Wissen und Allegorie: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Wissen''' ({{ELSalt|ἐπιστήμη}}, ''epistéme''; [[lat.]] ''cognitio''; {{EnS|''knowledge''}}; [[Wikipedia:Althochdeutsch|ahd.]] ''wizzan'', [[Wikipedia:Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''wizzen'', abgeleitet von der [[Wikipedia:Indogermanische Sprachen|idg.]] Wurzel ''*weid-'' = "sehen", von der sich auch {{ELSalt|ἰδέα}}, ''idea'' = [[Vorstellung]], [[Urbild]], [[Idee]], [[Latein|lat.]] ''videre'' = "sehen" und [[Sanskrit|skrt.]] [[veda]] = "Wissen" herleiten) oder '''Kenntnis''' im weitesten Sinn ist die Summe der als gesichert ''geltenden'' [[Erkenntnis]]se, über die wir verfügen, und bezeichnet in diesem Sinn zugleich das (vorläufig) abschließende Ergebnis eines auf [[Fakten]] gestützten [[Erkenntnisprozess]]es, das in Form weitgehend fertiger [[Gedanke]]n übermittelt werden kann. Wer über ein umfangreiches Wissen, also über '''Gelehrsamkeit''' verfügt, wurde früher auch als '''Gelehrter''' bezeichnet - heute ist dieser Ausdruck kaum mehr gebräuchlich.  
[[Datei:Jan Vermeer Malkunst.jpg|thumb|250px|[[Wikipedia:Jan Vermeer van Delft|Jan Vermeer van Delft]]: ''Die Allegorie der Malkunst'', um 1666]]
Die '''Allegorie''' (von [[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] αλληγορέω ; ''allegoréo'', "etwas anders ausdrücken") ist ein in der [[Wikipedia:Literatur|Literatur]] und in der [[Wikipedia:Bildende Kunst|bildenden Kunst]] oft benutztes [[Kunst|künstlerisches]] Stilmittel der [[bild]]haften Veranschaulichung, bei der im weitesten Sinn ein ''Ding'', eine ''Person'' oder auch ein ''Vorgang'', meist aber ein [[abstrakt]]er [[Begriff]], etwa die [[Tugend]] oder das [[Laster]], auf eine für den [[Verstand]] möglichst leicht durchschaubare Weise versinnlicht werden soll. Oft wird dabei das Mittel der [[Personifikation]] gewählt. So wird beispielsweise die [[Eitelkeit]] gerne als junge Frau mit Spiegel dargestellt, oder [[Wikipedia:Amor (Mythologie)|Amor]] dient als Bild für die [[Liebe]]. Der Allegorie haftet stets etwas verstandesmäßig Konstruiertes an; sie erfüllt ihre Aufgabe gerade durch ihre enge Begrenzung, durch die Beschränkung auf ein leicht Fassliches. Anders als ein echtes [[Symbol]] verweist sie nicht auf einen prizipiell vieldeutigen, unerschöpflichen [[geist]]igen Hintergrund, dem man sich nur durch [[Meditation|meditative]] Vertiefung schrittweise annähern kann.  


Eine wissenschaftliche Definition des Begriffs "Wissen" sieht etwa wie folgt aus:
{{Zitat|Die Allegorie verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild, doch so, daß der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig zu halten und zu haben und an demselben auszusprechen sei.|Goethe|''Maximen und Reflexionen''<ref>Johann Wolfgang von Goethe: ''Berliner Ausgabe'', Bd. 18, S. 638</ref>}}


Definition: Wissen ist die Summe aller Erkenntnisse und Erfahrungen einer Person oder Personengruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei handelt es sich sehr oft um tradiertes und an nachfolgede Generationen weitergegebenes Wissen.  
Als '''Allegorese''' wird die [[Auslegung]] eines Textes bezeichnet, die auch seine vielfältigen tieferen, über den wörtlichen Inhalt hinausgehenden [[Bedeutung]]en zu enthüllen versucht.


