Sprechakttheorie und Kybernetik: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sprechakttheorien''' oder '''Sprechhandlungstheorien''' thematisieren als Teilbereiche der [[Pragmatik (Linguistik)|linguistischen Pragmatik]] sprachliche [[Äußerung]]en, z. B. [[Rede (Sprachwissenschaft)|Reden]], die nicht nur [[Sachverhalt]]e beschreiben und Behauptungen aufstellen, sondern zugleich selbst [[Handeln|Handlungen]] (Akte) vollziehen. Demnach sind Befehle, Namensgebungen, Eide, Versprechen, Warnungen, Beleidigungen u. ä. aktive Veränderungen der Realität. Die vor allem in den 1950er und 60er Jahren auf der Grundlage dieser Theorie publizierten Abhandlungen analysieren und klassifizieren solche sprachlichen Handlungen und deren Implikationen. Zu den wichtigsten Vertretern zählen [[John Langshaw Austin]] ''(How to Do Things with Words)'' und [[John Searle]].
'''Kybernetik''' ist nach ihrem Begründer [[Norbert Wiener]] die Wissenschaft der [[Steuern (Systemtheorie)|Steuerung]] und [[Regelung (Natur und Technik)|Regelung]] von Maschinen, lebenden Organismen und sozialen Organisationen und wurde auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben. Der Begriff als solcher wurde Mitte des 20. Jahrhunderts nach dem Vorbild des [[Englische Sprache|englischen]] ''{{lang|en|cybernetics}}'' ‚Regelungstechniken‘ in die deutsche Sprache übernommen. Der englische Begriff wiederum ist ein [[Kunstwort]], gebildet aus dem [[Substantivierung|substantivierten]] [[Altgriechische Sprache|griechischen]] [[Adjektiv]] {{lang|grc|κυβερνητικός}} ‚steuermännisch‘, das sich aus den entsprechenden [[Subjektiv]]en {{lang|grc|κυβερνήτης}} ‚[[w:Steuermann|Steuermann]]‘ und {{lang|grc|κυβέρνησις}} ‚Leitung‘, ‚Herrschaft‘ ableitet.


== Geschichte ==
Ein typisches Beispiel für das Prinzip eines kybernetischen Systems ist ein [[Temperaturregler|Thermostat]]. Er vergleicht den [[Regelgröße|Istwert]] eines Thermometers mit einem [[Sollwert]], der als gewünschte Temperatur eingestellt wurde. Ein [[Diskrepanz|Unterschied]] zwischen diesen beiden Werten veranlasst den Regler im Thermostat dazu, die Heizung so zu regulieren, dass sich der Istwert dem Sollwert angleicht.
Als Geburtsjahr der Sprechakttheorie kann das Jahr 1955 betrachtet werden, in dem [[John Langshaw Austin]] an der [[Harvard-Universität]] eine Vorlesungsreihe mit dem Titel ''How to Do Things with Words'' hielt. Sie wurde postum im Jahre 1962 veröffentlicht; eine deutsche Übersetzung erschien 1972 unter dem Titel ''Zur Theorie der Sprechakte''. Wesentlich verantwortlich für die Verbreitung sprechakttheoretischer Ideen ist das von [[John Rogers Searle|John Searle]], einem Schüler Austins, 1969 veröffentlichte Buch ''Speech Acts,'' in dem bestimmte Aspekte von Austins Gedanken stärker systematisiert, andere aber auch vernachlässigt oder verzeichnet werden. Insbesondere entwickelte Searle am Beispiel des Sprechakts des „Versprechens“ ein Modell zur Beschreibung einzelner Sprechakttypen.  


Erste Überlegungen zu einer Theorie des Sprachhandelns und die Bezeichnung einer Aussage als „Akt“ finden sich bereits bei [[Charles S. Peirce]]. Dieser differenzierte zwischen dem Satz als solchem und der Aussage: „Unterscheiden wir zwischen dem Satz ''[proposition]'' und der Aussage ''[assertion]'' jenes Satzes. Wir gestehen gerne zu, daß der Satz selbst bloß ein Bild ist mit einem Etikett oder einem Zeiger, der ihm beigegeben ist. Aber jenen Satz ''aussagen'' heißt für ihn die Verantwortung zu übernehmen.(CP&nbsp;5.343) Als Beispiel wählte Peirce hierzu die Handlung, einen Eid zu schwören: „Es ist kein bloßes Sagen, sondern ein ''Handeln''. Das Gesetz nennt es einen Akt, glaube ich.“ (CP 5.346)<ref>beide Peirce-Zitate in Ekkehard Martens: ''Einleitung.'' In: Ekkehard Martens (Hrsg.): ''Pragmatismus. Ausgewählte Texte. Von Ch.&nbsp;S.&nbsp;Peirce, W.&nbsp;James, F.&nbsp;C.&nbsp;S.&nbsp;Schiller, J.&nbsp;Dewey'' (=&nbsp;''Universal-Bibliothek.'' 9799). Reclam, Stuttgart 1992, ISBN 3-15-009799-1, S.&nbsp;3–60, hier S.&nbsp;8.</ref>
== Geschichte und Entwicklung ==
=== Antike ===
Seit der [[Antike]] findet man schriftliche Zeugnisse systemorientierten Denkens. Der griechische Ependichter [[Homer]] schrieb {{lang|grc|κυβερνήτης}} und meinte damit den Steuermann eines Schiffes. [[Platon]] benutzte den Begriff im übertragenen Sinne, wenn er von einem „Mann am Steuerruder einer [[Regierung]]sprach. Der [[Apostel Paulus]] wiederum benutzt den griechischen Begriff κυβέρνησις ''{{lang|grc-Latn|kybérnēsis}}'' im [[1. Brief des Paulus an die Korinther|1.&nbsp;Korintherbrief]] ({{B|1 Kor|12|28}}), um die „Fähigkeit zu leiten“ zu thematisieren.


In gewisser Weise als sprachphilosophischer Wegbereiter der Sprechakttheorie kann [[Ludwig Wittgenstein]] betrachtet werden („Worte sind Taten“). In den 1953 postum veröffentlichten [[Philosophische Untersuchungen|''Philosophischen Untersuchungen'']] spricht er sich bereits explizit gegen die Theorie aus, dass Wörter generell nur der Benennung von Dingen dienten:
1834 hat der Physiker [[André-Marie Ampère]] die Idee einer Wissenschaft entwickelt, die er ''{{lang|fr|cybernétique}}'' nannte.<ref>Hans Joachim Flechtner: ''Grundbegriffe der Kybernetik.'' 1970, S. 9.</ref>


„Als ob mit dem Akt des Benennens schon das, was wir weiter tun, gegeben wäre. Als ob es nur Eines gäbe, was heißt:'von den Dingen reden.' Während wir doch das Verschiedenartigste mit unseren Sätzen tun.“ (PU<ref name="PU">Ludwig Wittgenstein: ''Philosophische Untersuchungen.'' 2003.</ref> S.&nbsp;28, §27) Der These von Sprache als „Benennung“ (und nichts als Benennung) stellt Wittgenstein bereits die Idee entgegen, dass „Sprechen“ auch „Handeln“ ist: „Das Wort ‚[[Sprachspiel]]‘ soll hier hervorheben, dass das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform“ (ebd.,<ref name="PU"/> S.&nbsp;26, §23) Als einige solcher „Sprachspiele“ nennt Wittgenstein z.&nbsp;T. auch später von Austin exemplarisch für Sprechakte verwendete Beispiele, wie Befehlen, Bitten oder Danken.
=== Fachgebiet seit den 1940ern ===
In den 1940er Jahren entstanden die Wurzeln der Wissenschaft Kybernetik, als man Gemeinsamkeiten und Schnittstellen verschiedener Einzeldisziplinen erkannte, die Themen wie menschliches Verhalten, Nachrichtenübertragung, Regelung, Entscheidungs- und [[Spieltheorie]] und statistische [[Mechanik]] betrachten. Katalysator dieser Entwicklung waren die [[Macy-Konferenzen]] mit dem Thema ''{{lang|en|Circular causal, and feedback mechanisms in biological and social systems}},'' die von 1946 bis 1953 stattfanden. [[Norbert Wiener]] hat den Begriff „Kybernetik“ schließlich im Sommer 1947 von dem griechischen ''{{lang|grc-Latn|kybernétes}}'' für ‚Steuermann‘ abgeleitet und damit den nach seiner Einschätzung ersten bedeutenden Artikel über einen Rückkoppelungsmechanismus von [[James Clerk Maxwell]] (''On Governors,'' 1867/68) geehrt; dort wird ein [[Fliehkraftregler]] beschrieben. Das englische Wort ''{{lang|en|governor}}'' leitet sich aus dem lateinischen ''{{lang|en|gubernator}}'' ‚Steuermann‘ ab, einem lateinischen [[Lehnwort]] aus der altgriechischen Sprache mit der gleichen Wortwurzel wie ''{{lang|grc-Latn|kybernétes}}.''


