Gewaltenteilung und David Chalmers: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:David Chalmers TASC2008.JPG|miniatur|David Chalmers]]
'''Gewaltenteilung''' (in der [[Schweiz]] und in [[Österreich]] '''Gewaltentrennung''') ist die Verteilung der [[Staatsgewalt]] auf mehrere [[Staatsorgan]]e zum Zweck der [[Macht]]­begrenzung und der Sicherung von [[Freiheit]] und [[Gleichheit]]. Nach historischem Vorbild werden dabei die drei Gewalten Gesetzgebung ([[Legislative]]), ausführende Gewalt ([[Exekutive]]) und Rechtsprechung ([[Judikative]]) unterschieden. ''Vollziehung'' ist der Überbegriff für Verwaltung und Justiz, die beide organisatorisch grundsätzlich streng getrennt sind.
'''David John Chalmers''' (* [[Wikipedia:20. April|20. April]] [[Wikipedia:1966|1966]] in [[Wikipedia:Sydney|Sydney]], Australien) ist ein australischer [[Philosoph]], der sich hauptsächlich mit Fragen der [[Sprachphilosophie]] und der [[Philosophie des Geistes]] beschäftigt und als wichtigster moderner Vertreter des [[Eigenschaftsdualismus]] gilt.  


Ihren [[neuzeit]]lichen Ursprung hat das Prinzip der Gewaltenteilung in den [[Staatstheorie|staatstheoretischen]] Schriften der [[Aufklärer (Zeitalter der Aufklärung)|Aufklärer]] [[John Locke]] und [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieu]] (''[[Vom Geist der Gesetze]]'', 1748), die sich gegen Machtkonzentration und [[Willkür (Recht)|Willkür]] im [[Absolutismus]] richteten. Heute ist Gewaltenteilung Bestandteil jeder modernen Demokratie; ihre Ausprägung variiert jedoch stark von Land zu Land. Sie ist Gegenstand der [[Staatswissenschaften]].
== Leben ==


Das klassische Modell der Gewaltenteilung wird heutzutage vielfältig erweitert.<ref>[[Reinhold Zippelius]]: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §&nbsp;31 I, II&nbsp;2.</ref> Grundmodell ist die ''horizontale Aufteilung der rechtlichen Kompetenzen'' (Regelungsmacht) im Staat (nämlich von Gesetzgebung, Regierung und Verwaltung und Rechtsprechung) auf eigens dafür geschaffene Staatsorgane.<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, § 31 III.</ref> Neben der Machtkontrolle dient diese Zuweisung spezifischer Funktionen an eigens dafür eingerichtete Organe auch einer ''organadäquaten Funktionenteilung''<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, § 31 II 3.</ref>, das heißt einer zweckdienlich spezialisierten Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben. Außer der horizontalen gibt es eine ''vertikale Verteilung'' rechtlicher Kompetenzen: im [[Bundesstaat (Föderaler Staat)|Bundesstaat]] insbesondere zwischen dem Bund und den [[Gliedstaat]]en,<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §§ 9 IV, 39 I 1.</ref> im [[Völkerrecht]] zwischen den [[Nationalstaat]]en und den [[Supranationalität|supranationalen Organisationen]], so z.&nbsp;B. in der [[Europäische Union|EU]].<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §§ 10 III, 40 I, V.</ref>
Chalmers studierte ab 1983 [[Mathematik]] an der [[Wikipedia:University of Adelaide|University of Adelaide]], wo sein Interesse für das [[Leib-Seele-Problem]] geweckt wurde. 1986 schloss er sein Grundstudium mit dem [[Wikipedia:Bachelor of Science|Bachelor of Science]] ab. Von 1987 schloss er ein Aufbaustudium an der [[Wikipedia:University of Oxford|University of Oxford]], wo sich seine Faszination für das Problem des [[Bewusstsein]] weiter vertiefte. Schließlich reifte sein Entschluss, sein Fach zu wechseln. 1989 ging er an die [[Wikipedia:Indiana University Bloomington|Indiana University Bloomington]], um sich eine solide Grundlage in den Bereichen [[Philosophie]], [[Kognitionswissenschaft]] und [[künstliche Intelligenz]] zu verschaffen. Chalmers arbeitete an [[Wikipedia:Douglas Hofstadter|Douglas Hofstadter]]s ''Center for Research on Concepts and Cognition'' und machte 1993 seinen [[Wikipedia:Ph.D.|Ph.D.]] in Philosophie und Kognitionswissenschaften. Anschließend war er bis 1995 McDonnell Fellow für Philosophie, Neurowissenschaft und Psychologie an der [[Wikipedia:Washington University in St. Louis|Washington University in St. Louis]].


Neben die Forderung nach einer Verteilung der rechtlichen Kompetenzen tritt jene nach einer ausgewogenen ''Verteilung der realen Gewalten''. Als Prinzip ''internationaler [[Machtbalance]]'' hat der Gedanke des europäischen Gleichgewichts jahrhundertelang die europäische Außenpolitik beeinflusst. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] ist an seine Stelle die Forderung nach einem Polyzentrismus der globalen Machtverteilung getreten.<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, § 31 I 3.</ref> Auf eine ausgewogene Verteilung tatsächlicher Macht richtet sich auch die Forderung nach ''Balancen im System der sozialen Gewalten''. So soll ein [[Kartellrecht]] einer Konzentration wirtschaftlicher Macht und ein [[Medienrecht]] einer Monopolisierung der Macht über die [[öffentliche Meinung]] entgegenwirken.<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §§&nbsp;26 VI, 28 IV 4, 31 I&nbsp;2.</ref>
Von 1995 bis 1998 lehrte Chalmers Philosophie an der [[Wikipedia:University of California, Santa Cruz|University of California]] und von 1999 bis 2004 in [[Wikipedia:Tucson|Tucson]] an der [[Wikipedia:University of Arizona|University of Arizona]]. Seit 2004 ist Chalmers Professor an der [[Wikipedia:Australian National University|Australian National University]] in [[Wikipedia:Canberra|Canberra]] und lehrt seit 2009 parallel dazu auch an der [[Wikipedia:New York University|New York University]]. 2013 wurde er Mitglied der [[Wikipedia:American Academy of Arts and Sciences|American Academy of Arts and Sciences]] und erhielt 2015 den [[Wikipedia:Jean-Nicod-Preis|Jean-Nicod-Preis]], der seit 1993 zumeist jährlich in [[Wikipedia:Paris|Paris]] für außergewöhnliche Leistungen im Bereich der [[Philosophie des Geistes]] oder der [[Kognitionswissenschaft]] vergeben wird.


== Geschichte ==
== Das schwere Problem des Bewusstseins ==
Erste Formen von Gewaltenteilung tauchen sehr früh in der Geschichte der Zivilisation auf. Das [[Kaste]]nwesen übertrug die Führung der Gesellschaft den [[Brahmane|Priestern]] und [[Kshatriyas|Fürsten]]. In einigen islamischen Ländern kann das Amt des [[Qādī]]s als frühe Form der Abtrennung der [[Judikative]] von der [[Exekutive]] angesehen werden. Im europäischen Raum finden sich Ansätze zu einer Gewaltenteilung in der von [[Polybios]], [[Cicero]], [[Thomas von Aquin]] und [[James Harrington]] vertretenen Theorie der [[Mischverfassung]].<ref>Zippelius: ''Geschichte der Staatsideen.'' 10. Aufl. 2003, Kap. 4&nbsp;d, 7&nbsp;c, 10&nbsp;b.</ref> Auch [[Johannes Calvin]] favorisierte eine Mischung aus Aristokratie und Demokratie als Staatsform. Die Monarchie kam für ihn nicht in Frage, da das Königtum seiner Auffassung nach die Tendenz hatte, die [[politische Macht]] vollständig oder doch in entscheidendem Umfang an sich zu ziehen, zum Nachteil der einfachen Menschen. Um deren Wohlergehen ging es aber Calvin in seiner Staatstheorie. Um politischen Machtmissbrauch zu verhindern, zumindest aber möglichst gering zu halten, schlug Calvin ein System sich gegenseitig ergänzender und kontrollierender staatlicher [[Organ (Recht)|Organe]] vor (Stände, Adel, Ephoren u.&nbsp;a.), denen er zudem unter anderem das Recht und die Pflicht zusprach, gegen tyrannische Herrscher vorzugehen.<ref>Jan Weerda: ''Calvin'', in: ''Evangelisches Soziallexikon.'' 3. Aufl., Stuttgart 1958, Sp. 210 f.; Clifton E. Olmstead: ''History of Religion in the United States''. Prentice-Hall, Englewood Cliffs, N.J. 1960, S.&nbsp;9–10.</ref> Diese zurückhaltende Form des [[Widerstandsrecht]]s hatte bereits die [[Monarchomachen]] und die Situation in [[Schottland]] im Auge.<ref>Ernst Wolf: ''Widerstandsrecht.'' In: ''[[Die Religion in Geschichte und Gegenwart]]'', Bd. VI, 3.&nbsp;Aufl., Sp.&nbsp;1687.</ref> Dort zwang der puritanische Adel 1567 die katholische Königin [[Maria Stuart]], zugunsten ihres protestantischen Sohnes Jakob&nbsp;VI. abzudanken.<ref>[[Karl Heussi]]: ''Kompendium der Kirchengeschichte.'' 11. Aufl., Tübingen 1957, S.&nbsp;349.</ref> Von der calvinistischen [[Föderaltheologie]] geprägte [[Kongregationalisten]] gründeten in Nordamerika 1620 die [[Plymouth Colony]] und 1629 die [[Massachusetts Bay Colony]], die beide demokratisch regiert wurden und Gewaltenteilung praktizierten. Der von den „Freien“ ''(freemen)'' gewählte ''General Court'' bildete die [[Legislative]] und Judikative, der vom General Court auf ein oder mehrere Jahre gewählte [[Gouverneur]] war die Exekutive.<ref>Christopher Fennell: ''Plymouth Colony Legal Structure.'' Historical Archaeology and Public Engagement, Department of Anthropology, University of Illinois at Urbana-Champaign, 1998 ([http://www.histarch.uiuc.edu/plymouth/ccflaw.html online]); [http://history.hanover.edu/texts/masslib.html Hanover Historical Texts Project], 1996.</ref>


