Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim und Reflexbogen: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim.png|thumb|Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim]]
[[Datei:Medulla spinalis - Querschnitt - German and Latin.svg|mini|500px|Querschnitt des Rückenmarks mit der einfachen [[Synapse|monosynaptischen]] Verschaltung einer [[afferent]]en und einer [[efferent]]en [[Nervenfaser]].]]
'''Heinrich''' (''Henricus'') '''Agrippa von Nettesheim''' (* [[Wikipedia:14. September|14. September]] [[Wikipedia:1486|1486]] in [[Wikipedia:Nettesheim|Nettesheim]] bei [[Wikipedia:Köln|Köln]]; † [[Wikipedia:18. Februar|18. Februar]] [[Wikipedia:1535|1535]] in [[Wikipedia:Grenoble|Grenoble]]) war ein deutscher [[Wikipedia:Universalgelehrter|Universalgelehrter]], [[Wikipedia:Theologe|Theologe]], [[Wikipedia:Jurist|Jurist]], [[Wikipedia:Arzt|Arzt]], und [[Wikipedia:Philosoph|Philosoph]].
[[Datei:Einfacher Regelkreis n.svg|mini|500px|Blockschaltbild eines einfachen [[Regelkreis|Standardregelkreises]], bestehend aus der '''Regelstrecke''', dem '''Regler''' und einer [[Negative Rückkopplung|negativen Rückkopplung]] der '''Regelgröße''' ''y'' (auch ''Istwert''). Die Regelgröße ''y'' wird mit der '''Führungsgröße''' (''Sollwert'') ''w'' verglichen. Die '''Regeldifferenz''' ''e'' = ''w'' – ''y'' wird dem Regler zugeführt, der daraus entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine '''Stellgröße''' ''u'' bildet. Die '''Störgröße''' ''d'' wirkt meistens auf den Ausgang der Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke Einfluss nehmen.]]


Er zählt in seiner  Auseinandersetzung mit [[Wikipedia:Magie|Magie]], [[Wikipedia:Kabbala|Kabbala]], [[Wikipedia:Astrologie|Astrologie]], [[Wikipedia:Naturphilosophie|Naturphilosophie]] und seinen Beiträgen zur Religion und [[Wikipedia:Religionsphilosophie|Religionsphilosophie]] zu den bedeutenden Gelehrten seiner Zeit. Die humanistische Gedankenwelt<ref>''http://www.uni-mannheim.de/users/dezernat1/fober/92/fakp62.html''</ref> Agrippas und auch seine Kritik an Wissenschaften, Staat und Kirche erinnert in mancher Hinsicht an  [[Wikipedia:Erasmus von Rotterdam|Erasmus von Rotterdam]]s. Agrippa gilt als [[Wikipedia:Neuplatoniker|Neuplatoniker]].
Der '''Reflexbogen''' ist ein grundlegendes funktionales Element des gesamten [[Nervensystem]]s und beruht auf der Verkopplung [[afferent]]er und [[efferent]]er [[Neuron]]en mittels entsprechender [[Synapse]]n. Diese funktionale Verschaltung der miteinander verkoppelten Neuronen wird auch als '''neuronaler Erregungskreis''' oder '''neuronaler Schaltkreis''' bezeichnet.  


== Leben ==
Im einfachsten Fall handelt es dabei um einen ''monosynaptischen Reflexbogen'' wie er im [[Rückenmark]] anzutreffen ist und die funktionelle Basis einfacher [[Reflex]]e bildet. Hier sind die beiden Nervenfasern über eine einzige Synapse im Vorderhorn des Rückenmarks miteinander verbunden. Weil hier die beiden Nervenfasern unmittelbar im gleichen Organ liegen, werden diese einfachen Reflexe auch '''Eigenreflexe''' genannt.
[[Bild:Nettesheim.png|thumb|Kupferstich 1533]]


Agrippa von Nettesheim wurde als Spross einer verarmten Kölner Adelsfamilie geboren, er hatte eine Schwester. Über Agrippas Kindheit und frühe Jugend ist nichts bekannt. Die III. [[Wikipedia:Matrikel|Matrikel]] der [[Wikipedia:Universität zu Köln|Universität zu Köln]] verzeichnet für den 22. Juli 1499 die [[Wikipedia:Immatrikulation|Immatrikulation]] des Henricus de Nettesheym, Sohn des gleichnamigen Vaters, der als Kölner Bürger möglicherweise in den Diensten des Hauses Österreich stand, an der [[Wikipedia:Fakultät (Hochschule)|Fakultät]] der Künste. Im IV. Dekanatsbuch der Artistenfakultät wurde Agrippa am 29. Mai 1500 für das [[Wikipedia:Baccalaureat|Baccalaureat]] zugelassen. Ein Eintrag vom 1. Juli 1500 verzeichnet den Beginn der [[Wikipedia:Determination|Determination]] und am 14. März 1502 die Zulassung zur [[Wikipedia:Lizentiat|Licentiatenprüfung]]. Über weitere universitäre Abschlüsse in Köln ist nichts bekannt. Der autodidaktische Studienplan Agrippas umfasste außer [[Wikipedia:Latein|Latein]], Astrologie, Theologie, Grundlagen des magischen Denkens, [[Wikipedia:Hermetik|hermetische]] Bücher, [[Wikipedia:orphische Hymnen|orphische Hymnen]], Kabbala, [[Wikipedia:Römisches Recht|Römisches Recht]], Medizin, [[Wikipedia:Mechanik|Mechanik]], [[Wikipedia:Optik|Optik]] und [[Wikipedia:Geometrie|Geometrie]]. 1502 oder 1503 wechselte er den Studienort und reiste nach Paris, von 1507 stammen auch die ältesten bekannten und erhaltenen Briefe. Daraus geht hervor, dass die später bekannten historischen Persönlichkeiten wie [[Wikipedia:Charles de Bouelles|Charles de Bouelles]], [[Wikipedia:Germain de Ganay|Germain de Ganay]], [[Wikipedia:Germain de Brie|Germain de Brie]], [[Wikipedia:Symphorien Champier|Symphorien Champier]] und [[Wikipedia:Jean Perréal|Jean Perréal]] mit Agrippa das Interesse am [[Wikipedia:Humanismus|Humanismus]] und das Experimentieren an [[Wikipedia:Alchemie|alchemistischen]] und mechanischen Versuchen teilten<ref>''http://plato.stanford.edu/entries/agrippa-nettesheim''</ref>. Die ersten umfangreichen alchemistischen Experimente wurden zu dieser Zeit durchgeführt, die reiche Bürger Agrippa wohlwollend finanzierten. Laut einigen Quellen allem Anschein nach entweder gegründet oder frequentiert hat Agrippa mit Gleichgesinnten im Jahr 1507 ein [[Wikipedia:Geheimbund|Solidacium]], das Ableger in England, Deutschland und Italien gehabt haben soll.
Bei ''polysynaptische Reflexbögen'' sind oft eine ganze Reihe von Neuronen auf wesentlich komplexere Weise miteinander verschaltet, wobei die afferenten und efferenten Fasern räumlich oft weit auseinander liegen können, weshalb man hier von '''Fremdreflexen''' spricht.


Im Jahre 1508 reiste er mit Freunden nach Spanien und heuerte etliche Söldner an, um nach einem Hilferuf seines Freundes, des Basken [[Wikipedia:Janotus|Janotus]], dessen Burg zurückzuerobern. Nach dem gelungenen Sieg wendete sich aber das Blatt, weil eine Überzahl an unzufriedenen Bauern die Burg umlagerte, die letzte Zuflucht in einem Turm bestand und das Aushungern drohte. Agrippa ließ einen Soldaten, dem er die Schreckensmale der Pest auf das Gesicht künstlich auftrug, unter die belagernden Bauern gehen, die in Panik vor einer Ansteckung das Weite suchten. Agrippa, seinen Freunden und den Söldnern gelang die Flucht. Nach Aufenthalten in [[Wikipedia:Lyon|Lyon]] und [[Wikipedia:Autun|Autun]] hielt der von Geldnot geplagte Agrippa im Frühjahr 1509 als [[Wikipedia:Dozent|Dozent]]<ref>''Theologische Realenzyklopädie, Band 2, Seite 191, ISBN 978-3-11-007379-9'' </ref> an der Universität im burgundischen [[Wikipedia:Dole|Dole]] Vorlesungen über [[Wikipedia:Johannes Reuchlin|Johannes Reuchlin]]s Werk ''De verbo mirificio''. Wohl wieder mit festem Einkommen gesichert, wurden seine Vorlesungen kostenlos angeboten, all diese für Agrippa guten Umstände sind dem Kanzler der Universität, [[Wikipedia:Erzbischof|Erzbischof]] von [[Wikipedia:Besançon|Besançon]] [[Wikipedia:Liste der Erzbischöfe von Besançon|Antoine I. de Vergy]] zu verdanken.
In den [[Neurowissenschaften]] wird die Funktion des Reflexbogens in [[Analogie]] zu einem technischen [[Regelkreis]] gedacht, womit aber eine Wirkung des [[Geist]]es und der [[Seele]] des [[Mensch]]en nicht mehr denkmöglich erscheint.  


Agrippas Vorlesungen lauschten auch Mitglieder des Parlaments und Hofstaates der Regentin [[Wikipedia:Margarete von Österreich (1480–1530)|Margarete von Österreich]], darunter [[Wikipedia:Jean Catilinet|Jean Catilinet]], [[Wikipedia:Provinzial|Provinzial]] der burgundischen [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]]<ref>http://www.diss.fu-berlin.de/2006/331/7_Agrippa.pdf</ref>, er verurteilt Agrippa während einer Vorlesung als einen „''[[Wikipedia:Häretiker|Häretiker]], der die verbotene kabbalistische Kunst unter die christlische Lehre mischen würde''“. Ein Jahr später schrieb Agrippa in England eine Streitschrift ''Ex postulatio contra Catilinetum'' gegen den Vorwurf von Jean Catilinet und ließ diese in Humanistenkreisen zirkulieren, was ihm dann auch die Ungunst vieler Franziskaner und Argwohn der Dominikaner bescherte. Noch in Dole schrieb Agrippa die Abfassung ''Declamatio de nobilitate et praecellentia foeminei sexus'', eine Lobrede für Gleichberechtigung, Themen sind u. a. historische Leistungen von Frauen, Erziehungskritik uvm. Eine These lautet „''Frauen seien unbestechlich, deshalb ist die Korupptionskultur in Kirche und Staat eine rein Männliche Domäne''“. Agrippa versuchte, sich durch diese Schrift die Gunst Margaretes von Österreich und damit auch eine akademische Festanstellung am Hofe zu sichern. Durch Jean Catilinet, der zugleich  Hofprediger war, wurde der Druck der Schrift und auch das ehrenvolle Amt am Hof verhindert. Mitte 1509 [[Wikipedia:Habilitation|habilitierte]] Agrippa mit erst 23 Jahren zum [[Wikipedia:Professor|Professor]] für Theologie<ref>''http://www.geocities.com/athens/agora/7850/''</ref> an der Universität in Dole.
[[Rudolf Steiner]] hat daher ein völlig anderes Bild gezeichnet, ohne deswegen in den von den Neurowissenschaftler zurecht mehrheitlich abgelehnten cartesianischen [[Dualismus]] zu verfallen. [[René Descartes|Descartes]] [[res cogitans]]“ ist nicht das wirkliche [[Ich]] des Menschen, sondern nur dessen flüchtiges, am [[Gehirn]] reflektiertes [[mental]]es Spiegelbild, dem keine eigenständige [[Realität]] zukommt und daher auch nicht in den [[Organismus]] eingreifen kann - weder über die [[Epiphyse]], wie Descartes meinte, noch sonst wie.


