Hermann Lotze und Emmy Noether: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Humboldt-Universitätsbibliothek-Lotze.jpg|mini|Rudolf Hermann Lotze]]
[[Datei:Noether retusche nachcoloriert.jpg|mini|Emmy Noether, vor 1910 (nachkoloriert)]]
'''Rudolf Hermann Lotze''' (* [[Wikipedia:21. Mai|21. Mai]] [[Wikipedia:1817|1817]] in [[Wikipedia:Bautzen|Budissin]]; † [[Wikipedia:1. Juli|1. Juli]] [[Wikipedia:1881|1881]] in [[Wikipedia:Berlin|Berlin]]) war ein deutscher [[Medizin]]er und [[Philosoph]], eine der zentralen Persönlichkeiten der akademischen Philosophie des 19. Jahrhunderts und gehörte bis in die 1920er Jahre zu den bekanntesten und meist diskutierten Philosophen Deutschlands, der auch weltweit hohes Ansehen genoss.  
'''Amalie Emmy Noether''' (''Emmy'' war der Rufname; * [[23. März]] [[1882]] in [[w:Erlangen]]; † [[14. April]] [[1935]] in [[w:Bryn Mawr (Pennsylvania)|Bryn Mawr]], [[w:Pennsylvania|Pennsylvania]]) war eine deutsche [[Mathematiker]]in, die grundlegende Beiträge zur [[Abstrakte Algebra|abstrakten Algebra]] und zur [[Theoretische Physik|theoretischen Physik]] lieferte. Insbesondere hat Noether die Theorie der [[Ring (Algebra)|Ringe]], [[Körper (Algebra)|Körper]] und [[Algebra|Algebren]] revolutioniert. Das nach ihr benannte [[Noether-Theorem]] gibt die Verbindung zwischen [[Symmetrie (Physik)|Symmetrien]] von physikalischen Naturgesetzen und [[Erhaltungsgröße]]n an.


== Leben ==
== Leben ==
=== Herkunft und Jugend ===
[[Datei:Schild, Geburtshaus Emmy Noether - Hauptstraße 23, Erlangen retuschiert.jpg|mini|Gedenktafel am Geburtshaus Emmy Noethers in Erlangen (Hauptstraße 23)]]
Emmy Noether stammte aus einer gutsituierten jüdischen Familie. Heute erinnert eine Tafel in der Erlanger Hauptstraße an ihr Geburtshaus. Ihr Vater [[w:Max Noether|Max Noether]] hatte einen Lehrstuhl für Mathematik an der [[w:Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg|Universität Erlangen]] inne. Ihr jüngerer Bruder, der Mathematiker [[w:Fritz Noether|Fritz Noether]], floh vor den [[w:Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] in die [[w:Sowjetunion|Sowjetunion]], wo er im Zuge des [[w:Großer Terror (Sowjetunion)|Großen Terrors]] unter [[w:Stalinismus|Stalin]] wegen angeblicher antisowjetischer Propaganda verurteilt und erschossen wurde.


Lotze wurde als drittes Kind eines Militärarztes in [[Wikipedia:Bautzen|Bautzen]] geboren. Er besuchte das Gymnasium in [[Wikipedia:Zittau|Zittau]], wo er später auch ein Jahr lang als praktischer Arzt tätig war. Er studierte in [[Wikipedia:Leipzig|Leipzig]], promovierte dort in [[Philosophie]] und habilitierte sich 1839 in [[Medizin]] und 1840 in Philosophie. 1843 wurde er zum außerordentlichen Professor der Philosophie ernannt und 1844 wurde er als Professor und Nachfolger von [[Johann Friedrich Herbart]] nach [[Wikipedia:Göttingen|Göttingen]] berufen.<ref>Volker Zimmermann: ''Lotze, Rudolph Hermann.'' In: [[Wikipedia:Werner E. Gerabek|Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Wikipedia:Gundolf Keil|Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 866 f.; hier: S. 866.</ref> In diese Zeit fallen seine bedeutendsten Arbeiten. 1864 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der [[Wikipedia:Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften|Preußischen Akademie der Wissenschaften]] gewählt. Seit 1876 war er auswärtiges Mitglied der [[Wikipedia:Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]. Teile seines Alterswerkes, vor allem sein System der Philosophie, verbinden sich mit [[Wikipedia:Berlin|Berlin]], wohin er 1880 berufen wurde, wo er aber auch kurze Zeit später (1881) starb.  
Emmy Noether zeigte in mathematischer Richtung keine besondere Frühreife, sondern hatte in ihrer Jugend Interesse an Musik und Tanzen. Sie besuchte die Städtische Höhere Töchterschule –&nbsp;das heutige [[w:Marie-Therese-Gymnasium|Marie-Therese-Gymnasium]]&nbsp;– in der Schillerstraße in Erlangen. Mathematik wurde dort nicht intensiv gelehrt. Im April 1900 legte sie die Staatsprüfung zur Lehrerin der englischen und französischen Sprache an Mädchenschulen in [[w:Ansbach|Ansbach]] ab. 1903 holte sie in [[w:Nürnberg|Nürnberg]] die externe Abiturprüfung am Königlichen [[w:Realgymnasium|Realgymnasium]] –&nbsp;dem heutigen [[w:Willstätter-Gymnasium|Willstätter-Gymnasium]]&nbsp;– nach.


Zu seinen bekanntesten Studenten gehörte der amerikanische Philosoph [[Wikipedia:Josiah Royce|Josiah Royce]] (1855-1916). Ein anderer Schüler von Lotze, der spätere Göttinger Philosophieprofessor [[Julius Baumann]] (1837-1916)<ref>http://kalliope-verbund.info/de/eac?eac.id=116088524</ref>, den [[Rudolf Steiner]] erwähnt, vertrat auf naturwissenschaftlicher Grundlage den [[Reinkarnation]]sgedanken:
=== Studium und Beruf ===
1903 wurden Frauen erstmals an [[w:Königreich Bayern|bayerischen]] Universitäten zum [[w:Frauenstudium|Studium]] zugelassen, was auch Emmy Noether die [[w:Immatrikulation|Immatrikulation]] an der [[w:Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg|Universität Erlangen]] erlaubte. Vorher hatte sie bereits mit Erlaubnis einzelner Professoren als Gasthörerin Vorlesungen an der [[w:Georg-August-Universität Göttingen|Universität Göttingen]] besucht, musste jedoch aufgrund einer Krankheit zurück nach [[w:Erlangen|Erlangen]]. Dort [[w:Promotion (Doktor)|promovierte]] sie 1907 in Mathematik bei [[w:Paul Gordan|Paul Gordan]]. Sie war damit die zweite Deutsche, die an einer deutschen Universität in Mathematik promoviert wurde.<ref>Die erste war [[w:Marie Gernet|Marie Gerne]] 1895 in Heidelberg bei [[w:Leo Koenigsberger|Leo Koenigsberger]], die auch als erste Mathematikerin mit [[w:Rigorosum|]] (Doktorprüfung) promoviert wurde. In Bern wurde 1907 [[w:Annie Leuch-Reineck|Annie Reineck]] (die aus Thüringen stammte) ebenfalls vor Emmy Noether promoviert. Siehe:
{{BibISBN|3593357496||Seite=137}}</ref> 1908 wurde sie Mitglied des ''[[w:Circolo Matematico di Palermo|Circolo Matematico di Palermo]],'' 1909 trat sie der [[w:Deutsche Mathematiker-Vereinigung|Deutschen Mathematiker-Vereinigung]] bei.


{{GZ|So lesen wir in der Schrift des Göttinger Philosophieprofessors
Im gleichen Jahr wurde sie von [[w:Felix Klein|Felix Klein]] und [[w:David Hilbert|David Hilbert]] an die [[w:Georg-August-Universität Göttingen|Georg-August-Universität Göttingen]] gerufen, da sie auf dem Forschungsgebiet der [[w:Differentialinvariante|Differentialinvariante]]n mittlerweile eine Größe war. Göttingen galt zu dieser Zeit als das führende mathematische Zentrum in der Welt. Durch Klein und Hilbert ermutigt, stellte Noether am 20.&nbsp;Juli 1915 einen Antrag auf [[w:Habilitation|Habilitation]] in Göttingen. Der Antragstellung folgten intensive kontroverse Diskussionen in der Fakultät, bei denen sich viele Fakultätsangehörige grundsätzlich gegen eine Habilitation von Frauen aussprachen. Letztlich konnten sich aber Hilbert und Klein durchsetzen; berühmt wurde die in diesem Zusammenhang gefallene Äußerung Hilberts, „eine Fakultät sei doch keine Badeanstalt“.<ref>Constance Reid: ''Hilbert-Courant.'' Springer 1986, S.&nbsp;143.<br />Diese Bemerkung hat auch einen konkreten Hintergrund. Die Göttinger Mathematiker trafen sich regelmäßig in der Klieschen Badeanstalt an der [[w:Leine (Aller)|Leine]], die nur für Männer zugelassen war, mit Ausnahme von Emmy Noether, die dort regelmäßig badete, und Nina Courant, der Ehefrau von Richard Courant und Tochter von [[w:Carl Runge|Carl Runge]].<br />P. Alexandroff: {{Webarchiv |url=http://gdz.sub.uni-goettingen.de/no_cache/dms/load/img/?IDDOC=248104 |wayback=20151127165150 |text=''Heinz Hopf zum Gedenken.''}}. Jahresbericht DMV 1976.</ref>
Julius Baumann über «Neuchristentum und
reale Religion» unter den neununddreißig Sätzen eines «Entwurfes
eines kurzen Inbegriffs realwissenschaftlicher Religion»
auch den folgenden (zweiundzwanzigsten): «... Wie
... in der unorganischen Natur die physikalisch-chemischen
Elemente und Kräfte nicht vergehen, sondern nur ihre Kombinationen
ändern, so ist dies nach realwissenschaftlicher Methode
auch anzunehmen von den organischen und den organisch-geistigen Kräften. ''Die Menschenseele als formale Einheit,
als verknüpfendes Ich kehrt wieder in neuen Menschenleibern und kann
so alle Stufen menschheitlicher Entwickelung durchleben.''»|34|85f}}


== Werk ==
Da die Habilitation von Frauen an preußischen Universitäten durch einen Erlass vom 29.&nbsp;Mai 1908 untersagt war, stellte die mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung der philosophischen Fakultät der Universität zu Göttingen am 26.&nbsp;November 1915 einen offiziellen Antrag an den preußischen Minister, der aber in dessen Antwort vom 5.&nbsp;November 1917 abschlägig beantwortet wurde. Emmy Noether blieb daraufhin nichts anderes übrig, als ihre Vorlesungen unter dem Namen von Hilbert anzukündigen, als dessen Assistentin sie fungierte.


