Tonart und Takt (Musik): Unterschied zwischen den Seiten

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Eine '''Tonart''' wird im Rahmen der seit etwa 1600 etablierten [[Dur-Moll-Tonalität]] durch die Feststellung des [[Tongeschlecht]]s (Dur oder Moll) und des [[Grundton]]s der verwendeten [[Tonleiter]] bestimmt.<ref>Lemacher-Schroeder: ''Harmonielehre'', Köln 1958, S. 27</ref>
[[Datei:Metrum-takt-rhythmus.svg|mini|hochkant=1.4|Zusammenhang von [[Grundschlag]], Takt, [[Metrum (Musik)|Metrum]] und [[Rhythmus (Musik)|Rhythmus]]]]


Beispiel: Tongeschlecht ''Dur'' mit Grundton ''D'' ergibt die Tonart ''D-Dur''.
Der '''Takt''' (von {{laS|''tactus''}} ‚Berührung‘, ‚Stoß‘) ist in der [[Musik]] eine zeitliche Gruppierung der Noten eines Musikstückes (z.&nbsp;B. ''der erste Takt des Stücks'', ''der letzte Takt''). Ein Stück wird also durch die Takte gegliedert. Wenn alle oder die meisten Takte eines Stückes oder Abschnittes die gleiche Gruppierung oder '''Taktart''' haben, dann wird dies auch als ''Takt'' des Stückes oder Abschnittes bezeichnet ''(dieses Stück steht im Dreivierteltakt)''.


Die denkbare alternative Definition über die Festlegung von Grundton und Art der verwendeten Tonleiter wäre problematisch, weil den drei verschiedenen Formen der Molltonleiter (natürlich, melodisch, harmonisch) nicht drei, sondern nur eine Molltonart entspricht. Das Tongeschlecht ist also entscheidender als die Struktur der Leiter.
Der Takt (die Taktart) eines Stückes beschreibt in der Regel ein Muster gleicher [[Grundschlag|Grundschläge]] und [[Zählzeit]]en, wodurch die grundlegende zeitliche Struktur des Stückes entsteht. Durch die wechselnden [[Notenwert]]e, die mit den Zählzeiten eines Taktes zusammenfallen oder aber von ihnen abweichen können, entstehen die [[Rhythmus (Musik)|Rhythmen]] des Stückes. Gefühlt wird der Takt in Musik europäischer Prägung durch regelmäßige Betonungen des Grundschlags, was auch als ''Puls'' bezeichnet wird.


Dies gilt jedoch nur, solange das traditionelle Dur-Moll-System nicht verlassen wird. Bezieht man z.&nbsp;B. [[modale Tonleitern]] mit ein, ändern sich die Verhältnisse.
== Taktart ==
Die Taktart definiert sich danach, wie viele Puls- oder Grundschläge eines [[Notenwert]]es zusammengehören. So enthält ein {{Bruch|4|4}}-Takt vier Grundschläge oder Zählzeiten im Wert je einer Viertelnote. Die obere Zahl der Taktangabe bedeutet also die Anzahl der Schläge im Takt, die untere Zahl bedeutet den Notenwert jedes dieser Schläge.


== Tonartliche Verhältnisse in Musikstücken ==
Zudem wird einer Taktart meistens eine [[Metrum (Musik)|metrische]] Struktur, also eine Betonungsordnung zugewiesen (daher auch der Name Akzentstufentakt; manchmal werden deshalb die Wörter ''Takt'' und ''Metrum'' gleichbedeutend verwendet). Im Fall des {{Bruch|4|4}}-Takts wäre das beispielsweise:
Tonale Musikstücke stehen in einer bestimmten Tonart, das heißt, ihre wichtigsten Abschnitte (vor allem der Schluss, oft auch der Anfang) sind in dieser Tonart komponiert. Mittels Methoden wie [[Modulation (Musik)|Modulation]] und [[Rückung]] können die Tonarten innerhalb eines Stücks wechseln; meist wird dabei irgendwann zur Haupttonart zurückgekehrt. Diese dominiert daher in der Regel innerhalb des Stückes und bestimmt so seinen Charakter mit.
: ''schwer – leicht – halbschwer – leicht''
oder auch nur
: ''schwer – leicht – schwer – leicht''
Bestimmte Musikstile wie etwa der [[Swing (Rhythmus)|Swing]] verwenden hingegen eine [[Backbeat]]-Betonung, also:
: ''leicht – schwer – leicht – schwer''


Die Tonart eines Stückes kann insgesamt [[Transposition (Musik)|transponiert]] werden, indem ein anderer Grundton gewählt und alle Töne des Stückes im gleichen Abstand zu den Originaltönen versetzt werden, so dass ihre [[Intervall (Musik)|Intervalle]] zueinander und damit das Tongeschlecht unverändert bleiben. Dadurch ändert sich der wesentliche Charakter des Stückes also nicht. Transponieren ist üblich und legitim, etwa um ein Stück der Stimmlage von Sängern oder Grundstimmung von Instrumenten anzupassen. In der [[Kunstmusik]] wird jedoch zum einen seit etwa 1700 die Tonart oft ausdrücklich festgelegt und im Namen des Stücks genannt; somit ist die angegebene Tonart wesentlich für den vom Komponisten gewünschten Charakter des Stückes und damit für seine Aufführung. Dementsprechend werden bis zur [[Vorklassik]] unterschiedliche nicht [[Gleichstufige Stimmung|gleichstufige Stimmungen]] verwendet. Im Barockzeitalter wurden zudem mehrere Abhandlungen über den jeweiligen [[Tonartencharakter]] veröffentlicht.
[[Daniel Gottlob Türk]] hat das 1789 als „die richtige Einteilung einer gewissen Anzahl Noten, welche in einer bestimmten Zeit gespielt werden sollen“ und „das Verhältnis, nach welchem in der Musik eine Anzahl von Noten in einem gewissen Zeitraum eingeteilt wird“ beschrieben.<ref>Daniel Gottlob Türk: ''Klavierschule ...'' Leipzig und Halle 1789, S. 89</ref>