Diese Traditionslinie muss allerdings mit größter Vorsicht genommen werden, da die [[Erkenntnisinteresse]]n Ludwig Wittgensteins und besonders John Searles, aber auch schon John Austins, sehr verschieden sind. Insbesondere der Versuch der weiteren Fundierung der Sprechakttheorie Searles in einer Theorie des menschlichen Geistes macht deutlich, dass die Leitfragen der Sprechakttheorie mit Wittgensteins Sprachspiel-Denken eher zu kritisieren sind. Die ungeprüfte Berufung auf Wittgenstein, dessen noch unsystematische Ideen Searle systematisiert habe, stimmt ideengeschichtlich nicht. Am Begriff Regel-[[Regelfolgen]] wird dies besonders deutlich, da die Sprechakttheorie – wie andere Grammatiktheorien auch (z.&nbsp;B. [[Noam Chomsky]]s Generative Transformationsgrammatik) – über die Einführung eines technischen Regelbegriffs davon ausgehen muss, man könne Regeln folgen, ohne sie (in welcher Form auch immer!) ausdrücken zu können. Diese Idee findet in Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen ihre schärfste Kritik (siehe Matthias Ohler: ''Sprache und ihre Begründung'').
In gedruckter Form wurde der Begriff von Wiener erstmals 1948 in ''{{lang|en|Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine}}'' (deutsche Ausgabe: ''Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine'') verwendet. Im gleichen Jahr erschien in der Zeitschrift ''[[Scientific American]]'' ein grundlegender Übersichtsartikel zur Kybernetik.


== Sprechakte ==
[[Georg Klaus]] etablierte 1953 das Lehrfach Kybernetik an der [[Humboldt-Universität zu Berlin]]. Später engagierte er sich für die Gründung einer eigenen Kybernetik-Kommission an der [[Akademie der Wissenschaften]].
Während Austin die Unterteilung eines Sprechaktes in drei Teilakte vornimmt, unterscheidet sein Schüler Searle vier solcher Teilakte, die in einem alltäglichen Kommunikationsprozess simultan ablaufen. Beiden Forschern gemeinsam ist die Absicht des Sprechers ([[Illokutionärer Akt|''Illokution'']]) und die  Wirkung ([[Perlokutiver Akt|''Perlokution'']]). Dazu kommt noch der richtige Gebrauch der sprachlichen Ausdrücke (''Lokution'', im lokutiven Akt bzw. im Äußerungsakt).<ref>"Ein Sprechakt wird in erster Linie durch seine kommunikative Funktion bzw. die Sprecherabsicht (Illokution) beschrieben. Weitere Beschreibungsebenen sind der richtige Gebrauch der sprachlichen Ausdrücke (Lokution) sowie die Wirkung (Perlokution) des Sprechaktes." in Lenz, F. Sprechakttheorie. In ''Wörterbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (WSK) Online'' (2015). Berlin, Boston: De Gruyter. Retrieved 10 Feb. 2017 (eingeschränkt online)</ref>


=== Theorie von Austin ===
=== Konferenzen und Lehrstühle ===
Nach Austin lassen sich folgende Akte unterscheiden, die gleichzeitig ablaufen:
Maßgeblich für die Entwicklung des Fachgebiets waren die von [[Heinz von Foerster]] in den USA ab den 1950ern herausgegebenen [[Tagungsband|Tagungsbände]] ''{{lang|en|Cybernetics}}'' der [[Macy-Konferenzen]] der Josiah Macy Jr. Foundation (Macy-Stiftung). Die weiteren Entwicklungen nach den Macy-Konferenzen gehen aus der Geschichte der Anwendungsfelder hervor (siehe rechte Tabelle).


==== 1. Der lokutionäre Akt ====
Der Begründer der Kybernetik in Deutschland ist [[Hermann Schmidt (Kybernetiker)|Hermann Schmidt]], der dieses Gedankengut zeitgleich und unabhängig von Norbert Wiener entwickelte und 1944 auf den ersten Lehrstuhl für [[Regelungstechnik]] in Deutschland an der [[Technische Universität Berlin|TH Berlin-Charlottenburg]] berufen wurde. In Deutschland wurde auch im Jahre 1957, vor dem gleichen wissenschaftshistorischen Hintergrund, die Studie ''Das Bewußtsein der Maschinen – Eine Metaphysik der Kybernetik'' des Philosophen [[Gotthard Günther]] publiziert. Weiterhin erschien im Jahre 1961 das Buch ''Kybernetik in philosophischer Sicht'' des Mathematikers und Philosophen [[Georg Klaus]], das bis 1964 vier Auflagen erreichte. Von diesem Autor folgten noch mehrere Bücher zur Kybernetik in ihren sozialen und geistigen Auswirkungen. Unter den populärwissenschaftlichen Büchern sind insbesondere die Veröffentlichungen von [[Karl Steinbuch]] zu nennen, der 1957 auch den Begriff [[Informatik]] prägte. Dieser Begriff beschreibt im Gegensatz zur Kybernetik eine mehr formalistische und technische Ausrichtung.
Der lokutionäre Akt (von {{LaS|''locūtiō''}} = „Sprache“  bzw. ''loquor'' = „ich spreche“): die Handlung des ‘Etwas Sagens’ („saying something ‘in the full normal sense’“, wie Austin sagt), bestehend aus drei Teilakten:
* Phonetischer Akt (phonetic act): das Hervorbringen von sprachlichen Lauten und Lautketten, die in phonetischer Schrift einer bestimmten Sprache aufgezeichnet werden können.
* Phatischer Akt: das Hervorbringen von Äußerungen, die nach den Regeln der Grammatik einer bestimmten Sprache unter Verwendung der Wörter (Lexeme) und syntaktischer Strukturen gebildet sind.
* Rhetischer Akt: das Hervorbringen von Äußerungen, die sowohl einen sinnvollen Bezug zu Gegenständen und Ereignissen der Welt (‘reference’) als auch Bedeutung (‘sense’) haben, indem sie Aussagen über die Referenzobjekte machen.
Ein Beispiel: Hannah sagt zu ihrem Freund: „Fahr vorsichtig, die Straße da vorn in der Kurve ist glatt.“ Sie bringt somit eine Lautkette hervor (phonetischer Akt), die eine grammatische Äußerung des Deutschen ist (phatischer Akt), und weist damit auf eine Stelle hin, ordnet ihr eine Eigenschaft zu und äußert sich über das Fahrverhalten ihres Freundes (rhetischer Akt).


==== 2. Der illokutionäre bzw. illokutive Akt ====
== Aktuelle Entwicklungen ==
Der [[Illokutionärer Akt|illokutive]] Akt: der Vollzug einer konventionellen Sprechhandlung, wie beispielsweise einer Frage, Bitte, Warnung, Empfehlung, Drohung etc. („doing something in saying something“, wie Austin sagt).
[[Datei:Regekreis.PNG|mini|hochkant=1.3|einfacher kybernetischer Regelkreis als Blockdiagramm]]
Heute behandelt man klassische Gegenstände der Kybernetik differenzierter:
* im technischen Bereich z.&nbsp;B. in [[Regelungstechnik]] und [[Kontrolltheorie]] unter dem Oberbegriff [[Technische Kybernetik]],
* in den Geisteswissenschaften unter der Bezeichnung [[Systemik]] oder [[Kybernetik zweiter Ordnung]],
* in den Sozialwissenschaften unter [[Management-Kybernetik]] oder [[Soziokybernetik]],
* in den Biowissenschaften unter [[Biologische Kybernetik|Biokybernetik]] und
* im Bauwesen die [[Baukybernetik]].


Der illokutionäre Akt ist der zentrale Aspekt eines Sprechaktes und enthält die zwischenmenschliche Bestimmung. Aus einer sozialen Interaktion heraus wird eine Sprechhandlung – der Äußerungsakt – ausgeführt (das, was mitgeteilt werden soll), aus deren drittem Teilaspekt eventuell vom Hörer eine Folgerung gezogen wird.
Ein auch [[Philosophie|philosophisches]] Interesse an der Kybernetik geht darauf zurück, dass diese die Möglichkeit eröffnet, den Begriff „[[Zweck]]“ [[rekursiv]] zu begreifen: Der Zweck eines komplexen Systems, etwa auch eines Lebewesens, ist so betrachtet ''es selbst.'' Ein Zweck bräuchte keine vom System getrennte Instanz mehr, die ihn setzt.