Lotze, der sich ganz besonders von [[Gottfried Wilhelm Leibniz]] und dessen [[Monadologie]] angeregt fühlte, vereinigte in sich gleichermaßen [[naturwissenschaft]]liche als auch [[Philosophie|philosophische]] Kompetenz. Durch eine Synthese von [[Theismus]] und [[Pantheismus]], [[Dualismus]] ([[Pluralismus]]) und [[Monismus]], [[Mechanismus]] und [[Teleologie]], wollte er den dogmatischen [[Naturalismus]] überwinden<ref name="Eisler" />, ohne dabei die strenge wissenschaftliche Gesinnung aufzugeben.
Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und dem Zusammenbruch des [[w:Deutsches Kaiserreich|Kaiserreichs]] kam es in der [[w:Weimarer Republik|Weimarer Republik]] zu einer allgemeinen rechtlichen Besserstellung der Frauen. Neben dem [[w:Wahlrecht|Wahlrecht]] wurde auch die Habilitationsordnung so geändert, dass auch Frauen zur Habilitation zugelassen werden konnten. So konnte sich Emmy Noether 1919 als erste Frau in Deutschland in Mathematik habilitieren. Sie war außerdem die erste Frau in Deutschland, die eine (nichtbeamtete) Professur erhielt.<ref>Renate Tobies: ''[https://dmv.mathematik.de/die-dmv/geschichte/308-frauen-in-der-mathematik.html Frauen in der Mathematik.]'' DMV.</ref> Dennoch bekam sie erst 1922 eine außerordentliche Professur und erst 1923 ihren ersten bezahlten Lehrauftrag. Eine ordentliche Professur erhielt sie nie, im Gegensatz zu ihrem mathematisch weniger bedeutenden jüngeren Bruder Fritz, der bereits 1922 ordentlicher Professor wurde. Bis zur [[w:Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Hyperinflation im selben Jahr]] lebte sie sehr sparsam von einer Erbschaft. 1928/29 übernahm sie eine Gastprofessur in [[w:Moskau|Moskau]], 1930 in [[w:Frankfurt am Main|Frankfurt am Main]]. Bei ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion äußerte sie sich sehr positiv über die dortige Lage, weshalb ihr die [[w:Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] später unterstellten, eine [[Kommunismus|Kommunistin]] zu sein. Emmy Noether bekannte sich zum [[w:Pazifismus|Pazifismus]] und war von 1919 bis 1922 Mitglied der [[w:Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]], danach bis 1924 der [[w:Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Zusammen mit [[w:Emil Artin|Emil Artin]] erhielt sie 1932 den [[w:Ackermann-Teubner-Gedächtnispreis|Ackermann-Teubner-Gedächtnispreis]] für ihre gesamten wissenschaftlichen Leistungen. 1932 hielt sie einen Plenarvortrag auf dem [[w:Internationaler Mathematikerkongress|Internationalen Mathematikerkongress]] in [[w:Zürich|Zürich]] ''(Hyperkomplexe Systeme und ihre Beziehungen zur kommutativen Algebra und zur Zahlentheorie).''


[[Rudolf Steiner]] schreibt über Lotze:
=== USA ===
1933 wurde Emmy Noether durch das sogenannte [[w:Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums|Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums]] vom [[w:Zeit des Nationalsozialismus|Naziregime]] ihre [[w:Lehrerlaubnis|Lehrerlaubnis]] entzogen. Sie [[w:Auswanderung|emigrierte]] daraufhin in die USA. Vor dieser Entscheidung zog sie auch in Betracht, nach Moskau zu gehen. Doch die Bemühungen ihres dortigen Freundes, des Topologen [[w:Pawel Sergejewitsch Alexandrow|Pawel Alexandrow]], bei den sowjetischen Behörden eine Bewilligung zu erwirken, zogen sich zu lange hin. In den USA half ihr ehemaliger Göttinger Kollege [[w:Hermann Weyl|Hermann Weyl]], eine Stelle für sie zu finden. Ende 1933 erhielt sie eine Gastprofessur am Women’s College [[w:Bryn Mawr College|Bryn Mawr]] in [[w:Pennsylvania|Pennsylvania]]. Ab 1934 hielt Emmy Noether auch Vorträge am [[w:Institute for Advanced Study|Institute for Advanced Study]]. Dort beeinflusste sie [[w:Oscar Zariski|Oscar Zariski]] und wahrscheinlich [[w:Nathan Jacobson|Nathan Jacobson]] (und sie beeinflusste mit ihrem neuen Zugang zur Algebra auch [[w:Abraham Adrian Albert|Abraham Adrian Albert]]).<ref>Reinhard Siegmund-Schulze: ''Mathematicians fleeing from Nazi-Germany.'' Princeton University Press 2009, S.&nbsp;290.</ref> Sie kam 1934 noch einmal nach Europa und besuchte [[w:Emil Artin|Emil Artin]] und ihren Bruder Fritz in Deutschland. Emmy Noether verstarb am 14.&nbsp;April 1935 an den Komplikationen einer Unterleibsoperation, die wegen eines Tumors notwendig geworden war. Sie fand ihre letzte Ruhestätte unter dem Kreuzgang der M.&nbsp;Carey Thomas Library auf dem Campus des [[w:Bryn Mawr College|Bryn Mawr College]].


{{GZ|Lotze trat in seiner 1843 veröffentlichten Arbeit über
== Wirken ==
«Leben und Lebenskraft» (in R. Wagners Handwörterbuch
[[Datei:Ruhmeshalle Muenchen Emmy Noether Mathematikerin-1 retusche.jpg|mini|hochkant|Büste in der Ruhmeshalle in München]]
der Physiologie) mit Entschiedenheit gegen den Glauben
Emmy Noether gehört zu den Begründern der modernen [[Algebra]]. Ihre mathematische Profilierung entwickelte sich in der Zusammenarbeit und Auseinandersetzung mit dem Erlanger Professor [[w:Paul Gordan|Paul Gordan]], der auch ihr Doktorvater wurde. Man nannte diesen gerne den „König der Invarianten“. Die Invariantentheorie beschäftigte Emmy Noether bis in das Jahr 1919.
auf, daß in den Lebewesen eine besondere Kraft, die
Lebenskraft, vorhanden sei, und verteidigte den Gedanken,
daß die Lebenserscheinungen nur durch komplizierte
Vorgänge von der Art zu erklären sind, wie sie sich auch
in der leblosen Natur abspielen. Er stellte sich in dieser
Beziehung also durchaus auf die Seite der neueren naturwissenschaftlichen
Vorstellungsart, die den alten Gegensatz
zwischen dem Leblosen und dem Lebendigen zu überbrücken
suchte. Im Sinne eines solchen Gesichtspunktes
sind seine Werke gehalten, die naturwissenschaftliche
Dinge behandeln: seine «Allgemeine Pathologie und Therapie
als mechanische Naturwissenschaften» (1842) und
«Allgemeine Physiologie des körperlichen Lebens» (1851).|18|503}}


Als [[Physiologe]] verwarf Lotze 1843 in seiner Abhandlung ''Leben und Lebenskraft'' den (unkritischen) [[Vitalismus]]<ref name="Schischkoff419"> [[Wikipedia:Georgi Schischkoff|Georgi Schischkoff]] (Hg.): ''Philosophisches Wörterbuch'', 21. Auflage, Kröner, Stuttgart 1982, Stichwort: ''Lotze, Rudolf Hermann'', S. 419</ref>, der alle wissenschaftliche Forschung untergrabe, indem er sich auf willkürliche Eingriffe Gottes beriefe<ref>Ein Problem, das durchaus auch auf viele Varianten des modernen [[Intelligent Design]] zutrifft.</ref>.
Abweichend von Gordans Interessensschwerpunkten wandte sich Noether der Auseinandersetzung mit den abstrakten algebraischen Methoden zu. Gordan hatte Hilberts [[Beweis (Mathematik)|Beweis]] seines [[w:Hilbertscher Basissatz|Basistheorems]], der viele Resultate Gordans verallgemeinerte, aber ein reiner Existenzbeweis war, mit den Worten kommentiert, dass dies nicht Mathematik, sondern Theologie sei.<ref>Constance Reid: ''Hilbert-Courant.'' Springer 1986, S.&nbsp;34 (Ausgabe in einem Band).</ref>


