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Die '''Kinetik''' (von {{ELSalt|κίνησις}} ''kínesis'' „Bewegung“) dient in der [[Chemie]] dazu, den [[zeit]]lichen Ablauf [[Chemische Reaktion|chemischer Reaktionen]] bzw. chemisch-physikalischer Vorgänge zu untersuchen und [[Mathematik|mathematisch]] zu beschreiben.
== Beschreibung ==
 
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== Reaktionsgeschwindigkeit ==
 
Die zentrale Größe der chemischen Kinetik ist die '''Reaktionsgeschwindigkeit''' <math>v</math>. Sie gibt an, welche [[Stoffmenge]] eines bestimmten [[Stoff]]es <math>\mathrm A</math> pro [[Zeiteinheit]] und [[Volumeneinheit]] umgesetzt wird, d.h. wie sich die [[Konzentration (Chemie)|Konzentration]] <math>c_{\mathrm A}</math> eines Stoffes mit der Zeit <math>t</math> ändert:
 
:<math>v_{\mathrm A} = \frac{dc_{\mathrm A}}{dt}</math>
 
Angegeben wird die Reaktionsgeschwindigkeit [[SI-konform]] in <math>\frac{mol}{s \cdot m^3}</math>, aus praktischen Gründen häufig auch in <math>\frac{mol}{s \cdot l}</math>.
 
Aufgrund der [[Massenerhaltung]] muss die Konzentration der [[Edukt|Ausgangsstoffe]] in dem Maß abnehmen, in dem die Konzentration der [[Endprodukt]]e zunimmt. Man betrachte dazu eine einfache Reaktion, bei der ein Stoff ohne Beteiligung weiterer Stoffe durch Strukturveränderung in einen Stoff verwandelt wird. Das geschieht beispielsweise, wenn [[roter Phosphor]] durch Erhitzen unter Luftabschluss in den leicht entzündlichen [[Gelber Phosphor|gelben Phosphor]] umgewandelt wird:
 
:<math>P_{rot} \longrightarrow P_{gelb}</math>
 
Dann gilt für die Reaktionsgeschwindigkeit <math>v_R</math>:
 
:<math>v_R = - \frac{dc_{\mathrm P_{rot}}}{dt} = \frac{dc_{\mathrm P_{gelb}}}{dt}</math>
 
Die Abnahme des Ausgangsstoffs <math>P_{rot}</math> wird dabei durch das negative Vorzeichen ausgedrückt.
 
Für eine komplexere Reaktion sind auch noch die [[stöchiometrisch]]en Koeffizienten zu berücksichtigen. So ergibt sich etwa für die Reaktion
 
:<math>a \mathrm{A} + b \mathrm{B} \longrightarrow c \mathrm{C} + d \mathrm{D} </math>
 
für die Geschwindigkeiten folgender Zusammenhang:
 
:<math>v_R = - \frac{1}{a} \frac{dc_{\mathrm{A}}}{dt} = - \frac{1}{b} \frac{dc_{\mathrm{B}}}{dt} = \frac{1}{c} \frac{dc_{\mathrm{C}}}{dt} = \frac{1}{d} \frac{dc_{\mathrm{D}}}{dt}</math>
 
== Reaktionsordnung ==
 
Die '''Reaktionsordnung''' gibt an ob und in welcher Form die Reaktionsgeschwindigkeit von der [[Konzentration (Chemie)|Konzentration]] der beteiligten Stoffe abhängt. Die Gesamtordnung ergibt sich aus der Summe der Reaktionsordnungen aller [[Reaktant]]en. Die Reaktionsordnung lässt sich im Allgemeinen nicht unmittelbar aus der [[Reaktionsgleichung]] ableiten, sondern muss [[Empirie|empirisch]] oder durch [[Modell]]annahmen über den Reaktionsverlauf bestimmt werden. Man betrachte etwa die folgende fiktive Reaktion:
 
:<math>2 \mathrm A + 3 \mathrm B + \mathrm C \longrightarrow \mathrm{A_2 B_3 C}</math>
 