Das heißt für das vorausgegangene Beispiel: Hannah macht durch ihren Satz ihren Freund auf die Gefahrenstelle aufmerksam und spricht eine Warnung aus. An diesem Beispiel kann man Searles Kritik, dass illokutionärer und rhetischer Akt kaum zu trennen seien, nachvollziehen.
Im Rahmen der Regelungstechnik steht heute eine spezielle leistungsfähige [[Systemtheorie (Regelungstechnik)|mathematische Systemtheorie]] zur Verfügung, mit der das Verhalten von Systemen und [[Regelkreis]]en beschrieben und berechnet werden kann. In der [[Komplexes Netzwerk|Netzwerktheorie]] wiederum wird nach allgemeinen Prinzipien vernetzter Wirkungsgefüge gesucht. Die [[Entscheidungstheorie|Entscheidungs-]] und die [[Spieltheorie]], die sich mit Entscheidungsprozessen in teils komplexen Situationen mehrdimensionaler Zielräume befassen, gewinnen eine wachsende Bedeutung insbesondere in [[Medizin]], [[Militär]] und [[Wirtschaft]].


==== 3. Der perlokutionäre bzw. perlokutive Akt ====
Weitere aktuelle Beispiele für die Anwendung der Kybernetik in den Sozialwissenschaften sind die Konzepte der [[Volition (Psychologie)|Volition in der Psychologie]] und im [[Volition (Management)|Management]].<ref>Eran Magen, James Gross: ''The cybernetic process model of self-control'' und Paul Karoly: ''Goal systems and self-regulation.'' In: Rick H. Hoyle (Hrsg.): ''Handbook of Personality and Self-Regulation.'' Blackwell Publishing, 2010.</ref>
Der perlokutive Akt ist das Erzielen einer Wirkung, die über den illokutionären Akt hinausgeht, wie beispielsweise Überzeugen, Umstimmen, Verärgern, Verunsichern, Kränken, Trösten, etc. („doing something by saying something“, wie Austin sagt).


Beispiel: Hannah beabsichtigt mit ihrer Äußerung, durch Überzeugen Einfluss auf das Verhalten ihres Freundes zu nehmen. Versteht er die Sprechhandlung, hat dies Folgen (einen perlokutionären Effekt) für den weiteren Kommunikations- und Handlungsprozess (Reduzierung der Geschwindigkeit und/oder Fortsetzung des Gesprächs).
Wesentliche Kernbegriffe der Kybernetik sind:
* System (offene und abgeschlossene Systeme)
* [[Rückkopplung]] (oder ''Feedback'')
* [[Selbstregulation]]
* [[Homöostase]]
* [[Fließgleichgewicht]] (oder ''Steady State'')
* [[Anpassung]] (oder ''Adaption'' bzw. [[adaptive Regelung]])
* [[Auslöser (Systemtheorie)|Auslösen]], [[Steuern (Systemtheorie)|Steuern]]
* [[Regelgröße|Istwert]] und [[Sollwert]]
* [[Rezeptorzelle|Rezeptor]] und [[Effektor (Robotik)|Effektor]]
* [[Selbstorganisation]]
* [[Autopoiesis]]
* [[Varietät (Kybernetik)|Varietät]]


Nach Austin ist zwischen dem perlokutionären Akt und dem perlokutionären Effekt zu unterscheiden. Der perlokutionäre Effekt ist die Wirkung, die aufgrund eines perlokutionären Aktes eintritt. Der Sprecher kann bei einem Sprechakt z.&nbsp;B. beabsichtigt haben, dass der Hörer lacht. Der tatsächlich eingetretene Effekt ist aber, dass der Hörer sich ärgert. Der intendierte perlokutionäre Akt des Sprechers ist also gescheitert. Vom Vollzug eines perlokutionären Aktes kann man nur dann sprechen, wenn die vom Sprecher intendierte Absicht mit der tatsächlich eingetretenen Wirkung übereinstimmt.
== {{Anker|Anwendungen}} Spezielle Kybernetik / Anwendungen ==
 
* [[Robotik]]
Der perlokutionäre Akt ist mit dem illokutionären-Akt durch eine „dadurch, dass-Relation“ verbunden, d.&nbsp;h. kausal. Dementsprechend ist dieser die Folge einer Sprechhandlung. Dagegen ist der illokutionäre Akt mit dem lokutionären Akt durch eine „indem-Relation“ verbunden, d.&nbsp;h. inklusiv. Dementsprechend ist dieser das Ergebnis einer Sprechhandlung und fällt zeitlich mit deren Vollzug zusammen.
* [[Mechatronik]]
 
* [[Biomechatronik]]
Beispiele:
* [[Automatisierungstechnik]]
# Ein Sprecher vollzieht den perlokutionären Akt des Kränkens des Hörers dadurch, dass er den illokutionären Akt des Behauptens vollzieht, indem er einen lokutionären Akt vollzieht, wie z.&nbsp;B. die Aussage „Du bist hässlich.“
* [[Technische Kybernetik]]
# Ein Sprecher vollzieht den perlokutionären Akt des Verunsicherns des Hörers dadurch, dass er den illokutionären Akt der Frage vollzieht, indem er einen lokutionären Akt vollzieht, wie z.&nbsp;B. die Aussage: „Wann haben Sie das letzte Mal geduscht?“
* [[Biologische Kybernetik]]
# Ein Sprecher vollzieht den perlokutionären Akt des den Hörer-von-etwas-Abbringens dadurch, dass er den illokutionären Akt der Warnung vollzieht, indem er einen lokutionären Akt vollzieht, wie z.&nbsp;B. die Aussage: „Das ist zu gefährlich, was du da planst.“
* [[Medizinische Kybernetik]]
 
* [[Biomedizinische Kybernetik]]
=== Theorie von Searle ===
* [[Kybernetische Anthropologie]]
Während Austin die Unterteilung eines Sprechaktes in drei Teilakte vornimmt, unterscheidet Searle vier solcher Teilakte.
* [[Soziokybernetik]]
 
* [[Managementkybernetik]]
# Äußerungsakt
# propositionaler Akt
# illokutionärer Akt
# perlokutionärer Akt (wie bei Austin)
 
Die von Searle vorgeschlagenen Änderungen an Austins Theorie betreffen hauptsächlich den rhetischen Akt. Da dieser vom illokutionären Akt nicht zu unterscheiden sei, ersetzt er ihn durch den propositionalen Akt und bestimmt ihn durch Differenzierung in Referenzakt und Prädikationsakt neu. Den phonetischen und den phatischen Akt fasst er unter dem Begriff des Äußerungsaktes zusammen.
 
==== 1. Äußerungsakt ====
(‘utterance act’): Der Äußerungsakt fasst den phonetischen und den phatischen Akt bei Austin zusammen, d.&nbsp;h. er besteht aus dem Hervorbringen von Äußerungen nach den Regeln der Phonologie und Grammatik einer Sprache.
 
==== 2. propositionaler Akt ====
(‘propositional act’): Der propositionale Akt besteht nach Searle wiederum aus zwei Teilakten, dem Referenzakt und dem Prädikationsakt. Mit dem Referenzakt bezieht sich der Sprecher auf bestimmte Objekte der Welt, z.&nbsp;B. mit dem Eigennamen „Peter“ auf die Person Peter. Mit dem Prädikationsakt ordnet der Sprecher dem Objekt, auf das er sich bezogen hat, eine Eigenschaft zu (z.&nbsp;B. „ist mutig“). Bei den folgenden Sprechakten vollzieht der Sprecher den gleichen propositionalen Akt: ''Peter ist mutig.'' ''Ist Peter mutig?'' ''Peter, sei mutig!''. Man prädiziert und referiert also nicht nur bei Behauptungen, sondern auch bei anderen illokutionären Akten.
 
==== 3. illokutionärer Akt ====
wie bei Austin
 
==== 4. perlokutionärer Akt ====
wie bei Austin
 
== Sprechakttheorie als Bedeutungstheorie ==
Die Sprechakttheorie ist – gemäß einigen Theoretikern, nicht aber Austin! – nicht nur eine Theorie des sprachlichen Handelns, sondern auch eine Theorie der Satzbedeutung. Die Sprechakttheorie fordert damit eine Erweiterung des Begriffs der [[Bedeutung (Sprachphilosophie)|Bedeutung]]: Die Explikation von „Bedeutung“ kann nicht wie in der einseitig an der [[Logik]] orientierten [[Sprachphilosophie]] ausschließlich unter Rekurs auf Wahrheitsbedingungen geschehen. Sprachliche Äußerungen bedürfen über die Beurteilung ihres [[Wahrheitswert]]s hinaus einer Bewertung unter weiteren Aspekten wie Erfolg oder Missglücken. Sprechakte sind komplexe Handlungen, deren Komponenten hierarchisch übereinander geschichtet sind. Diese Schichtung analysiert die Sprechakttheorie und zeigt dabei, wie man etwas bewirkt, ''indem'' man etwas tut, ''indem'' man etwas sagt, ''indem'' man etwas äußert.
 
