur im Denken sind wir voll wach, im Fühlen [[Traum|träumen]] wir und die eigentliche Willenstätigkeit [[Schlaf|verschlafen]] wir praktisch völlig.


Im menschlichen Gehirn lassen sich grob vier Hauptbereiche unterschieden, die ein sehr unterschiedliches entwicklungsgeschichtliches Alter haben:
{{GZ|Das Nerven- und Sinnessystem,
wie es im Kopfe zentralisiert ist, ist im menschlichen Organismus ein
eigenes, für sich bestehendes, selbständiges Glied. Was als Lungen- und
Herzsystem, als Zirkulationssystem vorliegt, ist wiederum ein für sich
bestehendes, selbständiges Glied. Ebenso das Stoffwechselsystem. Das
Genauere können Sie in meinem Buch «Von Seelenrätseln» nachlesen.
Das ist das Charakteristische im menschlichen Organismus, daß seine
Systeme gerade dadurch ihre rechte Entfaltung und Wirksamkeit entfalten,
daß sie nicht zentralisiert sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen
und frei zusammenwirken. Kann man heute nicht einmal in dieser
umfassenden, eindringlichen Weise den menschlichen Organismus begreifen,
so kann man mit der Wissenschaft, die noch nicht reformiert ist,
die aber in geisteswissenschaftlichem Sinne reformiert werden muß, den
sozialen Organismus erst recht nicht verstehen. Man glaubt heute, der
menschliche Organismus ist etwas Zentralisiertes, während er eine Dreigliedrigkeit
ist.|328|21}}


1. Das stark gefaltete '''[[Wikipedia:Großhirn|Großhirn]]''' ist in zwei [[Wikipedia:Hemisphären|Hemisphären]] geteilt, die durch einen dicken Nervenstrang, den sog. [[Wikipedia:Corpus_callosum|Balken]], und weitere kleinere Verbindungen zusammenwirken.  
Die gestaltende Grundform des [[Nervensystem]]s, insbesondere des Reflexbogens, die überhaupt auch die [[Gestalt]]ung des ganzen [[Organismus]] bestimmt (→ [[Nervensystem#Nervensystem und Gestaltbildung|Nervensystem und Gestaltbildung]]), ist die [[Lemniskate]].


Die 2-5 mm dicke [[Wikipedia:Großhirnrinde|Großhirnrinde]] (''Cortex'') besteht aus etwa 14 Milliarden  [[Wikipedia:Perikaryon|Nervenzellkörpern]], die die sog. [[Wikipedia:Graue Substanz|graue Substanz]] bilden. Auf der Großhirnrinde lassen sich sensorische und motorische Primärfelder und sog. Assoziationsfelder lokalisieren, wobei [[Rudolf Steiner]] sehr nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass kein prinzipieller Unterschied zwischen sensorischen und motorischen Nerven besteht. Auch die motorischen Nerven haben seiner Ansicht nach sensorischen Charakter und sind für die Wahrnehmung der Eigenbewegung zuständig (→ [[Eigenbewegungssinn]]).
{{GZ|... ich rate Ihnen,
versuchen Sie einmal - wie gesagt, hier sollen ja zunächst nur Anregungen
gegeben werden, und es sollte durchaus sehr emsig wissenschaftlich
nach dieser Richtung gearbeitet werden -, versuchen Sie
einmal, Untersuchungen darüber anzustellen, welche Kurve entsteht,
wenn Sie die mittlere Linie der linken Rippe zeichnen, über
den Anschluß der Rippe hinausgehen in den Rückenwirbel, da sich
drehen und wiederum zurückgehen (Fig. 11). Bringen Sie in Anschlag,
daß der Wirbel eine wesentlich andere innere Struktur aufweist
als die Rippen, und bringen Sie in Anschlag, daß das bedeutet,
daß bei diesem Beschreiben der Linie Rippe-Wirbel-Rippe, natürlich
nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, innere Wachstumsverhältnisse
in Betracht kommen, dann werden Sie die Morphologie dieses
ganzen Systems verstehen durch die Lemniskate, durch die Schleifenbildung.
Sie werden, je mehr Sie hinaufgehen zur Kopforganisation,
notwendig haben, starke Modifikationen dieser Lemniskate
vorzunehmen. Es wird ein gewisser Punkt eintreten, wo Sie genötigt
sind, dasjenige, was ja schon vorbereitet ist in der Bildung des Brustbeines,
das Zusammengehen der beiden Bögen hier (Fig. 11),


Die Großhirnrinde gliedert sich in fünf bis sechs durch tiefe Spalten (''Fissurae'') voneinander abgegrenzte Gehirnlappen, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Vier Lappen liegen an der Gehirnoberfläche:
[[Datei:GA323 211.gif|center|300px|Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)]]


:* Der [[Wikipedia:Frontallappen|Frontallappen]] oder Stirnlappen (''Lobus frontalis''), der für das logische Denken wichtig ist und die motorischen Zentren in und um den [[Wikipedia:Gyrus praecentralis|Gyrus praecentralis]] enthält.
sich eigentlich als verwandelt zu denken, aber Sie bekommen eine
:* Der [[Wikipedia:Parietallappen|Parietallappen]] oder Scheitellappen (''Lobus parietalis''), in dem das primäre Zentrum für die Tastempfindung liegt ([[Wikipedia:Gyrus postcentralis|Gyrus postcentralis]], in dem sich die gesamte Körperoberfläche topographisch abbildet.
Metamorphose, eine Modifikation dieser Lemniskatenbüdung,
:* Der [[Wikipedia:Temporallappen|Temporallappen]] oder Schläfenlappen (''Lobus temporalis''), in dem sich das Hörzentrum ([[Wikipedia:Auditiver Cortex|Auditiver Cortex]]) und wesentliche Teile des [[Wikipedia:Sprachzentrum|Sprachzentrum]]s befinden.
wenn Sie zum Haupte hinaufgehen. Und Sie bekommen, wenn Sie
:* Der [[Wikipedia:Occipitallappen|Occipitallappen]] oder Hinterhauptslappen (''Lobus occipitalis''), in dem das Sehzentrum ([[Wikipedia:Area striata|Area striata]]) lokalisiert ist.  
gewissermaßen studieren die gesamte menschliche Figur in dem
Gegensatz von Sinnes-Nervenorganisation und Stoffwechsel-Organisation,
eine nach unten auseinandergehende und nach oben
sich schließende Lemniskate. Sie bekommen auch Lemniskaten,
nur sind die Lemniskaten eben sehr modifiziert, die eine Hälfte
durch die eine Schleife ist außerordentlich klein, wenn Sie den
Weg verfolgen, der genommen wird von Zentripetalnerven durch
das Zentrum zum Ende der Zentrifugalnerven. Sie bekommen
überall eingeschrieben, wenn Sie die Dinge sachgemäß verfolgen,
gerade in die menschliche Natur in einer gewissen Weise diese
Lemniskate.


Teilweise bedeckt vom Frontal-, Parietal- und Temporallappen liegt seitlich der
Und wenn Sie dann beim Tiere die tierische Organisation im
ausgesprochen horizontalen Rückgrat nehmen, so werden Sie finden,
daß diese tierische Organisation sich von der menschlichen Organisation
dadurch unterscheidet, daß diese Lemniskaten, diese
nach unten offenen Lemniskaten oder auch etwas geschlossenen
Lemniskaten, beim Tier wesentlich weniger Modifikationen aufweisen
als beim Menschen, namentlich aber auch, daß die Ebenen
dieser Lemniskaten beim Tier immer parallel sind, während sie beim
Menschen schiefe Winkel miteinander einschließen.


:* der [[Wikipedia:Insellappen|Insellappen]] (Lobus insularis), dessen Funktion noch wenig erforscht ist.
Hier liegt ein ungeheures Arbeitsfeld, ein Arbeitsfeld, welches
uns daraufhinweist, das morphologische Element immer weiter und
weiter auszubauen.|323|210ff}}


Gelegentlich werden einzelne entwicklungsgeschichtlich ältere Teile des Cortex (z. B. [[Wikipedia:Gyrus cinguli|Gyrus cinguli]] und [[Wikipedia:Hippocampus|Hippocampus]]) zusammengefaßt als sechster
Rudolf Steiner wies weiters darauf hin, dass die ''Unterberechung'', welche die [[Zentripetal (Neurologie)|zentripetalen]] ([[afferent]]en) „sensorischen“ und die [[Zentrifugal (Neurologie)|zentrifugalen]] ([[efferent]]en) „motorischen“ Nerven (an der [[Synapse]]) voneinander trennt, erst ermöglicht, dass sich das Geistige und Seelische in die Tätigkeit des Leibes einschalten kann. Die Unterbrechung bildet den Übergang vom physischen zum geistigen Erleben. Ohne sie wäre der Mensch tatsächlich ein bloß gehirn- bzw. nervengesteuerter [[Automat]], wie viele [[Hirnforscher]] mittlerweile annehmen. So behauptet etwa der [[Neurophysiologe]] [[Wolf Singer]]: „''Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen''“<ref>Wolf Singer in:  Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit'', 2004, S. 30ff.</ref> und fordert entsprechende [[Ethik|ethische]] und [[Rechtsleben|juristische]] Konsequenzen bezüglich der [[Schuld]]fähigkeit des Menschen. Aus ganz anderen als den von Singer genannten Gründen ist es tatsächlich nicht zielführend, von einer primären [[Willensfreiheit]] auszugehen. Da wir, wie oben ausgeführt, im Willen schlafen, uns des Willens also nicht bewusst sind, hat hier die [[Freiheit]] keine Grundlage. Die Freiheit beginnt erst, wie Rudolf Steiner bereits in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» ausgeführt hat, im [[Reines Denken|reinen, willensdurchdrungenen Denken]], in dem Denken, Fühlen und Wollen eine bewusste, vom [[Ich]], d.h. vom wirklichen [[Geist]] des Menschen, durchkraftete Einheit bilden.


:* der [[Wikipedia:Limbisch|Limbisch]]e Lappen (Lobus limbicus), der für die Gedächtnisfunktion und für emotionale Prozesse bedeutsam ist.
{{GZ|Auf eine Vorstellung habe ich öfters hingewiesen, öffentlich nun
auch in meinem Buch «[[Von Seelenrätseln]]»: Es ist eine gangbare naturwissenschaftliche
Vorstellung heute, daß man im Nervensystem - bleiben
wir zunächst beim Menschen, aber in ähnlicher Weise, nur in ähnlicher
Weise ist das auch beim Tiere gültig -, daß man im Nervensystem
unterscheidet zwischen sogenannten sensitiven Nerven, Sinnesnerven,
Wahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Schematisch kann das
nur so dargestellt werden, daß zum Beispiel irgendein Nerv, sagen wir
ein Tastnerv, die Tastempfindung hineinträgt bis zum Zentralorgan,
sagen wir bis zum Rückenmark (gelb), da mündet dasjenige, was da aus
der Peripherie des Leibes geleitet wird, in einem Horn des Rückenmarks.
Und dann geht von einem andern Horn, Vorderhorn, der sogenannte
motorische Nerv aus, da wird wiederum weitergeleitet der
Willensimpuls (siehe Zeichnung S. 12).