In der Staatsphilosophie taucht der Begriff ''Gewaltenteilung'' in den Werken des englischen Philosophen [[John Locke]] (hier zunächst noch als Trennung in Legislative und Exekutive) und des französischen Barons [[Montesquieu]] im [[Zeitalter der Aufklärung]] auf. In seiner staatstheoretischen Schrift ''De l’esprit des lois/Vom Geist der Gesetze'' (Genf 1748) stellte Montesquieu den Grundsatz der Gewaltenteilung zwischen Legislative (gesetzgebende Gewalt), Judikative (richterliche Gewalt) und Exekutive (vollziehende Gewalt) auf. Locke und Montesquieu kamen zu ihren Erkenntnissen nicht aufgrund theoretischer Überlegungen, sondern durch eine Analyse der bereits bestehenden englischen bzw. britischen Staatsorgane und ihres Verhältnisses zueinander.<ref>R. Nürnberger: ''Montesquieu, Charles de Secondat, Baron de M.'' In: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', Bd. IV, 3.&nbsp;Aufl., Sp.&nbsp;1121.</ref> Dieser Sachverhalt war nicht ohne weiteres ersichtlich, da [[England]] und [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] kein schriftlich fixiertes und einheitliches [[Verfassung]]sdokument haben.
Chalmers zentrales Forschungsthema ist „''das schwere Problem des Bewusstseins''(''the hard problem of consciousness'') - eine Formulierung, die er erstmals 1995 prägte und die seitdem zu einer stehenden Phrase in den [[Neurowissenschaften]] wurde.  


Als politisches Programm verkündet wurde die Gewaltenteilung erstmals in der [[Verfassung der Vereinigten Staaten]] 1788 und als ''[[Checks and Balances]]'' bezeichnet. Anschließend fand die Gewaltenteilung auch in [[Frankreich]], während der [[Aufklärung]] Verwendung. Heute sind die Prinzipien der Gewaltenteilung in den meisten modernen Demokratien dem Verfassungstext nach verwirklicht. Je nach [[Politisches System|politischem System]] kann man eher von einer Gewaltenverschränkung als von einer Gewaltenteilung sprechen.
{{LZ|Das wirklich harte Problem des Bewusstseins ist das Problem der [[Erfahrung]]. Wenn wir denken und wahrnehmen, gibt es ein Surren von
Informationsverarbeitung, aber es gibt auch einen subjektiven Aspekt. Wie Nagel (1974) es ausgedrückt hat, gibt es so etwas, ''wie es sich anfühlt'', ein bewusster Organismus zu sein. Dieser subjektive Aspekt ist die Erfahrung.|Chalmers 2010, S. 39<ref>„The really hard problem of consciousness is the problem of ''experience''. When we think and perceive, there is a whir of information processing, but there is also a subjective aspect. As Nagel (1974) has put it, there is ''something it is like'' to be a conscious
organism. This subjective aspect is experience.“<br />(Chalmers 2010, p. 39)</ref>}}


== Abgrenzung von Gewaltenteilung, Gewaltentrennung, Gewaltengliederung und Gewaltenverschränkung ==
Dass es sich dabei immerhin um eine zentrale Frage des gegenwärtigen [[Bewusstseinsseelenzeitalter]]s handelt, ist nicht zu bestreiten. In der Einleitung zu „''The Conscious Mind''“ schreibt Chalmers:
Teilweise wird Gewaltenteilung verstanden als die Forderung nach einer strikten ''Gewaltentrennung'' mit hoher Unabhängigkeit der Gewalten. Gewaltenteilung kann jedoch nur dann funktionieren, wenn die einzelnen Organe ein Eingriffsrecht in die anderen Zweige besitzen, um effektiv ihre Kontrollfunktion ausüben zu können (''Checks and Balances''). Es existiert also ein Spektrum in der klassischen Gewaltenteilung: von einer hohen Unabhängigkeit der Gewalten, wie es noch zur Zeit der Aufklärung für Monarchien erdacht wurde, zu einer zunehmenden Verzahnung der (durch das [[Parlament]] demokratisch legitimierten) [[Staatsgewalt]]en. Eine derartige Verzahnung wird auch als ''Gewaltenverschränkung'' oder ''Gewaltengliederung'' bezeichnet. In [[Präsidiale Demokratie|präsidialen Systemen]] wie den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] sind die klassischen Gewalten üblicherweise stärker getrennt als in [[Repräsentative Demokratie#Parlamentarische Demokratie|parlamentarischen Demokratien]].<ref>Philippe Mastronardi: ''Verfassungslehre: Allgemeines Staatsrecht als Lehre vom guten und gerechten Staat'', 2007, [http://books.google.de/books?id=4QethPxa3JMC&lpg=PA268&ots=gg8tHfKJUI&dq=präsidialsystem%20gewaltenteilung&pg=PP1#v=onepage&q&f=false S. 268].</ref> Dafür wirken in parlamentarischen Demokratien andere Mechanismen zur Machtbegrenzung, etwa die Fraktionsbildung. Dies birgt jedoch auch die Gefahr einer zu starken Dominanz von [[Politische Partei|politischen Parteien]] (vgl. [[Parteiendemokratie]]).


Ein typisches Beispiel für eine Gewaltenverschränkung ist das im [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|deutschen Grundgesetz]] niedergelegte [[Misstrauensvotum|konstruktive Misstrauensvotum]], mit dem eine Mehrheit des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]], also die Legislative, den [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]], die Exekutive, abberufen kann. Darüber hinaus sind viele Regierungsmitglieder zugleich Abgeordnete im Parlament, was eine ''personelle Gewaltenverschränkung'' darstellt. Es liegt also eine Kompatibilität von [[Mandat (Politik)|Parlamentsmandat]] und Regierungsamt vor. Der Bundestag wählt außerdem auch den Bundeskanzler, ist an der Wahl des [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] und der [[Richter des Bundesverfassungsgerichts]] beteiligt. Des Weiteren können die Gerichte Akte der Verwaltung überprüfen, das Verfassungsgericht auch Legislativakte; in wenigen Fällen erlangen dessen Urteile alsdann legislativen Rang, weswegen hier auch von ''Superlegislative'' gesprochen wird. Beispiel sind die so genannten ''[[Rundfunkurteil]]e'' des [[Bundesverfassungsgericht]]s. Die Gewalten werden eher als sich ergänzend verstanden.
{{LZ|Bewusstsein ist das größte Mysterium. Vielleicht ist es das größte, herausragendste Hindernis für unser wissenschaftliches Verständnis des Universums. Die Physik ist noch nicht abgeschlossen, wird aber schon gut verstanden. Die Biologie hat viele Geheimnisse des Lebens gelüftet. Zwar gibt es noch Verständnislücken in diesem Bereich, aber sie scheinen überbrückbar. Wir habe ein Gespür dafür, wie eine Lösung für diese Probleme aussehen könnte; wir müssen nur die Details richtig machen.
Sogar in der Wissenschaft des Geistes wurden große Fortschritte gemacht. Neuere Arbeiten in der Kognitionswissenschaft und Neurowissenschaft führen uns zu einem besseren Verständnis des menschlichen Verhaltens und der Prozesse, die es antreiben. Wir haben nicht viele detaillierte Theorien der Kognition, um sicher zu sein, aber die Details können nicht zu weit weg sein.


Gegenbeispiel sind die Vereinigten Staaten, wo [[Präsident der Vereinigten Staaten|Präsident]] und [[Kongress der Vereinigten Staaten|Kongress]] getrennt gewählt werden und sowohl Präsident ([[Veto]]&shy;macht) als auch Parlament ([[Impeachment]]) nur eingeschränkte Einflussmöglichkeiten haben, aber auch klarer abgetrennte Befugnisse. Teilweise werden in den USA auch die Richter vom Volk gewählt. Die Gewalten werden eher [[Gegensatz|antagonistisch]] verstanden.
Das Bewusstsein ist jedoch so verblüffend wie es jemals war. Immer noch erscheint es äußerst geheimnisvoll, dass die Verursachung des Verhaltens von einem subjektiven inneren Erleben begleitet sein soll. Wir haben guten Grund zu glauben, dass Bewusstsein von physikalischen Systemen wie Gehirnen hervorgebracht wird, aber wir haben wenig Ahnung, wie es entsteht und warum es überhaupt existiert. Wie könnte ein physikalisches System wie ein Gehirn auch ein Erfahrender sein? Warum sollte es ''sich irgendwie anfühlen''<ref>Eine Anspielung auf: [[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]]: ''[http://web.archive.org/web/20071024145103/http://members.aol.com/NeoNoetics/Nagel_Bat.html What is it like to be a bat?]'' In: ''The Philosophical Review.'' Cornell University, Ithaca 83/1974, S.&nbsp;435–450. {{ISSN|0031-8108}}</ref>, ein solches System zu sein? Die gegenwärtigen wissenschaftlichen Theorien berühren kaum die wirklich schweren Probleme des Bewusstseins. Uns fehlt nicht nur eine detaillierte Theorie; wir tappen völlig im Dunkeln darüber, wie sich das Bewusstsein in die natürliche Ordnung einfügt.