Wissen beruht in diesem Sinn nicht notwendig auf der eigenen tieferen [[Einsicht]], sondern wird häufig auf bloße [[Autorität]] hin mehr oder weniger [[gedächtnis]]mäßig erlernt. Wissen ist zumeist auch, insofern man der vermittelnden Autorität vertraut, mit dem [[subjekt]]iven Empfinden der [[Gewissheit]] verbunden, was freilich noch nicht garantiert, dass unser Wissen ein [[wahr]]es Abbild der [[Wirklichkeit]] in unserem [[Bewusstsein]] ist. [[Erkenntnistheorie|Erkenntnistheoretisch]] wird Wissen seit [[Platon]] traditionell als „[[Wahrheit|wahre]] und [[Begründung|gerechtfertigte]] [[Meinung]]“ ({{enS|''justified true belief''}}) [[Definition|definiert]]. Die Menge des erworbenen Wissens ist kein Gradmesser für die [[Intelligenz]]; diese besteht vielmehr u. a. darin, das erworbene Wissen auch in einer gegebenen Situation zielführend anwenden zu können.
== Siehe auch ==


== Philosophie und Anthroposophie ==
* {{WikipediaDE|Allegorie|}}
 
Schon [[Platon]] [[Definition|definierte]] das Wissen in seinem Dialog [[Wikipedia:Theaiteos (Platon)|Theaiteos]] als ''wahre, gerechtfertigte Meinung''<ref name=Theaitetos>Platon: ''Theaitetos''. 201d-206b [http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Theaitetos]</ref> und unterschied verschiedene ''Stufen der Gewissheit'' von der bloßen ''[[Meinung]]'' ({{ELSalt|δὀξα}}, ''dóxa'') bis hin zur ''festen [[Überzeugung]]''.
 
Für [[Max Scheler]] ist Wissen die ''Teilhabe'' am [[Sosein]], d.h. am [[Wesen]] eines [[Sein|Seienden]]. Voraussetzung dafür ist die  [[Liebe]], als die das eigene Sein [[Transzendenz|transzendentierende]] ''Teilnahme'' am Wesen des anderen.
 
[[Anthroposophie]] vermittelt mehr als bloßes Wissen:
 
<div style="margin-left:20px">
"Und indem Sie ... Geisteswissenschaft
treiben, lernen Sie nicht nur etwas wissen, sondern Sie wachsen hinein,
etwas zu werden, was Sie sonst nicht sein würden. Das ist der
Unterschied zwischen der Geisteswissenschaft und anderen Weltanschauungen.
Alle anderen Weltanschauungen beziehen sich auf das
Wissen, Anthroposophie bezieht sich auf das Sein des Menschen." {{Lit|{{G|107|258}}}}
</div>
 
== Kopfwissen und Herzwissen ==
 
{{Siehe auch|Kopfwissen|Herzwissen}}
 
{{GZ|Es ist wirklich so, daß der Mensch während seiner
Jugendzeit gewisse Begriffe, gewisse Vorstellungen aufnimmt, die er
lernt; aber er lernt sie eben da nur. Sie sind dann Kopfwissen. Das
übrige Leben, das langsamer verläuft, ist dazu bestimmt, das Kopfwissen
umzuwandeln allmählich in Herzwissen - ich nenne jetzt den
andern Menschen nicht den Kopfmenschen, ich nenne ihn den Herzensmenschen
-, umzuwandeln das Kopfwissen in Herzenswissen, in
Wissen, an dem der ganze Mensch beteiligt ist, nicht nur der Kopf.
Um das Kopfwissen in Herzenswissen umzuwandeln, brauchen wir
viel länger, als um uns das Kopfwissen anzueignen. Um uns das Kopfwissen
anzueignen - wenn es schon ein ganz besonders gescheites
Wissen ist, braucht man heute die Zeit bis in die Zwanziger jähre hinein.
Nicht wahr, dann wird man ein ganz gescheiter Mensch, akademisch
ganz gescheiter Mensch, aber um dieses Wissen wirklich mit
dem ganzen Menschen zu vereinigen, muß man beweglich bleiben
sein Leben hindurch. Und man braucht, um das Kopfwissen in
Herzenswissen umzuwandeln, eben um so viel länger, als man länger
lebt als bis zum siebenundzwanzigsten oder sechsundzwanzigsten
Jahre. Insofern ist man auch als Mensch eine Zwienatur. Man eignet
sich rasch das Kopfwissen an und kann es dann umwandeln im Laufe
des Lebens in Herzenswissen.
 