== Notation mit Vorzeichen ==
Man unterscheidet:
Die übliche europäische [[Notation (Musik)|Notation]] geht von den sieben Stammtönen der C-Dur-Tonleiter aus (a, h, c, d, e, f, g) und bezeichnet alle davon abweichenden Tonstufen der gewünschten Tonart mit Hilfe von [[Versetzungszeichen]] (Kreuze oder Bes). Mit der Tonart eines Stückes sind auch die darin in Relation zu C-Dur versetzten Tonstufen von vornherein festgelegt, so dass sie als [[Vorzeichen (Musik)|Vorzeichen]] zu Beginn des Notensystems jeder Zeile notiert werden und damit die reguläre gleichbleibende Versetzung dieser Tonstufen für die Gesamtdauer eines Stückes oder Abschnitts markieren. In Verbindung mit dem Schlusston und/oder Schlussakkord geben diese Vorzeichen also einen Hinweis auf die Tonart, in der dieses Stück oder dieser Abschnitt stehen.
* ''Einfache Taktarten'' (Grundtaktarten) der Zähler ist eine 2 oder 3, in seltenen Fällen auch eine 1 (Beispiele: {{Bruch|2|2|}}, {{Bruch|2|4}} oder {{Bruch|3|4}}, {{Bruch|3|8}}). Die Taktart ist „einfach“, weil es nur eine betonte Zählzeit gibt. Es gibt in solchen Taktarten keine Nebenbetonungen:
: ''betont – unbetont'' = „Zweiertakt“
: ''betont – unbetont – unbetont'' = „Dreiertakt“
: Einfache Taktarten korrespondieren mit der zwei- bzw. dreisilbigen Metrik der Dichtkunst, wo jede zweite oder jede dritte Silbe betont wird.


Die Art und Anzahl der Vorzeichen ergibt sich aus der Entfernung der jeweiligen Tonart von der Ausgangstonart C-Dur, wie sie durch die Anordnung aller Tonarten im [[Quintenzirkel]] ersichtlich wird. Dabei bezeichnet jede Vorzeichen-Variante jeweils eine Dur-Tonart und die dazugehörige [[Paralleltonart|parallele natürliche Molltonart]]. Ein Stück ohne Vorzeichen kann also in C-Dur oder in a-Moll stehen; ein Stück mit einem Kreuz in G-Dur oder e-Moll, eins mit einem Be in F-Dur oder d-Moll usw. Eine verlässliche Entscheidung kann meist nur mit Blick auf den Schlusston (und/oder Schlussakkord) getroffen werden, der fast immer mit dem Grundton identisch ist (oder ihn enthält).
* ''Zusammengesetzte Taktarten'' – die Takte sind Zusammenfassungen von Zweiergruppen und/oder Dreiergruppen, d.&nbsp;h. der Zähler lässt sich in eine Addition von Zweien und Dreien zerlegen (Beispiele: {{Bruch|4|4}}, {{Bruch|6|4}}, {{Bruch|8|4}}, {{Bruch|4|8}}, {{Bruch|6|8}}, {{Bruch|8|8}}, {{Bruch|9|8}}, aber auch {{Bruch|5|4}}, {{Bruch|7|8}}, {{Bruch|12|16}}). Aufgrund der möglichen Mehrdeutigkeiten beim Untergliedern ist die Betonungsverteilung ([[Metrum (Musik)|Metrik]]) gelegentlich nicht aus der Taktart ablesbar (z.&nbsp;B. {{Bruch|5|8}} = {{Bruch|2|8}} + {{Bruch|3|8}} oder {{Bruch|3|8}} + {{Bruch|2|8}}).


Auch die Modi werden mit Hilfe von Vorzeichen notiert; hier können bestimmte Vorzeichen jedoch je nach dem Grundton desselben Tonvorrats verschiedene Modi bezeichnen. Eine Tonleiter mit zwei Kreuzen zum Beispiel, die die Töne von D-Dur enthält, kann ausgehend vom Grundton e E-Dorisch, ausgehend vom Grundton a A-Mixolydisch, vom Grundton g dagegen G-lydisch sein.
Weiters werden unterschieden:
* ''Gerade Taktarten'' – bestehend aus einer oder zwei 2er-Gruppen (Beispiele: {{Bruch|2|2}}, {{Bruch|2|4}}, {{Bruch|4|4}})
* ''Ungerade Taktarten'' – bestehend aus 3er-, dazu eventuell auch 2er-Gruppen (Beispiele: {{Bruch|3|8}}, {{Bruch|3|4}}, {{Bruch|6|4}}, {{Bruch|5|8}}, {{Bruch|5|4}}, {{Bruch|6|8}}, {{Bruch|7|8}})<ref>www.theorie-musik.de: [https://www.theorie-musik.de/grundlagen/taktarten/ Taktarten].</ref>


Andere Tonleitern als Dur, natürliches Moll und Kirchentonarten – etwa Harmonisch-Moll oder Tonleitern aus osteuropäischer, jüdischer oder arabischer Musik – werden nicht durch reguläre Vorzeichen zu Beginn des Notensystems, sondern durch jeweils vor Einzelnoten gesetzte  Versetzungs- oder [[Auflösungszeichen]] notiert, die von den Tonstufen einer zugrunde gelegten Dur- oder Molltonleiter abweichen. Hierin spiegelt sich wider, dass Dur und Moll in der neuzeitlichen abendländischen Musik als Regel, andere Tonleiterarten als Ausnahmen betrachtet werden.
Dreiteilige Taktarten nennt man auch '''Tripeltakt'''. Von den ungeraden Taktarten wurden in der klassischen Musik nur die dreiteiligen Taktarten regelmäßig verwendet (z.&nbsp;B. {{Bruch|3|1}}, {{Bruch|3|2}}, {{Bruch|3|4}}, {{Bruch|3|8}} oder {{Bruch|9|8}}).


In der [[Freie Tonalität|freitonalen]] und [[Atonale Musik|atonalen]] Musik wird in der Regel auf eine globale Angabe von Vorzeichen am Beginn eines Stückes ganz verzichtet.
== Wahl der passenden Taktart ==
{{überarbeiten}}
Die Wahl einer Taktart ist ein wichtiger Faktor im Kompositionsprozess, vor allem da sie nicht nur Aufschluss über das Grundzeitmaß, sondern auch über Spielstil, Betonung oder Tempo geben kann. Die Wahl der Taktart kann, ganz ähnlich wie bei der Auswahl der Grundtonart eines Stückes, von vielerlei Faktoren abhängen; neben persönlichen Präferenzen, liefern auch Musiktypus, Genre und Gattung ausschlaggebende Gestaltungsvorlagen.