{{Zitat|Wenn die Physiologie des Lebendigen den Satz aufstellt, dass aus der Complexion einfacher Stoffe a, b, c, manchmal zwar das Resultat d folge, welches nach allgemein mechanischen Gesetzen dieser Verbindung zukommt, manchmal aber auch e, welches ohne mechanische Berechtigung von der Allmacht Gottes hinzugefügt werde, wer kann uns dann noch die Richtigkeit mechanischer Regeln auch nur innerhalb der Grenzen des unbelebten Geschehens sichern? Warum soll nicht auch am Hebel zuweilen eine mechanisch nicht zulässige Wirkung hervortreten? Mit dieser Annahme, dass aus gleichen Prämissen mehr als ein Schluss möglich ist, hört alle Naturwissenschaft in einer haltlosen Zweideutigkeit der Gesetze und Erscheinungen auf.|Hermann Lotze|''Leben. Lebenskraft''<ref>Hermann Lotze: ''Kleine Schriften'', Band 1, Verlag von S. Hirzel, Leipzig 1885, [https://archive.org/stream/kleineschriften01unse_0#page/144/mode/2up S. 145]</ref>}}
Ab 1920 verlegte sie ihren Forschungsschwerpunkt auf die allgemeine [[w:Idealtheorie|Idealtheorie]]. In Göttingen gründete sie eine eigene Schule: Seit Mitte der 1920er Jahre fand sie eine Reihe von hochbegabten Schülern aus aller Welt, die sich um sie scharten. Ihre Studenten nannte sie ihre „Trabanten“ oder die „Noether-Knaben“. Zu ihren Doktoranden zählen [[w:Grete Hermann|Grete Hermann]], [[w:Jakob Levitzki|Jakob Levitzki]], [[w:Max Deuring|Max Deuring]], [[w:Ernst Witt|Ernst Witt]], dessen offizieller Betreuer [[w:Gustav Herglotz|Herglotz]] war, [[w:Heinrich Grell|Heinrich Grell]], [[w:Zeng Jiongzhi|Chiungtze Tsen]], [[w:Hans Fitting (Mathematiker)|Hans Fitting]], [[w:Otto Franz Georg Schilling|Otto Schilling]] und zu ihrem Schülerkreis [[w:Bartel Leendert van der Waerden|Bartel Leendert van der Waerden]]. Andere bedeutende Algebraiker in Deutschland, die mit der Schule verbunden waren, waren Emil Artin, [[w:Helmut Hasse|Helmut Hasse]] (mit dem sie den wichtigen Satz von Brauer-Hasse-Noether in der Theorie der Algebren bewies) und [[w:Wolfgang Krull|Wolfgang Krull]].


Steiner schreibt weiter:
In Göttingen, damals Weltzentrum mathematischer Forschung, baute sie eine eigene mathematische Schule auf. Van der Waerden schrieb in seinem berühmten zweibändigen Algebrawerk ([[Moderne Algebra]]), dass es auch auf Vorlesungen von Emil Artin und Emmy Noether aufbaute. Noether wird auch eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung abstrakter algebraischer Methoden in der [[Topologie (Mathematik)|Topologie]] zugeschrieben, fast ausschließlich durch mündliche Beiträge zum Beispiel in den Vorlesungen von [[w:Heinz Hopf|Heinz Hopf]] 1926/27 in Göttingen und in ihren eigenen Vorlesungen um 1925.<ref>In Veröffentlichungen nur in einer kurzen Mitteilung<br />''Ableitung der Elementarteilertheorie aus der Gruppentheorie.'' Jahresbericht DMV, Band&nbsp;34, 1926, 2.&nbsp;Abteilung, S.&nbsp;104, Nachricht vom 27.&nbsp;Januar 1925.<br />Alexandroff erwähnt in seinen Erinnerungen (Russ. Math. Surveys 1979), dass Emmy Noether ihre Idee der Einführung von Bettigruppen von Komplexen bei einem Abendessen im Dezember 1925 in [[w:Luitzen Egbertus Jan Brouwer|Brouwers]] Haus ausführte.<br />Frei, Stammbach: ''Heinz Hopf.'' In I.&nbsp;James: ''History of Topology.'' 1999, S.&nbsp;996.</ref> Das beeinflusste auch den Topologen [[w:Pawel Sergejewitsch Alexandrow|Pawel Sergejewitsch Alexandrow]], der Göttingen besuchte.


{{GZ|Lotze hat eine Auslegung der Welterscheinungen, wie
Auch in der [[Theoretische Physik|theoretischen Physik]] leistete sie Außerordentliches und legte 1918 mit dem Noether-Theorem<ref>Noether: ''Invariante Variationsprobleme.'' Nachrichten der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse, 1918, S.&nbsp;235–257, [http://arxiv.org/abs/physics/0503066v1 Englische Übersetzung.]</ref> den Grundstein zu einer neuartigen Betrachtung von [[Erhaltungssatz|Erhaltungsgrößen]]. 50 Jahre nach ihrem Tod, im letzten Viertel des 20.&nbsp;Jahrhunderts, entwickelte sich das Noether-Theorem zu einer der wichtigsten Grundlagen der modernen Physik.
sie den Bedürfnissen seines Gemütes entspricht, in seinem
Werke «Mikrokosmos» (1856-1864) und in seinen Schriften
«Drei Bücher der Logik» (1874) und «Drei Bücher
Metaphysik» (1879) gegeben. Auch sind die Nachschriften
der Vorträge erschienen, die er über die verschiedenen Gebiete
der Philosophie gehalten hat. Sein Verfahren stellt
sich dar als ein Verfolgen der streng natürlichen Gesetzmäßigkeit
in der Welt, und ein nachheriges Zurechtlegen
dieser Gesetzmäßigkeit im Sinne einer idealen, harmonischen,
seelenvollen Ordnung und Wirksamkeit des Weltgrundes.
Wir sehen ein Ding auf das andere wirken; aber
das erstere könnte das zweite gar nicht zu einer Wirkung
vermögen, wenn nicht eine ursprüngliche Verwandtschaft
und Einheit zwischen den beiden bestünde. Dem zweiten
Dinge müßte es gleichgültig bleiben, was das erste vollbringt,
wenn es nicht die Fähigkeit hätte, im Sinne dessen,
was das erste will, sein eigenes Tun einzurichten. Eine Kugel
kann durch eine andere, von der sie gestoßen wird,
nur dann zu einer Bewegung veranlaßt werden, wenn sie
gewissermaßen der anderen mit Verständnis entgegenkommt,
wenn in ihr dasselbe Verständnis von Bewegung
ist wie in der ersten. Die Bewegungsfähigkeit ist etwas,
was sowohl in der einen wie in der andern Kugel als ihr
Gemeinsames enthalten ist. Alle Dinge und Vorgänge
müssen ein solches Gemeinsames haben. Daß wir sie als
Dinge und Vorkommnisse wahrnehmen, die voneinander
getrennt sind, rührt daher, daß wir bei unserer Beobachtung
nur ihre Außenseite kennenlernen; könnten wir in
ihr Inneres sehen, so erschiene uns das, was sie nicht trennt,
sondern zu einem großen Weltganzen verbindet. Nur ein
Wesen gibt es für uns, das wir nicht bloß von außen, sondern
von innen kennen, das wir nicht nur anschauen, sondern
in das wir hineinschauen können. Das ist unsere
eigene Seele, das Ganze unserer geistigen Persönlichkeit.
Weil aber alle Dinge in ihrem Innern ein Gemeinsames
aufweisen müssen, so muß ihnen allen auch mit unserer
Seele das gemeinsam sein, was deren innersten Kern ausmacht.
Wir dürfen daher uns das Innere der Dinge ähnlich
der Beschaffenheit unserer eigenen Seele vorstellen.
Und der Weltgrund, der als das Gemeinsame aller Dinge
waltet, kann von uns nicht anders gedacht werden, denn
als eine umfassende Persönlichkeit nach dem Bilde unserer
eigenen Persönlichkeit. «Der Sehnsucht des Gemütes, das
Höchste, was ihm zu ahnen gestattet ist, als Wirklichkeit
zu fassen, kann keine andere Gestalt seines Daseins als
die der Persönlichkeit genügen oder nur in Frage kommen.
So sehr ist sie davon überzeugt, daß lebendige, sich
selbst besitzende und genießende Ichheit die unabweisliche
Vorbedingung und die einzige mögliche Heimat alles Guten
und aller Güter ist, so sehr von stiller Geringschätzung
gegen alles anscheinend leblose Dasein erfüllt, daß
wir stets die beginnende Religion in ihren mythenbildenden
Anfängen beschäftigt finden, die natürliche Wirklichkeit
zur geistigen zu verklären, nie hat sie dagegen ein
Bedürfnis empfunden, geistige Lebendigkeit auf blinde
Realität als festeren Grund zurückzudeuten.» Und seine
eigene Empfindung gegenüber den Dingen der Natur kleidet
Lotze in die Worte: «Ich kenne sie nicht, die toten
Massen, von denen ihr redet; mir ist alles Leben und Regsamkeit
und auch die Ruhe und der Tod nur dumpfer
vorübergehender Schein rastlosen inneren Webens.» Und
wenn die Naturvorgänge, wie sie in der Beobachtung erscheinen,
nur solch ein dumpfer vorübergehender Schein
sind, so kann auch ihr tiefstes Wesen nicht in dieser der
Beobachtung vorliegenden Gesetzmäßigkeit, sondern in
dem «rastlosen Weben» der sie alle beseligenden Gesamtpersönlichkeit,
in deren Zielen und Zwecken gesucht werden.
Lotze stellt sich daher vor, daß sich in allem natürlichen
Wirken ein von einer Persönlichkeit gesetzter moralischer
Zweck zum Ausdrucke bringt, dem die Welt zustrebt.
Die Naturgesetze sind der äußere Ausdruck einer
allwaltenden ethischen Gesetzmäßigkeit der Welt. Es steht
mit dieser ethischen Auslegung der Welt vollkommen im
Einklang, was Lotze über das Fortleben der menschlichen
Seele nach dem Tode vorbringt: «Kein anderer Grundsatz
steht uns außer der allgemeinen idealistischen Überzeugung
zu Gebote: fortdauern werde jedes Geschaffene, dessen
Fortdauer zu dem Sinne der Welt gehört; ...vergehen
werde alles, dessen Wirklichkeit nur in einer vorübergehenden
Phase des Weltlaufs seine berechtigte Stelle
hatte. Daß dieser Grundsatz keine weitere Anwendung in
menschlichen Händen gestatte, bedarf kaum der Erwähnung;
wir kennen sicher die Verdienste nicht, die dem
einen Wesen Anspruch auf ewiges Bestehen erwerben
können, noch die Mängel, die ihn anderen versagen.»
(Drei Bücher Metaphysik, § 245<ref>Hermann Lotze: ''Drei Bücher Metaphysik'', Verlag von S. Hirzel, Leipzig 1879, [https://archive.org/stream/systemderphilos03lotzgoog#page/n501/mode/2up § 245]</ref>.) Wo Lotze seine Betrachtungen
einmünden läßt in das Gebiet der großen philosophischen
Rätselfragen, erhalten seine Gedanken einen
unsicheren Charakter. Es ist ihnen anzumerken, daß ihr
Träger aus seinen beiden Erkenntnisquellen, der Naturwissenschaft
und der seelischen Selbstbeobachtung, keine
sichere Vorstellung gewinnen kann über das Verhältnis
des Menschen zum Weltverlauf. Die innere Kraft der
Selbstbeobachtung dringt nicht durch zu einem Gedanken,
welcher dem Ich ein Recht geben könnte, sich als eine bestimmte
Wesenheit innerhalb des Weltganzen zu erfühlen.
In seinen Vorlesungen über «Religionsphilosophie»
steht zu lesen: «Der ‚Glaube an ''Unsterblichkeit''‘ hat kein
anderes sicheres Fundament als das ‚''Religiöse Bedürfnis''‘.
Es läßt sich daher auch philosophisch über die Art der Fortdauer
nichts weiter bestimmen, als was aus einem einfachen
metaphysischen Satze fließen könnte. Nämlich: da wir
jedes Wesen nur als ''Geschöpf'' Gottes betrachten, so gibt es
durchaus kein ursprünglich gültiges ''Recht'', auf welches die
einzelne Seele, etwa als «Substanz» sich berufen könnte, um
ewige individuelle Fortdauer zu fordern. Vielmehr können
wir bloß behaupten: jedes Wesen werde ''so lange'' von Gott
''erhalten'' werden, als sein Dasein eine wertvolle Bedeutung
für das Ganze seines Weltplanes hat...» In der Unbestimmtheit
solcher Sätze drückt sich aus, welche ''Tragweite'' die
Lotzeschen Ideen in das Gebiet der großen philosophischen
Rätselfragen hinein entwickeln können.|18|505ff}}
 
