Wilhelm Meisters theatralische Sendung und Rechnen: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Rechnen''' ({{mhd|rechnen, rechenen}}; {{ahd|rechanon}}, von [[Indogermanische Wortwurzeln|indogerm.]] ''*reg-'' „lenken, richten, leiten“) ist eine [[mensch]]liche [[Fähigkeit]], die eine komplexere Form des [[Zählen]]s darstellt, bei der [[Menge (Mathematik)|Mengen]] nicht nur abgezählt, sondern etwa auch auf auf eine festgelegte Anzahl von Teilen aufgeteilt ([[#Die vier Grundrechnungsarten|Division, Teilung]]), zusammengezählt ([[#Die vier Grundrechnungsarten|Addition]]), vervielfacht ([[#Die vier Grundrechnungsarten|Multiplikation]]) oder voneinander abgezählt ([[#Die vier Grundrechnungsarten|Subtraktion]]) werden. Ganz allgemein handelt es sich dabei implizit um die [[Logik|logische]] Verküpfung zunächst konkreter und später auch abstrakter, d.h. rein gedanklicher [[Objekt]]e.
'''Wilhelm Meisters theatralische Sendung''', der so genannte ''[[Wilhelm Meister|Urmeister]]'', ist das Fragment eines Theaterromans von [[Johann Wolfgang von Goethe]]. In den Jahren 1777 bis 1785 entstanden, verwertete Goethe diesen [[Wikipedia:Künstlerroman|Künstlerroman]] für seinen [[Wikipedia:Bildungsroman|Bildungsroman]] [[Wilhelm Meisters Lehrjahre]]. Eine von [[Wikipedia:Barbara Schulthess|Barbara Schulthess]] und ihrer Tochter gefertigte Abschrift des ''Urmeisters'' wurde 1910 gefunden und lag 1911 im Erstdruck vor.


__TOC__
== Ursprung der Rechenkunst ==
== Theater ==
Im Roman wird das Verhalten des Schauspielers zum [[Wikipedia:Rolle (Theater)|Rollentext]], zum [[Wikipedia:Theater|Ensemble]] und zum [[Wikipedia:Bühnenwerk|Bühnenstück]] ausgiebig durchgespielt. Die Konfrontation des [[Wikipedia:Bühnenautor|Bühnenautor]]s mit seinem [[Wikipedia:Stoff (Literatur)|Stoff]], mit der [[Wikipedia:Schauspieler|Schauspieler]]truppe, auch mit dem [[Wikipedia:Publikum|Publikum]] und besonders mit der [[Wikipedia:Bürgertum|bürgerlichen]] und [[Wikipedia:Feudalismus|feudalen]] Gesellschaft des 18. Jahrhunderts nimmt breiten Raum im Romantext ein.


== Handlung ==
Nach [[Rudolf Steiner]] wurde das Rechnen in seiner elementarsten Form erstmals von den [[Ur-Semiten]] in der [[Atlantis|atlantischen Zeit]] entwickelt und brachte nicht nur einen Fortschritt der praktischen [[Denkfähigkeit]], sondern hatte darüber hinaus vor allem auch eine große [[moral]]ische Bedeutung. Die Atlantier, namentlich die [[Ur-Turanier]], hatten damals bereits eine große [[Magie|magische]] Macht über die [[Lebenskräfte]] gewonnen und stellten diese immer mehr in den Dienst des persönlichen [[Egoismus]], wodurch zerstörerische Kräfte freigesetzt wurden, die zuletzt zum Untergang der [[Atlantis]] führten. Durch die Ursemiten wurde die Basis für die [[Kulturepochen|nachatlantische Kultur]] geschaffen.
<small>Zahlen verweisen auf das betreffende Kapitel.</small>
;Erstes Buch
3 Der Schuljunge Wilhelm Meister hat vier Geschwister. Seine Mutter kriegt ''noch in ihren ältern Jahren eine Leidenschaft für einen abgeschmackten Menschen''. Das Familienleben leidet unter dem Verhältnis, denn der Vater, ein ehrbarer Kaufmann, hasst schimpflichen ''Ehe- und Scheidungsprozeß''.


4 Wilhelm, der mit seinem Puppentheater Rollen für den ''[[Wikipedia:Saul|König Saul]]'' und ''[[Wikipedia:David (Israel)|David]]'' einübt und spielt, geht seinen Weg über die erste ''Freude der Überraschung und des Staunens ''zur'' Wollust des Aufmerkens und Forschens''.
{{GZ|Solche zerstörende Wirkung konnte nur dadurch aufgehalten werden, daß im Menschen sich eine höhere Kraft ausbildete. Und das war die Denkkraft. Das logische Denken wirkt zurückhaltend auf die eigensüchtigen persönlichen Wünsche. Den Ursprung dieses logischen Denkens haben wir bei der fünften Unterrasse<ref name=Unterrasse>Der Begriff ''[[Unterrasse]]'' entstammt der damals gebräuchlichen Terminologie der [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]] und wurde von [[Rudolf Steiner]] später ebenso wie der Begriff «[[Wurzelrasse]]» nicht mehr verwendet. Steiner hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der Begriff «[[Rasse]]» in der [[Kulturepochen|nachatlantischen Zeit]] eigentlich nicht mehr berechtigt ist, da nun nicht mehr die körperliche, sondern die seelisch-geistige Entwicklung in den Vordergrund rückt. Die Gliederung der Menschheit in Rassen wird allmählich völlig überwunden werden und ist schon heute für die geistige Entwicklung der Menschheit bedeutungslos.</ref> (den Ursemiten) zu suchen. Die Menschen fingen an, über die bloße Erinnerung an Vergangenes hinauszugehen und die verschiedenen Erlebnisse zu vergleichen. Die Urteilskraft entwickelte sich. Und nach dieser Urteilskraft wurden die Wünsche, die Begierden geregelt. Man fing an, zu rechnen, zu kombinieren. Man lernte, in Gedanken zu arbeiten. Hat man früher sich jedem Wunsche hingegeben, so frägt man jetzt erst, ob der Gedanke den Wunsch auch billigen könne. Stürmten die Menschen der vierten Unterrasse wild los auf die Befriedigung ihrer Begierden, so begannen diejenigen der fünften auf eine innere Stimme zu hören. Und diese innere Stimme wirkt eindämmend auf die Begierden, wenn sie auch die Ansprüche der eigensüchtigen Persönlichkeit nicht vernichten kann.


5 Aus der Vorratskammer stiehlt Wilhelm ''ein geschriebenes Büchelchen, darin die [[Wikipedia:Komödie|Komödie]] von [[Wikipedia:Goliath (Bibel)|David und Goliath]] aufgezeichnet'' ist. Der Junge lernt ''sein Schauspiel'' auswendig, studiert ''das Stück ganz in sich hinein'' und ergreift ''alle Rollen''.
So hat die fünfte Unterrasse die Antriebe zum Handeln in das menschliche Innere verlegt. Der Mensch will in diesem seinem Innern mit sich ausmachen, was er zu tun oder zu lassen hat. Aber das, was so im Innern an Kraft des Denkens gewonnen wurde, ging an Beherrschung äußerer Naturgewalten verloren. Mit diesem kombinierenden Denken kann man nur die Kräfte der mineralischen Welt bezwingen, nicht die Lebenskraft. Die fünfte Unterrasse entwickelte also das Denken auf Kosten der Herrschaft über die Lebenskraft. Aber gerade dadurch erzeugte sie den Keim zur Weiterentwickelung der Menschheit. Jetzt mochte die Persönlichkeit, die Selbstliebe, ja die Selbstsucht noch so groß werden: das bloße Denken, das ganz im Innern arbeitet und nicht mehr unmittelbar der Natur Befehle erteilen kann, vermag solche verheerende Wirkungen nicht anzurichten wie die mißbrauchten früheren Kräfte. Aus dieser fünften Unterrasse wurde der begabteste Teil ausgewählt, und dieser lebte hinüber über den Niedergang der vierten Wurzelrasse und bildete den Keim zur fünften, der [[Arier|arischen Rasse]], welche die vollständige Ausprägung der denkenden Kraft mit allem, was dazu gehört, zur Aufgabe hat.|11|40f|39}}


8 Über die Bücher seines Vaters kommt Wilhelm an die ''„Teutsche Schaubühne“ und verschiedene italienisch-teutsche Opern'' heran. Nun muss ''König Saul in seinem schwarzen Samtkleide den Chaumigrem, Cato und Darius spielen''. Wilhelm spielt ''meistensteil nur die fünften Akte, wos an ein Totstechen'' geht. ''Der Donner ''gelingt'' nicht immer''. Wilhelm schafft ''sich nach und nach neue Theatergarderobe. Dies oder jenes Stück ''interessiert'' ihn um irgend einer Szene willen''.
{{GZ|Der Mensch von heute kann sich kaum mehr
eine Vorstellung davon machen, welche Ausdehnung das
Gedächtnis bei den Atlantiern gehabt hat. Rechnen konnten
sie nur wenig. Alles beruhte auf dem Zusammenhang, den
sie sich aus dem Gedächtnis heraus bildeten. Zum Beispiel
drei mal sieben wußten sie aus dem Gedächtnis, nicht aber
konnten sie es errechnen. Sie kannten kein Einmaleins. Eine
andere Kraft, welche bei ihnen ausgebildet war, die aber
noch schwieriger zu verstehen ist, war die, daß sie auf die
Lebenskraft selbst einen gewissen Einfluß hatten. Durch
eine besondere Ausbildung der Willenskraft konnten sie auf
das Lebendige einen unmittelbaren Einfluß gewinnen, so
zum Beispiel auf das Wachstum einer Pflanze.|53|300|301}}


9 ''Besonders ''fesselt'' ihn Chlorinde, ''wirkt'' auf den keimenden Geist der Liebe, der sich in dem Knaben'' entwickelt.
{{GZ|Der logische Verstand, die rechnerische
Kombination, auf denen alles beruht, was heute hervorgebracht
wird, fehlten den ersten Atlantiern ganz. Dafür
hatten sie ein hochentwickeltes ''[[Gedächtnis]]''. Dieses Gedächtnis
war eine ihrer hervorstechendsten Geistesfähigkeiten.
Sie rechneten zum Beispiel nicht, wie wir, dadurch,
daß sie sich gewisse Regeln aneigneten, die sie
dann anwendeten. Ein «Einmaleins» war etwas in den
atlantischen Zeiten ganz Unbekanntes. Niemand hatte
seinem Verstande eingeprägt, daß dreimal vier zwölf ist.
Daß er sich in dem Falle, wo er eine solche Rechnung
auszuführen hatte, zurechtfand, beruhte darauf, daß er
sich auf gleiche oder ähnliche Fälle besann. Er ''erinnerte''
sich, wie das bei früheren Gelegenheiten war. Man muß
sich nur klarmachen, daß jedesmal, wenn sich in einem
Wesen eine neue Fähigkeit ausbildet, eine alte an Kraft
und Schärfe verliert. Der heutige Mensch hat gegenüber
dem Atlantier den logischen Verstand, das Kombinationsvermögen
voraus. Das Gedächtnis ist dafür zurückgegangen. Jetzt denken die Menschen in Begriffen; der Atlantier
dachte in Bildern. Und wenn ein Bild vor seiner
Seele auftauchte, dann erinnerte er sich an so und so
viele ähnliche Bilder, die er bereits erlebt hatte. Danach
richtete er sein Urteil ein. Deshalb war damals auch aller
Unterricht anders als in späteren Zeiten. Er war nicht
darauf berechnet, das Kind mit Regeln auszurüsten, seinen
Verstand zu schärfen. Es wurde ihm vielmehr in anschaulichen
Bildern das Leben vorgeführt, so daß es später
sich an möglichst viel erinnern konnte, wenn es in diesen
oder jenen Verhältnissen handeln sollte. War das Kind
erwachsen und kam es ins Leben hinaus, so konnte es
sich bei allem, was es tun sollte, erinnern, daß ihm etwas
Ähnliches in seiner Lehrzeit vorgeführt worden war. Es
fand sich am besten zurecht, wenn der neue Fall irgendeinem
schon gesehenen ähnlich war. Unter ganz neuen
Verhältnissen war der Atlantier immer wieder aufs Probieren
angewiesen, während dem heutigen Menschen in
dieser Beziehung vieles erspart ist, weil er mit Regeln ausgerüstet
wird. Diese kann er auch in den Fällen leicht
anwenden, welche ihm noch nicht begegnet sind. Ein solches
Erziehungssystem gab dem ganzen Leben etwas
Gleichförmiges. Durch sehr lange Zeiträume hindurch
wurden immer wieder und wieder die Dinge in der gleichen
Weise besorgt. Das treue Gedächtnis ließ nichts aufkommen,
was der Raschheit unseres heutigen Fortschrittes
auch nur im entferntesten ähnlich wäre. Man tat, was man
früher immer «gesehen» hatte. Man ''erdachte'' nicht; man
erinnerte sich. Eine Autorität war nicht der, welcher viel
gelernt hatte, sondern wer viel erlebt hatte und sich daher
an viel erinnern konnte. Es wäre unmöglich gewesen,
daß in der atlantischen Zeit jemand vor Erreichung eines
gewissen Alters über irgendeine wichtige Angelegenheit
zu entscheiden gehabt hätte. Man hatte nur zu dem Vertrauen,
der auf lange Erfahrung zurückblicken konnte.


