Baum der Erkenntnis

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Michelangelo: Sündenfall und Vertreibung aus dem Paradies (Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle)

Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse (hebr. עץ הדעת טוב ורע °ez had-da°at tôb wâ-râ, griech. τὸ ξύλον τοῦ εἰδέναι γνωστὸν καλοῦ καὶ πονηροῦ, lat. lignum sapientiae boni et mali) steht nach dem Bericht der Genesis zusammen mit dem Baum des Lebens in der Mitte des Paradiesesgartens. Erstmals wird an dieser Stelle in der Bibel das Böse genannt. Der Baum der Erkenntnis ist in der Sprache der Elohim, die diese bereits auf der alten Sonne entwickelt haben, der physische Leib des Menschen. Mit dem Baum des Lebens ist hingegen der Ätherleib gemeint (Lit.: GA 253, S. 58ff). In einer handschriftlichen Aufzeichnung von Marie Steiner heißt es: "Baum der Erkenntnis bedeutet menschliches Wissen." (Lit.: GA 265, S. 342)

"Dieser Baum des Lebens und dieser Baum der Erkenntnis muß mit dem Menschenwesen selbst etwas zu tun haben. Das Verbot, von dem Baum der Erkenntnis zu essen, das heißt ja - das werden Sie zuletzt herausbekommen -, daß die Seele des Menschen nicht Erkenntnis suchen soll, die am physischen Leib haftet; daraus ist ja die jetzige sinnliche Anschauung entstanden. «Essen von dem Baum der Erkenntnis» heißt, eben so sich verbinden mit dem physischen Leib, daß dadurch die jetzige - und ich habe sie ja neulich geschildert - von Luzifer bewirkte Art von Erkenntnis entstanden ist. Also meinten die Elohim etwas am Menschenwesen selber, indem sie vom Baum der Erkenntnis sprachen. Und wiederum müssen sie etwas am Menschenwesen selber meinen, wenn sie vom Baum des Lebens sprechen. Da muß man sich fragen: Ja, wodurch sieht denn der Mensch so, wie er heute sieht? Wodurch nimmt er denn so wahr? Indem sein Geistig-Seelisches, durchtränkt von Luzifers Wesenheit, eingebettet ist in den physischen Leib und an diesem zehrt. Dies war nicht von vornherein bestimmt, daß die Seele so wie jetzt eingebettet ist in den physischen Leib. Dieser physische Leib ist der Baum der Erkenntnis, und der Baum des Lebens ist der Ätherleib. Die Menschen sollten, nachdem sie sich von Luzifer haben verführen lassen, ihren physischen Leib zu der uns gewohnten Erkenntnis benützen, nun wenigstens nicht auch noch dazu haben die Erkenntnis durch den Ätherleib. Es wird ihnen dies verwehrt.

Wenn man wirklich denkt, meine lieben Freunde, so kann man zu solchen Gedankengängen kommen. Und dann muß man sich fragen: Warum aber nennen denn nun die Götter in ihrer Sprache den physischen Leib den Baum der Erkenntnis? Warum sprechen sie von einem Baum? Und warum nennen sie denn den Ätherleib den Baum des Lebens? Warum sprechen sie denn von Bäumen?

Nun, man kann leicht begreifen, was in der Sprache der Götter gemeint ist, wenn man bedenkt, daß die Götter, von denen die Rede ist, ihre besondere Evolution während der Sonnenzeit hatten, also gerade vom Sonnenwesen etwas Wesentliches aufgenommen haben. Nun überlegen Sie sich einmal: alte Saturnzeit - alles steht auf dem Standpunkt des Mineralischen; alte Sonnenzeit - alles steht auf der Stufe des Pflanzlichen. Wenn die Götter, die wir die Elohim nennen, sich den Charakter ihrer Sprache also während der Sonnenzeit angeeignet haben, so werden sie, wenn sie sich aussprechen, nicht von dem sprechen, was man erst auf dem Mond und auf der Erde erleben kann, sondern von dem, wozu sich der Kosmos bis zur Sonnenzeit entwickelt hat, nämlich dem Pflanzenhaften. Deshalb sprechen sie, wenn sie in ihrer Sprache sprechen, von Bäumen, weil sie in der Sonnensprache sprechen." (Lit.: GA 253, S. 60f)

Der Paradiesesmensch war noch ein doppelgeschlechtliches, hermaphroditisches Wesen. Durch die luziferische Versuchung wurde er in den Sündenfall verstrickt und nahm einen dichteren physischen Leib an, als ursprünglich vorgesehen war. Nur dadurch aber konnte er ein eigenständiges Ich entwickeln. Dadurch, dass dem Menschen zugleich auch der Zutritt zum Baum des Lebens verwehrt wurde, kam es erst zur Geschlechtertrennung. Tatsächlich sind die Erkenntniskräfte verwandelte bzw. herabgelähmte Fortpflanzungskräfte:

"Physisch haben wir zunächst das Weib, das befruchtet wird von oben. Das Befruchtende war der göttliche Geist im Weibe. Als die Spaltung der Geschlechter stattfand, trat die Differenzierung so ein, daß sich zunächst für das weibliche Geschlecht die geistigen Befruchtungsorgane in Weisheitsorgane verwandelten. Die männliche Kraft, die das Weib in sich hatte, die verwandelte die schöpferische Kraft in die Organe der Weisheit. So blieb dem Weibe die Hälfte der hervorbringenden Kraft; dem Manne blieb die schöpferische physische Kraft. Durch diese Trennung entstanden physisch das Rückenmark und das Gehirn mit den Nervensträngen, dargestellt in dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis. Das Organ der Weisheit ist ausgebildet in den Rückgratringen mit dem Rückenmark und dessen Ausdehnung im Gehirn. Von da an ist eine Zweiheit im Menschen: Das sind die zwei Bäume in der biblischen Urkunde, der Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens. Es wird bekanntlich dem zweigeschlechtlichen Menschen verboten, vom Baume der Erkenntnis zu essen. Die Kraft, die Jahve in den Menschen gelegt hatte, war: seine Weisheit im Weibe wirken zu lassen. «Du sollst nicht essen vom Baume der Erkenntnis», heißt so viel wie: Du sollst nicht die befruchtende Kraft abtrennen und selbständig machen.– Denn dadurch geht dem Weibe die Jahve-Kraft, die befruchtende Kraft verloren. Als das Weib vom Baume der Erkenntnis aß, legte es den Grund dazu, selbständig in der Weisheit zu werden und somit aufzuhören, ein unselbständiges Werkzeug Jahves zu bleiben, wie dieser es geplant hatte. Darauf folgt die Strafe, von Jahve verhängt. Neue Leiber müssen entstehen, die das Karma des vorigen Lebens austragen, der Tod und das Geborenwerden kommen in die Welt." (Lit.: GA 93, S. 231ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Tempellegende und die Goldene Legende , GA 93 (1991)
  2. Rudolf Steiner: Probleme des Zusammenlebens in der Anthroposophischen Gesellschaft, GA 253 (1989)
  3. Rudolf Steiner: Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914, GA 265 (1987), ISBN 3-7274-2650-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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