Das Innere des Großhirns wird aus der sog. [[Wikipedia:Weiße Substanz|weißen Substanz]] gebildet, die aus stark [[Wikipedia:Myelin|myelinisierten]] Nervenfasern ([[Wikipedia:Axon|Axon]]) besteht, die die einzelnen Teile des Großhirns miteinander und mit anderen Gehirnteilen verbinden.
[[Datei:GA179 012.gif|center|400px|Zeichnung aus GA 179, S. 12]]


[[Rudolf Steiner]] hat auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die [[Wikipedia:graue Substanz|graue Substanz]] nicht, wie oft fälschlich angenommen, das Werkzeug des [[Denken]]s ist, sondern vor allem der [[Ernährung]] des Gehirns dient. Vielmehr ist die [[Wikipedia:weiße Substanz|weiße Substanz]], die aus den [[Wikipedia:Nervenfaser|Nervenfaser]]n gebildet wird, die eigentliche "Denksubstanz".
Beim Gehirn ist das nur komplizierter dargestellt, so etwa, wie wenn
die Nerven eine Art Telegraphendrähte wären. Der Sinneseindruck,
der Hauteindruck wird bis zum Zentralorgan geleitet, dort wird gewissermaßen
der Befehl erteilt, daß eine Bewegung ausgeführt werden
soll. Eine Fliege setzt sich irgendwo auf einen Körperteil, das macht
einen Eindruck, das wird geleitet bis zum Zentralorgan; dort wird der
Befehl gegeben, die Hand bis zu der Stirne zu erheben und die Fliege
wird weggejagt. Es ist eine, schematisch angedeutet, sehr gangbare
Vorstellung. Künftigen Zeiten wird diese Vorstellung außerordentlich
komisch erscheinen, denn sie ist ja nur komisch für denjenigen, der die
Tatsache durchschaut. Aber es ist eine Vorstellung, von der heute ein
großer Teil der fachmännischen und fachmännischesten Wissenschaft
beherrscht ist. Sie können das nächstbeste Elementarbuch, das Sie über
solche Dinge unterrichtet, aufschlagen, und Sie werden finden, man
habe zu unterscheiden zwischen Sinneswahrnehmungsnerven und motorischen
Nerven. Und man wird besonders das urkomische Bild von
den Telegraphenleitungen - wie der Eindruck bis zum Zentralorgan
geleitet und dort der Befehl gegeben wird, daß die Bewegung entstehe -
gerade in populären Werken heute noch immer sehr verbreitet finden
können.


<div style="margin-left:20px">
Die Wirklichkeit ist allerdings schwieriger zu durchschauen, als die
"Es ist ja eine
an die primitivsten Vorstellungen erinnernden Vergleichsvorstellungen
ganz, man möchte schon fast sagen, alberne Ansicht, daß in der
von den Telegraphendrähten. Die Wirklichkeit kann nur durchschaut
grauen Hirnsubstanz im wesentlichen die Denksubstanz gegeben
werden, wenn sie eben mit Geisteswissenschaft durchschaut wird. Daß
ist, denn das ist nicht der Fall. Die graue Hirnsubstanz ist im
ein Willensimpuls erfolgt, hat mit einem solchen Vorgange, den man in
wesentlichen zur Ernährung des Gehirnes da und ist eigentlich eine
kindischer Weise so ausdrückt, als ob da irgendwo in einem materiellen
Kolonie der Verdauungswerkzeuge zur Ernährung des Gehirnes,
Zentralorgan ein Befehl erteilt würde, wirklich gar nichts zu tun. Die
während gerade dasjenige, was weiße Hirnsubstanz ist, von einer
Nerven sind nur da, um einer einheitlichen Funktion zu dienen, sowohl
großen Bedeutung als Denksubstanz ist. Daher werden Sie auch
diejenigen Nerven, die man heute sensitive Nerven nennt, wie auch
in der anatomischen Beschaffenheit der grauen Hirnsubstanz schon
diejenigen, die man motorische Nerven nennt. Und ob nun im Rückenmark
etwas finden, was viel mehr zusammenhängt mit einer totalen
oder im Gehirn der Nervenstrang durchbrochen ist, beides weist
Tätigkeit als mit dem, was ihr gewöhnlich zugeschrieben wird. Also
auf dasselbe hin; im Gehirn ist er nur in komplizierterer Weise durchbrochen.
Sie sehen, daß, wenn man von Verdauung spricht, man nicht bloß
vom Unterleib sprechen kann." {{Lit|{{G|312|113}}}}
</div>


2. Das '''[[Wikipedia:Kleinhirn|Kleinhirn]]''', das sich ebenfalls in zwei Hemisphären und weitere Teile gliedert, ist bedeutsam für den [[Gleichgewichtssinn]] und für die Bewegungskoordination. Bei Tieren tritt das Kleinhirn im Verhältnis zum Großhirn meist stärker hervor, namentlich bei schnellen [[Raubtier]]en und flugfähigen Tieren.
Diese Durchbrechung ist nicht deshalb da, damit durch die eine
Hälfte, wenn ich so sagen darf, von der Außenwelt etwas zum Zentralorgan
geleitet wird und dann, nachdem sie vom Zentralorgan durch
die andere Hälfte in einen Willen umgewandelt worden ist, weitergeleitet
würde. Diese Unterbrechung ist aus einem ganz andern Grunde
da. Daß unser Nervensystem so gebaut und in dieser regelmäßigen
Weise durchbrochen ist, hat seinen Grund darin: An der Stelle, wo
unsere Nerven durchbrochen sind, da liegt im Abbilde im Menschen -
allerdings nur im körperlichen Abbilde einer komplizierten geistigen
Wirklichkeit — die Grenze zwischen physischem und geistigem Erfahren,
physischem und geistigem Erleben. Sie ist allerdings im Menschen
auf eine merkwürdige Weise enthalten. Sie ist so enthalten, daß
der Mensch mit der ihm zunächstliegenden physischen Welt in eine
solche Beziehung tritt, daß mit dieser Beziehung der Teil des Nervenstranges,
der bis zu jener Unterbrechung geht, etwas zu tun hat. Aber
der Mensch muß auch als seelisches Wesen eine Beziehung haben zu
seinem eigenen physischen Leib. Diese Beziehung, die er zu seinem
eigenen physischen Leib hat, ist durch den andern Teil vermittelt. Wenn
ich eine Hand bewege, dadurch veranlaßt, daß ein äußerer Sinneseindruck
auf mich gemacht worden ist, dann liegt der Impuls, daß diese
Hand bewegt wird, vereinigt von der Seele mit dem Sinneseindruck,
schematisch dargestellt, schon bereits hier (siehe Zeichnung, a). Und
dasjenige, was geleitet wird, wird auf den ganzen sensitiven Nerven
und den sogenannten motorischen Nerven entlang geleitet von a bis
zu b. Das ist nicht so, daß der Sinneseindruck erst bis zu c geht und dann
von da aus einen Befehl gibt, damit b dazu veranlaßt werde - nein,
wenn ein Willensimpuls stattfindet, lebt das Seelische schon befruchtet
bei a und geht durch den ganzen unterbrochenen Nervenweg durch.


3. Das '''[[Wikipedia:Zwischenhirn|Zwischenhirn]]''', das vor allem für den [[Schlaf-Wach-Rhythmus]], die [[Schmerz]]empfindung und die Temperaturregulation wichtig ist, besteht aus vier wesentlichen Teilen:
Es ist keine Rede davon, daß solche kindischen Vorstellungen, als
ob die Seele da irgendwo säße zwischen den sensitiven und motorischen
Nerven und wie ein Telegraphist die Eindrücke der Außenwelt empfangen
und dann Befehle aussenden würde, es ist keine Rede davon,
daß diese kindischen Vorstellungen irgendeiner auch wie immer gearteten
Wirklichkeit entsprechen würden. Diese kindische Vorstellung,
die wir immer hören, nimmt sich recht sonderbar komisch aus neben
der Forderung, man soll ja in der Naturwissenschaft nicht anthropomorphistisch
sein! Da fordern nun die Leute, man solle ja nicht anthropomorphistisch
sein und merken nicht, wie anthropomorphistisch sie
sind, wenn sie Worte gebrauchen wie: Ein Eindruck wird empfangen,
ein Befehl wird ausgegeben und so weiter. - Sie reden darauf los, ohne
auch nur eine Ahnung davon zu haben, was sie alles für mythologische
Wesen - wenn sie die Worte ernst nehmen würden - hineinträumen in
den menschlichen Organismus.


:*Der [[Wikipedia:Thalamus|Thalamus]], der hauptsächlich aus [[Wikipedia:Graue Substanz|grauer Substanz]] besteht, bündelt motorische und sensorische Reize und vermittelt sie von und zum Großhirn.
Nun entsteht aber die Frage: Warum ist der Nervenstrang unterbrochen?
:*Der [[Wikipedia:Hypothalamus|Hypothalamus]], der mit der [[Hypophyse]] (Hirnanhangdrüse) verbunden ist, ist das zentrale Bindeglied zwischen [[Wikipedia:Hormonsystem|Hormonsystem]] und [[Nervensystem]].
— Er ist unterbrochen aus dem Grunde, weil wir, wenn er
:*Der [[Wikipedia:Subthalamus|Subthalamus]], dessen wichtigste Strukturen der ''Nucleus subthalamicus'' und das [[Wikipedia:Pallidum|Pallidum]] sind, ist für die Grobmotorik zuständig.
nicht unterbrochen wäre, nicht eingeschaltet wären in den ganzen Vorgang.
:*Der [[Wikipedia:Epithalamus|Epithalamus]] ist mit der [[Epiphyse]] verbunden, die das [[Wikipedia:Hormon|Hormon]] [[Wikipedia:Melatonin|Melatonin]] in Abhängigkeit vom [[Schlaf-Wach-Rhythmus]] produziert.
Nur dadurch, daß gewissermaßen der Impuls an der Unterbrechungsstelle
überspringt - der gleiche Impuls, wenn es ein Willensimpuls
ist, geht schon von a aus -, dadurch sind wir selbst drinnen in
der Welt, dadurch sind wir bei diesem Impuls dabei. Würde er einheitlich
sein, würde hier nicht eine Unterbrechung sein, so wäre das ganze
ein Naturvorgang, ohne daß wir dabei wären.