«[[Sein]]» heißt nach Lotze „in Beziehung stehen“; ein beziehungsloses Sein scheint ihm undenkbar, denn ein solches „reines“ Sein, so argumentiert Lotze, wäre an keinem Ort der Welt, zu keinem Zeitpunkt der Ereignisreihe zu finden und würde sich durch keine Wirkung auf irgend etwas kundgeben und sei mithin vom ''Nichtseienden'' nicht zu unterscheiden<ref>Hermann Lotze: ''Grundzüge der Metaphysik'', 1883, [https://archive.org/stream/grundzgedermeta01lotzgoog#page/n19/mode/2up S. 10]</ref>. Die [[Raum|räumlichen Beziehungen]], sind nur [[Erscheinung]]en der in Wahrheit unräumlichen Beziehungen der eigentlichen Elemente der [[Ding]]e, der „unräumlichen Atome“, der [[Monade]]n, die einfache ausdehnungslose immaterielle Wesen mit rein [[Qualität|qualitativen]] Eigenschaften sind.  Als einfache [[Substanz]]en mit inneren Zuständen, durch die sie die Welt spiegeln, bewirken sie erst durch ihre Verbindung die Erscheinung der [[Materie]] und [[Körper]]lichkeit. [[An sich]] wirken sie nur durch ihre ''inneren'' Zustände aufeinander und das erscheint äußerlich als gesetzmäßige räumliche [[Mechanik|mechanische]] [[Bewegung]]. Nirgends geschieht daher äußerlich etwas anders als durch Vermittlung dieses [[Mechanismus]]. Das allen Monaden Gemeinsame aber ist der göttliche Urgrund, aus und in dem sie sind, der ihre [[Wechselwirkung]] erst ermöglicht und den Bewegungen ihr [[Ziel]] gibt, das den göttlichen [[Idee]]n entspricht.
 
{{Anker|Teleologischer Idealismus}}
Seinen eigenen wissenschaftlichen Standpunkt bezeichnete Lotze konsequent als '''teleologischen Idealismus''', indem die [[Metaphysik]] ihren Anfang nicht in sich selbst, sondern vielmehr in der [[Ethik]] habe: „''Nur die Einsicht in das, was sein soll, wird uns auch die eröffnen in das, was ist.''“<ref name="Eisler">[[Wikipedia:Rudolf Eisler (Philosoph)|Rudolf Eisler]]: ''[http://www.zeno.org/Eisler-1912/A/Lotze,%20Rudolf%20Hermann Lotze, Rudolf Hermann]'' in ''Philosophen-Lexikon. Erste Ausgabe'', Berlin 1912, S. 425–432</ref> In diesem Sinn beschäftigte er sich auch mit dem Rätsel des [[Das Böse|Bösen]]<ref>Hermann Lotze: ''Mikrokosmos. Ideen zur Naturgeschichte und Geschichte der Menschheit'', Band 3, 9. Buch, 5. Kapitel, 2. Auflage, Verlag von S. Hirzel, Leipzig 1872, [https://archive.org/stream/mikrokosmusidee08lotzgoog#page/n589/mode/2upS. 576ff.]</ref>.
 
{{GZ|Ein Denker des neunzehnten Jahrhunderts, der wahrhaftig
zu den bedeutendsten gehört, versuchte sich mit dem
Übel und dem Bösen auseinanderzusetzen, und die Hauptgedanken
seines Denkens möchte ich kurz darstellen. Er sah
in der Welt um sich herum Teile des Übels, Teile des menschlichen
Bösen, und er stand als ein Philosoph, bei dem insbesondere
die Gemütseigenschaften tief ausgebildet waren,
vor dem Übel und dem Bösen: ''Hermann Lotze'', einer der
bedeutendsten Denker des neunzehnten Jahrhunderts, der
den sehr bedeutenden «Mikrokosmos» zum Beispiel und
andere für das neunzehnte Jahrhundert bedeutsame philosophische
Werke geschrieben hat. Versuchen wir uns vor die
Seele zu rufen, wie Hermann Lotze, also einer unserer bedeutendsten
Zeitgenossen, vor dem Problem des Bösen steht.
 
Er sagt sich: Wegleugnen läßt sich das Böse nicht. Wie
hat man sich die Frage nach dem Bösen zu beantworten versucht?
Man hat zum Beispiel gesagt, daß das Übel und das
Böse im Leben da sein müsse; denn nur dadurch, daß sich die
Menschenseele aus dem Bösen herausarbeite, könne man sie
erziehen. Da nun Lotze nicht zu den Atheisten gehört, sondern
einen die Welt durchlebenden und durchwebenden Gott
annimmt, so sagt er: Wie muß man sich also im Sinne der
Erziehungsidee zu dem Bösen und dem Übel stellen? Man
müsse annehmen, daß Gott das Böse und das Übel gebraucht
hätte, um die Menschen herauszuarbeiten und zum freien
Gebrauch ihrer Seele zu erheben. Das konnte nur geschehen,
indem sie selbst diese innere Arbeit verrichteten, indem sie
selbst diesen inneren Zustand erlebten, der in dem Herausarbeiten
aus dem Bösen besteht, und dadurch erst, selbstbewußt
ihr wahres Wesen und ihren wahren Wert erkennen
lernten. - Lotze wendet zugleich dagegen ein: Wer eine
solche Antwort gibt, berücksichtige vor allem nicht die Tierwelt,
in welcher uns wahrhaftig nicht nur das Übel, sondern
auch das Böse im umfassenden Sinne entgegentreten. Wie
tritt uns in der Tierwelt Grausamkeit, wie tritt uns alles,
was, in das Menschenleben heraufgenommen, zu den furchtbarsten
Lastern werden kann, überall in der Tierwelt entgegen!
Wer aber vermöchte der Tierwelt gegenüber die Erziehung
ins Feld zu führen, die ja bei der Tierwelt nicht
angeführt werden kann? So weist Lotze die Idee der Erziehung
ab. Insbesondere macht er darauf aufmerksam, daß
der Allmacht seines Gottes diese Erziehungsidee widersprechen
würde; denn nur dann habe man nötig, meint Lotze,
das Bessere in einem Wesen aus dem Schlechten herauszuarbeiten,
wenn man erst das Schlechte gegeben hat. Aber das
würde der Allmacht des Gottes widersprechen: erst das
Schlechte herausarbeiten zu müssen, gleichsam zur Vorbereitung,
um dann das Gute darauf auferbauen zu können.
 