Ende 1509 zurück in Köln, nahm Agrippa Kontakt zu dem berühmten<ref>''http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/philo/galerie/neuzeit/trithe.htm''</ref> Gelehrten, [[Wikipedia:Hexentheoretiker|Hexentheoretiker]] und Abt [[Wikipedia:Johannes Trithemius|Johannes Trithemius]] des Benediktinerklosters zu [[Wikipedia:Sponheim|Sponheim]] auf, dem ein längerer Arbeitsbesuch seitens Agrippas folgte. Während dieser Zusammenkunft mit Johannes Trithemius und auf dessen Anregung hin verfasste Agrippa bis zum Frühjahr 1510 sein dreibändiges Hauptwerk mit dem Titel ''De Occulta Philosophia'' über die bis dahin bekannte Magie, eine erstmalige systematische Zusammenfassung durch Verifizierung und Klassifizierung dieses Wissens seiner Zeit. ''Dieses gelehrte Kompendium von riesenhaften Ausmaßen bildete die Grundlage für den frühen Ruhm und eilfertige Verleumdungen, obwohl auch dieses Werk erst Jahrzehnte später in einer gedruckten Fassung erschien.''“<!--sic-->
Rudolf Steiners aus geistiger Erfahrung geschöpfte Darstellung steht gleichermaßen im Widerspruch zu Descartes als auch zur zeitgenössischen Neurowissenschaft. Steiner war sich dieses Widerspruchs ganz bewusst. Unermüdlich hat er darauf hingewiesen, dass die bis heute unverrückbar Unterscheidung [[Motorische Nerven|motorischer]] und [[Sensorische Nerven|sensorischer Nerven]], die ihren Ursprung schon bei den allerersten Anatomen der griechischen [[Antike]] hat, völlig unsinnig ist und auch [[Anatomie|anatomisch]] nicht zu rechtfertigen sei. Die [[Muskel]]bewegungen würden keinesfalls durch sog. „motorische“ [[Nerven]] ausgelöst oder gar gesteuert, sondern vielmehr dadurch, dass das [[Wirkliches Ich|wirkliche Ich]] und der [[Astralleib]] im [[Wille]]nsakt ''von außen'' - d.h. aus der geistigen Außenwelt - ''unmittelbar'' in den [[Stoffwechsel]] eingreifen. Die sog. „motorischen“ Nerven dienen nur der [[Wahrnehmung]] des [[Muskelsystem]]s und der resultierenden [[Bewegung]]en. Ohne diese Wahrnehmung könne die Bewegung nicht stattfinden. Die [[Körperbewegung]] ist in diesem Sinn kein rein innerlich bewirktes Körpergeschehen, sondern ein Weltgeschehen, durch das sich unser [[Karma]] verwirklicht und an dem höchsten geistigen [[Hierarchien]] beteiligt sind.  


In diesem Jahreswechsel 1509/10 musste Agrippa, der sich auch für die [[Wikipedia:Mineralogie|Mineralogie]] interessierte, auch als Bergrat für die Stadt Köln tätig gewesen sein, was aus einer Bemerkung aus dem Werk ''De incertitudine et vanitate scientiarum'' hervorgeht. Kaiser [[Wikipedia:Maximilian I. (HRR)|Maximilians I.]] schickte 1510 viele Repräsentanten nach England, um direkt auf die kommende Politik von König [[Wikipedia:Heinrich VIII. (England)|Heinrich VIII.]] einzuwirken. Agrippa wurde vom Kaiser wegen seiner Sprachbegabtheit ausgewählt (acht Sprachen beherrschte er, sechs davon fließend) und mit geheimer Mission als [[Wikipedia:Spionage|Agent]] nach England geschickt. Hier besuchte Agrippa auch die Vorlesungen des Humanisten [[Wikipedia:John Colet|John Colet]] an der [[Wikipedia:Universität Oxford|Universität Oxford]] über die geheimnisvollen Besonderheiten des [[Wikipedia:Paulinismus|paulinischen]] Christentums. Einige Zeit verweilte Agrippa auf Einladung des Gelehrten John Colet in dessen Haus<ref>http://www.geocities.com/athens/agora/7850/</ref>. Zurück in Köln hielt er 1511 Vorlesungen an der Universität, im Stile einer quodlibetanischen („Was du willst“)-Meinung über Theologie. In dieser Zeit begann der Streit der Kölnern Dominikanern, darunter [[Wikipedia:Johannes Pfefferkorn|Johannes Pfefferkorn]] gegen den Gelehrten Johannes Reuchlin. Agrippa bezog zu diesem Streit auch Stellung und warf den Gegnern Johannes Reuchlins Ungelehrtheit vor. Dieser Streit, der noch jahrelang an vielen Universitäten von vielen wichtigen Gelehrten geführt wurde, reichte bis zu den späteren [[Wikipedia:Dunkelmännerbriefe|Dunkelmännerbriefe]]n.
{{GZ|Ich will ganz absehen davon, daß ja schließlich die sensitiven von
den motorischen Nerven anatomisch fast gar nicht zu unterscheiden
sind; die einen sind höchstens etwas dicker als die anderen; aber in
bezug auf die Struktur ist wirklich ein wesentlicher Unterschied nicht
vorhanden. Was anthroposophische Forschung in dieser Beziehung
lehrt - ich kann das nur andeuten, nur Ergebnisse mitteilen, ich müßte
sonst anthroposophische Physiologie vortragen - , das ist dieses, daß die
Nerven durchaus einheitliche Organe sind, daß es ein Unding ist, von
zweierlei Nerven, von sensitiven und motorischen Nerven zu sprechen.
Da im Seelischen das Willensmäßige und Empfindungsmäßige überall
durchgebildet ist, stelle ich es jedem frei, motorisch oder sensitiv zu
sagen, aber er muß einheitlich werten, denn sie sind absolut einheitlich,
es gibt keinen Unterschied. Der Unterschied liegt nämlich nur in
der Richtung der Funktion. Wenn der sensitive Nerv nach dem Auge
hingeht, so öffnet er sich den Eindrücken des Lichtes, und es wirkt
wiederum dasjenige, was an der Peripherie des Menschen liegt, auf
einen anderen Nerv, den die heutige Physiologie als einen motorischen
Nerv anspricht. Wenn er nun vom Gehirn ausgeht nach dem übrigen
Organismus, so ist dieser Nerv dazu da, daß er dasjenige wahrnimmt,
was bei einer Bewegung vorgeht. Eine richtige Behandlung der Tabes
gibt schon auch durchaus Bestätigung dieses Resultates.
Der Nerv also, der motorischer Nerv genannt ist, der ist dazu da,
um die Bewegungsimpulse, das, was da während der Bewegung vorgeht,
wahrzunehmen, nicht um der Bewegung den Impuls zu geben.
Nerven sind überall die Vermittlungsorgane für die Wahrnehmungen,
die sensitiven Nerven für die Wahrnehmungen nach außen, die sogenannten
motorischen Nerven, die auch sensitive Nerven sind, für die
Wahrnehmungen nach innen. Es gibt nur ''einen'' Nerv. Und nur eine
materialistische Wissenschaftsgesinnung hat diese Telegraphengeschichte
als Analogon erfunden.


Noch im selben Jahr reist er nach Italien, um nach eigenen Angaben in [[Wikipedia:Triest|Triest]] als Kaiserlicher Offizier eine schwer bewachte Kriegskasse durch das Land zu begleiten. Ende 1511 nahm er am [[Wikipedia:Konzil|Konzil]] zu [[Wikipedia:Pisa|Pisa]] teil, auf dem er nach eigenem Bekunden wie eine Vielzahl anderer Theologen unter dem [[Wikipedia:Pontifikat|Pontifikat]] Papst [[Wikipedia:Julius II.|Julius' II.]] [[Wikipedia:Exkommunikation|exkommuniziert]] wurde.<ref>http://www.geocities.com/athens/agora/7850/</ref> Wahrscheinlich war es eine ''excommunicatio ferendae sententiae'', also eine Exkommunikation auf Grund des öffentlichen [[Wikipedia:Disput|Disput]]s mit Vertretern der Katholischen Kirche.Anfang 1512 reiste er nach [[Wikipedia:Pavia|Pavia]] und hielt unter anderem Vorlesungen an der [[Wikipedia:Universität Pavia|Universität]] über den Philosophen [[Wikipedia:Platon|Platon]] und seine Schrift ''Convivium Phaedrus''<ref>http://www.geocities.com/athens/agora/7850/</ref>. Mitte 1512 kämpfte er als Offizier im Heer Kaiser Maximilians I. gegen die [[Wikipedia:Venezianer|Venezianer]] und wurde wegen Tapferkeit vor dem Feind noch auf dem Kampfplatz zum Ritter, [[Wikipedia:Ritter|Eques auratus]]<ref>''Institut für Grenzgebiete der Wissenschaft-Lexikon der Paranormologie-ISBN 978-3-85382-081-0'' </ref>, geschlagen. 1513 begleitete er in diplomatischen Missionen unterwegs auch als Theologe den Kardinal von [[Wikipedia:Santa Croce|Santa Croce]] zum Konzil in Pisa, bei dem Giovanni de' Medici zum Papst [[Wikipedia:Leo X.|Leo X.]] gewählt wurde. Nach der Wahl Papst Leos X. wurde Agrippas Exkommunikation durch eine [[Wikipedia:Rekonziliation|Rekonziliation]] aufgehoben. Agrippa, der seine Streitigkeiten mit Gelehrten und Vertretern der Kirche auf dem Konzil versuchte zu bereinigen, nützte auch ein Brief mit Belobigung vom neuen Papst nicht viel, um die Wogen zu glätten. 1514 vertiefte Agrippa sein Wissen und wanderte durch Italien. Im Jahr 1515 hielt er in Pavia Vorlesungen über [[Wikipedia:Hermes Trismegistos|Hermes Trismegistos]] und die ihm zugeschriebenen Zauber und Offenbarungsbücher, im Wesentlichen die hermetischen Schriften ''[[Wikipedia:Picatrix|Picatrix]]'' und ''Pimander'' aus dem [[Wikipedia:Corpus Hermeticum|Corpus Hermeticum]]. 1515 verheiratete sich Agrippa mit einer Frau in Pavia, Name und Herkunft seiner Gemahlin sind unbekannt.
Diese materialistische Wissenschaftsgesinnung glaubt nämlich, ebenso
wie sie für die Sensation, für die Empfindung, für die Wahrnehmung
der Vermittelung der Nerven bedarf, bedürfe sie auch der Vermittelung
des Nervs für die Willensimpulse. Das ist aber nicht der Fall.
Der Willensimpuls geht von dem Geistig-Seelischen aus. Da beginnt
er, und er wirkt im Leibe, unmittelbar, nicht auf dem Umweg des
Nervs, unmittelbar auf das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem. Und der
Nerv, der in das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem hineingeht, vermittelt
nur die Wahrnehmung desjenigen, was das Geistig-Seelische an dem
ganzen Menschen in bezug auf sein Gliedmaßen-Stoffwechselsystem
tut. Wir nehmen dasjenige wahr, was eine Folge ist seelisch-geistiger
Willensprozesse in der Blutzirkulation, im übrigen Stoffwechsel und
auch in der mechanischen Bewegung der Glieder; wir nehmen das wahr.
Die sogenannten motorischen Nerven sind keine motorischen Nerven,
die sind bloß dasjenige, was die Äußerungen, den Impuls des Willens
wahrnimmt. Ehe man diesen Zusammenhang nicht einsehen wird, eher
wird man nicht zu einer durchsichtigen Menschenerkenntnis kommen.
Wenn Sie aber diesen Zusammenhang voll einsehen, dann werden Sie
es auch begreiflich finden, daß ich nun eben ein Paradoxon, eine Ketzerei
vor Sie hinstellen muß: denn dann wirkt das Geistig-Seelische ja
eben auf den ganzen übrigen Menschen.|303|208f}}