== Anordnung und Verwandtschaft der Dur- und Molltonarten ==
Deutlich dominierend ist heutzutage die Taktart {{Bruch|4|4}}, welche mit großem Abstand den höchsten Verwendungsgrad in den heutigen, popularmusikalischen Stilen wie etwa Pop, Rock oder Funk ausmacht, aber auch bereits in der abendländischen Kunst- und frühen Unterhaltungsmusik sehr häufig vorkam. Weitere Taktarten, die ebenfalls relativ häufig vorkommen, sind {{Bruch|2|4}}, {{Bruch|3|4}}, {{Bruch|6|4}}, {{Bruch|6|8}}, {{Bruch|9|8}}, {{Bruch|12|8}} und {{Bruch|2|2}}.


{{Quintenzirkel}}
Für viele historische Gattungen gelten zudem häufig traditionell vorgegebene Taktarten. So stehen Polka, Märsche, Ragtime meist in {{Bruch|2|4}}; Walzer, Scherzi, Menuette in {{Bruch|3|4}}; Mazurken, Barkarolen, Jigs, Tarantellas in {{Bruch|6|8}}; Madrigale, Motetten, Kantaten der Renaissance in {{Bruch|4|2}} bzw. {{Bruch|3|2}}. Generell eher schnell-konzipierte, klassische Musik ist dagegen häufig in {{Bruch|2|2}} (auch ''<nowiki/>'alla breve''' Takt) geschrieben. Im weiteren Verlauf der Musikgeschichte gesellten sich dazu auch einige ungleichmäßige, spannungsgeladende Taktarten wie etwa {{Bruch|5|4}} oder {{Bruch|7|8}}, die seitdem nicht selten in Jazz, Filmmusik oder im Pop zu finden sind. Kompositionen der seriellen Musik (ab der zweiten Hälfte des 20. Jh.) verwendeten häufig nochmals deutlich exotischere Taktarten. Beides ist auch häufig aus kompositionstechnischer Sicht nötig, um die musikalischen Proportionsreihenparameter richtig einarbeiten zu können (siehe auch die Artikel [[Polymetrik]] und [[Polyrhythmik]]), aber oft an der Grenze des praktisch Ausführbaren.


'''Ohne Vorzeichen'''
Zusätzlich kann auch der Nenner Aufschluss über das erwünschte Tempo einer Komposition geben. So deutet eine 8 manchmal auf ein schnelleres Zeitmaß (wie etwa in Liszts ''Mephistowaltzer Nr. 1'' oder in Balakirevs ''Islamey'', beide in {{Bruch|3|8}}). {{Bruch|6|4}} kann ein eher langsames Tempo andeuten, während {{Bruch|6|8}} ein schnelleres, tänzerisches meint. Eine 2 im Nenner kann auf ein eher langsames, sehr „schwergängiges“ Zeitmaß hindeuten (wie in Barbers ''[[Adagio for Strings]]'', welches in {{Bruch|4|2}} steht). Diese Regelung greift allerdings nicht immer. Dies gilt insbesondere für Stücke mit einer Halben im Nenner, die entweder aus der Renaissance stammen oder als {{Bruch|2|2}} bzw. ''alla breve'' notiert sind.
* [[C-Dur]] und [[a-Moll]]


'''[[Kreuz (Notenschrift)|Kreuz]]-({{Musik|#}})-Tonarten''' (rechte Seite des Quintenzirkels):
== Auftakt ==
* [[G-Dur]] und [[e-Moll]]: ''Fis'', also ein #-Vorzeichen
Als [[Auftakt]] bezeichnet man den Beginn einer musikalischen [[Phrase (Musik)|Phrase]] mit einer oder mehreren, meist unbetonten Noten vor Beginn der ersten − in der Regel betonten − Zählzeit. Im Gegensatz dazu wird im [[Jazz]] der Auftakt oft stärker betont als der Haupttakt. In klassischer Zeit betrachtete [[Jérôme-Joseph de Momigny]] (1762−1842) den Auftakt bereits als bevorzugtes Element der [[Phrasierung]], indem er ihn betonte. Der Auftakt ist ein unvollständiger Takt, das heißt im Musikstück sind nicht die erforderlichen Grundschläge vorhanden. Der Auftakt ergänzt sich zusammen mit dem Schlusstakt zu einem vollständigen Takt.
* [[D-Dur]] und [[h-Moll]]: ''Fis/Cis'', also zwei Vorzeichen usw.
* [[A-Dur]] und [[fis-Moll]]: ''Fis/Cis/Gis''
* [[E-Dur]] und [[cis-Moll]]: ''Fis/Cis/Gis/Dis''
* [[H-Dur]] und [[gis-Moll]]: ''Fis/Cis/Gis/Dis/Ais''
* [[Fis-Dur]] und [[dis-Moll]]: ''Fis/Cis/Gis/Dis/Ais/Eis''
* [[Cis-Dur]] und [[ais-Moll]]: ''Fis/Cis/Gis/Dis/Ais/Eis/His''


'''[[B (Notenschrift)|B-]]({{Musik|b}})-Tonarten''' (linke Seite des Quintenzirkels)
In Liedern dient der Auftakt dazu, die sprachliche [[Akzent (Linguistik)|Betonung]] und den musikalischen Takt miteinander in Einklang zu bringen. Zahllose Lieder beginnen mit einem Auftakt; in den folgenden Beispielen ist die erste Betonung unterstrichen:
* [[F-Dur]] und [[d-Moll]]: ''B''
* ''Das W<u>a</u>ndern ist des Müllers Lust'' (Deutschland)
* [[B-Dur]] und [[g-Moll]]: ''B/Es''
* ''Per<u>a</u> stous, pera kambous'' (Griechenland, Πέρα στους πέρα κάμπους: Prosabetonung auf erster Silbe)
* [[Es-Dur]] und [[c-Moll]]: ''B/Es/As''
* ''Al<u>a</u>s, my love, you do me wrong'' (England)
* [[As-Dur]] und [[f-Moll]]: ''B/Es/As/Des''
* ''Pet<u>i</u>t papa noël'' (Frankreich)
* [[Des-Dur]] und [[b-Moll]]: ''B/Es/As/Des/Ges''
* [[Ges-Dur]] und [[es-Moll]]: ''B/Es/As/Des/Ges/Ces''
* [[Ces-Dur]] und [[as-Moll]]: ''B/Es/As/Des/Ges/Ces/Fes''


Um sich die Reihenfolge der Tonarten in Abhängigkeit von den Vorzeichen zu merken, gibt es Merksprüche wie die folgenden:
In der traditionellen europäischen Musik enden ganztaktige Stücke ganztaktig; im Bedarfsfall wird mit Pausen vor der ersten oder nach der letzten Note ergänzt. Ein auftaktiges Stück verkürzt in der Regel den letzten Takt um die Länge des Auftakts.