Nach Aussagen [[Rudolf Steiner]]s ist das rechte Zusammenspiel von [[Epiphyse]] und [[Hypophyse]] wesentlich für die [[Gedächtnis]]bildung.
Stellen Sie sich denselben Vorgang, den Sie bei einer sogenannten
Reflexbewegung haben, vor: Eine Fliege setzt sich Ihnen irgendwo hin,
der ganze Vorgang kommt Ihnen gar nicht voll zum Bewußtsein, aber
Sie wehren die Fliege ab. Dieser ganze Vorgang hat sein Analogen,
sein ganz gerechtfertigtes Analogen auf physikalischem Gebiete. Insofern
dieser Vorgang physikalische Erklärung herausfordert, muß diese
Erklärung nur etwas komplizierter sein als ein anderer physikalischer
Vorgang. Nehmen Sie an, Sie haben hier einen Kautschukball, Sie
stoßen hinein, Sie deformieren den Kautschukball: das geht wieder
heraus, richtet sich wieder her. Sie stoßen nochmals hinein; er stößt
wieder heraus. Das ist der einfache physikalische Vorgang: eine Reflexbewegung.  


4. Der '''[[Wikipedia:Hirnstamm|Hirnstamm]]''' (oft auch als ''Reptilienhirn'' bezeichnet) ist der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns und besteht teils aus auf- und absteigenden Nervenfasern ([[Wikipedia:Weiße Substanz|Weiße Substanz]]) und teils aus einzelnen Ansammlungen von Nervenzellkörpern ([[Wikipedia:Graue Substanz|Graue Substanz]]). Der Hirnstamm gliedert sich in folgende Teile:
[[Datei:GA179 015.gif|center|300px|Zeichnung aus GA 179, S. 15]]


:*Das [[Wikipedia:Mittelhirn|Mittelhirn]] regelt unter anderem die Augenbewegung, die [[Wikipedia:Augenmuskeln|Irismuskulatur]] und die [[Wikipedia:Musculus ciliaris|Ziliarmuskeln]].
Nur ist kein Wahrnehmungsorgan eingeschaltet, nichts
:*Die [[Wikipedia:Pons|Brücke (Pons)]], durch die auf- und absteigende Nervenfasern (Weiße Substanz) durchgeleitet werden. Hier befinden sich auch die sog. Brückenkerne aus grauer Substanz, die wichtige Umschaltstationen zwischen Großhirn und Kleinhirn sind.
Geistiges ist eingeschaltet. Schalten Sie hier etwas Geistiges ein (innerer
:*Das [[Wikipedia:Nachhirn|Nachhirn]], das auch als verlängertes Mark ([[Wikipedia:Medulla oblongata|Medulla oblongata]]) bezeichnet wird. Hier kreuzen sich die Nervenbahnen der beiden Körperhälften und hier werden viele automatisch ablaufende Vorgänge wie Herzschlag, Atmung und Stoffwechselvorgänge reguliert. Auch finden sich hier wichtige Reflexzentren, etwa für den Lidschluss-, Schluck-, und Hustenreflex. Das untere Ende des Nachhirns schließt unmittelbar an das [[Wikipedia:Rückenmark|Rückenmark]] an.
Kreis) und unterbrechen Sie hier (Zentrum), dann fühlt sich die Kautschukkugel
als ein Eigenwesen. Die Kautschukkugel müßte dann allerdings,
um sowohl die Welt wie sich zu empfinden, ein Nervensystem
einschalten. Aber das Nervensystem ist immer da, um die Welt in sich
zu empfinden, niemals irgendwie da, um auf der einen Seite des Drahtes
eine Sensation zu leiten und auf der andern Seite des Drahtes einen
motorischen Impuls zu leiten.


=== Die 12 Hauptnervenpaare des Gehirns ===
Ich deute dieses an aus dem Grunde, weil dies, wenn es weiter verfolgt
Als [[Wikipedia:Hirnnerv|Hirnnerv]]en werden jene paarig angeordneten peripheren [[Nerven]] bezeichnet, die direkt dem Gehirn, zumeist dem Hirnstamm, entspringen. Nur der [[Wikipedia:Nervus accessorius|Nervus accessorius]] entspringt eigentlich dem Rückenmark, geht jedoch parallel zum Rückenmark in die Schädelhöhle und verlässt diese dann wieder an der Schädelbasis und wird deshalb ebenfalls zu den Hirnnerven gezählt. Die Hirnnerven bestehen aus [[Somatisches Nervensystem|somatischen]] und [[Vegetatives Nervensystem|vegetativen]] Fasern.
wird, auf einen der zahlreichen Punkte hinführt, wo Naturwissenschaft
korrigiert werden muß, wenn sie zu Vorstellungen führen soll,
die einigermaßen der Wirklichkeit gewachsen sind. Die Vorstellungen,
die heute herrschen, sind eben weiter nichts als solche Vorstellungen,
die den Impulsen der Geister der Finsternis dienen. Im Menschen selber
ist die Grenze zwischen dem physischen Erleben und dem geistigen
Erleben.


#[[Wikipedia:Nervus olfactorius|Nervus olfactorius]] - ermöglicht das Riechen.
Dieses Stück des Nervs, das ich rot bezeichnet habe, dient im
#[[Wikipedia:Nervus opticus|Nervus opticus]] - leitet optische Eindrücke weiter.  
wesentlichen dazu, um uns hineinzustellen in die physische Welt, um
#[[Wikipedia:Nervus oculomotorius|Nervus oculomotorius]] - versorgt u.a. 4 von 6 Muskeln, die das Auge bewegen.  
uns Empfindung zu vermitteln innerhalb der physischen Welt. Das
#[[Wikipedia:Nervus trochlearis|Nervus trochlearis]] - versorgt den oberen schrägen Augenmuskel.
andere Stück des Nervs, das ich blau bezeichnet habe, dient im wesentlichen
#[[Wikipedia:Nervus trigeminus|Nervus trigeminus]] - leitet u.a. Informationen über Berührungen aus dem Gesichtsbereich weiter.
dazu, um uns selbst uns empfinden zu lassen als Leib. Und
#[[Wikipedia:Nervus abducens|Nervus abducens]] - versorgt den seitlichen Augenmuskel.  
es ist kein wesentlicher Unterschied, ob wir eine Farbe außen bewußt
#[[Wikipedia:Nervus facialis|Nervus facialis]] - ermöglicht u.a. mimische Bewegungen und Geschmackswahrnehmungen.
erleben durch den Strang a-c, oder ob wir innerlich ein Organ oder
#[[Wikipedia:Nervus vestibulocochlearis|Nervus vestibulocochlearis]] (''N. statoacusticus'')- leitet Informationen aus dem Hör- und dem Gleichgewichtsorgan weiter.
eine Organlage oder dergleichen erleben durch den Strang d-b; das ist
#[[Wikipedia:Nervus glossopharyngeus|Nervus glossopharyngeus]] - leitet u.a. Informationen des [[Geschmackssinn]] und aus dem Schlundbereich weiter und ermöglicht Bewegungen in diesen Bereichen.
im wesentlichen dasselbe. Das eine Mal erleben wir ein Physisches, das
#[[Wikipedia:Nervus vagus|Nervus vagus]] - ist zuständig für die Wahrnehmung und Bewegung eines Teils der Eingeweide, inklusive der Regulation der Drüsentätigkeit und Hormonausschüttung.
nicht in uns zu sein scheint, das andere Mal erleben wir ein Physisches,
#[[Wikipedia:Nervus accessorius|Nervus accessorius]] - ermöglicht die Bewegung zweier großer Muskel des Halses und des Kopfes.  
das in uns ist, das heißt innerhalb unserer Haut. Dadurch aber sind wir
#[[Wikipedia:Nervus hypoglossus|Nervus hypoglossus]] - ermöglicht die Bewegungen der Zunge.
eingeschaltet, daß wir bei einem Willensvorgang alles das erleben können,
was nicht nur außen ist, sondern auch was innerlich an uns ist.
Aber die Stärke der Wahrnehmung ist verschieden vermittelt durch
den Strang a-c und durch den Strang d-b. Dasjenige, was eintritt, ist
allerdings eine wesentliche Abschwächung der Intensität. Wenn wir
eine Vorstellung mit einem Willensimpuls zusammen formen in a, so
wird dieser Impuls von a aus weitergeleitet. Indem er von c auf d überspringt,
schwächt sich das Ganze so ab für unser Bewußtsein, für unser
bewußtes Erleben, daß wir das weitere, was wir nun in uns erleben, die
Hebung der Hand und so weiter, nur mit der geringen Intensität des
Bewußtseins erleben, die wir sonst auch im Schlafe haben. Wir sehen
das Wollen erst wiederum, wenn die Hand sich bewegt, wenn wir
wieder von einer andern Seite her eine Sensation haben.|179|11ff}}


Die zwölf paarigen Gehirnnerven entsprechen den 12 [[astral]]en Strömen, die von den zwölf [[Amshaspands]] ausgehen, von denen schon in der [[Wikipedia:Persische Mythologie|persischen Mythologie]] gesprochen wurde. Die Amshaspands haben schon auf dem [[Alter Mond|alten Mond]] das Äthergehirn vorgebildet {{Lit|{{G|145|67}}}}. In der [[Wikipedia:Germanische Mythologie|germanischen Mythologie]] wird in ähnlicher Weise von den 12 Hauptströmen gesprochen, die dem in [[Niflheim]] gelegenen Brunnen [[Hvergelmir]] entspringen.
== Literatur ==


