Austerität

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Austerität (von altgriechisch αὐστηρότης „Herbheit“, „Ernst“, „Strenge“) bedeutet „Disziplin“, „Entbehrung“ oder „Sparsamkeit“. Der Begriff wird heute vor allem in ökonomischen Zusammenhängen gebraucht und bezeichnet dann eine staatliche Haushaltspolitik, die einen ausgeglichenen Staatshaushalt über den Konjunkturzyklus ohne Neuverschuldung anstrebt (Austeritätspolitik, Sparpolitik).[1]

In der Ökonomie

Begriffsgeschichte

Der Begriff austerity wurde in dieser Bedeutung zuerst im Vereinigten Königreich während der Zeit des Zweiten Weltkriegs verwendet. Charakterisiert wurden damit die Einsparmaßnahmen des Schatzkanzlers und Handelsministers Stafford Cripps, die eine ausgeglichene Zahlungsbilanz, Vollbeschäftigung und das Eintreiben ausreichender Mittel für die Kriegskosten erreichen sollten. Großbritannien stand nach dem Zweiten Weltkrieg am Rande der Zahlungsunfähigkeit.

Für Sparprogramme wurde das englische Wort später ins Deutsche entlehnt und zunächst in Wortverbindungen wie Austerity-Politik, Austerity-Maßnahmen oder Austerity-Programm sowie später dann auch in der relatinisierten Form Austerität (Austeritätspolitik) gebraucht.[2]

Die aus restriktiver Fiskalpolitik und administrativer Lohnsenkung bestehende Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers Heinrich Brüning in den Jahren 1930–1932 zu Beginn der Weltwirtschaftskrise gilt als eine Politik, die Austerität über alle anderen politischen Ziele stellte.[3][4]

Wirkung der Austeritätspolitik

Austerität und Sparparadoxa (Paradoxes of Thrift)

Unter Experten wird gestritten, ob die Ausgabendisziplin eines Staates in Krisenzeiten wirtschaftliche und politische Stabilität herstellen und die nationale Handlungsfähigkeit nachhaltig erhöhen kann, oder ob sie diese eher einschränkt.

Niedrigerer Zinssatz

Die positiven Wirkungen einer nachhaltigen Haushaltspolitik ergeben sich einigen Befürwortern zufolge vor allem aus den Auswirkungen auf den Zinssatz.
Durch die geringere Nachfrage des Staates nach Kredit wachse bei den Kreditgebern der Glaube an und das Vertrauen in die Solidität des Staates, und dadurch wiederum würden die Kreditgeber tendenziell die Kreditzinsen senken. Dies mindere nicht nur die Refinanzierungskosten des Staates und damit dessen Ausgaben, sondern erleichtere auch die Unternehmensinvestitionen und fördere dadurch das Wirtschaftswachstum[1], der klassischen Theorie des Crowding-out-Verdrängungseffektes folgend.

Kritikern zufolge gibt es für diesen "Zinseffekt" (niedrige Zinsen durch Sparsamkeit), der über höhere Investitionen die Nachfrageausfälle ausgleichen soll, keinen wissenschaftlichen Beleg.[5] Der US-amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman bezeichnet ihn als "Märchen".[6] Er kritisierte insbesondere Empfehlungen der OECD zugunsten Austeritätspolitik, obwohl sie durch deren eigene Prognosen nicht fundiert seien.[7] Die gegenwärtige Austeritätspolitik funktioniere grundsätzlich nicht, so Krugman.[8] Selbst wenn Unternehmen unter den Bedingungen einer einbrechenden Nachfrage bereit wären, weiterhin zu investieren und Kapital nachzufragen, so sänke die Kapitalnachfrage nicht in der erhofften zinsdämpfenden Weise, da die Unternehmen weniger Gewinne hätten, die sie reinvestieren könnten.[9] Austeritätspolitik erhöhe laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung den Finanzierungsbedarf der Unternehmen. Ein günstigerer Zins helfe daher Unternehmen nicht.[10]

Austerität während einer Rezession

Die Wirkungen einer staatlichen Sparpolitik hängen insbesondere von der konjunkturellen Situation ab. Während das Betreiben einer antizyklischen Finanzpolitik (also das Sparen während des Aufschwungs und eine lockere Finanzpolitik während des Abschwungs) zumindest theoretisch breite Zustimmung findet, wird eine Austeritätspolitik in Krisenzeiten weitaus kritischer bewertet. In der Praxis wird Austeritätspolitik allerdings meist in Reaktion auf Überschuldung des Staatshaushalts zur Verhinderung eines Staatsbankrotts durchgeführt. Die Alternative der Weiterführung der Schuldenpolitik scheitert oft daran, dass die Kreditgeber nicht bereit sind, weitere Kredite bereitzustellen, da sie nicht mehr an eine Rückzahlung glauben.

