Persephone und Vorlesen für die Toten: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
 
imported>Michael.heinen-anders
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Bild:Meyers_b12_s0862.png|thumb|right|350px|Persephone und Hades (Abzeichnung eines Reliefs im Vatikan aus Meyers Konversationslexikon)]]
Eine alte anthroposophische Tradition, die aber allmählich immer mehr vergessen zu werden droht, ist die Hinwendung zu den Verstorbenen, durch ein bewußtes '''Vorlesen für die Toten'''.
Um so wichtiger ist diese auf Angaben [[Rudolf Steiner]]s beruhende Praxis gerade für die Gegenwart, denn bittere Not herrscht unter den Toten, wenn sie durch unsere Gedanken und Taten keinerlei seelische Nahrung und Unterstützung erhalten.


'''Persephone''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griechisch]] Περσεφόνη, älteste Form Περσόφαττα mit der Bedeutung die, „welche [beim Dreschen] die Garben schlägt“) ist in der [[Wikipedia:Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] eine [[Wikipedia:Totengott|Toten]]-, Unterwelt- und [[Wikipedia:Fruchtbarkeitsgottheit|Fruchtbarkeitsgöttin]]. In der [[Wikipedia:Römische Mythologie|römischen Mythologie]] wird sie als '''[[Proserpina]]''' aus dem unterworfenen Griechenland zusammen mit den Sklaven importiert, nachdem ihre ursprüngliche Identität mit der altrömischen [[Wikipedia:Ceres (Mythologie)|Ceres]] nicht deutlich ist. In [[christlich]] erneuerte Form wurde sie als [[Göttin Natura]] bis zum Ende des [[Wikipedia:Mittelalter|Mittelalter]]s besungen, namentlich von den Vertretern der [[Schule von Chartres]], etwa in «De mundi universitate»  von [[Bernardus Silvestris]], oder auch in «De planctu naturae» und im «Anticlaudianus» des [[Alanus ab Insulis]]. In [[Dante]]s «[[Göttliche Komödie|Göttlicher Komödie]]» erscheint sie in Gestalt der [[Matelda]].
"… Und so wie für die Toten gleichsam ein Boden, aus dem sie so etwas ziehen wie geistige Nahrung,
unsere schlafenden Seelen sind, so wiederum ist etwa für das Wahrnehmungsvermögen der Toten
dasjenige, was wir wissend an spirituellen Vorstellungen durch unsere Seelen ziehen lassen. Deshalb
ist es, dass ich angeraten habe denjenigen, deren Angehörige vor ihnen gestorben sind, diesen Toten
vorzulesen. Wenn wir uns den Toten vorstellen und durch unsere Seele ziehen lassen, gleichsam nur in
Gedanken lesend, irgend etwas, was spirituelle Wissenschaft darstellt, dann betrachtet dies der Tote.
Er beobachtet dies, er nährt sich durch die unbewusste Nachwirkung der spirituellen Vorstellung, und
er lebt auf in seinem eigenen Bewusstsein durch das, was man ihm so vorliest.
Der Verstorbene fühlt sich getragen, gehalten.
… So müssen wir uns klar sein, dass eine fortwährende Wechselbeziehung ist zwischen der physischen
und der geistigen Welt. Es wäre leicht einzuwenden, dass der Tote ja in der geistigen Welt sei. Wozu
brauche er dann unser Vorlesen? Ja, er ist in der geistigen Welt. Aber die Begriffe der Geisteswissenschaft
müssen auf Erden erzeugt werden und können nicht anders erzeugt werden als durch das Erdengemüt
der Menschen, so dass der Tote zwar die geistige Welt um sich herum hat, aber die Begriffe,
die er gerade braucht, die können ihm zufließen, ihn tragend, ihn hebend in seinem Bewusstsein
dadurch, dass wir sie ihm zufließen lassen von der Erde aus. Und da die innigste Beziehung besteht
zwischen den Toten und denjenigen, mit denen sie gelebt haben, so sind die besten Vorleser für die
Toten diejenigen Menschen, die um den Verstorbenen gelebt haben, die mit ihm verbunden oder befreundet
waren, oder die sonst eine reale Beziehung vor dem Tode zu ihnen gehabt haben." "Man kann nämlich in der Tat, wie es sich gezeigt hat
gerade innerhalb unserer anthroposophischen Bewegung, außerordentliche Dienste leisten den vor
uns hingestorbenen Menschenseelen, wenn wir ihnen von spirituellen Dingen vorlesen. Das kann so
gemacht werden, dass man die Gedanken an den Verstorbenen richtet und, um eine Erleichterung zu
haben, versucht, ihn zu denken, wie man sich seiner erinnert: vor einem stehend oder sitzend. Man
kann das mit mehreren zugleich machen. Man liest dann nicht laut vor, sondern verfolgt mit Aufmerksamkeit
die Gedanken, immer mit dem Gedanken an den Toten: der Tote steht vor mir. Das ist Vorlesen
den Toten. Man braucht kein Buch zu haben, aber man darf nicht in abstrakter Weise denken,
sondern muss tatsächlich jeden Gedanken durchdenken: so liest man vor den Toten. Man kann es sogar
so weit bringen, obzwar das schwieriger ist, dass, wenn man innerhalb einer gemeinsamen Weltanschauung,
oder über irgendein Gebiet des Lebens überhaupt, einen gemeinsamen Gedanken mit
dem Toten gehabt hat und eine persönliche Beziehung zu ihm hatte, man auch einem Fernerstehenden
vorlesen kann. Das geschieht so, dass er durch den warmen Gedanken, den man an ihn richtet,
nach und nach auf einen aufmerksam wird. So kann es sogar nützlich werden, wenn man Fernerstehenden
nach ihrem Tode vorliest. Dieses Vorlesen kann zu jeder Zeit geschehen. Ich bin schon gefragt worden worden, zu welcher Stunde man das am besten tut. Das ist ganz unabhängig von der Stunde. Man
muss nur die Gedanken wirklich durchdenken. Oberfläche genügt nicht. Wort für Wort muss man die
Sachen durchgehen, wie wenn man es innerlich aufsagen würde. Dann lesen die Toten mit. Und es ist
auch nicht richtig, wenn man glaubt, dass solches Vorlesen nur denjenigen nützlich sein kann, welche
der Geisteswissenschaft im Leben nahegetreten sind. Das braucht durchaus nicht der Fall zu sein.
So sehen wir, dass durchaus nicht notwendigerweise derjenige, dem wir helfen wollen, dem wir dienen
wollen nach dem Tode, im Leben Anthroposoph gewesen zu sein braucht."
"… Es hat sich wirklich das bewährt: da ist jemand gestorben; hier im Leben hat er sich aus irgendeinem
Grunde … nicht mit Geisteswissenschaft befasst. Derjenige, der zurück geblieben ist, kann aus der
Geisteswissenschaft heraus wissen, dass der Verstorbene ein brennendes Interesse für Geisteswissenschaft
haben kann. Wenn der Zurückgebliebene nun Gedanken innerlich durchnimmt mit ihm, als
wenn der Tote ihm gegenüberstehen würde, mit dem Gedanken, als ob der Tote vor ihm stehen würde,
so ist das für den Toten eine grosse Wohltat. Wir können tatsächlich dem Toten vorlesen. Das
überbrückt sozusagen die Kluft, die besteht zwischen den Lebenden und den Toten. Bedenken Sie,
wenn die zwei Welten, die durch die materialistische Gesinnung der Menschen so geschieden sind —
die Welt des physischen Planes und die spirituelle Welt, die der Mensch durchläuft zwischen Tod und
neuer Geburt —, bedenken Sie, wie dies unmittelbar ins Leben eingreift, wenn diese zwei Welten zusammengeführt
werden! Wenn Geisteswissenschaft nicht Theorie bleibt, sondern unmittelbarer Lebensimpuls
wird, also das, was Geisteswissenschaft eben sein soll, dann gibt es keine Trennung, sondern
unmittelbare Kommunikation. Das Vorlesen den Toten ist einer von den Fällen, in denen wir in
unmittelbare Beziehung zu den Toten treten können, in denen wir ihnen helfen können. Derjenige, der
Geisteswissenschaft gemieden hat, bleibt immer in der Qual, nach ihr zu verlangen, wenn wir ihm hier
nicht helfen. Aber wir können ihm auch von hier helfen, wenn er überhaupt ein solches Verlangen hat.
So kann der Lebendige dem Toten helfen."