10 Wilhelms Schulkameraden lassen sich Rollen geben und spielen mit. Die Jungen glauben, ''es sei leichter, ein [[Wikipedia:Tragödie|Trauerspiel]] als ein Lustspiel zu machen''.
Das hier Gesagte gilt nicht von den [[Einweihung|Eingeweihten]] und
ihren Schulen. Denn ''sie'' sind ja dem Entwickelungsgrade
ihres Zeitalters voraus. Und für die Aufnahme in solche
Schulen entscheidet nicht das Alter, sondern der Umstand,
ob der Aufzunehmende in seinen früheren Verkörperungen
sich die Fähigkeiten erworben hat, höhere Weisheit
aufzunehmen. Das Vertrauen, das den Eingeweihten
und ihren Agenten während der atlantischen Zeit entgegengebracht
worden ist, beruhte nicht auf der Fülle ihrer
persönlichen Erfahrung, sondern auf dem ''Alter'' ihrer
Weisheit. Beim Eingeweihten hört die Persönlichkeit auf,
eine Bedeutung zu haben. Er steht ganz im Dienste der
ewigen Weisheit.|11|26ff}}


12 Der Vater hofft, dass sich Wilhelm ''zeitig und ganz dem Handelsgeschäfte widmen möchte''. Wilhelms schulische Leistungen sind vielversprechend. Im Laden des Vaters wird Wilhelm ''über das unendliche Wählen der Frauenzimmer nie verdrießlich; ''steht'' ihnen vielmehr mit gutem Rate'' bei. Aber ''mit großen Schmerzen'' muss der Vater schließlich bemerken, wie ''Wilhelm, der seinen Vater'' liebt, das Handelsgewerbe verachtet.
== Fingerrechnen und Kopfrechnen ==


14-16 ''Wilhelm, der das Schauspiel, das etlichemal des Jahrs in ''seine'' Stadt'' kommt, besucht, lernt dort Mariane kennen. Mariane war ''eine Gewissensheurat mit einem Menschen ohne Gewissen eingegangen''. Der Gewissenlose ist verschwunden und Mariane gilt ''wechselweise für Jungfrau, Frau und Witwe''. Wilhelms ''Gutheit, Ergebenheit, Beschränktheit, Unschuld, Genügsamkeit, Verehrung und Herzlichkeit ''machen Mariane'' anfangs verlegen.'' Sie ist ''von Natur eine gute Seele'', fürchtet aber, Wilhelm ''möchte Erfahrenheit in'' ihren Augen ''lesen''. Wilhelm bemerkt die Unordnung bei Mariane, denn ''in einem feinen Bürgerhause erzogen, ''ist'' Ordnung und Reinlichkeit das Element, worin er'' atmet.
[[Zählen]] und Rechnen ist primäre keine Tätigkeit des [[Kopf]]es, des [[Gehirn]]s, sondern wird mit dem ganzen Körper erlebt und das Gehirn spiegelt diese Erlebnisse nur ab. Wenn wir als Erwachsener auch nicht mehr äußerlich mit den Fingern zählen, so tun wir es doch mit den Fingern des [[Ätherleib]]s. Das sog. „Kopfrechnen“ ist also ein verinnerlichtes Zählen und Rechnen mit den Ätherfingern. Dazu kommt später das [[Wikipedia:Einmaleins|Einmaleins]], mit dem Zahlenrhythmen [[gedächtnis]]mäßig im Ätherleib verankert werden.


17 ''Mariane ''lernt'' das Glück der Liebe, das ihr fremd war, in ''Wilhelms'' Armen erst kennen''. Als berechnende Frau erkundigt sie ''sich gar bald wie nebenher nach Wilhelms Vermögen''.
Da der Mensch [[zehn]] [[Finger]] hat, ergibt sich daraus auch die Präferenz für das [[Wikipedia:Dezimalsystem|Dezimalsystem]]. Aber auch in dem später von den [[Wikipedia:Sumer|Sumerern]] und [[Wikipedia:Babylon|Babyloniern]] entwickelten [[Wikipedia:Sexagesimalsystem|Sexagesimalsystem]] (60er-System), das wir heute noch für die [[Zeit]]- und [[Wikipedia:Winkel|Winkel]]berechnung verwenden, kann gut mit den 10 Fingern gerechnet werden.


18 ''„Sie ist dein! Sie hat sich dir hingegeben!“'' jubiliert Wilhelm. Er will die Familie, seine uneinigen Eltern, verlassen. ''Dazu'' kommt, ''daß'' Werner, ''ein sehr gesetzter Mensch, um seine Schwester sich bewirbt und seine Stelle vertreten'' könnte. ''Seine Bestimmung zum Theater ''ist Wilhelm'' nunmehr klar, das hohe Ziel'' - der vollkommenste ''Schauspieler, Schöpfer eines großen Nationaltheaters''.
{{GZ|Der Mensch glaubt gewöhnlich, er habe die Zahlen ausgedacht,
indem er immer eins zum andern hinzugefügt hat. Das ist aber gar
nicht wahr, der Kopf zählt überhaupt nicht. Man glaubt im gewöhnlichen
Leben gar nicht, welch ein merkwürdiges, unnützes Organ für
das Erdenleben dieser menschliche Kopf eigentlich ist. Er ist zur
Schönheit da, gewiß, weil das Antlitz den anderen gefällt. Er hat
noch mancherlei andere Tugenden, aber zu den geistigen Tätigkeiten
ist er eigentlich gar nicht so stark da, denn dasjenige, was er geistig
in sich hat, führt immer zurück in das frühere Erdenleben; er ist
das umgestaltete frühere Erdenleben. Und einen richtigen Sinn hat es
eigentlich nur dann für den Menschen, einen Kopf zu haben, wenn er
etwas weiß von seinen früheren Erdenleben. Alles andere kommt gar
nicht aus dem Kopf. Wir zählen nämlich in Wirklichkeit im Unterbewußten
nach den Fingern. In Wirklichkeit zählen wir 1-10 an den
Fingern und 11, 12, 13, 14 an den Zehen weiter. Das sieht man zwar
nicht, aber man macht das so bis 20. Und dasjenige, was man
im Körper auf diese Weise tut, das spiegelt sich im Kopfe nur ab.
Der Kopf schaut nur bei allem zu. Der Kopf im Menschen ist wirklich
nur ein Spiegelungsapparat von dem, was der Körper macht.
Der Körper denkt, zählt; der Kopf ist nur ein Zuschauer.


20 Mariane sieht Mutterfreuden entgegen. Mindestens zwei Männer kommen als Vater in Frage.
Dieser Kopf hat eine merkwürdige Ähnlichkeit mit etwas anderem. Wenn Sie hier ein Auto haben (es wird gezeichnet) und Sie
sitzen bequem darinnen, so tun Sie gar nichts, der Chauffeur da
vorne muß sich plagen. Sie sitzen drinnen und werden durch die
Welt gefahren. So ist es auch mit dem Kopf; der plagt sich nicht, der
ist einfach auf Ihrem Körper, läßt sich ruhig durch die Welt tragen
und schaut allem zu. Dasjenige, was getan wird im geistigen Leben,
das wird alles vom Körper aus gemacht. Mathematisiert wird vom
Körper aus, gedacht wird auch vom Körper aus, gefühlt wird auch
vom Körper aus. - Die Rechenmaschine entspringt eben dem Irrtum,
als ob der Mensch mit dem Kopf rechnete. Man bringt dann dem
Kinde mit der Rechenmaschine die Rechnungen bei, das heißt, man
strengt seinen Kopf an, und der Kopf strengt dann damit den Körper
an, denn rechnen muß doch der Körper. Man berücksichtigt nicht,
daß der Körper rechnen muß. Das ist wichtig. Deshalb ist es richtig,
daß man das Kind mit den Fingern und auch mit den Zehen zählen
läßt, wie es überhaupt ganz gut wäre, wenn man möglichste Geschicklichkeit
bei den Kindern herausfordern würde.|311|81f}}


21-23 Werner übernimmt das Handelsgeschäft und will Wilhelm auf Geschäftsreisen schicken. Mariane ist das recht, denn dann kann sie sich ungestört mit ''Norman, Wilhelms Nebenbuhler'', abgeben. Zum Abschied schreibt Wilhelm Mariane einen glühenden Liebesbrief. Darin setzt er sie auch von seinen ernsten Absichten ins Bild. Als Wilhelm von Mariane Abschied nehmen will, entdeckte er - da ist ein Nebenbuhler.
{{GZ|Aber warum können wir denn überhaupt
zählen? Ja, in Wirklichkeit machen wir es nämlich nicht anders
als die Wilden, nur haben die Wilden das mit ihren fünf Fingern
gemacht, mit ihren fünf physischen Fingern. Wir zählen auch, nur
zählen wir mit den Fingern unseres Ätherleibes und wissen nichts
mehr davon. Das spielt sich im Unterbewußtsein ab, da abstrahieren
wir. Denn dasjenige, wodurch wir zählen, das ist eigentlich der
Ätherleib, und eine Zahl ist noch immer nichts anderes in Wirklichkeit
als ein Vergleichen mit demjenigen, was in uns ist. Die ganze
Arithmetik ist in uns, und wir haben sie in uns hineingeboren durch
unseren Astralleib, so daß sie eigentlich aus unserem Astralleib
herauskommt, und unsere zehn Finger sind nur der Abdruck dieses
Astralischen und Ätherischen. Und dieser beiden bedient sich
nur dieser äußere Finger, während wir, wenn wir rechnen, dasjenige,
was durch den Astralleib bewirkt Inspiration von der Zahl, im Ätherleib
ausdrücken und dann durch den Ätherleib, mit dem wir überhaupt
denken, zählen. So daß wir sagen können: Äußerlich ist heute
für uns das Zählen etwas recht Abstraktes, innerlich hängt es damit
zusammen - und es ist sehr interessant, die verschiedenen Zählungsmethoden
nach der Zehnzahl, nach dem Dezimalsystem oder nach
der Zwölfzahl bei den verschiedenen Völkern zu verfolgen, wie das
mit der verschiedenen Konstitution ihres Ätherischen und Astralischen
zusammenhängt - , innerlich hängt es damit zusammen, daß
wir zählen, weil wir selbst erst gezählt sind; wir sind aus der Weltenwesenheit
heraus gezählt und nach der Zahl geordnet. Die Zahl ist
uns eingeboren, einverwoben von dem Weltenganzen. Draußen
werden uns nach und nach die Zahlen gleichgültig; in uns sind sie
nicht gleichgültig, in uns hat jede Zahl ihre bestimmte Qualität.
Versuchen Sie es nur einmal, die Zahlen herauszuwerfen aus dem
Weltenall, und sehen Sie sich an, was der Zahl gemäß gestaltet wird,
wenn einfach eins zu dem anderen hinzugesetzt würde; sehen Sie
sich an, wie dann Ihre Hand ausschauen würde, wenn da der
Daumen wäre, und nachher würde einfach das Nächste hinzugesetzt
als die gleiche Einheit, dann wiederum, wiederum: Sie hätten fünf
Daumen an der Hand, an der anderen Hand auch wiederum fünf
Daumen! - Das würde dann entsprechen dem abstrakten Zählen.
So zählen die Geister des Weltenalls nicht. Die Geister des Weltenalls
gestalten nach der Zahl und sie gestalten in jenem Sinne nach
der Zahl, den man früher mit der Zahl verband, wie gesagt, noch in
der ersten, noch in der zweiten Periode der nachatlantischen Zeit.
Das Herausentwickeln der abstrakten Zahl aus der ganz konkreten
Vorstellung des Zahlenhaften, des Zahlenmäßigen, das hat sich erst
im Laufe der Menschheitsentwickelung gebildet. Und darüber muß
man sich klar sein, daß es eine tiefe Bedeutung hat, wenn aus den
alten Mysterien heraus überliefert wird: Die Götter haben den Menschen
nach der Zahl gebildet. - Die Welt ist voller Zahl, das heißt,
alles wird nach der Zahl gebildet, und der Mensch ist nach der Zahl
herausgestaltet, so daß unser Zählen in jenen alten Zeiten nicht
vorhanden war; aber ein bildhaftes Denken in den Qualitäten der
Zahl, das war vorhanden.


;Zweites Buch
Da kommen wir in alte Zeiten zurück, wie gesagt, bis in die erste,
1-5 Wilhelm ist lange krank. ''Er ''flieht'' die Menschen, ''enthält'' sich in seiner Stube. Und er wäre auch untergegangen, hätte ihn nicht die Kraft seiner Natur, die wieder zum Geraden und Reinen strebte, gerettet.'' Wilhelm liest ''mit vielem Vergnügen Theaterbücher - des [[Aristoteles]] „Poetik“ ''und'' [[Wikipedia:Pierre Corneille|Corneille]] - ''die'' Abhandlung über die drei Einheiten'' Handlung, Ort und Zeit. Werner, der inzwischen die Schwester geheiratet hat, bewundert, was Wilhelm ''so vielerlei geschrieben'' hat. Im Gespräch mit Werner definiert Wilhelm den großen Theaterdichter: ''Eine tiefe innere Selbständigkeit ist der Grund aller seiner Charaktere, Stärke des Geistes in allen Situationen ist das Liebste, was er schildert. Wer hat, ''schwärmt er weiter'', Götter gebildet, uns zu ihnen erhoben, sie zu uns hernieder gebracht, als der Dichter?'' Dann kommt Wilhelm auf das Thema Mariane und bricht ''in einen Strom von Tränen aus. Werner ''steht'' in der größten Verlegenheit dabei.'' In ellenlangen Gesprächen mit Werner favorisiert Wilhelm ''im [[Wikipedia:Drama|Drama]] die Handlung ''als'' die Hauptsache''.
zweite nachatlantische Periode, in die urindische, in die urpersische
Zeit, in denen ein Zählen in unserem Sinne durchaus nicht möglich
war, wo man mit der Zwei etwas ganz anderes verbunden hat, als
zweimal die Eins, mit der Drei etwas ganz anderes, als zwei und eins
und dergleichen.|204|134f}}


6-7 Während einer Landpartie mit Werner lernt Wilhelm den jungen Schauspieler Melina und seine Madame kennen. Melina hat sich ''mit seiner jungen Braut'' gegen den Willen ihrer Eltern davongemacht. Die Madame will die Welt sehen und sich der Welt zeigen. Wilhelm möchte den beiden helfen. Melina strebt eine ''bürgerliche Bedienung'' an. Wilhelm, der möchte, dass Melina Schauspieler bleibt, hat Vorstellungen vom Schauspielerberuf, die Melina keineswegs teilen kann. Wilhelm: … ''überdies wüßte ich keine ''[Lebensart]'', die Ihnen so viele Annehmlichkeiten darbietet als die eines Schauspielers''. Melina: ''Man sieht, daß Sie keiner gewesen sind.'' Als Wilhelm dann allein ist, hält er an seinem Ideal fest: ''Nichts ist auf der Erde ohne Beschwerlichkeit, nur der innere Trieb, die Lust, die Liebe helfen uns Hindernisse überwinden.'' Wilhelm meint, ''daß in den Menschen ein besserer Funke lebt''.
== Einmaleins ==