Damit das [[Endprodukt]] entstehen kann, müssten theoretisch insgesamt 2 + 3 + 1 = 6 [[Teilchen]] ''gleichzeitig'' zusammentreffen. Das ist höchst unwahrscheinlich. Tatsächlich wird die Reaktion über eine Reihe paralleler und zeitlich aufeinanderfolgender Zwischenstufen ablaufen, bei denen höchsten 2 oder maximal 3 Teilchen gleichzeitig zusammentreffen, beispielsweise:
 
:<math>(1)\  \mathrm A \longrightarrow \mathrm{A^*}</math> (A wird durch Energieaufnahme in einen [[Angeregter Zustand|angeregten Zustand]] versetzt)
:<math>(2)\ \mathrm{A^*} + \mathrm B \longrightarrow \mathrm{AB} </math> (der angeregte Zustand reagiert mit B)
:<math>(3)\ \mathrm{A^*} + \mathrm{AB} \longrightarrow \mathrm{A_2B} </math> (ein weiteres angeregtes Teilchen A<sup>*</sup> reagiert mit dem zuvor gebildeten Zwischenprodukt AB)
:<math>(4)\ \mathrm C \longrightarrow \mathrm{C^*}</math> (C wird in einen angeregten Zustand versetzt)
:<math>(5)\ \mathrm{A_2B} + \mathrm{C^*} \longrightarrow \mathrm{A_2BC}</math> (der angeregte Zustand A<sup>*</sup> reagiert mit dem zuvor gebildeten Zwischenprodukt A<sub>2</subB)
:<math>(6)\ \mathrm{A_2BC} + \mathrm B \longrightarrow \mathrm{A_2B_2C}</math> (der vorige Zwischenzustand reagiert mit B)
:<math>(7)\ \mathrm{A_2B_2C} + \mathrm B \longrightarrow \mathrm{A_2B_3C}</math> (nochmalige Reaktion mit B liefert das Endprodukt)
 
Von all diesen Reaktionen ist die langsamste Reaktion der Flaschenhals, der die Gesamtgeschwindigkeit bestimmt. Der '''geschwindigkeitsbestimmende Schritt''' wird zugleich jener sein, bei dem das Zwischenprodukt mit der höchsten [[Freie Energie|freien Energie]] gebildet wird, das also den höchsten Energieberg in der „Energielandschaft“ der gesamten Reaktionsfolge darstellt und folglich am schwersten und langsamsten zu überwinden ist. Angenommen, dass dieser zu überwindende Gipfel die Anregung von C ist (4), dann hängt die Gesamtgeschwindigkeit ausschließlich von der Konzentration von C ab. Es handelt sich also um eine ''Reaktion erster Ordnung'' (siehe unten).
 
Solche Reaktionsfolgen im Detail aufzuklären, ist eine der Hauptaufgaben der chemischen Kinetik.
 
=== Reaktion nullter Ordnung ===
 
Bei einer '''Reaktion nullter Ordnung''' ist die Reaktionsgeschwindigkeit bei gleichbleibender Temperatur konstant (<math>k</math>) und hängt folglich nicht von der Konzentration ab. Das ist bei [[Photochemische Reaktion|photochemischen]] oder [[Katalyse|katalytischen]] Reaktionen der Fall. Es gilt daher:
 
:<math>v_{\mathrm A} = - \frac{dc_{\mathrm A}}{dt} = k</math>
 
=== Reaktion erster Ordnung ===
 
Bei einer '''Reaktion erster Ordnung''' ist die Reaktionsgeschwindigkeit linear abhängig von der Konzentration eines Ausgangsstoffes. Viele Zerfallsreaktionen verlaufen nach diesem Schema, beispielsweise auch der [[Radioaktivität|radioaktive Zerfall]] (dabei handelt es sich allerdings ''nicht'' um eine chemische Reaktion, sondern um einen [[Kernzerfall]]). Man betrachte die Reaktion
 
:<math>\mathrm A \longrightarrow \mathrm{B + C}</math>
 
Dann folgt daraus für die Reaktionsgeschwindigkeit <math>v_{\mathrm A}</math>:
 
:<math>v_{\mathrm A} = - \frac{dc_{\mathrm A}}{dt} = k \cdot c_{\mathrm A} \Rightarrow \frac{1}{c_{\mathrm A}} \cdot dc_{\mathrm A} = - k \cdot dt</math>
 