Für Tonarten, die # enthalten:<br />
== Notation ==
'''G'''eh, '''D'''u '''A'''lter '''E'''sel, '''H'''ole '''Fis'''che.
[[Datei:Chambers 1908 Music Bars.png|miniatur|Einfache und doppelte Taktstriche]]


Oder Tonarten, die b enthalten:<br />
In der [[Notenschrift]] werden die einzelnen ''Takte'' durch senkrechte [[Taktstrich]]e abgegrenzt. Bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde Musik meist<ref>[[Georg Schünemann]]: ''Geschichte des Dirigierens.'' Breitkopf & Härtel, Leipzig 1913, S. 70 f.</ref> ohne Taktstriche notiert (siehe auch [[Mensuralnotation]]).
'''F'''iebrige '''B'''uben '''Es'''sen '''As'''pirin, '''Des'''halb '''Ges'''und.


oder
Häufig werden die Takte eines Musikstückes im Notenbild durchnummeriert, entweder am Beginn jedes [[Notensystem (Musik)|Systems]] oder nach einer festen Anzahl von Takten (in der Regel zehn oder fünf).


'''F'''rische '''B'''rötchen '''Es'''sen '''As'''se '''Des Ges'''angs
[[Datei:DMajor.svg|miniatur|100px|Notation des {{Bruch|3|4}}-Taktes]]


Die Tonarten Cis-Dur/ais-Moll, Ces-Dur/as-Moll mit jeweils sieben Vorzeichen werden in Kompositionen nur selten verwendet. Die Tonarten Gis-Dur, Dis-Dur, Ais-Dur, des-Moll, ges-Moll und ces-Moll werden normalerweise nicht verwendet, weil ihre Notation mehr als sieben Kreuze oder Bes erfordern würde. Stattdessen setzt man sie mithilfe der [[Enharmonische Verwechslung|enharmonischen Verwechslung]] mit einer jeweils gleich klingenden, aber weniger Vorzeichen erfordernden Be- oder Kreuztonart. Beispielsweise wird Cis-Dur (sieben Kreuze) auf diese Weise zu Des-Dur (fünf Bes), Des-Moll (acht Bes) zu Cis-Moll (vier Kreuze) usw. Auf Tasteninstrumenten sind die enharmonischen Unterschiede nicht darstellbar, sodass die Gleichsetzung der Tonarten absolut ist. Dies gilt nicht für intonierende Tonerzeuger wie z.&nbsp;B. Streichinstrumente oder die menschliche Stimme.
Die ''Taktart'' wird in Form eines [[Bruchrechnung|Bruches]] mit Zähler und Nenner, jedoch ohne Bruchstrich geschrieben (siehe unteres Bild für einen {{Bruch|3|4}}-Takt) und steht als [[Taktangabe]] am Anfang eines Musikstückes nach [[Notenschlüssel|Schlüssel]] und [[Vorzeichen (Musik)|Vorzeichen]]. Der Nenner legt fest, welcher Notenwert einer [[Zählzeit]] entspricht. Der Zähler zeigt die Anzahl der Zählzeiten pro Takt an.
Weiter sind aus der älteren [[Mensuralnotation]] die Schreibweisen {{Musik|common-time}} für den {{Bruch|4|4}}-Takt sowie {{Musik|allabreve}} für den {{Bruch|2|2}}-Takt ([[alla breve]]) üblich. Damals wurde der dreizeitige oder „perfekte“ Takt, der als Symbol für die [[Dreifaltigkeit|trinitarische]] (dreieinige) Vollkommenheit stand, mit einem Kreis gekennzeichnet, der zweizeitige (unvollkommene oder „imperfekte“) Takt dagegen mit einem Halbkreis.<ref>{{Literatur |Autor=Heinrich Bellermann |Titel=Die Mensuralnoten und Taktzeichen des XV. und XVI. Jahrhunderts |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=2 |Verlag=Georg Reimer |Ort=Berlin |Datum=1906 |Seiten=4 f. |ISBN= |OCLC=6825594 |Online={{archive.org|diemensuralnote00bellgoog|Blatt=n16}} |Abruf=2018-01-13}}</ref>


