Baum der Erkenntnis: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Baum der Erkenntnis''' von '''[[Gut]]''' und '''[[Böse]]''' ([[Wikipedia:hebräische Sprache|hebr.]] עץ הדעת טוב ורע °ez had-da°at tôb wâ-râ, [[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] τὸ ξύλον τοῦ εἰδέναι γνωστὸν καλοῦ καὶ πονηροῦ, [[Wikipedia:lateinisch|lat.]] lignum sapientiae boni et mali) steht nach dem Bericht der [[Wikipedia:Genesis|Genesis]] zusammen mit dem [[Baum des Lebens]] in der Mitte des [[Paradies]]esgartens.  
Der '''Baum der Erkenntnis''' von '''[[Gut]]''' und '''[[Böse]]''' ({{HeS|עץ הדעת טוב ורע}} °ez had-da°at tôb wâ-râ, {{grcS|τὸ ξύλον τοῦ εἰδέναι γνωστὸν καλοῦ καὶ πονηροῦ|to xylon tou eidenai gnōston kalou kai ponērou}}, [[lat.]] ''lignum sapientiae boni et mali'') steht nach dem Bericht der [[Genesis]] zusammen mit dem [[Baum des Lebens]] in der Mitte des [[Paradies]]esgartens. Erstmals wird an dieser Stelle in der [[Bibel]] das [[Böse]] genannt.
Der '''Baum der Erkenntnis''' ist in der Sprache der [[Elohim]], die diese bereits auf der [[Alte Sonne|alten Sonne]] entwickelt haben, der [[Physischer Leib|physische Leib]] des [[Mensch]]en. Mit dem [[Baum des Lebens]] ist hingegen der [[Ätherleib]] gemeint {{Lit|GA 253, S 58ff}}.  
Der ''Baum der Erkenntnis'' ist in der Sprache der [[Elohim]], die diese bereits auf der [[Alte Sonne|alten Sonne]] entwickelt haben, der [[Physischer Leib|physische Leib]] des [[Mensch]]en. Mit dem [[Baum des Lebens]] ist hingegen der [[Ätherleib]] gemeint {{Lit|{{G|253|58ff}}}}. In einer handschriftlichen Aufzeichnung von [[Marie Steiner]] heißt es: "Baum der Erkenntnis bedeutet menschliches Wissen." {{Lit|{{G|265|342}}}}
 
{{GZ|Dieser Baum des Lebens und
dieser Baum der Erkenntnis muß mit dem Menschenwesen selbst etwas
zu tun haben. Das Verbot, von dem Baum der Erkenntnis zu essen,
das heißt ja - das werden Sie zuletzt herausbekommen -, daß die
Seele des Menschen nicht Erkenntnis suchen soll, die am physischen
Leib haftet; daraus ist ja die jetzige sinnliche Anschauung entstanden.
«Essen von dem Baum der Erkenntnis» heißt, eben so sich verbinden
mit dem physischen Leib, daß dadurch die jetzige - und ich
habe sie ja neulich geschildert - von Luzifer bewirkte Art von Erkenntnis
entstanden ist. Also meinten die Elohim etwas am Menschenwesen
selber, indem sie vom Baum der Erkenntnis sprachen.
Und wiederum müssen sie etwas am Menschenwesen selber meinen,
wenn sie vom Baum des Lebens sprechen. Da muß man sich
fragen: Ja, wodurch sieht denn der Mensch so, wie er heute sieht?
Wodurch nimmt er denn so wahr? Indem sein Geistig-Seelisches,
durchtränkt von Luzifers Wesenheit, eingebettet ist in den physischen
Leib und an diesem zehrt. Dies war nicht von vornherein bestimmt,
daß die Seele so wie jetzt eingebettet ist in den physischen
Leib. Dieser physische Leib ist der Baum der Erkenntnis, und der
Baum des Lebens ist der Ätherleib. Die Menschen sollten, nachdem
sie sich von Luzifer haben verführen lassen, ihren physischen Leib
zu der uns gewohnten Erkenntnis benützen, nun wenigstens nicht
auch noch dazu haben die Erkenntnis durch den Ätherleib. Es wird
ihnen dies verwehrt.
 