<div style="margin-left:20px">
* [[Wolfgang Schad]] (Hrsg.): ''Die menschliche Nervenorganisation und die Soziale Frage: Teil 1: Ein anthropologisch-anthroposophisches Gespräch'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1991, ISBN 978-3772504068
"Zur Zeit Zarathustras gab es noch keine Anatomie im heutigen Sinne. Da sahen Zarathustra und seine Schüler durch ihre geistige Anschauung die Strömungen wirklich, von denen wir heute gesprochen haben, die als zwölf Ströme von der großen Welt auf den Menschen zufließen und sich in den Menschen hinein fortsetzen, so dass uns in der Tat das menschliche Haupt als der Ausdruck dessen erscheint, dass in den Menschen hereinströmen die Kräfte der sieben guten und der fünf bösen Amshaspands-Strömungen. Da drinnen im Menschen sind die Fortsetzungen der Ströme der [[Amshaspands]]. Wie geben sie sich heute kund einer viel späteren Zeit? Heute deckt der Anatom zwölf Hauptpaare von Gehirnnerven auf, die vom Gehirn aus in den Leib gehen. Das sind die physischen Gegenbilder, gleichsam die zwölf gefrorenen Strömungen der Amshaspands, zwölf Nervenpaare für die höchste menschliche Tätigkeit, durch die der Mensch zu den höchsten Vollkommenheiten wie auch zum ärgsten Bösen kommen kann. Da sehen wir, wie in unserm Zeitalter - materialistisch umgestaltet - das wiedererscheint, was Zarathustra seinen Schülern aus der geistigen Welt heraus gesagt hat. Das ist das Ärgerliche, und leicht wird es für einen heutigen Menschen, zu sagen: Da predigt die Geisteswissenschaft das ganz Phantastische, dass Zarathustra mit den zwölf Amshaspands etwas gemeint habe, was mit den zwölf Nervenpaaren im menschlichen Kopfe zusammenhängen soll! Aber die Welt wird noch etwas ganz anderes erfahren: sie wird erfahren, wie sich in den Menschen hinein fortsetzt, was die ganze Welt durchwebt und durchlebt. In unserer Physiologie steht der alte Zarathustrismus wieder auf! Und wie die achtundzwanzig bis einunddreißig [[Izeds]] unter den Amshaspands stehen, so stehen die achtundzwanzig Rückenmarksnervenpaare unter den Gehirnnerven. In den Rückenmarksnerven, die das niedere Seelenleben des Menschen anregen, schaffen die Izeds, die als geistige Strömungen draußen vorhanden sind; sie wirken in uns herein, kristallisieren sich gleichsam in den achtundzwanzig Rückenmarksnerven, denn in denselben haben wir die verdichteten Izeds-Strömungen. Und in dem, was nicht mehr Nerv ist, was uns zur Persönlichkeit abrundet, haben wir das, was nun nicht mehr in einer äußeren Strömung, in einer äußeren Richtung sich auslebt: was die [[Fravashis]] sind, das sind in uns die Gedanken, die sich über das bloße Gedanken- und Gehirnleben erheben." {{Lit|{{G|060|275ff}}}}
* Wolfgang Schad (Hrsg.): ''Die menschliche Nervenorganisation und die Soziale Frage: Teil 2: Dokumentarischer Anhang'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1992, ISBN 978-3772504075
</div>
* Wolfgang Schad (Hrsg.): ''Die Doppelnatur des Ich: Der übersinnliche Mensch und seine Nervenorganisation'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014, ISBN 978-3772512827
* Wolfgang Schad: ''Der periphere Blick: Die Vervollständigung der Aufklärung'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014, ISBN 978-3772514012, EBook {{ASIN|B01LZF3IZ3}}
* [[Karl Ballmer]]: ''Briefwechsel über die motorischen Nerven'', erweiterte Neuausgabe, Edition LGC 2013, ISBN 978-3-930 964-22-2
* Peter Wyssling: ''Rudolf Steiners Kampf gegen die motorischen Nerven. Das Schicksal einer Weltanschauungsentscheidung in Karl Ballmer und Gerhard Kienle.'' 3., erweiterte und verbesserte Auflage, Edition LGC 2016, ISBN 978-3-930 964-26-0
* [[Peter Heusser]]: ''Anthroposophie und Wissenschaft: Eine Einführung. Erkenntniswissenschaft, Physik, Chemie, Genetik, Biologie, Neurobiologie, Psychologie, Philosophie des Geistes, Anthropologie, Anthroposophie, Medizin'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2016, ISBN 978-3723515686
*Johannes W. Rohen: ''Funktionelle Neuroanatomie: Lehrbuch und Atlas'', Schattauer, F.K. Verlag 2001, ISBN 978-3794521289
*Johannes W. Rohen: ''Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners'', 1. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2009, ISBN 978-3772520983
*Johannes W. Rohen: ''Morphologie des menschlichen Organismus'', 4. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3772519987
* Rudolf Steiner: ''Geschichtliche Notwendigkeit und Freiheit. Schicksalseinwirkungen aus der Welt der Toten'', [[GA 179]] (1993), ISBN 3-7274-1790-0 {{Vorträge|179}}
* Rudolf Steiner: ''Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik.'', [[GA 303]] (1978), ISBN 3-7274-3031-1 {{Vorträge|303}}
* Rudolf Steiner: ''Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie'', [[GA 323]] (1997), ISBN 3-7274-3230-6 {{Vorträge|323}}
* Rudolf Steiner: ''Die soziale Frage'', [[GA 328]] (1977), ISBN 3-7274-3280-2 {{Vorträge|328}}


<div style="margin-left:20px">
{{GA}}
"... aus
den zwölf Richtungen des Tierkreises sahen die Schüler des Zarathustra
herkommen zwölf Mächte, von denen die eine Hälfte nach der lichten
Seite, gleichsam nach der Lichtseite des Tierkreises, da, wo die Sonne
oben bei Tag durchläuft, gerichtet war; die andere Hälfte war der finsteren
Seite des Tierkreises, dem Ahriman, wie sie sagten, zugewendet.
Also von zwölf Seiten des Weltenalls herkommend und in die Menschenorganisation eindringend, so dachte sich der Perser die makrokosmischen
Kräfte; die strömten ein in die Menschheitsorganisation,
wirkten und arbeiteten in ihr, so daß sie im Menschen präsent, gegenwärtig
sind. Daher muß sich der menschlichen Intelligenz das, was sich
heranentwickelt durch die Zwölfzahl, auch mikrokosmisch offenbaren,
das heißt, es muß sich das durch die Zwölfzahl der Amshaspands
(Erzengel) auch im Mikrokosmos ausdrücken, und zwar als eine letzte
Manifestation sozusagen dieser zwölf geistigen makrokosmischen
Wesenheiten, die schon früher gewirkt haben, die vorbereitet haben,
was nur eine letzte Ausbildung während der persischen Kultur gefunden
hat.
 
Die heutige Physiologie könnte wissen, wo die zwölf mikrokosmischen
Gegenbilder der zwölf Amshaspands sind. Das sind die zwölf
Hauptnerven, die aus dem Haupte entspringen; die sind nichts anderes
als etwas, was durch das Hereinstrahlen der zwölf makrokosmischen
Mächte in den Menschen entstanden ist und im Menschen sich materiell
verdichtet hat. Von den zwölf Seiten des Tierkreises aus wirkten die
zwölf [[Erzengel]]wesen, so haben die alten Perser es sich vorgestellt, und
um allmählich das hervorzubringen, was heute unsere Intelligenz ist,
wirkten sie in zwölf Strahlen herein in das menschliche Haupt. Natürlich
wirkten sie in der urpersischen Zeit nicht zum erstenmal in den
Menschen herein, sondern zuletzt so, daß wir zwölf kosmische Strahlungen,
zwölf Erzengel-Strahlungen haben, die sich dann im Haupte
des Menschen verdichtet haben zu den zwölf Hauptgehirnnerven, wie
wenn sie da drin materiell gefroren wären." {{Lit|{{G|126|86f}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Auch in anderen Gegenden hat man gewußt, daß das, was im Menschen
sich ausdrückt, von außen hereinfließt. Daher hat man zum Beispiel
in gewissen Zeiten der germanischen Mythologie von zwölf Strömen
gesprochen, welche von Niflheim nach Muspelheim fließen. Die
zwölf Ströme sind nicht im physisch-materiellen Sinne gemeint, sondern
sie sind das, was, hellseherisch geschaut, als ein gewisser Abglanz vom
Makrokosmos hereinfließt in den menschlichen Mikrokosmos, in das
Wesen, das auf der Erde herumwandelt und sich durch makrokosmische
Kräfte entwickeln soll. Und das muß ja allerdings betont werden, daß
diese Strömungen heute im Grunde genommen als astralische Ströme zu
sehen sind, während sie in den atlantischen Zeiten, die unmittelbar auf
Lemurien folgten, und in Lemurien selbst als ätherische Strömungen
gesehen werden konnten." {{Lit|{{G|126|88f}}}}
</div>
 
== Das Gehirn und das Denken ==
 
Das menschliche Gehirn bringt nicht das [[Denken]] und die [[sinnlich]]en [[Vorstellung]]en hervor, sondern das Gehirn wird durch das Denken zu einem komplizierten Spiegelungsapparat geformt, der die geistige Tätigkeit der drei höheren [[Wesensglieder]] in den [[Ätherleib]], [[Astralleib]] und in das [[Ich]] zurückwirft und dadurch dem Menschen in Form von [[Gedanke]]n bewusst macht. Indem wir uns so des Gehirns als Werkzeug bedienen, schiebt sich der Gedanke zwischen [[Wahrnehmung]] und Tat hinein; im Gegensatz zum [[Tier]] ist dadurch der [[Mensch]] zu willkürlichen Handlungen befähigt.
 
<div style="margin-left:20px">
"In der materialistischen Zeit hat man einen materialistischen Vergleich
gebraucht, daß das Gehirn Gedanken ausschwitze, wie die Leber
etwa die Galle. - Es ist Unsinn, denn das Umgekehrte ist richtig, daß
nämlich von den Gedanken das Gehirn abgeschieden wird, natürlich
immer neu abgeschieden wird, weil es immer wiederum vom Stoffwechselorganismus
aus ersetzt wird. Der heutige Mensch, der wissenschaftlich
ist, wird ja zunächst damit überhaupt noch gar nichts Rechtes
anfangen können, denn er wird sagen, das sei doch beim Tier auch
alles der Fall, das habe auch ein Gehirn, diese und jene Organe und so
weiter. - Darin zeigt sich aber gerade, daß der Mensch sich nicht selbst
erkennt; denn wer so vom Menschen und von dem Tiere spricht, begeht
eben den Fehler, den der begehen würde, der als Gesetzgeber etwa alle
Rasiermesser, die sich bei sämtlichen Raseuren irgendeines Ortes befinden,
in die Wirtshäuser tragen ließe, weil er mit dem Messer nur die
Vorstellung des Essens verbindet und daraus schließt, daß ein Instrument,
das in einer bestimmten Weise geformt ist, eben nur dem einen
Zweck zugehören müsse. - Das Wichtige ist, zu erkennen, daß dasjenige,
was beim Menschen auftritt als Organ, in einem ganz anderen
Dienste steht als bei den Tieren, und daß die ganze Betrachtungsweise,
wie ich sie jetzt erst in ihrem allerelementarsten Elemente dargelegt
habe, eben für die Tiere einen solchen Sinn nicht hat. Gerade die Erkenntnis
dessen, was der Mensch aus dem Geistigen heraus als materielle
Organe hat, ist so ungeheuer wichtig; denn diese konkrete Selbsterkenntnis
ist es, worauf es ankommt." {{Lit|{{G|203|152f}}}}
</div>
 
Durch das Denken wird das Gehirn in seiner feinen Struktur ausgestaltet; nicht das Gehirn denkt, sondern das Denken formt das Gehirn. Es wird gleichsam durch das Denken in seinem Feinbau herausgemeißelt; das ist aber kein lebendiger Aufbauprozess, sondern vielmehr ein subtiler Zerstörungsvorgang, durch den aber gerade das [[Bewusstsein]] entsteht. Das Bewusstsein gründet sich auf beständige leise, systematisch geordnete Verletzungen des Gehirns, die gewissermaßen als subtiler und reich differenzierter [[Schmerz]] wahrgenommen werden. Nur im bewusstlosen [[Schlaf]] können die Spuren dieser Zerstörung teilweise wieder ausgetilgt werden. Während der Embryonalentwicklung und beim kleinen Kind gehen die Aufbaukräfte noch ganz stark vom Kopf aus, das Bewusstsein ist dadurch stark gedämpft. Später wird der Kopf zum Todespol, dadurch aber zum Bewusstseinszentrum ausgebildet. In der Embryonalphase wächst das Gehirn um ca. 15 Millionen Zellen pro Stunde, aber während des ersten Lebensjahres stirbt die Hälfte davon wieder ab. Mit 5 Jahren sind bereits 95% der Masse des erwachsenen Gehirns erreicht. Kurz vor der Pubertät gibt es einen, allerdings weit bescheideneren, Wachstumsschub mancher Gehirnregionen, die im Zuge des Erwachsenwerdens aber wieder schrumpfen. Die feinere Ausgestaltung des Gehirns beruht auf der abbauenden Tätigkeit der seelisch-geistigen [[Wesensglieder]], also des [[Astralleib]]s und des [[Ich]].
 