Zur Satzbedeutung einer Äußerung wie (1) gehört die Bedeutungskomponente, dass (1) eine Frage ist, zur Bedeutung von (2), dass es sich um ein Verbot handelt.
 
# Wo ist denn hier der Bahnhof?
# Sie dürfen hier nicht rauchen!
 
In diesem Fall spricht man davon, dass die Äußerung eine bestimmte ‚illokutionäre Rolle‘ oder „Illokution“ hat. Sprecher vollziehen illokutionäre Akte, Äußerungen haben „illokutionäre Rollen“ oder „Illokutionen“. Die illokutionäre Rolle einer Äußerung erkennt man an den sog. Illokutionsindikatoren. Zu den Illokutionsindikatoren gehören:
 
; Satzstellung
: ''Peter raucht.'' vs. ''Raucht Peter?''
; Modalpartikeln
: ''Kannst du schweigen?'' vs. ''Kannst du mal schweigen?''
; sog. performative Verben
: ''Ich bitte dich, mir zu helfen.'' oder: ''Ich rate dir, den Job anzunehmen.''
; Intonation
: ''Du kommst aus Braunschweig?'' (Satzstellung eines „Aussagesatzes“ mit ansteigender Intonation. Illokution: Frage.)
 
== Klassifikation von Sprechakten (Searle) ==
Zur Klassifikation der [[Illokutionärer Akt|Illokutionen]] verwendet Searle zwölf Kriterien,<ref>{{Literatur|Autor=Searle, John R.|Titel=A Classification of Illocutionary Acts|Hrsg=|Sammelwerk=Language in Society, 5 (1)|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=1976|Seiten=1-23|ISBN=}}</ref> drei davon sind:
 
; Illokutionärer Witz
: Mit dem illokutionären Witz bezeichnet er den Zweck eines Sprechaktes.
; Ausrichtung
: Damit ist angesprochen, wie sich reale Welt und Worte zueinander verhalten. Richten sich die Worte nach der realen Welt (wie bei einer Beschreibung) oder soll sich die Welt nach den Worten richten (wie z.&nbsp;B. bei einem Befehl oder einem Versprechen)?
; Zum Ausdruck gebrachter psychischer Zustand
: Auf welchem inneren Zustand basiert die Äußerung? Bei einer Beschreibung basiert sie z.&nbsp;B. darauf, dass der Sprecher glaubt, was er sagt.
 
Nach diesen drei Kriterien unterteilt Searle die Illokutionen weiter in fünf Klassen:
{| class="wikitable"
|
|Zweck
|Ausrichtung
|psychischer Zustand
|Beispiele
|-
|Repräsentativa
|sagen, wie es sich verhält
|Wort auf Welt
|Glaube
|behaupten, mitteilen, berichten
|-
|Direktiva
|jemanden zu einer Handlung/Unterlassung bewegen
|Welt auf Wort
|Wunsch
|bitten, befehlen, raten
|-
|Kommissiva
|sich selbst auf eine Handlung/Unterlassung festlegen
|Welt auf Wort
|Absicht
|versprechen, vereinbaren, anbieten, drohen
|-
|Expressiva
|Ausdruck der eigenen Gefühlslage
|keine
|Zustand
|danken, grüßen, beglückwünschen, klagen
|-
|Deklarativa
|mit dem Sagen die Welt entsprechend dem Gesagten verändern
|beide
|Verantwortung jemandes zu einer Tat
|ernennen, entlassen, taufen
|}
 
'''Repräsentativa''' (auch Assertiva<ref>Winfried Ulrich: ''Wörterbuch linguistische Grundbegriffe.'' = ''Linguistische Grundbegriffe.'' 5.,&nbsp;völlig neu bearbeitete Auflage. Borntraeger, Berlin u.&nbsp;a. 2002, ISBN 3-443-03111-0, Sprechaktklassifikation.</ref>, Assertive<ref>Norbert Fries: ''Assertive.'' In: Helmut Glück, Michael Rödel (Hrsg.): ''Metzler Lexikon Sprache.'' Metzler Verlag, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-476-02641-5, S. 63; Winfried Ulrich: ''Wörterbuch linguistische Grundbegriffe.'' = ''Linguistische Grundbegriffe.'' 5.,&nbsp;völlig neu bearbeitete Auflage. Borntraeger, Berlin u. a. 2002, ISBN 3-443-03111-0, Sprechaktklassifikation; Hermann Stadler (Hrsg.): ''Deutsch'' (=&nbsp;''Fischer-Kolleg Abiturwissen.''). Aktualisierte und überarbeitete Neuausgabe. Fischer, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15600-9, S.&nbsp;69.</ref>  genannt) sind Sprechakte wie: feststellen, behaupten, berichten, aussagen, schließen usw. Gemeinsam ist diesen, dass der Sprecher durch sie „auf die Wahrheit oder Falschheit der in der Äußerung zum Ausdruck gebrachten [[Wikipedia:Proposition (Linguistik)|Proposition]] festgelegt wird“.<ref>Norbert Fries: ''Assertive.'' In: Helmut Glück, Michael Rödel (Hrsg.): ''Metzler Lexikon Sprache.'' Metzler Verlag, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-476-02641-5, S. 63.</ref> Assertiva „verpflichten den Sprecher zur Wahrheit der ausgedrückten Proposition“<ref>Peter Ernst: ''Pragmalinguistik. Grundlagen, Anwendungen, Probleme.'' de Gruyter, Berlin u.&nbsp;a. 2002, ISBN 3-11-017013-2, S.&nbsp;102.</ref>.
 
; Direktiva oder auch Direktive Sprechakte
: Ein Sprecher verpflichtet seinen Hörer auf die Ausführung einer Handlung. Direktive Sprechakte werden durch direktive Verben festgelegt: auffordern, bitten, befehlen, alle Verben im Imperativ.
; Kommissiva oder auch Kommissive Sprechakte
: Ein Sprecher verpflichtet sich zur Ausführung einer zukünftigen Handlung. Kommissive Sprechakte werden durch kommissive Verben festgelegt: versprechen, geloben, schwören, drohen, etc.
; Expressiva oder auch Expressive Sprechakte,
: in denen ein Sprecher seinen psychischen Zustand zum Ausdruck bringt und sich dabei gesellschaftlicher „Aufrichtigkeitsregeln“ bedient. Expressive Sprechakte werden durch expressive Verben festgelegt: danken, gratulieren, entschuldigen, kondolieren etc.
; Deklarativa oder auch Deklarative Sprechakte,
: bei denen, auf der Grundlage einer bestimmten sozialen Institution (z.&nbsp;B. Schule, Kirche, Ämter etc.) ein bestimmter Zustand hergestellt wird. Deklarative Sprechakte werden durch deklarative Verben festgelegt: taufen, ernennen, zurücktreten, etc. Beispiele typischer deklarativer Äußerungen sind:
:* ''„Hiermit erkläre ich meinen Rücktritt…“''
:* ''„Im Namen von …“''
:* ''„In meiner Funktion als … erkläre ich …“''
 
== Explizite und implizite, direkte sowie indirekte Sprechakte ==
Explizite [[Sprechakt]]e sind z.&nbsp;B. „Ich verspreche hiermit, X zu tun“ oder „Hiermit taufe ich dieses Schiff auf den Namen Y“. Man spricht von explizit performativen direkten Sprechakten. Explizit performativ deshalb, weil ein so genanntes performatives Verb verwendet wird, im ersten Beispiel also „versprechen“, im zweiten „taufen“. Man spricht von direkten Sprechakten, weil die Proposition („X zu tun“) genau dem illokutionären Witz, dem Ziel der Äußerung, entspricht.
 
Dagegen gibt es auch implizite (primäre), direkte Sprechakte. Diese sind wesentlich häufiger. Zum explizit performativen, direkten Sprechakt „Ich verspreche, X zu tun“ lautet der implizit performative „Ich werde X tun“, das performative Verb wird also einfach weggelassen.
 