8 Wilhelm wird von Werner als Schuldeneintreiber auf Reisen geschickt.
{{GZ|Eine astralische Mutterhülle trägt der Mensch mit sich herum bis
zum vierzehnten, fünfzehnten Jahre, bis zur Geschlechtsreife. Da
wirft er sie ab, und der [[Astralleib]] wird frei: sozusagen eine dritte Geburt
findet statt. Der Astralleib ist der Träger des menschlichen Urteils,
der menschlichen Kritik. Man sollte abkommen von der Ansicht,
daß das Kind möglichst früh zu einem selbständigen [[Urteil]] kommen
soll. Vom siebenten bis vierzehnten Jahr ist es notwendig, einen weisen
Gedächtnisschatz zu sammeln für das Leben, um so sich in der
Zeit, wo der Astralleib geboren wird, einen möglichst reifen und
reichen Seeleninhalt zu erschaffen. Erst dann soll das Urteilen beginnen. Die frühere Methode, in den Schulen das Einmaleins einfach auswendig
lernen zu lassen: 1*1 &#61; 1 und so weiter, ist, da sie eine rein
gedächtnismäßige ist, bedeutend vorzuziehen der jetzigen abstrakten
Methode, an der sogenannten Rechenmaschine das Einmaleins mit
roten und weißen Kugeln zu «beweisen». Diese ist entschieden schädlich.
Auch hier gilt dasselbe wie beim kleinen Kinde; dieses versteht
die Sprache lange Zeit, ehe es selbst sprechen kann. So soll man es
auch erst urteilen lassen wollen, wenn es einen guten Gedächtnisschatz
für den Ätherleib sich angeeignet, gewisse bleibende Neigungen
und Gewohnheiten entwickelt hat.|109|207f}}


;Drittes Buch
{{GZ|Wenn gerade heute sehr viel darauf gesehen wird, daß alles verstanden
1 Auf seiner Reise kommt Wilhelm ''in einsamen Gebürgen, zwischen undurchdringlichen Wäldern zu Hochdorf'' an einer ''Wachstapetenfabrik'' vorbei, deren ''Fabrikdirektor'' auf Wilhelms Liste der Schuldner steht. Der biedere Direktor zahlt anstandslos ''auf der Stelle in Golde aus'' und ist auch noch menschenfreundlich: Wenn es an Aufträgen mangelt, lässt er seine Arbeiter Komödien spielen. Eine solche Aufführung erlebt Wilhelm mit.
werden soll, daß man gewissermaßen nicht einmal das Einmaleins
den Kindern beibringen soll, ohne daß sie überall verstehen
sollen — sie verstehen es ja doch nicht! -, dann macht man die Kinder
statt zu verständigen Menschen zu Rechenmaschinen. Man prägt
ihnen den in der elementaren Umwelt gelegenen Verstand ein, von
dem ich letzthin gesprochen habe, statt daß man ihren eigenen Verstand
entwickelt. Und das geschieht nämlich heute sehr häufig. Die
Leute bemühen sich geradezu, das Ideal aufzustellen, nicht aus den
Menschen den Verstand herauszuholen, sondern den Elementarverstand
heranzutragen, der in der Umwelt ist, so daß das Kind eingewoben
wird, eingesponnen wird in die elementarische Welt. Das
zeigt sich auch an vielen zeitgenössischen Fällen. Vielem gegenüber
können wir heute geradezu sagen: Die Menschen denken doch gar
nicht selber, sondern sie denken sozusagen in einer allgemeinen
Denkatmosphäre. Und soll etwas Individuelles herauskommen, so
rührt das von ganz anderem her als von dem, was in der Menschennatur
als Göttliches aufgefaßt wird.|177|132}}


2 ''Nach einigen Tagereisen'' treibt Wilhelm weitere Schulden ein und trifft auf ''eine große Gesellschaft von Seiltänzern, Springern, Gauklern''. Wilhelm macht sich Gedanken über das Trauerspiel - ''daß es die Leidenschaften reinige'' - findet aber niemanden, ''dem er diese Betrachtungen hätte mitteilen können''.
{{GZ|Sie wissen ja, die äußere Methodik schreibt vor, im ersten Schuljahr
vorzugsweise die Zahlen im Zahlenraum bis 100 zu behandeln. Man
kann sich an das auch halten, denn es ist ziemlich gleichgültig, wenn
man bei den einfacheren Zahlen bleibt, wie weit man den Zahlenraum
im ersten Schuljahr treibt. Die Hauptsache ist, daß sie, insofern Sie
den Zahlenraum gebrauchen, die Rechnungsarten darin so betreiben,
daß Sie eben dem Rechnung tragen, was ich gesagt habe: die Addition
zuerst aus der Summe heraus, die Subtraktion aus dem Rest heraus,
die Multiplikation aus dem Produkt heraus und die Division aus dem
Quotienten heraus entwickelt. Also gerade das Umgekehrte von dem,
was gewöhnlich gemacht wird. Und erst nachdem man gezeigt hat,
5 ist 3 plus 2, zeigt man das Umgekehrte: durch Addition von 2 und 3
entsteht 5. Denn man muß starke Vorstellungen im Kinde hervorrufen,
daß 5 gleich 3 plus 2 ist, daß 5 aber auch 4 plus 1 ist und so weiter.
Also die Addition erst als zweites nach der Auseinanderteilung der
Summe; und die Subtraktion, nachdem man gefragt hat: Was muß ich
von einem Minuenden abziehen, damit ein bestimmter Rest bleibt und
so weiter. Wie gesagt, daß man das dann mit den einfacheren Zahlen
im ersten Schuljahr macht, ist selbstverständlich. Ob man nun gerade
den Zahlenraum bis 100 oder bis 105 oder bis 95 benützt, das ist im
Grunde nebensächlich.


3 ''Zu Hochstädt'' dann schwillt Wilhelms eingetriebenes Kapital auf ''beinahe fünfzehnhundert Taler'' an. Einige ''Handelsleute'' machen sogar noch ''Bestellungen'' bei ihm. Wilhelm kann sich wenden, wohin er will - er trifft auf eine ''Truppe Komödianten. Muß denn das Schicksal'', sagt er sich, ''immer zu diesen Leuten führen, mit denen ich doch keine Gemeinschaft haben will noch soll. Herr und Frau Melina'' sind mit von der Partie.
Dann aber beginne man, wenn das Kind mit dem Zahnwechsel fertig
ist, ja gleich damit, es das Einmaleins lernen zu lassen, und meinetwillen
sogar das Einspluseins; wenigstens, sagen wir, bis zur Zahl 6
oder 7. Also das Kind möglichst früh das Einmaleins und Einspluseins
einfach gedächtnismäßig lernen zu lassen, nachdem man ihm nur prinzipiell
erklärt hat, was das eigentlich ist, es prinzipiell an der einfachen
Multiplikation erklärt hat, die man so in Angriff nimmt, wie
wir das gesagt haben. Also kaum daß man imstande ist, dem Kinde
den Begriff des Multiplizierens beizubringen, übertrage man ihm auch
schon die Pflicht, das Einmaleins gedächtnismäßig zu lernen.|295|167f}}


4-6 Wilhelm begegnet bei der Truppe, die von der Direktrice Madame de Retti zusammengehalten wird, dem Mädchen [[Mignon (Figur)|Mignon]]. Wilhelm schätzt Mignon ''zwölf bis dreizehn Jahre. Ihr Körper ''ist'' gut gebaut, ihre Gesichtsfarbe bräunlich.'' Mignon antwortet Wilhelm ''in einem gebrochenen Deutsch und mit einer Art, die Wilhelmen in Verwirrung'' setzt. Madame de Retti hat Mignon dem Herrn einer Seiltänzertruppe für ''hundert Dukaten'' abgekauft, weil dieser das Kind auspeitschte. Nach Madame Melinas Ansicht ist Mignon ''zu gar nichts nütze. Auswendig lernt sie sehr geschwind, spielt aber erbärmlich.'' Mignon will hundert Dukaten sparen. ''Mignons Gestalt und Wesen ''wird Wilhelm'' immer reizender.''
== Rechenunterricht und moralische Prinzipien ==


7 Wilhelm bleibt bei der Truppe der Direktrice Madame de Retti. ''Madame Melina ''zieht'' ihn an, indem sie von ihm zu lernen und sich nach ihm zu bilden ''sucht''. Man ''lässt'' ihn merken, daß er sowohl Kenner als Liebhaber und Beschützer des Theaters'' ist. Wilhelm borgt der Direktrice größere Summen einkassierten Geldes. Die Direktrice wird bei anderen Gläubigern wieder kreditwürdig. Man isst und trinkt, man lebt in Freuden.
{{GZ|Früh ist das Kind bereits veranlagt für die ersten Elemente der
Rechenkunst. Aber gerade bei der Rechenkunst kann man beobachten,
wie nur allzuleicht ein intellektualistisches Element zu früh in das Kind
hineinkommt. Rechnen als solches ist ja keinem Menschen in keinem
Lebensalter ganz fremd. Es entwickelt sich aus der menschlichen Natur
heraus, und es kann nicht eine solche Fremdheit zwischen den menschlichen
Fähigkeiten und den Rechenoperationen eintreten wie zwischen
diesen Fähigkeiten und den Buchstaben in einer folgenden Kultur. Aber
dennoch, gerade darauf kommt ungeheuer viel an, daß der Rechenunterricht
in richtiger Weise an das Kind herangebracht wird. Das kann
im Grunde genommen nur derjenige beurteilen, der aus einer gewissen
spirituellen Grundlage heraus das gesamte menschliche Leben beobachten
kann.


8 ''Am allerlustigen'' feiert die Truppe auf Wilhelms Kosten. Als Mignon von einem Unbekannten geküsst wird und ihn dafür ins Gesicht schlägt, dass ''die Ohren sumsen und der Backen brennt'', setzt sich Wilhelm für sie ein. Darauf kommt Mignon zu ihm und sagt ''Herr, ich bin dein Sklave, kaufe mich von meiner Frau, daß ich dir allein zuhöre.''
Zwei Dinge liegen logisch scheinbar einander recht fern: Rechenunterricht
und moralische Prinzipien. Man rückt gewöhnlich gar nicht
den Rechenunterricht an die moralischen Prinzipien heran, weil man
keinen logischen Zusammenhang zunächst findet. Aber für den, der
nun nicht bloß logisch, sondern lebensvoll betrachtet, für den stellt
sich die Sache so, daß das eine Kind, das in der richtigen Weise an das
Rechnen herangebracht worden ist, ein ganz anderes moralisches Verantwortungsgefühl
im späteren Alter hat, als dasjenige Kind, das nicht
in der richtigen Weise an das Rechnen herangebracht worden ist.|305|109f}}


9 Wilhelm arbeitet an seinem ''Trauerspiel „[[Wikipedia:Belsazar|Belsazar]]“''. Der ''medische [[Wikipedia:Darius (Medien)|König Darius]]'' hat darin einen ''Anschlag auf [[Wikipedia:Babylon|Babylon]]'' vor. Die Truppe ist sich einig - das Stück muss gespielt werden.
{{GGZ|Nun werden Sie vielleicht mich noch besser verstehen, wenn ich ein
klein wenig das Prinzip des Rechenunterrichts Ihnen darlege. Heute
geht doch vielfach das Rechnen davon aus, daß wir zunächst damit
beginnen, daß wir eins zum anderen hinzufügen. Allein bedenken Sie,
welche fremde Betätigung das für die menschliche Seele ist, daß man
eine Erbse zu den anderen hinzufügt, und immer wenn etwas hinzugefügt
ist, man wieder einen neuen Namen gibt. Der Übergang von
eins zu zwei, dann wiederum zu drei, dieses Zählen ist ja etwas, was
ganz wie willkürlich im Menschen als Tätigkeit sich vollzieht. Aber
es gibt eine andere Möglichkeit, zu zählen. Wir finden diese Möglichkeit,
wenn wir etwas in der menschlichen Kulturgeschichte zurückgehen.
Denn ursprünglich wurde gar nicht so gezählt, daß man eine
Erbse zu der anderen legte, Einheit zu Einheit hinzulegte, und dadurch
etwas Neues entstand, was wenigstens zunächst für das Seelenleben
außerordentlich wenig mit dem Vorhergehenden zu tun hat. Aber man
zählte etwa in der folgenden Weise. Man sagte sich: Was man im Leben
hat, ist immer ein Ganzes, das man als Ganzes aufzufassen hat, und es
kann das Verschiedenste eben eine Einheit sein. Wenn ich einen Volkshaufen
vor mir habe, so ist er zunächst eine Einheit. Wenn ich einen
einzelnen Menschen vor mir habe, ist er auch eine Einheit. Die Einheit
ist im Grunde genommen etwas ganz Relatives. Das berücksichtige ich,
wenn ich nicht zähle 1, 2, 3, 4 und so fort, sondern wenn ich in der
folgenden Weise zähle:


10 Herr Bendel, der Geliebte der Direktrice, ''eine ungeschickte, breite Figur ohne den mindesten Anstand, ohne Gefühl'', soll den Darius spielen. Der Trinker Bendel hat ''alle Fehler, die einen Schauspieler verwerflich machen''.
[[Datei:GA305 111a.gif|center|800px|Zeichnung aus GA 305, S. 111]]


11 Wilhelm freundet sich mit Herrn von C. an. ''Dieses Stück, ''schätzt der neue Freund Wilhelms Trauerspiel ein'', ist nur von innen heraus geschrieben, es ist ein einziger Mensch, der fühlt und handelt. Man sieht, daß der Autor sein eignes Herz kennt, aber er kennt die Menschen nicht.''
und so weiter, wenn ich das Ganze gliedere, weil ich also von der Einheit
ausgehe, und in der Einheit als Mannigfaltigkeit die Teile suche.
Das ist auch die ursprüngliche Anschauung vom Zahlen. Die Einheit
war immer das Ganze, und in der Einheit suchte man erst die Zahlen.
Man dachte sich nicht die Zahlen entstehend als 1 zu 1 hinzugefügt,
sondern man dachte sich die Zahlen alle als in einer Einheit darinnen,
aus der Einheit organisch hervorgehend.