Wenn man wirklich denkt, meine lieben Freunde, so kann man
zu solchen Gedankengängen kommen. Und dann muß man sich fragen:
Warum aber nennen denn nun die Götter in ihrer Sprache den
physischen Leib den Baum der Erkenntnis? Warum sprechen sie
von einem Baum? Und warum nennen sie denn den Ätherleib den
Baum des Lebens? Warum sprechen sie denn von Bäumen?
 
Nun, man kann leicht begreifen, was in der Sprache der Götter
gemeint ist, wenn man bedenkt, daß die Götter, von denen die Rede
ist, ihre besondere Evolution während der Sonnenzeit hatten, also
gerade vom Sonnenwesen etwas Wesentliches aufgenommen haben.
Nun überlegen Sie sich einmal: alte Saturnzeit - alles steht auf dem
Standpunkt des Mineralischen; alte Sonnenzeit - alles steht auf der
Stufe des Pflanzlichen. Wenn die Götter, die wir die Elohim nennen,
sich den Charakter ihrer Sprache also während der Sonnenzeit
angeeignet haben, so werden sie, wenn sie sich aussprechen, nicht
von dem sprechen, was man erst auf dem Mond und auf der Erde erleben
kann, sondern von dem, wozu sich der Kosmos bis zur Sonnenzeit
entwickelt hat, nämlich dem Pflanzenhaften. Deshalb sprechen
sie, wenn sie in ihrer Sprache sprechen, von Bäumen, weil sie
in der Sonnensprache sprechen.|253|60f}}


Der Paradiesesmensch war noch ein doppelgeschlechtliches, [[hermaphrodit]]isches [[Wesen]]. Durch die [[luziferisch]]e [[Versuchung]] wurde er in den [[Sündenfall]] verstrickt und nahm einen dichteren [[Physischer Leib|physischen Leib]] an, als ursprünglich vorgesehen war. Nur dadurch aber konnte er ein eigenständiges [[Ich]] entwickeln. Dadurch, dass dem Menschen zugleich auch der Zutritt zum [[Baum des Lebens]] verwehrt wurde, kam es erst zur [[Geschlechtertrennung]]. Tatsächlich sind die [[Erkenntnis]]kräfte verwandelte bzw. herabgelähmte [[Fortpflanzung]]skräfte:
Der Paradiesesmensch war noch ein doppelgeschlechtliches, [[hermaphrodit]]isches [[Wesen]]. Durch die [[luziferisch]]e [[Versuchung]] wurde er in den [[Sündenfall]] verstrickt und nahm einen dichteren [[Physischer Leib|physischen Leib]] an, als ursprünglich vorgesehen war. Nur dadurch aber konnte er ein eigenständiges [[Ich]] entwickeln. Dadurch, dass dem Menschen zugleich auch der Zutritt zum [[Baum des Lebens]] verwehrt wurde, kam es erst zur [[Geschlechtertrennung]]. Tatsächlich sind die [[Erkenntnis]]kräfte verwandelte bzw. herabgelähmte [[Fortpflanzung]]skräfte:


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{{GZ|Physisch haben wir zunächst das Weib, das befruchtet wird
"Physisch haben wir zunächst das Weib, das befruchtet wird
von oben. Das Befruchtende war der göttliche Geist im Weibe. Als die Spaltung der
von oben. Das Befruchtende war der göttliche Geist im Weibe. Als die Spaltung der
Geschlechter stattfand, trat die Differenzierung so ein, daß sich zunächst für das
Geschlechter stattfand, trat die Differenzierung so ein, daß sich zunächst für das
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hatte. Darauf folgt die Strafe, von Jahve verhängt. Neue Leiber müssen entstehen,
hatte. Darauf folgt die Strafe, von Jahve verhängt. Neue Leiber müssen entstehen,
die das Karma des vorigen Lebens austragen, der Tod und das Geborenwerden
die das Karma des vorigen Lebens austragen, der Tod und das Geborenwerden
kommen in die Welt." {{Lit|GA 93, S 231ff}}
kommen in die Welt.|93|231ff}}
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Das Essen vom Baum der Erkenntnis hängt eng zusammen mit dem Erwachen des [[Ich-Bewusstsein]]s.
 