Persephone ist die Tochter des [[Zeus]] und seiner Schwester [[Demeter]] und trägt oft den Namen '''Kore''' (Κόρη, „Mädchen“).
(Rudolf Steiner, zitiert nach http://www.sterbekultur.ch/index_htm_files/3.2%20Vorlesen%20den%20Toten.pdf )


== Mythos ==
Es empfehlen sich die Grundwerke Rudolf Steiners, wie "Theosophie" und "Geheimwissenschaft im Umriß", wegen deren gedanklicher Klarheit, sowie "Anthroposophische Leitsätze" zum Vorlesen für die Toten.
 
Ihr eigener Vater Zeus verliebte sich in Kore, in der Gestalt einer Schlange kroch er in sie und befruchtete seine Tochter, sie gebar [[Zagreus]], der Zeus' Nachfolger werden sollte. Nachdem nun Zeus seinen Willen bekommen hatte, zeigte er kein Interesse mehr an Kore. Sein Bruder [[Hades]], der Gott der Unterwelt, verliebte sich in sie. Hades bat Zeus um Kore. Wissend, dass Kore nicht freiwillig in die sonnenlose Unterwelt gehen würde, stimmte Zeus weder zu, noch lehnte er ab. Hades interpretierte dies als Zustimmung. Als Kore in der [[Wikipedia:Nysa (Mythos)|Nysa]]-Ebene Blumen pflückte, stieg Hades aus der Unterwelt empor und entführte Kore auf seiner Kutsche. Ihre Hilfeschreie wurden von Zeus ignoriert. Kore fügte sich, nun als Persephone bezeichnet, in ihr Schicksal.
 