Zu Beginn ist es noch nicht unser Eigendenken, welches das Gehirn bildet, sondern das Weltendenken, das durch den noch in eine umfangreiche [[astral]]e Mutterhülle eingebetteten Astralleib vermittelt wird, oder anders gesagt, die in den Naturprozessen waltende [[Intelligenz]]. Vieles davon wird durch [[Sinne]]sreize aufgenommen. Das kleine Kind ist bis zum 7. Lebensjahr ein umfassendes Wahrnehmungsorgan, das sich durch Nachahmung bis in die Körperbildung hinein gestaltet - und das gilt insbesondere auch für das Gehirn. Die in der Natur waltende Intelligenz drückt sich darin aus, wie die Sinnesreize gesetzmäßig zusammenhängen. Nur wird uns das meisten davon niemals bewusst. Hier beginnt die große Bedeutung der [[Goetheanismus|Goetheanistischen Naturwissenschaft]], die eben diesen gesetzmäßigen Zusammenhang der Sinnesqualitäten bewusst zu machen sucht.
 
Wäre das physische Gehirn ganz auf sich selbst angewiesen, könnte der Mensch nur das denken, was sich auf die ''inneren'' Bedürfnisse seines [[Leib]]es bezieht. Zu einem weltoffenen Erkenntnisorgan wird es erst dadurch, dass es durch die Ätherströme belebt wird, die infolge der [[Ätherisation des Blutes]] beständig vom [[Herz]]en nach oben strömen.
 
== Das Gehirn als Abbild des Makrokosmos ==
Das menschliche Gehirn ist aus geisteswissenschaftlicher Sicht ein [[Mikrokosmos|mikrokosmisches]] Abbild des [[Makrokosmos|makrokosmischen]] Sternenhimmels außerhalb unseres [[Sonnensystem]]s:
 
<div style="margin-left:20px">
"Das Gehirn des Menschen hat unmittelbar sehr wenig zu tun mit dem, was Sonnenwirkungen auf der Erde sind. Unmittelbar, sage ich. Mittelbar als Wahrnehmungsorgan sehr wohl, indem es zum Beispiel das äußere Licht, die Farben wahrnimmt; aber das ist eben Wahrnehmung. Aber unmittelbar in seinem Bau, in seiner inneren Beweglichkeit, in seinem ganzen Innenleben hat das Gehirn wenig, kaum irgend etwas mit den Sonnenwirkungen auf die Erde zu tun; es hat zu tun viel mehr mit all dem, was auf unsere Erde einstrahlt von dem, was außerhalb unseres Sonnensystems ist; dieses Gehirn hat zu tun mit den kosmischen Verhältnissen des ganzen Sternenhimmels, aber nicht mit den engeren Verhältnissen unseres Sonnensystems. In einer engeren Beziehung steht allerdings das, was wir als Gehirnsubstanz zu bezeichnen haben, mit dem Mond, aber nur insoweit der Mond nicht von der Sonne abhängig ist, insofern er seine Unabhängigkeit von der Sonne bewahrt hat. So daß also das, was in unserem Gehirn vorgeht, Wirkungen entspricht, die außerhalb derjenigen Kräfte liegen, die in unserem Herzen ihr menschliches mikrokosmisches Abbild finden. Sonne lebt im menschlichen Herzen; was außerhalb der Sonne im Kosmos vorhanden ist, lebt im menschlichen Gehirn...
 
Das Gehirn hängt mit dem, was die Sonne auf der Erde bewirkt, nur durch die äußere Wahrnehmung zusammen. Die wird aber gerade in der anthroposophischen Entwicklung überwunden. Die anthroposophische Entwicklung überwindet die äußere Sinneswelt. Daher wird das Gehirn zu einem Innenleben entfesselt, das so kosmisch ist, daß selbst die Sonne etwas viel zu Spezielles ist, als daß sich da drinnen etwas von Sonnenwirkung abspielen würde. Wenn der Mensch in der Meditation hingegeben ist irgendwelchen Imaginationen, so spielen sich in seinem Gehirn Prozesse ab, die gar nichts zu tun haben mit dem Sonnensystem, sondern die Prozessen außerhalb unseres Sonnensystems entsprechen...
 
Die Dinge, die ich hier ausspreche ..., hängen ja zusammen mit einer Bemerkung, die ich einmal in Kopenhagen gemacht habe und die dann eingegangen ist in mein Buch «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit». Sie können daraus entnehmen, daß in einer gewissen Beziehung sogar die Struktur des Gehirns eine Art Spiegelbild der Stellung der Himmelskörper ist, die bei der menschlichen Geburt vorhanden ist für denjenigen Punkt auf der Erde, an dem der Mensch geboren wird." {{Lit|{{G|145|39ff}}}}
</div>
 
== Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken ==
Das Gehirn bringt also die Gedanken nicht hervor, aber es dient als Spiegelungsapparat für unser Denken, um uns dieses in Form abstrakter Gedanken bewusst zu machen:
 
<div style="margin-left:20px">
"Der materialistische Erkenntnistraum unserer Zeit, die philosophische Phantastik unserer Zeit glauben, daß Erkenntnis dadurch zustande kommt, daß eine Gehirnarbeit verrichtet wird. Gewiß wird bei der Erkenntnis eine Gehirnarbeit verrichtet, aber wenn wir ins Auge fassen, daß zunächst die Hauptsache bei der Erkenntnis die innere Arbeit der Seele im Vorstellungsleben ist, dann müssen wir die Frage aufwerfen: Hat dieses Vorstellungsleben in seinem Inhalte, wohlgemerkt ich sage Inhalt, irgend etwas zu tun mit der Arbeit, die im Gehirn verrichtet wird? Das Gehirn ist ein Teil des physischen Leibes, und alles das, was Vorstellungsleben seinem Inhalte nach ist, was unsere, die Erkenntnis herbeiführende Vorstellungsarbeit der Seele ist, alles das geht nicht bis zum physischen Leib, alles das vollzieht sich in den drei höheren Gliedern der menschlichen Wesenheit, von dem Ich durch den Astralleib zum Ätherleib herunter. Und Sie werden in allen Elementen des Vorstellungslebens dem Inhalte nach nichts darin finden, was irgendwie im äußeren physischen Gehirn vor sich gehen würde. Wenn wir also bloß von dem Vorstellungsinhalt, von der Vorstellungsarbeit sprechen, so müssen wir diese lediglich in die drei höheren übersinnlichen Glieder der menschlichen Wesenheit verlegen, und dann können wir uns fragen: Was hat denn nun das Gehirn mit dem zu tun, was da übersinnlich sich abspielt in der menschlichen Wesenheit? - Die triviale Wahrheit gibt es allerdings, auf die sich die heutigen Philosophen und Psychologen berufen, daß, während wir erkennen, Vorgänge im Gehirn stattfinden. Gewiß, diese triviale Wahrheit ist richtig, kann und soll gar nicht abgeleugnet werden. Aber von der Vorstellung selbst lebt nichts im Gehirn. Welche Bedeutung hat das Gehirn, hat überhaupt die äußere leibliche Organisation für die Erkenntnis, sagen wir zunächst nur für das Vorstellungsleben?


Da ich eben kurz sein muß, so kann ich sie nur durch ein Bild andeuten. Gerade dieselbe Bedeutung hat die Arbeit des Gehirns zu dem, was eigentlich vorgeht in unserer Seele, wenn wir vorstellen, denken, wie der Spiegel für den Menschen, der sich darin sieht. Wenn Sie mit Ihrer Persönlichkeit durch den Raum gehen, da sehen Sie sich nicht zunächst. Wenn Sie einem Spiegel entgegengehen, da sehen Sie das, was Sie sind, wie Sie aussehen. Derjenige, der nun behaupten wollte, das Gehirn denke, es ginge die Vorstellungsarbeit im Gehirn vor sich, der redet gerade so gescheit wie der, der einem Spiegel entgegengeht und sagt: Ich, ich bin nicht da, wo ich gehe; das bin nicht ich; ich muß einmal da hereingreifen - in den Spiegel -, da drinnen stecke ich. - Da würde er sich bald davon überzeugen, daß er im Spiegel gar nicht darin steckt, daß der Spiegel allerdings der Veranlasser ist, daß das, was außerhalb des Spiegels ist, sich sieht. Und so ist es überhaupt mit aller physischen Leibesorganisation. Das was da durch die Arbeit des Gehirns erscheint, das ist innere übersinnliche Tätigkeit der drei höheren Glieder der menschlichen Organisation. Daß diese für den Menschen selber erscheinen kann, dazu ist der Spiegel des Gehirns notwendig, so daß wir das, was wir übersinnlich sind, wahrnehmen durch den Spiegel des Gehirns. Und es ist lediglich eine Folge der gegenwärtigen menschlichen Organisation, daß das so sein muß. Der Mensch würde seine Gedanken zwar denken, aber er könnte nichts wissen von ihnen als gegenwärtiger Erdenmensch, wenn er nicht den spiegelnden Leibesorganismus, zunächst das Gehirn hätte. Aber alles das, was die modernen Physiologen und zum Teil die Psychologen tun, um das Denken zu erkennen, ist eben gerade so gescheit, als wenn ein Mensch im Spiegel darin seiner Wirklichkeit nach sich suchen würde. Das alles, was ich Ihnen hier mit ein paar Worten gesagt habe, das kann man heute auch schon vollständig erkenntnistheoretisch begründen, kann es streng wissenschaftlich aufbauen. Eine andere Frage ist diejenige, ob man natürlich mit einer solchen Sache irgendwie verstanden werden kann. Die Erfahrungen sprechen heute noch dagegen. Man kann diese Dinge heute in einer noch so strengen Weise auch Philosophen auseinandersetzen, sie werden kein Sterbenswörtchen davon verstehen, weil sie auf diese Dinge eben nicht eingehen wollen, ich sage ausdrücklich wollen. Denn es ist heute noch in der äußeren exoterischen Welt gar kein Wille vorhanden, auf die ernsthaftesten Fragen des menschlichen Erkenntnisvermögens wirklich einzugehen.
== Einzelnachweise ==