== Schreibweisen ==
Bei Taktwechseln wird die neue Taktangabe ins Notensystem geschrieben; oft wird zur zusätzlichen Verdeutlichung davor ein [[Doppelstrich (Notenschrift)|Doppelstrich]] gesetzt. Werden verschiedene Taktarten in alternierender oder beliebiger Reihenfolge verwendet, so ist es üblich, diese Taktarten einmal hintereinander am Beginn des [[Notensystem (Musik)|Notensystems]] zu notieren und die Taktartwechsel im Stück nicht gesondert anzuzeigen. Ändert sich die Taktart sehr häufig, kann die Taktangabe am Anfang des [[Notensystem (Musik)|Systems]] entfallen.
Die Schreibweisen der Tonarten variieren in drei Komponenten:
* Groß- und/oder Kleinschreibung des Tonnamens (a oder A)
* mit oder ohne Bindestrich
* Groß- und/oder Kleinschreibung des [[Tongeschlecht]]s (dur oder Dur)
Die einflussreichen [[Deutsches Wörterbuch|deutschen Wörterbücher]] – wie der [[Duden]] oder der [[Gerhard Wahrig|Wahrig]] – empfehlen eine Schreibweise von Groß/Kleinschreibung des Tonnamens mit Bindestrich und großgeschriebenem Tongeschlecht, beispielhaft: für Durtonarten ''A-Dur''<ref>[http://www.duden.de/suchen/dudenonline/A-Dur A-Dur] bei Duden online.</ref> und für Molltonarten ''a-Moll''.<ref>[http://www.duden.de/suchen/dudenonline/a-moll a-Moll] bei Duden online.</ref> Dabei betont die Großschreibung der Tongeschlechtsbezeichnungen, dass diese häufig substantivisch verwendet werden (z.&nbsp;B. „[[Modulation (Musik)|Modulation]] nach Moll“). Dies bedeutet eine Abkehr von der früheren Auffassung, nach der man ''dur'' und ''moll'' eher als nachgestellte Adjektive verstand und entsprechend vorzugsweise ''A dur'' und ''a moll'' schrieb. Die unterschiedliche Groß- und Kleinschreibung der Grundtonbezeichnungen (''A'' bei Dur, ''a'' bei Moll) entspricht der großen Dur- und der kleinen Mollterz und etablierte sich als Konvention bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Vorteil dieser Konvention ist, dass man verkürzt  ''Sonate in a'' (für a-Moll), ''Sonate in A'' (für A-Dur) schreiben kann, was besonders in englischsprachigen Ländern weit verbreitet ist.


Die heutige Standardschreibweise – ''A-Dur'' und ''a-Moll'' – wurde bereits 1911 von [[Arnold Schönberg]] in seiner ''Harmonielehre''<ref>{{Literatur |Autor=Arnold Schönberg |Titel=Harmonielehre |Auflage=3. |Verlag=Universal Edition |Ort=Österreich |Datum=1922 |Seiten=}}</ref> konsequent verwendet. Der »[[Duden]], wechselte allerdings erst im verbesserten Neudruck der 14. Auflage 1958 von der vorher vertretenen Kleinschreibung zum „großen Dur“«.<ref name="Henle" />
== Dirigieren ==
Beim [[Dirigieren]] wird der Takt durch [[Schlagfigur]]en angezeigt.


Davor und daneben waren und sind jedoch auch alternative Schreibweisen im Gebrauch, wie zum Beispiel:
'''Historische Zitate:'''
* ''A-dur'' und ''a-moll''. Diese Schreibweise galt vor 1958 als Standard und wurde sowohl im Duden als auch in anderen Rechtschreib-Wörterbüchern, wie etwa dem 1954 von Lutz Mackensen herausgegebenen empfohlen.<ref>{{Literatur |Autor= |Hrsg=Lutz Mackensen |Titel=Deutsche Rechtschreibung |Auflage=7. |Verlag=Bertelsmann |Ort=Gütersloh |Datum=1954 |Seiten=}}</ref> Auch nach der Umstellung im Duden auf die Großschreibung der Tongeschlechter wurde die alte Schreibweise noch vielfach beibehalten, so z.&nbsp;B. in der Musikenzyklopädie ''[[Musik in Geschichte und Gegenwart]]'' (1. Auflage 1949–1986), in der 1976 erschienenen ''Harmonielehre'' von [[Diether de la Motte]]<ref>{{Literatur |Autor=Dieter de la Motte |Titel=Harmonielehre |Auflage=16 |Verlag=Bärenreiter |Ort=Kassel |Datum=2011 |ISBN=978-3-7618-2115-2 |Seiten=}}</ref> und in einem 1996 in zweiter Auflage erschienenen Konzertführer.<ref>{{Literatur |Autor=Attila Csampai, Dietmar Holland |Titel=Der Konzertführer |Auflage=2. |Verlag=Rowohlt |Ort=Reinbek bei Hamburg |Datum=1996 |ISBN=3-8052-0450-7 |Seiten=}}</ref> Der [[G. Henle Verlag|Henle Verlag]] verwendet sie noch heute ganz bewusst im Sinne der Verlagstradition und sieht in der alten Schreibweise auch ein Stück „Urtext“ verkörpert.<ref name="Henle">Vgl. henle.de: [http://www.henle.de/blog/de/2012/04/10/a-dur/ ''A-Dur oder A-dur? Große Fragen um ein kleines „d“''] mit fotografischen Belegen für frühere Schreibweisen.</ref>
{{Zitat|Der Takt ist nichts anders / als eine Bewegung / so geschieht mit der Hand oder einem Stocke.|[[Wolfgang Hase]]|''Gründliche Einführung in die edle Music Oder Singe-Kunst.'' Goslar 1657}}
* ''A dur'' und ''a moll'' (ohne Bindestrich), beispielsweise zu finden in einer um die Mitte des 20. Jahrhunderts erschienenen Ausgabe der Klaviersonaten von [[Mozart]].<ref>{{Literatur |Autor=W. A. Mozart |Titel=Sonaten für Klavier zu zwei Händen |Verlag=C. F. Peters |Ort=Frankfurt |Datum= |Seiten=}}</ref>
{{Zitat|Was ist der Takt? Er ist nach Arithmetischer Abteilung eine gewiese Gleichheit / mit der Hand nieder / und wieder also in die Höche oder aufzuschlagen.|[[Daniel Speer]]|''Grundrichtiger, kurz-, leicht- und nötiger, jetzt wohlvermehrter Unterricht der musikalischen Kunst.'' Ulm 1687}}
* ''A dur'' und ''A moll''. Diese für Dur und Moll formal identischen Bezeichnungen finden sich im Sachteil des [[Riemann Musiklexikon]]s von 1967.<ref>{{Literatur |Autor=Willibald Gurlitt|Hrsg= Hans Heinrich Eggebrecht |Titel=Riemann Musik Lexikon |Band=Sachteil |Verlag=B. Schott’s Söhne |Ort=Mainz |Datum=1967 |Seiten=270}}</ref>
{{Zitat|Der Tact bestimmet die Zeit, in welcher verschiedene Noten müssen abgespielet werden … Der Tact wird durch das Aufheben und Niederschlagen der Hand angezeiget …|[[Leopold Mozart]]|''Versuch einer gründlichen Violinschule.'' Augsburg 1756}}
* ''A-Dur'' und ''a-moll''. Diese Schreibweise, welche die Groß- und Kleinschreibung der Grundtöne auch für die Tongeschlechter übernimmt, verwendet z.&nbsp;B. die ''Harmonielehre'' von Lemacher und Schroeder (1958).<ref>{{Literatur |Autor=Heinrich Lemacher, Hermann Schroeder |Titel=Harmonielehre |Auflage=3. |Verlag=Hans Gerig |Ort=Köln |Datum=1958 |Seiten=}}</ref>