{{GZ|Die Frucht
vom Baume der Erkenntnis genießt man, wenn man überhaupt zu
sich «Ich» zu sagen vermag.|94|211}}
 
Da das [[Blut]] der [[physisch]]e Träger des [[Ich]]s ist, hat das Essen vom Baum der Erkenntnis auch einen starken Einfluss auf das Blut. Erst mit Beginn der [[Lunge]]natmung entstand das rote Blut, das die Grundlage für das Ich-Bewusstsein und für die bewusste [[Erkenntnis]] überhaupt bildet, aber nun auch von den [[sinnlich]]en [[Begierde]]n ergriffen wurde. Dadurch wurde aber zugleich auch der Baum des Lebens abgetötet. Aus dem roten arteriellen Blut entsteht das blaue venöse Blut. [[Rudolf Steiner]] erläutert das in einem Vortrag über die [[Kreuzesholzlegende]] so:
 
{{GZ|Als Seth, der Sohn, den Gott dem Adam und der Eva anstelle des
ermordeten Abel gegeben hat, einstmals ins Paradies hineinging, fand
er miteinander verwachsen die beiden Bäume, den Baum der Erkenntnis
und den Baum des Lebens; sie schlangen ihre Äste ineinander. Und
von diesem Baum nahm Seth drei Samenkörner auf Geheiß des ihn
führenden Engels. Er bewahrte sie auf, und als Adam starb, legte er
ihm die drei Samenkörner in den Mund. Und aus dem Grabe des Adam
wuchs ein Baum heraus; dieser Baum zeigte für den, der hinzuschauen
verstand, eine Schrift in Flammenbuchstaben; es waren die Worte:
«Ehjeh asher ehjeh - Ich bin, der da war, der da ist, der da sein wird.»
Nun nahm Seth Holz von diesem Baume, der aus dem Grabe des Adam
herauswuchs, und von diesem Holz wurden mancherlei Dinge geformt:
unter andern jener Stab, der Moses' Zauberstab war. Und weiter wurde
es fortgepflanzt; geformt wurde daraus die Pforte zum Tempel Salomos,
und später, nachdem es verschiedene andere Schicksale erlebt
hatte, das Kreuz, an dem der Erlöser gehangen hat.
So bringt die Legende zusammen das Holz des Kreuzes von Golgatha
mit dem Baume, der aus den Samenkörnern des Paradiesesbaumes
aus dem Grabe des Adam herauswuchs.
 
In dieser Legende verbirgt sich dasselbe Geheimnis, das ich Ihnen
heute andeutete. Man wollte damit sagen: In Urzeiten war das Menschengeschlecht
so, daß es noch nicht heruntergesunken war zu dem
von der Begierde erfüllten Fleische, sondern keusch und rein war es,
wie die Pflanze, die der Sonne den Blütenkelch entgegenstreckt. Dann
kamen die Menschen durch den Sündenfall herunter: ihr Fleisch wurde
mit Begierde erfüllt. Aber alles, was der Mensch einst in einem unschuldsvollen
Zustand gehabt hat, soll er wieder haben, wenn er sich
durch den Erkenntnispfad den begierdelosen Leib erschaffen haben
wird, den Leib, wie er einstmals war, bevor der Mensch in die Erkenntnis
eingetreten ist; erinnern Sie sich, woher das Ich stammt. Daß er
jenen Leib nicht mehr hat, hängt damit zusammen, daß der Mensch ein
Lungenatmer geworden ist, daß er sein rotes Blut hat bilden können.
So hängt zusammen mit Atmung und Blutkreislauf die heutige Gestalt
des Menschen, und daß er ein Erkenntnisträger in der heutigen Art
werden konnte.
 