[[Fünfte Französische Republik|Frankreich]] oder auch die [[Weimarer Republik]] stellen [[Semipräsidentielles Regierungssystem|Zwischensysteme]] dar: Zwar wird das [[Staatsoberhaupt]] direkt gewählt, die [[Regierung]] wird jedoch vom Parlament gewählt. Im Falle nicht ausreichender oder politisch nicht passender Mehrheiten kann dieses System sehr instabil werden ([[Cohabitation]]).
Viele Bücher und Artikel sind in den letzten Jahren über das Bewusstsein erschienen und man könnte denken, dass wir Fortschritte machen. Bei näherer Betrachtung bleiben jedoch die meisten Probleme des Bewusstseins unberührt. Meist richten sich diese Arbeiten auf das, was man die „leichten“ Probleme des Bewusstseins nennen könnte: Wie verarbeitet das Gehirn Reize aus der Umwelt? Wie integriert es die Information? Wie produzieren wir Berichte über innere Zustände? Das sind wichtige Fragen, doch sie zu beantworten löst nicht das schwierige Problem: Warum werden alle diese Prozesse von einem inneren Erleben begleitet? Manchmal wird diese Frage vollständig ignoriert; manchmal wird sie auf einen späteren Tag verschoben; und manchmal wird sie einfach als beantwortet erklärt. Aber in jedem Fall bleibt man mit dem Gefühl zurück, dass das zentrale Problem so rätselhaft wie eh und je bleibt.|Chalmers 1996, S. 14<ref>„Consciousness is the biggest mystery. It may be the largest
outstanding obstacle in our quest for a scientific understanding of the
universe. The science of physics is not yet complete, but it is well
understood; the science of biology has removed many ancient
mysteries surrounding the nature of life. There are gaps in our
understanding of these fields, but they do not seem intractable. We
have a sense of what a solution to these problems might look like;
we just need to get the details right.<br />
Even in the science of the mind, much progress has been made.
Recent work in cognitive science and neuroscience is leading us to a
better understanding of human behavior and of the processes that
drive it. We do not have many detailed theories of cognition, to be
sure, but the details cannot be too far off.<br />
Consciousness, however, is as perplexing as it ever was. It still
seems utterly mysterious that the causation of behavior should be
accompanied by a subjective inner life. We have good reason to
believe that consciousness arises from physical systems such as
brains, but we have little idea how it arises, or why it exists at all.
How could a physical system such as a brain also be an ''experiencer''?
Why should there be ''something it is like'' to be such a system?
Present-day scientific theories hardly touch the really difficult
questions about consciousness. We do not just lack a detailed theory;
we are entirely in the dark about how consicousness fits into the
natural order.<br />
Many books and articles on consciousness have appeared in the
past few years, and one might think that we are making progress.
But on a closer look, most of this work leaves the hardest problems
about consciousness untouched. Often, such work addresses what
might be called the “easy” problems of consciousness: How does the
brain process environmental stimulation? How does it integrate
information? How do we produce reports on internal states? These
are important questions, but to answer them is not to solve the hard
problem: Why is all this processing accompanied by an experienced
inner life? Sometimes this question is ignored entirely; sometimes it
is put off until another day; and sometimes it is simply declared
answered. But in each case, one is left with the feeling that the
central problem remains as puzzling as ever.(Chalmers 1996, p. 14)</ref>}}


== {{Anker|Arten der Gewaltenteilung nach Winfried Steffani}} Arten der Gewaltenteilung ==
Grundsätzlich denkbar sei laut Chalmers immerhin ein hypothetisches Wesen, ein „philosophischer Zombie“, der von außen nicht von einem normalen Menschen zu unterscheiden sei, auch nicht durch seine Handlungen, und ihm auch [[materiell]] in jeder Beziehung gliche, aber ''keine'' bewussten Erlebnisse habe. Das Bewusstsein sei deshalb nicht auf materielle Vorgänge reduzierbar und der [[Materialismus]] daher offensichtlich falsch. Den klassischen [[Dualismus]] von [[Geist]] und [[Materie]] lehnt Chalmers dennoch ab und spricht statt dessen von einem [[Eigenschaftsdualismus]]: Im Gegensatz zur bewusstlosen Materie, die nur [[physisch]]e Eigenschaften besitze, verfüge der Mensch auch über irredizible ''nichtphysische Eigenschaften'' in Form der [[Erlebnis]]inhalte des ''phänomenalen Bewusstseins'', der sog. [[Qualia]].
[[Politikwissenschaft|Politologisch]] betrachtet verweist der Begriff der Gewaltenteilung auf mögliche weitere Gliederungsaspekte. Die hier gegebene Einteilung folgt der von [[Winfried Steffani]].<ref>Siehe Winfried Steffani: ''Gewaltenteilung und Parteien im Wandel'', S. 37&nbsp;ff.</ref> Es handelt sich um eine Erweiterung beziehungsweise Neuinterpretation der klassischen Gewaltenteilungslehre.


=== Horizontale Ebene ===
== Schriften ==
[[Datei:Gewaltenteilung H-V.svg|mini|hochkant=2.56|Horizontale und vertikale Gewaltenteilung]]
;Bücher


Unter der ''horizontalen'' Gewaltenteilung versteht man die Aufteilung der Macht im Staat auf die drei Bereiche Legislative, Exekutive und Judikative, die voneinander funktional getrennt sind, aber gegenseitig kooperieren. Sie ist mithin „anerkannter Grundsatz abendländischer [[Rechtsstaat]]lichkeit.“<ref>Zit. nach [[Karl Albrecht Schachtschneider]]: ''Prinzipien des Rechtsstaates'', Duncker & Humblot, Berlin 2006, [http://books.google.de/books?id=oG5TnWjNtVYC&pg=PA168 S.&nbsp;168 m.w.N.]</ref> Weil die Gewalten jedoch nicht hermetisch voneinander abgeschottet sind, sondern die Staatsgewalt kooperativ gegliedert wahrnehmen, findet in der Literatur neuerdings vermehrt der Begriff der ''Gewaltengliederung'' (''siehe [[#Abgrenzung von Gewaltenteilung, Gewaltentrennung, Gewaltengliederung und Gewaltenverschränkung|vorangegangener Abschnitt]]'') Verwendung.<ref>Christoph Möllers: ''Gewaltengliederung. Legitimation und Dogmatik im nationalen und internationalen Rechtsvergleich''. 2005, siehe insb. S.&nbsp;398&nbsp;f.</ref><ref>Wolfgang Hoffmann-Riem: ''Eigenständigkeit der Verwaltung''. In: Eberhard Schmidt-Aßmann, Andreas Voßkuhle (Hrsg.): ''Grundlagen des Verwaltungsrechts''. Bd.&nbsp;I, C.H. Beck, München 2006, §&nbsp;10 Rn&nbsp;39.</ref> Für das beschriebene institutionelle Gefüge wird im Englischen der Begriff „[[Checks and Balances]]“ gebraucht. Das [[Politisches System der Vereinigten Staaten|politische System der USA]] ist ein gutes Beispiel für die horizontale Gewaltenteilung und gegenseitige Kontrolle der Gewalten. Es herrscht eine Teilung hinsichtlich der Aufgaben, des Personals und der Finanzen vor.
* ''The Conscious Mind: In Search of a Fundamental Theory'', Oxford University Press Inc, Oxford 1996, ISBN 978-0195105537
* ''The Character of Consciousness.'' Oxford University Press, Oxford 2010, ISBN 978-0195311112
* ''Constructing the World'', Oxford University Press 2012, ISBN 978-0199608577


=== Vertikale oder föderative Ebene ===
;als Herausgeber
Unter der ''vertikalen'' oder ''[[Föderalismus|föderativen]]'' Gewaltenteilung versteht man die Aufteilung der rechtlichen Kompetenzen einer Staatenverbindung zwischen deren Zentralorganen und den [[Mitgliedstaat]]en. Sie ist das Hauptbeispiel regionaler politischer Dezentralisation. Diese setzt sich innerhalb der Mitgliedstaaten in Untergliederungen fort (in Deutschland sind das Regierungsbezirke, Landkreise und Gemeinden). Hierdurch schafft man einen [[Stufenbau der Rechtsordnung#Rückgrat der widerspruchsfreien Ordnung des Rechts|Stufenbau der Kompetenzen]], der dazu führt, dass in der staatlichen Ordnung rechtlich und politisch eine „Steuerung der Selbststeuerung“ entsteht.<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §&nbsp;3 III&nbsp;3.</ref> Das dient, zusammen mit dem [[Subsidiaritätsprinzip]], dazu, überschaubare Lebens- und Funktionsbereiche zu schaffen, dadurch die demokratische Teilhabe der Bürger am politischen System zu stärken und dieses insgesamt zu vermenschlichen.<ref>Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17. Aufl. 2017, §§&nbsp;17 I 3, 23&nbsp;III 2, 38.</ref>


{{WikipediaDE|Föderalismus in Deutschland}}
* ''Philosophy of Mind: Classical and Contemporary Readings'', Oxford University Press, Oxford 2002, ISBN 978-0195145816


=== Zeitliche oder temporale Ebene ===
;Publikationen
Darunter versteht man die zeitliche Begrenzung der Dauer, für die eine Person ihr [[Öffentliches Amt|Amt]] oder Mandat bekommt. Gewählte Repräsentanten müssen sich in regelmäßigen (und möglichst nicht zu langen) Abständen immer wieder der [[Wahl]] des [[Staatsvolk|Volkes]] stellen und somit mittelfristig genau dem Willen der Wähler folgen. Durch einen festgelegten Wahlzyklus (und damit auch der Möglichkeit der Abwahl) wird außerdem sichergestellt, dass sich kein „Machtfilz“ um ein politisches Amt bildet.