Auch heute begegnet man variierenden Schreibweisen, was verschiedene Gründe haben kann (unter anderem dem Folgen einer bestimmten Tradition oder ästhetischen Vorliebe, die Anlehnung an ausländische Schreibweisen oder Unkenntnis der Regeln).
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Kategorie:Takt und Rhythmus}}
== Abgrenzung von Tonarten ==
* {{WikipediaDE|Takt (Musik)}}
Obwohl der Begriff Tonart meist im oben beschriebenen strikten Sinne verwendet wird, ist er darüber hinaus auch ein umfassenderer Begriff für den harmonischen Bedeutungszusammenhang, in dem sich ein Stück bewegt.
* {{WikipediaDE|Metrum (Musik)}}
 
* {{WikipediaDE|Zählen (Musik)}}
Tonarten haben keine scharfen Begrenzungen. Man könnte also nicht exakt sagen, welche Töne zu einer Tonart gehören und welche nicht. Es ist der harmonische und besonders der melodische Zusammenhang, welcher den Ausschlag gibt. Dies gilt besonders dann, wenn keine Festlegung durch eine Notenschrift vorliegt und man nach dem Gehör entscheiden muss.
* {{WikipediaDE|Beat (Rhythmus)}}
 
* {{WikipediaDE|Beats per minute}} (bpm)
Obwohl sich Tonarten durch den Gebrauch ihrer Tonleitern deutlich hervorheben, tauchen in jedem anspruchsvolleren Stück auch gehäuft Töne außerhalb der Tonleitern auf, ohne dass man bereits von einem Tonartwechsel sprechen würde.
* {{WikipediaDE|Imbroglio}}
 
* {{WikipediaDE|Liste von musikalischen Symbolen}}
Eine Tonart wird zu einem erheblichen Teil durch das Vorkommen charakteristischer Wendungen in Form von [[Progression (Musik)|Progressionen]], [[Melodie]]n und [[Kadenz (Musik)|Kadenzen]] bestimmt, die gemeinsam auf ein [[tonales Zentrum]] hinweisen.
 
== Der Tonartbegriff außerhalb der Dur-Moll-Tonalität ==
=== Modale Tonleitern ===
Seit etwa 1900 werden neben den Dur- und Molltonleitern im Rückgriff auf die alten [[Kirchentonart]]en auch wieder verstärkt [[modale Tonleitern]] wie Dorisch, Lydisch u.&nbsp;a. verwendet. Die mit ihrer Hilfe gebildeten Tonarten können nicht durch bloße Angabe von Tongeschlecht und Grundton gekennzeichnet werden, es sei denn, man fasst diese Tonleitern selbst als Tongeschlechter auf, die zu Dur und Moll hinzutreten.


Diese gelegentlich vertretene Auffassung verbietet sich jedoch, weil im System der Kirchentöne diese als Tonarten (''species'') aufgefasst wurden, während als Tongeschlechter (''genera'') [[Cantus naturalis|''Cantus durus'' und ''Cantus mollis'']] galten. Ebenso wenig wie man das harmonische Moll als ein vom natürlichen Moll unterschiedenes Tongeschlecht auffasst, kann man z.&nbsp;B. dem Dorischen, das sich vom natürlichen Moll ebenfalls nur durch einen Ton unterscheidet, ein eigenes Tongeschlecht zubilligen. Dorisch und Phrygisch gehören beide (wegen der kleinen Terz über dem Grundton) dem Tongeschlecht Moll, Lydisch und Mixolydisch (wegen der großen Terz) dem Tongeschlecht Dur an. Die Tonartbezeichnungen ''c-Dorisch'' oder ''D-Lydisch'' setzen sich also zusammen aus der Angabe des Grundtons und des verwendeten Tonleitertyps, wobei ein kleiner Buchstabe auf Moll und ein großer Buchstabe auf Dur als Tongeschlecht hinweisen.
== Literatur ==
 
* Wieland Ziegenrücker: ''ABC Musik. Allgemeine Musiklehre.'' 6. Auflage. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-7651-0309-4, S. 59 ff.
=== Freie Tonalität ===
 
Die um 1900 einsetzende Loslösung von der tradierten Dur-Moll-Tonalität führte nicht nur zur [[Atonalität]] [[Arnold Schönberg|Schönbergs]] und der [[Wiener Schule (Moderne)|Zweiten Wiener Schule]], sondern auch zu Versuchen, der Tonalität eine neue Grundlage zu verschaffen. Einer dieser Versuche war die von [[Paul Hindemith]] propagierte [[freie Tonalität]].<ref>Paul Hindemith: ''Unterweisung im Tonsatz'' (Theoretischer Teil). Mainz 1937.</ref> Hier entfällt eine Unterscheidung nach Tongeschlechtern oder diatonischen Tonleitern, weil die gesamte chromatische Tonleiter als Tonmaterial verwendet wird. Tonarten entstehen nur noch dadurch, dass sich einzelne Töne aufgrund ihrer Intervallbeziehungen gegenüber anderen Tönen sozusagen in den Vordergrund drängen und so zu „tonalen Zentren“ werden. Eine Tonartangabe im Sinne der freien Tonalität enthält also weder den Bezug auf ein Tongeschlecht noch auf eine Tonleiter, sondern gibt lediglich den Grundton an, also statt ''C-Dur'' oder ''c-Moll'' nur noch ''C'' (ohne alles und immer groß geschrieben). (vgl. [[Ludus tonalis]])
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Tonart}}
* {{WikipediaDE|Tonart}}
* {{WikipediaDE|Anderssprachige Tonbezeichnungen}}
* {{WikipediaDE|Funktionstheorie}}
* {{WikipediaDE|Stufentheorie (Harmonik)}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{commonscat|Bars (music)|Takt}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4185656-9}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4579513-7}}


[[Kategorie:Tonart|!]]
[[Kategorie:Takt und Rhythmus|!]]
[[Kategorie:Messgröße]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 5. Juli 2019, 04:56 Uhr

Zusammenhang von Grundschlag, Takt, Metrum und Rhythmus

Der Takt (von lat. tactus ‚Berührung‘, ‚Stoß‘) ist in der Musik eine zeitliche Gruppierung der Noten eines Musikstückes (z. B. der erste Takt des Stücks, der letzte Takt). Ein Stück wird also durch die Takte gegliedert. Wenn alle oder die meisten Takte eines Stückes oder Abschnittes die gleiche Gruppierung oder Taktart haben, dann wird dies auch als Takt des Stückes oder Abschnittes bezeichnet (dieses Stück steht im Dreivierteltakt).