Siehe auch: [[Wikipedia:Pheneos|Pheneos]]
 
=== Homerischer Mythos ===
[[Bild:Proserpina.jpg|thumb|Die ''Proserpina'' von [[Wikipedia:Dante Gabriel Rossetti|Dante Gabriel Rossetti]] - Der verhängnisvolle Biss in den Granatapfel]]
[[Wikipedia:Homer|Homer]] berichtet in der ''Hymne für Demeter'', dass Persephones Mutter Demeter neun Tage nach ihrer Tochter suchte und schließlich von [[Hekate]], die Persephones Schreie gehört hatte, in Kenntnis gesetzt wurde. Sie war ob des Raubes entsetzt. Bei [[Wikipedia:Ovid|Ovid]] (in den ''Metamorphosen'') versucht die Nymphe [[Wikipedia:Cyane|Cyane]], die in der Nähe ist, vergeblich die Entführung Proserpinas abzuwenden. In ihren Tränen löst sie sich schließlich auf, in der so entstandenen Quelle findet Demeter den Gürtel ihrer Tochter.
 
Demeter wollte mit den Göttern nichts mehr zu tun haben und verließ den [[Wikipedia:Olymp|Olymp]]. Sie befahl den Pflanzen, nicht mehr zu sprießen, und schon bald war alles Land verödet. Die verzweifelnden Götter wandten sich nun an Zeus, er solle doch etwas unternehmen. Zeus blieb nichts anderes übrig und - da Demeter nicht verhandeln, sondern nur ihre Tochter wieder haben wollte - willigte er unter der Bedingung ein, dass Kore zurückkehren könne, wenn sie in der Unterwelt noch nichts gegessen hätte. Demeter war einverstanden. Also ging man gemeinsam in die Unterwelt und fragte sie, ob sie etwas gegessen hätte. Kore antwortete nein. Auch Hades hatte sie nichts essen sehen, somit war alles klar.
 
Hades war jedoch schwerst verbittert, er liebte seine Persephone, doch gegen Zeus' Willen war er machtlos. Aber plötzlich meldete sich ein Denunziant namens [[Wikipedia:Askalaphos (Unterweltsdämon)|Askalaphos]], der gesehen haben wollte, dass Persephone vier Kerne eines [[Wikipedia:Granatapfel|Granatapfel]]s gegessen hätte. Er schwor sogar den heiligen Eid beim [[Wikipedia:Styx|Styx]]. Hades bestand nun darauf, dass Persephone bleiben müsse, aber Zeus meinte, dass man vier Kerne schwerlich als ein ordentliches Essen bezeichnen könne, jedoch gegessen hatte sie wirklich etwas. Ein Kompromiss musste her. Nach langen und zähen Verhandlungen einigte man sich auf Folgendes: 4 Monate musste Persephone in der Unterwelt mit Hades leben, die restlichen 8 Monate durfte sie auf der Erde bei ihrer Mutter verbringen. Die 4 Monate in der Unterwelt stellen die unfruchtbare Zeit auf der Erde dar, ihre Mutter Demeter ist traurig, und daher blüht keine Pflanze, aber wenn ihre Tochter bei ihr ist, blüht und gedeiht alles.
 
== Kult ==
Die Bedeutung des Mythos ist eine allegorische Darstellung des Zyklus der Jahreszeiten. In den [[Wikipedia:Mysterien von Eleusis|Eleusinischen Mysterien]] wurde der Mythos als das Bild einer höheren Idee, nämlich der Unsterblichkeit der Seele, aufgefasst und jedes Jahr festlich begangen. Nach dem Orphismus sitzt sie verschleiert auf einem Stuhl im Hades und hat einen Kranz von Mohn auf dem Haupte.
 
Persephone steht in enger Verbindung zu ihrer Mutter Demeter, so wurde sie meist gemeinsam mit ihr außer in [[Wikipedia:Eleusis|Eleusis]] auch in [[Wikipedia:Böotien|Böotien]], im [[Wikipedia:Peloponnes|Peloponnes]] und auf [[Wikipedia:Sizilien|Sizilien]] verehrt. Bei den [[Wikipedia:Orphiker|Orphiker]]n der späteren Zeit ist Persephone eine allwaltende Naturgottheit und wird vielfach mit anderen mythischen Gottheiten, [[Hekate|Hekate]], [[Wikipedia:Gaia (Mythologie)|Gaia]], [[Wikipedia:Rhea|Rhea]], [[Isis]], vermengt. Der römische Name Proserpina scheint nur eine Latinisierung von Persephone zu sein. Dargestellt wurde Persephone und Hades (Relief im [[Wikipedia:Vatikanstadt|Vatikan]] zu Rom), Persephone entweder als leibliche Tochter der Demeter oder als strenge Gemahlin des Hades, mit königlichen Insignien und der Fackel, dem Symbol der eleusinischen Weihen (s. Abbildung). Einzelbilder sind schwer zu bestimmen, da ihr Ideal mit dem ihrer Mutter mehr oder weniger zusammenfließt; nur wird sie stets jugendlicher aufgefasst
 