=== Soziale Ebene ===
* [http://consc.net/papers/f-and-p.pdf ''Why Fodor and Pylyshyn Were Wrong: The Simplest Refutation'']. Proceedings of the 12th Annual Conference of the Cognitive Science Society, 1990. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.
''Soziale'' Gewaltenteilung bedeutet, dass allen Bürgern ermöglicht wird, politische Positionen im Staat zu erreichen. Die Auswahl dafür erfolgt allein anhand der Qualifikation der Person für ein Amt, also in fairer Konkurrenz mit Rechtsgleichen. Dies ermöglicht die Existenz einer ''[[Offene Gesellschaft|offenen Gesellschaft]]'', in der nicht eine einzelne Schicht die politischen Ämter bekleidet.
* [http://consc.net/papers/transformations.pdf ''Syntactic Transformations on Distributed Representations'']. Connection Science 2: 53-62, 1990. Reprinted in (N. Sharkey, ed) Connectionist Natural Language Processing (Intellect, 1992).
* [http://consc.net/papers/evolution.pdf ''The Evolution of Learning: An Experiment in Genetic Connectionism'']. In Connectionist Models: Proceedings of the 1990 Summer School Workshop, 1990. San Mateo, CA: Morgan Kaufmann.
* [http://consc.net/papers/puzzle.pdf ''The Puzzle of Conscious Experience'']. Scientific American, 237(6):62-68, December 1995.
* [http://consc.net/papers/penrose.html ''Minds, Machines, and Mathematics'']. Psyche, 2:11-20, 1995.
* [http://consc.net/papers/moving.html ''Moving Forward on the Problem of Consciousness'']. Journal of Consciousness Studies 4(1), 1997. Reprinted in (J. Shear, ed.), Explaining Consciousness: The Hard Problem. MIT Press, 1997.
* [http://consc.net/papers/extended.html ''The Extended Mind''] (with Andy Clark). Analysis 58:10-23, 1998.
* [http://consc.net/papers/ncc.pdf ''On the Search for the Neural Correlate of Consciousness'']. In (S. Hameroff, A. Kaszniak, & A.Scott, eds.) Toward a Science of Consciousness II. MIT Press, 1998.
* [http://consc.net/papers/montreal.html ''The Problems of Consciousness'']. In (H. Jasper, L. Descarries, V. Castellucci, & S. Rossignol, eds) Consciousness: At the Frontiers of Neuroscience (Advances in Neurology, Vol. 77). Lippincott-Raven Press, 1998.
* ''Consciousness and its place in nature'', in: Stephen P. Stich & Ted A. Warfield (eds.): ''Blackwell Guide to the Philosophy of Mind'', Blackwell 2003, pp. 102-142 {{doi|10.1093/acprof:oso/9780195311105.003.0005}}
* [http://consc.net/papers/singularity.pdf ''The Singularity: A Philosophical Analysis'']. Journal of Consciousness Studies 17:7-65, 2010.
* [http://consc.net/papers/actuality.pdf ''Actuality and Knowability'']. Analysis, July 2011.
* [http://consc.net/papers/varieties.pdf ''The Varieties of Computation: A Reply'']. Journal of Cognitive Science 13: 211-48, 2012.
* [http://consc.net/papers/contents.pdf ''The Contents of Consciousness: Reply to Hellie, Peacocke, and Siegel'']. Analysis 73:345-68, 2013.
* [http://consc.net/papers/panpsychism.pdf ''Panpsychism and Panprotopsychism'']. Amherst Lecture in Philosophy, 2013.
* [http://consc.net/papers/survey.pdf ''What Do Philosophers Believe?''] (with David Bourget). Philosophical Studies 170:465-500, 2014.
* [http://consc.net/papers/intuition.pdf ''Intuitions in Philosophy: A Minimal Defense'']. Philosophical Studies 171:535-44, 2014 (symposium on Herman Cappelen’s Philosophy Without Intuitions).
* [http://consc.net/papers/intensions.pdf ''Intensions and Indeterminacy: Reply to Soames, Turner, and Wilson'']. Philosophy and Phenomenological Research 89: 249-69 (symposium on Constructing the World), 2014.
* [http://consc.net/papers/frontloading.pdf ''Frontloading and Fregean Sense: Reply to Neta, Schroeter, and Stanley'']. Analysis 74:676-697, 2014 (symposium on Constructing the World)
* [http://consc.net/papers/spatial.pdf ''Three Puzzles about Spatial Experience'']. In (A. Pautz and D. Stoljar, eds.) Themes from Ned Block. MIT Press, forthcoming (2014).
* [https://academic.oup.com/mind/article-abstract/125/498/499/2583539?rss=1 ''Referentialism and the Objects of Credence: A Reply to Braun'']. Mind 125: 499-510 (2014). {{doi|10.1093/mind/fzv111}}
* [http://consc.net/papers/progress.pdf ''Why Isn’t There More Progress in Philosophy?''] Philosophy 90:3-31, 2015.  Also in (T. Honderich, ed.) Philosophers of our Times, and in (J. Keller, ed.) Themes from Peter van Inwagen.
* [http://consc.net/papers/virtual.pdf ''The Virtual and the Real'']. Disputatio, forthcoming (2016).
* [https://philpapers.org/archive/CHAECA-9.pdf ''Extended Cognition and Extended Consciousness''].  In (M. Colombo, E. Irvine, and M. Stapleton, eds.) Andy Clark and His Critics.  Wiley-Blackwell, forthcoming (2017).
* [https://philpapers.org/archive/CHASAA-13.pdf ''Structuralism as a Response to Skepticism''] (2017).
* [http://consc.net/papers/idealism.pdf ''Idealism and the Mind-Body Problem'']. In (W. Seager, ed.), The Routledge Handbook of Panpsychism. Routledge, forthcoming.


=== Dezisive Ebene ===
== Literatur ==
Darunter versteht man die Aufteilung der Entscheidungen (''dezisive Ebene''=Entscheidungsebene) zwischen beispielsweise [[Regierung]], [[Politische Partei|Parteien]], [[Massenmedien|Medien]], [[Gewerkschaft]]en oder anderen [[Interessenverband|Interessenverbänden]]. Hier wird durch die Mitwirkung dieser Gruppen die Macht einer einzelnen Gruppe, vor allem der Regierung, eingeschränkt.
 
=== Konstitutionelle Ebene ===
In den modernen Staaten werden die Entscheidungsspielräume durch eine [[Verfassung]] eingeschränkt, die nur durch eine [[Zweidrittelmehrheit]] – oder teilweise überhaupt nicht (Verfassungskern, [[freiheitliche demokratische Grundordnung]]) – geändert werden kann ({{Art.|79|gg|juris}} Abs.&nbsp;3 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]]).
 
== Erweiterung des Begriffs der Gewaltenteilung ==
In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Bedeutung einer unabhängigen [[Presse (Medien)|Presse]] oft ebenso wichtig wie die Funktionen der Staatsorgane eingeschätzt, weshalb diese gelegentlich informell auch als ''[[Vierte Gewalt]]'' bezeichnet wird. Die Bezeichnung der Medien als „vierte Gewalt“ kann jedoch staatstheoretisch nicht wörtlich genommen werden, denn „[[Staatsgewalt|Gewalten]]“ sind Staatsfunktionen. Die ''freien'' Medien sind gerade nicht als solche aufzufassen. Sie unterliegen keiner staatlichen Kontrolle der Inhalte ([[Zensur (Informationskontrolle)|Zensur]]), aber den wirtschaftlichen und politischen Interessen der [[Verleger]] bzw. [[Eigentümer]]. Die gesellschaftliche Bedeutung der Medien wird in den Artikeln [[Funktionen der Massenmedien]] und [[Propagandamodell]] näher erläutert.
 
=== Fünfte Gewalt ===
Als ''fünfte Gewalt'' werden auch andere Gruppen bezeichnet, zum Beispiel die Wirtschaft und Gewerkschaften, die über ihre [[Interessensvertretung|Interessenvertreter]] auf die Politiker und Funktionäre massiv einwirken ''(Lobbyismus)'' oder Blogger und andere [[Aktivist]]en<ref>[http://www.tagesspiegel.de/medien/gespraech-ueber-die-fuenfte-gewalt-nicht-nur-bei-pegida-jeder-findet-eine-plattform-fuer-exklusiven-irrsinn/11229712.html ''Nicht nur bei Pegida: „Jeder findet eine Plattform für exklusiven Irrsinn“''], [[Der Tagesspiegel]] vom 15. Januar 2015.</ref> in der digitalen Welt. Dies kann aber auch als Verletzung des Modells der Gewaltenteilung und des [[Demokratieprinzip]]s gesehen werden.
 