So wendet sich denn Lotze dahin zu sagen: Vielleicht
müsse man diejenigen mehr berücksichtigen, welche da sagen:
Dasjenige, was böse, was schlecht ist, was ein Übel ist,
das ist dies nicht durch die Allmacht Gottes, nicht durch den
Willen irgend eines bewußten Wesens; sondern es ist mit
dem, was in der Welt existiert, das Übel so verbunden,
wie zum Beispiel die Tatsache, daß die drei Winkel eines
Dreieckes zusammen 180° betragen, mit einem Dreieck
verbunden ist. Wenn Gott also überhaupt eine Welt schaffen
wollte, mußte er sich richten nach dem, was ohne ihn wahr
ist, daß mit irgendeiner Welt, die er schaffen wollte, das
Böse und das Übel verbunden ist. Er mußte also, wenn er
überhaupt eine Welt schaffen wollte, das Böse und das Übel
mitscharfen. - Dagegen wendet Lotze ein: Dann aber beschränken
wir erst recht das, was man als das Wirken und
Weben eines göttlichen Wesens durch die Welt annehmen
könne. Denn wenn man die Welt betrachtet, dann muß
man sagen: Nach den allgemeinsten Gesetzen, nach dem,
wie man sich die Welterscheinungen durchdenken kann, wäre
sehr wohl eine Welt denkbar ohne das Übel und das Böse.
Wenn man die Welt betrachte, müsse man gerade sagen, gegen
eine eigentliche Freiheit verstoße das Böse; es müsse also
gerade durch die Willkür, durch die Freiheit des göttlichen
Wesens hervorgerufen werden.
 
Wir könnten noch anderes anführen, was Lotze und andere
Denker - Lotze ist hier nur als Typus angeführt -
gegenüber dem Problem und dem Rätsel des Bösen gesagt
haben. Ich will nur auf das aufmerksam machen, wohin
Lotze zuletzt kommt, weil das nachher für uns wichtig sein
wird., So wendet sich Lotze gegen den deutschen Philosophen
Leibniz, der ja eine «Theodizee», das heißt die Rechtfertigung
Gottes gegenüber dem Übel, geschrieben hat und
die Anschauung vertreten hat, daß diese Welt, wenn sie
auch viel Übel enthalte, doch die bestmöglichste der Welten
sei. Denn wäre sie nicht die bestmöglichste, meint Leibniz,
so müsse entweder Gott die bestmöglichste Welt nicht gekannt
haben - das verstößt gegen seine Allwissenheit; oder
aber er müßte sie nicht haben schaffen wollen, das verstößt
gegen seine Allgüte; oder er müßte sie nicht haben schaffen
können - das verstößt gegen seine Allmacht. Nun sagt Leibniz,
da man im Denken gegen diese drei Prinzipien Gottes
nicht verstoßen könne, so müsse man annehmen, daß die
Welt die bestmöglichste sei. - Dagegen wendet nun Lotze
ein: jedenfalls könne man nicht von einer Allmacht Gottes
sprechen, wenn man in der Welt, wo doch Übel sind und
Böses waltet, diese für einen Ausfluß Gottes halte. Daher
müsse man sagen, so meint Lotze, Leibniz habe die Allmacht
Gottes beschränkt und dadurch sich die Lehre von
der bestmöglichsten der Welten erkauft.
 
Nun meint Lotze, gebe es noch einen Ausweg. Man müsse
sagen: Im großen ganzen zeige sich überall, wenn man den
Kosmos betrachtet, Ordnung und Harmonie; nur im einzelnen
sehe man Übel und Böses. Da sagt Lotze: Was aber
kann man auf eine Anschauung geben, die eigentlich bloß
von der Anschauung der Menschen abhängt? Denn von einer
Welt, wo im großen und ganzen Ordnung und Harmonie
herrschen, die man bewundern könne, und wo im einzelnen
Übel und Böses wie schwarze Flecken sich zeigen, könne
man den Ausdruck gebrauchen: Was sagt es, wenn im großen
und ganzen Ordnung und Harmonie in einer Welt herrschen,
und im einzelnen überall Übel und Böses zu finden
ist? Da meint dann Lotze - und das ist die Spitze seiner
Ausführungen, zu der wir hintendieren wollen-, man sollte
sich doch lieber das eine sagen: Das Übel und das Böse sind
doch in der Welt; es muß weise sein, daß das Übel wie das
Vortreffliche, das Böse wie das Gute da seien; wir können
nur diese Weisheit nicht einsehen. Also sind wir gezwungen,
dem Übel und dem Bösen gegenüber eine Grenze unseres
Erkennens anzunehmen. Es müsse doch Weisheit geben, welche
nicht die menschliche Weisheit ist, meint Lotze, Weisheit,
zu der wir nur nicht kommen können, und die die Übel
rechtfertigt. Also in eine unbekannte Welt der Weisheit versetzt
Lotze das weisheitsvolle Begreifen des Übels und des
Bösen.
 
Ich habe ausdrücklich wenigstens diese, für viele mehr
oder weniger pedantischen Auseinandersetzungen gemacht,
weil sie uns zeigen, mit welchen Waffen man sich dem Begreifen
des Übels und des Bösen im philosophischen Denken
der Menschheit zu nähern versucht hat, und wie man dort
immer wieder und wieder zu dem Geständnis gekommen
ist: diese Waffen erweisen sich gegenüber einem Rätsel, das
uns auf Schritt und Tritt im Leben begegnet, doch recht
stumpf, ja, wie Lotze sagt, als völlig ungeeignet.|63|231}}


== Schriften ==
== Schriften ==
* ''Über die Bildung des Formensystems der ternären biquadratischen Form.'' Erlangen 1908, {{OCLC|313561222}} (Inaugural-Dissertation Universität Erlangen 1907, 72 Seiten).
* ''Der Endlichkeitssatz der Invarianten Endlicher Gruppen.'' In: ''[[Mathematische Annalen]].'' 77, 1915, S.&nbsp;89–92, [https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN235181684_0077 GDZ]
* ''Invariante Variationsprobleme.'' In: ''Nachr. D. König. Gesellsch. D. Wiss. Zu Göttingen, Math-phys. Klasse.'' Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1918, S.&nbsp;235–257, [[s:Invariante Variationsprobleme|Volltext bei Wikisource]]
* ''Idealtheorie in Ringbereichen.'' In: ''[[Mathematische Annalen]].'' 83, 1921, S.&nbsp;24–66, [https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN235181684_0083 GDZ]
* [[w:Nathan Jacobson|Nathan Jacobson]] (Hrsg.): ''Gesammelte Abhandlungen / Collected Papers.'' Springer, Berlin u.&nbsp;a. 1983, ISBN 3-540-11504-8.
* [[w:Franz Lemmermeyer|Franz Lemmermeyer]], [[w:Peter Roquette|Peter Roquette]] (Hrsg.): ''[http://webdoc.sub.gwdg.de/univerlag/2006/hasse_noether_web.pdf Helmut Hasse und Emmy Noether. Die Korrespondenz 1925–1935.]'' (PDF; 4&nbsp;MB). Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2006, ISBN 3-938616-35-0.