Entgegen den theoretischen Annahmen schaffe Austeritätspolitik in Zeiten großer wirtschaftlicher Probleme kein Vertrauen, sondern erschwere es vielmehr, dem betroffenen Staat souverän durch die Krise zu steuern.[11] Die Belastungen würden ggf. durch Einschnitte in den Sozialhaushalt ungerecht verteilt[12][13][14] und treffen vor allem die Armen.[15] Aus der Sicht des Keynesianismus kann eine Kürzung der Staatsausgaben zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums führen – unter Umständen sogar zu einem Teufelskreis aus privatem Sparbedürfnis (Vorsichtskasse), zurückgehenden Staatseinnahmen und zusätzlichem Sparbedarf des betroffenen Staatshaushalts. Aus den Erfahrungen während der Weltwirtschaftskrise in den 1930ern schloss 1936 Hans Gestrich, dass während rezessiver Konjunkturphase der Versuch der Defizitreduzierungen Haushaltsdefizite reproduziert: „In der Depression wird die Lage der Staatskasse bestimmt sein durch rückgängige Steuereinnahmen, die dem sinkenden Einkommen der Steuerpflichtigen entsprechen, einerseits, durch mindestens gleichbleibende, wahrscheinlich aber steigende Ausgaben andererseits. […] Daß die rigorose Defizitdeckung durch Steuererhöhung und Ausgabenkürzung die Depression vertieft und – falls nicht irgendeine von anderer Seite kommende Anregung der Konjunktur auf die Beine hilft – das Haushaltsdefizit immer von neuem erzeugt, haben eine Reihe europäischer Staaten in der Periode von 1930 bis 1935 nacheinander erfahren müssen; besonders Deutschland bis 1933, wo sich besonders gewissenhafte Finanzpolitiker wegen der bereits in den Jahren vorher aufgetürmtem Schuldenlast zu solcher Haushaltsgebarung verpflichtet fühlten.“[16] Der Keynesianismus setzte daher auf die entgegengesetzte Strategie des deficit spending in der konjunkturellen Absatzkrise. Neben neueren Sichtweisen der Weltwirtschaftskrise prägen Erfahrungen aus einer dreistelligen Zahl weiterer Krisen die aktuelle makroökonomische Diskussion. Als Kritik an der keynesianischen Argumentation wird angeführt, dass nicht erklärt würde, wie eine konjunkturanregende Staatsnachfrage auf Dauer finanziert werden kann und soll, insbesondere bei hohen Defizit- und Schuldenständen. Der Kieler Volkswirt Kai Carstensen merkt dazu an: „Was unter dem genauso unseligen wie ökonomisch widersinnigen Motto ‚Mehr Wachstum statt mehr Sparen‘ daherkommt, heißt in Wahrheit ‚Mehr Konsum auf Pump‘, hat mit Wachstum nichts zu tun und ist genau die Strategie, die Länder wie Griechenland und Italien erst in Bedrängnis gebracht hat.“[17]

Eine IWF-Studie von 2012 zeigt, dass zeitlich falsch gesteuerte Austeritätsprogramme das Wirtschaftswachstum in hohem Maße reduzieren können. Es sei zu beachten, dass sich durch ein Sparprogramm der Schuldenstand im ersten Jahr erhöht und erst später zurückgeht. Daher dürfe man nicht in den jeweiligen Folgejahren weitere Sparprogramme durchführen, weil jedes dieser Sparprogramme zunächst das Wachstum reduziere und den Schuldenstand erhöhe.[18][19] Gegen diese Argumentation wird eingewandt, dass Austeritätsprogrammen zwar negative Wachstumseffekte folgen, sie aber gegenüber vorangegangener Überschuldung notwendig und wirksam seien.