In neuerer Zeit werden [[Blog]]s, Plattformen wie [[Wikileaks]], Formen der [[Informationsfreiheit]] und traditionelle Presseunternehmen auch unter dem Begriff ''Publikative'' zusammengefasst.<ref>http://www.presseschauer.de/?p=1424</ref>
 
=== Informationelle Gewaltenteilung ===
Die ''informationelle'' Gewaltenteilung ist ein im [[Datenschutzrecht]] geltender Grundsatz, der den [[Datenverkehr]] zwischen zwei [[staat]]lichen [[Behörde]]n betrifft und regelt. Dieser vom Bundesverfassungsgericht im [[Volkszählungsurteil]] entwickelte Grundsatz verpflichtet staatliche Behörden, die über [[personenbezogene Daten]] verfügen, dazu, diese [[Daten]] nicht nur gegenüber nichtstaatlichen Stellen und Personen abzuschotten, sondern auch gegenüber anderen staatlichen Behörden. Dieser daher gelegentlich auch als ''Abschottungsgebot''<ref>BVerfG, [[Neue Juristische Wochenschrift|NJW]] 1988, S. 959–961 (red. Leitsatz und Gründe).</ref> bezeichnete Grundsatz lässt die Übermittlung von Daten zwischen zwei Behörden nur dann zu, wenn ein Gesetz dies erlaubt. ''In anderen Worten'': Das [[Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Datenschutz)|Verbot mit Erlaubnisvorbehalt]] gilt auch für den Datenverkehr zwischen Behörden. Hierin kann eine Teilung der Informationshoheit zwischen den einzelnen staatlichen Behörden gesehen werden, so dass das Bundesverfassungsgericht den Begriff der ''informationellen Gewaltenteilung'' verwendete.
 
Die Grundsätze der ''informationellen Gewaltenteilung'' gelten mit Einschränkungen auch innerhalb großer [[Allfinanz]]konzerne, also auch im [[Privatrecht]]. Denn auch die Datenweitergabe innerhalb eines [[Konzern]]s ist nur dann zulässig, wenn ein Gesetz dies erlaubt.<ref>Wolfgang Kilian, Gregor Scheja: ''Freier Datenfluss im Allfinanzkonzern?'' BB Beilage 2002, Nr.&nbsp;3, S.&nbsp;19–30.</ref>
 
== Situation in Deutschland ==
{| align="right" border="0" style="margin:0 0 2em 2em"
| align="center" style="font-size:90%" |
[[Datei:Administrative Gliederung Deutschlands.svg|450px|Vertikale Verwaltungsstruktur Deutschlands]]<br />
Vertikale Verwaltungsstruktur Deutschlands
|}
 
In [[Deutschland]] ist die Gewaltenteilung im [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] festgelegt:
 
Nach dem unveränderlichen {{Art.|20|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 Satz&nbsp;2 Hs.&nbsp;2 GG wird die Staatsgewalt {{"|durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt}} (horizontale Ebene); vor diesem Hintergrund kann die Gewaltenteilung als Verteilung von Zuständigkeiten (Kompetenzen) verstanden werden, da die Staatsgewalt als solche nicht geteilt wird.<ref>BVerfGE 68, 1 (87 ff.); [[Ernst-Wolfgang Böckenförde]]: ''Demokratie als Verfassungsprinzip'', in: [[Josef Isensee]], [[Paul Kirchhof]]: ''Handbuch des Staatsrechts'', Bd.&nbsp;II, 2004, §&nbsp;24 Rn&nbsp;87; [[Friedrich Eberhard Schnapp|Friedrich E. Schnapp]], in: [[Liste von Grundgesetz-Kommentaren#Münch–Kunig|v.&nbsp;Münch/Kunig]], ''GG'', Art.&nbsp;20, Rn&nbsp;41; [[Klaus Stern (Rechtswissenschaftler)|Klaus Stern]]: ''Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland'', Bd. II, 1980, S.&nbsp;533.</ref> Damit verbunden ist auch die Trennung von staatlichen Institutionen, deren Personal, Budget, Rechte, Aufgaben und Pflichten.
 
=== Gewaltenverschränkung des Grundgesetzes ===
Die Organe der [[Gesetzgebung]] sind [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] und [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]], das Organ der vollziehenden Gewalt die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]]. Aufgrund der ebenfalls im Grundgesetz festgelegten ''Gewaltenverschränkung'', die durch die Wahl des [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzlers]] durch den Bundestag sowie durch das Recht der Abberufbarkeit des Kanzlers durch den Bundestag (konstruktives Misstrauensvotum) entsteht, wird die institutionelle Gewaltenteilung teilweise durch eine Gewaltenteilung zwischen [[Opposition (Politik)|Opposition]] und [[Regierungskoalition]] ersetzt. Außerdem liegt eine starke personelle Gewaltenverschränkung vor, da viele Regierungsmitglieder zugleich Abgeordnete im Deutschen Bundestag sind (Kompatibilität von Mandat und Amt). Die klare Trennung von Exekutive und Legislative wird durch den von den [[Land (Deutschland)|Länder]]exekutiven beschickten, aber selbst legislativ tätigen Bundesrat teilweise aufgehoben, da dieser bei der Gesetzgebung mitwirkt. Gleiches gilt für die Möglichkeit ministerieller [[Verordnung]]en. Diese sind (anders als der spezifisch deutsche Bundesrat) in fast allen Ländern der Welt üblich und sinnvoll, um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten und den Bundestag nicht mit kleinen Detailvorschriften zu überlasten.
 
Eine weitere Brechung des Gewaltenteilungsprinzips ergibt sich durch die sehr starke Stellung des [[Bundesverfassungsgericht]]s. Dieses gehört eindeutig der Judikative an, kann aber Entscheidungen mit Gesetzeskraft erlassen, vgl. {{Art.|94|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG. Damit greift ein Teil der Judikative in den Bereich der Legislative ein. Trotz dieser Machtfülle des Bundesverfassungsgerichts hat es bisher, von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.&nbsp;B. Entscheidung über [[Schwangerschaftsabbruch]] nach {{§|218|stgb|juris}} [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] in der Form der so genannten ''[[Fristenregelung]]'' am 25.&nbsp;Februar 1975), durch den so genannten ''[[Richterliche Selbstbeschränkung|judicial self-restraint]]'' keine allzu großen tatsächlichen Verwerfungen im System der Gewaltenteilung gegeben.
 
Nach dem im Grundgesetz verankerten Demokratieprinzip erscheint es zunächst so, als ob jegliche Gewalt ausschließlich vom Parlament ausgeübt werden dürfte, da in Deutschland auf [[Bundesebene (Deutschland)|Bundesebene]] nur der Deutsche Bundestag und auf Landesebene nur die [[Landesparlament|Länderparlamente]] direkt vom Volk durch Wahl [[Legitimation (Politikwissenschaft)|legitimiert]] sind. Die Grundregel ''Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus'' muss jedoch so verstanden werden, dass das Parlament Entscheidungen – auch mehrstufig – delegieren kann, da das Parlament z.&nbsp;B. nicht sämtliche Verwaltungshandlungen selbst vornehmen kann. Dementsprechend sind Befugnisse der anderen Gewalten schon im Grundgesetz berücksichtigt. Dabei muss beachtet werden, dass nicht nur das Demokratieprinzip gilt, sondern es teilweise in einem Spannungsverhältnis etwa mit dem [[Rechtsstaat]]sprinzip steht. Ein zu hoher Einfluss des Parlaments wird bisweilen als „[[Parlamentsabsolutismus]]“ kritisiert.
 
Die vertikale Gewaltenteilung ist durch {{Art.|20|gg|juris}} GG, der Deutschland als ''demokratische und soziale'' [[Bundesstaat (Föderaler Staat)|Bundesrepublik]] konstituiert, sowie durch {{Art.|79|gg|juris}} GG gesichert, in dem festgelegt wird, dass {{"|[e]ine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder [und/oder] die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung [verändert wird,] unzulässig}} ist. Auch die Aufteilung der Macht zwischen Bund und Ländern ist im Grundgesetz festgelegt.
 
Die zeitliche Ebene ist durch die Festsetzung von Amtsperioden und regelmäßigen Wahlen (bedingt durch das [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarische Regierungssystem]]) festgelegt. Die soziale Ebene wird durch [[Grundrechte (Deutschland)|Grundrechte]] wie das [[Meinungsfreiheit|Recht auf freie Meinungsäußerung]], [[Versammlungsfreiheit]], [[Vereinigungsfreiheit]] und [[Petition]]srecht gesichert. Die dezisive Ebene wird durch die eben genannten Grundrechte und {{Art.|21|gg|juris}} GG gesichert, der den Parteien die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes gibt. Die konstitutionelle Ebene ist ebenfalls stark ausgeprägt: Das Grundgesetz schützt sich selbst (''[[Ewigkeitsklausel]]'') und den Staat vor Änderungen wichtiger Prinzipien (''[[Streitbare Demokratie]]'').


{{WikipediaDE|Politisches System der Bundesrepublik Deutschland}}
* Jonathan Shear (Hrsg.): ''Explaining Consciousness: The Hard Problem.'' MIT Press, Cambridge, MA. 1997, ISBN 978-0262692212
 
=== Kritik an der umgesetzten Gewaltenteilung ===
[[Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland]] besagt:
{{Zitat|(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.}}
 
Mit diesem Absatz des ''Ewigkeitsartikels'' wird die Demokratie begründet: das Volk ist der konstitutive Begründer der Staatsgewalt. Damit wird festgehalten, dass es keine Gewalt mehr geben darf, die nicht vom Volk ausgeht. Der Grundgesetzsatz heißt deshalb nicht {{"|Die Staatsgewalt geht vom Volke aus}}, sondern {{"|Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus}}. Die Begründer des Grundgesetzes haben damit festgelegt, dass das Volk der [[Souverän]] ist, der durch [[Wahl]]en und [[Volksabstimmung (Deutschland)|Abstimmungen]] seine Gesamtgewalt auftrennt in „besondere Organe der Gesetzgebung“, also [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] und [[Landesparlament#Landesparlamente in Deutschland|Länderparlamente]], „der vollziehenden Gewalt“, also [[Bundesregierung (Deutschland)|Regierung]] und [[öffentliche Verwaltung]], und „der [[Rechtsprechung]]“, also alle [[Gericht]]e.
 