[[Bild:Denken.gif|thumb|Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken]]
<references />
Wollen wir in einer richtigen Weise uns ein schematisches Bild von dem menschlichen Erkenntnisprozesse machen, so müssen wir sagen — nehmen wir das als das Schema der äußeren physischen menschlichen Leibesorganisation —: In alledem, was äußere physische Leibesorganisation ist, geht gar nichts vor von dem, was Denken, was Erkennen ist, sondern das geht in dem anschließenden Ätherleib, Astralleib und so weiter vor. Da drinnen sitzen die Gedanken, die ich hier schematisch mit diesen Kreisen anzeichne. Und diese Gedanken gehen nicht etwa in das Gehirn hinein — das zu denken wäre ein völliger Unsinn —, sondern sie werden gespiegelt durch die Tätigkeit des Gehirns und wiederum zurückgeworfen in den Ätherleib, Astralleib und das Ich, und die Spiegelbilder, die wir selbst erst erzeugen und die uns sichtbar werden durch das Gehirn, die sehen wir, wenn wir als Erdenmenschen gewahr werden, was wir eigentlich treiben in unserem Seelenleben. Da drinnen im Gehirn ist gar nichts von einem Gedanken. So wenig ist im Gehirn etwas von einem Gedanken, wie hinter dem Spiegel etwas von Ihnen ist, wenn Sie sich darin sehen. Aber das Gehirn ist ein sehr komplizierter Spiegel. Der Spiegel, in dem wir uns da draußen sehen, ist einfach, das Gehirn aber ist ein ungeheuer komplizierter Spiegel, und es muß eine komplizierte Tätigkeit stattfinden, damit das Gehirn das Werkzeug werden kann, um nicht unsere Gedanken zu erzeugen, sondern sie zurückzuspiegeln. Mit anderen Worten, bevor überhaupt von einem Erdenmenschen ein Gedanke zustande kommen konnte, mußte eine Vorbereitung geschehen. Und wir wissen, daß dies geschehen ist durch die alte Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit (-> [[Planetarische Weltentwicklungsstufen]]) und daß schließlich der heutige physische Leib, also auch das Gehirn, ein Ergebnis der Arbeit vieler geistigen Hierarchien ist. So daß wir sagen können: Mit dem Beginne der Erdenentwickelung war der Mensch auf der Erde so gestaltet, daß er sein physisches Gehirn ausbilden konnte, daß es werden konnte der spiegelnde Apparat für das, was der Mensch eigentlich ist und was erst in der Umgebung dieser physischen Leibesorganisation vorhanden ist." {{Lit|GA 129, S 139ff}}
</div>
== Das Gehirn als durch Elementarwesen bewirktes metamorphosiertes Ausscheidungsprodukt ==
"Das Gehirn ist durchaus höhere Metamorphose der Ausscheidungsprodukte. Daher der Zusammenhang der Gehirnkrankheiten mit den Darmkrankheiten; daher auch der Zusammenhang der Heilung der Gehirnkrankheiten und der Darmkrankheiten.
 
Sehen Sie, indem nun Gnomen und Undinen da sind, überhaupt eine Welt da ist, wo Gnomen und Undinen leben können, sind die Kräfte vorhanden, welche gewiß vom unteren Menschen aus Parasiten bewirken können, die aber zu gleicher Zeit die Veranlassung sind, im oberen Menschen die Ausscheidungsprodukte ins Gehirn umzumetamorphosieren. Wir könnten gar nicht ein Gehirn haben, wenn die Welt nicht so eingerichtet wäre, daß es Gnomen und Undinen geben kann. Das, was für Gnomen und Undinen in bezug auf die Zerstörungskräfte gilt - Zerstörung, Abbau geht ja dann wiederum vom Gehirn aus -, das gilt für Sylphen- und Feuerwesen in bezug auf die Aufbaukräfte." (Lit.: GA 230, 8.Vortrag) (ausführlicher siehe Artikel [[Gnome]])
== Literatur ==
#Johannes W. Rohen: ''Funktionelle Neuroanatomie: Lehrbuch und Atlas'', Schattauer, F.K. Verlag 2001, ISBN 978-3794521289
#Rudolf Steiner: ''Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit'', [[GA 15]] (1911) {{Schriften|015}}
#Rudolf Steiner: ''Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins'', [[GA 60]] (1983), ISBN 3-7274-0600-3 {{Vorträge|060}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988) {{Vorträge|107}}
#Rudolf Steiner: ''Okkulte Geschichte'', [[GA 126]] (1992), ISBN 3-7274-1261-5 {{Vorträge|126}}
#Rudolf Steiner: ''Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen'', [[GA 129]] (1977), Siebenter Vortrag, München, 24. August 1911 {{Vorträge|129}}
#Rudolf Steiner: ''Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen und sein Selbst?'', [[GA 145]] (1986), Zweiter Vortrag, Den Haag, 21. März 1913 {{Vorträge|145}}
#Rudolf Steiner: ''Die Verantwortung des Menschen für die Weltentwickelung durch seinen geistigen Zusammenhang mit dem Erdplaneten und der Sternenwelt'', [[GA 203]] (1989), ISBN 3-7274-2030-8 {{Vorträge|203}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaft und Medizin'', [[GA 312]] (1999), ISBN 3-7274-3120-2 {{Vorträge|312}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der Physik, I'', [[GA 320]] (2000), ISBN 3-7274-3200-4 {{Vorträge|320}}
 
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Version vom 6. November 2018, 08:35 Uhr

Querschnitt des Rückenmarks mit der einfachen monosynaptischen Verschaltung einer afferenten und einer efferenten Nervenfaser.
Blockschaltbild eines einfachen Standardregelkreises, bestehend aus der Regelstrecke, dem Regler und einer negativen Rückkopplung der Regelgröße y (auch Istwert). Die Regelgröße y wird mit der Führungsgröße (Sollwert) w verglichen. Die Regeldifferenz e = wy wird dem Regler zugeführt, der daraus entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine Stellgröße u bildet. Die Störgröße d wirkt meistens auf den Ausgang der Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke Einfluss nehmen.

Der Reflexbogen ist ein grundlegendes funktionales Element des gesamten Nervensystems und beruht auf der Verkopplung afferenter und efferenter Neuronen mittels entsprechender Synapsen. Diese funktionale Verschaltung der miteinander verkoppelten Neuronen wird auch als neuronaler Erregungskreis oder neuronaler Schaltkreis bezeichnet.

Im einfachsten Fall handelt es dabei um einen monosynaptischen Reflexbogen wie er im Rückenmark anzutreffen ist und die funktionelle Basis einfacher Reflexe bildet. Hier sind die beiden Nervenfasern über eine einzige Synapse im Vorderhorn des Rückenmarks miteinander verbunden. Weil hier die beiden Nervenfasern unmittelbar im gleichen Organ liegen, werden diese einfachen Reflexe auch Eigenreflexe genannt.

Bei polysynaptische Reflexbögen sind oft eine ganze Reihe von Neuronen auf wesentlich komplexere Weise miteinander verschaltet, wobei die afferenten und efferenten Fasern räumlich oft weit auseinander liegen können, weshalb man hier von Fremdreflexen spricht.

In den Neurowissenschaften wird die Funktion des Reflexbogens in Analogie zu einem technischen Regelkreis gedacht, womit aber eine Wirkung des Geistes und der Seele des Menschen nicht mehr denkmöglich erscheint.

Rudolf Steiner hat daher ein völlig anderes Bild gezeichnet, ohne deswegen in den von den Neurowissenschaftler zurecht mehrheitlich abgelehnten cartesianischen Dualismus zu verfallen. Descartesres cogitans“ ist nicht das wirkliche Ich des Menschen, sondern nur dessen flüchtiges, am Gehirn reflektiertes mentales Spiegelbild, dem keine eigenständige Realität zukommt und daher auch nicht in den Organismus eingreifen kann - weder über die Epiphyse, wie Descartes meinte, noch sonst wie.

Rudolf Steiners aus geistiger Erfahrung geschöpfte Darstellung steht gleichermaßen im Widerspruch zu Descartes als auch zur zeitgenössischen Neurowissenschaft. Steiner war sich dieses Widerspruchs ganz bewusst. Unermüdlich hat er darauf hingewiesen, dass die bis heute unverrückbar Unterscheidung motorischer und sensorischer Nerven, die ihren Ursprung schon bei den allerersten Anatomen der griechischen Antike hat, völlig unsinnig ist und auch anatomisch nicht zu rechtfertigen sei. Die Muskelbewegungen würden keinesfalls durch sog. „motorische“ Nerven ausgelöst oder gar gesteuert, sondern vielmehr dadurch, dass das wirkliche Ich und der Astralleib im Willensakt von außen - d.h. aus der geistigen Außenwelt - unmittelbar in den Stoffwechsel eingreifen. Die sog. „motorischen“ Nerven dienen nur der Wahrnehmung des Muskelsystems und der resultierenden Bewegungen. Ohne diese Wahrnehmung könne die Bewegung nicht stattfinden. Die Körperbewegung ist in diesem Sinn kein rein innerlich bewirktes Körpergeschehen, sondern ein Weltgeschehen, durch das sich unser Karma verwirklicht und an dem höchsten geistigen Hierarchien beteiligt sind.