Der Takt (die Taktart) eines Stückes beschreibt in der Regel ein Muster gleicher Grundschläge und Zählzeiten, wodurch die grundlegende zeitliche Struktur des Stückes entsteht. Durch die wechselnden Notenwerte, die mit den Zählzeiten eines Taktes zusammenfallen oder aber von ihnen abweichen können, entstehen die Rhythmen des Stückes. Gefühlt wird der Takt in Musik europäischer Prägung durch regelmäßige Betonungen des Grundschlags, was auch als Puls bezeichnet wird.

Taktart

Die Taktart definiert sich danach, wie viele Puls- oder Grundschläge eines Notenwertes zusammengehören. So enthält ein 44-Takt vier Grundschläge oder Zählzeiten im Wert je einer Viertelnote. Die obere Zahl der Taktangabe bedeutet also die Anzahl der Schläge im Takt, die untere Zahl bedeutet den Notenwert jedes dieser Schläge.

Zudem wird einer Taktart meistens eine metrische Struktur, also eine Betonungsordnung zugewiesen (daher auch der Name Akzentstufentakt; manchmal werden deshalb die Wörter Takt und Metrum gleichbedeutend verwendet). Im Fall des 44-Takts wäre das beispielsweise:

schwer – leicht – halbschwer – leicht

oder auch nur

schwer – leicht – schwer – leicht

Bestimmte Musikstile wie etwa der Swing verwenden hingegen eine Backbeat-Betonung, also:

leicht – schwer – leicht – schwer

Daniel Gottlob Türk hat das 1789 als „die richtige Einteilung einer gewissen Anzahl Noten, welche in einer bestimmten Zeit gespielt werden sollen“ und „das Verhältnis, nach welchem in der Musik eine Anzahl von Noten in einem gewissen Zeitraum eingeteilt wird“ beschrieben.[1]

Man unterscheidet:

  • Einfache Taktarten (Grundtaktarten) – der Zähler ist eine 2 oder 3, in seltenen Fällen auch eine 1 (Beispiele: 22, 24 oder 34, 38). Die Taktart ist „einfach“, weil es nur eine betonte Zählzeit gibt. Es gibt in solchen Taktarten keine Nebenbetonungen:
betont – unbetont = „Zweiertakt“
betont – unbetont – unbetont = „Dreiertakt“
Einfache Taktarten korrespondieren mit der zwei- bzw. dreisilbigen Metrik der Dichtkunst, wo jede zweite oder jede dritte Silbe betont wird.
  • Zusammengesetzte Taktarten – die Takte sind Zusammenfassungen von Zweiergruppen und/oder Dreiergruppen, d. h. der Zähler lässt sich in eine Addition von Zweien und Dreien zerlegen (Beispiele: 44, 64, 84, 48, 68, 88, 98, aber auch 54, 78, 1216). Aufgrund der möglichen Mehrdeutigkeiten beim Untergliedern ist die Betonungsverteilung (Metrik) gelegentlich nicht aus der Taktart ablesbar (z. B. 58 = 28 + 38 oder 38 + 28).

Weiters werden unterschieden:

  • Gerade Taktarten – bestehend aus einer oder zwei 2er-Gruppen (Beispiele: 22, 24, 44)
  • Ungerade Taktarten – bestehend aus 3er-, dazu eventuell auch 2er-Gruppen (Beispiele: 38, 34, 64, 58, 54, 68, 78)[2]

Dreiteilige Taktarten nennt man auch Tripeltakt. Von den ungeraden Taktarten wurden in der klassischen Musik nur die dreiteiligen Taktarten regelmäßig verwendet (z. B. 31, 32, 34, 38 oder 98).

Wahl der passenden Taktart

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Die Wahl einer Taktart ist ein wichtiger Faktor im Kompositionsprozess, vor allem da sie nicht nur Aufschluss über das Grundzeitmaß, sondern auch über Spielstil, Betonung oder Tempo geben kann. Die Wahl der Taktart kann, ganz ähnlich wie bei der Auswahl der Grundtonart eines Stückes, von vielerlei Faktoren abhängen; neben persönlichen Präferenzen, liefern auch Musiktypus, Genre und Gattung ausschlaggebende Gestaltungsvorlagen.

Deutlich dominierend ist heutzutage die Taktart 44, welche mit großem Abstand den höchsten Verwendungsgrad in den heutigen, popularmusikalischen Stilen wie etwa Pop, Rock oder Funk ausmacht, aber auch bereits in der abendländischen Kunst- und frühen Unterhaltungsmusik sehr häufig vorkam. Weitere Taktarten, die ebenfalls relativ häufig vorkommen, sind 24, 34, 64, 68, 98, 128 und 22.

Für viele historische Gattungen gelten zudem häufig traditionell vorgegebene Taktarten. So stehen Polka, Märsche, Ragtime meist in 24; Walzer, Scherzi, Menuette in 34; Mazurken, Barkarolen, Jigs, Tarantellas in 68; Madrigale, Motetten, Kantaten der Renaissance in 42 bzw. 32. Generell eher schnell-konzipierte, klassische Musik ist dagegen häufig in 22 (auch 'alla breve' Takt) geschrieben. Im weiteren Verlauf der Musikgeschichte gesellten sich dazu auch einige ungleichmäßige, spannungsgeladende Taktarten wie etwa 54 oder 78, die seitdem nicht selten in Jazz, Filmmusik oder im Pop zu finden sind. Kompositionen der seriellen Musik (ab der zweiten Hälfte des 20. Jh.) verwendeten häufig nochmals deutlich exotischere Taktarten. Beides ist auch häufig aus kompositionstechnischer Sicht nötig, um die musikalischen Proportionsreihenparameter richtig einarbeiten zu können (siehe auch die Artikel Polymetrik und Polyrhythmik), aber oft an der Grenze des praktisch Ausführbaren.