* ''[http://books.google.de/books?id=cw4sAAAAYAAJ Metaphysik]'', Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig 1841 ([http://books.google.de/books?id=f2IpAAAAYAAJ weiterer Scan], [http://books.google.de/books?id=9TgIAAAAQAAJ dito])
== Literatur ==
* ''[http://books.google.de/books?id=bZc_AAAAcAAJ Allgemeine Pathologie und Therapie als mechanische Naturwissenschaften]'', Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig 1842; [http://books.google.de/books?id=FJg_AAAAcAAJ 2. Auflage] 1848 ([http://books.google.de/books?id=WMgEAAAAYAAJ weiterer Scan])
* [[w:Auguste Dick|Auguste Dick]]: ''Emmy Noether. 1882–1935'' (=&nbsp;''Elemente der Mathematik.'' Kurze Mathematiker-Biographien, Beih.&nbsp;13). Birkhäuser, Basel 1970, {{DNB|456448861}}.
* ''[http://books.google.de/books?id=zBIOAAAAYAAJ Logik]'', Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig 1843 ([http://books.google.de/books?id=1b0yAAAAYAAJ weiterer Scan])
** Englische Übersetzung, Birkhäuser 1981.
* ''[http://books.google.de/books?id=b-QFAAAAQAAJ Ueber den Begriff der Schönheit]'', Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1845 (abgedruckt aus den ''Göttinger Studien''; [http://www.archive.org/details/ueberdenbegriffd00lotz weiterer Scan])
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* ''[http://www.archive.org/details/berDenBegriffDerSchnheit Ueber Bedingungen der Kunstschönheit]'', Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1847 (abgedruckt aus den ''Göttinger Studien'')
* Alain Herreman: ''Topology becomes algebraic with Emmy Noether. Linear combinations and the algebraisation of topology'' (=&nbsp;''Preprint.'' MPI für Wissenschaftsgeschichte, Bd.&nbsp;106). Berlin 1998, {{DNB|956466419}}.
* ''[http://books.google.de/books?id=QH8I6_sWTbsC Allgemeine Physiologie des koerperlichen Lebens]'', Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig 1851
* [[w:Clark Kimberling|Clark Kimberling]]: ''Emmy Noether.'' In: ''American Mathematical Monthly.'' Februar 1972, S.&nbsp;136.
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* [[w:Peter Roquette|Peter Roquette]]: ''The Brauer-Hasse-Noether theorem in historical perspective'' (=&nbsp;''Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.'' 15). Springer, Berlin u.&nbsp;a. 2005, ISBN 3-540-23005-X.
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* [[w:Renate Tobies|Renate Tobies]]: ''Emmy Noether&nbsp;– „Meine Herren, eine Universität ist doch keine Badeanstalt!“'' In: ''Spektrum der Wissenschaft.'' August 2004, S.&nbsp;70–77.
** ''[http://books.google.de/books?id=2b0IAAAAQAAJ Dritter Band]'', 1864 (''Die Geschichte'', ''Der Fortschritt'', ''Der Zusammenhang der Dinge''; [http://books.google.de/books?id=WoU3AAAAMAAJ weiterer Scan], [http://books.google.de/books?id=ld0OAAAAIAAJ dito]); [http://www.archive.org/details/mikrokosmus02unkngoog 2. Auflage] 1872 ([http://www.archive.org/details/mikrokosmusidee02lotzgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/mikrokosmusidee08lotzgoog dito]); [http://www.archive.org/details/mikrokosmusidee14lotzgoog 3. Auflage] 1880; [http://www.archive.org/details/mikrokosmusidee09lotzgoog 4. Auflage] 1888 ([http://www.archive.org/details/mikrokosmusidee15lotzgoog weiterer Scan])
* [[w:Cordula Tollmien|Cordula Tollmien]]: ''„Sind wir doch der Meinung, daß ein weiblicher Kopf nur ganz ausnahmsweise in der Mathematik schöpferisch tätig sein kann&nbsp;…“&nbsp;– eine Biographie der Mathematikerin Emmy Noether (1882–1935) und zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Habilitation von Frauen an der Universität Göttingen.'' In: ''Göttinger Jahrbuch.'' 38, 1990, S.&nbsp;153–219, {{ISSN|0072-4882}}.
* ''[http://books.google.de/books?id=WoMRAAAAYAAJ Streitschriften. Erstes Heft. In Bezug auf Prof. I. H. Fichte’s Anthropologie]'', S. Hirzel, Leipzig 1857 ([http://www.archive.org/details/StreitschriftenErstesHeft weiterer Scan])
* [[w:Bartel Leendert van der Waerden|Bartel L. van der Waerden]]: ''A history of Algebra. From al-Khwarizmi to Emmy Noether.'' Springer, Berlin u.&nbsp;a. 1985, ISBN 3-540-13610-X.
* ''[http://books.google.de/books?id=xS9gvqLpeCcC Geschichte der Aesthetik in Deutschland]'', J. G. Cotta’sche Buchhandlung, München 1868 (Band 7 von ''Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit''; [http://books.google.de/books?id=sYwRtrpg9r8C weiterer Scan], [http://books.google.de/books?id=2xk2AAAAMAAJ dito], [http://www.archive.org/details/geschichtederaes00lotz dito])
* [[w:Van der Waerden|Van der Waerden]]: ''Nachruf auf Emmy Noether.'' In: ''Mathematische Annalen.'' Band&nbsp;111, 1935, S.&nbsp;469–476.
* ''System der Philosophie'', S. Hirzel, Leipzig 1874/1879 (ein geplanter dritter Teil kam nicht mehr zur Ausführung)
* Van der Waerden: ''The school of Hilbert and Emmy Noether.'' In: ''Bulletin of the London Mathematical Society.'' Band&nbsp;15, 1983, S.&nbsp;1–7.
** ''[http://www.archive.org/details/systemderphilos00lotzgoog Erster Theil. Drei Bücher der Logik]'', 1874 (''Vom Denken, vom Untersuchen und vom Erkennen'', das erste Buch ist eine Neufassung von ''Logik'', 1843; [http://www.archive.org/details/systemderphilos02lotzgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/logikdreibcher00lotzuoft dito]); 2. Auflage 1880
* [[w:Michaela Karl|Michaela Karl]]: ''Emmy Noether: Die Mutter der Neuen Algebra.'' In: ''Bayerische Amazonen&nbsp;– 12&nbsp;Porträts.'' Pustet, Regensburg 2004, ISBN 3-7917-1868-1, S.&nbsp;84–96.
** ''[http://www.archive.org/details/systemderphilos03lotzgoog Zweiter Theil. Drei Bücher der Metaphysik]'', 1879 (''Ontologie, Kosmologie und Psychologie''; [http://www.archive.org/details/systemderphilos01lotzgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/metaphysikdreib00lotz dito])
* [[w:Knut Radbruch|Knut Radbruch]]: {{Webarchiv |url=http://www.uni-erlangen.de/einrichtungen/presse/publikationen/erlanger-universitaetsreden/71_unirede_radbruch.pdf |webciteID=5rdAlMD0X |text=''Emmy Noether: Mathematikerin mit hellem Blick in dunkler Zeit.''}}. (PDF; 1,3&nbsp;MB). In: ''Erlanger Universitätsreden.'' Nr.&nbsp;71/2008, 3.&nbsp;Folge.
 
* {{NDB|19|320|321|Noether, Amalie Emmy|[[Rudolf Fritsch (Mathematiker)|Rudolf Fritsch]]|118588443}}
=== Postum ===
* Johanna Klatt: ''Amalie Emmy Noether. Emmy und „ihre Jungs“.'' In: [[Stine Marg]], Franz Walter (Hrsg.): ''Göttinger Köpfe und ihr Wirken in die Welt.'' Vandenhoeck&nbsp;& Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-30036-7, S.&nbsp;73–80.
 
* [[w:Reinhard Siegmund-Schultze|Reinhard Siegmund-Schultze]]: ''Göttinger Feldgraue, Einstein und die verzögerte Wahrnehmung von Emmy Noethers Sätzen über invariante Variationsprobleme (1918).'' In: ''Mitteilungen DMV.'' Band&nbsp;19, 2011, S.&nbsp;100–104, {{ISSN|0947-4471}}, [[DOI:10.1515/dmvm-2011-0046]] (free access).
* Reihe ''Dictate/Diktate aus den Vorlesungen'', S. Hirzel, Leipzig 1881–1884
* Reinhard Siegmund-Schultze: ''Emmy Noether – „das Experiment, eine Frau zum Ordinarius zu machen“''. In: ''Mitteilungen DMV.'' Band&nbsp;25, 2017, S.&nbsp;157–163, [[doi:10.1515/dmvm-2017-0047]] (free access).
** Robert Lotze (Hrsg.): ''[http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc03lotzgoog Grundzüge der Psychologie]'', 1881 (Wintersemester 1880/81; mit ''Verzeichniß der literarischen Publicationen Hermann Lotze’s''; [http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc00lotzgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/grundzgederpsy00lotz dito]); Eduard Rehnisch (Hrsg.): [http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc02lotzgoog 2. Auflage] 1882 ([http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc01lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc02lotzgoog Grundzüge der Religionsphilosophie]'', 1882 (Wintersemester 1878/79); [http://www.archive.org/details/grundzgederreli00lotzgoog 2. Auflage] 1884 (Sommersemester 1875 und Wintersemester 1878/79; [http://www.archive.org/details/grundzgederreli01lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/grundzgedernatu01lotzgoog Grundzüge der Naturphilosophie]'', 1882 (Wintersemester 1876/77; mit ''Lotze’s Abgangszeugniß von der Universität Leipzig''; [http://www.archive.org/details/grundzgedernatu00lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/grundzgederpsyc02lotzgoog Grundzüge der praktischen Philosophie]'', 1882 (Sommersemester 1880); [http://www.archive.org/details/grundzgederprak01lotzgoog 2. Auflage] 1884 (Sommersemester 1878; [http://www.archive.org/details/grundzgederprak00lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/geschichtederde00lotzgoog Geschichte der deutschen Philosophie seit Kant]'', 1882 (Sommersemester 1879; mit ''Uebersicht über Hermann Lotze’s Lehrthätigkeit an den Universitäten Leipzig, Göttingen und Berlin 1839–1881''); [http://www.archive.org/details/geschichtederde01lotzgoog 2. Auflage] 1894 ([http://www.archive.org/details/geschichtederde02lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/grundzgedermeta01lotzgoog Grundzüge der Metaphysik]'', 1883 (''Ontologie'', ''Kosmologie'', ''Phänomenologie''; [http://www.archive.org/details/grundzgedermeta00lotzgoog weiterer Scan])
** ''[http://www.archive.org/details/grundzgederlogi01lotzgoog Grundzüge der Logik und Encyklopädie der Philosophie]'', 1883 ([http://www.archive.org/details/grundzgederlogi03lotzgoog weiterer Scan]); [http://www.archive.org/details/grundzgederlog00lotz 2. Auflage] 1885 ([http://www.archive.org/details/grundzgederlogi00lotzgoog weiterer Scan]); [http://www.archive.org/details/grundzgederlogi02lotzgoog 3. Auflage] 1891
** ''[http://www.archive.org/details/GrundzgeDersthetik Grundzüge der Aesthetik]'', 1884 (Sommersemester 1856; mit Anhang ''Zur Biographie Hermann Lotze’s'' von Eduard Rehnisch)
* David Peipers (Hrsg.): ''Kleine Schriften'', S. Hirzel, Leipzig 1885–1891
** ''[http://www.archive.org/details/kleineschriften00lotzgoog Erster Band]'', 1885 ([http://www.archive.org/details/kleineschriften00peipgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/kleineschriften01lotzgoog dito])
** ''[http://www.archive.org/details/KleineSchriften2 Zweiter Band]'', 1886 ([http://www.archive.org/details/kleineschriften01peipgoog weiterer Scan], [http://www.archive.org/details/kleineschriften02peipgoog dito])
** ''[http://www.archive.org/details/KleineSchriften3-1 Dritter Band. Erste Abtheilung]'', 1891 ([http://www.archive.org/details/kleineschriften02lotzgoog weiterer Scan])
* Reinhardt Pester, [[Wikipedia:Ernst Wolfgang Orth|Ernst Wolfgang Orth]] (Hrsg.): ''Briefe und Dokumente'', Königshausen & Neumann, Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2562-8
 