Zudem gibt es – zumindest gemäß Searle – auch noch indirekte Sprechakte. Hier ist das illokutionäre Ziel nicht aus der Proposition erkennbar. Indirekte Sprechakte beziehen sich auf Bedingungen, die für einen Sprechakt(-typ) vorliegen. Man kann z.&nbsp;B. sagen „Gib mir das Salz!“, aber genauso gut kann man sich dabei auch auf eine Einleitungsbedingung für diesen Sprechakt beziehen: „Der Hörer muss in der Lage sein, das Salz zu reichen“; dementsprechend kann man fragen „Kannst du mir mal das Salz reichen?“. Dies ist (wörtlich genommen) eine Frage nach dem Vermögen des Hörers, das Salz zu reichen. Der illokutionäre Akt, den der Sprecher damit vollziehen will, ist aber eine Bitte.
Bei indirekten Sprechakten unterscheidet man primäre und sekundäre Illokution. Die sekundäre Illokution ist die wörtliche, also in unserem Beispiel die Frage nach dem Vermögen des Hörers, das Salz reichen zu können. Die primäre Illokution, das eigentliche Ziel der Äußerung, ist hier aber eine Bitte, die man auch durch die Äußerung „Gib mir bitte das Salz!“ vorbringen könnte. Man vollzieht dabei den primären Sprechakt, indem man den sekundären vollzieht. Nach Searles Konzeption der indirekten Sprechakte muss die primäre Illokution (Bitte) über eine komplizierte Abfolge von Schlussfolgerungen aus der sekundären erschlossen werden. Erst nach diesen Schlussfolgerungen erkennt der Hörer nach Searle, dass es sich nicht um eine Frage nach der Handlungsfähigkeit, sondern um eine Bitte handelt. Damit ein indirekter Sprechakt gelingt, der Hörer also einen weiteren propositionalen Gehalt über das Gesagte hinaus erkennt, muss für den Sprecher die Maxime gelten: Sei aufrichtig und relevant! Für den Hörer lautet die Maxime: Suche nach dem Sinn! Ebenfalls müssen beide über dasselbe (sprachliche wie außersprachliche) Hintergrundwissen verfügen.
Diese Position ist in der Forschung jedoch nicht unumstritten. Gegner dieser Auffassung führen aus, dass die Äußerung „Kannst du mir das Salz reichen?“ im Deutschen konventionellerweise „Gib mir bitte das Salz!“ bedeutet. Die Hörer müssen das nicht erst mühsam erschließen.
 
== Historische Sprechaktanalyse ==
Seit kurzem kann man von der Existenz einer historischen Sprechaktanalyse sprechen. Andreas Jucker, der auch eine Bibliographie zur historischen Pragmatik verwaltet, und Irma Taavitsainen haben als zentrales Publikationsorgan das ''Journal of Historical Pragmatics'' gegründet. Die Frage, wie ein bestimmter Sprechakt im Laufe der Geschichte verwirklicht worden ist, fällt auch in den Bereich der [[Onomasiologie]] (so hat die von [[Joachim Grzega]], Alfred Bammesberger und Marion Schöner herausgegebene Zeitschrift ''Onomasiology Online'' ebenfalls begonnen, Artikel aus diesem Bereich aufzunehmen).
 
== Weitere Historische Personen ==
[[Ludwig Wittgenstein]]s kontrovers interpretierte ''Philosophischen Untersuchungen'' (1953, postum) werden häufig als Bezugspunkt der ''Sprechakttheorien'' genannt, insofern als der Autor die ''dyadische'' Theorie der Bedeutung („Jedes Wort hat eine Bedeutung. [...] Sie ist der Gegenstand, für welchen das Wort steht.“ -PU 1) ablehnt. Dagegen sei „[d]ie Bedeutung eines Wortes [...] sein Gebrauch in der Sprache“, dessen Regeln dadurch bestimmt werde, dass sprachliche Äußerungen in der Kommunikation des Alltags in unterschiedlichen Situationen verschiedene Funktionen übernehmen (von Wittgenstein „Sprachspiel“ genannt). „Sieh den Satz als Instrument an, und seinen Sinn als seine Verwendung!“ (PU 421) – (Weiteres unter [[Interpretative Semantik|Die semantische Theorie in der Diskussion.]])
 
[[Charles Peirce]] bezieht seine Vorstellungen der ''Semiose'' (d.&nbsp;h. Prozess der Wirkungsentfaltung eines Zeichens) als eigentlichem Gegenstand der ''Semiotik'' auf die [[Ontologie]]: auf allgemeine Kategorien der Wahrnehmung. Ihm geht es  um erkenntnistheoretische Allgemeinheit und um [[Metaphysik|metaphysische]] [[Universalität]]. Ausgangspunkt seiner Überlegung ist die Wirkung, die der Mensch in seiner Vorstellung dem Gegenstand eines Begriffes (Objekt) zuordnet und die den Begriffsinhalt bestimmt. Vor diesem Hintergrund entwickelte er in seiner ''pragmatischen Semiotik'' aus dem ''dyadischen Zeichenmodell'' (Das ''Zeichen'' – das ''Repräsentamen'' – hat direkten Bezug zum außersprachlichen Objekt) eine ''triadische Relation,'' indem er eine Zwischeninstanz, den ''Interpretanten,'' einsetzt, das bedeutet: Die individuell erkannte Bedeutung, welche durch [[Interpretation]] des Sprechers/Hörers in einem – kulturell vorgeprägten – Handlungszusammenhang entsteht. Da die jeweiligen ''Repräsentamen'' situationsabhängig unterschiedlich gedeutet werden, sind die ''Zeichenbeziehungen'' immer perspektivisch, d.&nbsp;h.: Es kann zu Missverständnissen und Täuschungen kommen und die Interpretation über das eigentliche Objekt (das ''dynamische Objekt'') muss evtl. angepasst werden. Durch Verständigung erhalten die ''Zeichen'' eine ''intersubjektive'' Deutung, die als ''konventionell'' akzeptiert wird.
 
[[George H. Mead]]  entwarf ebenfalls ein ''dynamisches Modell:''  In seiner Philosophie untersucht er die Funktion der Sprache im ''interpersonalen, gesellschaftlichen Kontext'' und bezieht neben der verbalen die ''nonverbale Kommunikation'' ein:  Durch Worte, Gesten  Mimik kann der Mensch bestimmte Reaktionen bei sich selbst und – in einem [[Interaktion]]ismus – bei anderen auslösen, Hinweise auf sich selbst geben und so bei sich selbst und beim Anderen Reaktionen auslösen. Das Individuum nimmt in dieser Weise den gesellschaftlichen ''Kommunikationsprozess'' in sich auf und verarbeitet ihn. Für Mead ist dieser Vorgang bedeutsam für die Entwicklung der [[Identität]] durch Interaktion. Vor allem über die ''Zeichen'' der Sprache entstehen – durch die  [[Kooperation]] von Subjekten – ''Rückkoppelungen,'' allerdings nicht in einem einfachen [[Behaviorismus|behavioristischen]] ''Reiz-Reaktion-Schema'', sondern in einem komplexen [[Bewusstsein]]sprozess ''(Sozialbehaviorismus):'' Der Mensch registriert, wie sein Verhalten der Reiz für das Verhalten anderer ist. So vermag er sein Verhalten und das der anderen zu kontrollieren und zu korrigieren, so dass sich sprachliche Kooperationsprozesse optimieren lassen. Der Sprecher verbindet mit seinem ''Zeichen'' die Reaktion des Gegenübers – das ''Zeichen'' wird damit  signifikant, d.&nbsp;h. ein ''Symbol''.
 
Für Meads Schüler [[Charles W. Morris]]  ist die ''Pragmatik'' als ''relation of signs to interpreters'' (Foundations of the Theory of Signs, 1938) zu verstehen. Er nimmt in seiner ''Kommunikationstheorie'' – ähnlich Peirce – für die ''Semiose'' (Zeichenprozess) eine Dreiteilung  eines ''Zeichens'' vor, ein mittelbar-Notiz-Nehmen durch Vermittlung von etwas Drittem: Die Vermittler sind ''Zeichenträger;'' die Notiznahmen sind ''Interpretanten'' (an Stelle eines Begriffs oder Gedankens setzt er ein ''Verhalten:'' Die Interpretation wird als ''Verhaltensdisposition,'' als ''Handlung des mittelbar Notiznehmens'' aufgefasst); das, von dem Notiz genommen wird, sind ''Designate'' (Objekte). Später ergänzt er sein Modell um die Akteure in diesem Prozess: die ''Interpreten''. Den Teil der ''Semiotik,'' der sich mit der Beziehung des ''Zeichenträgers'' zu dem ''Interpreten'' befasst, nennt Morris ''Pragmatik''. Er vertritt in diesem Zusammenhang – im Unterschied zu Peirce – eine ''behavioristische'' Sichtweise, die deskriptiv-[[Empirie|empirisch]] den Gebrauch von ''Zeichen'' im ''sozialen Kontext'' beobachtet: ''„Interpretant'' definiert er als ''Effekt,'' der in irgendeinem ''[[Rezipient]]en'' ausgelöst wird und durch den die betreffende Sache ihm als ''Zeichen'' erscheint“. „Der Interpretant eines Zeichens ist die Gewohnheit, kraft derer dem Zeichenträger die Designation bestimmter Gegenstandsarten oder Sachverhaltsarten zugeschrieben wird; ...“ (Grundlagen der Zeichentheorie, 1988).