Versetzen Sie sich nun in den heutigen Leib. Da können Sie sich ein
Bild davon machen, wie der Sauerstoff hineinströmt, wie er das rote
Blut erregt, wie das rote Blut gleich einem sich verästelnden Baum
durch den ganzen Leib läuft, wie das blaue Blut dann zurückläuft, mit
Kohlensäure angefüllt.
 
Zwei Bäume haben Sie in sich: den roten und den blauen Blutbaum.
Ohne diese beiden könnte es den Menschen nicht als einen Ich-Träger
geben. Dazu muß das rote Blut aufgenommen werden; das ist der Weg,
wie unsere heutige Erkenntnis hervorgerufen wird. Aber es war verknüpft
damit der Tod; denn Sie wandeln ja das rote Blut um in das
blaue, kohlensäureerfüllte Blut. Daher sagte der alttestamentliche Geheimlehrer:
Sieh dich an, du hast in dir den roten Blutbaum; hättest du
diesen Baum nicht bekommen, du wärest nie ein erkennender Mensch
geworden. Du hast genossen von dem Baume der Erkenntnis; aber
damit ist dir zu gleicher Zeit die Möglichkeit genommen worden, aus
dir selbst dir das Leben zu geben.
 
Aus dem, was früher ein Lebensbaum war, ist ein tötender Baum geworden;
daher ist der blaue Blutbaum in uns der Baum des Todes. Das
ist der gegenwärtige Zustand. Für den Eingeweihten stellt sich aber ein
Zukunftszustand vor die Seele, wo der Mensch die Pflanzennatur in
sich hat, wo er durch den Herzapparat in sich das blaue Blut zurückverwandeln
wird in rotes Blut. Dann wird er den Baum des Todes verwandelt
haben in einen Baum des Lebens. Der Mensch ist dann ein unsterbliches
Wesen geworden; was er auf einer untergeordneten Stufe
war, wird er auf einer höheren wieder sein. Den Apparat, der heute in
der Pflanze ist, wird er dann in sich selber haben. - So daß man in dem
Paradies einen Endzustand der Menschheit hat. Und Seths Sendung
wurde so aufgefaßt, daß er das sieht, was am Ende der Zeiten ist: das
Sich-Ausgleichen der beiden Prinzipien im Menschen selber.|100|182ff}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die Tempellegende und die Goldene Legende '', [[GA 93]] (1991)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Tempellegende und die Goldene Legende '', [[GA 93]] (1991) {{Vorträge|93}}
#Rudolf Steiner: ''Probleme des Zusammenlebens in der Anthroposophischen Gesellschaft'', [[GA 253]] (1989)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (2001), ISBN 3-7274-0940-1 {{Vorträge|094}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis'', [[GA 100]] (1981), ISBN 3-7274-1000-0 {{Vorträge|100}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Probleme des Zusammenlebens in der Anthroposophischen Gesellschaft'', [[GA 253]] (1989) {{Vorträge|253}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914'', [[GA 265]] (1987), ISBN 3-7274-2650-0 {{Schule|265}}


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{{GA}}


[[Kategorie:Grundbegriffe]]
[[Kategorie:Sephiroth]]
[[Kategorie:Kabbala]]
[[en:Tree of Knowledge]]

Aktuelle Version vom 8. Februar 2022, 10:49 Uhr

Michelangelo: Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies (Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle)

Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse (hebr. עץ הדעת טוב ורע °ez had-da°at tôb wâ-râ, altgriech. τὸ ξύλον τοῦ εἰδέναι γνωστὸν καλοῦ καὶ πονηροῦ to xylon tou eidenai gnōston kalou kai ponērou, lat. lignum sapientiae boni et mali) steht nach dem Bericht der Genesis zusammen mit dem Baum des Lebens in der Mitte des Paradiesesgartens. Erstmals wird an dieser Stelle in der Bibel das Böse genannt. Der Baum der Erkenntnis ist in der Sprache der Elohim, die diese bereits auf der alten Sonne entwickelt haben, der physische Leib des Menschen. Mit dem Baum des Lebens ist hingegen der Ätherleib gemeint (Lit.: GA 253, S. 58ff). In einer handschriftlichen Aufzeichnung von Marie Steiner heißt es: "Baum der Erkenntnis bedeutet menschliches Wissen." (Lit.: GA 265, S. 342)