12 Die Direktrice nutzt Wilhelm aus. Nach und nach gibt er sein ganzes Geld für Bühnenhandwerker et cetera hin. Am Tage der Uraufführung des ''Belsazar'' hat Herr ''Bendel wieder einen neuen, schweren Anfall seiner Krankheit.'' ''Das ganze Haus ''ist'' angefüllt, das Publikum ''wird'' unruhig und ''pocht'' schon eine Viertelstunde''. Von der Direktrice und Madame Melina überredet, spielt Wilhelm unvorbereitet den Darius und hat Erfolg.
Das, angewendet auf den ganzen Rechenunterricht, gibt das Folgende:
Sie werfen, statt daß Sie Erbse zu Erbse hinzulegen, einen Erbsenhaufen
dem Kinde hin. (Es wird gezeichnet.) Der Erbsenhaufe ist
das Ganze. Von dem geht man aus. Und jetzt bringt man etwa dem
Kinde bei: Ich habe den Erbsenhaufen, oder, sagen wir, damit es für
das Kind empfindlich anschaulich wird, einen Haufen von Äpfeln und
3 Kinder, vielleicht 3 Kinder von verschiedenem Alter, die verschieden
stark zu essen haben, und wir wollen etwas tun, was mit dem Leben
zusammenhängt. Was können wir da tun? Nun, wir können das tun,
daß wir den Äpfelhaufen in einer gewissen Weise teilen, und daß wir
dann den ganzen Haufen als Summe betrachten gleich den einzelnen
Teilen, in die wir ihn aufgeteilt haben. Wir haben den Äpfelhaufen
dort, und wir sagen: Wir haben 3 Teile, und bringen so dem Kinde bei,
daß die Summe gleich ist den 3 Teilen. Summe &#61; 3 Teile. Das heißt, wir


;Viertes Buch
[[Datei:GA305 111b.gif|center|200px|Zeichnung aus GA 305, S. 111]]
1 ''Gehst du nach Italien'', sagt Mignon zu Wilhelm, ''so nimm mich mit, es friert mich hier''. Mignon singt:
[[Datei:Goethe, Die Solfatara von Pozzuoli, 1787.jpg|miniatur|hochkant=1.3|Am Golf von Neapel – Zeichnung von Goethe anno 1787]]
:''Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,''
:''Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,''
:''Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,''
:''Die Myrte still und froh der Lorbeer steht,''
:''Kennst du es wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Möcht ich mit dir, o mein Gebieter, ziehn.''
:
:''Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,''
:''Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,''
:''Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:''
:''Was hat man dir, du armes Kind, getan?''
:''Kennst du es wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Möcht ich mit dir, o mein Gebieter, ziehn.''
:
:''Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?''
:''Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,''
:''In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut,''
:''Es stürzt der Fels und über ihn die Flut:''
:''Kennst du ihn wohl?''
:''Dahin! Dahin''
:''Geht unser Weg! Gebieter, laß uns ziehn!''
2 Herr Melina überredet Wilhelm, er solle bei der Direktrice wenigstens einen Teil des verborgten Geldes eintreiben. Widerwillig begibt sich Wilhelm zu Madame de Retti. Die speist ihn mit einem Bruchteil des Geldes ab. Den Löwenanteil hat Herr Bendel.


3 Wilhelm will ''nie das Theater wieder betreten''. Mignon führt Wilhelm einen Eiertanz vor. Wilhelm möchte ''dieses verlassene Wesen an Kindesstatt seinem Herzen'' einverleiben.
gehen bei der Addition nicht von den einzelnen Teilen aus und haben
nachher die Summe, sondern wir nehmen zuerst die Summe und gehen zu
den Teilen über. So gehen wir von dem Ganzen aus, und gehen zu den
Addenden, zu den Teilen über, um auf diese Weise ein lebendiges Erfassen
der Addition zu haben. Denn dasjenige, worauf es in der Addition
ankommt, das ist immer die Summe, und die Teile, die Glieder sind dasjenige,
was in der Summe in einer gewissen Weise drinnen sein muß.
So ist man in der Lage, das Kind heranzubringen an das Leben in
der Art, daß es sich hineinfügt, Ganzheiten zu erfassen, nicht immer
von dem Wenigen zu dem Mehr überzugehen. Und das übt einen außerordentlich
starken Einfluß auf das ganze Seelenleben des Kindes. Wenn
das Kind daran gewöhnt wird, hinzuzufügen, dann entsteht eben jene
moralische Anlage, die vorzugsweise ausbildet das nach dem Begehrlichen
Hingehen. Wenn von dem Ganzen zu den Teilen übergegangen
wird, und wenn entsprechend so auch die Multiplikation ausgebildet
wird, so bekommt das Kind die Neigung, nicht das Begehrliche so stark
zu entwickeln, sondern es entwickelt dasjenige, was im Sinne der platonischen
Weltanschauung genannt werden kann die Besonnenheit, die
Mäßigkeit im edelsten Sinne des Wortes. Und es hängt innig zusammen
dasjenige, was einem im Moralischen gefällt und mißfällt, mit der Art
und Weise, wie man mit den Zahlen umzugehen gelernt hat. Zwischen
dem Umgehen mit den Zahlen und den moralischen Ideen, Impulsen,
scheint ja zunächst kein logischer Zusammenhang, so wenig, daß derjenige,
der nur intellektualistisch denken will, darüber höhnen kann,
wenn man davon spricht. Es kann ihm lächerlich vorkommen. Man
begreift es auch ganz gut, wenn jemand lachen kann darüber, daß man
beim Addieren von der Summe ausgehen soll, und nicht von dem
Addenden. Aber wenn man die wirklichen Zusammenhänge im Leben
ins Auge faßt, dann weiß man, daß die logisch entferntesten Dinge im
wirklichen Dasein einander oftmals sehr nahe stehen.|305|110ff}}


5-8 Während der zweiten Aufführung des ''Belsazar'' wird der Herr Bendel in der Rolle des Darius von Pomeranzen aus dem Parkett getroffen. Das Ensemble zieht sich hinter die Kulisse zurück. Herr Bendel kämpft allein gegen das Publikum, indem er zurückwirft und trifft. ''Eine große Anzahl mit Stecken bewaffneter Zuschauer'' ersteigt die Bühne und verwüstet sie. In dem Getümmel verschwindet die Kasse mit den Tageseinnahmen. In der Nacht macht sich die Direktrice mit ihrem Herrn Bendel davon.
== Die vier Grundrechnungsarten ==


9 Zwar hat Wilhelm sein Geld verloren, glaubt ''aber, daß es doch am Ende wohl angewendet sei, weil er dafür teure Erfahrungen gemacht, welche ihm auf sein ganzes Leben nützlich sein würden.''
Die bekannten vier '''Grundrechenarten''' sind:


10 Die Direktrice ist ''abgegangen'', hat aber Mignon nicht mitgenommen. ''Mademoiselle Philine, eine junge, muntere Aktrice, ''die'' wir bisher gar nicht erwähnt haben, ''kommt zu Wilhelm'' aufs Zimmer''. Die ''leichtfertige'' Philine beträgt sich ''so artig, so schmeichelnd, so eifrig,'' dass Wilhelm sie nicht abweist.
* die '''Addition''' ([[lat.]] ''additio'', von ''addere'' „hinzufügen“) oder '''Plusrechnung''': Summe = Summand<sub>1</sub> + Summand<sub>2</sub>
* die '''Subtraktion''' (von [[lat.]] ''subtrahere'' „wegziehen“, „entfernen“) oder '''Minusrechnung''': Differenz = Minuend - Subtrahend
* die '''Multiplikation''' ([[lat.]] ''multiplicatio'', von ''multiplicare'' „vervielfachen“) oder '''Malrechnung''': Produkt = Faktor<sub>1</sub> × Faktor<sub>2</sub> = Faktor<sub>2</sub> · Faktor<sub>1</sub>
* die '''Division''' (von [[lat.]] ''divisio'' „Teilung“) oder '''Teilung''' bzw. das '''Verhältnis''' zweier Größen zueinander: Quotient = Dividend : Divisor = Dividend ÷ Divisor


12 Weiter geht die Reise. ''Wilhelm ''sitzt'' in einem Wagen mit Mignon, Frau Melina und ihrem Manne. Nach einer Reise von etlichen Tagen'' in einem Wirtshause, weist Wilhelm die Annäherungsversuche von Madame Melina ab. Seit dem Fiasko mit Mariane hat Wilhelm ''ein Gelübde getan, das treulose Geschlecht zu meiden''. Da meldet sich ein alter Harfenspieler bei Wilhelm an. Nach dem Harfenspiel fühlt sich Wilhelm ''wie neugeboren'' und ruft aus: ''Nimm meine Verehrung und meinen Dank, fühle, daß wir alle dich bewundern, und vertraue uns, wenn du etwas bedarfst!'' Zur Antwort singt der Harfner:
=== Zusammenhang mit den vier Temperamenten ===
:''Was hör ich draußen vor dem Tor,''
:''Was schallet auf der Brücken?''…
:''Der König sprachs, der Page lief,''
:''Der Knabe kam, der König rief:''
:''Laßt ihn herein den Alten!''
:…
:''Ich singe, wie der Vogel singt,''
:''Der in den Zweigen wohnet…''
13 Philine liebkost Wilhelm auf offener Straße wie ihren Ehemann. Wilhelm, der, ''wenn eine Laube sie mit Einsamkeit umgeben'', die Liebkosung sogar erwidert hätte, weist sie ab. Philine hat noch einen anderen Verehrer - den gräflichen Herrn Stallmeister, der hoch zu Ross daherkommt. Wilhelm, unruhevoll, sucht Ruhe bei dem alten Harfner. Er sucht und findet den Alten ''in einem entfernten Winkel des Städtchens.'' Wilhelm horcht an der Tür des Alten und vernimmt dessen ''wehmütige Klage'':
:''Wer nie sein Brot mit Tränen aß,''
:''Wer nie die kummervollen Nächte''
:''Auf seinem Bette weinend saß,''
:''Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte.''
:
:''Ihr führt ins Leben uns hinein,''
:''Ihr laßt den Armen schuldig werden,''
:''Dann überlaßt ihr ihn der Pein;''
:''Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.''
14 Der kunstsinnige Herr Graf erscheint, und Herr Melina stellt ihm seine Truppe vor. Die Frau Gräfin bemängelt Philines Garderobe. Die Truppe hofft ''auf einige Wochen glückliche Aussichten''.


16 Wilhelm ist hin und her gerissen. ''Die flüchtige Neigung zu Philinen ''regt'' seine Lebensgeister. Mit Harfenspiel und Gesang ''erhebt'' ihn der Alte zu den höchsten Gefühlen.'' Aber Wilhelm befindet sich bei den Schauspielern in schlechter Gesellschaft. Dabei ist ''sein altes bürgerliches Verhältnis schon wie durch eine Kluft von ihm getrennt. Sein gepreßtes Herz ''strebt'' nach Erleichterung''. Die findet Wilhelm bei Mignon. ''„Mein Kind!“'' ruft Wilhelm aus, ''„mein Kind! du bist ja mein! ich werde dich behalten! dich nicht verlassen!“'' Tränen fließen. ''Sanft ''fängt'' vor der Türe die Harfe an zu klingen.''
{{GZ|Gehen wir einmal von der Addition aus, und zwar so, wie wir die
Addition auffassen. Nehmen wir an, ich habe Bohnen oder ein Häufchen
Holunderkügelchen. Nun will ich für den heutigen Fall annehmen,
daß die Kinder schon zählen können, was sie ja auch erst lernen
müssen. Das Kind zählt, es hat 27. - «27», sage ich, «das ist die Summe.» Wir gehen aus von der Summe, nicht von den Addenden! Die
psychologische Bedeutung davon können Sie in meiner Erkenntnistheorie
verfolgen. Diese Summe teilen wir jetzt ab in Addenden, in
Teile oder in Häufchen. Ein Häufchen Holunderkügelchen, sagen wir
12; weiter ein Häufchen, sagen wir 7; weiter eines, sagen wir 3; weiter
eines, sagen wir 5. Dann werden wir die Holunderkügelchen erschöpft
haben: 27 &#61; 12 + 7 + 3 + 5. Wir machen ja den Rechnungsvorgang
von der Summe 27. Solch einen Vorgang lasse ich nun eine Anzahl von
Kindern machen, welche ausgesprochen phlegmatisches Temperament
haben. Man wird sich allmählich bewußt werden, daß diese Art des
Addierens besonders geeignet ist für Phlegmatiker. - Dann werde ich
mir, weil ja der Vorgang zurückverfolgt werden kann, cholerische Kinder
aufrufen und werde die Holunderkügelchen wieder zusammenwerfen
lassen, aber so, daß es geordnet ist gleich 5 und 3 und 7 und 12
sind 27. Also das cholerische Kind macht den umgekehrten Vorgang.
Das Addieren ist ganz besonders die Rechnungsart der phlegmatischen
Kinder.


;Fünftes Buch
Nun nehme ich jemand heraus aus den melancholischen Kindern.
1-2 Geht nun Wilhelm mit der Truppe ''auf das gräfliche Schloß'' oder macht er als Werners Schuldeneintreiber weiter? Die Truppe isst und trinkt bereits ''auf Rechnung des Grafen'' und lernt Rollen. Die gräflichen ''Herrschaften haben große Liebe für die Literatur, besonders für die deutsche''. Wilhelm zieht ''Szenen zusammen, ''richtet'' Rollen nach dem Geschicke des Akteurs mehr ein''. Die Truppe hofft beim Grafen auf ''Glück, Ehre und Wohlstand'', wird aber ganz schäbig und äußerst mangelhaft untergebracht.
Ich sage: «Hier ist ein Häufchen Holunderbeerchen; zähle sie mal ab!»
Es kriegt heraus, sagen wir einmal 8. «Siehst du, ich will nicht haben
8, ich will nur haben 3. Wieviel muß weggelegt werden von den Holunderkügelchen,
damit ich nur 3 bekomme?» Dann wird es darauf
ankommen, daß 5 weggenommen werden müssen. Das Subtrahieren
in dieser Form ist vor allem die Rechnungsart der melancholischen
Kinder. - Nun rufe ich ein sanguinisches Kind auf und lasse die Rechnung
zurück machen. Nun sage ich: «Was ist weggenommen worden?»
Und ich lasse mir sagen: Wenn ich 5 von 8 wegnehme, so bleiben mir
3 übrig. - Das sanguinische Kind lasse ich wieder die umgekehrte Rechnungsart
ausführen. Ich will nur sagen, daß «vorzugsweise» die Subtraktion
- aber so ausgeführt, wie wir es tun - für die melancholischen
Kinder ist.