Agrippa von Nettesheim [[Wikipedia:Promotion (Doktor)|promovierte]] auch zum [[Wikipedia:Mediziner|Doctor medicinae]] und zum [[Wikipedia:Rechtswissenschaft|Doctor iuris utriusque]] an der Universität zu Pavia (die jetzigen Forschungsergebnisse lassen ein Für und Wider zu; dass er promovierte geht aus der Tatsache hervor, dass er von den jeweiligen Stadträten berufen wurde, und das in zumal sehr wichtigen und begehrten Anstellungen, wie [[Wikipedia:Syndikus|Syndikus]] in der Reichsstadt [[Wikipedia:Metz|Metz]], Stadtarzt von Freiburg und später Stadtphysicus und Direktor des Stadtkrankenhauses von Genf, die er wohl ohne akademische Titel nicht nur nicht bekommen hätte, sondern die bei der Anzahl seiner gelehrten Gegner auch nicht haltbar gewesen wären). Ende 1515 stand Pavia vor dem Fall der anrückenden französischen Armee, Agrippa verlor sein Hab und Gut und flüchtete mit seiner Frau Richtung [[Wikipedia:Piemont|Piemont]]. 1516 verfasste er das Traktat ''de triplici ratione cognoscendi Deum'', wohl auf dem Schloss seines Gönners Marquis de Montferrat. In Köln starb der Abt Trithemius, der mit 2.000 Büchern und Schriften<ref>''http://www.mgh-bibliothek.de/digilib/trithemius.htm''</ref> eine der umfangreichsten Bibliotheken besaß, und setzte Agrippa für einen Teil davon als Erben ein. 1517 wurde Agrippa Vater: Seine Frau brachte einen Sohn mit Namen Aymont auf die Welt. Nach Aufenthalten in verschiedenen Städten in Italien reiste Agrippa 1518 nach Köln. Er bekam das Angebot, als päpstlicher [[Wikipedia:Legat (Botschafter)|Legat]] in [[Wikipedia:Avignon|Avignon]] tätig zu werden, entschied sich aber für das Angebot als Stadtanwalt und Festredner der reichen Handelsstadt Metz.
[[Datei:Steiner Der dreigliedrige Mensch 1.jpg|mini|250px|[[Rudolf Steiner]]: ''Der dreigliedrige Mensch'', Pastell auf Transparentpapier, 12. Juni 1923]]
Im Februar 1518 in Metz mit Frau und Kind angekommen, ging er seiner Arbeit als Syndikus nach und schrieb auch das Traktat ''De originale peccato''. Er studierte die Schriften von [[Wikipedia:Jacques Lefèvre d’Étaples|Jacques Lefèvre d’Étaples]], den er auch in der Öffentlichkeit vor dem Klerus in Schutz nahm. Hier hatte Agrippa, der sich auch mit der [[Wikipedia:Reformation|Reformation]] auseinandersetzte, Bücher und Schriften von [[Wikipedia:Martin Luther|Martin Luther]], Erasmus von Rotterdam, Lefèvre d’Étaples und anderen erworben, um sie an seine gelehrten Freunde zu verteilen. Dass er das auf eigene Kosten machte setzte sich auch in Genf und Freiburg fort<ref>''http://plato.stanford.edu/entries/agrippa-nettesheim/''</ref>. 1519 starb sein Vater in Köln. In Metz wurde Agrippa von den Stadtoberen ausgewählt, eine wegen Hexerei angeklagte Frau vor dem [[Wikipedia:Inquisition|Inquisitor]] [[Wikipedia:Claudius Salini|Claudius Salini]] zu verteidigen. Man ging von einer Verurteilung aus, deswegen ließ man Agrippa freie Wahl bei seiner Verteidigung. In dem sich hinziehenden Prozess schaffte Agrippa es aber, den aus dem ''[[Wikipedia:Hexenhammer|Hexenhammer]] (Malleus Maleficarum)'' rezitierenden Inquisitor zu widerlegen, und die Frau wurde freigesprochen. Dadurch fiel Agrippa selbst bei Obrigkeit und Stadtherren in Metz in Ungnade. Öffentliche [[Wikipedia:Disput|Disput]]e mit dem Klerus und die Gerüchte der einfachen Bürger („Wer gegen die Inquisition gewinnt, kann nur ein Teufelsbündler sein.“) machten ihm das Leben in Metz immer schwerer. Überall in der Stadt wurden Gerüchte gestreut, wonach Agrippa selbst ein Schwarz- oder Teufelskünstler sei, der heimlich Zaubergeister beschwöre. „''Damit war der Grundstein für eine Legende gelegt, die Agrippa Zeit seines Lebens über das Grab hinaus verfolgen sollte.''“<!--sic-->
Laut Rudolf Steiner lässt sich das [[Seelenleben]] des [[Mensch]]en nicht auf die Tätigkeit des [[Nervensystem]]s reduzieren, vielmehr sei der ganze [[Dreigliederung des menschlichen Organismus|dreigliedrige Organismus]] des Menschen daran beteiligt. In etwas abgewandelter Form gilt das auch für die [[Tiere]]. Nur die [[Sinneswahrnehmung]] und die [[Vorstellung]]stätigkeit bedient sich unmittelbar des [[Nerven-Sinnessystem]]s. Das [[Fühlen]] wirkt unmittelbar im [[Rhythmisches System|rhythmischen System]] und das [[Wollen]] - und damit auch die [[Körperbewegung]] - gründet sich auf das [[Stoffwechsel-Gliedmaßensystem]]. Letztere werfen nur ''mittelbar'' durch das Nervensystem ihren Schatten in das [[Bewusstsein]]. [[Denken]] bzw. Vorstellen, Fühlen und Wollen haben dadurch ganz unterschiedliche Bewusstseinsgrade. Nur im Denken sind wir voll wach, im Fühlen [[Traum|träumen]] wir und die eigentliche Willenstätigkeit [[Schlaf|verschlafen]] wir praktisch völlig.


Am 25. Januar 1520 verließ er Metz und reiste nach Köln, dort schrieb er die Streitschrift ''De beatissime Annae monogamia''. Im Juli des Jahres traf er sich in Köln mit dem antiklerikalen Reichsritter und führenden Reformator [[Wikipedia:Ulrich von Hutten|Ulrich von Hutten]]. Agrippa wurde auch zu der Zeit der magische Teil der Bücher und Schriften aus dem Erbe von Trithemius ausgehändigt. 1521 reiste er nach Metz, um alte Freunde zu besuchen; zum Unglück verstarb seine Frau unerwartet bei diesem Aufenthalt. Agrippa reiste mit seinem 4-jährigen Sohn nach Genf weiter und arbeitete dort als Arzt. Ende 1521 heiratete Agrippa die 18-jährige Jana Luisa Tissie aus einer vornehmen Genfer Familie, die noch insgesamt 6 Kinder von ihm auf die Welt brachte. 1522 wurde Agrippa zum Direktor des Stadtkrankenhauses von Genf. 1523 versuchten die Stadtherren von Genf vergeblich, Agrippa zum Bleiben zu bewegen, denn sie sahen in ihm einen führenden Gelehrten ihrer Zeit. Noch im selben Jahr zog Agrippa weiter ins schweizerische [[Wikipedia:Freiburg im Üechtland|Freiburg]] und wurde dort [[Wikipedia:Stadtphysicus|Stadtphysicus]], er vertiefte seine okkulten Studien und traf Agenten des mit König [[Wikipedia:Franz I.|Franz I.]] verfeindeten Herzogs von Bourbon. In Freiburg verfasste Agrippa eine Verteidigungsschrift als offenen Brief für seinen schon längst verstorbenen alten Meister Trithemius, der mittlerweise als Schwarzmagier und Betrüger [[Wikipedia:Post mortem|post mortem]] diffamiert wurde. Da in Freiburg Agrippa nicht die Kassen der Apotheker vergolden wollte, indem er teure und unnötige Rezepte ausstellte, stellte er armen Leute eigene Rezepte aus oder behandelte sie umsonst. Damit brachte er eine Allianz aus Ärzten und Zunftapothekern gegen sich auf, was ihn im Juli 1523 dazu veranlasste, selbst beim Magistrat seine Entlassung einzureichen.
{{GZ|Das Nerven- und Sinnessystem,
wie es im Kopfe zentralisiert ist, ist im menschlichen Organismus ein
eigenes, für sich bestehendes, selbständiges Glied. Was als Lungen- und
Herzsystem, als Zirkulationssystem vorliegt, ist wiederum ein für sich
bestehendes, selbständiges Glied. Ebenso das Stoffwechselsystem. Das
Genauere können Sie in meinem Buch «Von Seelenrätseln» nachlesen.
Das ist das Charakteristische im menschlichen Organismus, daß seine
Systeme gerade dadurch ihre rechte Entfaltung und Wirksamkeit entfalten,
daß sie nicht zentralisiert sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen
und frei zusammenwirken. Kann man heute nicht einmal in dieser
umfassenden, eindringlichen Weise den menschlichen Organismus begreifen,
so kann man mit der Wissenschaft, die noch nicht reformiert ist,
die aber in geisteswissenschaftlichem Sinne reformiert werden muß, den
sozialen Organismus erst recht nicht verstehen. Man glaubt heute, der
menschliche Organismus ist etwas Zentralisiertes, während er eine Dreigliedrigkeit
ist.|328|21}}


1524 in [[Wikipedia:Lyon|Lyon]] eingetroffen, nahm er im Mai das Amt als Leibarzt von [[Wikipedia:Luise von Savoyen|Luise von Savoyen]], Mutter von König Franz I., an. Agrippas zweiter Sohn Henry wurde in Lyon geboren, 1525 folgte sein dritter Sohn Jean. 1526 schrieb er das Traktrat „'' Declamatio de sacrameto matrimonii''“. In diesem Jahr wurde sein [[Wikipedia:Arbeitsentgelt|Salär]] am Hof nicht anständig und regelmäßig bezahlt, er musste erst Bitt-, dann Drohbriefe an die Finanzverwaltung schreiben, was aber nichts nützte. Damit begannen auch die Intrigen am Hof gegen Agrippa, dazu kam, dass Regentin Luise Horoskope über ihren Sohn Franz I. von ihm verlangte, was er mit der Begründung abzulehnen versuchte, es gebe wohl wichtigeres zu tun. Wohl um nicht ganz in Ungnade zu fallen, erstellte er ein Horoskop über das weitere Kriegsgeschehen, prophezeite aber astrologisch den Sieg der Feinde, und zwar den Sieg des Hauses Bourbon. Das zweite Hauptbuch „''De incertitudine et vanitate scientiarum ''“ verfasste Agrippa hier fertig. Das Ende in Lyon wohl absehend und den Intrigen gegen sich entziehen wollend, verhandelte er heimlich mit Abgesandten von [[Wikipedia:Karl I. (Bourbon)|Karl I.]], Herzog von Bourbon, um eine Anstellung bei Hofe. 1527 erfuhr Agrippa, dass er aus der [[Wikipedia:Besoldung|Besoldungs]]liste gestrichen wurde, obwohl er immer noch Leibarzt der Mutter des Königs war.  
Die gestaltende Grundform des [[Nervensystem]]s, insbesondere des Reflexbogens, die überhaupt auch die [[Gestalt]]ung des ganzen [[Organismus]] bestimmt (→ [[Nervensystem#Nervensystem und Gestaltbildung|Nervensystem und Gestaltbildung]]), ist die [[Lemniskate]].


Da die Verhandlungen für eine Anstellung beim Herzog von Bourbon ergebnislos waren, reiste er mit seiner Familie noch Ende jenes Jahres nach Paris. Im März 1528 bekam er in Paris die Pässe für sich und seine Familie nachgeschickt, die er für die Weiterreise und den damit verbundenen Grenzübergang nach [[Wikipedia:Antwerpen|Antwerpen]] brauchte. Ende 1528 begann Agrippa in der Stadt Antwerpen als Arzt zu arbeiten, nebenbei finanzierten ihn reiche Bürger bei gemeinsamen alchemistichen und mechanischen Experimenten. Um seine finanzielle Lage aufzubessern, vermittelte er auch sein Wissen oder stellte Horoskope an Leute aus allen Gesellschaftsschichten aus, sogar Mönche zählten zu ihnen. Neuen Ärger in Antwerpen handelte er sich damit ein, dass er für die freie Arztwahl plädierte und einen Mann, der ohne Erlaubnis der Fakultät als Medicus praktizierte, verteidigte. Agrippa versuchte ohne Erfolg, sich das Amt des Leibarztes von Margarete von Österreich zu sichern. Anfang 1529 wurde Agrippa das insgesamt siebte Mal Vater. Es wurden auch einige Traktate und andere Schriften von Agrippa in Buchform unter dem Verleger Michael Hillenius veröffentlicht. In Antwerpen war die Pest ausgebrochen und am 17. August starb auch seine Frau daran, auch mehrere Angestellte aus seiner Dienerschaft raffte die Pest dahin. Agrippa blieb und kümmerte sich um die Pestkranken in der Stadt, ließ aber seine Kinder aus Antwerpen bringen. Ende das Jahres bekam er das Angebot von Heinrich VIII., nach England zu reisen, um als Advokat für ihn zu arbeiten. Agrippa entschied sich aber für die Stelle des Kaiserlichen [[Wikipedia:Archivar|Archivar]]s und Historiographen in [[Wikipedia:Mechelen|Mechelen]] für Margarete von Österreich, Regentin der Niederlande, eine Stelle, die er noch 1529 antrat.
{{GZ|... ich rate Ihnen,
versuchen Sie einmal - wie gesagt, hier sollen ja zunächst nur Anregungen
gegeben werden, und es sollte durchaus sehr emsig wissenschaftlich
nach dieser Richtung gearbeitet werden -, versuchen Sie
einmal, Untersuchungen darüber anzustellen, welche Kurve entsteht,
wenn Sie die mittlere Linie der linken Rippe zeichnen, über
den Anschluß der Rippe hinausgehen in den Rückenwirbel, da sich
drehen und wiederum zurückgehen (Fig. 11). Bringen Sie in Anschlag,
daß der Wirbel eine wesentlich andere innere Struktur aufweist
als die Rippen, und bringen Sie in Anschlag, daß das bedeutet,
daß bei diesem Beschreiben der Linie Rippe-Wirbel-Rippe, natürlich
nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, innere Wachstumsverhältnisse
in Betracht kommen, dann werden Sie die Morphologie dieses
ganzen Systems verstehen durch die Lemniskate, durch die Schleifenbildung.
Sie werden, je mehr Sie hinaufgehen zur Kopforganisation,
notwendig haben, starke Modifikationen dieser Lemniskate
vorzunehmen. Es wird ein gewisser Punkt eintreten, wo Sie genötigt
sind, dasjenige, was ja schon vorbereitet ist in der Bildung des Brustbeines,
das Zusammengehen der beiden Bögen hier (Fig. 11),