„Dieser Baum des Lebens und dieser Baum der Erkenntnis muß mit dem Menschenwesen selbst etwas zu tun haben. Das Verbot, von dem Baum der Erkenntnis zu essen, das heißt ja - das werden Sie zuletzt herausbekommen -, daß die Seele des Menschen nicht Erkenntnis suchen soll, die am physischen Leib haftet; daraus ist ja die jetzige sinnliche Anschauung entstanden. «Essen von dem Baum der Erkenntnis» heißt, eben so sich verbinden mit dem physischen Leib, daß dadurch die jetzige - und ich habe sie ja neulich geschildert - von Luzifer bewirkte Art von Erkenntnis entstanden ist. Also meinten die Elohim etwas am Menschenwesen selber, indem sie vom Baum der Erkenntnis sprachen. Und wiederum müssen sie etwas am Menschenwesen selber meinen, wenn sie vom Baum des Lebens sprechen. Da muß man sich fragen: Ja, wodurch sieht denn der Mensch so, wie er heute sieht? Wodurch nimmt er denn so wahr? Indem sein Geistig-Seelisches, durchtränkt von Luzifers Wesenheit, eingebettet ist in den physischen Leib und an diesem zehrt. Dies war nicht von vornherein bestimmt, daß die Seele so wie jetzt eingebettet ist in den physischen Leib. Dieser physische Leib ist der Baum der Erkenntnis, und der Baum des Lebens ist der Ätherleib. Die Menschen sollten, nachdem sie sich von Luzifer haben verführen lassen, ihren physischen Leib zu der uns gewohnten Erkenntnis benützen, nun wenigstens nicht auch noch dazu haben die Erkenntnis durch den Ätherleib. Es wird ihnen dies verwehrt.

Wenn man wirklich denkt, meine lieben Freunde, so kann man zu solchen Gedankengängen kommen. Und dann muß man sich fragen: Warum aber nennen denn nun die Götter in ihrer Sprache den physischen Leib den Baum der Erkenntnis? Warum sprechen sie von einem Baum? Und warum nennen sie denn den Ätherleib den Baum des Lebens? Warum sprechen sie denn von Bäumen?

Nun, man kann leicht begreifen, was in der Sprache der Götter gemeint ist, wenn man bedenkt, daß die Götter, von denen die Rede ist, ihre besondere Evolution während der Sonnenzeit hatten, also gerade vom Sonnenwesen etwas Wesentliches aufgenommen haben. Nun überlegen Sie sich einmal: alte Saturnzeit - alles steht auf dem Standpunkt des Mineralischen; alte Sonnenzeit - alles steht auf der Stufe des Pflanzlichen. Wenn die Götter, die wir die Elohim nennen, sich den Charakter ihrer Sprache also während der Sonnenzeit angeeignet haben, so werden sie, wenn sie sich aussprechen, nicht von dem sprechen, was man erst auf dem Mond und auf der Erde erleben kann, sondern von dem, wozu sich der Kosmos bis zur Sonnenzeit entwickelt hat, nämlich dem Pflanzenhaften. Deshalb sprechen sie, wenn sie in ihrer Sprache sprechen, von Bäumen, weil sie in der Sonnensprache sprechen.“ (Lit.:GA 253, S. 60f)

Der Paradiesesmensch war noch ein doppelgeschlechtliches, hermaphroditisches Wesen. Durch die luziferische Versuchung wurde er in den Sündenfall verstrickt und nahm einen dichteren physischen Leib an, als ursprünglich vorgesehen war. Nur dadurch aber konnte er ein eigenständiges Ich entwickeln. Dadurch, dass dem Menschen zugleich auch der Zutritt zum Baum des Lebens verwehrt wurde, kam es erst zur Geschlechtertrennung. Tatsächlich sind die Erkenntniskräfte verwandelte bzw. herabgelähmte Fortpflanzungskräfte:

„Physisch haben wir zunächst das Weib, das befruchtet wird von oben. Das Befruchtende war der göttliche Geist im Weibe. Als die Spaltung der Geschlechter stattfand, trat die Differenzierung so ein, daß sich zunächst für das weibliche Geschlecht die geistigen Befruchtungsorgane in Weisheitsorgane verwandelten. Die männliche Kraft, die das Weib in sich hatte, die verwandelte die schöpferische Kraft in die Organe der Weisheit. So blieb dem Weibe die Hälfte der hervorbringenden Kraft; dem Manne blieb die schöpferische physische Kraft. Durch diese Trennung entstanden physisch das Rückenmark und das Gehirn mit den Nervensträngen, dargestellt in dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis. Das Organ der Weisheit ist ausgebildet in den Rückgratringen mit dem Rückenmark und dessen Ausdehnung im Gehirn. Von da an ist eine Zweiheit im Menschen: Das sind die zwei Bäume in der biblischen Urkunde, der Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens. Es wird bekanntlich dem zweigeschlechtlichen Menschen verboten, vom Baume der Erkenntnis zu essen. Die Kraft, die Jahve in den Menschen gelegt hatte, war: seine Weisheit im Weibe wirken zu lassen. «Du sollst nicht essen vom Baume der Erkenntnis», heißt so viel wie: Du sollst nicht die befruchtende Kraft abtrennen und selbständig machen.– Denn dadurch geht dem Weibe die Jahve-Kraft, die befruchtende Kraft verloren. Als das Weib vom Baume der Erkenntnis aß, legte es den Grund dazu, selbständig in der Weisheit zu werden und somit aufzuhören, ein unselbständiges Werkzeug Jahves zu bleiben, wie dieser es geplant hatte. Darauf folgt die Strafe, von Jahve verhängt. Neue Leiber müssen entstehen, die das Karma des vorigen Lebens austragen, der Tod und das Geborenwerden kommen in die Welt.“ (Lit.:GA 93, S. 231ff)

Das Essen vom Baum der Erkenntnis hängt eng zusammen mit dem Erwachen des Ich-Bewusstseins.

„Die Frucht vom Baume der Erkenntnis genießt man, wenn man überhaupt zu sich «Ich» zu sagen vermag.“ (Lit.:GA 94, S. 211)

Da das Blut der physische Träger des Ichs ist, hat das Essen vom Baum der Erkenntnis auch einen starken Einfluss auf das Blut. Erst mit Beginn der Lungenatmung entstand das rote Blut, das die Grundlage für das Ich-Bewusstsein und für die bewusste Erkenntnis überhaupt bildet, aber nun auch von den sinnlichen Begierden ergriffen wurde. Dadurch wurde aber zugleich auch der Baum des Lebens abgetötet. Aus dem roten arteriellen Blut entsteht das blaue venöse Blut. Rudolf Steiner erläutert das in einem Vortrag über die Kreuzesholzlegende so:

„Als Seth, der Sohn, den Gott dem Adam und der Eva anstelle des ermordeten Abel gegeben hat, einstmals ins Paradies hineinging, fand er miteinander verwachsen die beiden Bäume, den Baum der Erkenntnis und den Baum des Lebens; sie schlangen ihre Äste ineinander. Und von diesem Baum nahm Seth drei Samenkörner auf Geheiß des ihn führenden Engels. Er bewahrte sie auf, und als Adam starb, legte er ihm die drei Samenkörner in den Mund. Und aus dem Grabe des Adam wuchs ein Baum heraus; dieser Baum zeigte für den, der hinzuschauen verstand, eine Schrift in Flammenbuchstaben; es waren die Worte: «Ehjeh asher ehjeh - Ich bin, der da war, der da ist, der da sein wird.» Nun nahm Seth Holz von diesem Baume, der aus dem Grabe des Adam herauswuchs, und von diesem Holz wurden mancherlei Dinge geformt: unter andern jener Stab, der Moses' Zauberstab war. Und weiter wurde es fortgepflanzt; geformt wurde daraus die Pforte zum Tempel Salomos, und später, nachdem es verschiedene andere Schicksale erlebt hatte, das Kreuz, an dem der Erlöser gehangen hat. So bringt die Legende zusammen das Holz des Kreuzes von Golgatha mit dem Baume, der aus den Samenkörnern des Paradiesesbaumes aus dem Grabe des Adam herauswuchs.