== Der geistige Hintergrund ==
 
<div style="margin-left:20px">
"Persephone ist in das Irdische untergetaucht, um die
Pflanzenwelt davon zu befreien, bloß vom Irdischen sich
bilden zu müssen. Das ist der Niederstieg eines göttlichgeistigen
Wesens in die Natur der Erde. Auch Persephone
hat ja eine Art «Auferstehung», aber jährlich in rhythmischer
Folge." {{Lit|{{G|26|163}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Die ganze Sage hat eine tiefe Bedeutung. Die Persephone,
welche von Zeit zu Zeit in die Finsternis der Unterwelt zu
steigen hat, ist ein Sinnbild der menschlichen Seele. Diese Seele
stammt aus himmlischen Regionen und ist zur Unsterblichkeit
bestimmt. Sie ist eine Tochter der unsterblichen Erdenseele,
welche durch Demeter sinnbildlich dargestellt wird.
Aber die Menschenseele kann nicht ungeteilt ihre Unsterblichkeit
genießen. Sie muß von Zeit zu Zeit in das Reich des
Todes gehen.
 
Der Grieche liebte die Welt; und der Tod hatte für ihn
etwas Furchtbares. Achilles, der von Odysseus in der Unterwelt
getroffen worden ist, hat bekanntlich gesagt, daß er lieber
ein Bettler sei auf der Oberwelt, als ein König im Reiche der
Schatten. Aber zu dieser gewöhnlichen griechischen Weltauffassung
sollten die Mysterien ein Gegenbild abgeben. Sie
sollten den Wert des Ewigen, Dauernden darstellen gegenüber
dem Irdisch-Vergänglichen. Und so bedeutet die Oberwelt
in der Persephonesage eigentlich die himmlischen Regionen,
in denen Persephone als unsterblich ist. Und die
Unterwelt ist ein Sinnbild der Erde. Ursprünglich stammt die
Seele aus himmlischen Regionen. Sie wird aber von Zeit zu
Zeit auf der Erde verkörpert. Sie genießt hier, auf der Erde,
von deren Früchten (Granatapfel) und muß deshalb immer
wieder zurückkehren. Das heißt, die Seele hat die Begierde
zum Irdischen, und wird dadurch zu immer neuen Verkörperungen
getrieben. Die Erdenseele (Demeter) möchte ihrer
Tochter, der Menschenseele, die Unsterblichkeit geben. Deshalb
sucht Demeter das ihr anvertraute Kind im Feuer zu
läutern, zu heilen von der Sterblichkeit.
 
Nun wurde in Zusammenhang mit diesem Drama von der
Menschenseele das Schicksal des Gottes Dionysos gebracht.
Dionysos ist der Sohn des Zeus und einer sterblichen Mutter,
der Semele. Zeus entreißt das noch unreife Kind der vom
Blitze erschlagenen Mutter und bringt es zur Reife in der
eigenen Hüfte. Hera, die Göttermutter, reizt die Titanen
gegen das Kind auf. Sie zerstückeln es. Aber Athene rettet
das Herz des Knaben und bringt es dem Zeus. Dieser erzeugt
daraus zum zweiten Male den Dionysos. Der von Unsterblichem
und Sterblichem abstammende Dionysos ist das Sinnbild
des Menschengeistes. Und in dem Menschengeist ist ein
Teil des göttlichen Geistes selbst zu erkennen. Dieser Geist
erscheint in dem Menschen nicht rein, sondern in dem Gewände
der Leidenschaften. Die Titanen sind das Sinnbild
dieser Leidenschaften. Sie lassen in dem einzelnen Menschen
nicht den ganzen, reinen Gottesgeist wirken, sondern immer
nur ein Stück desselben. Aber trotzdem gibt es in jedem
Menschen den Quell des Göttlichen (das Herz). Dieser wird
durch die Weisheit (Athene) gerettet. Die Läuterung, die
Heilung des durch die titanischen Leidenschaften zerstörten
Gottesgeistes wird in dem Dionysosdrama dargestellt.
 
Nimmt man nun die beiden Dramen, das Persephone- und
Dionysosdrama zusammen, so ergibt sich das menschliche
Urdrama, wie es den Griechen dargestellt wurde, die zu den
eleusinischen Mysterien zugelassen wurden. Aus Geist,und
Seele besteht der innere, der höhere Mensch. Die Seele entstammt
der unsterblichen Erdseele, der Geist dem ewigen
Gottesgeiste. Die Erdenlaufbahn stellt für die Seele eine Unterbrechung,
für den Geist eine Zerstückelung dar. Beide
müssen geläutert, gereinigt von dem Irdischen werden. Die
irdischen Leidenschaften müssen zu geistigen werden. Der
Mensch, der die beiden Dramen sah, sollte angeregt werden,
mit der eigenen Seele und dem eigenen Geiste diese Läuterung
vorzunehmen. In dem Schicksale der Persephone und
des Dionysos sollte er das eigene sehen. Die große Selbsterziehung,
welche er mit sich vorzunehmen habe, wurde ihm
in diesen Dramen vorgeführt." {{Lit|{{G|34|154ff}}}}
</div>
 
=== Persephone und das alte Naturhellsehen ===
 
Persephone ist die Lenkerin und Leiterin des alten naturhaften [[Hellsehen]]s.
 