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Sprechakttheorie}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Kybernetik}}
* {{WikipediaDE|Sprechakt}}, auch zwecks Bühlers Sprechakt
* {{WikipediaDE|Kybernetik}}
* {{WikipediaDE|Dialogakt}}
* {{WikipediaDE|Künstliches neuronales Netz}}
* {{WikipediaDE|Künstliche Intelligenz}}
* {{WikipediaDE|Cyborg}}
* {{WikipediaDE|Servo}}
* {{WikipediaDE|Synergetik}}
* {{WikipediaDE|Liste bekannter Kybernetiker}}
* {{WikipediaDE|Biological Computer Laboratory}}


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Klassiker ===
=== Klassische Literatur ===
* William Alston: ''Illocutionary Acts and Sentence Meaning.'' Cornell University Press, Ithaca NY u.&nbsp;a. 2000, ISBN 0-8014-3669-9 (Versuch, eine Brücke zwischen Sprechakttheorie und Semantik zu schlagen; die Bedeutung eines Satz ist als dessen Potential für den Vollzug illokutionärer Akte zu verstehen).
* Norbert Wiener: ''Mensch und Menschmaschine. Kybernetik und Gesellschaft.'' Alfred Metzner Verlag, Frankfurt am Main 1952.
* John L. Austin: ''How to Do Things with Words'' (=&nbsp;''The William James Lectures.'' 1955, {{ZDB|1101386-2}}). Harvard University Press, Cambridge MA 1962, (In deutscher Sprache: ''Zur Theorie der Sprechakte'' (=&nbsp;''Universal-Bibliothek.'' Bd. 9396). Deutsche Bearbeitung von Eike von Savigny. Reclam, Stuttgart 1972, ISBN 3-15-009396-1).
* Norbert Wiener: ''God and Golem, Inc.: A Comment on Certain Points where Cybernetics Impinges on Religion.'' MIT Press, 1966.
* George H. Mead: ''Mind, Self, and Society.'' University of Chicago Press, Chicago IL 1934, (In deutscher Sprache: ''Geist, Identität und Gesellschaft aus der Sicht des Sozialbehaviorismus.'' Mit einer Einleitung herausgegeben von Charles W. Morris. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1968).
* John von Neumann: ''The Computer and the Brain.'' Yale University Press, 1958.
* Charles W. Morris: ''Foundations of the Theory of Sign'' (=&nbsp;''International Encyclopedia of Unified Science.'' Bd.&nbsp;1, Nr.&nbsp;2, {{ZDB|599244-8}}). University of Chicago Press, Chicago&nbsp;IL 1938.
* Gordon Pask: ''An Approach to Cybernetics.'' Hutchinson & Co, 1961.
* Charles Sanders Peirce: ''Schriften.'' Band 2: ''Vom Pragmatismus zum Pragmatizismus.'' Mit einer Einführung herausgegeben von Karl-Otto Apel. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1970.
* Ludwig von Bertalanffy: ''General System Theory: Foundations, Development, Applications.'' George Braziller, 1969.
* John R. Searle: ''Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language.'' Cambridge University Press, Cambridge 1969, (In deutscher Sprache: ''Sprechakte. Ein sprachphilosophischer Essay.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971).
* Gregory Bateson: ''Steps to an Ecology of Mind: Collected Essays in Anthropology, Psychiatry, Evolution, and Epistemology.'' University of Chicago Press, 1972.
* John R. Searle: ''Expression and Meaning. Studies in the Theory of Speech Acts.'' Cambridge University Press, Cambridge u.&nbsp;a. 1979, ISBN 0-521-07184-4 (In deutscher Sprache: ''Ausdruck und Bedeutung. Untersuchungen zur Sprechakttheorie'' (=&nbsp;''Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft.'' 349). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-518-27949-1; Verschiedene Untersuchungen zu speziellen Problemen der Sprechakttheorie, u.&nbsp;a. zur Klassifikation von Sprechakten und zu fiktionaler Rede).
* W. Ross Ashby: ''Einführung in die Kybernetik.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974.
* Ludwig Wittgenstein: ''Philosophische Untersuchungen'' (=&nbsp;''Bibliothek Suhrkamp.'' 1372). Auf der Grundlage der kritisch-genetischen Edition neu herausgegeben von Joachim Schulte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-22372-0.  
* Hans Joachim Flechtner: ''Grundbegriffe der Kybernetik.'' dtv, Stuttgart 1970.
* Georg Klaus: ''Wörterbuch der Kybernetik.'' Dietz Verlag, Berlin 1968 und Fischer Handbücher Bd. 1 und 2, Frankfurt/Hamburg 1969.
* K. Steinbuch, H. Frank, H. Kretz, H. Meves, K. Küpfmüller, W. D. Keidel, J. Schwartzkopff, R. Feldtkeller, F. Wenzel: ''Kybernetik – Brücke zwischen den Wissenschaften.'' Umschau Verlag, Frankfurt am Main 1962.
* Hans Ronge: ''Kunst und Kybernetik.'' Verlag M. Dumont Schauberg, Köln 1968, ISBN 3-7701-0440-4.
* James Clerk Maxwell: ''On Governors.'' In: ''Proceedings of the Royal Society of London.'' Nr. 16, 1867/1868, S. 270–283.
* Alexander Lerner: ''Fundamentals of Cybernetics.'' Übers. aus dem Russischen von E. Gros. Plenum Publ. Corp., New York, N.Y., 1972, ISBN 978-1-4684-1706-7.


=== Einführungen ===
=== Aktuelle Literatur ===
* Klaus Baumgärtner, Hugo Steger (Hrsg.): ''Funkkolleg Sprache. Eine Einführung in die moderne Linguistik.'' Beltz, Weinheim 1972.
* Lars Bluma: ''Norbert Wiener und die Entstehung der Kybernetik im Zweiten Weltkrieg.'' LIT Verlag, Münster 2005, ISBN 3-8258-8345-0.
* Friedrich Christoph Dörge: ''Illocutionary Acts. Austin's account and what Searle made out of it.'' Tübingen 2004,  [http://www.researchgate.net/profile/Friedrich_Christoph_Doerge/publication/260135269_Illocutionary_Acts/links/00b7d52fb70da874a3000000.pdf Digitalisat (PDF; 1,83 MB)], (Tübingen, Eberhard-Karls-Universität, Dissertation. 2004; affirmative Rekonstruktion von Austins Sprechakttheorie, umfassende Kritik derjenigen von Searle).
* Michael Eckardt: ''Mensch-Maschine-Symbiose. Ausgewählte Schriften von Georg Klaus zur Konstruktionswissenschaft und Medientheorie.'' VDG, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2002, ISBN 3-89739-316-6.
* Claus Ehrhardt, Hans Jürgen Heringer: ''Pragmatik'' (=&nbsp;''UTB'' 3480 ''Sprachwissenschaft''). Fink, Paderborn 2011, ISBN 978-3-8252-3480-5, S.&nbsp;57&nbsp;ff.
* Slawa Gerowitsch: ''From Newspeak to Cyberspeak. A History of Soviet Cybernetics.'' MIT Press, 2002, ISBN 978-0-262-07232-8.
* Götz Hindelang: ''Einführung in die Sprechakttheorie. Sprechakte, Äußerungsformen, Sprechaktsequenzen'' (=&nbsp;''Germanistische Arbeitshefte.'' 27). 5.,&nbsp;neu bearbeitete und erweiterte Auflage. de Gruyter, Berlin u.&nbsp;a. 2010, ISBN 978-3-11-023147-2.
* Klaus Fuchs-Kittowski, Siegfried Piotrowski (Hrsg.): ''Kybernetik und Interdisziplinarität in den Wissenschaften.'' trafo Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-89626-435-4.
* Stephen C. Levinson: ''Pragmatics.'' Cambridge University Press, Cambridge u.&nbsp;a. 1983, ISBN 0-521-29414-2 (In deutscher Sprache: ''Pragmatik'' (=&nbsp;''Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft.'' Bd.&nbsp;39). Ins Deutsche übersetzt von Ursula Fries. Niemeyer, Tübingen 1990, ISBN 3-484-22039-2).
* Ernst von Glasersfeld: ''Kybernetik.'' In: Leon R. Tsvasman (Hrsg.): ''Das große Lexikon Medien und Kommunikation. Kompendium interdisziplinärer Konzepte.'' Ergon-Verlag, Würzburg 2006, ISBN 3-89913-515-6.
* Sven Staffeldt: ''Einführung in die Sprechakttheorie. Ein Leitfaden für den akademischen Unterricht'' (=&nbsp;''Stauffenburg-Einführungen.'' Bd.&nbsp;19). Stauffenburg, Tübingen 2008, ISBN 978-3-86057-292-4.
* Martin Kaufmann: ''Der Baum der Kybernetik. Die Entwicklungslinien der Kybernetik von den historischen Grundlagen bis zu ihren aktuellen Ausformungen.'' proEval Verlag, Dornbirn 2007, ISBN 978-3-200-01048-2.
 
