Étienne Bonnot de Condillac: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 3. Februar 2018, 16:30 Uhr

Étienne Bonnot de Condillac

Étienne Bonnot de Condillac (* 30. September 1714 in Grenoble; † 3. August 1780 in Lailly-en-Val bei Beaugency) war ein französischer Philosoph, Logiker und Geistlicher (Abbé de Mureau). Condillac war ein typischer Vertreter der Aufklärung und entwickelte ausgehend von John Locke (1632-1704) eine Erkenntnistheorie des Sensualismus.

Abhandlung über die Empfindungen

In seinem bedeutensten Werk, der Abhandlung über die Empfindungen (Traité des sensations), schreibt Condillac in seiner an die Gräfin de Vassé gerichteten Vorrede:

„Der Hauptzweck dieses Werkes ist der, zu zeigen, wie alle unsere Erkenntnisse und alle unsere Fähigkeiten aus den Sinnen stammen, · oder, genauer zu reden, aus den Empfindungen; denn in Wahrheit sind die Sinne nur Veranlassung. Sie empfinden nicht, sondern allein die Seele empfindet auf Veranlassung der Organe, und aus den Empfindungen, durch welche ihr Zustand sich lindert, gewinnt sie alle ihre Erkenntnisse und Fähigkeiten.“ (Lit.: Condillac, S. 7)

Condillac entwickelt seine Philosophie am Beispiel einer lebendigen menschlichen Statue, die ganz von einer Marmorhülle umgeben sei, die ihr den Gebrauch der Sinnesorgane zunächst nicht erlaube. Der Mensch sei daher anfangs noch ohne jegliche Vorstellung. Nach und nach werden nun die einzelnen Sinne freigegeben und eröffnen ihm immer mehr Erkenntnisse. So werden nach und nach der Geruchsinn, der Gehörsinn, der Geschmackssinn und der Gesichtssinn erweckt. Alle diese Sinne seien aber nur passiv. Erst durch den zuletzt freigelegten Tastsinn kommt der Mensch aktiv tätig in Berührung mit der Außenwelt, die er nun von seinem eigenen Körper unterscheide. Erst dadurch könne er eine wirklich klare Vorstellung der Außenwelt gewinnen und erst dadurch würde er auch in seiner Innenwelt die Vorstellung seines eigenständigen, tätigen Ichs entwickeln, das aktiv neue Erfahrungen sammelt.

Karl Vorländer fasst die Grundgedanken von Condillacs Hauptwerk wie folgt zusammen:

„Alle Bewußtseinstätigkeit hat sich aus der sinnlichen Wahrnehmung entwickelt, ist umgeformtes Empfinden. So besteht Aufmerksamkeit in der Hingabe an eine Empfindung, Erinnerung in deren Nachwirkung. Vergleichen und urteilen ist nichts anderes als: zwei Empfindungen zu gleicher Zeit haben und auf sie achten; das bloße Nebeneinandersein beider bringt von selbst die Empfindung des Verhältnisses oder der Beziehung mit sich. Abstrahieren heißt: eine Empfindung aus den anderen absondern. Die allmähliche Entstehung und Entwicklung der Sinnesempfindungen macht Condillac an dem fingierten Beispiel einer menschlichen Statue klar, an der die einzelnen Sinne nacheinander erwachen: zuerst der niedrigste, der Geruchsinn, zuletzt der höchste, der Tastsinn, welcher zuerst die Vorstellung einer Außenwelt in uns hervorruft und die übrigen Sinne über sie urteilen lehrt. An dem hypothetisch angenommenen Beispiel eines isoliert lebenden Menschen macht er dann weiter klar, wie auch die Ethik sich auf einer Empfindung, nämlich dem Gefühl der Lust und Unlust, auf baut, aus dem nacheinander das Bedürfnis, das Verlangen, die Leidenschaften, das Wollen entstehen. Gut und schön nennen wir das, was uns Lust gewährt. Das Abstrahieren geschieht mit Hilfe von Zeichen, deren Theorie erst die letzten Schriften Condillacs (Logik 1781, Sprache der Calcüle 1798) ausbauen. Alle Wahrheiten betreffen die Verhältnisse zwischen den Ideen, insbesondere die Gleichheitsbeziehungen zwischen ihnen. Alles Denken ist im letzten Grunde ein Rechnen, ja selbst das Drama eines Corneille eigentlich nur ein richtig gelöstes Rechenexempel. Die Dekomposition der Erscheinungen und Kombination von Ideen erfolgt vermittelst der Sprache, deren Dialekte die Gebärden-, Laut-, Ziffern-, Buchstabensprache und Infinitesimalrechnung, deren Grammatik die Logik ist. Der Fortschritt der Wissenschaft besteht nur darin, primitive und ungenügende Bezeichnungen durch schärfere und feiner ausgebildete zu ersetzen.“ (Lit.: Vorländer, S. 135f)

Rudolf Steiner bemerkt zur Philosophie Condillacs:

„Andere haben die Gedanken Lockes zu anderen Ergebnissen geführt. Ein Beispiel dafür ist Condillac (1715 bis 1780). Er meint, wie Locke, alle Welterkenntnis müsse, ja könne nur auf der Beobachtung der Sinne und dem Denken beruhen. Doch schritt er bis zu der äußersten Konsequenz weiter: das Denken habe für sich keine selbständige Wirklichkeit; es sei weiter nichts als eine verfeinerte, umgewandelte äußere Sinneswahrnehmung. Somit dürfen in ein Weltbild, das der Wahrheit entsprechen soll, nur Sinnesempfindungen aufgenommen werden. Seine Erläuterung in dieser Richtung ist vielsagend: Man nehme den seelisch noch ganz unaufgeweckten Menschenleib und denke sich einen Sinn nach dem anderen erwachend. Was hat man nun an diesem empfindenden Leibe mehr, als vorher an dem nicht empfindenden? Einen Leib, auf den die Umwelt Eindrücke gemacht hat. Diese Eindrücke der Umwelt haben ganz und gar das bewirkt, was ein «Ich» zu sein vermeint. - Diese Weltanschauung kommt zu keiner Möglichkeit, das «Ich», die selbstbewußte «Seele», irgendwo zu erfassen, und sie kommt zu keinem Weltbilde, in dem dieses «Ich» vorkommen könnte. Es ist die Weltanschauung, welche dadurch mit der selbstbewußten Seele fertig zu werden sucht, daß sie sie hinwegbeweist.“ (Lit.:GA 18, S. 120)

Werke (Auswahl)

  • Essai sur l’origine des connaissances humaines (1746)
  • Traité des systèmes (1749)
  • Traité des sensations (1754)
    • Deutsch: Abhandlung über die Empfindungen. (Traité des sensations.) Hrsg. v. Lothar Kreimendahl. Meiner, Hamburg 1983. ISBN 978-3-7873-0564-3
  • Traité des animaux (1755)
  • Cours d’études (1775)
  • Le Commerce et le gouvernement considérés relativement l’un à l’autre (1776)
  • La Logique ou l’art de penser (1780)
  • La Langue des calculs (1798) posthum.

Siehe auch

Literatur

  1. Étienne Bonnot de Condillac, Eduard Johnson (Übers.): Condillacs Abhandlung über die Empfindungen, Verlag der Dürr'schen Buchhandlung, Leipzig 1870 archive.org
  2. Karl Vorländer: Geschichte der Philosophie, Band 2, Leipzig 1919 zeno.org
  3. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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Weblinks

 Wikisource: Étienne Bonnot de Condillac – Quellen und Volltexte (français)