Maßgeblich für den Erfolg von Austeritätspolitik hielt 1936 Wilhelm Lautenbach kompensierende Steigerungen der inländischen Unternehmensinvestitionen.[20] Diese Steigerung ist weder im EU-Raum noch in Deutschland zu erkennen. Die tendenziell schwachen Investitionen gefährden die Wirtschaftsentwicklung im EU-Raum.[21]

Paul Krugman verwies auf das Konjunkturprogramm (fiscal stimulus) der USA in Reaktion auf die Finanzkrise ab 2007 (welches seiner Ansicht nach jedoch zu gering ausfiel). In europäischen Ländern mit gesunkenen Staatsausgaben habe es hingegen eine schlechtere Entwicklung als in den USA gegeben.[22] Daniel Gros verweist darauf, dass die Eurozone trotz eines deutlich geringeren Defizitspendings als die USA oder Großbritannien in Punkto Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit nicht schlechter abgeschnitten hat. Er konzediert, dass Austeritätspolitik nicht gerade wachstumsanregend wirkt, allerdings sei sie unvermeidlich um die Staatsschulden beherrschbar zu halten. Je höher das Volumen und je länger das Defizitspending erfolgt, desto ausgeprägter muss hinterher der Staatshaushalt konsolidiert werden.[23] Jeffrey Sachs bezeichnete Krugmans Ansicht zum Konjunkturprogramm als kruden Keynesianismus, der nicht so klug wie die Ansichten Keynes ausfalle. Er warf Krugman vor, nicht zwischen nützlichen und unnützen Ausgaben zu unterscheiden und konstante Nachfragemultiplikatoren anzunehmen. Ebenso kritisierte er die Obama-Regierung für die Übernahme dieser Ansicht.[24] 2015 warf Sachs Krugman vor, gegen die Reduzierung von Defiziten zu sein und somit falsch zu prognostizieren. Er verwies auf die Senkung des US-Haushaltsdefizits von 8,4 % des BIP im Jahre 2011 auf 2,9 % des BIP im Jahre 2014 sowie die Senkung des britischen Haushaltsdefizits bei jeweils gleichzeitig sinkender Arbeitslosigkeit.
Reduzierung von Defiziten und Reduzierung von Arbeitslosigkeit sei also kein Widerspruch, nötige höhere Staatsausgaben sollten nach Sachs u. a. über eine stärkere Belastung von Reichen, nicht über Staatsdefizite, erfolgen.[25] Krugman wiederum verwies auf die Eurostat-Daten 2010 bis 2013 zur Untermauerung seiner Ansicht, dass höhere Staatsausgaben eher die Wirtschaftssituation verbesserten.[26] Bill Mitchell antwortete auf Sachs, dass es während dieser Zeit keine größeren Austeritätsmaßnahmen in den USA gegeben habe und weiterhin fiskalische Konjunkturunterstützung erfolgt sei.[27]

Griechenland

Eine Reihe keynesianischer Ökonomen sind der Ansicht, dass Austeritätspolitik und die Innere Abwertung zur Bekämpfung der Eurokrise in Griechenland eine Depression verursacht habe bzw. die aus den Folgen der Eurokrise bestehende Wirtschaftskrise in Griechenland verschärfte. Andere Ökonomen halten dem entgegen, dass in Griechenland und verstärkt von 2000 bis 2009 eine übermäßige private und staatliche Verschuldung stattgefunden habe. Akut manifestiert in einer Vertrauenskrise nach mehrfach falschen Regierungsangaben zu Verschuldung und Haushaltsdefiziten führte die Überschuldung letztlich dazu, dass Griechenland am Kapitalmarkt keine Kredite mehr bekam. Ohne die Finanzhilfen der Troika hätte Griechanland das riesige Haushaltsdefizit von über 10 % des BIP über Nacht auf 0 % kürzen müssen. Tatsächlich aber hat die Troika Griechenland geholfen, die aufgrund der Staatsschuldenkrise notwendige Austeritätspolitik einige Zeit aufzuschieben.[28][29][30] Das Keynesianische Rezept kurzfristiger Nachfragestimulierung passt nach Ansicht von Charles Blankart (Humboldt-Universität zu Berlin) auch deshalb nicht zur griechischen Problemlage, weil es dort bei einer Konsumquote von 120 % des BIP genug Nachfrage gebe, aber nicht eine Nachfrage, die das griechische Angebot kauft[31].