Im Februar 1530 schrieb Agrippa einen offiziellen Bericht zum Krönungsritual von [[Wikipedia:Karl V. (HRR)|Karl V. ]] zum Kaiser des [[Wikipedia:Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation]] und König der [[Wikipedia:Lombardei|Lombardei]]. Für die [[Wikipedia:Redaktion|redigierten ]] zwei Hauptbücher ''De Incertitudine et vanitate scientiarum'' und ''De Occulta Philosophia'' und einen Teil seiner weiteren Schriften bekam er nach langen Verhandlungen das Kaiserliche Privileg zum Druck seiner Werke. Mitte 1530 wurde das Buch ''De Incertitudine et vanitate scientiarum'' von Agrippas Verleger Cornelius Grapheus in Antwerpen gedruckt und veröffentlicht. Dieses Buch verbreitete sich sehr schnell unter den Gelehrten Europas. In diesem Buch griff er die kirchlichen und politischen Zustände seiner Zeit an und damit auch direkt den Klerus und die Kaste der höfischen Beamten und Amtsträger der Regierenden. Auch beschrieb Agrippa in diesem Buch selbstkritisch sein eigenes Wirken. (''„Man konnte glauben, daß<!--sic--> Agrippa nur deswegen so viele Künste gemeistert hatte, um sie am Ende besser verwerfen zu können“'').
[[Datei:GA323 211.gif|center|300px|Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)]]


Der Klerus der Katholischen Kirche, die das Buch verbieten wollte, sah in diesem Werk nur „Häresie und Ketzerei“. Um die theologischen und rechtlichen Fragen abzuklären, wurde die [[Wikipedia:Katholieke Universiteit Leuven|Universität Löwen]] hinzugezogen, die aber ebenfalls dieses Buch aufs Strengste verurteilte. Der Kaiser verlangte, wenigstens die Kritik an der Kirche und dem Klerus zu widerrufen. Agrippa verweigerte dies, so dass der Kaiser sich gezwungen sah, Agrippa keinen weiteren Lohn mehr zu zahlen. Das Gericht in Mechelen ließ nicht lange auf sich warten, dann wurde er in einer schriftlichen Anklage aufgefordert das Buch nicht weiter zu veröffentlichen. Agrippa schrieb mit einer Gegenschrift in Form einer [[Wikipedia:Apologia|Apologia]], in der er jeden Anklagepunkt einzeln widerlegte, so dass es zu keinem Druckverbot seines Buches kam.
sich eigentlich als verwandelt zu denken, aber Sie bekommen eine
Auch [[Wikipedia:Erasmus von Rotterdam|Erasmus von Rotterdam]] bekam persönlich ein Exemplar mit Brief von Agrippa zugeschickt. Erasmus fand viel Lob für das Buch, mahnte Agrippa aber zugleich zu mehr Vorsicht bei seiner umfassenden Kritik. Bei einer Durchreise Ende 1530 durch [[Wikipedia:Brüssel|Brüssel]] wurde Agrippa unter einem Vorwand inhaftiert und dann in den Schuldturm geworfen. Gleichzeitig ließ der Magistrat der Stadt Brüssel und die städtischen Religionsaufseher einige Exemplare von ''De Incertitudine et vanitate scientiarum '' öffentlich verbrennen. Mit der Auflage, Brüssel sofort zu verlassen, ließ man Agrippa nach einiger Zeit wieder frei. In Mechelen zurück, schrieb Agrippa eine Grabrede und ein [[Wikipedia:Panegyricus|Panegyricus]] für die am 1. Dezember 1530 verstorbene Regentin Margarete.
Metamorphose, eine Modifikation dieser Lemniskatenbüdung,
wenn Sie zum Haupte hinaufgehen. Und Sie bekommen, wenn Sie
gewissermaßen studieren die gesamte menschliche Figur in dem
Gegensatz von Sinnes-Nervenorganisation und Stoffwechsel-Organisation,
eine nach unten auseinandergehende und nach oben
sich schließende Lemniskate. Sie bekommen auch Lemniskaten,
nur sind die Lemniskaten eben sehr modifiziert, die eine Hälfte
durch die eine Schleife ist außerordentlich klein, wenn Sie den
Weg verfolgen, der genommen wird von Zentripetalnerven durch
das Zentrum zum Ende der Zentrifugalnerven. Sie bekommen
überall eingeschrieben, wenn Sie die Dinge sachgemäß verfolgen,
gerade in die menschliche Natur in einer gewissen Weise diese
Lemniskate.


In seiner Zeit in Mechelen heiratete er auch ein drittes Mal, Name und Herkunft seiner Angetrauten sind nicht bekannt. Am 2. März 1531 verdammte die Universität [[Wikipedia:Sorbonne|Sorbonne]] in Paris die französische Edition von „''De Incertitudine et vanitate scientiarum ''“ offiziell als Werk eines Ketzers. „''Die Schrift sei der lutherischen Häresie nahe, es kritisiert unter anderem Einrichtungen der Kirche und muss daher dem Feuer übergeben werden''“. Hier wurde sich wahrscheinlich auch Agrippa selbst sehr bewusst, dass es hier zu weit mehr werden könne als einem Gelehrtenstreit, denn die Sorbonne hatte 1529 den erasmischen Humanisten [[Wikipedia:Louis de Berquin|Louis de Berquin]], obwohl der unter dem persönlichen Schutz von König Franz I. stand, anklagen lassen, was dazu führte, dass er dann auch hingerichtet wurde. Keine Probleme hatte Agrippa, für sich neue [[Wikipedia:Protektion|Protektion]] zu finden und zu sichern; so reiste er Richtung Köln. Denn ab März 1532 ließ ihn der Erzbischof von Köln [[Wikipedia:Hermann von Wied|Hermann von Wied]], unter dem  Agrippa besonderen Schutz genoss, auf seinem Landsitz einige Monate zur Ruhe kommen, damit sich Agrippa von den klerikalen und universitären Fehden erholen konnte. Der päpstliche Legat Kardinal [[Wikipedia:Lorenzo Campeggi|Lorenzo Campeggi]] verteidigte Agrippa, wohl um ihn auch zu bewegen eine Schrift gegen Heinrich VIII. und seine ehelichen Scheidungsangelegenheiten herauszugeben; auf dieses Angebot ging Agrippa jedoch nicht ein. Ein weiterer Befürworter zu Gunsten Agrippas und seiner Kritik war der Kardinal [[Wikipedia:Erard de la Marck|Erard de la Marck]].
Und wenn Sie dann beim Tiere die tierische Organisation im
ausgesprochen horizontalen Rückgrat nehmen, so werden Sie finden,
daß diese tierische Organisation sich von der menschlichen Organisation
dadurch unterscheidet, daß diese Lemniskaten, diese
nach unten offenen Lemniskaten oder auch etwas geschlossenen
Lemniskaten, beim Tier wesentlich weniger Modifikationen aufweisen
als beim Menschen, namentlich aber auch, daß die Ebenen
dieser Lemniskaten beim Tier immer parallel sind, während sie beim
Menschen schiefe Winkel miteinander einschließen.


[[Wikipedia:Johann Weyer|Johann Weyer]], ein Schüler Agrippas, schrieb mit seinem Buch ''De praestigiis daemonum'' ein grundlegendes Werk zur Verteidigung von der [[Wikipedia:Hexe|Hexe]]rei beschuldigten Personen.
Hier liegt ein ungeheures Arbeitsfeld, ein Arbeitsfeld, welches
Der Universalgelehrte<ref>''http://www.uni-stuttgart.de/philo/index.php?id=320'' </ref> Agrippa von Nettesheim  inspirierte teilweise [[Wikipedia:Johann Wolfgang von Goethe|Johann Wolfgang von Goethe]] nicht nur mit seinen Schriften zur Gestaltung des ''Faust''-Dramas. 1532 sollen sich Agrippa und der historische [[Wikipedia:Johann Faust|Dr. Johann Faust]] begegnet sein. 1535 starb er 49-jährig in Grenoble.
uns daraufhinweist, das morphologische Element immer weiter und
weiter auszubauen.|323|210ff}}


== De Occulta Philosophia ==
Rudolf Steiner wies weiters darauf hin, dass die ''Unterberechung'', welche die [[Zentripetal (Neurologie)|zentripetalen]] ([[afferent]]en) „sensorischen“ und die [[Zentrifugal (Neurologie)|zentrifugalen]] ([[efferent]]en) „motorischen“ Nerven (an der [[Synapse]]) voneinander trennt, erst ermöglicht, dass sich das Geistige und Seelische in die Tätigkeit des Leibes einschalten kann. Die Unterbrechung bildet den Übergang vom physischen zum geistigen Erleben. Ohne sie wäre der Mensch tatsächlich ein bloß gehirn- bzw. nervengesteuerter [[Automat]], wie viele [[Hirnforscher]] mittlerweile annehmen. So behauptet etwa der [[Neurophysiologe]] [[Wolf Singer]]: „''Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen''“<ref>Wolf Singer in:  Christian Geyer (Hrsg.): ''Hirnforschung und Willensfreiheit'', 2004, S. 30ff.</ref> und fordert entsprechende [[Ethik|ethische]] und [[Rechtsleben|juristische]] Konsequenzen bezüglich der [[Schuld]]fähigkeit des Menschen. Aus ganz anderen als den von Singer genannten Gründen ist es tatsächlich nicht zielführend, von einer primären [[Willensfreiheit]] auszugehen. Da wir, wie oben ausgeführt, im Willen schlafen, uns des Willens also nicht bewusst sind, hat hier die [[Freiheit]] keine Grundlage. Die Freiheit beginnt erst, wie Rudolf Steiner bereits in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» ausgeführt hat, im [[Reines Denken|reinen, willensdurchdrungenen Denken]], in dem Denken, Fühlen und Wollen eine bewusste, vom [[Ich]], d.h. vom wirklichen [[Geist]] des Menschen, durchkraftete Einheit bilden.  
[[Bild:Phys m 6 tb 1.jpg|left|200px|thumb|''De Occulta Philosophia, Libri tres'']]
Dieses Frühwerk des 23-jährigen Agrippa entstand in einer Zeit des Umbruches. [[Wikipedia:Scheiterhaufen|Scheiterhaufen]] nahmen beängstigend zu, [[Wikipedia:Kriege|Kriege]] ließen wenige in [[Wikipedia:Frieden|Frieden]], die [[Wikipedia:Reformation|Reformation]] spaltete katholische Kirchenhoheit, [[Wikipedia:Nikolaus Kopernikus|Copernicus]] beendete das geozentrische Weltbild und erschütterte das Abendland. Mit ''De Occulta Philosophia'' (Von der verborgenen Philosophie) gelang ihm auf Anhieb eine Art frühhumanistischer „[[Wikipedia:Bestseller|Bestseller]]“. Er stellte darin streng systematisch die [[Wikipedia:Astrologie|Astrologie]], [[Wikipedia:Kabbala|Kabbala]], [[Wikipedia:Theologie|Theologie]], [[Wikipedia:Mantik|Mantik]], [[Wikipedia:Evokationsmagie|Evokationsmagie]], [[Wikipedia:Angeologie|Angeologie]], [[Wikipedia:Amulett- und Talismanzauber|Amulett- und Talismanzauber]] einträchtig nebeneinander und verteidigte seine „[[Wikipedia:heilige Magie|heilige Magie]]in elegantem Stil gegen „[[Wikipedia:Zauberer|Zauberer]]“ und „[[Wikipedia:Teufelsbeschwörer|Teufelsbeschwörer]]“. Zu seiner Zeit war dies für ihn lebensgefährlich und bei seinen Lesern sensationell. Deshalb erschienen innerhalb von nur drei Jahren drei Auflagen in Antwerpen, Paris und Köln (1530–1533).


''„Die magische Wissenschaft, der so viele Kräfte zu Gebot stehen, und die eine Fülle der erhabensten Mysterien besitzt, umfasst die tiefste Betrachtung der verborgensten Dinge, das Wesen, die Macht, die Beschaffenheit, den Stoff, die Kraft und die Kenntnis der ganzen Natur. Sie lehrt uns die Verschiedenheit und die Übereinstimmung der Dinge kennen. Daraus folgen ihre wunderbaren Wirkungen; indem sie die verschiedensten Kräfte miteinander vereinigt und überall das entsprechende Untere mit den Gaben und Kräften des Oberen verbindet und vermählt. Die Wissenschaft ist daher die vollkommendste und höchste, sie ist eine erhabene und heilige Philosophie, ja sie ist die absolute Vollendung der edelsten Philosophie.“'' (De Occulta Philosophia, Buch I, K. 2, S. 13)
{{GZ|Auf eine Vorstellung habe ich öfters hingewiesen, öffentlich nun
auch in meinem Buch «[[Von Seelenrätseln]]»: Es ist eine gangbare naturwissenschaftliche
Vorstellung heute, daß man im Nervensystem - bleiben
wir zunächst beim Menschen, aber in ähnlicher Weise, nur in ähnlicher
Weise ist das auch beim Tiere gültig -, daß man im Nervensystem
unterscheidet zwischen sogenannten sensitiven Nerven, Sinnesnerven,
Wahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Schematisch kann das
nur so dargestellt werden, daß zum Beispiel irgendein Nerv, sagen wir
ein Tastnerv, die Tastempfindung hineinträgt bis zum Zentralorgan,
sagen wir bis zum Rückenmark (gelb), da mündet dasjenige, was da aus
der Peripherie des Leibes geleitet wird, in einem Horn des Rückenmarks.
Und dann geht von einem andern Horn, Vorderhorn, der sogenannte
motorische Nerv aus, da wird wiederum weitergeleitet der
Willensimpuls (siehe Zeichnung S. 12).