„Ich will ganz absehen davon, daß ja schließlich die sensitiven von den motorischen Nerven anatomisch fast gar nicht zu unterscheiden sind; die einen sind höchstens etwas dicker als die anderen; aber in bezug auf die Struktur ist wirklich ein wesentlicher Unterschied nicht vorhanden. Was anthroposophische Forschung in dieser Beziehung lehrt - ich kann das nur andeuten, nur Ergebnisse mitteilen, ich müßte sonst anthroposophische Physiologie vortragen - , das ist dieses, daß die Nerven durchaus einheitliche Organe sind, daß es ein Unding ist, von zweierlei Nerven, von sensitiven und motorischen Nerven zu sprechen. Da im Seelischen das Willensmäßige und Empfindungsmäßige überall durchgebildet ist, stelle ich es jedem frei, motorisch oder sensitiv zu sagen, aber er muß einheitlich werten, denn sie sind absolut einheitlich, es gibt keinen Unterschied. Der Unterschied liegt nämlich nur in der Richtung der Funktion. Wenn der sensitive Nerv nach dem Auge hingeht, so öffnet er sich den Eindrücken des Lichtes, und es wirkt wiederum dasjenige, was an der Peripherie des Menschen liegt, auf einen anderen Nerv, den die heutige Physiologie als einen motorischen Nerv anspricht. Wenn er nun vom Gehirn ausgeht nach dem übrigen Organismus, so ist dieser Nerv dazu da, daß er dasjenige wahrnimmt, was bei einer Bewegung vorgeht. Eine richtige Behandlung der Tabes gibt schon auch durchaus Bestätigung dieses Resultates. Der Nerv also, der motorischer Nerv genannt ist, der ist dazu da, um die Bewegungsimpulse, das, was da während der Bewegung vorgeht, wahrzunehmen, nicht um der Bewegung den Impuls zu geben. Nerven sind überall die Vermittlungsorgane für die Wahrnehmungen, die sensitiven Nerven für die Wahrnehmungen nach außen, die sogenannten motorischen Nerven, die auch sensitive Nerven sind, für die Wahrnehmungen nach innen. Es gibt nur einen Nerv. Und nur eine materialistische Wissenschaftsgesinnung hat diese Telegraphengeschichte als Analogon erfunden.

Diese materialistische Wissenschaftsgesinnung glaubt nämlich, ebenso wie sie für die Sensation, für die Empfindung, für die Wahrnehmung der Vermittelung der Nerven bedarf, bedürfe sie auch der Vermittelung des Nervs für die Willensimpulse. Das ist aber nicht der Fall. Der Willensimpuls geht von dem Geistig-Seelischen aus. Da beginnt er, und er wirkt im Leibe, unmittelbar, nicht auf dem Umweg des Nervs, unmittelbar auf das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem. Und der Nerv, der in das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem hineingeht, vermittelt nur die Wahrnehmung desjenigen, was das Geistig-Seelische an dem ganzen Menschen in bezug auf sein Gliedmaßen-Stoffwechselsystem tut. Wir nehmen dasjenige wahr, was eine Folge ist seelisch-geistiger Willensprozesse in der Blutzirkulation, im übrigen Stoffwechsel und auch in der mechanischen Bewegung der Glieder; wir nehmen das wahr. Die sogenannten motorischen Nerven sind keine motorischen Nerven, die sind bloß dasjenige, was die Äußerungen, den Impuls des Willens wahrnimmt. Ehe man diesen Zusammenhang nicht einsehen wird, eher wird man nicht zu einer durchsichtigen Menschenerkenntnis kommen. Wenn Sie aber diesen Zusammenhang voll einsehen, dann werden Sie es auch begreiflich finden, daß ich nun eben ein Paradoxon, eine Ketzerei vor Sie hinstellen muß: denn dann wirkt das Geistig-Seelische ja eben auf den ganzen übrigen Menschen.“ (Lit.:GA 303, S. 208f)

Rudolf Steiner: Der dreigliedrige Mensch, Pastell auf Transparentpapier, 12. Juni 1923

Laut Rudolf Steiner lässt sich das Seelenleben des Menschen nicht auf die Tätigkeit des Nervensystems reduzieren, vielmehr sei der ganze dreigliedrige Organismus des Menschen daran beteiligt. In etwas abgewandelter Form gilt das auch für die Tiere. Nur die Sinneswahrnehmung und die Vorstellungstätigkeit bedient sich unmittelbar des Nerven-Sinnessystems. Das Fühlen wirkt unmittelbar im rhythmischen System und das Wollen - und damit auch die Körperbewegung - gründet sich auf das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Letztere werfen nur mittelbar durch das Nervensystem ihren Schatten in das Bewusstsein. Denken bzw. Vorstellen, Fühlen und Wollen haben dadurch ganz unterschiedliche Bewusstseinsgrade. Nur im Denken sind wir voll wach, im Fühlen träumen wir und die eigentliche Willenstätigkeit verschlafen wir praktisch völlig.

„Das Nerven- und Sinnessystem, wie es im Kopfe zentralisiert ist, ist im menschlichen Organismus ein eigenes, für sich bestehendes, selbständiges Glied. Was als Lungen- und Herzsystem, als Zirkulationssystem vorliegt, ist wiederum ein für sich bestehendes, selbständiges Glied. Ebenso das Stoffwechselsystem. Das Genauere können Sie in meinem Buch «Von Seelenrätseln» nachlesen. Das ist das Charakteristische im menschlichen Organismus, daß seine Systeme gerade dadurch ihre rechte Entfaltung und Wirksamkeit entfalten, daß sie nicht zentralisiert sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen und frei zusammenwirken. Kann man heute nicht einmal in dieser umfassenden, eindringlichen Weise den menschlichen Organismus begreifen, so kann man mit der Wissenschaft, die noch nicht reformiert ist, die aber in geisteswissenschaftlichem Sinne reformiert werden muß, den sozialen Organismus erst recht nicht verstehen. Man glaubt heute, der menschliche Organismus ist etwas Zentralisiertes, während er eine Dreigliedrigkeit ist.“ (Lit.:GA 328, S. 21)

Die gestaltende Grundform des Nervensystems, insbesondere des Reflexbogens, die überhaupt auch die Gestaltung des ganzen Organismus bestimmt (→ Nervensystem und Gestaltbildung), ist die Lemniskate.

„... ich rate Ihnen, versuchen Sie einmal - wie gesagt, hier sollen ja zunächst nur Anregungen gegeben werden, und es sollte durchaus sehr emsig wissenschaftlich nach dieser Richtung gearbeitet werden -, versuchen Sie einmal, Untersuchungen darüber anzustellen, welche Kurve entsteht, wenn Sie die mittlere Linie der linken Rippe zeichnen, über den Anschluß der Rippe hinausgehen in den Rückenwirbel, da sich drehen und wiederum zurückgehen (Fig. 11). Bringen Sie in Anschlag, daß der Wirbel eine wesentlich andere innere Struktur aufweist als die Rippen, und bringen Sie in Anschlag, daß das bedeutet, daß bei diesem Beschreiben der Linie Rippe-Wirbel-Rippe, natürlich nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, innere Wachstumsverhältnisse in Betracht kommen, dann werden Sie die Morphologie dieses ganzen Systems verstehen durch die Lemniskate, durch die Schleifenbildung. Sie werden, je mehr Sie hinaufgehen zur Kopforganisation, notwendig haben, starke Modifikationen dieser Lemniskate vorzunehmen. Es wird ein gewisser Punkt eintreten, wo Sie genötigt sind, dasjenige, was ja schon vorbereitet ist in der Bildung des Brustbeines, das Zusammengehen der beiden Bögen hier (Fig. 11),

Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)
Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)

sich eigentlich als verwandelt zu denken, aber Sie bekommen eine Metamorphose, eine Modifikation dieser Lemniskatenbüdung, wenn Sie zum Haupte hinaufgehen. Und Sie bekommen, wenn Sie gewissermaßen studieren die gesamte menschliche Figur in dem Gegensatz von Sinnes-Nervenorganisation und Stoffwechsel-Organisation, eine nach unten auseinandergehende und nach oben sich schließende Lemniskate. Sie bekommen auch Lemniskaten, nur sind die Lemniskaten eben sehr modifiziert, die eine Hälfte durch die eine Schleife ist außerordentlich klein, wenn Sie den Weg verfolgen, der genommen wird von Zentripetalnerven durch das Zentrum zum Ende der Zentrifugalnerven. Sie bekommen überall eingeschrieben, wenn Sie die Dinge sachgemäß verfolgen, gerade in die menschliche Natur in einer gewissen Weise diese Lemniskate.

Und wenn Sie dann beim Tiere die tierische Organisation im ausgesprochen horizontalen Rückgrat nehmen, so werden Sie finden, daß diese tierische Organisation sich von der menschlichen Organisation dadurch unterscheidet, daß diese Lemniskaten, diese nach unten offenen Lemniskaten oder auch etwas geschlossenen Lemniskaten, beim Tier wesentlich weniger Modifikationen aufweisen als beim Menschen, namentlich aber auch, daß die Ebenen dieser Lemniskaten beim Tier immer parallel sind, während sie beim Menschen schiefe Winkel miteinander einschließen.

Hier liegt ein ungeheures Arbeitsfeld, ein Arbeitsfeld, welches uns daraufhinweist, das morphologische Element immer weiter und weiter auszubauen.“ (Lit.:GA 323, S. 210ff)

Rudolf Steiner wies weiters darauf hin, dass die Unterberechung, welche die zentripetalen (afferenten) „sensorischen“ und die zentrifugalen (efferenten) „motorischen“ Nerven (an der Synapse) voneinander trennt, erst ermöglicht, dass sich das Geistige und Seelische in die Tätigkeit des Leibes einschalten kann. Die Unterbrechung bildet den Übergang vom physischen zum geistigen Erleben. Ohne sie wäre der Mensch tatsächlich ein bloß gehirn- bzw. nervengesteuerter Automat, wie viele Hirnforscher mittlerweile annehmen. So behauptet etwa der Neurophysiologe Wolf Singer: „Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen[1] und fordert entsprechende ethische und juristische Konsequenzen bezüglich der Schuldfähigkeit des Menschen. Aus ganz anderen als den von Singer genannten Gründen ist es tatsächlich nicht zielführend, von einer primären Willensfreiheit auszugehen. Da wir, wie oben ausgeführt, im Willen schlafen, uns des Willens also nicht bewusst sind, hat hier die Freiheit keine Grundlage. Die Freiheit beginnt erst, wie Rudolf Steiner bereits in seiner «Philosophie der Freiheit» ausgeführt hat, im reinen, willensdurchdrungenen Denken, in dem Denken, Fühlen und Wollen eine bewusste, vom Ich, d.h. vom wirklichen Geist des Menschen, durchkraftete Einheit bilden.

„Auf eine Vorstellung habe ich öfters hingewiesen, öffentlich nun auch in meinem Buch «Von Seelenrätseln»: Es ist eine gangbare naturwissenschaftliche Vorstellung heute, daß man im Nervensystem - bleiben wir zunächst beim Menschen, aber in ähnlicher Weise, nur in ähnlicher Weise ist das auch beim Tiere gültig -, daß man im Nervensystem unterscheidet zwischen sogenannten sensitiven Nerven, Sinnesnerven, Wahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Schematisch kann das nur so dargestellt werden, daß zum Beispiel irgendein Nerv, sagen wir ein Tastnerv, die Tastempfindung hineinträgt bis zum Zentralorgan, sagen wir bis zum Rückenmark (gelb), da mündet dasjenige, was da aus der Peripherie des Leibes geleitet wird, in einem Horn des Rückenmarks. Und dann geht von einem andern Horn, Vorderhorn, der sogenannte motorische Nerv aus, da wird wiederum weitergeleitet der Willensimpuls (siehe Zeichnung S. 12).