Laut Daniel Gros ist Griechenland "natürlich nicht das erste Land, das Notfall-Finanzhilfen beantragt, um Kürzungen des Staatshaushalts aufzuschieben, und sich dann über exzessive Haushaltskürzungen beschwert, wenn die Krise vorbei ist". Das passiere öfter, wenn eine Regierung glaubt, nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Griechenland habe dafür aber einen schlechten Zeitpunkt gewählt, da es zeitgleich einen weiteren Bailout hinsichtlich der IWF- und EZB-Kredite braucht und das griechische Bankensystem weiterhin EZB-Hilfen benötigt. Die griechische Staatsschuldenquote von 170 % des BIP wirke zwar optisch groß, da es sich aber überwiegend um subventionierte Troika-Kredite handelt, muss Griechenland nur Zinsen in Höhe von 1,5 % des BIP zahlen - weniger als Irland oder Italien -, und die Laufzeiten sind marktunüblich lang.[32]

Für Ökonomen wie Hans-Werner Sinn war klar, dass Griechenland in eine scharfe Depression würde gehen müssen.[33] Ökonomen wie Krugman, Thomas Piketty und Joseph Stiglitz zufolge zeige das Beispiel Griechenland, dass endlose Austeritätspolitik zu endloser Depression führe.[34] Ökonomen wie Paul Krugman und Hans-Werner Sinn halten eine neue private Verschuldungskrise für vermeidbar, wenn sich Griechenland für einen Grexit entscheidet, da die Währungsabwertung zu einer schnellen Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit führe.

Ricardo Hausmann ist der Ansicht, dass die starke Rezession letztlich nur ein unnatürliches - nicht investitions- sondern konsumgetriebenes - Kreditblasenwachstum in den 2000ern korrigiert habe. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum Griechenlands von 1998 bis 2014 ist trotz der Depression immer noch höher als z. B. das von Zypern, Dänemark, Portugal oder Italien.[35] Nach Ansicht von Paul R. Gregory ist Paul Krugmans Empfehlung, die Schuldenkrise durch deficit spending zu bekämpfen, genauso wenig sinnvoll, wie ein Arzt einen drogenabhängigen Patient mit drogeninduziertem Herzstillstand mit Heroin behandeln würde.[36]

Weiterhin wird argumentiert, dass nicht die Austeritätspolitik, sondern die griechischen Strukturen und die Weigerung, diese nachhaltig zu ändern, an der Wirtschaftskrise schuld seien. So habe eine ähnliche Austeritätspolitik in Portugal, Irland, Spanien und Zypern weit besser funktioniert, weil über Innere Abwertung der Exportsektor stimuliert wurde. Die geringeren Staatsausgaben wurden so zum Teil durch höhere Exportnachfrage ausgeglichen, so dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weit weniger stark zurückging. Diese Länder verzeichnen mittlerweile wieder ein Wirtschaftswachstum und sind wieder in der Lage, am Kapitalmarkt Kredite zu bekommen. Im Falle Griechenlands hat die Innere Abwertung den Export bisher kaum stimuliert, weil, wie Analysten erst im Nachhinein feststellten, der Exportsektor Griechenlands sehr klein ist und sich die wichtigsten griechischen Exportartikel als wenig preiselastisch herausstellten. Hinzu kommt, dass fast alle griechischen Parteien Strukturreformen - wie eine Verringerung der außergewöhnlich großen Bürokratie - ablehnen. SYRIZA führte Wahlkampf mit dem Versprechen, die wenigen Privatisierungen rückgängig zu machen und jedes Jahr Lohnerhöhungen ohne Rücksicht auf die Produktivitätsentwicklung anzuordnen. Dadurch wurden inländische und ausländische Investoren abgeschreckt.[37][38][39][40][41][42]