== Metaphysik ==
[[Datei:GA179 012.gif|center|400px|Zeichnung aus GA 179, S. 12]]
In seinem Hauptwerk ''De occulta Philosophia'' vertritt Agrippa von Nettesheim einen [[Wikipedia:Neuplatonismus|Neuplatonismus]]. Die Auffassung in seinem Hauptwerk hat zumindest bis zur Verfassung der ''Declamatio'' („Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaft und die Verteidigungsschrift“) Gültigkeit. Seine Lehre von [[Wikipedia:Gott|Gott]] ist zum Teil noch christlich, aber man kann sich die Frage stellen, ob er nicht beispielsweise der Ansicht der Trinität nur deswegen war, weil er dadurch dem Häresieverdacht entgehen konnte. In der ''Occulta Philosophia'' ist einerseits von Vater, Sohn und Heiliger Geist die Rede, auf der anderen Seite ist der Gottesbegriff aber auch platonisch oder vielmehr neuplatonisch im antiken (heidnischen) Sinne. Denn Agrippa spricht auch von einem Gott, in dem alle Dinge als Ideen vorhanden sind. Die Ideenlehre wurde so im gewissen Sinne auch von christlichen Neuplatonikern wie [[Wikipedia:Augustinus von Hippo|Augustinus]] gesehen. Was Augustinus allerdings nicht mehr vertreten hat, ist der Begriff der Weltseele. Dieser stammt aus dem ''Timaios'' von [[Wikipedia:Platon|Platon]] und wurde im Neuplatonismus von [[Wikipedia:Plotin|Plotin]] eins zu eins übernommen. Der Unterschied zwischen der christlichen Trinitätslehre und der Lehre von Plotin ist, dass Plotin die göttlichen Hypostasen (das Eine, den Geist und die Weltseele) als hierarchisch betrachtet. Ganz oben in der Hierarchie steht das Eine (Gott), aus dem alles andere hervorgeht und in das alles wieder zurückkehrt. Das Eine ist Einheit, während der Geist oder die Weltseele bereits „Zweiheiten“ sind. Die Lehre der „Dreieinigkeit“ spricht von einem „dreieinigen“ Gott, der wiederum nicht mehr so stark hierarchisch zu denken ist wie im Neuplatonismus von Plotin. Außerdem wird Gott von den Griechen ([[Wikipedia:Platon|Platon]], [[Wikipedia:Plotin|Plotin]], [[Wikipedia:Proklos|Proklos]], [[Wikipedia:Porphyrius|Porphyrius]] etc.) nicht als „Subjekt“ gesehen.


Was Agrippa vom mittelalterlichen (Augustinus, [[Wikipedia:Eriugena|Eriugena]] etc.) Neuplatonismus damit noch unterscheidet, ist der Gedanke, dass der Kosmos von den Kräften des Archetypus durchströmt wird. In gewisser Weise ist damit Gott auch „in der Welt“. Die Welt als ganze kann als „Inkarnation Gottes“ betrachtet werden. Andere Neuplatoniker sprechen vom Abbild Gottes (auch die christlichen). Insofern ist der Unterschied zum Christentum immer nur sehr gering und daher konnte Agrippa möglicherweise auch der Inquisition entkommen. Agrippa vertritt auch einen „Panpsychismus“ und das unterscheidet in sowohl von Plotin als auch von christlichen Neuplatonikern des Mittelalters. Im Kapitel 56 der „Occulta Philosophia“ heißt es:
Beim Gehirn ist das nur komplizierter dargestellt, so etwa, wie wenn
die Nerven eine Art Telegraphendrähte wären. Der Sinneseindruck,
der Hauteindruck wird bis zum Zentralorgan geleitet, dort wird gewissermaßen
der Befehl erteilt, daß eine Bewegung ausgeführt werden
soll. Eine Fliege setzt sich irgendwo auf einen Körperteil, das macht
einen Eindruck, das wird geleitet bis zum Zentralorgan; dort wird der
Befehl gegeben, die Hand bis zu der Stirne zu erheben und die Fliege
wird weggejagt. Es ist eine, schematisch angedeutet, sehr gangbare
Vorstellung. Künftigen Zeiten wird diese Vorstellung außerordentlich
komisch erscheinen, denn sie ist ja nur komisch für denjenigen, der die
Tatsache durchschaut. Aber es ist eine Vorstellung, von der heute ein
großer Teil der fachmännischen und fachmännischesten Wissenschaft
beherrscht ist. Sie können das nächstbeste Elementarbuch, das Sie über
solche Dinge unterrichtet, aufschlagen, und Sie werden finden, man
habe zu unterscheiden zwischen Sinneswahrnehmungsnerven und motorischen
Nerven. Und man wird besonders das urkomische Bild von
den Telegraphenleitungen - wie der Eindruck bis zum Zentralorgan
geleitet und dort der Befehl gegeben wird, daß die Bewegung entstehe -
gerade in populären Werken heute noch immer sehr verbreitet finden
können.


„''... denn da der Weltkörper ein ganzer Körper ist, dessen Teile die Körper aller Lebewesen sind, und da, je vollkommener und edler der Weltkörper als der Körper der einzelnen Wesen ist, wäre es absurd anzunehmen, daß, wenn jedes unvollkommene Körperchen und Weltteilchen... Leben besitzt und eine Seele hat, die ganze Welt als vollkommenster und edelster Körper weder lebe, noch eine Seele habe.''“
Die Wirklichkeit ist allerdings schwieriger zu durchschauen, als die
an die primitivsten Vorstellungen erinnernden Vergleichsvorstellungen
von den Telegraphendrähten. Die Wirklichkeit kann nur durchschaut
werden, wenn sie eben mit Geisteswissenschaft durchschaut wird. Daß
ein Willensimpuls erfolgt, hat mit einem solchen Vorgange, den man in
kindischer Weise so ausdrückt, als ob da irgendwo in einem materiellen
Zentralorgan ein Befehl erteilt würde, wirklich gar nichts zu tun. Die
Nerven sind nur da, um einer einheitlichen Funktion zu dienen, sowohl
diejenigen Nerven, die man heute sensitive Nerven nennt, wie auch
diejenigen, die man motorische Nerven nennt. Und ob nun im Rückenmark
oder im Gehirn der Nervenstrang durchbrochen ist, beides weist
auf dasselbe hin; im Gehirn ist er nur in komplizierterer Weise durchbrochen.


Hier wird implizit auf die Weltseele hingewiesen. Gleichzeitig kommt beim Zitat eindeutig durch, dass alle Dinge eine Seele haben (auch die Materie) und damit widerspricht Agrippa mittelalterlichen Vorstellungen eindeutig. Auch bei Plotin war die Materie (das Böse) gleichzeitig auch unbeseelt. Jene „Aufwertung“ der Materie wird bei [[Wikipedia:Giordano Bruno|Giordano Bruno]] noch viel stärker betont werden, so dass dieser sogar in den Verdacht kam, einen Pantheismus zu vertreten. Der Panpsychismus ist ein typisches Kennzeichen des Neuplatonismus der Renaissance.
Diese Durchbrechung ist nicht deshalb da, damit durch die eine
Hälfte, wenn ich so sagen darf, von der Außenwelt etwas zum Zentralorgan
geleitet wird und dann, nachdem sie vom Zentralorgan durch
die andere Hälfte in einen Willen umgewandelt worden ist, weitergeleitet
würde. Diese Unterbrechung ist aus einem ganz andern Grunde
da. Daß unser Nervensystem so gebaut und in dieser regelmäßigen
Weise durchbrochen ist, hat seinen Grund darin: An der Stelle, wo
unsere Nerven durchbrochen sind, da liegt im Abbilde im Menschen -
allerdings nur im körperlichen Abbilde einer komplizierten geistigen
Wirklichkeit — die Grenze zwischen physischem und geistigem Erfahren,
physischem und geistigem Erleben. Sie ist allerdings im Menschen
auf eine merkwürdige Weise enthalten. Sie ist so enthalten, daß
der Mensch mit der ihm zunächstliegenden physischen Welt in eine
solche Beziehung tritt, daß mit dieser Beziehung der Teil des Nervenstranges,
der bis zu jener Unterbrechung geht, etwas zu tun hat. Aber
der Mensch muß auch als seelisches Wesen eine Beziehung haben zu
seinem eigenen physischen Leib. Diese Beziehung, die er zu seinem
eigenen physischen Leib hat, ist durch den andern Teil vermittelt. Wenn
ich eine Hand bewege, dadurch veranlaßt, daß ein äußerer Sinneseindruck
auf mich gemacht worden ist, dann liegt der Impuls, daß diese
Hand bewegt wird, vereinigt von der Seele mit dem Sinneseindruck,
schematisch dargestellt, schon bereits hier (siehe Zeichnung, a). Und
dasjenige, was geleitet wird, wird auf den ganzen sensitiven Nerven
und den sogenannten motorischen Nerven entlang geleitet von a bis
zu b. Das ist nicht so, daß der Sinneseindruck erst bis zu c geht und dann
von da aus einen Befehl gibt, damit b dazu veranlaßt werde - nein,
wenn ein Willensimpuls stattfindet, lebt das Seelische schon befruchtet
bei a und geht durch den ganzen unterbrochenen Nervenweg durch.


Welche Rolle spielt der Mensch oder vielmehr die menschliche Seele in diesem Weltbild? Der Mensch ist getreu der neuplatonischen Weltanschauung Abbild Gottes und stellt einen Mikrokosmos dar. So kommt es, dass Agrippa auch die einzelnen Glieder und Organe des menschlichen Körpers jeweils bestimmten Gestirnen zuordnen kann, wie z. B. die Milz dem Saturn oder das rechte Ohr dem Jupiter. Agrippa lehnt sich sehr eng an die Lehre des [[Wikipedia:Averroës|Averroës]] an, wenn er von den vier inneren Sinnen spricht (Gemeinsinn, Einbildungskraft, Phantasie, Gedächtnis). Auch bei der Seelenlehre versucht Agrippa immer, dass seine Lehre mit der christlichen im Einklang bleibt, was freilich nicht immer gelingt .  
Es ist keine Rede davon, daß solche kindischen Vorstellungen, als
ob die Seele da irgendwo säße zwischen den sensitiven und motorischen
Nerven und wie ein Telegraphist die Eindrücke der Außenwelt empfangen
und dann Befehle aussenden würde, es ist keine Rede davon,
daß diese kindischen Vorstellungen irgendeiner auch wie immer gearteten
Wirklichkeit entsprechen würden. Diese kindische Vorstellung,
die wir immer hören, nimmt sich recht sonderbar komisch aus neben
der Forderung, man soll ja in der Naturwissenschaft nicht anthropomorphistisch
sein! Da fordern nun die Leute, man solle ja nicht anthropomorphistisch
sein und merken nicht, wie anthropomorphistisch sie
sind, wenn sie Worte gebrauchen wie: Ein Eindruck wird empfangen,
ein Befehl wird ausgegeben und so weiter. - Sie reden darauf los, ohne
auch nur eine Ahnung davon zu haben, was sie alles für mythologische
Wesen - wenn sie die Worte ernst nehmen würden - hineinträumen in
den menschlichen Organismus.


Auch bei den Aussagen über den Zustand der menschlichen Seele nach dem Tode bleiben die Aussagen von Agrippa in gewisser Weise widersprüchlich. Er kommt auch hier offensichtlich mit der Lehre des Christentums in Schwierigkeiten. Zum einen weist er auf die Lehre der „Wiedervergeltung“ (Reinkarnation) hin, ohne sich selbst zu der angeführten Meinung zu äußern. Ein Zitat aus der „Occulta Philosophia“ soll die angeführte These unterstreicchen (Vgl.: Kap. 41 Occulta Philosophia):
Nun entsteht aber die Frage: Warum ist der Nervenstrang unterbrochen?
— Er ist unterbrochen aus dem Grunde, weil wir, wenn er
nicht unterbrochen wäre, nicht eingeschaltet wären in den ganzen Vorgang.
Nur dadurch, daß gewissermaßen der Impuls an der Unterbrechungsstelle
überspringt - der gleiche Impuls, wenn es ein Willensimpuls
ist, geht schon von a aus -, dadurch sind wir selbst drinnen in
der Welt, dadurch sind wir bei diesem Impuls dabei. Würde er einheitlich
sein, würde hier nicht eine Unterbrechung sein, so wäre das ganze
ein Naturvorgang, ohne daß wir dabei wären.