Dazu bemerkt Richter Udo Hochschild vom [[Verwaltungsgericht Dresden]]:<ref>Udo Hochschild: {{Webarchiv | url=http://www.gewaltenteilung.de/einf_druck.htm | wayback=20140317224537 | text=''Gewaltenteilung im deutschen Bewusstsein''}}.</ref>
{{Zitat|In Deutschland ist die Justiz [[Heteronomie|fremdbestimmt]]. Sie wird von einer anderen Staatsgewalt – der Exekutive – gesteuert, an deren Spitze die Regierung steht. Deren Interesse ist primär auf Machterhalt gerichtet. Dieses sachfremde Interesse stellt eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Rechtsprechung dar. Richter sind keine Diener der Macht, sondern Diener des Rechts. Deshalb müssen Richter von Machtinteressen frei organisiert sein. In Deutschland sind sie es nicht.
 
In den stenografischen Protokollen des [[Parlamentarischer Rat|Parlamentarischen Rats]] [des deutschen Verfassungsgebers] ist wörtlich nachzulesen, dass die Verfasser des Grundgesetzes eine nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Gewaltenteilung, einen neuen Staatsaufbau im Sinne des oben dargestellten italienischen Staatsmodells wollten: ‚Die Teilung der Staatsgewalt in Gesetzgebung, ausführende Gewalt und Rechtsprechung und ihre Übertragung auf verschiedene, einander gleichgeordnete Träger‘ [Zitat aus der Sitzung des Parlamentarischen Rats vom 8. September 1948]. Der Wunsch des Verfassungsgebers fand seinen Niederschlag im Wortlaut des Grundgesetzes [z.&nbsp;B. in {{Art.|20|gg|juris}} Abs. 2 und&nbsp;3, {{Art.|92|gg|juris}}, {{Art.|97|gg|juris|text=97}} GG]. Der Staatsaufbau blieb der alte. […] Das Grundgesetz ist bis heute unerfüllt. Schon damals stieß die ungewohnte Neuerung auf heftigen Widerstand. Bereits in den Kindestagen der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] wurde die Gewaltenteilung mit dem Ziele der Beibehaltung des überkommenen, einseitig von der Exekutive dominierten Staatsaufbaus erfolgreich zerredet. Die allenthalben verbreitete Worthülse ‚Gewaltenverschränkung‘ wurde zum Sargdeckel auf der Reformdiskussion.}}
 
Die Bundesvertreterversammlung des [[Deutscher Richterbund|Deutschen Richterbundes]] (DRB) forderte am 27.&nbsp;April 2007, der Justiz die Stellung zu verschaffen, die ihr nach dem Gewaltteilungsprinzip und nach der im Grundgesetz vorgesehenen Gerichtsorganisation zugewiesen sei. Die Unabhängigkeit der Justiz werde zunehmend durch den Einfluss der Exekutive eingeschränkt.<ref>DRB: {{Webarchiv|text=''Selbstverwaltung der Justiz – Das Zwei-Säulen-Modell des DRB?'' |url=http://www.drb.de/cms/fileadmin/docs/sv_modell_070427.pdf |wayback=20140112011202 |archiv-bot=2018-04-12 08:37:36 InternetArchiveBot}} (PDF; 45&nbsp;kB), 27. April 2007.</ref>
 
Auch die [[Neue Richtervereinigung]] (NRV) setzt sich für eine Verwirklichung der Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive ein.<ref>NRV: [https://www.neuerichter.de/details/artikel/article/gesetzentwrfe-fr-Justizstrukturreformen-46.html ''Gesetzentwürfe für Justizstrukturreformen – Institutionelle Unabhängigkeit der Judikative''], 6. März 2011.</ref>
 
Diese Forderung ist allerdings bereits mehr als 50 Jahre alt. Schon der 40.&nbsp;Deutsche Juristentag 1953 hat diese Verwirklichung des Grundgesetzes angemahnt:<ref>gewaltenteilung.de: {{Webarchiv | url=http://www.gewaltenteilung.de/jur_beschluesse.htm | wayback=20140317181600 | text=Beschlüsse des 40. Deutschen Juristentages 1953}}.</ref>
 
{{Zitat|Gesetzgeberische Maßnahmen, um die Unabhängigkeit des erkennenden Richters sowohl durch die Art seiner Auswahl und Beförderung als auch durch seine Stellung gegenüber der Verwaltung institutionell zu sichern, sind notwendig zur Durchführung des Grundgesetzes.}}
 
Kritiker behaupten außerdem, dass Lobby- und Interessengruppen wie z.&nbsp;B. die Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände (z.&nbsp;B. [[Gesamtmetall]]) die fünfte Macht im Lande seien. Sie beeinflussen durch ihre Macht die Abstimmungen im Bundestag. Im Jahr 2006 waren beim Bundestag 1952 Lobbyverbände eingetragen, 1995 waren es noch 1538. So stehen jedem Abgeordneten des Bundestages ca. 2,5 Lobbyisten gegenüber.
 
== Situation in der Schweiz ==
{| class="wikitable"
|- style="background-color: #DCDCDC"
! || Legislative || Exekutive || Judikative
|-
| style="background-color: #DCDCDC" | Bundesebene
| align=center | Bundesversammlung<br /> Parlament<br /> (National- und Ständerat)
| align=center | Bundesrat
| align=center | Bundesgericht<br /> Bundesstrafgericht<br /> Bundesverwaltungsgericht
|-
| style="background-color: #DCDCDC" | Kantonsebene
| align=center | Kantonsrat<br /> Grosser Rat<br /> Landrat<br /> Parlament
| align=center | Regierungsrat<br /> Kleiner Rat<br /> Staatsrat
| align=center | Obergericht<br /> Kantonsgericht<br /> Verwaltungsgericht
|-
| style="background-color: #DCDCDC" | Gemeindeebene
| align=center | Gemeindeversammlung (oder Gemeinde-/Stadtparlament)
| align=center | Gemeinderat<br /> Stadtrat
| align=center | Bezirksgerichte<br /> Schlichtungsbehörde<br /> Friedensrichter
|-
| colspan="4" | Horizontale und vertikale Gewaltenteilung in der [[Schweiz]] mit ihren gebräuchlichsten Bezeichnungen der verschiedenen Kantone
|}
 
In der Schweiz wurden mit der [[Bundesverfassung (Schweiz)|Bundesverfassung]] von 1848 auf der Ebene des Bundes die Organe für die Exekutive, Legislative und Judikative bestimmt. Dabei sind sie zwar personell getrennt, funktionell aber nur geteilt. Jede Behörde nimmt Aufgaben wahr, die bei strenger Auffassung der Gewaltenteilung nur durch eine bestimmte Behörde ausgeübt werden dürften.
 
Die vertikale Gewaltentrennung ist in der Schweiz sehr ausgeprägt. Dabei sind hauptsächlich drei Ebenen (in Ausnahmefällen sogar vier) zu unterscheiden: Institutionen auf Bundesebene, auf Kantonsebene und auf Gemeindeebene. Einzelne Kantone kennen ferner auch Institutionen auf der Ebene der Bezirke, z.&nbsp;B. Bezirksgerichte. Die Zuständigkeit der Behörden richtet sich dabei nach dem Subsidiaritätsprinzip.
 
=== Die Gewalten auf Bundesebene ===
==== Die Legislative: Bundesversammlung ====
Die oberste gesetzgebende Behörde der Schweiz ist die [[Bundesversammlung (Schweiz)|Bundesversammlung]]. Sie besteht aus zwei gleichgestellten Kammern, die das Volk ([[Nationalrat (Schweiz)|Nationalrat]]) bzw. die Kantone ([[Ständerat]]) repräsentieren. Nach der Bundesverfassung übt die Bundesversammlung unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Kantonen auch die oberste Gewalt im Bund aus (Art.&nbsp;148 BV). Die Bundesversammlung wählt die Mitglieder der Exekutive (Bundesräte) und der Judikative (Bundesrichter) sowie im Kriegsfall den Oberbefehlshaber der [[Schweizer Armee]] (General). Sitz der Bundesversammlung ist [[Bern]].
 
==== Die Exekutive: Bundesrat ====
Der [[Bundesrat (Schweiz)|Bundesrat]] als siebenköpfiges Kollegium ist die oberste ausführende Behörde, die Regierung der Schweiz. Die Zusammensetzung des Bundesrates soll dabei repräsentativ sein für die Schweiz in Bezug auf Landesteile, Sprachen und Geschlechter. Die Bundesräte organisieren die Staatstätigkeiten und führen die Beschlüsse des Parlamentes aus. Sie bestimmen jedes Jahr turnusgemäß einen Bundesrat zum Bundespräsidenten, der als Staatsoberhaupt in erster Linie repräsentativ waltet. Jeder Bundesrat steht einem Departement der Bundesverwaltung vor. Die Stabsstelle des Bundesrates wird von einem [[Bundeskanzler (Schweiz)|Bundeskanzler]] geleitet. Der Sitz der Exekutive ist in Bern.
 