Nach Ansicht von Kenneth S. Rogoff, Jeremy Bulow und Aristos Doxiadis verstelle die Austeritätsdiskussion zudem den Blick auf viel wichtigere makroökonomische Krisenfaktoren. Die Krise sei vor allem auf die Kapitalflucht in Höhe von über 100 Milliarden Euro zurückzuführen, die nur teilweise durch die Emergency Liquidity Assistance (von der EZB genehmigte Zentralbankkredite durch die Bank of Greece) ausgeglichen wurden. Hingegen habe es kein "Ausbluten" durch die Kreditgeber gegeben, Griechenland hat bis Mitte 2014 viel mehr Geld von den Euroländern bekommen, als es an diese zahlen musste. Zudem sei die Bankenkrise ein weiterer Verursacher der Wirtschaftskrise, da alleine 33,5 % der privaten Schulden notleidend wurden, was zwangsläufig eine Kreditklemme auslöste.[43][44]

Eine vermittelnde Position vertritt Michael Spence. Seiner Ansicht nach besteht ein Missverständnis im Sprachgebrauch von Austerity. Keynesianer verstehen darunter eine so schnelle Reduktion von Staatsdefiziten, dass der Spareffekt durch die Kosten einer starken Rezession überkompensiert wird. Für die Deutschen hingegen sei Austerity die Wiederherstellung von Flexibilität, Produktivität und internationaler Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung und Strukturreformen. Seiner Ansicht nach müsse die richtige Balance zwischen zu schnellen Haushaltskürzungen und gefährlich langsamen Haushaltskürzungen gefunden werden. Stabilität und Wachstum wiederherzustellen sei nur teilweise eine Frage der Wiederbelebung kurzfristiger gesamtwirtschaftlicher Nachfrage. Es gehe auch um Strukturreformen und strukturelle Anpassungen, die nicht zuletzt dazu führen, dass sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage vermehrt aus Investitionen und vermindert aus Konsum zusammensetzt.[45]

Philosophie

In älterer Zeit war Austerität als Fremdwort der gehobenen deutschen Literatur- und Wissenschaftssprache auch noch in anderen Bedeutungen geläufig, so als ethisch-philosophischer Begriff für „Strenge, unbiegsame Hartnäckigkeit (der Tugend und Moral)“,[46] für die in der lateinischen Tradition besonders die Unbeugsamkeit Catos d. J. als virtus austera Catonis sprichwörtlich war,[47] oder als ästhetisch-kunstwissenschaftlicher Begriff für eine prunklos sparsame, auf das Nötigste beschränkte Gestaltungs- oder Ausstattungsweise, wie sie zum Beispiel dem mittelalterlichen Baustil der Zisterzienser zugeschrieben wird (zisterziensische Austerität).[48]

Literatur

  • Ingo Stützle: Austerität als politisches Projekt. Von der monetären Integration Europas zur Eurokrise. Westfälisches Dampfboot, Münster 2013, ISBN 978-3-89691-938-0
  • Mark Blyth: Wie Europa sich kaputtspart: Die gescheiterte Idee der Austeritätspolitik, Verlag J.H.W. Dietz, Bonn 2014.
  • Florian Shui: Austerity. The Great Failure. Yale University Press, New Haven 2014 ISBN 978-0-300-20393-6 (kritische Rezension in The Economist)