„''Auf diese Weise, glaubte der große Origenes, seien auch die Worte Christi im Evangelium auszulegen: Wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen. Auch die heidnischen Philosophen glauben an derartige Vergeltung und nennen sie Adrastea, d. i. die Macht der göttlichen Gesetze, wonach in künftigen Zeiten einem jeden vergolten wird nach der Beschaffenheit und den Verdiensten seines früheren Lebens, so daß, wer ungerecht im vorigen Leben herrschte, in andern in den Zustand der Sklaverei gerät, wer seine Hände mit Blut besudelte, gleiche Vergeltung erleiden muß, und wer einen tierischen Lebenswandel führte, in einen tierischen Körper eingeschlossen wird.''“
Stellen Sie sich denselben Vorgang, den Sie bei einer sogenannten
Reflexbewegung haben, vor: Eine Fliege setzt sich Ihnen irgendwo hin,
der ganze Vorgang kommt Ihnen gar nicht voll zum Bewußtsein, aber
Sie wehren die Fliege ab. Dieser ganze Vorgang hat sein Analogen,
sein ganz gerechtfertigtes Analogen auf physikalischem Gebiete. Insofern
dieser Vorgang physikalische Erklärung herausfordert, muß diese
Erklärung nur etwas komplizierter sein als ein anderer physikalischer
Vorgang. Nehmen Sie an, Sie haben hier einen Kautschukball, Sie
stoßen hinein, Sie deformieren den Kautschukball: das geht wieder
heraus, richtet sich wieder her. Sie stoßen nochmals hinein; er stößt
wieder heraus. Das ist der einfache physikalische Vorgang: eine Reflexbewegung.  


Er bezieht sich auf die Lehre der Wiedergeburt und versucht, diese mit der heiligen Schrift in Einklang zu bringen. Es wird aus diesem Zitat offensichtlich, dass Agrippa ähnlich Platon, Plotin oder später auch Bruno an Seelenwanderung glaubte. Agrippa verbindet ähnlich [[Wikipedia:Giovanni Pico della Mirandola|Giovanni Pico della Mirandola]] unterschiedliche Lehren verschiedener Religionen.
[[Datei:GA179 015.gif|center|300px|Zeichnung aus GA 179, S. 15]]


== Werke und Ausgaben ==
Nur ist kein Wahrnehmungsorgan eingeschaltet, nichts
[[Bild:Agrippa2.jpg|right|200px|thumb|''Opera omnia, in duos tomos concinne digesta, & nunc denuò sublatis omnibus mendis'']]
Geistiges ist eingeschaltet. Schalten Sie hier etwas Geistiges ein (innerer
* ''De incertitudine et vanitate scientiarum - Von der Ungewißheit und Eitelkeit der Wissenschaften''. Köln 1527 (eine Satire zum traurigen Stand der Wissenschaften)
Kreis) und unterbrechen Sie hier (Zentrum), dann fühlt sich die Kautschukkugel
* ''Declamatio de nobilitate et praecellentia foeminei sexus'', 1529[http://visualiseur.bnf.fr/Visualiseur?Destination=Gallica&O=NUMM-71692]; mit englischer Übersetzung, London 1670[http://www.esotericarchives.com/agrippa/preem.htm]
als ein Eigenwesen. Die Kautschukkugel müßte dann allerdings,
* ''Libri tres de occulta philosophia'' oder '' Drei Bücher der verborgenen Philosophie''. Antwerpen 1530, gedruckt Paris 1531, erweiterte Ausgabe Köln 1533
um sowohl die Welt wie sich zu empfinden, ein Nervensystem
* ''Opera'' (Werkausgabe). Lyon 1550
einschalten. Aber das Nervensystem ist immer da, um die Welt in sich
* ''De occulta Philosophia''. Auswahl, Einführung und Kommentar von Willy Schröder. Der Leuchter - Otto Reichl Verlag, Remagen 1967
zu empfinden, niemals irgendwie da, um auf der einen Seite des Drahtes
* ''De occulta philosophia, libri tres''. Hrsg. v. V. Perrone Compagni. (= Studies in the History of Christian Traditions; 48). Brill, Leiden u. a. 1992 (kritische Edition; [http://www.bivionline.it/en/DeOccultaPhilosophiaTOC_sections.html E-Text])
eine Sensation zu leiten und auf der andern Seite des Drahtes einen
motorischen Impuls zu leiten.
 
Ich deute dieses an aus dem Grunde, weil dies, wenn es weiter verfolgt
wird, auf einen der zahlreichen Punkte hinführt, wo Naturwissenschaft
korrigiert werden muß, wenn sie zu Vorstellungen führen soll,
die einigermaßen der Wirklichkeit gewachsen sind. Die Vorstellungen,
die heute herrschen, sind eben weiter nichts als solche Vorstellungen,
die den Impulsen der Geister der Finsternis dienen. Im Menschen selber
ist die Grenze zwischen dem physischen Erleben und dem geistigen
Erleben.
 
Dieses Stück des Nervs, das ich rot bezeichnet habe, dient im
wesentlichen dazu, um uns hineinzustellen in die physische Welt, um
uns Empfindung zu vermitteln innerhalb der physischen Welt. Das
andere Stück des Nervs, das ich blau bezeichnet habe, dient im wesentlichen
dazu, um uns selbst uns empfinden zu lassen als Leib. Und
es ist kein wesentlicher Unterschied, ob wir eine Farbe außen bewußt
erleben durch den Strang a-c, oder ob wir innerlich ein Organ oder
eine Organlage oder dergleichen erleben durch den Strang d-b; das ist
im wesentlichen dasselbe. Das eine Mal erleben wir ein Physisches, das
nicht in uns zu sein scheint, das andere Mal erleben wir ein Physisches,
das in uns ist, das heißt innerhalb unserer Haut. Dadurch aber sind wir
eingeschaltet, daß wir bei einem Willensvorgang alles das erleben können,
was nicht nur außen ist, sondern auch was innerlich an uns ist.
Aber die Stärke der Wahrnehmung ist verschieden vermittelt durch
den Strang a-c und durch den Strang d-b. Dasjenige, was eintritt, ist
allerdings eine wesentliche Abschwächung der Intensität. Wenn wir
eine Vorstellung mit einem Willensimpuls zusammen formen in a, so
wird dieser Impuls von a aus weitergeleitet. Indem er von c auf d überspringt,
schwächt sich das Ganze so ab für unser Bewußtsein, für unser
bewußtes Erleben, daß wir das weitere, was wir nun in uns erleben, die
Hebung der Hand und so weiter, nur mit der geringen Intensität des
Bewußtseins erleben, die wir sonst auch im Schlafe haben. Wir sehen
das Wollen erst wiederum, wenn die Hand sich bewegt, wenn wir
wieder von einer andern Seite her eine Sensation haben.|179|11ff}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Joseph Orsier: ''Henri Cornélis Agrippa. Sa Vie et son Oeuvre d'après sa Correspondance (1486–1535)''. Chacornac, Paris 1911 ([https://dlib.stanford.edu:6521/text1/dd-ill/agrippa.pdf Digitalisat, PDF])
* Marc van der Poel: ''Cornelius Agrippa, The Humanist Theologian and His Declamations''. Brill, Leiden und Boston 1997
* Hermann F. W. Kuhlow: ''Die Imitatio Christi und ihre kosmologische Überfremdung'', 1967
* Charles G. Nauert, jr.: ''Agrippa and the Crisis of Renaissance Thought''. Urbana 1965 (University of Illinois Studies in the Social Sciences 55). (Standardbiographie)
* Paola Zambelli: ''Agrippa von Nettesheim in den neueren kritischen Studien und in den Handschriften''. In: Archiv für Kulturgeschichte 51 (1969), S. 264-295.
* Michael Kuper: ''Agrippa von Nettesheim - Ein echter Faust'' ,Zerling, Berlin 1994, ISBN 3-88468-056-0


== Quellen ==
* [[Wolfgang Schad]] (Hrsg.): ''Die menschliche Nervenorganisation und die Soziale Frage: Teil 1: Ein anthropologisch-anthroposophisches Gespräch'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1991, ISBN 978-3772504068
<references/>
* Wolfgang Schad (Hrsg.): ''Die menschliche Nervenorganisation und die Soziale Frage: Teil 2: Dokumentarischer Anhang'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1992, ISBN 978-3772504075
* Wolfgang Schad (Hrsg.): ''Die Doppelnatur des Ich: Der übersinnliche Mensch und seine Nervenorganisation'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014, ISBN 978-3772512827
* Wolfgang Schad: ''Der periphere Blick: Die Vervollständigung der Aufklärung'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014, ISBN 978-3772514012, EBook {{ASIN|B01LZF3IZ3}}
* [[Karl Ballmer]]: ''Briefwechsel über die motorischen Nerven'', erweiterte Neuausgabe, Edition LGC 2013, ISBN 978-3-930 964-22-2
* Peter Wyssling: ''Rudolf Steiners Kampf gegen die motorischen Nerven. Das Schicksal einer Weltanschauungsentscheidung in Karl Ballmer und Gerhard Kienle.'' 3., erweiterte und verbesserte Auflage, Edition LGC 2016, ISBN 978-3-930 964-26-0
* [[Peter Heusser]]: ''Anthroposophie und Wissenschaft: Eine Einführung. Erkenntniswissenschaft, Physik, Chemie, Genetik, Biologie, Neurobiologie, Psychologie, Philosophie des Geistes, Anthropologie, Anthroposophie, Medizin'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2016, ISBN 978-3723515686
*Johannes W. Rohen: ''Funktionelle Neuroanatomie: Lehrbuch und Atlas'', Schattauer, F.K. Verlag 2001, ISBN 978-3794521289
*Johannes W. Rohen: ''Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners'', 1. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2009, ISBN 978-3772520983
*Johannes W. Rohen: ''Morphologie des menschlichen Organismus'', 4. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3772519987
* Rudolf Steiner: ''Geschichtliche Notwendigkeit und Freiheit. Schicksalseinwirkungen aus der Welt der Toten'', [[GA 179]] (1993), ISBN 3-7274-1790-0 {{Vorträge|179}}
* Rudolf Steiner: ''Die gesunde Entwickelung des Menschenwesens. Eine Einführung in die anthroposophische Pädagogik und Didaktik.'', [[GA 303]] (1978), ISBN 3-7274-3031-1 {{Vorträge|303}}
* Rudolf Steiner: ''Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie'', [[GA 323]] (1997), ISBN 3-7274-3230-6 {{Vorträge|323}}
* Rudolf Steiner: ''Die soziale Frage'', [[GA 328]] (1977), ISBN 3-7274-3280-2 {{Vorträge|328}}


== Weblinks ==
{{GA}}
* {{Commons|Category:Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim|Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim}}
* {{PND|118647377}}
{{Zeno-Autor|Philosophie/M/Agrippa+von+Nettesheim/Ungewi%C3%9Fheit+und+Eitelkeit+aller+K%C3%BCnste+und+Wissenschaften}}
* [http://www.magieausbildung.de/Biographien/a/agrippa/agrippa.htm Ausführliche Biographie auf magieausbildung.de]
* [http://www.hexenwelt.de/hexen/agrippa.htm Artikel bei Hexenwelt.de]
* [http://www.sfn.uni-muenchen.de/hexenverfolgung/frame_lexikon.html?art831.htm Kurze Beschreibung von Leben und Werk]
* [http://www.geocities.com/athens/agora/7850/ Umfangreiche Historische Biographie]
* [http://plato.stanford.edu/entries/agrippa-nettesheim/ Stanford University Biographie]
* [http://www.esotericarchives.com/agrippa/agripp1b.htm Writings of Heinrich Cornelius Agrippa] (engl.)


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== Einzelnachweise ==
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{{Personendaten
<references />
|NAME=Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim
|ALTERNATIVNAMEN=Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim
|KURZBESCHREIBUNG=Universalgelehrter, Theologe, Jurist, Arzt und Philosoph
|GEBURTSDATUM=14. September 1486
|GEBURTSORT=[[Wikipedia:Nettesheim|Nettesheim]] bei [[Wikipedia:Köln|Köln]]
|STERBEDATUM=18. Februar 1535
|STERBEORT=[[Wikipedia:Grenoble|Grenoble]]
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{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Nervensystem]]

Version vom 6. November 2018, 08:35 Uhr

Querschnitt des Rückenmarks mit der einfachen monosynaptischen Verschaltung einer afferenten und einer efferenten Nervenfaser.
Blockschaltbild eines einfachen Standardregelkreises, bestehend aus der Regelstrecke, dem Regler und einer negativen Rückkopplung der Regelgröße y (auch Istwert). Die Regelgröße y wird mit der Führungsgröße (Sollwert) w verglichen. Die Regeldifferenz e = wy wird dem Regler zugeführt, der daraus entsprechend der gewünschten Dynamik des Regelkreises eine Stellgröße u bildet. Die Störgröße d wirkt meistens auf den Ausgang der Regelstrecke, sie kann aber auch auf verschiedene Teile der Regelstrecke Einfluss nehmen.