==== Die Judikative: Bundesgericht ====
Das [[Bundesgericht (Schweiz)|Bundesgericht]] ist die oberste Recht sprechende Behörde der Schweiz. Sie hat ihren Hauptsitz in [[Lausanne]]. Das Bundesgericht besteht aus 35 bis 45 ordentlichen Bundesrichtern sowie aus nebenamtlichen Bundesrichtern. Das Bundesgericht ist u.&nbsp;a. zuständig zur Beurteilung von Beschwerden wegen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte durch Rechtsakte von Bundes- oder Kantonsbehörden. Im Unterschied zu den obersten Gerichten anderer Staaten ist das Bundesgericht kein umfassendes [[Verfassungsgerichtsbarkeit|Verfassungsgericht]].
 
=== Gewalten auf Kantons- und Gemeindeebene ===
Wie auf Bundesebene existiert die Gewaltentrennung auch auf Kantons- und Gemeindeebene. Obwohl die Begriffe und teilweise die Aufgabenbereiche zwischen den einzelnen Kantonen und Gemeinden variieren, ist der Grundsatz der Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative auf allen drei Stufen gewahrt.
 
Auf kantonaler Ebene werden die Exekutiven etwa als Regierungsrat, Staatsrat ([[Französische Sprache|frz.]]: ''Conseil d’État'', [[Italienische Sprache|ital.]]: ''Consiglio di Stato''), Standeskommission oder früher auch als Kleiner Rat bezeichnet. Die Legislativen heißen Grosser Rat (frz.: ''Grand Conseil'', ital.: ''Gran Consiglio''), Kantonsrat oder Landrat. Spezialfälle sind die Landsgemeindekantone, da dort die Landsgemeinde als Legislative fungiert.
 
Die Judikativen der Kantone sind sehr unterschiedlich organisiert. Meist existiert auf Kantonsebene ein Kantons-, Ober- oder Landgericht und auf Bezirksebene Bezirksgerichte. Die Richter werden teilweise vom Volk aber auch von Kantonsparlamenten gewählt.<ref>Thomas Stadelmann: {{Webarchiv | url=http://gewaltenteilung.de/stadelmann.htm | wayback=20140317170249 | text=''Aspekte richterlicher Unabhängigkeit in der Schweiz – de iure und de facto''}}</ref>
 
Auf Gemeindeebene wird die Exekutive meist von einem (kleinen) Gemeinderat unter der Leitung eines Gemeindepräsidenten oder Stadtpräsidenten wahrgenommen. Als Legislative fungiert in kleineren Gemeinden die Gemeindeversammlung aller Stimmbürger der Gemeinde. In größeren Gemeinden und Städten existiert ein Gemeindeparlament bzw. Stadtparlament. Im [[Kanton Basel-Stadt]] wird als Spezialfall die exekutive und legislative Leitung der Gemeinde [[Basel]] vom Regierungsrat bzw. vom Kantonsrat übernommen.
 
== Situation in der EU ==
Die [[Europäische Union]] entwickelte sich von einem [[Staatenbund]] zu einem [[Staatenverbund]] und ist möglicherweise auf dem Weg zur [[Föderalismus|föderalen Republik]]. In der EU existiert zwischen Exekutive und Legislative momentan keine echte Gewaltenteilung. Die Exekutive der einzelnen Staaten – vertreten im [[Rat der Europäischen Union|EU-Ministerrat]] – hat einen sehr großen Einfluss auf die [[Rechtsetzung der EU|EU-Gesetzgebung]]. Im Gegensatz zu den nationalen Parlamenten hat das [[Europäisches Parlament|EU-Parlament]] weit weniger Einfluss auf die EU-Gesetzgebung. So besitzt beispielsweise (von einzelnen Themenbereichen abgesehen) ausschließlich die [[EU-Kommission]], die innerhalb der EU der Exekutive am nächsten kommt, das [[Initiativrecht]], also das Recht, neue [[Rechtsetzung der EU|Rechtsakte]] (Verordnungen, Richtlinien) vorzuschlagen. Außerdem hat die EU-Kommission teilweise die Möglichkeit, Verstöße zu sanktionieren, was aber eine judikative Kompetenz ist, die im Sinne der Gewaltenteilung in die Zuständigkeit der [[Gerichtshof der Europäischen Union|Gerichte der Europäischen Union]] fallen sollte.
 
Verwirklicht ist bereits die unabhängige Justiz in Form des [[Europäischer Gerichtshof|Europäischen Gerichtshofes]]. Da dieser allerdings in Streitfragen fast ausschließlich zugunsten der Kompetenzen der europäischen Ebene entschieden hat, wird teilweise an seiner Unabhängigkeit gezweifelt. Auch die [[Europäische Zentralbank]] ist von den Regierungen und den Organen der Europäischen Union unabhängig.
 
== Gewaltenteilung am Beispiel der Republik China ==
Der chinesische [[Verfassungsrecht]]ler [[Sun Yatsen]] ergänzte die Gewalten Legislative, Judikative und Exekutive um zwei weitere Kontrollgewalten zur Kontrolle der Regierung ({{zh|t=監督權|v=监察权|p=jiānchá quán}}) und Prüfung der Beamten ({{zh|kurz=|t=考試權|v=考试权|p=kǎoshì quán}}). Diese fünf Gewalten sind in der [[Republik China auf Taiwan]] in Form von Yuans institutionalisiert: [[Legislativ-Yuan]], [[Exekutiv-Yuan]], [[Justiz-Yuan]], [[Kontroll-Yuan]] und [[Prüfungs-Yuan]]. Diese Funktionen werden etwa in Deutschland vom [[Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages|Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages]], dem [[Bundesrechnungshof]], dem [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgericht]], aber auch von [[Nichtregierungsorganisation]]en und der Presse wahrgenommen.
 
== Totalitäre/identitäre Regierungsformen ==
In Staaten, deren [[Regierungssystem]] die [[Identitätstheorie (Politische Theorie)|Identitätstheorie]] in dem Sinne interpretiert, dass eine Einheit des Willens der Führung und der Bevölkerung propagiert wird (z.&nbsp;B. [[Faschismus|faschistische]] Staaten), gibt es keine Gewaltenteilung. Dies wird damit begründet, dass alle Entscheidungen Entscheidungen des Volkes sind, weshalb eine Aufteilung der Befugnisse unnötig ist. In der Realität degenerierten diese „Demokratien“ zu [[Totalitarismus|totalitären]] Staaten.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Gewaltenteilung}}
* {{WikipediaDE|Gewaltenteilung}}
* {{WikipediaDE|Trennung von Amt und Mandat}}
* {{WikipediaDE|Fraktionsdisziplin}}
* {{WikipediaDE|Funktionstrennung}}
* {{WikipediaDE|Konkordanzdemokratie}}
* {{WikipediaDE|Konkurrenzdemokratie}}
* {{WikipediaDE|Mächtegleichgewicht}}
* {{WikipediaDE|Rechtspflege}}


== Literatur ==
* {{WikipediaDE|David Chalmers}}
* A. Riklin: ''Montesquieus freiheitliches Staatsmodell. Die Identität von Machtteilung und Mischverfassung''. In: ''Politische Vierteljahresschrift''. 30.&nbsp;Jg., 1989, Heft&nbsp;3, S.&nbsp;420&nbsp;ff.
* Robert Baumann: {{Webarchiv | url=http://www.dissertationen.unizh.ch/2002/baumann/robertbaumann.pdf | wayback=20061014105101 | text=''Der Einfluss des Völkerrechts auf die Gewaltenteilung.''}} Zürich 2002 (PDF; 4,2&nbsp;MB).
* Ingeborg Maus: ''Zur Aufklärung der Demokratietheorie''. Frankfurt am Main 1992.
* Johannes Heinrichs: ''Revolution der Demokratie.'' Berlin 2003.
* Udo Hochschild: ''Gewaltenteilung als Verfassungsprinzip''. Diss. Universität Frankfurt, 2010 ([http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/8029 online]).
* Christoph Möllers: ''Gewaltengliederung. Legitimation und Dogmatik im nationalen und internationalen Rechtsvergleich''. Jus Publicum 141, Tübingen 2005, ISBN 3-16-148670-6.
* Hansjörg Seiler: ''Gewaltenteilung. Allgemeine Grundlagen und schweizerische Ausgestaltung''. Bern 1994.
* Winfried Steffani: ''Parlamentarische und präsidentielle Demokratie. Strukturelle Aspekte westlicher Demokratien.'' Opladen 1979.
* Winfried Steffani: ''Gewaltenteilung und Parteien im Wandel.''
* Quirin Weber: ''Parlament – Ort der politischen Entscheidung? Legitimationsprobleme des modernen Parlamentarismus – dargestellt am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland.'' Basel 2011.
* Reinhold Zippelius: ''Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft.'' 17., neubearbeitete Auflage, C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71296-8.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Separation of powers|Gewaltenteilung}}
 
{{Wiktionary|Gewaltenteilung}}
* [http://consc.net Website von David Chalmers]
* [http://www.cloeser.org/pub/Parlamentarische_Kontrolle_der_Exekutive.pdf ''Die parlamentarische Kontrolle der Exekutive – Instrumente, Institutionen und ihre Entwicklungslinien''] (Seminararbeit; PDF; 372&nbsp;kB)
* [http://consc.net/all-papers-by-date/ all papers of David Chalmers by date of writing]
* [http://www.gewaltenteilung.de/ Zum Status der dritten Gewalt in Deutschland und Europa]
* [http://www.larchivio.org/xoom/roaul.htm ''Der unabhängige Staatsanwalt'']


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


{{Rechtshinweis}}
[[Kategorie:Philosoph]] [[Kategorie:Kognitionswissenschaftler]] [[Kategorie:Australier]] [[Kategorie:Geboren 1966]] [[Kategorie:Mann]]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4071817-7}}
 
[[Kategorie:Gewaltenteilung|!]]
[[Kategorie:Staatsphilosophie|*101]]
[[Kategorie:Politische Philosophie|H]]
[[Kategorie:Politikwissenschaft]]
[[Kategorie:Politisches System]]
[[Kategorie:Rechtsstaat|101]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 2. Juli 2018, 22:43 Uhr

David Chalmers

David John Chalmers (* 20. April 1966 in Sydney, Australien) ist ein australischer Philosoph, der sich hauptsächlich mit Fragen der Sprachphilosophie und der Philosophie des Geistes beschäftigt und als wichtigster moderner Vertreter des Eigenschaftsdualismus gilt.