==Literatur==
* {{ADB|19|288|290|Lotze: Rudolf Hermann|[[Wikipedia:Carl von Prantl|Carl von Prantl]]|ADB:Lotze, Hermann (1. Artikel)}} 
* {{ADB|52|93|97|Lotze: Rudolf Hermann|[[Wikipedia:Richard Falckenberg|Richard Falckenberg]]|ADB:Lotze, Hermann (2. Artikel)}} 
* [[Wikipedia:Rudolf Eisler (Philosoph)| Rudolf Eisler]]: ''[http://www.zeno.org/Eisler-1912/A/Lotze,%20Rudolf%20Hermann Lotze, Rudolf Hermann]'' in ''Philosophen-Lexikon. Erste Ausgabe'', Berlin 1912, S. 425–432
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070716140809/http://www.bautz.de/bbkl/l/lotze.shtml |autor=Bernd Kettern|artikel=Lotze, Rudolf Hermann|band=5|spalten=270–277}}
*Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
*Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaft als Lebensgut'', [[GA 63]] (1986), ISBN 3-7274-0630-5 {{Vorträge|063}}


{{GA}}
== Weblinks ==
{{Wikisource}}
{{Commonscat}}
* {{DNB-Portal|118588443}}
* {{MacTutor Biography|id=Noether_Emmy}}
* [http://cdn-storage.br.de/mir-live/MUJIuUOVBwQIb71S/uXOHb7Z1iwOD/_2rc_H1S/_-iS/_AFH5-v6/130113_1931_Die-Entdeckungen-grosser-Forscher_Emmy-Noether.mp4 Emmy Noether&nbsp;– mp4-Feature über Leben und Werk inkl. populärwissenschaftliche Erklärung des Noether-Theorems] von Prof.&nbsp;Ernst Peter Fischer auf Mediathek RadioWissen br-online.de, abgerufen am 5.&nbsp;April 2014.
* [http://www.math.uni-goettingen.de/historisches/noether.html Kurzbiografie] an der Universität Göttingen
* [http://www.mathematikerin.de/noether.htm Mathematikerinnen in Deutschland&nbsp;– Emmy Amalie Noether]
* [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/emmy-noether/ ''Emmy Noether''] auf FemBiographie
* [http://www5.in.tum.de/lehre/seminare/math_nszeit/SS03/vortraege/innen/emmyNoether.htm ''Mathematikerinnen in der NS-Zeit&nbsp;– E.N.''] (ausführliche tabellar. Lebensdaten mit div. Fotos)
* [http://www.tollmien.com/noether.html Sehr ausführliche Lebensdaten, Quellen, Würdigungen] zusammengestellt von [[w:Cordula Tollmien|Cordula Tollmien]]
* [http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~ci3/geburtstag.pdf Peter Roquette: ''Zu Emmy Noethers Geburtstag''&nbsp;– Einige neue Noetheriana.] (PDF; 117&nbsp;kB)&nbsp;– auch [http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~ci3/Noetheriana-MDMV.pdf hier] (PDF; 114&nbsp;kB)
* [http://www-groups.dcs.st-and.ac.uk/~history/Obits2/Noether_Emmy_Einstein.html Nachruf von Albert Einstein]
* [https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/entdeckungen-grosser-forscher/noether-emmy-100.html Emmy Noether: Mutter der modernen Algebra]
* [[w:Spektrum.de|Spektrum.de]]: [https://www.spektrum.de/wissen/amalie-emmy-noether-1882-1935/1141528 Amalie Emmy Noether (1882–1935)] 1. März 2012


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />


<references />
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[[Kategorie:Philosoph]]
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{{Wikipedia}}
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Version vom 29. Januar 2020, 00:34 Uhr

Emmy Noether, vor 1910 (nachkoloriert)

Amalie Emmy Noether (Emmy war der Rufname; * 23. März 1882 in w:Erlangen; † 14. April 1935 in Bryn Mawr, Pennsylvania) war eine deutsche Mathematikerin, die grundlegende Beiträge zur abstrakten Algebra und zur theoretischen Physik lieferte. Insbesondere hat Noether die Theorie der Ringe, Körper und Algebren revolutioniert. Das nach ihr benannte Noether-Theorem gibt die Verbindung zwischen Symmetrien von physikalischen Naturgesetzen und Erhaltungsgrößen an.

Leben

Herkunft und Jugend

Gedenktafel am Geburtshaus Emmy Noethers in Erlangen (Hauptstraße 23)

Emmy Noether stammte aus einer gutsituierten jüdischen Familie. Heute erinnert eine Tafel in der Erlanger Hauptstraße an ihr Geburtshaus. Ihr Vater Max Noether hatte einen Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Erlangen inne. Ihr jüngerer Bruder, der Mathematiker Fritz Noether, floh vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion, wo er im Zuge des Großen Terrors unter Stalin wegen angeblicher antisowjetischer Propaganda verurteilt und erschossen wurde.

Emmy Noether zeigte in mathematischer Richtung keine besondere Frühreife, sondern hatte in ihrer Jugend Interesse an Musik und Tanzen. Sie besuchte die Städtische Höhere Töchterschule – das heutige Marie-Therese-Gymnasium – in der Schillerstraße in Erlangen. Mathematik wurde dort nicht intensiv gelehrt. Im April 1900 legte sie die Staatsprüfung zur Lehrerin der englischen und französischen Sprache an Mädchenschulen in Ansbach ab. 1903 holte sie in Nürnberg die externe Abiturprüfung am Königlichen Realgymnasium – dem heutigen Willstätter-Gymnasium – nach.

Studium und Beruf

1903 wurden Frauen erstmals an bayerischen Universitäten zum Studium zugelassen, was auch Emmy Noether die Immatrikulation an der Universität Erlangen erlaubte. Vorher hatte sie bereits mit Erlaubnis einzelner Professoren als Gasthörerin Vorlesungen an der Universität Göttingen besucht, musste jedoch aufgrund einer Krankheit zurück nach Erlangen. Dort promovierte sie 1907 in Mathematik bei Paul Gordan. Sie war damit die zweite Deutsche, die an einer deutschen Universität in Mathematik promoviert wurde.[1] 1908 wurde sie Mitglied des Circolo Matematico di Palermo, 1909 trat sie der Deutschen Mathematiker-Vereinigung bei.

Im gleichen Jahr wurde sie von Felix Klein und David Hilbert an die Georg-August-Universität Göttingen gerufen, da sie auf dem Forschungsgebiet der Differentialinvarianten mittlerweile eine Größe war. Göttingen galt zu dieser Zeit als das führende mathematische Zentrum in der Welt. Durch Klein und Hilbert ermutigt, stellte Noether am 20. Juli 1915 einen Antrag auf Habilitation in Göttingen. Der Antragstellung folgten intensive kontroverse Diskussionen in der Fakultät, bei denen sich viele Fakultätsangehörige grundsätzlich gegen eine Habilitation von Frauen aussprachen. Letztlich konnten sich aber Hilbert und Klein durchsetzen; berühmt wurde die in diesem Zusammenhang gefallene Äußerung Hilberts, „eine Fakultät sei doch keine Badeanstalt“.[2]

Da die Habilitation von Frauen an preußischen Universitäten durch einen Erlass vom 29. Mai 1908 untersagt war, stellte die mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung der philosophischen Fakultät der Universität zu Göttingen am 26. November 1915 einen offiziellen Antrag an den preußischen Minister, der aber in dessen Antwort vom 5. November 1917 abschlägig beantwortet wurde. Emmy Noether blieb daraufhin nichts anderes übrig, als ihre Vorlesungen unter dem Namen von Hilbert anzukündigen, als dessen Assistentin sie fungierte.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Kaiserreichs kam es in der Weimarer Republik zu einer allgemeinen rechtlichen Besserstellung der Frauen. Neben dem Wahlrecht wurde auch die Habilitationsordnung so geändert, dass auch Frauen zur Habilitation zugelassen werden konnten. So konnte sich Emmy Noether 1919 als erste Frau in Deutschland in Mathematik habilitieren. Sie war außerdem die erste Frau in Deutschland, die eine (nichtbeamtete) Professur erhielt.[3] Dennoch bekam sie erst 1922 eine außerordentliche Professur und erst 1923 ihren ersten bezahlten Lehrauftrag. Eine ordentliche Professur erhielt sie nie, im Gegensatz zu ihrem mathematisch weniger bedeutenden jüngeren Bruder Fritz, der bereits 1922 ordentlicher Professor wurde. Bis zur Hyperinflation im selben Jahr lebte sie sehr sparsam von einer Erbschaft. 1928/29 übernahm sie eine Gastprofessur in Moskau, 1930 in Frankfurt am Main. Bei ihrer Rückkehr aus der Sowjetunion äußerte sie sich sehr positiv über die dortige Lage, weshalb ihr die Nationalsozialisten später unterstellten, eine Kommunistin zu sein. Emmy Noether bekannte sich zum Pazifismus und war von 1919 bis 1922 Mitglied der USPD, danach bis 1924 der SPD. Zusammen mit Emil Artin erhielt sie 1932 den Ackermann-Teubner-Gedächtnispreis für ihre gesamten wissenschaftlichen Leistungen. 1932 hielt sie einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Zürich (Hyperkomplexe Systeme und ihre Beziehungen zur kommutativen Algebra und zur Zahlentheorie).

USA

1933 wurde Emmy Noether durch das sogenannte Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom Naziregime ihre Lehrerlaubnis entzogen. Sie emigrierte daraufhin in die USA. Vor dieser Entscheidung zog sie auch in Betracht, nach Moskau zu gehen. Doch die Bemühungen ihres dortigen Freundes, des Topologen Pawel Alexandrow, bei den sowjetischen Behörden eine Bewilligung zu erwirken, zogen sich zu lange hin. In den USA half ihr ehemaliger Göttinger Kollege Hermann Weyl, eine Stelle für sie zu finden. Ende 1933 erhielt sie eine Gastprofessur am Women’s College Bryn Mawr in Pennsylvania. Ab 1934 hielt Emmy Noether auch Vorträge am Institute for Advanced Study. Dort beeinflusste sie Oscar Zariski und wahrscheinlich Nathan Jacobson (und sie beeinflusste mit ihrem neuen Zugang zur Algebra auch Abraham Adrian Albert).[4] Sie kam 1934 noch einmal nach Europa und besuchte Emil Artin und ihren Bruder Fritz in Deutschland. Emmy Noether verstarb am 14. April 1935 an den Komplikationen einer Unterleibsoperation, die wegen eines Tumors notwendig geworden war. Sie fand ihre letzte Ruhestätte unter dem Kreuzgang der M. Carey Thomas Library auf dem Campus des Bryn Mawr College.