Zeichnung aus GA 179, S. 12
Zeichnung aus GA 179, S. 12

Beim Gehirn ist das nur komplizierter dargestellt, so etwa, wie wenn die Nerven eine Art Telegraphendrähte wären. Der Sinneseindruck, der Hauteindruck wird bis zum Zentralorgan geleitet, dort wird gewissermaßen der Befehl erteilt, daß eine Bewegung ausgeführt werden soll. Eine Fliege setzt sich irgendwo auf einen Körperteil, das macht einen Eindruck, das wird geleitet bis zum Zentralorgan; dort wird der Befehl gegeben, die Hand bis zu der Stirne zu erheben und die Fliege wird weggejagt. Es ist eine, schematisch angedeutet, sehr gangbare Vorstellung. Künftigen Zeiten wird diese Vorstellung außerordentlich komisch erscheinen, denn sie ist ja nur komisch für denjenigen, der die Tatsache durchschaut. Aber es ist eine Vorstellung, von der heute ein großer Teil der fachmännischen und fachmännischesten Wissenschaft beherrscht ist. Sie können das nächstbeste Elementarbuch, das Sie über solche Dinge unterrichtet, aufschlagen, und Sie werden finden, man habe zu unterscheiden zwischen Sinneswahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Und man wird besonders das urkomische Bild von den Telegraphenleitungen - wie der Eindruck bis zum Zentralorgan geleitet und dort der Befehl gegeben wird, daß die Bewegung entstehe - gerade in populären Werken heute noch immer sehr verbreitet finden können.

Die Wirklichkeit ist allerdings schwieriger zu durchschauen, als die an die primitivsten Vorstellungen erinnernden Vergleichsvorstellungen von den Telegraphendrähten. Die Wirklichkeit kann nur durchschaut werden, wenn sie eben mit Geisteswissenschaft durchschaut wird. Daß ein Willensimpuls erfolgt, hat mit einem solchen Vorgange, den man in kindischer Weise so ausdrückt, als ob da irgendwo in einem materiellen Zentralorgan ein Befehl erteilt würde, wirklich gar nichts zu tun. Die Nerven sind nur da, um einer einheitlichen Funktion zu dienen, sowohl diejenigen Nerven, die man heute sensitive Nerven nennt, wie auch diejenigen, die man motorische Nerven nennt. Und ob nun im Rückenmark oder im Gehirn der Nervenstrang durchbrochen ist, beides weist auf dasselbe hin; im Gehirn ist er nur in komplizierterer Weise durchbrochen.

Diese Durchbrechung ist nicht deshalb da, damit durch die eine Hälfte, wenn ich so sagen darf, von der Außenwelt etwas zum Zentralorgan geleitet wird und dann, nachdem sie vom Zentralorgan durch die andere Hälfte in einen Willen umgewandelt worden ist, weitergeleitet würde. Diese Unterbrechung ist aus einem ganz andern Grunde da. Daß unser Nervensystem so gebaut und in dieser regelmäßigen Weise durchbrochen ist, hat seinen Grund darin: An der Stelle, wo unsere Nerven durchbrochen sind, da liegt im Abbilde im Menschen - allerdings nur im körperlichen Abbilde einer komplizierten geistigen Wirklichkeit — die Grenze zwischen physischem und geistigem Erfahren, physischem und geistigem Erleben. Sie ist allerdings im Menschen auf eine merkwürdige Weise enthalten. Sie ist so enthalten, daß der Mensch mit der ihm zunächstliegenden physischen Welt in eine solche Beziehung tritt, daß mit dieser Beziehung der Teil des Nervenstranges, der bis zu jener Unterbrechung geht, etwas zu tun hat. Aber der Mensch muß auch als seelisches Wesen eine Beziehung haben zu seinem eigenen physischen Leib. Diese Beziehung, die er zu seinem eigenen physischen Leib hat, ist durch den andern Teil vermittelt. Wenn ich eine Hand bewege, dadurch veranlaßt, daß ein äußerer Sinneseindruck auf mich gemacht worden ist, dann liegt der Impuls, daß diese Hand bewegt wird, vereinigt von der Seele mit dem Sinneseindruck, schematisch dargestellt, schon bereits hier (siehe Zeichnung, a). Und dasjenige, was geleitet wird, wird auf den ganzen sensitiven Nerven und den sogenannten motorischen Nerven entlang geleitet von a bis zu b. Das ist nicht so, daß der Sinneseindruck erst bis zu c geht und dann von da aus einen Befehl gibt, damit b dazu veranlaßt werde - nein, wenn ein Willensimpuls stattfindet, lebt das Seelische schon befruchtet bei a und geht durch den ganzen unterbrochenen Nervenweg durch.

Es ist keine Rede davon, daß solche kindischen Vorstellungen, als ob die Seele da irgendwo säße zwischen den sensitiven und motorischen Nerven und wie ein Telegraphist die Eindrücke der Außenwelt empfangen und dann Befehle aussenden würde, es ist keine Rede davon, daß diese kindischen Vorstellungen irgendeiner auch wie immer gearteten Wirklichkeit entsprechen würden. Diese kindische Vorstellung, die wir immer hören, nimmt sich recht sonderbar komisch aus neben der Forderung, man soll ja in der Naturwissenschaft nicht anthropomorphistisch sein! Da fordern nun die Leute, man solle ja nicht anthropomorphistisch sein und merken nicht, wie anthropomorphistisch sie sind, wenn sie Worte gebrauchen wie: Ein Eindruck wird empfangen, ein Befehl wird ausgegeben und so weiter. - Sie reden darauf los, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, was sie alles für mythologische Wesen - wenn sie die Worte ernst nehmen würden - hineinträumen in den menschlichen Organismus.

Nun entsteht aber die Frage: Warum ist der Nervenstrang unterbrochen? — Er ist unterbrochen aus dem Grunde, weil wir, wenn er nicht unterbrochen wäre, nicht eingeschaltet wären in den ganzen Vorgang. Nur dadurch, daß gewissermaßen der Impuls an der Unterbrechungsstelle überspringt - der gleiche Impuls, wenn es ein Willensimpuls ist, geht schon von a aus -, dadurch sind wir selbst drinnen in der Welt, dadurch sind wir bei diesem Impuls dabei. Würde er einheitlich sein, würde hier nicht eine Unterbrechung sein, so wäre das ganze ein Naturvorgang, ohne daß wir dabei wären.

Stellen Sie sich denselben Vorgang, den Sie bei einer sogenannten Reflexbewegung haben, vor: Eine Fliege setzt sich Ihnen irgendwo hin, der ganze Vorgang kommt Ihnen gar nicht voll zum Bewußtsein, aber Sie wehren die Fliege ab. Dieser ganze Vorgang hat sein Analogen, sein ganz gerechtfertigtes Analogen auf physikalischem Gebiete. Insofern dieser Vorgang physikalische Erklärung herausfordert, muß diese Erklärung nur etwas komplizierter sein als ein anderer physikalischer Vorgang. Nehmen Sie an, Sie haben hier einen Kautschukball, Sie stoßen hinein, Sie deformieren den Kautschukball: das geht wieder heraus, richtet sich wieder her. Sie stoßen nochmals hinein; er stößt wieder heraus. Das ist der einfache physikalische Vorgang: eine Reflexbewegung.

Zeichnung aus GA 179, S. 15
Zeichnung aus GA 179, S. 15

Nur ist kein Wahrnehmungsorgan eingeschaltet, nichts Geistiges ist eingeschaltet. Schalten Sie hier etwas Geistiges ein (innerer Kreis) und unterbrechen Sie hier (Zentrum), dann fühlt sich die Kautschukkugel als ein Eigenwesen. Die Kautschukkugel müßte dann allerdings, um sowohl die Welt wie sich zu empfinden, ein Nervensystem einschalten. Aber das Nervensystem ist immer da, um die Welt in sich zu empfinden, niemals irgendwie da, um auf der einen Seite des Drahtes eine Sensation zu leiten und auf der andern Seite des Drahtes einen motorischen Impuls zu leiten.

Ich deute dieses an aus dem Grunde, weil dies, wenn es weiter verfolgt wird, auf einen der zahlreichen Punkte hinführt, wo Naturwissenschaft korrigiert werden muß, wenn sie zu Vorstellungen führen soll, die einigermaßen der Wirklichkeit gewachsen sind. Die Vorstellungen, die heute herrschen, sind eben weiter nichts als solche Vorstellungen, die den Impulsen der Geister der Finsternis dienen. Im Menschen selber ist die Grenze zwischen dem physischen Erleben und dem geistigen Erleben.

Dieses Stück des Nervs, das ich rot bezeichnet habe, dient im wesentlichen dazu, um uns hineinzustellen in die physische Welt, um uns Empfindung zu vermitteln innerhalb der physischen Welt. Das andere Stück des Nervs, das ich blau bezeichnet habe, dient im wesentlichen dazu, um uns selbst uns empfinden zu lassen als Leib. Und es ist kein wesentlicher Unterschied, ob wir eine Farbe außen bewußt erleben durch den Strang a-c, oder ob wir innerlich ein Organ oder eine Organlage oder dergleichen erleben durch den Strang d-b; das ist im wesentlichen dasselbe. Das eine Mal erleben wir ein Physisches, das nicht in uns zu sein scheint, das andere Mal erleben wir ein Physisches, das in uns ist, das heißt innerhalb unserer Haut. Dadurch aber sind wir eingeschaltet, daß wir bei einem Willensvorgang alles das erleben können, was nicht nur außen ist, sondern auch was innerlich an uns ist. Aber die Stärke der Wahrnehmung ist verschieden vermittelt durch den Strang a-c und durch den Strang d-b. Dasjenige, was eintritt, ist allerdings eine wesentliche Abschwächung der Intensität. Wenn wir eine Vorstellung mit einem Willensimpuls zusammen formen in a, so wird dieser Impuls von a aus weitergeleitet. Indem er von c auf d überspringt, schwächt sich das Ganze so ab für unser Bewußtsein, für unser bewußtes Erleben, daß wir das weitere, was wir nun in uns erleben, die Hebung der Hand und so weiter, nur mit der geringen Intensität des Bewußtseins erleben, die wir sonst auch im Schlafe haben. Wir sehen das Wollen erst wiederum, wenn die Hand sich bewegt, wenn wir wieder von einer andern Seite her eine Sensation haben.“ (Lit.:GA 179, S. 11ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Wolf Singer in: Christian Geyer (Hrsg.): Hirnforschung und Willensfreiheit, 2004, S. 30ff.