Die Konzentration <math>c_{\mathrm A}(t)</math> von <math>\mathrm A</math> zu einem bestimmten Zeitpunkt <math>t</math> ergibt sich daraus durch [[Integration]]. Mit der Anfangskonzentration <math>c_{\mathrm A}(0)</math> zum Zeitpunkt <math>t = 0</math> ergibt sich dann das [[Zerfallsgesetz|exponentielle Zerfallsgesetz]]:
 
:<math>\int_0^t  \frac{1}{c_{\mathrm A}} \cdot dc_{\mathrm A} = - \int_0^t k \cdot dt</math>
 
:<math>\mathrm ln \, c_{\mathrm A}(t) - \mathrm ln \,c_{\mathrm A}(0) = - k \cdot t</math>
 
:<math>\mathrm ln \, \frac{c_{\mathrm A}(t)}{c_{\mathrm A}(0)}  =  - k \cdot t</math>
 
{{Notiz|<math>c_{\mathrm A}(t) = c_{\mathrm A}(0) \cdot \mathrm e^{- k \cdot t} \qqad</math> [[Zerfallsgesetz]]}}
 
 
Ein typisches Beispiel für eine Reaktion erster Ordnung ist die durch [[Säuren]] [[Katalysator|katalysierte]] [[Eliminierung]] von [[Wasser]] (H<sub>2</sub>O) aus [[Ethanol]] (CH<sub>3</sub>CH<sub>2</sub>OH). Dabei bildet sich eine [[Doppelbindung]] aus und es entsteht [[Ethen]] (CH<sub>2</sub>=CH<sub>2</sub>):
 
:<math>\mathrm {CH_3-CH_2-OH \xrightarrow{H^+} CH_2=CH_2 + H_2O}</math>
 
== Temperaturabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit ==
 
Damit eine Reaktion in Gang kommt, ist die Zufuhr einer entsprechenden [[Aktivierungsenergie]] <math>E_\mathrm{A}</math> notwendig, die üblicherweise in [[Joule]] pro [[mol]] (J·mol<sup>−1</sup>) angegeben wird. So kann man etwa ein [[Wikipedia:Streichholz|Streichholz]] nur entzünden, wenn man ihm durch Reibung mechanische Energie bzw. Wärmeenergie zuführt. Bei scheinbar spontan ablaufenden Reaktionen wird die nötige [[Energie]] unmittelbar der Umgebungswärme entnommen. Je höher die zugeführte Wärme bzw. je geringer die benötigte Aktivierungsenergie ist, desto schneller läuft die Reaktion ab. Nach der [[1884]] von dem niederländischen Chemiker [[w:Jacobus Henricus van ’t Hoff|Jacobus Henricus van ’t Hoff]] aufgestellten '''RGT-Regel''' ('''R'''eaktions'''g'''eschwindigkeit-'''T'''emperatur-Regel, auch '''van-’t-Hoff’sche Regel''') gilt, dass eine Temperaturerhöhung um 10 [[Kelvin|K]] die Reaktionsgeschwindigkeit ungefähr verdoppelt. Durch Beigabe kleiner Mengen eines spezifischen [[Katalysator]]s, der die nötige Aktivierungsenergie verringert, kann die Reaktion gegebenenfalls wesentlich beschleunigt werden.
 
Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten <math>k</math> einer chemischen Reaktion kann durch die von [[w:Svante Arrhenius|Svante Arrhenius]] empirisch aufgestellte und später nach ihm benannte [[Arrhenius-Gleichung]] ermittelt werden:
 
{{Notiz|<math>k = A \cdot \mathrm{e}^{-\frac{E_\mathrm{A}}{R \cdot T}} \qqad</math> '''Arrhenius-Gleichung'''}}
 
dabei ist
 
:<math>A</math> ein präexponentieller Faktor, der in vielen Fällen als ''nicht'' temperaturabhängig angenommen werden kann,
:<math>E_\mathrm{A}</math>  die Aktivierungsenergie in [[Joule|J]]/[[mol]],
:<math>R = 8{,}314 \mathrm{J/K\,mol}</math>  die [[universelle Gaskonstante]],
:<math>T</math> die [[absolute Temperatur]] in [[Kelvin|K]].
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Kinetik (Chemie)}}
 
[[Kategorie:Chemie]]

Aktuelle Version vom 11. August 2022, 12:10 Uhr

Beschreibung

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