Zusätzlich kann auch der Nenner Aufschluss über das erwünschte Tempo einer Komposition geben. So deutet eine 8 manchmal auf ein schnelleres Zeitmaß (wie etwa in Liszts Mephistowaltzer Nr. 1 oder in Balakirevs Islamey, beide in 38). 64 kann ein eher langsames Tempo andeuten, während 68 ein schnelleres, tänzerisches meint. Eine 2 im Nenner kann auf ein eher langsames, sehr „schwergängiges“ Zeitmaß hindeuten (wie in Barbers Adagio for Strings, welches in 42 steht). Diese Regelung greift allerdings nicht immer. Dies gilt insbesondere für Stücke mit einer Halben im Nenner, die entweder aus der Renaissance stammen oder als 22 bzw. alla breve notiert sind.

Auftakt

Als Auftakt bezeichnet man den Beginn einer musikalischen Phrase mit einer oder mehreren, meist unbetonten Noten vor Beginn der ersten − in der Regel betonten − Zählzeit. Im Gegensatz dazu wird im Jazz der Auftakt oft stärker betont als der Haupttakt. In klassischer Zeit betrachtete Jérôme-Joseph de Momigny (1762−1842) den Auftakt bereits als bevorzugtes Element der Phrasierung, indem er ihn betonte. Der Auftakt ist ein unvollständiger Takt, das heißt im Musikstück sind nicht die erforderlichen Grundschläge vorhanden. Der Auftakt ergänzt sich zusammen mit dem Schlusstakt zu einem vollständigen Takt.

In Liedern dient der Auftakt dazu, die sprachliche Betonung und den musikalischen Takt miteinander in Einklang zu bringen. Zahllose Lieder beginnen mit einem Auftakt; in den folgenden Beispielen ist die erste Betonung unterstrichen:

  • Das Wandern ist des Müllers Lust (Deutschland)
  • Pera stous, pera kambous (Griechenland, Πέρα στους πέρα κάμπους: Prosabetonung auf erster Silbe)
  • Alas, my love, you do me wrong (England)
  • Petit papa noël (Frankreich)

In der traditionellen europäischen Musik enden ganztaktige Stücke ganztaktig; im Bedarfsfall wird mit Pausen vor der ersten oder nach der letzten Note ergänzt. Ein auftaktiges Stück verkürzt in der Regel den letzten Takt um die Länge des Auftakts.

Notation

Einfache und doppelte Taktstriche

In der Notenschrift werden die einzelnen Takte durch senkrechte Taktstriche abgegrenzt. Bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde Musik meist[3] ohne Taktstriche notiert (siehe auch Mensuralnotation).

Häufig werden die Takte eines Musikstückes im Notenbild durchnummeriert, entweder am Beginn jedes Systems oder nach einer festen Anzahl von Takten (in der Regel zehn oder fünf).

Notation des 34-Taktes

Die Taktart wird in Form eines Bruches mit Zähler und Nenner, jedoch ohne Bruchstrich geschrieben (siehe unteres Bild für einen 34-Takt) und steht als Taktangabe am Anfang eines Musikstückes nach Schlüssel und Vorzeichen. Der Nenner legt fest, welcher Notenwert einer Zählzeit entspricht. Der Zähler zeigt die Anzahl der Zählzeiten pro Takt an. Weiter sind aus der älteren Mensuralnotation die Schreibweisen 4/4-Takt für den 44-Takt sowie alla breve für den 22-Takt (alla breve) üblich. Damals wurde der dreizeitige oder „perfekte“ Takt, der als Symbol für die trinitarische (dreieinige) Vollkommenheit stand, mit einem Kreis gekennzeichnet, der zweizeitige (unvollkommene oder „imperfekte“) Takt dagegen mit einem Halbkreis.[4]

Bei Taktwechseln wird die neue Taktangabe ins Notensystem geschrieben; oft wird zur zusätzlichen Verdeutlichung davor ein Doppelstrich gesetzt. Werden verschiedene Taktarten in alternierender oder beliebiger Reihenfolge verwendet, so ist es üblich, diese Taktarten einmal hintereinander am Beginn des Notensystems zu notieren und die Taktartwechsel im Stück nicht gesondert anzuzeigen. Ändert sich die Taktart sehr häufig, kann die Taktangabe am Anfang des Systems entfallen.

Dirigieren

Beim Dirigieren wird der Takt durch Schlagfiguren angezeigt.

Historische Zitate:

„Der Takt ist nichts anders / als eine Bewegung / so geschieht mit der Hand oder einem Stocke.“

Wolfgang Hase: Gründliche Einführung in die edle Music Oder Singe-Kunst. Goslar 1657

„Was ist der Takt? Er ist nach Arithmetischer Abteilung eine gewiese Gleichheit / mit der Hand nieder / und wieder also in die Höche oder aufzuschlagen.“

Daniel Speer: Grundrichtiger, kurz-, leicht- und nötiger, jetzt wohlvermehrter Unterricht der musikalischen Kunst. Ulm 1687

„Der Tact bestimmet die Zeit, in welcher verschiedene Noten müssen abgespielet werden … Der Tact wird durch das Aufheben und Niederschlagen der Hand angezeiget …“

Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg 1756

Siehe auch

Literatur

  • Wieland Ziegenrücker: ABC Musik. Allgemeine Musiklehre. 6. Auflage. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-7651-0309-4, S. 59 ff.

Weblinks

Commons: Takt - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Daniel Gottlob Türk: Klavierschule ... Leipzig und Halle 1789, S. 89
  2. www.theorie-musik.de: Taktarten.
  3. Georg Schünemann: Geschichte des Dirigierens. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1913, S. 70 f.
  4.  Heinrich Bellermann: Die Mensuralnoten und Taktzeichen des XV. und XVI. Jahrhunderts. 2 Auflage. Georg Reimer, Berlin 1906, S. 4 f., OCLC 6825594 (Textarchiv – Internet Archive).


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