Siehe auch

Weblinks

Einzelanchweise

  1. 1,0 1,1 Ferry Stocker: Moderne Volkswirtschaftslehre. Logik der Marktwirtschaft. 6. Auflage. München 2009, ISBN 978-3-486-58576-6, S. 321 (online).
  2. Broder Carstensen, fortgeführt von Ulrich Busse: Anglizismenwörterbuch: Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz nach 1945, Band 1, Walter de Gruyter, Berlin u. a. 1993, Nachdr. 2001, S. 65–66.
  3. Paul Krugman: That ’30s Feeling. In: The New York Times. 17. Juni 2010.
  4. Albrecht Ritschl: Deutschlands Krise und Konjunktur 1924-1934. Oldenbourg Akademieverlag, 2002, ISBN 3-05-003650-8, S. 201.
  5. Hans Gestrich: Neue Kreditpolitik. Stuttgart und Berlin 1936. (PDF; 652,3 KB) S. 61:
    „Wenn die moderne Theorie vom Geld- und Kreditwesen etwas am Hergebrachten zu korrigieren hat, so ist es eine gewisse rein quantitative Betrachtungsweise, die sich daraus ergibt, daß die traditionelle Theorie sich den Kredit, der zur Verfügung gestellt werden kann, als einen starr begrenzten Vorrat vorstellt. Anhänger dieser Vorstellung können daher in Erstaunen geraten, daß am Höhepunkt einer Konjunktur, wenn die Menge sowohl des Bar- und Notenbankgeldes wie auch des auf Bankkredit beruhenden Giralgeldes stark vermehrt ist, der Zins hoch ist, während am Ende einer Depression, wo die umlaufenden Barmittel und das Giralgeld durch Rückzahlungen und Konsolidierung verringert ist, der Zins niedrig ist.“
  6. Paul Krugman: Paul Krugman: Death of a Fairy Tale In: Economists view, online 27. April 2012, abgerufen am 2. Juli 2015.
  7. Paul Krugman: The Pain Caucus. In: The New York Times. 30. Mai 2010.
  8. New York Times, Paul Krugman, The Awesome Gratuitousness of the Greek Crisis
  9. Heiner Flassbeck: Thomas Mayer über Austerität in einer Welt ohne Gewinne.:
    „Dem Nachfrageausfall steht kein steigendes Kapitalangebot gegenüber, das für sinkende Zinsen sorgen könnte. - Warum? - Weil die Sparversuche der einen die Einkommen der anderen reduzieren. Versuchen die privaten Haushalte und der Staat zu sparen, dann sinken zunächst die Gewinne, d.h. das Einkommen der Unternehmen. Halten diese (was bei sinkender Auslastung unwahrscheinlich ist) an ihren bisherigen Investitionsplänen fest, können sie das dafür notwendige Kapital jetzt nur noch zu einem Teil aus dem Gewinn aufbringen – das unternehmensinterne Kapitalangebot ist gesunken. Sie müssten also bei den Banken mehr Kapital nachfragen für die gleiche Investitionstätigkeit wie in dem Fall ohne zusätzliche Ersparnis. Was die Sparer mehr gespart und zur Bank getragen haben, trifft folglich auf eine höhere Kapitalnachfrage. Der Effekt auf den Zins ist Null: er kann nicht sinken und deshalb steigen die Investitionen nicht. Folglich gibt es keinen automatischen Nachfrageersatz für die geringere Konsumnachfrage.“
  10. Michael Frenkel, Klaus Dieter John: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. 7. Auflage. München 2011 (insbesondere S. 23-31).
  11. Wolfgang Streeck, Jens Beckert: Die Fiskalkrise und die Einheit Europas. In: Bundeszentrale für politische Bildung online 17. Januar 2012, abgerufen am 16. Februar 2013.
  12. Artur P. Schmidt: Austerität ist das Gegenteil von Solidarität. In: Telepolis. 2. Januar 2013, abgerufen am 16. Februar 2013.
  13. Andreas Uhlig: Langsames Auftauchen aus einer Traumwelt. In: NZZ. online 1. Oktober 2012, abgerufen am 16. Februar 2013
  14. Claus Offe: Europa in der Falle. In: Blätter für deutsche und internationale Politik. online Januar 2013, abgerufen am 16. Februar 2013.
  15. Fiscal Adjustment in IMF-Supported Programs. (PDF; 536 kB) International Monetary Fund, 2003.
  16. Hans Gestrich: Neue Kreditpolitik. Stuttgart und Berlin 1936. (PDF; 652,3 KB) S. 90.
  17. Auf dem Weg zum dritten Schuldenschnitt - capital.de
  18. World Economic Outlook 2012. Coping with High Debt and Sluggish Growth (PDF; 10,5 MB), International Monetary Fund, abgerufen am 29. März 2013 (englisch)
  19. Wolfgang Münchau: Das große Einmaleins. In: Spiegel Online. 31. Oktober 2012, abgerufen am 29. März 2013.