* Thomas Rid: ''Maschinendämmerung. Eine kurze Geschichte der Kybernetik.'' Propyläen, Berlin 2016, ISBN 978-3-549-07469-5.
=== Weiterführende Literatur ===
* Claus Pias (Hrsg.): ''Cybernetics – Kybernetik. The Macy-Conferences 1946–1953.'' 2 Bände, diaphanes Verlag, Zürich/Berlin 2003, ISBN 3-935300-35-2 und ISBN 3-935300-36-0.
* Jacques Derrida, ''Limited Inc. 2 Essays.'' Northwestern University Press, Evanston IL 1988, ISBN 0-8101-0788-0 (Scharfe Kritik an Searle).
* Andrew Pickering: ''The cybernetic brain.Sketches of another future.'' University of Chicago Press, Chicago 2010, ISBN 978-0226667898.
* Dirk Greimann, Geo Siegwart (Hrsg.): ''Truth and Speech Acts. Studies in the philosophy of language'' (=&nbsp;''Routledge Studies in Contemporary Philosophy.'' Bd.&nbsp;5). Routledge, New York&nbsp;NY u.&nbsp;a. 2007, ISBN 978-0-415-40651-2.
* Frederic Vester: ''Neuland des Denkens – Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter.'' dtv, München 2002, ISBN 3-423-33001-5.
* Götz  Hindelang, Young Sook Yang: ''Sprechakttheoretische Dialoganalyse.'' In: Sven Staffeldt, Jörg Hagemann (Hrsg.): ''Pragmatiktheorien. Analysen im Vergleich'' (=&nbsp;''Stauffenburg-Einführungen.'' Bd.&nbsp;27). Stauffenburg, Tübingen 2014, ISBN 978-3-86057-807-0, S.&nbsp;149–182.
* Heinz von Foerster: ''KybernEthik.'' Merve Verlag, Berlin 1993, ISBN 978-3-88396-111-8.
* Frank Liedtke: ''Grammatik der Illokution. Über Sprechhandlungen und ihre Realisierungsformen im Deutschen'' (=&nbsp;''Tübinger Beiträge zur Linguistik.'' 436). Narr, Tübingen 1998, ISBN 3-8233-5102-8.
* Hans-Christian Dany: ''Morgen werde ich Idiot – Kybernetik und Kontrollgesellschaft.'' Nautilus, Hamburg 2013, ISBN 978-3-89401-784-2.
* Anthonie Wilhelmus Marie Meijers: ''Speech Acts, Communication and Collective Intentionality beyond Searle's Individualism.'' s.&nbsp;n., s.&nbsp;l. 1994, ISBN 90-801946-1-1, (Leiden, Universität, Dissertation, 1994).
* Eckard Rolf: ''Illokutionäre Kräfte. Grundbegriffe der Illokutionslogik.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, ISBN 3-531-12921-X (Gibt eine Beschreibung einer großen Zahl von Illokutionen auf der Basis von  Searle / Vanderveken (1985)).
* Eckard Rolf: ''Der andere Austin. Zur Rekonstruktion / Dekonstruktion performativer Äußerungen – von Searle über Derrida zu Cavell und darüber hinaus.'' transcript-Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1163-2.
* Thorsten Sander: ''Redesequenzen. Untersuchungen zur Grammatik von Diskursen und Texten.'' mentis, Paderborn 2002, ISBN 3-89785-062-1 (Zugleich: Essen, Universität, Dissertation, 2001; Untersucht das Verhältnis von Sprechakten und Gesprächen bzw. Texten).
* Hans Julius Schneider: ''Phantasie und Kalkül. Über die Polarität von Handlung und Struktur in der Sprache.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-58114-7.
* Stephen R. Schiffer: ''Meaning.'' Clarendon Press, Oxford 1972, ISBN 0-19-824367-7.
* John Rogers Searle, Daniel Vanderveken: ''Foundations of Illocutionary Logic.'' Cambridge University Press, Cambridge 1985, ISBN 0-521-26324-7(Formal anspruchsvoll).
* John R. Searle, et al.: ''(On) Searle on Conversation'' (=&nbsp;''Pragmatics & beyond.'' NS&nbsp;Bd.&nbsp;21). Compiled and introduced by Herman Parret and Jef Verschueren. Benjamins, Amsterdam u.&nbsp;a. 1992, ISBN 90-272-5033-2 (Sammelband zum Verhältnis von einzelnen Sprechakten und Gesprächen).
* Maria Ulkan: ''Zur Klassifikation von Sprechakten. Eine grundlagentheoretische Fallstudie'' (=&nbsp;''Linguistische Arbeiten.'' 174). Niemeyer, Tübingen 1992, ISBN 3-484-30174-0.
* Dieter Wunderlich: ''Studien zur Sprechakttheorie'' (=&nbsp;''Suhrkamp-Taschenbuch.'' 172). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-518-07772-4.
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_sprechakttheorie2.pdf Neue Sprechakttheorie] PDF


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Sprechakt}}
{{Wiktionary}}
{{Wiktionary|Sprechhandlung}}
{{Commonscat|Cybernetics|Kybernetik}}
* [https://www.tu-chemnitz.de/phil/ifgk/germanistik/gf/ EGon – Einführung in die Gesprächsforschung] E-Learning Modul zur Gesprächsanalyse
* [http://pespmc1.vub.ac.be/ Principia Cybernetica Web]
* [http://linguistik.yauh.de/sprechakttheorie.html Stephan Hochhaus: Sprechakttheorie] Übersicht zur Sprechakttheorie


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />
 
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[[Kategorie:Interdisziplinäre Wissenschaft nach Fachgebiet]]
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Version vom 28. November 2020, 20:30 Uhr

Kybernetik ist nach ihrem Begründer Norbert Wiener die Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen, lebenden Organismen und sozialen Organisationen und wurde auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben. Der Begriff als solcher wurde Mitte des 20. Jahrhunderts nach dem Vorbild des englischen cybernetics ‚Regelungstechniken‘ in die deutsche Sprache übernommen. Der englische Begriff wiederum ist ein Kunstwort, gebildet aus dem substantivierten griechischen Adjektiv κυβερνητικός ‚steuermännisch‘, das sich aus den entsprechenden Subjektiven κυβερνήτηςSteuermann‘ und κυβέρνησις ‚Leitung‘, ‚Herrschaft‘ ableitet.

Ein typisches Beispiel für das Prinzip eines kybernetischen Systems ist ein Thermostat. Er vergleicht den Istwert eines Thermometers mit einem Sollwert, der als gewünschte Temperatur eingestellt wurde. Ein Unterschied zwischen diesen beiden Werten veranlasst den Regler im Thermostat dazu, die Heizung so zu regulieren, dass sich der Istwert dem Sollwert angleicht.

Geschichte und Entwicklung

Antike

Seit der Antike findet man schriftliche Zeugnisse systemorientierten Denkens. Der griechische Ependichter Homer schrieb κυβερνήτης und meinte damit den Steuermann eines Schiffes. Platon benutzte den Begriff im übertragenen Sinne, wenn er von einem „Mann am Steuerruder einer Regierung“ sprach. Der Apostel Paulus wiederum benutzt den griechischen Begriff κυβέρνησις kybérnēsis im 1. Korintherbrief (1 Kor 12,28 EU), um die „Fähigkeit zu leiten“ zu thematisieren.

1834 hat der Physiker André-Marie Ampère die Idee einer Wissenschaft entwickelt, die er cybernétique nannte.[1]

Fachgebiet seit den 1940ern

In den 1940er Jahren entstanden die Wurzeln der Wissenschaft Kybernetik, als man Gemeinsamkeiten und Schnittstellen verschiedener Einzeldisziplinen erkannte, die Themen wie menschliches Verhalten, Nachrichtenübertragung, Regelung, Entscheidungs- und Spieltheorie und statistische Mechanik betrachten. Katalysator dieser Entwicklung waren die Macy-Konferenzen mit dem Thema Circular causal, and feedback mechanisms in biological and social systems, die von 1946 bis 1953 stattfanden. Norbert Wiener hat den Begriff „Kybernetik“ schließlich im Sommer 1947 von dem griechischen kybernétes für ‚Steuermann‘ abgeleitet und damit den nach seiner Einschätzung ersten bedeutenden Artikel über einen Rückkoppelungsmechanismus von James Clerk Maxwell (On Governors, 1867/68) geehrt; dort wird ein Fliehkraftregler beschrieben. Das englische Wort governor leitet sich aus dem lateinischen gubernator ‚Steuermann‘ ab, einem lateinischen Lehnwort aus der altgriechischen Sprache mit der gleichen Wortwurzel wie kybernétes.