<div style="margin-left:20px">
Wir wissen aus diesen
geisteswissenschaftlichen Vorträgen von einem alten Hellsehen der
Menschheit, das aus der menschlichen Natur in uralten Zeiten wie
selbstverständlich heraussprudelte, so daß, wie Hunger und Durst
und Atembedürfnis, aus dieser menschlichen Seele sich die hellseherischen
Bilder herausgestalteten, in welche sich die Geheimnisse
der geistigen Welten hineinergossen. Das ist etwas, was der
Mensch einmal als Gabe uralten Hellsehens besaß und was dem
Menschen gleichsam geraubt ist von dem, was später im menschlichen
Leben Erkenntnis wurde. Teils fühlend, daß gerade in seiner
Zeit dieser Raub des alten Hellsehens durch moderne Erkenntnis
sich vollzog, teils voraussehend, wie das in künftigen Zeiten, die
jetzt die unsrigen sind, immer mehr und mehr geschehen sollte,
wandte der alte Grieche seinen Seelenblick hinauf zu derjenigen
Göttergestalt, welche die Kräfte, die zu jenem alten Hellsehen
führten, in der menschlichen Seele loslöste aus der unmittelbaren
elementarischen Natur heraus. Er sah zu jener Göttin auf, die die
Regentin des alten an die menschliche Natur gebundenen Hellsehens
war, und nannte sie Persephone. Und dann sagte sich der
alte Grieche: An die Stelle der alten Seherkultur wird immer mehr
und mehr eine andere treten, die von Menschen dirigiert wird, von
Menschen geboren wird, denen das alte Hellsehen schon verlorengegangen
ist. - In derjenigen Kultur, die der alte Grieche anknüpfte
an die Namen Agamemnon, Odysseus, Menelaos, ist das gegeben,
was wir heute als unsere äußere, nicht mehr von hellseherischen
Kräften berührte geistige Kultur erkennen." {{Lit|{{G|129|16f}}}}
</div>
 
Nachdem Persephone in unterbewussten Tiefen des [[Seelenleben]]s hinuntergezogen war, ist das alte Hellsehen erloschen. Ihre Kräfte wirken aber in den Seelentiefen und festigen dort das [[Ich]].
 
<div style="margin-left:20px">
"Wohin ist denn Persephone gekommen? Was macht sie als die
Regentin der alten hellseherischen Kräfte heute in der menschlichen
Natur? Sie werden aus den ersten Ausführungen eines Buches, das
in einigen Tagen hier zu haben sein wird und das im wesentlichen
meine letzten Kopenhagener Vorträge wiedergibt, entnehmen können,
daß der ganze Umfang der menschlichen Seele weit größer ist
als das, was die menschliche Seele durch ihren Intellekt, durch ihren
Verstand weiß. Es gibt etwas, was man ein weiteres, ein umfänglicheres
Seelenleben nennen könnte, ein unterbewußtes Seelenleben,
das in uns wirkt, das aber bei der Mehrzahl der heutigen
Menschen eben nicht ins Bewußtsein herauftritt. Es ist besser, es
unterbewußtes als unbewußtes Seelenleben zu nennen. In dieses
unterbewußte Seelenleben, in das, was in dem Menschen wirkt
heute, ohne daß er mit seinem Bewußtsein sich verständige, intellektuelle
Rechenschaft gäbe, da ist Persephone, da sind die alten
hellseherischen Kräfte hinuntergezogen. Während sie in den uralten
Zeiten in der Menschenseele so wirkten, daß diese Seele hellseherisch
in geistige Welten hineinschauen konnte, wirken diese Kräfte
heute in den Untergründen der menschlichen Seele, in den Seelentiefen,
wirken mit bei der Ausbildung und Formung unseres Ich,
machen dieses Ich immer fester und fester. Haben sie sich also in
uralten Zeiten der Tätigkeit gewidmet, dem Menschen hellseherische
Kräfte zu geben, so widmen sie sich heute der Festigung, der
Konsolidierung unseres Ich, sie sind also wirklich in eine menschliche
Seelenunterwelt hinuntergezogen, diese Persephonekräfte, sie
sind umschlungen von dem, was in den Tiefen der menschlichen
Seele ruht; sie sind geraubt in einer gewissen Beziehung von den
Tiefen der menschlichen Seele. Und so hat sich im Laufe des geschichtlichen
Werdens der Menschheit dieser Raub der Persephone
vollzogen durch jene Kräfte der Menschenseele, die tief in ihren
Untergründen sitzen und äußerlich in der Natur repräsentiert werden
durch Pluto. Dieser Pluto beherrscht im Sinne der griechischen
Götterlehre das Unterirdische der Erde. Aber der Grieche war sich
bewußt, daß dieselben Kräfte, die in den Tiefen der Erde wirken,
auch in den Tiefen der menschlichen Seele wirken. Wie Persephone
von Pluto geraubt wird, so wurde im Laufe des Menschenwerdens
das alte hellseherische Vermögen durch den Pluto im eigenen Seeleninnern
geraubt. Nun ist Persephone die Tochter der Demeter,
und wir werden dadurch auf die Anschauung geführt, daß wir in
Demeter eine noch ältere Regentin sowohl der äußeren Naturkräfte
wie auch der Kräfte der menschlichen Seele zu sehen haben." {{Lit|{{G|129|34f}}}}
</div>
 