Leben

Chalmers studierte ab 1983 Mathematik an der University of Adelaide, wo sein Interesse für das Leib-Seele-Problem geweckt wurde. 1986 schloss er sein Grundstudium mit dem Bachelor of Science ab. Von 1987 schloss er ein Aufbaustudium an der University of Oxford, wo sich seine Faszination für das Problem des Bewusstsein weiter vertiefte. Schließlich reifte sein Entschluss, sein Fach zu wechseln. 1989 ging er an die Indiana University Bloomington, um sich eine solide Grundlage in den Bereichen Philosophie, Kognitionswissenschaft und künstliche Intelligenz zu verschaffen. Chalmers arbeitete an Douglas Hofstadters Center for Research on Concepts and Cognition und machte 1993 seinen Ph.D. in Philosophie und Kognitionswissenschaften. Anschließend war er bis 1995 McDonnell Fellow für Philosophie, Neurowissenschaft und Psychologie an der Washington University in St. Louis.

Von 1995 bis 1998 lehrte Chalmers Philosophie an der University of California und von 1999 bis 2004 in Tucson an der University of Arizona. Seit 2004 ist Chalmers Professor an der Australian National University in Canberra und lehrt seit 2009 parallel dazu auch an der New York University. 2013 wurde er Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und erhielt 2015 den Jean-Nicod-Preis, der seit 1993 zumeist jährlich in Paris für außergewöhnliche Leistungen im Bereich der Philosophie des Geistes oder der Kognitionswissenschaft vergeben wird.

Das schwere Problem des Bewusstseins

Chalmers zentrales Forschungsthema ist „das schwere Problem des Bewusstseins“ („the hard problem of consciousness“) - eine Formulierung, die er erstmals 1995 prägte und die seitdem zu einer stehenden Phrase in den Neurowissenschaften wurde.

„Das wirklich harte Problem des Bewusstseins ist das Problem der Erfahrung. Wenn wir denken und wahrnehmen, gibt es ein Surren von Informationsverarbeitung, aber es gibt auch einen subjektiven Aspekt. Wie Nagel (1974) es ausgedrückt hat, gibt es so etwas, wie es sich anfühlt, ein bewusster Organismus zu sein. Dieser subjektive Aspekt ist die Erfahrung.“ (Lit.: Chalmers 2010, S. 39[1])

Dass es sich dabei immerhin um eine zentrale Frage des gegenwärtigen Bewusstseinsseelenzeitalters handelt, ist nicht zu bestreiten. In der Einleitung zu „The Conscious Mind“ schreibt Chalmers:

„Bewusstsein ist das größte Mysterium. Vielleicht ist es das größte, herausragendste Hindernis für unser wissenschaftliches Verständnis des Universums. Die Physik ist noch nicht abgeschlossen, wird aber schon gut verstanden. Die Biologie hat viele Geheimnisse des Lebens gelüftet. Zwar gibt es noch Verständnislücken in diesem Bereich, aber sie scheinen überbrückbar. Wir habe ein Gespür dafür, wie eine Lösung für diese Probleme aussehen könnte; wir müssen nur die Details richtig machen.

Sogar in der Wissenschaft des Geistes wurden große Fortschritte gemacht. Neuere Arbeiten in der Kognitionswissenschaft und Neurowissenschaft führen uns zu einem besseren Verständnis des menschlichen Verhaltens und der Prozesse, die es antreiben. Wir haben nicht viele detaillierte Theorien der Kognition, um sicher zu sein, aber die Details können nicht zu weit weg sein.

Das Bewusstsein ist jedoch so verblüffend wie es jemals war. Immer noch erscheint es äußerst geheimnisvoll, dass die Verursachung des Verhaltens von einem subjektiven inneren Erleben begleitet sein soll. Wir haben guten Grund zu glauben, dass Bewusstsein von physikalischen Systemen wie Gehirnen hervorgebracht wird, aber wir haben wenig Ahnung, wie es entsteht und warum es überhaupt existiert. Wie könnte ein physikalisches System wie ein Gehirn auch ein Erfahrender sein? Warum sollte es sich irgendwie anfühlen[2], ein solches System zu sein? Die gegenwärtigen wissenschaftlichen Theorien berühren kaum die wirklich schweren Probleme des Bewusstseins. Uns fehlt nicht nur eine detaillierte Theorie; wir tappen völlig im Dunkeln darüber, wie sich das Bewusstsein in die natürliche Ordnung einfügt.

Viele Bücher und Artikel sind in den letzten Jahren über das Bewusstsein erschienen und man könnte denken, dass wir Fortschritte machen. Bei näherer Betrachtung bleiben jedoch die meisten Probleme des Bewusstseins unberührt. Meist richten sich diese Arbeiten auf das, was man die „leichten“ Probleme des Bewusstseins nennen könnte: Wie verarbeitet das Gehirn Reize aus der Umwelt? Wie integriert es die Information? Wie produzieren wir Berichte über innere Zustände? Das sind wichtige Fragen, doch sie zu beantworten löst nicht das schwierige Problem: Warum werden alle diese Prozesse von einem inneren Erleben begleitet? Manchmal wird diese Frage vollständig ignoriert; manchmal wird sie auf einen späteren Tag verschoben; und manchmal wird sie einfach als beantwortet erklärt. Aber in jedem Fall bleibt man mit dem Gefühl zurück, dass das zentrale Problem so rätselhaft wie eh und je bleibt.“ (Lit.: Chalmers 1996, S. 14[3])

Grundsätzlich denkbar sei laut Chalmers immerhin ein hypothetisches Wesen, ein „philosophischer Zombie“, der von außen nicht von einem normalen Menschen zu unterscheiden sei, auch nicht durch seine Handlungen, und ihm auch materiell in jeder Beziehung gliche, aber keine bewussten Erlebnisse habe. Das Bewusstsein sei deshalb nicht auf materielle Vorgänge reduzierbar und der Materialismus daher offensichtlich falsch. Den klassischen Dualismus von Geist und Materie lehnt Chalmers dennoch ab und spricht statt dessen von einem Eigenschaftsdualismus: Im Gegensatz zur bewusstlosen Materie, die nur physische Eigenschaften besitze, verfüge der Mensch auch über irredizible nichtphysische Eigenschaften in Form der Erlebnisinhalte des phänomenalen Bewusstseins, der sog. Qualia.

Schriften

Bücher
als Herausgeber
  • Philosophy of Mind: Classical and Contemporary Readings, Oxford University Press, Oxford 2002, ISBN 978-0195145816
Publikationen

Literatur

  • Jonathan Shear (Hrsg.): Explaining Consciousness: The Hard Problem. MIT Press, Cambridge, MA. 1997, ISBN 978-0262692212

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „The really hard problem of consciousness is the problem of experience. When we think and perceive, there is a whir of information processing, but there is also a subjective aspect. As Nagel (1974) has put it, there is something it is like to be a conscious organism. This subjective aspect is experience.“
    (Chalmers 2010, p. 39)
  2. Eine Anspielung auf: Thomas Nagel: What is it like to be a bat? In: The Philosophical Review. Cornell University, Ithaca 83/1974, S. 435–450. ISSN 0031-8108
  3. „Consciousness is the biggest mystery. It may be the largest outstanding obstacle in our quest for a scientific understanding of the universe. The science of physics is not yet complete, but it is well understood; the science of biology has removed many ancient mysteries surrounding the nature of life. There are gaps in our understanding of these fields, but they do not seem intractable. We have a sense of what a solution to these problems might look like; we just need to get the details right.
    Even in the science of the mind, much progress has been made. Recent work in cognitive science and neuroscience is leading us to a better understanding of human behavior and of the processes that drive it. We do not have many detailed theories of cognition, to be sure, but the details cannot be too far off.
    Consciousness, however, is as perplexing as it ever was. It still seems utterly mysterious that the causation of behavior should be accompanied by a subjective inner life. We have good reason to believe that consciousness arises from physical systems such as brains, but we have little idea how it arises, or why it exists at all. How could a physical system such as a brain also be an experiencer? Why should there be something it is like to be such a system? Present-day scientific theories hardly touch the really difficult questions about consciousness. We do not just lack a detailed theory; we are entirely in the dark about how consicousness fits into the natural order.
    Many books and articles on consciousness have appeared in the past few years, and one might think that we are making progress. But on a closer look, most of this work leaves the hardest problems about consciousness untouched. Often, such work addresses what might be called the “easy” problems of consciousness: How does the brain process environmental stimulation? How does it integrate information? How do we produce reports on internal states? These are important questions, but to answer them is not to solve the hard problem: Why is all this processing accompanied by an experienced inner life? Sometimes this question is ignored entirely; sometimes it is put off until another day; and sometimes it is simply declared answered. But in each case, one is left with the feeling that the central problem remains as puzzling as ever.“ (Chalmers 1996, p. 14)