Der Reflexbogen ist ein grundlegendes funktionales Element des gesamten Nervensystems und beruht auf der Verkopplung afferenter und efferenter Neuronen mittels entsprechender Synapsen. Diese funktionale Verschaltung der miteinander verkoppelten Neuronen wird auch als neuronaler Erregungskreis oder neuronaler Schaltkreis bezeichnet.

Im einfachsten Fall handelt es dabei um einen monosynaptischen Reflexbogen wie er im Rückenmark anzutreffen ist und die funktionelle Basis einfacher Reflexe bildet. Hier sind die beiden Nervenfasern über eine einzige Synapse im Vorderhorn des Rückenmarks miteinander verbunden. Weil hier die beiden Nervenfasern unmittelbar im gleichen Organ liegen, werden diese einfachen Reflexe auch Eigenreflexe genannt.

Bei polysynaptische Reflexbögen sind oft eine ganze Reihe von Neuronen auf wesentlich komplexere Weise miteinander verschaltet, wobei die afferenten und efferenten Fasern räumlich oft weit auseinander liegen können, weshalb man hier von Fremdreflexen spricht.

In den Neurowissenschaften wird die Funktion des Reflexbogens in Analogie zu einem technischen Regelkreis gedacht, womit aber eine Wirkung des Geistes und der Seele des Menschen nicht mehr denkmöglich erscheint.

Rudolf Steiner hat daher ein völlig anderes Bild gezeichnet, ohne deswegen in den von den Neurowissenschaftler zurecht mehrheitlich abgelehnten cartesianischen Dualismus zu verfallen. Descartesres cogitans“ ist nicht das wirkliche Ich des Menschen, sondern nur dessen flüchtiges, am Gehirn reflektiertes mentales Spiegelbild, dem keine eigenständige Realität zukommt und daher auch nicht in den Organismus eingreifen kann - weder über die Epiphyse, wie Descartes meinte, noch sonst wie.

Rudolf Steiners aus geistiger Erfahrung geschöpfte Darstellung steht gleichermaßen im Widerspruch zu Descartes als auch zur zeitgenössischen Neurowissenschaft. Steiner war sich dieses Widerspruchs ganz bewusst. Unermüdlich hat er darauf hingewiesen, dass die bis heute unverrückbar Unterscheidung motorischer und sensorischer Nerven, die ihren Ursprung schon bei den allerersten Anatomen der griechischen Antike hat, völlig unsinnig ist und auch anatomisch nicht zu rechtfertigen sei. Die Muskelbewegungen würden keinesfalls durch sog. „motorische“ Nerven ausgelöst oder gar gesteuert, sondern vielmehr dadurch, dass das wirkliche Ich und der Astralleib im Willensakt von außen - d.h. aus der geistigen Außenwelt - unmittelbar in den Stoffwechsel eingreifen. Die sog. „motorischen“ Nerven dienen nur der Wahrnehmung des Muskelsystems und der resultierenden Bewegungen. Ohne diese Wahrnehmung könne die Bewegung nicht stattfinden. Die Körperbewegung ist in diesem Sinn kein rein innerlich bewirktes Körpergeschehen, sondern ein Weltgeschehen, durch das sich unser Karma verwirklicht und an dem höchsten geistigen Hierarchien beteiligt sind.

„Ich will ganz absehen davon, daß ja schließlich die sensitiven von den motorischen Nerven anatomisch fast gar nicht zu unterscheiden sind; die einen sind höchstens etwas dicker als die anderen; aber in bezug auf die Struktur ist wirklich ein wesentlicher Unterschied nicht vorhanden. Was anthroposophische Forschung in dieser Beziehung lehrt - ich kann das nur andeuten, nur Ergebnisse mitteilen, ich müßte sonst anthroposophische Physiologie vortragen - , das ist dieses, daß die Nerven durchaus einheitliche Organe sind, daß es ein Unding ist, von zweierlei Nerven, von sensitiven und motorischen Nerven zu sprechen. Da im Seelischen das Willensmäßige und Empfindungsmäßige überall durchgebildet ist, stelle ich es jedem frei, motorisch oder sensitiv zu sagen, aber er muß einheitlich werten, denn sie sind absolut einheitlich, es gibt keinen Unterschied. Der Unterschied liegt nämlich nur in der Richtung der Funktion. Wenn der sensitive Nerv nach dem Auge hingeht, so öffnet er sich den Eindrücken des Lichtes, und es wirkt wiederum dasjenige, was an der Peripherie des Menschen liegt, auf einen anderen Nerv, den die heutige Physiologie als einen motorischen Nerv anspricht. Wenn er nun vom Gehirn ausgeht nach dem übrigen Organismus, so ist dieser Nerv dazu da, daß er dasjenige wahrnimmt, was bei einer Bewegung vorgeht. Eine richtige Behandlung der Tabes gibt schon auch durchaus Bestätigung dieses Resultates. Der Nerv also, der motorischer Nerv genannt ist, der ist dazu da, um die Bewegungsimpulse, das, was da während der Bewegung vorgeht, wahrzunehmen, nicht um der Bewegung den Impuls zu geben. Nerven sind überall die Vermittlungsorgane für die Wahrnehmungen, die sensitiven Nerven für die Wahrnehmungen nach außen, die sogenannten motorischen Nerven, die auch sensitive Nerven sind, für die Wahrnehmungen nach innen. Es gibt nur einen Nerv. Und nur eine materialistische Wissenschaftsgesinnung hat diese Telegraphengeschichte als Analogon erfunden.

Diese materialistische Wissenschaftsgesinnung glaubt nämlich, ebenso wie sie für die Sensation, für die Empfindung, für die Wahrnehmung der Vermittelung der Nerven bedarf, bedürfe sie auch der Vermittelung des Nervs für die Willensimpulse. Das ist aber nicht der Fall. Der Willensimpuls geht von dem Geistig-Seelischen aus. Da beginnt er, und er wirkt im Leibe, unmittelbar, nicht auf dem Umweg des Nervs, unmittelbar auf das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem. Und der Nerv, der in das Gliedmaßen-Stoffwechselsystem hineingeht, vermittelt nur die Wahrnehmung desjenigen, was das Geistig-Seelische an dem ganzen Menschen in bezug auf sein Gliedmaßen-Stoffwechselsystem tut. Wir nehmen dasjenige wahr, was eine Folge ist seelisch-geistiger Willensprozesse in der Blutzirkulation, im übrigen Stoffwechsel und auch in der mechanischen Bewegung der Glieder; wir nehmen das wahr. Die sogenannten motorischen Nerven sind keine motorischen Nerven, die sind bloß dasjenige, was die Äußerungen, den Impuls des Willens wahrnimmt. Ehe man diesen Zusammenhang nicht einsehen wird, eher wird man nicht zu einer durchsichtigen Menschenerkenntnis kommen. Wenn Sie aber diesen Zusammenhang voll einsehen, dann werden Sie es auch begreiflich finden, daß ich nun eben ein Paradoxon, eine Ketzerei vor Sie hinstellen muß: denn dann wirkt das Geistig-Seelische ja eben auf den ganzen übrigen Menschen.“ (Lit.:GA 303, S. 208f)

Rudolf Steiner: Der dreigliedrige Mensch, Pastell auf Transparentpapier, 12. Juni 1923

Laut Rudolf Steiner lässt sich das Seelenleben des Menschen nicht auf die Tätigkeit des Nervensystems reduzieren, vielmehr sei der ganze dreigliedrige Organismus des Menschen daran beteiligt. In etwas abgewandelter Form gilt das auch für die Tiere. Nur die Sinneswahrnehmung und die Vorstellungstätigkeit bedient sich unmittelbar des Nerven-Sinnessystems. Das Fühlen wirkt unmittelbar im rhythmischen System und das Wollen - und damit auch die Körperbewegung - gründet sich auf das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Letztere werfen nur mittelbar durch das Nervensystem ihren Schatten in das Bewusstsein. Denken bzw. Vorstellen, Fühlen und Wollen haben dadurch ganz unterschiedliche Bewusstseinsgrade. Nur im Denken sind wir voll wach, im Fühlen träumen wir und die eigentliche Willenstätigkeit verschlafen wir praktisch völlig.

„Das Nerven- und Sinnessystem, wie es im Kopfe zentralisiert ist, ist im menschlichen Organismus ein eigenes, für sich bestehendes, selbständiges Glied. Was als Lungen- und Herzsystem, als Zirkulationssystem vorliegt, ist wiederum ein für sich bestehendes, selbständiges Glied. Ebenso das Stoffwechselsystem. Das Genauere können Sie in meinem Buch «Von Seelenrätseln» nachlesen. Das ist das Charakteristische im menschlichen Organismus, daß seine Systeme gerade dadurch ihre rechte Entfaltung und Wirksamkeit entfalten, daß sie nicht zentralisiert sind, sondern daß sie nebeneinander bestehen und frei zusammenwirken. Kann man heute nicht einmal in dieser umfassenden, eindringlichen Weise den menschlichen Organismus begreifen, so kann man mit der Wissenschaft, die noch nicht reformiert ist, die aber in geisteswissenschaftlichem Sinne reformiert werden muß, den sozialen Organismus erst recht nicht verstehen. Man glaubt heute, der menschliche Organismus ist etwas Zentralisiertes, während er eine Dreigliedrigkeit ist.“ (Lit.:GA 328, S. 21)

Die gestaltende Grundform des Nervensystems, insbesondere des Reflexbogens, die überhaupt auch die Gestaltung des ganzen Organismus bestimmt (→ Nervensystem und Gestaltbildung), ist die Lemniskate.

„... ich rate Ihnen, versuchen Sie einmal - wie gesagt, hier sollen ja zunächst nur Anregungen gegeben werden, und es sollte durchaus sehr emsig wissenschaftlich nach dieser Richtung gearbeitet werden -, versuchen Sie einmal, Untersuchungen darüber anzustellen, welche Kurve entsteht, wenn Sie die mittlere Linie der linken Rippe zeichnen, über den Anschluß der Rippe hinausgehen in den Rückenwirbel, da sich drehen und wiederum zurückgehen (Fig. 11). Bringen Sie in Anschlag, daß der Wirbel eine wesentlich andere innere Struktur aufweist als die Rippen, und bringen Sie in Anschlag, daß das bedeutet, daß bei diesem Beschreiben der Linie Rippe-Wirbel-Rippe, natürlich nicht nur quantitativ, sondern qualitativ, innere Wachstumsverhältnisse in Betracht kommen, dann werden Sie die Morphologie dieses ganzen Systems verstehen durch die Lemniskate, durch die Schleifenbildung. Sie werden, je mehr Sie hinaufgehen zur Kopforganisation, notwendig haben, starke Modifikationen dieser Lemniskate vorzunehmen. Es wird ein gewisser Punkt eintreten, wo Sie genötigt sind, dasjenige, was ja schon vorbereitet ist in der Bildung des Brustbeines, das Zusammengehen der beiden Bögen hier (Fig. 11),

Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)
Zeichnung aus GA 323, S. 211 (Fig. 11)

sich eigentlich als verwandelt zu denken, aber Sie bekommen eine Metamorphose, eine Modifikation dieser Lemniskatenbüdung, wenn Sie zum Haupte hinaufgehen. Und Sie bekommen, wenn Sie gewissermaßen studieren die gesamte menschliche Figur in dem Gegensatz von Sinnes-Nervenorganisation und Stoffwechsel-Organisation, eine nach unten auseinandergehende und nach oben sich schließende Lemniskate. Sie bekommen auch Lemniskaten, nur sind die Lemniskaten eben sehr modifiziert, die eine Hälfte durch die eine Schleife ist außerordentlich klein, wenn Sie den Weg verfolgen, der genommen wird von Zentripetalnerven durch das Zentrum zum Ende der Zentrifugalnerven. Sie bekommen überall eingeschrieben, wenn Sie die Dinge sachgemäß verfolgen, gerade in die menschliche Natur in einer gewissen Weise diese Lemniskate.

Und wenn Sie dann beim Tiere die tierische Organisation im ausgesprochen horizontalen Rückgrat nehmen, so werden Sie finden, daß diese tierische Organisation sich von der menschlichen Organisation dadurch unterscheidet, daß diese Lemniskaten, diese nach unten offenen Lemniskaten oder auch etwas geschlossenen Lemniskaten, beim Tier wesentlich weniger Modifikationen aufweisen als beim Menschen, namentlich aber auch, daß die Ebenen dieser Lemniskaten beim Tier immer parallel sind, während sie beim Menschen schiefe Winkel miteinander einschließen.