3 Nur Philine hat den Vogel abgeschossen - sie darf aufs gräfliche Schloss. Wilhelm, obwohl geladen, bleibt in der Absteige bei der Truppe.
Nun nehme ich mir ein Kind vor aus der Gruppe der Sanguiniker.
Ich werfe wieder eine Anzahl Holunderkügelchen hin, ich sorge aber
dafür, daß es in irgendeiner Weise paßt. Nicht wahr, ich muß das ja
schon anordnen, sonst würde die Sache zu rasch ins Bruchrechnen hineinführen.
Also, nun lasse ich zählen: 56 Holunderkügelchen. - «Nun
sieh einmal an, da habe ich 8 Holunderkügelchen. Nun mußt du mir
sagen, wie oft die 8 Holunderkügelchen in den 56 drinnen sind.» Sie
sehen, die Multiplikation führt zu einer Division. Es bekommt heraus
7. Nun lasse ich die Rechnung zurückmachen von dem melancholischen
Kinde und sage: «Nun will ich aber nicht untersuchen, wie oft
die 8 enthalten sind in den 56, sondern wie oft ist die 7 enthalten in
56? Wie oft kommt die 7 heraus?» Ich lasse die umgekehrte Rechnung
immer von dem entgegengesetzten Temperament ausführen.
Dem Choleriker lege ich vor zunächst die Division, vom Kleinen
zum Größten, indem ich sage: «Siehe, da hast du das Häufchen von 8.
Ich will von dir nun wissen, in welcher Zahl die 8 siebenmal drinnensteckt.» Und er muß herauskriegen: in 56; in einem Häufchen von 56. -
Dann lasse ich das Umgekehrte, die gewöhnliche Division, von dem
phlegmatischen Kinde machen. Für das cholerische Kind wende ich in
dieser Form die Division an. Denn in dieser Form ist sie insbesondere
die Rechnungsart der cholerischen Kinder.


4 In der gräflichen Umgebung lernt Wilhelm Jarno kennen. Wilhelm empfindet ''gegen Jarno, ob er gleich etwas Kaltes und Abstoßendes ''hat'', eine gewisse Neigung.'' Herr Melina befiehlt der Truppe ''sehr strenge, sie ''sollen'' sich nunmehro ordentlich halten, ein jeder seine Rollen auf das beste lernen.'' Aber man lebt zügellos. ''Das Theatergerüste ''wird'' aufgeschlagen, ausgezieret, was man von Dekorationen in dem Gepäcke'' hat. Wilhelm wird von der Gräfin empfangen. Er soll vorlesen, kommt aber gar nicht dazu. Die Gräfin widmet ihre Aufmerksamkeit lieber einem Galanteriehändler und beschäftigt sich mit ihrer Toilette. Wilhelm wird mit einem Geschenk abgespeist.
Auf diese Weise, indem ich es fortwährend so durchführe, bekomme
ich gerade für die vier Rechnungsarten die Möglichkeit, sie zu gebrauchen
für die Heranziehung der vier Temperamente: das Additive ist
verwandt dem Phlegmatischen, das Subtrahieren dem Melancholischen,
das Multiplizieren dem Sanguinischen, das Dividieren, mit dem Zurückgehen
zu dem Dividenden, dem Cholerischen. - Das ist es, was ich
Sie bitte, im Anschluß zu dem von Herrn N. Gesagten zu beachten.
Es ist von besonderer Wichtigkeit, daß man nicht langweilig fortarbeitet:
ein halbes Jahr bloß addiert, dann subtrahiert und so weiter,
sondern wir werden diese vier Rechnungsarten womöglich nicht allzu
langsam nacheinander durchnehmen, und dann alle vier üben! Zuerst
nur bis 40 etwa. So werden wir Rechnen lehren nicht nach dem gewöhnlichen
Stundenplan, sondern so, daß durch das Üben diese vier Arten
fast gleichzeitig angeeignet werden. Sie werden finden, daß es auf diese
Weise sehr ökonomisch geht, und daß man die Kinder die Dinge ineinanderarbeiten
lassen kann. - Es ist ja die Division verwandt mit der
Subtraktion, und die Multiplikation ist eigentlich nur eine wiederholte
Addition. So daß man also auch umwechseln und zum Beispiel das
cholerische Kind an die Subtraktion heranbringen kann.|295|41ff}}


6 Der Graf und Jarno bereiten akribisch eine fragwürdige Szene zur Begrüßung des Prinzen vor. Wilhelm studiert die Lobeshymne ein. Philine, die Favoritin des Stallmeisters, probt freudig und ausgelassen mit. Mignon verweigert den Eiertanz-Auftritt.
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Rechnen}}
* {{WikipediaDE|Rechnen}}
* {{WikipediaDE|Fingerrechnen}}
* {{WikipediaDE|Kopfrechnen}}
* {{WikipediaDE|Einmaleins}}


7-11 Der Prinz kommt an. Jarno, der ''gefühllose Weltmann'', sagt Wilhelm ''mit hartherziger Kälte'' die Wahrheit: ''Es ist schade, daß Sie mit hohlen Nüssen um hohle Nüsse spielen.'' Wilhelm wird angehalten, [[Wikipedia:Jean Racine|Racine]], den Lieblingsautor des Prinzen, ''gelegentlich ''zu'' loben''. Jarno gibt Wilhelm ''auf eine unfreundliche Art neue Ideen''. Er muss von Wilhelm erfahren, dass dieser [[Wikipedia:William Shakespeare|Shakespeare]] nicht kennt. ''Wilhelm ''fängt'' an zu wittern, daß es in der Welt anders zugehe, als er sichs gedacht.'' Er schließt sich ein. Nur Mignon und der Harfner haben Zutritt zu Wilhelms ''Shakespearischer Welt''. Wilhelm ''glaubt, vor den aufgeschlagenen ungeheuern Büchern des Schicksals zu stehen.'' Philine schmeichelt sich bei den vornehmen und großen Damen ein. Der Prinz reist ab. Auch die Truppe darf nicht länger bleiben.
==Literatur==


14-15 Vor Räubern auf der nächsten Wegstrecke der Truppe wird gewarnt. Wilhelm und einige der Theaterleute bewaffnen sich. Wilhelm ermutigt die Furchtsamen. Auf einem Waldplatz wird die Truppe dann tatsächlich überfallen und ''ausgeplündert''. Wilhelm wird ''von einem Schuß, der ihn zwischen der Brust und Schulter ''trifft'', verwundet.''
* [[Ernst Bindel]]: ''Das Rechnen: Menschenkundliche Begründung und pädagogische Bedeutung'', 3. Auflage, J. Ch. Mellinger-Verlag 1996, ISBN 978-3880690134
* [[Ernst Bindel]]: ''Die Arithmetik: Menschenkundliche Begründung und pädagogische Bedeutung'', J. Ch. Mellinger-Verlag 1967, ISBN 978-3880690141
* [[Ernst Bindel]]: ''Die geistigen Grundlagen der Zahlen: Die Zahl im Spiegel der Kulturen. Elemente einer spirituellen Geometrie und Arithmetik'', 2. Auflage, Verlag Freies Geistesleben 2003, ISBN 978-3772512513
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus der Akasha-Chronik'', [[GA 11]] (1986), ISBN 3-7274-0110-9 {{Schriften|011}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Ursprung und Ziel des Menschen'', [[GA 53]] (1981), ISBN 3-7274-0532-5 {{Vorträge|053}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen'', [[GA 109]] (2000), ISBN 3-7274-1090-6 {{Vorträge|109}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis'', [[GA 177]] (1999), ISBN 3-7274-1771-4 {{Vorträge|177}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Perspektiven der Menschheitsentwickelung'', [[GA 204]] (1979), ISBN 3-7274-2040-5 {{Vorträge|204}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Erziehungskunst. Seminarbesprechungen und Lehrplanvorträge'', [[GA 295]] (1984), ISBN 3-7274-2950-X {{Vorträge|295}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die geistig-seelischen Grundkräfte der Erziehungskunst. Spirituelle Werte in Erziehung und sozialem Leben.'', [[GA 305]] (1991), ISBN 3-7274-3050-8 {{Vorträge|305}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Kunst des Erziehens aus dem Erfassen der Menschenwesenheit'', [[GA 311]] (1989), ISBN 3-7274-3110-5 {{Vorträge|311}}


;Sechstes Buch
{{GA}}
1 Auf dem Waldplatz erscheint eine ''schöne [[Wikipedia:Amazonen|Amazone]]. Ein weiter Mannsüberrock, der ihr nicht ''passt, verbirgt'' ihre Gestalt.'' Ein ''Wundarzt'' in ihrem Gefolge erledigt bei Wilhelm die chirurgische Erstversorgung. Die ''gnädige Dame'' deckt den Verwundeten mit ihrem Überrock zu. Als Wilhelm ''wieder zu sich ''kommt, sind'' Reuter und Wagen, die Schöne samt ihrer Begleitung verschwunden''.


2-3 Die Truppe findet Notunterkunft. Philine und Wilhelm werden ''für das Ehepaar'' gehalten. ''Jedermann ''wirft'' nun die Schuld eines so üblen Ausgangs auf'' Wilhelm. Er fühlt sich unschuldig und ist entsetzt, weil er von der Truppe so behandelt wird, ''das erstemal, da ''er'' Hülfe erwarten könnte''. Trotzdem verspricht er der Truppe, sie aus dem Elend herauszuführen. Mehr noch - ''ein jeder soll doppelt und dreifach so viel ''erwerben'', als er verloren.''
== Einzelanachweise ==
<references />


4 Es stellt sich heraus, die ''schöne Amazone'' sollte wahrscheinlich statt der Truppe überfallen werden. Aus Dankbarkeit habe die ''gnädige Dame'' für die Truppe gesorgt, als Wilhelm ohnmächtig wurde. Und sie sorgt im Hintergrund weiter. Wilhelm bekommt den nächsten ''Chirurgus''.
[[Kategorie:Rechnen|!]]
 
7 Auf dem Krankenlager studiert Wilhelm ''die Shakespearischen Schriften, ''besonders'' [[Wikipedia:Hamlet|Hamlet]]''. ''Das Bild der hülfreichen Schönen ''schwebt'' vor seinem Gemüte'' und im Nebenzimmer singt Mignon zur Harfe:
:''Nur wer die Sehnsucht kennt,''
:''Weiß, was ich leide!''
:''Allein und abgetrennt''
:''Von aller Freude,''
:''Seh ich ans Firmament''
:''Nach jener Seite.''
:
:''Ach, der mich liebt und kennt,''
:''Ist in der Weite!''
:''Es schwindelt mir, es brennt.''
:''Mein Eingeweide.''
:''Ach wer die Sehnsucht kennt,''
:''Nur wer die Sehnsucht kennt,''
:''Weiß, was ich leide!''
Mignon spricht ''noch immer sehr gebrochen deutsch, und nur wenn sie den Mund zum Singen ''auftut, scheint'' sie sich des einzigen Organs zu bedienen, wodurch sie ihr Inneres aufschließen und mitteilen'' kann.
 
8 In H. angekommen, trifft Wilhelm den Theaterdirektor Serlo, dessen Schwester, die junge Witwe Aurelia und die vorausgeeilte Truppe Melina. Wilhelm empfiehlt Serlo die Truppe.
 
9 Philine setzt Wilhelm ins Bild. Aurelia hat einen dreijährigen unehelichen Sohn von Lothar.
 
11 Aurelia durchschaut Wilhelm: ''Mit Verwunderung bemerkte ich an Ihnen den großen und richtigen Blick, mit dem Sie Dichtung und besonders dramatische Dichtung beurteilen … Ohne die Gegenstände in der Natur gekannt zu haben, erkennen Sie solche im Bilde; es scheint eine Vorempfindung der ganzen Welt in Ihnen zu liegen … von außen kommt nichts in Sie hinein! Ich habe nicht leicht jemanden gesehen, der die Menschen, mit denen er lebt, so von Grund aus verkennt wie Sie.'' Wilhelm, der Introvertierte, erkennt, ''niemand ''hat'' ihn so mit sich selbst bekannt gemacht'' und bestätigt: ''Ich habe von Jugend auf mehr einwärts als auswärts gesehen, und da ist es sehr natürlich, daß ich den Menschen bis auf einen gewissen Grad habe kennen lernen, ohne mich auf die Menschen im geringsten zu verstehen.'' Aurelia sieht in Wilhelm den jungen Dichter und Künstler. Seine Unschuld sei ''wie jene Hülle, die eine Knospe einschließt und nährt.'' Unerbittlich wirft Aurelia Wilhelm vor: ''Was ist Ihre ganze Gesellschaft, die Sie meinem Bruder empfohlen, für ein erbärmliches Volk!''
 
Mignon versetzt Wilhelm in Verlegenheit. ''Bei einer Guten Nacht ''schließt'' sie ihn so fest in ihre Arme und ''küsst'' ihn mit solcher Inbrunst, daß es ihm vor der Heftigkeit dieser aufkeimenden Natur oft angst und bange'' wird.
 
12 Wilhelm empfindet keine Zärtlichkeit für Aurelia und bezeichnet sich als ihren Freund. ''Ihr leidenschaftlicher Verstand ''leitet'' ihn aus der idealischen Welt in die wahre herüber.'' Wilhelm gesteht Aurelia seine unglückliche Liebe zu Mariane. Aurelia nennt sich eine Halbwahnsinnige und benimmt sich mitunter auch so. Serlo wird Wilhelms ''Lehrer und Führer in seiner Lieblingskunst''.
 
13 Serlo will Wilhelm an seiner Bühne haben. Wilhelm zögert: ''Bei Serlo wollte ich unterzukommen suchen, er sucht nun mich''. Serlo will schließlich Wilhelm und die ganze Truppe Melina dazu. Nun muss Wilhelm ''Ja denn'' sagen. ''Melina soll Garderobemeister werden, um den Motten zu wehren.''
 
== Zitat ==
*''Sie sah ihn mit einer wilden Gleichgültigkeit an…''<ref>Quelle S.680, 6. Z.v.o.</ref>.
 
== Mignon ==
[[Wikipedia:Mignon (Figur)|Mignon]] wird im Fragment durchweg als Mädchen beschrieben. Nur im 3. Kapitel des 4. Buches<ref>Quelle S.584</ref> ist fünfmal hintereinander - bezogen auf Mignon - von ''er'' die Rede. Nach [[Wikipedia:Richard Friedenthal|Friedenthal]]<ref>Friedenthal S. 474</ref> wird unter Mignon in der [[Wikipedia:Goethezeit|Goethezeit]] ''homosexueller Liebling'' verstanden. Wilhelm wird von Frauen geradezu umschwärmt. Nach dem Fiasko mit Mariane wendet er sich aber keiner zweiten Frau zu, obwohl es - wie gesagt - an „Angeboten“ keineswegs mangelt. Wilhelm behält durch alle Fährnisse hindurch sein ''allerliebstes Schoßkind'' Mignon bei sich.
 