  20. Wilhelm Lautenbach: Probleme der Überliquidität. Berlin 1936, S. 7: „Würde der Staat sich plötzlich als Auftraggeber in ganz großem Umfang zurückziehen, so würde dies peinliche Schockwirkungen hervorrufen; nur in dem Maße, in dem die private Wirtschaft ihn als Investor ablöst, kann er sich zurückziehen, ohne Rückschlagsgefahren heraufzubeschwören.“
  21. Europäische Kommission, 18. März 2015: Länderbericht Deutschland 2015 mit eingehender Überprüfung der Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (PDF), S. 6 f: „Die hartnäckige Schwäche der Unternehmensinvestitionen und die unzureichenden öffentlichen Investitionen bleiben ein Hemmschuh für das Wachstum. Deutschland ist ein wichtiger Exportmarkt für andere Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, insbesondere für Länder, die in die Produktionskette deutscher Unternehmen eingebunden sind. Auch wenn die Euroraum-Partner vom deutschen Handelserfolg profitieren, bergen die schwachen Inlandsinvestitionen, das sinkende Potenzialwachstum und die Abhängigkeit von der Weltkonjunktur doch Risiken sowohl für Deutschland als auch für das Euro-Währungsgebiet.“
  22. Paul Krugman: I Guess It’s a Form of Flattery, 8. März 2013/
  23. Centre for Economic Policy Research, Daniel Gros, Austerity is unavoidable after a bout of profligacy
  24. Jeffrey Sachs: Professor Krugman and Crude Keynesianism, 9. März 2013
  25. Jeffrey Sachs: Paul Krugman und Obamas Aufschwung, Project Syndicate 5. Januar 2015
  26. Paul Krugman: The Record of Austerity, 6. Januar 2015; vgl. auch Paul Krugman in Conversation with Jeffrey Sachs, Mai 2015
  27. Bill Mitchell: Sachs v Krugman – No contest, Krugman wins, 7. Januar 2015
  28. Centre for Economic Policy Research, Kenneth S. Rogoff und Jeremy Bulow, The modern Greek tragedy.
  29. Project Syndicate, Daniel Gros, Why Greece is Different
  30. New York Times, Aristos Doxiadis, What Greece Needs
  31. http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2015/05/ein-weg-fuer-griechenland/
  32. Project Syndicate, Daniel Gros, The Greek Austerity Myth
  33. CESifo, 2010: Hans-Werner Sinn über die Gefahren einer realen Abwertung bei den Krisenländern: „Ja, aber dann muss es sein Leistungsbilanzdefizit abbauen. Dafür gibt es nur zwei Wege. Der eine ist eine Depression und eine Senkung der Löhne und Preise, was das Land an den Rand eines Bürgerkrieges treiben würde. Der zweite Weg ist ein Austritt aus dem Euro mitsamt einer Abwertung.“
  34. New York Times, Paul Krugman, Greece Over the Brink
  35. Project Syndicate, Ricardo Hausmann, Austerity Is Not Greece’s Problem
  36. Forbes, Paul R. Gregory, Note to Krugman: Greece Proves Keynesian Economics Wrong
  37. Project Syndicate, Daniel Gros, Why Greece is Different
  38. New York Times, Aristos Doxiadis, What Greece Needs
  39. Project Syndicate, Kenneth Rogoff, Why the Greek Bailout Failed
  40. Forbes, Tim Worstal, The Reason Austerity In Greece Didn't Work, "The answer, it appears, is that the underlying structure of the Greek economy is such that it just couldn’t take advantage of the meagre benefits that austerity did provide."
  41. Project Syndicate, Ricardo Hausmann, Austerity Is Not Greece’s Problem
  42. Project Syndicate, Michael Heise, Ireland’s Lessons for Greece
  43. Centre for Economic Policy Research, Kenneth S. Rogoff und Jeremy Bulow, The modern Greek tragedy.
  44. New York Times, Aristos Doxiadis, What Greece Needs, "If so, it matters little what they manage to negotiate on debt and fiscal deficits. Unless Greece can export more, the country will fail to grow in the anti-austerity phase of this crisis, just as it failed under austerity."
  45. Project Syndivate, Michael Spence, Clarity about Austerity
  46. Friedrich Kirchner: Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe. 5. Auflage. bearb. von Carl Michaëlis. Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig 1907, S. 79.
  47. Friedrich Kirchner: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. (Philosophische Bibliothek, 24). 2. Auflage. Georg Weiss Verlag, Heidelberg 1890, S. 46.
  48. Adolf Reinle: Die Kunst der Renaissance, des Barock und des Klassizismus. (Kunstgeschichte der Schweiz, Band III). Huber Verlag, Frauenfeld 1956, S. 36, vgl. S. 25.
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