Zu wissen, was das eigentlich bedeutet, ist nicht ganz leicht. Und
ich darf, wir sind ja unter uns, für diese Sache vielleicht eine Erfahrung
des Geistesforschers anführen, durch die leichter über diese Dinge
etwas gewußt werden kann als durch andere geistesforscherische Arbeiten.
Man kann, wenn man sich bekannt macht mit der Sprache,
welche die Menschenseelen sprechen, die durch den Tod hindurchgegangen
sind, die in der geistigen Welt leben nach dem Tode, man
kann, wenn man die Sprache der Toten, der sogenannten Toten
einigermaßen versteht, dann die Erfahrung machen, daß die Toten
sich über manche Dinge, die im Zusammenhange mit dem Menschenleben
stehen, in ganz besonderer Weise ausdrücken. Die Toten haben
heute schon eine Sprache, die wir Lebenden noch nicht ganz gut verstehen
können. Es gehen die Verständnisse der Toten und der Lebenden
heute ziemlich weit auseinander. Der Tote hat durchaus ein Bewußtsein
davon, daß der Mensch sich als Kopfmensch rasch entwickelt,
als Herzensmensch langsam entwickelt. Und der Tote sagt, wenn er
ausdrücken will, was da eigentlich geschieht, wenn sich allmählich
das rasch erworbene Kopfwissen in das langsamer verlaufende Herzenswissen
einlebt: Das bloße Weisheitswissen wird umgewandelt durch
die aus dem Menschen aufsteigende Herzenswärme oder Liebe. Weisheit
wird im Menschen von der Liebe befruchtet. - So sagt der Tote.
 
Und das ist in der Tat ein tiefes, bedeutsames Lebensgesetz. Man
kann das Kopfwissen rasch erwerben, man kann ungeheuer viel wissen
gerade in unserer Zeit, denn die Naturwissenschaft - nicht die
Naturwissenschafter, aber die Naturwissenschaft - ist in unserer Zeit
recht sehr fortgeschritten und hat reichen Inhalt. Aber dieser Inhalt
ist so, daß er nicht umgewandelt ist in Herzenswissen, daß das Kopfwissen
überall geblieben ist; weil die Menschen - ich habe schon
gestern darauf aufmerksam gemacht - das andere, was dann anrückt
im Leben nach dem siebenundzwanzigsten Jahre, nicht mehr beachten,
weil die Menschen nicht verstehen, alt zu werden, beziehungsweise
könnte ich auch sagen: jung zu bleiben, indem sie alt werden.
 
Weil die Menschen die innerliche Lebendigkeit sich nicht erhalten,
da erkaltet ihr Herz; es strömt die Herzenswärme nicht nach dem
Kopfe hinauf, es befruchtet die Liebe, die aus dem übrigen Organismus
kommt, den Kopf nicht. Das Kopfwissen bleibt kalte Theorie.
Aber es braucht nicht kalte Theorie zu bleiben, es kann alles Kopfwissen
umgewandelt werden in Herzenswissen. Und das ist gerade die
Aufgabe der Zukunft, daß das Kopfwissen allmählich in Herzenswissen
umgewandelt wird. Da wird ein wirkliches Wunder geschehen,
wenn das Kopfwissen in Herzenswissen umgewandelt wird.
 