== Rezeption ==
*[[Wikipedia:Hermann Hesse|Hermann Hesse]] bewundert das Werk. Der Anlass von Hesses kleiner Notiz dürfte ein Aufsehen erregender Fund aus dem Jahre 1910 in Zürich sein. Eine Kopie des ''Urmeisters'' aus den Jahren 1777 bis 1785 wurde entdeckt und ein Jahr darauf veröffentlicht. Welche Fassung ist ''schöner und wertvoller'', fragt Hesse, dieser ''Künstlerroman'', der ''Urmeister'' oder der, der aus ihm hervorgegangen ist - ''Wilhelm Meisters Lehrjahre'' - ''der Roman des Menschen''? Hesse findet ein wundervolles Gleichnis: Die Frage ist vergleichbar mit der: Ist der Frühling schöner als der Sommer? Folgerichtig stellt Hesse den kostbaren Fund als ''unersetzliches, prächtiges Stück Goethescher Jugendprosa'' heraus<ref>Michels S. 158-159</ref>.
*Nach Friedenthal hat Goethe mit der Madame de Retti die [[Wikipedia:Friederike Caroline Neuber|Neuberin]] porträtiert. Als Figuren durchgestaltet seien außer Wilhelm besonders Mignon und Philine. Unbedingt zutreffend ist Friedenthals Beobachtung, nach der Wilhelm ''Bildungsgepäck aufgeladen wird''<ref>Friedenthal S. 472</ref>. Der Roman ist gleichsam mit „Lehrstoff“ zur Theaterpraxis überfrachtet.
*Jørgensen, Bohnen und Øhrgaard vergleichen die ''Theatralische Sendung'' mit den ''Lehrjahren''.
*Boyle geht ausführlich und sehr treffend auf das Geschehen in jedem der sechs Bücher des Romans ein. Wilhelm, der den Vornamen Shakespeares trägt, hat eine Sendung. Diese ist nichts Geringeres als ''die literarische Veränderung Deutschlands''<ref>Boyle S. 419</ref>. Die Aversion Goethes gegen das fahrende Volk der Schauspieler zeige sich insbesondere in der Abwendung Wilhelms von Philine und in der Hinwendung zu Mignon und zum Harfner. In Verbindung damit wird die erstaunliche lyrische „Unterlage“ (Gedichte) des Prosatextes beleuchtet.
*[[Wikipedia:Gero von Wilpert|Wilpert]] betont Goethes lebendigen Erzählstil in der ''Theatralischen Sendung''.
*[[Wikipedia:Karl Otto Conrady|Conrady]] hebt den autobiographischen Charakter der ''Theatralischen Sendung'' und ihre Ausforschung durch die [[Psychoanalyse|Psychoanalytiker]] hervor.
 
== Briefe ==
 
{{Zitat|Meine ersten Capitel von ''Wilhelm Meister'' sind nun bald in der Ordnung und dann hoff ich soll die Lust kommen fortzufahren.|Quelle=Brief Goethes vom 21. Juni 1782 an [[Charlotte von Stein]]}}
{{Zitat|Das zweyte Buch von ''Wilhelm Meister'' erhälst<!-- Sic--> du bald ich habe es mitten in dem Taumel geschrieben.|Quelle=Brief Goethes vom 27. Juli 1782 an [[Karl Ludwig von Knebel]]}}
{{Zitat|Das fünfte Buch von ''Wilhelm Meister'' habe ich indessen geendigt und muß nun abwarten wie es aufgenommen wird.|Quelle=Brief Goethes vom 28. Oktober 1784 an [[Carl August (Sachsen-Weimar-Eisenach)|Herzog Carl August]]}}
 
== Einzelnachweise ==
<div class="references-small" style="-moz-column-count:5; column-count:5;">
<references/></div>
 
== Literatur ==
;Quelle
*Johann Wolfgang von Goethe: ''Poetische Werke, Band 6''. S. 473-684. Phaidon Verlag Essen 1999, ISBN 3-89350-448-6
;Sekundärliteratur
<small>Geordnet nach dem Erscheinungsjahr</small>
*Richard Friedenthal: ''Goethe – sein Leben und seine Zeit.'' S. 468-475. R. Piper Verlag München 1963
*[[Wikipedia:Volker Michels|Volker Michels]] (Hrsg.): ''Hermann Hesse: Eine Literaturgeschichte in Rezensionen und Aufsätzen.'' suhrkamp taschenbuch 252. Frankfurt a. M. 1975, ISBN 3-518-36752-8
*Sven Aage Jørgensen, Klaus Bohnen, Per Øhrgaard: ''Aufklärung, Sturm und Drang, frühe Klassik 1740-1789''. In Helmut de Boor (Hrsg.), Richard Newald (Hrsg.): ''Geschichte der deutschen Literatur, Band VI''. S. 504-506. München 1990, ISBN 3-406-34573-5
*Nicholas Boyle: ''Goethe. Der Dichter in seiner Zeit. Bd. 1: 1749–1790.'' S. 418-431. München 1995, ISBN 3-406-39801-4
*Gero von Wilpert: ''Goethe-Lexikon.'' S. 1186-1187. Stuttgart 1998, ISBN 3-520-40701-9
*Karl Otto Conrady: ''Goethe - Leben und Werk.'' S. 631-641. Düsseldorf und Zürich 1999, ISBN 3-538-06638-8
 
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Version vom 10. Februar 2020, 13:19 Uhr

Rechnen (mhd. rechnen, rechenen; ahd. rechanon, von indogerm. *reg- „lenken, richten, leiten“) ist eine menschliche Fähigkeit, die eine komplexere Form des Zählens darstellt, bei der Mengen nicht nur abgezählt, sondern etwa auch auf auf eine festgelegte Anzahl von Teilen aufgeteilt (Division, Teilung), zusammengezählt (Addition), vervielfacht (Multiplikation) oder voneinander abgezählt (Subtraktion) werden. Ganz allgemein handelt es sich dabei implizit um die logische Verküpfung zunächst konkreter und später auch abstrakter, d.h. rein gedanklicher Objekte.

Ursprung der Rechenkunst

Nach Rudolf Steiner wurde das Rechnen in seiner elementarsten Form erstmals von den Ur-Semiten in der atlantischen Zeit entwickelt und brachte nicht nur einen Fortschritt der praktischen Denkfähigkeit, sondern hatte darüber hinaus vor allem auch eine große moralische Bedeutung. Die Atlantier, namentlich die Ur-Turanier, hatten damals bereits eine große magische Macht über die Lebenskräfte gewonnen und stellten diese immer mehr in den Dienst des persönlichen Egoismus, wodurch zerstörerische Kräfte freigesetzt wurden, die zuletzt zum Untergang der Atlantis führten. Durch die Ursemiten wurde die Basis für die nachatlantische Kultur geschaffen.

„Solche zerstörende Wirkung konnte nur dadurch aufgehalten werden, daß im Menschen sich eine höhere Kraft ausbildete. Und das war die Denkkraft. Das logische Denken wirkt zurückhaltend auf die eigensüchtigen persönlichen Wünsche. Den Ursprung dieses logischen Denkens haben wir bei der fünften Unterrasse[1] (den Ursemiten) zu suchen. Die Menschen fingen an, über die bloße Erinnerung an Vergangenes hinauszugehen und die verschiedenen Erlebnisse zu vergleichen. Die Urteilskraft entwickelte sich. Und nach dieser Urteilskraft wurden die Wünsche, die Begierden geregelt. Man fing an, zu rechnen, zu kombinieren. Man lernte, in Gedanken zu arbeiten. Hat man früher sich jedem Wunsche hingegeben, so frägt man jetzt erst, ob der Gedanke den Wunsch auch billigen könne. Stürmten die Menschen der vierten Unterrasse wild los auf die Befriedigung ihrer Begierden, so begannen diejenigen der fünften auf eine innere Stimme zu hören. Und diese innere Stimme wirkt eindämmend auf die Begierden, wenn sie auch die Ansprüche der eigensüchtigen Persönlichkeit nicht vernichten kann.

So hat die fünfte Unterrasse die Antriebe zum Handeln in das menschliche Innere verlegt. Der Mensch will in diesem seinem Innern mit sich ausmachen, was er zu tun oder zu lassen hat. Aber das, was so im Innern an Kraft des Denkens gewonnen wurde, ging an Beherrschung äußerer Naturgewalten verloren. Mit diesem kombinierenden Denken kann man nur die Kräfte der mineralischen Welt bezwingen, nicht die Lebenskraft. Die fünfte Unterrasse entwickelte also das Denken auf Kosten der Herrschaft über die Lebenskraft. Aber gerade dadurch erzeugte sie den Keim zur Weiterentwickelung der Menschheit. Jetzt mochte die Persönlichkeit, die Selbstliebe, ja die Selbstsucht noch so groß werden: das bloße Denken, das ganz im Innern arbeitet und nicht mehr unmittelbar der Natur Befehle erteilen kann, vermag solche verheerende Wirkungen nicht anzurichten wie die mißbrauchten früheren Kräfte. Aus dieser fünften Unterrasse wurde der begabteste Teil ausgewählt, und dieser lebte hinüber über den Niedergang der vierten Wurzelrasse und bildete den Keim zur fünften, der arischen Rasse, welche die vollständige Ausprägung der denkenden Kraft mit allem, was dazu gehört, zur Aufgabe hat.“ (Lit.:GA 11, S. 40f)

„Der Mensch von heute kann sich kaum mehr eine Vorstellung davon machen, welche Ausdehnung das Gedächtnis bei den Atlantiern gehabt hat. Rechnen konnten sie nur wenig. Alles beruhte auf dem Zusammenhang, den sie sich aus dem Gedächtnis heraus bildeten. Zum Beispiel drei mal sieben wußten sie aus dem Gedächtnis, nicht aber konnten sie es errechnen. Sie kannten kein Einmaleins. Eine andere Kraft, welche bei ihnen ausgebildet war, die aber noch schwieriger zu verstehen ist, war die, daß sie auf die Lebenskraft selbst einen gewissen Einfluß hatten. Durch eine besondere Ausbildung der Willenskraft konnten sie auf das Lebendige einen unmittelbaren Einfluß gewinnen, so zum Beispiel auf das Wachstum einer Pflanze.“ (Lit.:GA 53, S. 300)

„Der logische Verstand, die rechnerische Kombination, auf denen alles beruht, was heute hervorgebracht wird, fehlten den ersten Atlantiern ganz. Dafür hatten sie ein hochentwickeltes Gedächtnis. Dieses Gedächtnis war eine ihrer hervorstechendsten Geistesfähigkeiten. Sie rechneten zum Beispiel nicht, wie wir, dadurch, daß sie sich gewisse Regeln aneigneten, die sie dann anwendeten. Ein «Einmaleins» war etwas in den atlantischen Zeiten ganz Unbekanntes. Niemand hatte seinem Verstande eingeprägt, daß dreimal vier zwölf ist. Daß er sich in dem Falle, wo er eine solche Rechnung auszuführen hatte, zurechtfand, beruhte darauf, daß er sich auf gleiche oder ähnliche Fälle besann. Er erinnerte sich, wie das bei früheren Gelegenheiten war. Man muß sich nur klarmachen, daß jedesmal, wenn sich in einem Wesen eine neue Fähigkeit ausbildet, eine alte an Kraft und Schärfe verliert. Der heutige Mensch hat gegenüber dem Atlantier den logischen Verstand, das Kombinationsvermögen voraus. Das Gedächtnis ist dafür zurückgegangen. Jetzt denken die Menschen in Begriffen; der Atlantier dachte in Bildern. Und wenn ein Bild vor seiner Seele auftauchte, dann erinnerte er sich an so und so viele ähnliche Bilder, die er bereits erlebt hatte. Danach richtete er sein Urteil ein. Deshalb war damals auch aller Unterricht anders als in späteren Zeiten. Er war nicht darauf berechnet, das Kind mit Regeln auszurüsten, seinen Verstand zu schärfen. Es wurde ihm vielmehr in anschaulichen Bildern das Leben vorgeführt, so daß es später sich an möglichst viel erinnern konnte, wenn es in diesen oder jenen Verhältnissen handeln sollte. War das Kind erwachsen und kam es ins Leben hinaus, so konnte es sich bei allem, was es tun sollte, erinnern, daß ihm etwas Ähnliches in seiner Lehrzeit vorgeführt worden war. Es fand sich am besten zurecht, wenn der neue Fall irgendeinem schon gesehenen ähnlich war. Unter ganz neuen Verhältnissen war der Atlantier immer wieder aufs Probieren angewiesen, während dem heutigen Menschen in dieser Beziehung vieles erspart ist, weil er mit Regeln ausgerüstet wird. Diese kann er auch in den Fällen leicht anwenden, welche ihm noch nicht begegnet sind. Ein solches Erziehungssystem gab dem ganzen Leben etwas Gleichförmiges. Durch sehr lange Zeiträume hindurch wurden immer wieder und wieder die Dinge in der gleichen Weise besorgt. Das treue Gedächtnis ließ nichts aufkommen, was der Raschheit unseres heutigen Fortschrittes auch nur im entferntesten ähnlich wäre. Man tat, was man früher immer «gesehen» hatte. Man erdachte nicht; man erinnerte sich. Eine Autorität war nicht der, welcher viel gelernt hatte, sondern wer viel erlebt hatte und sich daher an viel erinnern konnte. Es wäre unmöglich gewesen, daß in der atlantischen Zeit jemand vor Erreichung eines gewissen Alters über irgendeine wichtige Angelegenheit zu entscheiden gehabt hätte. Man hatte nur zu dem Vertrauen, der auf lange Erfahrung zurückblicken konnte.