=== Demeter und Persephone ===
<div style="margin-left:20px">
"So sagte sich ein solcher Mensch: Da draußen in der
Natur wirken Kräfte; sie ziehen durch die Nahrung, durch die
Atmung in mich ein. Was sie draußen sind, wird regiert von der
großen Demeter. - Aber die große Demeter schickt die Kräfte in
die menschliche Seele hinein. Da werden sie verarbeitet - sagen wir
es mit einem groben Ausdruck - mit der Verdauung, die geistig
war, und werden umgestaltet zum hellsichtigen Vermögen. In dem
Menschen, in der menschlichen Organisation, wird durch die Kräfte,
die Demeter als fruchtende Göttin in aller Umgebung wirkt, das
hellseherische Vermögen geboren, das repräsentiert ist durch Persephone.
So fühlte sich der Mensch hineingestellt in die Naturwunder;
er fühlte in sich das hellseherische Vermögen geboren werden
als die Geburt der Persephone und fühlte, daß er diese Geburt der
Demeter verdankt, die dieselben Kräfte ausgebreitet draußen im
weiten All entwickelt, die dann im Menschen zur hellseherischen
Kraft sich entfalten.
 
So blickte der alte Mensch hinauf zur großen Demeter, und so
hatte man im alten Griechenland noch ein Bewußtsein des Hinaufblickens
zu dieser großen Demeter. Sie haben aber daraus schon
gesehen, daß sich der menschliche Organismus, die ganze Leibesorganisation
seit jenen alten Zeiten geändert hat. Unser heutiger Leib,
wie er in seinen Muskeln und Knochen organisiert ist, ist wesentlich
dichter, in sich konsolidierter, als es der Leib jener Menschen
war, die noch Persephone in sich gebären konnten, die noch das
alte hellseherische Vermögen hatten. Und weil dieser Leib, weil
unsere Organisation dichter geworden ist, kann sie auch sozusagen
die hellseherischen Kräfte im Unterirdischen der Seele festhalten.
Von dem Dichterwerden des menschlichen Leibes rührt das Gefangennehmen
der hellseherischen Kräfte im Innern der Menschennatur
her. Und indem man noch im alten Griechenlande fühlt, daß
der alte, sagen wir symbolisch, weiche menschliche Leib in sich
selber dichter wird, nimmt er die Kräfte auf, die im Innern der Erde
wirksam sind, während er früher mehr von den Kräften beherrscht
war, die den Luftkreis in Anspruch nahmen und dadurch ihn
weicher machten. Und immer wirksamer und wirksamer auf den
menschlichen Leib wird das, was im Unterirdischen der Erde wirkt,
was von Pluto regiert wird, so daß wir sagen können: Im Innern
des Menschen wurde Pluto immer wirksamer, verdichtete den
menschlichen Leib und raubte dadurch Persephone. - Diese Verdichtung
der menschlichen Organisation ging bis in den physischen
Leib, denn ganz anders schaute selbst in den ersten nachatlantischen
Zeiten die menschliche Organisation aus als die heutige." {{Lit|{{G|129|36f}}}}
</div>
 
== Kunst ==
Persephone wird in der bildenden Kunst meist gemeinsam mit [[Wikipedia:Hades|Hades]] dargestellt, der sie raubt. Manche Abbildungen beschäftigen sich auch mit ihrem Aufstieg aus bzw. Abstieg in die [[Wikipedia:Unterwelt|Unterwelt]].
 
In einer Gruppe bildete sie [[Wikipedia:Praxiteles|Praxiteles]], in einem Relief (zusammen mit Pluton, Dionysos und zwei Nymphen) Kolotes. Öfters kommt sie in größeren Darstellungen vor, besonders in Schilderungen der Aussendung des Triptolemos (s. Abbildung bei [[Wikipedia:Demeter|Demeter]]), ihrer Entführung durch Hades und ihrer Rückkehr auf die Erde. Diesen Gegenstand behandeln mit Vorliebe die römischen Sarkophagreliefs, doch war der Raub der Kora auch Inhalt eines Gemäldes des [[Wikipedia:Nikomachos|Nikomachos]] und einer Gruppe des Praxiteles. Die Auffahrt der Persephone aus der Unterwelt ist sehr schön auf einem Vasenbild (Fragment des Marchese del Vasto) dargestellt. In der römischen Zeit ist ihre Vereinigung mit [[Wikipedia:Dionysos|Dionysos]] (als [[Wikipedia:Liber|Liber]] und [[Wikipedia:Libera (Mythologie)|Libera]]), der Brautzug beider unter Begleitung [[Wikipedia:Bacchus|bacchantisch]] rasender [[Wikipedia:Satyr|Satyr]]n und [[Wikipedia:Mänade|Mänade]]n sehr häufig auf Sarkophagen behandelt.
 