Man hat vollständig Recht, wenn man heute nach allen Noten die
materialistische Naturwissenschaft oder namentlich die materialistische
Naturphilosophie abkanzelt. Man hat vollständig Recht, aber
trotzdem ist noch etwas anderes wahr: diese Naturwissenschaft, die
in ''Haeckel'', in ''Spencer'', in ''Huxley'' und so weiter bloßes Kopfwissen
geblieben ist und daher Materialismus ist, die wird, wenn sie Herzenswissenschaft
werden wird, wenn sie aufgenommen werden wird vom
ganzen Menschen, wenn die Menschheit verstehen wird, älter zu
werden oder jünger zu werden im Ältersein, wie ich das gestern gemeint
habe, dann wird diese, gerade diese Wissenschaft der Gegenwart
der reinste Spiritualismus werden, die reinste Bekräftigung für
den Geist und sein Dasein werden. Es gibt keine bessere Grundlage
als die Naturwissenschaft der Gegenwart, wenn sie sich umwandelt in
dasjenige, was dem Kopf des Menschen zufließen kann aus dem übrigen
Organismus, aber jetzt aus dem geistigen Teil des übrigen Organismus.
Das Wunder wird sich vollziehen, indem die Menschen lernen
werden, die Verjüngung ihres Ätherleibes auch zu fühlen, so daß
die materialistische Naturwissenschaft der Gegenwart Spiritualismus
werden wird. Sie wird um so eher Spiritualismus werden, je mehr
Leute sich finden werden, ihr ihren gegenwärtigen Materialismus, ihre
materialistische Torheit vorzuhalten.|180|237ff}}


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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<references/>
<references/>


== Weblinks ==
[[Kategorie:Kunst]]
* {{Eisler|Wissen}}
* {{Kirchner|Wissen}}
* {{UTB-Philosophie|Thomas Zwenger |970|Wissen}}
 
== Literatur ==
*Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988), ISBN 3-7274-1070-1 {{Vorträge|107}}
*Rudolf Steiner: ''Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpulse. Alte Mythen und ihre Bedeutung'', [[GA 180]] (1980), ISBN 3-7274-1800-1 {{Vorträge|180}}
*Edmund Gettier: [http://www.ditext.com/gettier/gettier.html ''Is Justified True Belief Knowledge?''] in: ''Analysis'', 23, 1963, S.&nbsp;121–123. Deutsch ''Ist gerechtfertigte, wahre Meinung Wissen?'' In: [[wikipedia:Peter Bieri|Peter Bieri]] (Hrsg.): ''Analytische Philosophie der Erkenntnis.'' Frankfurt/M. 1987, S.&nbsp;91–93.
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Wissen|!]] [[Kategorie:Wissenschaft]]

Version vom 16. Juni 2017, 08:14 Uhr

Jan Vermeer van Delft: Die Allegorie der Malkunst, um 1666

Die Allegorie (von griech. αλληγορέω ; allegoréo, "etwas anders ausdrücken") ist ein in der Literatur und in der bildenden Kunst oft benutztes künstlerisches Stilmittel der bildhaften Veranschaulichung, bei der im weitesten Sinn ein Ding, eine Person oder auch ein Vorgang, meist aber ein abstrakter Begriff, etwa die Tugend oder das Laster, auf eine für den Verstand möglichst leicht durchschaubare Weise versinnlicht werden soll. Oft wird dabei das Mittel der Personifikation gewählt. So wird beispielsweise die Eitelkeit gerne als junge Frau mit Spiegel dargestellt, oder Amor dient als Bild für die Liebe. Der Allegorie haftet stets etwas verstandesmäßig Konstruiertes an; sie erfüllt ihre Aufgabe gerade durch ihre enge Begrenzung, durch die Beschränkung auf ein leicht Fassliches. Anders als ein echtes Symbol verweist sie nicht auf einen prizipiell vieldeutigen, unerschöpflichen geistigen Hintergrund, dem man sich nur durch meditative Vertiefung schrittweise annähern kann.

„Die Allegorie verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild, doch so, daß der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig zu halten und zu haben und an demselben auszusprechen sei.“

Goethe: Maximen und Reflexionen[1]

Als Allegorese wird die Auslegung eines Textes bezeichnet, die auch seine vielfältigen tieferen, über den wörtlichen Inhalt hinausgehenden Bedeutungen zu enthüllen versucht.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe, Bd. 18, S. 638