Das hier Gesagte gilt nicht von den Eingeweihten und ihren Schulen. Denn sie sind ja dem Entwickelungsgrade ihres Zeitalters voraus. Und für die Aufnahme in solche Schulen entscheidet nicht das Alter, sondern der Umstand, ob der Aufzunehmende in seinen früheren Verkörperungen sich die Fähigkeiten erworben hat, höhere Weisheit aufzunehmen. Das Vertrauen, das den Eingeweihten und ihren Agenten während der atlantischen Zeit entgegengebracht worden ist, beruhte nicht auf der Fülle ihrer persönlichen Erfahrung, sondern auf dem Alter ihrer Weisheit. Beim Eingeweihten hört die Persönlichkeit auf, eine Bedeutung zu haben. Er steht ganz im Dienste der ewigen Weisheit.“ (Lit.:GA 11, S. 26ff)

Fingerrechnen und Kopfrechnen

Zählen und Rechnen ist primäre keine Tätigkeit des Kopfes, des Gehirns, sondern wird mit dem ganzen Körper erlebt und das Gehirn spiegelt diese Erlebnisse nur ab. Wenn wir als Erwachsener auch nicht mehr äußerlich mit den Fingern zählen, so tun wir es doch mit den Fingern des Ätherleibs. Das sog. „Kopfrechnen“ ist also ein verinnerlichtes Zählen und Rechnen mit den Ätherfingern. Dazu kommt später das Einmaleins, mit dem Zahlenrhythmen gedächtnismäßig im Ätherleib verankert werden.

Da der Mensch zehn Finger hat, ergibt sich daraus auch die Präferenz für das Dezimalsystem. Aber auch in dem später von den Sumerern und Babyloniern entwickelten Sexagesimalsystem (60er-System), das wir heute noch für die Zeit- und Winkelberechnung verwenden, kann gut mit den 10 Fingern gerechnet werden.

„Der Mensch glaubt gewöhnlich, er habe die Zahlen ausgedacht, indem er immer eins zum andern hinzugefügt hat. Das ist aber gar nicht wahr, der Kopf zählt überhaupt nicht. Man glaubt im gewöhnlichen Leben gar nicht, welch ein merkwürdiges, unnützes Organ für das Erdenleben dieser menschliche Kopf eigentlich ist. Er ist zur Schönheit da, gewiß, weil das Antlitz den anderen gefällt. Er hat noch mancherlei andere Tugenden, aber zu den geistigen Tätigkeiten ist er eigentlich gar nicht so stark da, denn dasjenige, was er geistig in sich hat, führt immer zurück in das frühere Erdenleben; er ist das umgestaltete frühere Erdenleben. Und einen richtigen Sinn hat es eigentlich nur dann für den Menschen, einen Kopf zu haben, wenn er etwas weiß von seinen früheren Erdenleben. Alles andere kommt gar nicht aus dem Kopf. Wir zählen nämlich in Wirklichkeit im Unterbewußten nach den Fingern. In Wirklichkeit zählen wir 1-10 an den Fingern und 11, 12, 13, 14 an den Zehen weiter. Das sieht man zwar nicht, aber man macht das so bis 20. Und dasjenige, was man im Körper auf diese Weise tut, das spiegelt sich im Kopfe nur ab. Der Kopf schaut nur bei allem zu. Der Kopf im Menschen ist wirklich nur ein Spiegelungsapparat von dem, was der Körper macht. Der Körper denkt, zählt; der Kopf ist nur ein Zuschauer.

Dieser Kopf hat eine merkwürdige Ähnlichkeit mit etwas anderem. Wenn Sie hier ein Auto haben (es wird gezeichnet) und Sie sitzen bequem darinnen, so tun Sie gar nichts, der Chauffeur da vorne muß sich plagen. Sie sitzen drinnen und werden durch die Welt gefahren. So ist es auch mit dem Kopf; der plagt sich nicht, der ist einfach auf Ihrem Körper, läßt sich ruhig durch die Welt tragen und schaut allem zu. Dasjenige, was getan wird im geistigen Leben, das wird alles vom Körper aus gemacht. Mathematisiert wird vom Körper aus, gedacht wird auch vom Körper aus, gefühlt wird auch vom Körper aus. - Die Rechenmaschine entspringt eben dem Irrtum, als ob der Mensch mit dem Kopf rechnete. Man bringt dann dem Kinde mit der Rechenmaschine die Rechnungen bei, das heißt, man strengt seinen Kopf an, und der Kopf strengt dann damit den Körper an, denn rechnen muß doch der Körper. Man berücksichtigt nicht, daß der Körper rechnen muß. Das ist wichtig. Deshalb ist es richtig, daß man das Kind mit den Fingern und auch mit den Zehen zählen läßt, wie es überhaupt ganz gut wäre, wenn man möglichste Geschicklichkeit bei den Kindern herausfordern würde.“ (Lit.:GA 311, S. 81f)

„Aber warum können wir denn überhaupt zählen? Ja, in Wirklichkeit machen wir es nämlich nicht anders als die Wilden, nur haben die Wilden das mit ihren fünf Fingern gemacht, mit ihren fünf physischen Fingern. Wir zählen auch, nur zählen wir mit den Fingern unseres Ätherleibes und wissen nichts mehr davon. Das spielt sich im Unterbewußtsein ab, da abstrahieren wir. Denn dasjenige, wodurch wir zählen, das ist eigentlich der Ätherleib, und eine Zahl ist noch immer nichts anderes in Wirklichkeit als ein Vergleichen mit demjenigen, was in uns ist. Die ganze Arithmetik ist in uns, und wir haben sie in uns hineingeboren durch unseren Astralleib, so daß sie eigentlich aus unserem Astralleib herauskommt, und unsere zehn Finger sind nur der Abdruck dieses Astralischen und Ätherischen. Und dieser beiden bedient sich nur dieser äußere Finger, während wir, wenn wir rechnen, dasjenige, was durch den Astralleib bewirkt Inspiration von der Zahl, im Ätherleib ausdrücken und dann durch den Ätherleib, mit dem wir überhaupt denken, zählen. So daß wir sagen können: Äußerlich ist heute für uns das Zählen etwas recht Abstraktes, innerlich hängt es damit zusammen - und es ist sehr interessant, die verschiedenen Zählungsmethoden nach der Zehnzahl, nach dem Dezimalsystem oder nach der Zwölfzahl bei den verschiedenen Völkern zu verfolgen, wie das mit der verschiedenen Konstitution ihres Ätherischen und Astralischen zusammenhängt - , innerlich hängt es damit zusammen, daß wir zählen, weil wir selbst erst gezählt sind; wir sind aus der Weltenwesenheit heraus gezählt und nach der Zahl geordnet. Die Zahl ist uns eingeboren, einverwoben von dem Weltenganzen. Draußen werden uns nach und nach die Zahlen gleichgültig; in uns sind sie nicht gleichgültig, in uns hat jede Zahl ihre bestimmte Qualität. Versuchen Sie es nur einmal, die Zahlen herauszuwerfen aus dem Weltenall, und sehen Sie sich an, was der Zahl gemäß gestaltet wird, wenn einfach eins zu dem anderen hinzugesetzt würde; sehen Sie sich an, wie dann Ihre Hand ausschauen würde, wenn da der Daumen wäre, und nachher würde einfach das Nächste hinzugesetzt als die gleiche Einheit, dann wiederum, wiederum: Sie hätten fünf Daumen an der Hand, an der anderen Hand auch wiederum fünf Daumen! - Das würde dann entsprechen dem abstrakten Zählen. So zählen die Geister des Weltenalls nicht. Die Geister des Weltenalls gestalten nach der Zahl und sie gestalten in jenem Sinne nach der Zahl, den man früher mit der Zahl verband, wie gesagt, noch in der ersten, noch in der zweiten Periode der nachatlantischen Zeit. Das Herausentwickeln der abstrakten Zahl aus der ganz konkreten Vorstellung des Zahlenhaften, des Zahlenmäßigen, das hat sich erst im Laufe der Menschheitsentwickelung gebildet. Und darüber muß man sich klar sein, daß es eine tiefe Bedeutung hat, wenn aus den alten Mysterien heraus überliefert wird: Die Götter haben den Menschen nach der Zahl gebildet. - Die Welt ist voller Zahl, das heißt, alles wird nach der Zahl gebildet, und der Mensch ist nach der Zahl herausgestaltet, so daß unser Zählen in jenen alten Zeiten nicht vorhanden war; aber ein bildhaftes Denken in den Qualitäten der Zahl, das war vorhanden.

Da kommen wir in alte Zeiten zurück, wie gesagt, bis in die erste, zweite nachatlantische Periode, in die urindische, in die urpersische Zeit, in denen ein Zählen in unserem Sinne durchaus nicht möglich war, wo man mit der Zwei etwas ganz anderes verbunden hat, als zweimal die Eins, mit der Drei etwas ganz anderes, als zwei und eins und dergleichen.“ (Lit.:GA 204, S. 134f)

Einmaleins

„Eine astralische Mutterhülle trägt der Mensch mit sich herum bis zum vierzehnten, fünfzehnten Jahre, bis zur Geschlechtsreife. Da wirft er sie ab, und der Astralleib wird frei: sozusagen eine dritte Geburt findet statt. Der Astralleib ist der Träger des menschlichen Urteils, der menschlichen Kritik. Man sollte abkommen von der Ansicht, daß das Kind möglichst früh zu einem selbständigen Urteil kommen soll. Vom siebenten bis vierzehnten Jahr ist es notwendig, einen weisen Gedächtnisschatz zu sammeln für das Leben, um so sich in der Zeit, wo der Astralleib geboren wird, einen möglichst reifen und reichen Seeleninhalt zu erschaffen. Erst dann soll das Urteilen beginnen. Die frühere Methode, in den Schulen das Einmaleins einfach auswendig lernen zu lassen: 1*1 = 1 und so weiter, ist, da sie eine rein gedächtnismäßige ist, bedeutend vorzuziehen der jetzigen abstrakten Methode, an der sogenannten Rechenmaschine das Einmaleins mit roten und weißen Kugeln zu «beweisen». Diese ist entschieden schädlich. Auch hier gilt dasselbe wie beim kleinen Kinde; dieses versteht die Sprache lange Zeit, ehe es selbst sprechen kann. So soll man es auch erst urteilen lassen wollen, wenn es einen guten Gedächtnisschatz für den Ätherleib sich angeeignet, gewisse bleibende Neigungen und Gewohnheiten entwickelt hat.“ (Lit.:GA 109, S. 207f)

„Wenn gerade heute sehr viel darauf gesehen wird, daß alles verstanden werden soll, daß man gewissermaßen nicht einmal das Einmaleins den Kindern beibringen soll, ohne daß sie überall verstehen sollen — sie verstehen es ja doch nicht! -, dann macht man die Kinder statt zu verständigen Menschen zu Rechenmaschinen. Man prägt ihnen den in der elementaren Umwelt gelegenen Verstand ein, von dem ich letzthin gesprochen habe, statt daß man ihren eigenen Verstand entwickelt. Und das geschieht nämlich heute sehr häufig. Die Leute bemühen sich geradezu, das Ideal aufzustellen, nicht aus den Menschen den Verstand herauszuholen, sondern den Elementarverstand heranzutragen, der in der Umwelt ist, so daß das Kind eingewoben wird, eingesponnen wird in die elementarische Welt. Das zeigt sich auch an vielen zeitgenössischen Fällen. Vielem gegenüber können wir heute geradezu sagen: Die Menschen denken doch gar nicht selber, sondern sie denken sozusagen in einer allgemeinen Denkatmosphäre. Und soll etwas Individuelles herauskommen, so rührt das von ganz anderem her als von dem, was in der Menschennatur als Göttliches aufgefaßt wird.“ (Lit.:GA 177, S. 132)

„Sie wissen ja, die äußere Methodik schreibt vor, im ersten Schuljahr vorzugsweise die Zahlen im Zahlenraum bis 100 zu behandeln. Man kann sich an das auch halten, denn es ist ziemlich gleichgültig, wenn man bei den einfacheren Zahlen bleibt, wie weit man den Zahlenraum im ersten Schuljahr treibt. Die Hauptsache ist, daß sie, insofern Sie den Zahlenraum gebrauchen, die Rechnungsarten darin so betreiben, daß Sie eben dem Rechnung tragen, was ich gesagt habe: die Addition zuerst aus der Summe heraus, die Subtraktion aus dem Rest heraus, die Multiplikation aus dem Produkt heraus und die Division aus dem Quotienten heraus entwickelt. Also gerade das Umgekehrte von dem, was gewöhnlich gemacht wird. Und erst nachdem man gezeigt hat, 5 ist 3 plus 2, zeigt man das Umgekehrte: durch Addition von 2 und 3 entsteht 5. Denn man muß starke Vorstellungen im Kinde hervorrufen, daß 5 gleich 3 plus 2 ist, daß 5 aber auch 4 plus 1 ist und so weiter. Also die Addition erst als zweites nach der Auseinanderteilung der Summe; und die Subtraktion, nachdem man gefragt hat: Was muß ich von einem Minuenden abziehen, damit ein bestimmter Rest bleibt und so weiter. Wie gesagt, daß man das dann mit den einfacheren Zahlen im ersten Schuljahr macht, ist selbstverständlich. Ob man nun gerade den Zahlenraum bis 100 oder bis 105 oder bis 95 benützt, das ist im Grunde nebensächlich.

Dann aber beginne man, wenn das Kind mit dem Zahnwechsel fertig ist, ja gleich damit, es das Einmaleins lernen zu lassen, und meinetwillen sogar das Einspluseins; wenigstens, sagen wir, bis zur Zahl 6 oder 7. Also das Kind möglichst früh das Einmaleins und Einspluseins einfach gedächtnismäßig lernen zu lassen, nachdem man ihm nur prinzipiell erklärt hat, was das eigentlich ist, es prinzipiell an der einfachen Multiplikation erklärt hat, die man so in Angriff nimmt, wie wir das gesagt haben. Also kaum daß man imstande ist, dem Kinde den Begriff des Multiplizierens beizubringen, übertrage man ihm auch schon die Pflicht, das Einmaleins gedächtnismäßig zu lernen.“ (Lit.:GA 295, S. 167f)

Rechenunterricht und moralische Prinzipien

„Früh ist das Kind bereits veranlagt für die ersten Elemente der Rechenkunst. Aber gerade bei der Rechenkunst kann man beobachten, wie nur allzuleicht ein intellektualistisches Element zu früh in das Kind hineinkommt. Rechnen als solches ist ja keinem Menschen in keinem Lebensalter ganz fremd. Es entwickelt sich aus der menschlichen Natur heraus, und es kann nicht eine solche Fremdheit zwischen den menschlichen Fähigkeiten und den Rechenoperationen eintreten wie zwischen diesen Fähigkeiten und den Buchstaben in einer folgenden Kultur. Aber dennoch, gerade darauf kommt ungeheuer viel an, daß der Rechenunterricht in richtiger Weise an das Kind herangebracht wird. Das kann im Grunde genommen nur derjenige beurteilen, der aus einer gewissen spirituellen Grundlage heraus das gesamte menschliche Leben beobachten kann.