== Siehe auch ==
[[Wikipedia:Theseus|Theseus]] und [[Wikipedia:Peirithoos|Peirithoos]] wollten Persephone einmal befreien.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Richard Förster: ''Der Raub und die Rückkehr der Persephone in ihrer Bedeutung für die Mythologie, Litteratur<!--sic--> und Kunstgeschichte''. Heitz, Stuttgart 1874 (auch in den "Jahrbüchern für Philologie" 1876, S. 804 ff.)
* [[Johann Wolfgang von Goethe]]: ''Proserpin''. Eine dichterische Bearbeitung der Persephonesage,  dem "Triumph der Empfindsamkeit" eingeschaltetes Monodrama. (siehe Ludwig Preller)
* [[Wikipedia:Johannes Adolph Overbeck|Johannes Adolph Overbeck]]: ''Griechische Kunstmythologie''. Biblio-Verlag, Osnabrück 1968/69 (Repr. d. Ausg. Leipzig 1878)
* Ludwig Preller: ''Demeter und Persephone. Ein Cyclus mythologischer Untersuchungen''. Perthe, Besser & Mauke, Hamburg 1837
* Rudolf Steiner: ''Anthroposophische Leitsätze'', [[GA 26]] (1998), ISBN 3-7274-0260-1 {{Schriften|026}}
* Rudolf Steiner: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge1|33}}
* Rudolf Steiner: ''Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen'', [[GA 129]] (1992), ISBN 3-7274-1290-9 {{Vorträge|129}}
{{GA}}
== Musik ==
* Igor Strawinsky (1882 - 1971): Perséphone - Mélodrama en trois tableaux d'André Gide für Tenor, Sprecherin, gemischten Chor, Kinderchor und Orchester
* Clyde: Auf Persephone basierender fiktiver Charakter auf Tori Amos' neuntem Studioalbum "American Doll Posse"
== Weblinks ==
{{Commons|Category:Persephone|Perséphone}}


* Michael Debus/Gunhild Kacer: ''Das Handeln im Umkreis des Todes''. Fragen zur Bestattung, Selbstverlag Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart, Stuttgart 1996, S. 59ff
* Arie Boogert: ''Wir und unsere Toten'', Urachhaus Vlg., Stuttgart 1993, S. 164ff


[[Kategorie:Griechische Mythologie]]


{{Wikipedia1|Persephone_(Mythologie)}}
[[Kategorie:Tod]][[Kategorie:Soziales Leben]]

Version vom 18. April 2017, 10:58 Uhr

Eine alte anthroposophische Tradition, die aber allmählich immer mehr vergessen zu werden droht, ist die Hinwendung zu den Verstorbenen, durch ein bewußtes Vorlesen für die Toten. Um so wichtiger ist diese auf Angaben Rudolf Steiners beruhende Praxis gerade für die Gegenwart, denn bittere Not herrscht unter den Toten, wenn sie durch unsere Gedanken und Taten keinerlei seelische Nahrung und Unterstützung erhalten.