Hier liegt ein ungeheures Arbeitsfeld, ein Arbeitsfeld, welches uns daraufhinweist, das morphologische Element immer weiter und weiter auszubauen.“ (Lit.:GA 323, S. 210ff)

Rudolf Steiner wies weiters darauf hin, dass die Unterberechung, welche die zentripetalen (afferenten) „sensorischen“ und die zentrifugalen (efferenten) „motorischen“ Nerven (an der Synapse) voneinander trennt, erst ermöglicht, dass sich das Geistige und Seelische in die Tätigkeit des Leibes einschalten kann. Die Unterbrechung bildet den Übergang vom physischen zum geistigen Erleben. Ohne sie wäre der Mensch tatsächlich ein bloß gehirn- bzw. nervengesteuerter Automat, wie viele Hirnforscher mittlerweile annehmen. So behauptet etwa der Neurophysiologe Wolf Singer: „Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen[1] und fordert entsprechende ethische und juristische Konsequenzen bezüglich der Schuldfähigkeit des Menschen. Aus ganz anderen als den von Singer genannten Gründen ist es tatsächlich nicht zielführend, von einer primären Willensfreiheit auszugehen. Da wir, wie oben ausgeführt, im Willen schlafen, uns des Willens also nicht bewusst sind, hat hier die Freiheit keine Grundlage. Die Freiheit beginnt erst, wie Rudolf Steiner bereits in seiner «Philosophie der Freiheit» ausgeführt hat, im reinen, willensdurchdrungenen Denken, in dem Denken, Fühlen und Wollen eine bewusste, vom Ich, d.h. vom wirklichen Geist des Menschen, durchkraftete Einheit bilden.

„Auf eine Vorstellung habe ich öfters hingewiesen, öffentlich nun auch in meinem Buch «Von Seelenrätseln»: Es ist eine gangbare naturwissenschaftliche Vorstellung heute, daß man im Nervensystem - bleiben wir zunächst beim Menschen, aber in ähnlicher Weise, nur in ähnlicher Weise ist das auch beim Tiere gültig -, daß man im Nervensystem unterscheidet zwischen sogenannten sensitiven Nerven, Sinnesnerven, Wahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Schematisch kann das nur so dargestellt werden, daß zum Beispiel irgendein Nerv, sagen wir ein Tastnerv, die Tastempfindung hineinträgt bis zum Zentralorgan, sagen wir bis zum Rückenmark (gelb), da mündet dasjenige, was da aus der Peripherie des Leibes geleitet wird, in einem Horn des Rückenmarks. Und dann geht von einem andern Horn, Vorderhorn, der sogenannte motorische Nerv aus, da wird wiederum weitergeleitet der Willensimpuls (siehe Zeichnung S. 12).

Zeichnung aus GA 179, S. 12
Zeichnung aus GA 179, S. 12

Beim Gehirn ist das nur komplizierter dargestellt, so etwa, wie wenn die Nerven eine Art Telegraphendrähte wären. Der Sinneseindruck, der Hauteindruck wird bis zum Zentralorgan geleitet, dort wird gewissermaßen der Befehl erteilt, daß eine Bewegung ausgeführt werden soll. Eine Fliege setzt sich irgendwo auf einen Körperteil, das macht einen Eindruck, das wird geleitet bis zum Zentralorgan; dort wird der Befehl gegeben, die Hand bis zu der Stirne zu erheben und die Fliege wird weggejagt. Es ist eine, schematisch angedeutet, sehr gangbare Vorstellung. Künftigen Zeiten wird diese Vorstellung außerordentlich komisch erscheinen, denn sie ist ja nur komisch für denjenigen, der die Tatsache durchschaut. Aber es ist eine Vorstellung, von der heute ein großer Teil der fachmännischen und fachmännischesten Wissenschaft beherrscht ist. Sie können das nächstbeste Elementarbuch, das Sie über solche Dinge unterrichtet, aufschlagen, und Sie werden finden, man habe zu unterscheiden zwischen Sinneswahrnehmungsnerven und motorischen Nerven. Und man wird besonders das urkomische Bild von den Telegraphenleitungen - wie der Eindruck bis zum Zentralorgan geleitet und dort der Befehl gegeben wird, daß die Bewegung entstehe - gerade in populären Werken heute noch immer sehr verbreitet finden können.

Die Wirklichkeit ist allerdings schwieriger zu durchschauen, als die an die primitivsten Vorstellungen erinnernden Vergleichsvorstellungen von den Telegraphendrähten. Die Wirklichkeit kann nur durchschaut werden, wenn sie eben mit Geisteswissenschaft durchschaut wird. Daß ein Willensimpuls erfolgt, hat mit einem solchen Vorgange, den man in kindischer Weise so ausdrückt, als ob da irgendwo in einem materiellen Zentralorgan ein Befehl erteilt würde, wirklich gar nichts zu tun. Die Nerven sind nur da, um einer einheitlichen Funktion zu dienen, sowohl diejenigen Nerven, die man heute sensitive Nerven nennt, wie auch diejenigen, die man motorische Nerven nennt. Und ob nun im Rückenmark oder im Gehirn der Nervenstrang durchbrochen ist, beides weist auf dasselbe hin; im Gehirn ist er nur in komplizierterer Weise durchbrochen.

Diese Durchbrechung ist nicht deshalb da, damit durch die eine Hälfte, wenn ich so sagen darf, von der Außenwelt etwas zum Zentralorgan geleitet wird und dann, nachdem sie vom Zentralorgan durch die andere Hälfte in einen Willen umgewandelt worden ist, weitergeleitet würde. Diese Unterbrechung ist aus einem ganz andern Grunde da. Daß unser Nervensystem so gebaut und in dieser regelmäßigen Weise durchbrochen ist, hat seinen Grund darin: An der Stelle, wo unsere Nerven durchbrochen sind, da liegt im Abbilde im Menschen - allerdings nur im körperlichen Abbilde einer komplizierten geistigen Wirklichkeit — die Grenze zwischen physischem und geistigem Erfahren, physischem und geistigem Erleben. Sie ist allerdings im Menschen auf eine merkwürdige Weise enthalten. Sie ist so enthalten, daß der Mensch mit der ihm zunächstliegenden physischen Welt in eine solche Beziehung tritt, daß mit dieser Beziehung der Teil des Nervenstranges, der bis zu jener Unterbrechung geht, etwas zu tun hat. Aber der Mensch muß auch als seelisches Wesen eine Beziehung haben zu seinem eigenen physischen Leib. Diese Beziehung, die er zu seinem eigenen physischen Leib hat, ist durch den andern Teil vermittelt. Wenn ich eine Hand bewege, dadurch veranlaßt, daß ein äußerer Sinneseindruck auf mich gemacht worden ist, dann liegt der Impuls, daß diese Hand bewegt wird, vereinigt von der Seele mit dem Sinneseindruck, schematisch dargestellt, schon bereits hier (siehe Zeichnung, a). Und dasjenige, was geleitet wird, wird auf den ganzen sensitiven Nerven und den sogenannten motorischen Nerven entlang geleitet von a bis zu b. Das ist nicht so, daß der Sinneseindruck erst bis zu c geht und dann von da aus einen Befehl gibt, damit b dazu veranlaßt werde - nein, wenn ein Willensimpuls stattfindet, lebt das Seelische schon befruchtet bei a und geht durch den ganzen unterbrochenen Nervenweg durch.

Es ist keine Rede davon, daß solche kindischen Vorstellungen, als ob die Seele da irgendwo säße zwischen den sensitiven und motorischen Nerven und wie ein Telegraphist die Eindrücke der Außenwelt empfangen und dann Befehle aussenden würde, es ist keine Rede davon, daß diese kindischen Vorstellungen irgendeiner auch wie immer gearteten Wirklichkeit entsprechen würden. Diese kindische Vorstellung, die wir immer hören, nimmt sich recht sonderbar komisch aus neben der Forderung, man soll ja in der Naturwissenschaft nicht anthropomorphistisch sein! Da fordern nun die Leute, man solle ja nicht anthropomorphistisch sein und merken nicht, wie anthropomorphistisch sie sind, wenn sie Worte gebrauchen wie: Ein Eindruck wird empfangen, ein Befehl wird ausgegeben und so weiter. - Sie reden darauf los, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, was sie alles für mythologische Wesen - wenn sie die Worte ernst nehmen würden - hineinträumen in den menschlichen Organismus.

Nun entsteht aber die Frage: Warum ist der Nervenstrang unterbrochen? — Er ist unterbrochen aus dem Grunde, weil wir, wenn er nicht unterbrochen wäre, nicht eingeschaltet wären in den ganzen Vorgang. Nur dadurch, daß gewissermaßen der Impuls an der Unterbrechungsstelle überspringt - der gleiche Impuls, wenn es ein Willensimpuls ist, geht schon von a aus -, dadurch sind wir selbst drinnen in der Welt, dadurch sind wir bei diesem Impuls dabei. Würde er einheitlich sein, würde hier nicht eine Unterbrechung sein, so wäre das ganze ein Naturvorgang, ohne daß wir dabei wären.

Stellen Sie sich denselben Vorgang, den Sie bei einer sogenannten Reflexbewegung haben, vor: Eine Fliege setzt sich Ihnen irgendwo hin, der ganze Vorgang kommt Ihnen gar nicht voll zum Bewußtsein, aber Sie wehren die Fliege ab. Dieser ganze Vorgang hat sein Analogen, sein ganz gerechtfertigtes Analogen auf physikalischem Gebiete. Insofern dieser Vorgang physikalische Erklärung herausfordert, muß diese Erklärung nur etwas komplizierter sein als ein anderer physikalischer Vorgang. Nehmen Sie an, Sie haben hier einen Kautschukball, Sie stoßen hinein, Sie deformieren den Kautschukball: das geht wieder heraus, richtet sich wieder her. Sie stoßen nochmals hinein; er stößt wieder heraus. Das ist der einfache physikalische Vorgang: eine Reflexbewegung.

Zeichnung aus GA 179, S. 15
Zeichnung aus GA 179, S. 15

Nur ist kein Wahrnehmungsorgan eingeschaltet, nichts Geistiges ist eingeschaltet. Schalten Sie hier etwas Geistiges ein (innerer Kreis) und unterbrechen Sie hier (Zentrum), dann fühlt sich die Kautschukkugel als ein Eigenwesen. Die Kautschukkugel müßte dann allerdings, um sowohl die Welt wie sich zu empfinden, ein Nervensystem einschalten. Aber das Nervensystem ist immer da, um die Welt in sich zu empfinden, niemals irgendwie da, um auf der einen Seite des Drahtes eine Sensation zu leiten und auf der andern Seite des Drahtes einen motorischen Impuls zu leiten.

Ich deute dieses an aus dem Grunde, weil dies, wenn es weiter verfolgt wird, auf einen der zahlreichen Punkte hinführt, wo Naturwissenschaft korrigiert werden muß, wenn sie zu Vorstellungen führen soll, die einigermaßen der Wirklichkeit gewachsen sind. Die Vorstellungen, die heute herrschen, sind eben weiter nichts als solche Vorstellungen, die den Impulsen der Geister der Finsternis dienen. Im Menschen selber ist die Grenze zwischen dem physischen Erleben und dem geistigen Erleben.

Dieses Stück des Nervs, das ich rot bezeichnet habe, dient im wesentlichen dazu, um uns hineinzustellen in die physische Welt, um uns Empfindung zu vermitteln innerhalb der physischen Welt. Das andere Stück des Nervs, das ich blau bezeichnet habe, dient im wesentlichen dazu, um uns selbst uns empfinden zu lassen als Leib. Und es ist kein wesentlicher Unterschied, ob wir eine Farbe außen bewußt erleben durch den Strang a-c, oder ob wir innerlich ein Organ oder eine Organlage oder dergleichen erleben durch den Strang d-b; das ist im wesentlichen dasselbe. Das eine Mal erleben wir ein Physisches, das nicht in uns zu sein scheint, das andere Mal erleben wir ein Physisches, das in uns ist, das heißt innerhalb unserer Haut. Dadurch aber sind wir eingeschaltet, daß wir bei einem Willensvorgang alles das erleben können, was nicht nur außen ist, sondern auch was innerlich an uns ist. Aber die Stärke der Wahrnehmung ist verschieden vermittelt durch den Strang a-c und durch den Strang d-b. Dasjenige, was eintritt, ist allerdings eine wesentliche Abschwächung der Intensität. Wenn wir eine Vorstellung mit einem Willensimpuls zusammen formen in a, so wird dieser Impuls von a aus weitergeleitet. Indem er von c auf d überspringt, schwächt sich das Ganze so ab für unser Bewußtsein, für unser bewußtes Erleben, daß wir das weitere, was wir nun in uns erleben, die Hebung der Hand und so weiter, nur mit der geringen Intensität des Bewußtseins erleben, die wir sonst auch im Schlafe haben. Wir sehen das Wollen erst wiederum, wenn die Hand sich bewegt, wenn wir wieder von einer andern Seite her eine Sensation haben.“ (Lit.:GA 179, S. 11ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Wolf Singer in: Christian Geyer (Hrsg.): Hirnforschung und Willensfreiheit, 2004, S. 30ff.