Zwei Dinge liegen logisch scheinbar einander recht fern: Rechenunterricht und moralische Prinzipien. Man rückt gewöhnlich gar nicht den Rechenunterricht an die moralischen Prinzipien heran, weil man keinen logischen Zusammenhang zunächst findet. Aber für den, der nun nicht bloß logisch, sondern lebensvoll betrachtet, für den stellt sich die Sache so, daß das eine Kind, das in der richtigen Weise an das Rechnen herangebracht worden ist, ein ganz anderes moralisches Verantwortungsgefühl im späteren Alter hat, als dasjenige Kind, das nicht in der richtigen Weise an das Rechnen herangebracht worden ist.“ (Lit.:GA 305, S. 109f)

„Nun werden Sie vielleicht mich noch besser verstehen, wenn ich ein klein wenig das Prinzip des Rechenunterrichts Ihnen darlege. Heute geht doch vielfach das Rechnen davon aus, daß wir zunächst damit beginnen, daß wir eins zum anderen hinzufügen. Allein bedenken Sie, welche fremde Betätigung das für die menschliche Seele ist, daß man eine Erbse zu den anderen hinzufügt, und immer wenn etwas hinzugefügt ist, man wieder einen neuen Namen gibt. Der Übergang von eins zu zwei, dann wiederum zu drei, dieses Zählen ist ja etwas, was ganz wie willkürlich im Menschen als Tätigkeit sich vollzieht. Aber es gibt eine andere Möglichkeit, zu zählen. Wir finden diese Möglichkeit, wenn wir etwas in der menschlichen Kulturgeschichte zurückgehen. Denn ursprünglich wurde gar nicht so gezählt, daß man eine Erbse zu der anderen legte, Einheit zu Einheit hinzulegte, und dadurch etwas Neues entstand, was wenigstens zunächst für das Seelenleben außerordentlich wenig mit dem Vorhergehenden zu tun hat. Aber man zählte etwa in der folgenden Weise. Man sagte sich: Was man im Leben hat, ist immer ein Ganzes, das man als Ganzes aufzufassen hat, und es kann das Verschiedenste eben eine Einheit sein. Wenn ich einen Volkshaufen vor mir habe, so ist er zunächst eine Einheit. Wenn ich einen einzelnen Menschen vor mir habe, ist er auch eine Einheit. Die Einheit ist im Grunde genommen etwas ganz Relatives. Das berücksichtige ich, wenn ich nicht zähle 1, 2, 3, 4 und so fort, sondern wenn ich in der folgenden Weise zähle:

Zeichnung aus GA 305, S. 111
Zeichnung aus GA 305, S. 111

und so weiter, wenn ich das Ganze gliedere, weil ich also von der Einheit ausgehe, und in der Einheit als Mannigfaltigkeit die Teile suche. Das ist auch die ursprüngliche Anschauung vom Zahlen. Die Einheit war immer das Ganze, und in der Einheit suchte man erst die Zahlen. Man dachte sich nicht die Zahlen entstehend als 1 zu 1 hinzugefügt, sondern man dachte sich die Zahlen alle als in einer Einheit darinnen, aus der Einheit organisch hervorgehend.

Das, angewendet auf den ganzen Rechenunterricht, gibt das Folgende: Sie werfen, statt daß Sie Erbse zu Erbse hinzulegen, einen Erbsenhaufen dem Kinde hin. (Es wird gezeichnet.) Der Erbsenhaufe ist das Ganze. Von dem geht man aus. Und jetzt bringt man etwa dem Kinde bei: Ich habe den Erbsenhaufen, oder, sagen wir, damit es für das Kind empfindlich anschaulich wird, einen Haufen von Äpfeln und 3 Kinder, vielleicht 3 Kinder von verschiedenem Alter, die verschieden stark zu essen haben, und wir wollen etwas tun, was mit dem Leben zusammenhängt. Was können wir da tun? Nun, wir können das tun, daß wir den Äpfelhaufen in einer gewissen Weise teilen, und daß wir dann den ganzen Haufen als Summe betrachten gleich den einzelnen Teilen, in die wir ihn aufgeteilt haben. Wir haben den Äpfelhaufen dort, und wir sagen: Wir haben 3 Teile, und bringen so dem Kinde bei, daß die Summe gleich ist den 3 Teilen. Summe = 3 Teile. Das heißt, wir

Zeichnung aus GA 305, S. 111
Zeichnung aus GA 305, S. 111

gehen bei der Addition nicht von den einzelnen Teilen aus und haben nachher die Summe, sondern wir nehmen zuerst die Summe und gehen zu den Teilen über. So gehen wir von dem Ganzen aus, und gehen zu den Addenden, zu den Teilen über, um auf diese Weise ein lebendiges Erfassen der Addition zu haben. Denn dasjenige, worauf es in der Addition ankommt, das ist immer die Summe, und die Teile, die Glieder sind dasjenige, was in der Summe in einer gewissen Weise drinnen sein muß. So ist man in der Lage, das Kind heranzubringen an das Leben in der Art, daß es sich hineinfügt, Ganzheiten zu erfassen, nicht immer von dem Wenigen zu dem Mehr überzugehen. Und das übt einen außerordentlich starken Einfluß auf das ganze Seelenleben des Kindes. Wenn das Kind daran gewöhnt wird, hinzuzufügen, dann entsteht eben jene moralische Anlage, die vorzugsweise ausbildet das nach dem Begehrlichen Hingehen. Wenn von dem Ganzen zu den Teilen übergegangen wird, und wenn entsprechend so auch die Multiplikation ausgebildet wird, so bekommt das Kind die Neigung, nicht das Begehrliche so stark zu entwickeln, sondern es entwickelt dasjenige, was im Sinne der platonischen Weltanschauung genannt werden kann die Besonnenheit, die Mäßigkeit im edelsten Sinne des Wortes. Und es hängt innig zusammen dasjenige, was einem im Moralischen gefällt und mißfällt, mit der Art und Weise, wie man mit den Zahlen umzugehen gelernt hat. Zwischen dem Umgehen mit den Zahlen und den moralischen Ideen, Impulsen, scheint ja zunächst kein logischer Zusammenhang, so wenig, daß derjenige, der nur intellektualistisch denken will, darüber höhnen kann, wenn man davon spricht. Es kann ihm lächerlich vorkommen. Man begreift es auch ganz gut, wenn jemand lachen kann darüber, daß man beim Addieren von der Summe ausgehen soll, und nicht von dem Addenden. Aber wenn man die wirklichen Zusammenhänge im Leben ins Auge faßt, dann weiß man, daß die logisch entferntesten Dinge im wirklichen Dasein einander oftmals sehr nahe stehen.“ (S. 110ff)

Die vier Grundrechnungsarten

Die bekannten vier Grundrechenarten sind:

  • die Addition (lat. additio, von addere „hinzufügen“) oder Plusrechnung: Summe = Summand1 + Summand2
  • die Subtraktion (von lat. subtrahere „wegziehen“, „entfernen“) oder Minusrechnung: Differenz = Minuend - Subtrahend
  • die Multiplikation (lat. multiplicatio, von multiplicare „vervielfachen“) oder Malrechnung: Produkt = Faktor1 × Faktor2 = Faktor2 · Faktor1
  • die Division (von lat. divisio „Teilung“) oder Teilung bzw. das Verhältnis zweier Größen zueinander: Quotient = Dividend : Divisor = Dividend ÷ Divisor

Zusammenhang mit den vier Temperamenten

„Gehen wir einmal von der Addition aus, und zwar so, wie wir die Addition auffassen. Nehmen wir an, ich habe Bohnen oder ein Häufchen Holunderkügelchen. Nun will ich für den heutigen Fall annehmen, daß die Kinder schon zählen können, was sie ja auch erst lernen müssen. Das Kind zählt, es hat 27. - «27», sage ich, «das ist die Summe.» Wir gehen aus von der Summe, nicht von den Addenden! Die psychologische Bedeutung davon können Sie in meiner Erkenntnistheorie verfolgen. Diese Summe teilen wir jetzt ab in Addenden, in Teile oder in Häufchen. Ein Häufchen Holunderkügelchen, sagen wir 12; weiter ein Häufchen, sagen wir 7; weiter eines, sagen wir 3; weiter eines, sagen wir 5. Dann werden wir die Holunderkügelchen erschöpft haben: 27 = 12 + 7 + 3 + 5. Wir machen ja den Rechnungsvorgang von der Summe 27. Solch einen Vorgang lasse ich nun eine Anzahl von Kindern machen, welche ausgesprochen phlegmatisches Temperament haben. Man wird sich allmählich bewußt werden, daß diese Art des Addierens besonders geeignet ist für Phlegmatiker. - Dann werde ich mir, weil ja der Vorgang zurückverfolgt werden kann, cholerische Kinder aufrufen und werde die Holunderkügelchen wieder zusammenwerfen lassen, aber so, daß es geordnet ist gleich 5 und 3 und 7 und 12 sind 27. Also das cholerische Kind macht den umgekehrten Vorgang. Das Addieren ist ganz besonders die Rechnungsart der phlegmatischen Kinder.

Nun nehme ich jemand heraus aus den melancholischen Kindern. Ich sage: «Hier ist ein Häufchen Holunderbeerchen; zähle sie mal ab!» Es kriegt heraus, sagen wir einmal 8. «Siehst du, ich will nicht haben 8, ich will nur haben 3. Wieviel muß weggelegt werden von den Holunderkügelchen, damit ich nur 3 bekomme?» Dann wird es darauf ankommen, daß 5 weggenommen werden müssen. Das Subtrahieren in dieser Form ist vor allem die Rechnungsart der melancholischen Kinder. - Nun rufe ich ein sanguinisches Kind auf und lasse die Rechnung zurück machen. Nun sage ich: «Was ist weggenommen worden?» Und ich lasse mir sagen: Wenn ich 5 von 8 wegnehme, so bleiben mir 3 übrig. - Das sanguinische Kind lasse ich wieder die umgekehrte Rechnungsart ausführen. Ich will nur sagen, daß «vorzugsweise» die Subtraktion - aber so ausgeführt, wie wir es tun - für die melancholischen Kinder ist.

Nun nehme ich mir ein Kind vor aus der Gruppe der Sanguiniker. Ich werfe wieder eine Anzahl Holunderkügelchen hin, ich sorge aber dafür, daß es in irgendeiner Weise paßt. Nicht wahr, ich muß das ja schon anordnen, sonst würde die Sache zu rasch ins Bruchrechnen hineinführen. Also, nun lasse ich zählen: 56 Holunderkügelchen. - «Nun sieh einmal an, da habe ich 8 Holunderkügelchen. Nun mußt du mir sagen, wie oft die 8 Holunderkügelchen in den 56 drinnen sind.» Sie sehen, die Multiplikation führt zu einer Division. Es bekommt heraus 7. Nun lasse ich die Rechnung zurückmachen von dem melancholischen Kinde und sage: «Nun will ich aber nicht untersuchen, wie oft die 8 enthalten sind in den 56, sondern wie oft ist die 7 enthalten in 56? Wie oft kommt die 7 heraus?» Ich lasse die umgekehrte Rechnung immer von dem entgegengesetzten Temperament ausführen. Dem Choleriker lege ich vor zunächst die Division, vom Kleinen zum Größten, indem ich sage: «Siehe, da hast du das Häufchen von 8. Ich will von dir nun wissen, in welcher Zahl die 8 siebenmal drinnensteckt.» Und er muß herauskriegen: in 56; in einem Häufchen von 56. - Dann lasse ich das Umgekehrte, die gewöhnliche Division, von dem phlegmatischen Kinde machen. Für das cholerische Kind wende ich in dieser Form die Division an. Denn in dieser Form ist sie insbesondere die Rechnungsart der cholerischen Kinder.

Auf diese Weise, indem ich es fortwährend so durchführe, bekomme ich gerade für die vier Rechnungsarten die Möglichkeit, sie zu gebrauchen für die Heranziehung der vier Temperamente: das Additive ist verwandt dem Phlegmatischen, das Subtrahieren dem Melancholischen, das Multiplizieren dem Sanguinischen, das Dividieren, mit dem Zurückgehen zu dem Dividenden, dem Cholerischen. - Das ist es, was ich Sie bitte, im Anschluß zu dem von Herrn N. Gesagten zu beachten. Es ist von besonderer Wichtigkeit, daß man nicht langweilig fortarbeitet: ein halbes Jahr bloß addiert, dann subtrahiert und so weiter, sondern wir werden diese vier Rechnungsarten womöglich nicht allzu langsam nacheinander durchnehmen, und dann alle vier üben! Zuerst nur bis 40 etwa. So werden wir Rechnen lehren nicht nach dem gewöhnlichen Stundenplan, sondern so, daß durch das Üben diese vier Arten fast gleichzeitig angeeignet werden. Sie werden finden, daß es auf diese Weise sehr ökonomisch geht, und daß man die Kinder die Dinge ineinanderarbeiten lassen kann. - Es ist ja die Division verwandt mit der Subtraktion, und die Multiplikation ist eigentlich nur eine wiederholte Addition. So daß man also auch umwechseln und zum Beispiel das cholerische Kind an die Subtraktion heranbringen kann.“ (Lit.:GA 295, S. 41ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelanachweise

  1. Der Begriff Unterrasse entstammt der damals gebräuchlichen Terminologie der Theosophischen Gesellschaft und wurde von Rudolf Steiner später ebenso wie der Begriff «Wurzelrasse» nicht mehr verwendet. Steiner hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der Begriff «Rasse» in der nachatlantischen Zeit eigentlich nicht mehr berechtigt ist, da nun nicht mehr die körperliche, sondern die seelisch-geistige Entwicklung in den Vordergrund rückt. Die Gliederung der Menschheit in Rassen wird allmählich völlig überwunden werden und ist schon heute für die geistige Entwicklung der Menschheit bedeutungslos.