Wirken

Büste in der Ruhmeshalle in München

Emmy Noether gehört zu den Begründern der modernen Algebra. Ihre mathematische Profilierung entwickelte sich in der Zusammenarbeit und Auseinandersetzung mit dem Erlanger Professor Paul Gordan, der auch ihr Doktorvater wurde. Man nannte diesen gerne den „König der Invarianten“. Die Invariantentheorie beschäftigte Emmy Noether bis in das Jahr 1919.

Abweichend von Gordans Interessensschwerpunkten wandte sich Noether der Auseinandersetzung mit den abstrakten algebraischen Methoden zu. Gordan hatte Hilberts Beweis seines Basistheorems, der viele Resultate Gordans verallgemeinerte, aber ein reiner Existenzbeweis war, mit den Worten kommentiert, dass dies nicht Mathematik, sondern Theologie sei.[5]

Ab 1920 verlegte sie ihren Forschungsschwerpunkt auf die allgemeine Idealtheorie. In Göttingen gründete sie eine eigene Schule: Seit Mitte der 1920er Jahre fand sie eine Reihe von hochbegabten Schülern aus aller Welt, die sich um sie scharten. Ihre Studenten nannte sie ihre „Trabanten“ oder die „Noether-Knaben“. Zu ihren Doktoranden zählen Grete Hermann, Jakob Levitzki, Max Deuring, Ernst Witt, dessen offizieller Betreuer Herglotz war, Heinrich Grell, Chiungtze Tsen, Hans Fitting, Otto Schilling und zu ihrem Schülerkreis Bartel Leendert van der Waerden. Andere bedeutende Algebraiker in Deutschland, die mit der Schule verbunden waren, waren Emil Artin, Helmut Hasse (mit dem sie den wichtigen Satz von Brauer-Hasse-Noether in der Theorie der Algebren bewies) und Wolfgang Krull.

In Göttingen, damals Weltzentrum mathematischer Forschung, baute sie eine eigene mathematische Schule auf. Van der Waerden schrieb in seinem berühmten zweibändigen Algebrawerk (Moderne Algebra), dass es auch auf Vorlesungen von Emil Artin und Emmy Noether aufbaute. Noether wird auch eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung abstrakter algebraischer Methoden in der Topologie zugeschrieben, fast ausschließlich durch mündliche Beiträge zum Beispiel in den Vorlesungen von Heinz Hopf 1926/27 in Göttingen und in ihren eigenen Vorlesungen um 1925.[6] Das beeinflusste auch den Topologen Pawel Sergejewitsch Alexandrow, der Göttingen besuchte.

Auch in der theoretischen Physik leistete sie Außerordentliches und legte 1918 mit dem Noether-Theorem[7] den Grundstein zu einer neuartigen Betrachtung von Erhaltungsgrößen. 50 Jahre nach ihrem Tod, im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, entwickelte sich das Noether-Theorem zu einer der wichtigsten Grundlagen der modernen Physik.

Schriften

Literatur

  • Auguste Dick: Emmy Noether. 1882–1935 (= Elemente der Mathematik. Kurze Mathematiker-Biographien, Beih. 13). Birkhäuser, Basel 1970, DNB 456448861.
    • Englische Übersetzung, Birkhäuser 1981.
  • James Brewer, Martha K. Smith (Hrsg.): Emmy Noether. A tribute to her life and work. Dekker, New York 1981 (darin von Clark Kimberling: Emmy Noether and her Influence. S. 3–61).
  • Alain Herreman: Topology becomes algebraic with Emmy Noether. Linear combinations and the algebraisation of topology (= Preprint. MPI für Wissenschaftsgeschichte, Bd. 106). Berlin 1998, DNB 956466419.
  • Clark Kimberling: Emmy Noether. In: American Mathematical Monthly. Februar 1972, S. 136.
  • Mechthild Koreuber: Emmy Noether, die Noether-Schule und die Moderne Algebra. Zur Geschichte einer kulturellen Bewegung (= Mathematik im Kontext.) Springer, Spektrum, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-44149-7 (Dissertation TU Braunschweig 2014, 368 Seiten).
  • Peter Roquette: The Brauer-Hasse-Noether theorem in historical perspective (= Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. 15). Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23005-X.
  • Margaret B. W. Tent: Emmy Noether. The Mother of Modern Algebra. A. K. Peters, Wellesley, Massachusetts, 2008, ISBN 978-1-56881-430-8.
  • Renate Tobies: Emmy Noether – „Meine Herren, eine Universität ist doch keine Badeanstalt!“ In: Spektrum der Wissenschaft. August 2004, S. 70–77.
  • Cordula Tollmien: „Sind wir doch der Meinung, daß ein weiblicher Kopf nur ganz ausnahmsweise in der Mathematik schöpferisch tätig sein kann …“ – eine Biographie der Mathematikerin Emmy Noether (1882–1935) und zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Habilitation von Frauen an der Universität Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch. 38, 1990, S. 153–219, ISSN 0072-4882.
  • Bartel L. van der Waerden: A history of Algebra. From al-Khwarizmi to Emmy Noether. Springer, Berlin u. a. 1985, ISBN 3-540-13610-X.
  • Van der Waerden: Nachruf auf Emmy Noether. In: Mathematische Annalen. Band 111, 1935, S. 469–476.
  • Van der Waerden: The school of Hilbert and Emmy Noether. In: Bulletin of the London Mathematical Society. Band 15, 1983, S. 1–7.
  • Michaela Karl: Emmy Noether: Die Mutter der Neuen Algebra. In: Bayerische Amazonen – 12 Porträts. Pustet, Regensburg 2004, ISBN 3-7917-1868-1, S. 84–96.
  • Knut Radbruch: Emmy Noether: Mathematikerin mit hellem Blick in dunkler Zeit. (Memento vom Fehler: Ungültige Zeitangabe auf WebCite). (PDF; 1,3 MB). In: Erlanger Universitätsreden. Nr. 71/2008, 3. Folge.
  • Rudolf FritschNoether, Amalie Emmy. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 320 f. (Digitalisat).
  • Johanna Klatt: Amalie Emmy Noether. Emmy und „ihre Jungs“. In: Stine Marg, Franz Walter (Hrsg.): Göttinger Köpfe und ihr Wirken in die Welt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-30036-7, S. 73–80.
  • Reinhard Siegmund-Schultze: Göttinger Feldgraue, Einstein und die verzögerte Wahrnehmung von Emmy Noethers Sätzen über invariante Variationsprobleme (1918). In: Mitteilungen DMV. Band 19, 2011, S. 100–104, ISSN 0947-4471, DOI:10.1515/dmvm-2011-0046 (free access).
  • Reinhard Siegmund-Schultze: Emmy Noether – „das Experiment, eine Frau zum Ordinarius zu machen“. In: Mitteilungen DMV. Band 25, 2017, S. 157–163, doi:10.1515/dmvm-2017-0047 (free access).

Weblinks

 Wikisource: Emmy Noether – Quellen und Volltexte
Commons: Emmy Noether - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Die erste war Marie Gerne 1895 in Heidelberg bei Leo Koenigsberger, die auch als erste Mathematikerin mit [[w:Rigorosum|]] (Doktorprüfung) promoviert wurde. In Bern wurde 1907 Annie Reineck (die aus Thüringen stammte) ebenfalls vor Emmy Noether promoviert. Siehe:  „Aller Männerkultur zum Trotz“. Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften. Mit einem Geleitwort von Knut Radbruch. Campus, Frankfurt a. M./New York 1997, ISBN 3593357496, S. 137 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. Constance Reid: Hilbert-Courant. Springer 1986, S. 143.
    Diese Bemerkung hat auch einen konkreten Hintergrund. Die Göttinger Mathematiker trafen sich regelmäßig in der Klieschen Badeanstalt an der Leine, die nur für Männer zugelassen war, mit Ausnahme von Emmy Noether, die dort regelmäßig badete, und Nina Courant, der Ehefrau von Richard Courant und Tochter von Carl Runge.
    P. Alexandroff: Heinz Hopf zum Gedenken. (Memento vom 27. November 2015 im Internet Archive). Jahresbericht DMV 1976.
  3. Renate Tobies: Frauen in der Mathematik. DMV.
  4. Reinhard Siegmund-Schulze: Mathematicians fleeing from Nazi-Germany. Princeton University Press 2009, S. 290.
  5. Constance Reid: Hilbert-Courant. Springer 1986, S. 34 (Ausgabe in einem Band).
  6. In Veröffentlichungen nur in einer kurzen Mitteilung
    Ableitung der Elementarteilertheorie aus der Gruppentheorie. Jahresbericht DMV, Band 34, 1926, 2. Abteilung, S. 104, Nachricht vom 27. Januar 1925.
    Alexandroff erwähnt in seinen Erinnerungen (Russ. Math. Surveys 1979), dass Emmy Noether ihre Idee der Einführung von Bettigruppen von Komplexen bei einem Abendessen im Dezember 1925 in Brouwers Haus ausführte.
    Frei, Stammbach: Heinz Hopf. In I. James: History of Topology. 1999, S. 996.
  7. Noether: Invariante Variationsprobleme. Nachrichten der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse, 1918, S. 235–257, Englische Übersetzung.


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