In dieser Legende verbirgt sich dasselbe Geheimnis, das ich Ihnen heute andeutete. Man wollte damit sagen: In Urzeiten war das Menschengeschlecht so, daß es noch nicht heruntergesunken war zu dem von der Begierde erfüllten Fleische, sondern keusch und rein war es, wie die Pflanze, die der Sonne den Blütenkelch entgegenstreckt. Dann kamen die Menschen durch den Sündenfall herunter: ihr Fleisch wurde mit Begierde erfüllt. Aber alles, was der Mensch einst in einem unschuldsvollen Zustand gehabt hat, soll er wieder haben, wenn er sich durch den Erkenntnispfad den begierdelosen Leib erschaffen haben wird, den Leib, wie er einstmals war, bevor der Mensch in die Erkenntnis eingetreten ist; erinnern Sie sich, woher das Ich stammt. Daß er jenen Leib nicht mehr hat, hängt damit zusammen, daß der Mensch ein Lungenatmer geworden ist, daß er sein rotes Blut hat bilden können. So hängt zusammen mit Atmung und Blutkreislauf die heutige Gestalt des Menschen, und daß er ein Erkenntnisträger in der heutigen Art werden konnte.

Versetzen Sie sich nun in den heutigen Leib. Da können Sie sich ein Bild davon machen, wie der Sauerstoff hineinströmt, wie er das rote Blut erregt, wie das rote Blut gleich einem sich verästelnden Baum durch den ganzen Leib läuft, wie das blaue Blut dann zurückläuft, mit Kohlensäure angefüllt.

Zwei Bäume haben Sie in sich: den roten und den blauen Blutbaum. Ohne diese beiden könnte es den Menschen nicht als einen Ich-Träger geben. Dazu muß das rote Blut aufgenommen werden; das ist der Weg, wie unsere heutige Erkenntnis hervorgerufen wird. Aber es war verknüpft damit der Tod; denn Sie wandeln ja das rote Blut um in das blaue, kohlensäureerfüllte Blut. Daher sagte der alttestamentliche Geheimlehrer: Sieh dich an, du hast in dir den roten Blutbaum; hättest du diesen Baum nicht bekommen, du wärest nie ein erkennender Mensch geworden. Du hast genossen von dem Baume der Erkenntnis; aber damit ist dir zu gleicher Zeit die Möglichkeit genommen worden, aus dir selbst dir das Leben zu geben.

Aus dem, was früher ein Lebensbaum war, ist ein tötender Baum geworden; daher ist der blaue Blutbaum in uns der Baum des Todes. Das ist der gegenwärtige Zustand. Für den Eingeweihten stellt sich aber ein Zukunftszustand vor die Seele, wo der Mensch die Pflanzennatur in sich hat, wo er durch den Herzapparat in sich das blaue Blut zurückverwandeln wird in rotes Blut. Dann wird er den Baum des Todes verwandelt haben in einen Baum des Lebens. Der Mensch ist dann ein unsterbliches Wesen geworden; was er auf einer untergeordneten Stufe war, wird er auf einer höheren wieder sein. Den Apparat, der heute in der Pflanze ist, wird er dann in sich selber haben. - So daß man in dem Paradies einen Endzustand der Menschheit hat. Und Seths Sendung wurde so aufgefaßt, daß er das sieht, was am Ende der Zeiten ist: das Sich-Ausgleichen der beiden Prinzipien im Menschen selber.“ (Lit.:GA 100, S. 182ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.