In gedruckter Form wurde der Begriff von Wiener erstmals 1948 in Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine (deutsche Ausgabe: Kybernetik. Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine) verwendet. Im gleichen Jahr erschien in der Zeitschrift Scientific American ein grundlegender Übersichtsartikel zur Kybernetik.

Georg Klaus etablierte 1953 das Lehrfach Kybernetik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Später engagierte er sich für die Gründung einer eigenen Kybernetik-Kommission an der Akademie der Wissenschaften.

Konferenzen und Lehrstühle

Maßgeblich für die Entwicklung des Fachgebiets waren die von Heinz von Foerster in den USA ab den 1950ern herausgegebenen Tagungsbände Cybernetics der Macy-Konferenzen der Josiah Macy Jr. Foundation (Macy-Stiftung). Die weiteren Entwicklungen nach den Macy-Konferenzen gehen aus der Geschichte der Anwendungsfelder hervor (siehe rechte Tabelle).

Der Begründer der Kybernetik in Deutschland ist Hermann Schmidt, der dieses Gedankengut zeitgleich und unabhängig von Norbert Wiener entwickelte und 1944 auf den ersten Lehrstuhl für Regelungstechnik in Deutschland an der TH Berlin-Charlottenburg berufen wurde. In Deutschland wurde auch im Jahre 1957, vor dem gleichen wissenschaftshistorischen Hintergrund, die Studie Das Bewußtsein der Maschinen – Eine Metaphysik der Kybernetik des Philosophen Gotthard Günther publiziert. Weiterhin erschien im Jahre 1961 das Buch Kybernetik in philosophischer Sicht des Mathematikers und Philosophen Georg Klaus, das bis 1964 vier Auflagen erreichte. Von diesem Autor folgten noch mehrere Bücher zur Kybernetik in ihren sozialen und geistigen Auswirkungen. Unter den populärwissenschaftlichen Büchern sind insbesondere die Veröffentlichungen von Karl Steinbuch zu nennen, der 1957 auch den Begriff Informatik prägte. Dieser Begriff beschreibt im Gegensatz zur Kybernetik eine mehr formalistische und technische Ausrichtung.

Aktuelle Entwicklungen

einfacher kybernetischer Regelkreis als Blockdiagramm

Heute behandelt man klassische Gegenstände der Kybernetik differenzierter:

Ein auch philosophisches Interesse an der Kybernetik geht darauf zurück, dass diese die Möglichkeit eröffnet, den Begriff „Zweckrekursiv zu begreifen: Der Zweck eines komplexen Systems, etwa auch eines Lebewesens, ist so betrachtet es selbst. Ein Zweck bräuchte keine vom System getrennte Instanz mehr, die ihn setzt.

Im Rahmen der Regelungstechnik steht heute eine spezielle leistungsfähige mathematische Systemtheorie zur Verfügung, mit der das Verhalten von Systemen und Regelkreisen beschrieben und berechnet werden kann. In der Netzwerktheorie wiederum wird nach allgemeinen Prinzipien vernetzter Wirkungsgefüge gesucht. Die Entscheidungs- und die Spieltheorie, die sich mit Entscheidungsprozessen in teils komplexen Situationen mehrdimensionaler Zielräume befassen, gewinnen eine wachsende Bedeutung insbesondere in Medizin, Militär und Wirtschaft.

Weitere aktuelle Beispiele für die Anwendung der Kybernetik in den Sozialwissenschaften sind die Konzepte der Volition in der Psychologie und im Management.[2]

Wesentliche Kernbegriffe der Kybernetik sind:

Spezielle Kybernetik / Anwendungen

Siehe auch

Literatur

Klassische Literatur

  • Norbert Wiener: Mensch und Menschmaschine. Kybernetik und Gesellschaft. Alfred Metzner Verlag, Frankfurt am Main 1952.
  • Norbert Wiener: God and Golem, Inc.: A Comment on Certain Points where Cybernetics Impinges on Religion. MIT Press, 1966.
  • John von Neumann: The Computer and the Brain. Yale University Press, 1958.
  • Gordon Pask: An Approach to Cybernetics. Hutchinson & Co, 1961.
  • Ludwig von Bertalanffy: General System Theory: Foundations, Development, Applications. George Braziller, 1969.
  • Gregory Bateson: Steps to an Ecology of Mind: Collected Essays in Anthropology, Psychiatry, Evolution, and Epistemology. University of Chicago Press, 1972.
  • W. Ross Ashby: Einführung in die Kybernetik. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974.
  • Hans Joachim Flechtner: Grundbegriffe der Kybernetik. dtv, Stuttgart 1970.
  • Georg Klaus: Wörterbuch der Kybernetik. Dietz Verlag, Berlin 1968 und Fischer Handbücher Bd. 1 und 2, Frankfurt/Hamburg 1969.
  • K. Steinbuch, H. Frank, H. Kretz, H. Meves, K. Küpfmüller, W. D. Keidel, J. Schwartzkopff, R. Feldtkeller, F. Wenzel: Kybernetik – Brücke zwischen den Wissenschaften. Umschau Verlag, Frankfurt am Main 1962.
  • Hans Ronge: Kunst und Kybernetik. Verlag M. Dumont Schauberg, Köln 1968, ISBN 3-7701-0440-4.
  • James Clerk Maxwell: On Governors. In: Proceedings of the Royal Society of London. Nr. 16, 1867/1868, S. 270–283.
  • Alexander Lerner: Fundamentals of Cybernetics. Übers. aus dem Russischen von E. Gros. Plenum Publ. Corp., New York, N.Y., 1972, ISBN 978-1-4684-1706-7.

Aktuelle Literatur

  • Lars Bluma: Norbert Wiener und die Entstehung der Kybernetik im Zweiten Weltkrieg. LIT Verlag, Münster 2005, ISBN 3-8258-8345-0.
  • Michael Eckardt: Mensch-Maschine-Symbiose. Ausgewählte Schriften von Georg Klaus zur Konstruktionswissenschaft und Medientheorie. VDG, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 2002, ISBN 3-89739-316-6.
  • Slawa Gerowitsch: From Newspeak to Cyberspeak. A History of Soviet Cybernetics. MIT Press, 2002, ISBN 978-0-262-07232-8.
  • Klaus Fuchs-Kittowski, Siegfried Piotrowski (Hrsg.): Kybernetik und Interdisziplinarität in den Wissenschaften. trafo Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-89626-435-4.
  • Ernst von Glasersfeld: Kybernetik. In: Leon R. Tsvasman (Hrsg.): Das große Lexikon Medien und Kommunikation. Kompendium interdisziplinärer Konzepte. Ergon-Verlag, Würzburg 2006, ISBN 3-89913-515-6.
  • Martin Kaufmann: Der Baum der Kybernetik. Die Entwicklungslinien der Kybernetik von den historischen Grundlagen bis zu ihren aktuellen Ausformungen. proEval Verlag, Dornbirn 2007, ISBN 978-3-200-01048-2.
  • Thomas Rid: Maschinendämmerung. Eine kurze Geschichte der Kybernetik. Propyläen, Berlin 2016, ISBN 978-3-549-07469-5.
  • Claus Pias (Hrsg.): Cybernetics – Kybernetik. The Macy-Conferences 1946–1953. 2 Bände, diaphanes Verlag, Zürich/Berlin 2003, ISBN 3-935300-35-2 und ISBN 3-935300-36-0.
  • Andrew Pickering: The cybernetic brain.Sketches of another future. University of Chicago Press, Chicago 2010, ISBN 978-0226667898.
  • Frederic Vester: Neuland des Denkens – Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter. dtv, München 2002, ISBN 3-423-33001-5.
  • Heinz von Foerster: KybernEthik. Merve Verlag, Berlin 1993, ISBN 978-3-88396-111-8.
  • Hans-Christian Dany: Morgen werde ich Idiot – Kybernetik und Kontrollgesellschaft. Nautilus, Hamburg 2013, ISBN 978-3-89401-784-2.

Weblinks

 Wiktionary: Kybernetik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Kybernetik - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hans Joachim Flechtner: Grundbegriffe der Kybernetik. 1970, S. 9.
  2. Eran Magen, James Gross: The cybernetic process model of self-control und Paul Karoly: Goal systems and self-regulation. In: Rick H. Hoyle (Hrsg.): Handbook of Personality and Self-Regulation. Blackwell Publishing, 2010.


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