"… Und so wie für die Toten gleichsam ein Boden, aus dem sie so etwas ziehen wie geistige Nahrung, unsere schlafenden Seelen sind, so wiederum ist etwa für das Wahrnehmungsvermögen der Toten dasjenige, was wir wissend an spirituellen Vorstellungen durch unsere Seelen ziehen lassen. Deshalb ist es, dass ich angeraten habe denjenigen, deren Angehörige vor ihnen gestorben sind, diesen Toten vorzulesen. Wenn wir uns den Toten vorstellen und durch unsere Seele ziehen lassen, gleichsam nur in Gedanken lesend, irgend etwas, was spirituelle Wissenschaft darstellt, dann betrachtet dies der Tote. Er beobachtet dies, er nährt sich durch die unbewusste Nachwirkung der spirituellen Vorstellung, und er lebt auf in seinem eigenen Bewusstsein durch das, was man ihm so vorliest. Der Verstorbene fühlt sich getragen, gehalten. … So müssen wir uns klar sein, dass eine fortwährende Wechselbeziehung ist zwischen der physischen und der geistigen Welt. Es wäre leicht einzuwenden, dass der Tote ja in der geistigen Welt sei. Wozu brauche er dann unser Vorlesen? Ja, er ist in der geistigen Welt. Aber die Begriffe der Geisteswissenschaft müssen auf Erden erzeugt werden und können nicht anders erzeugt werden als durch das Erdengemüt der Menschen, so dass der Tote zwar die geistige Welt um sich herum hat, aber die Begriffe, die er gerade braucht, die können ihm zufließen, ihn tragend, ihn hebend in seinem Bewusstsein dadurch, dass wir sie ihm zufließen lassen von der Erde aus. Und da die innigste Beziehung besteht zwischen den Toten und denjenigen, mit denen sie gelebt haben, so sind die besten Vorleser für die Toten diejenigen Menschen, die um den Verstorbenen gelebt haben, die mit ihm verbunden oder befreundet waren, oder die sonst eine reale Beziehung vor dem Tode zu ihnen gehabt haben." "Man kann nämlich in der Tat, wie es sich gezeigt hat gerade innerhalb unserer anthroposophischen Bewegung, außerordentliche Dienste leisten den vor uns hingestorbenen Menschenseelen, wenn wir ihnen von spirituellen Dingen vorlesen. Das kann so gemacht werden, dass man die Gedanken an den Verstorbenen richtet und, um eine Erleichterung zu haben, versucht, ihn zu denken, wie man sich seiner erinnert: vor einem stehend oder sitzend. Man kann das mit mehreren zugleich machen. Man liest dann nicht laut vor, sondern verfolgt mit Aufmerksamkeit die Gedanken, immer mit dem Gedanken an den Toten: der Tote steht vor mir. Das ist Vorlesen den Toten. Man braucht kein Buch zu haben, aber man darf nicht in abstrakter Weise denken, sondern muss tatsächlich jeden Gedanken durchdenken: so liest man vor den Toten. Man kann es sogar so weit bringen, obzwar das schwieriger ist, dass, wenn man innerhalb einer gemeinsamen Weltanschauung, oder über irgendein Gebiet des Lebens überhaupt, einen gemeinsamen Gedanken mit dem Toten gehabt hat und eine persönliche Beziehung zu ihm hatte, man auch einem Fernerstehenden vorlesen kann. Das geschieht so, dass er durch den warmen Gedanken, den man an ihn richtet, nach und nach auf einen aufmerksam wird. So kann es sogar nützlich werden, wenn man Fernerstehenden nach ihrem Tode vorliest. Dieses Vorlesen kann zu jeder Zeit geschehen. Ich bin schon gefragt worden worden, zu welcher Stunde man das am besten tut. Das ist ganz unabhängig von der Stunde. Man muss nur die Gedanken wirklich durchdenken. Oberfläche genügt nicht. Wort für Wort muss man die Sachen durchgehen, wie wenn man es innerlich aufsagen würde. Dann lesen die Toten mit. Und es ist auch nicht richtig, wenn man glaubt, dass solches Vorlesen nur denjenigen nützlich sein kann, welche der Geisteswissenschaft im Leben nahegetreten sind. Das braucht durchaus nicht der Fall zu sein. So sehen wir, dass durchaus nicht notwendigerweise derjenige, dem wir helfen wollen, dem wir dienen wollen nach dem Tode, im Leben Anthroposoph gewesen zu sein braucht." "… Es hat sich wirklich das bewährt: da ist jemand gestorben; hier im Leben hat er sich aus irgendeinem Grunde … nicht mit Geisteswissenschaft befasst. Derjenige, der zurück geblieben ist, kann aus der Geisteswissenschaft heraus wissen, dass der Verstorbene ein brennendes Interesse für Geisteswissenschaft haben kann. Wenn der Zurückgebliebene nun Gedanken innerlich durchnimmt mit ihm, als wenn der Tote ihm gegenüberstehen würde, mit dem Gedanken, als ob der Tote vor ihm stehen würde, so ist das für den Toten eine grosse Wohltat. Wir können tatsächlich dem Toten vorlesen. Das überbrückt sozusagen die Kluft, die besteht zwischen den Lebenden und den Toten. Bedenken Sie, wenn die zwei Welten, die durch die materialistische Gesinnung der Menschen so geschieden sind — die Welt des physischen Planes und die spirituelle Welt, die der Mensch durchläuft zwischen Tod und neuer Geburt —, bedenken Sie, wie dies unmittelbar ins Leben eingreift, wenn diese zwei Welten zusammengeführt werden! Wenn Geisteswissenschaft nicht Theorie bleibt, sondern unmittelbarer Lebensimpuls wird, also das, was Geisteswissenschaft eben sein soll, dann gibt es keine Trennung, sondern unmittelbare Kommunikation. Das Vorlesen den Toten ist einer von den Fällen, in denen wir in unmittelbare Beziehung zu den Toten treten können, in denen wir ihnen helfen können. Derjenige, der Geisteswissenschaft gemieden hat, bleibt immer in der Qual, nach ihr zu verlangen, wenn wir ihm hier nicht helfen. Aber wir können ihm auch von hier helfen, wenn er überhaupt ein solches Verlangen hat. So kann der Lebendige dem Toten helfen."

(Rudolf Steiner, zitiert nach http://www.sterbekultur.ch/index_htm_files/3.2%20Vorlesen%20den%20Toten.pdf )

Es empfehlen sich die Grundwerke Rudolf Steiners, wie "Theosophie" und "Geheimwissenschaft im Umriß", wegen deren gedanklicher Klarheit, sowie "Anthroposophische Leitsätze" zum Vorlesen für die Toten.

Literatur

  • Michael Debus/Gunhild Kacer: Das Handeln im Umkreis des Todes. Fragen zur Bestattung, Selbstverlag Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart, Stuttgart 1996, S. 59ff
  • Arie Boogert: Wir und unsere Toten, Urachhaus Vlg., Stuttgart 1993, S. 164ff