Rechtsleben und Östliche Philosophie: Unterschied zwischen den Seiten

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{{lückenhaft|Begriffsgeschichte fehlt gänzlich}}
Als '''östliche Philosophie''' wird gemeinhin die [[Philosophie]] [[Asien]]s, insbesondere die des [[China|chinesischen]], [[Indien|indischen]] und [[japan]]ischen Kulturraumes verstanden. Die Blütezeit der östlichen Philosophie stellt nach [[Karl Jaspers]] die von ihm so bezeichnete „[[Achsenzeit]]“ (800–200 v. Chr.) dar. Hier entwickelten sich die geschichtsmächtig gewordenen Denktraditionen des [[Konfuzianismus]], [[Daoismus]] und [[Buddhismus]].


'''Recht''' bezeichnet
Mit dem [[Hinduismus]] standen diese Traditionen später besonders im Norden des indischen Subkontinents in einem spannungsreichen Verhältnis zum [[Islam]].
* im objektiven Sinn einen abgrenzbaren Teilbereich der Gesamtheit gesellschaftlicher Normen (→ [[wikipedia:Objektives Rec ht|Objektives Recht]]) und
* im subjektiven Sinn eine (sich aus dem objektiven Recht ableitende) Befugnis des Einzelnen (→&nbsp;[[wikipedia:Subjektives Recht|Subjektives Recht]]).<ref>Die grundlegende Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Recht ist lexikalisch, in der rechtswissenschaftlichen und philosophischen Fachsprache und im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert:
* [[wikipedia:Uwe Wesel|Uwe Wesel]], ''Geschichte des Rechts'', 3. Auflage. Rn 39: „Im Recht unterscheidet man – wie bei der Gerechtigkeit – Subjektives und Objektives. Subjektives Recht ist, was dem einzelnen zusteht. Objektives Recht ist die Gesamtheit aller Rechtsvorschriften.“
* [[wikipedia:Martin Otto|Martin Otto]], [http://www.ieg-ego.eu/de/threads/hintergruende/recht Artikel „Recht“] im Projekt „[[wikipedia:Europäische Geschichte Online|Europäische Geschichte Online]]“ des [[wikipedia:Leibniz-Institut für Europäische Geschichte|Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte]], Rz 5; dort auch Rz 14: Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Recht als erste der Kategorien des Rechts.
* [[wikipedia:Moritz Heyne|Moritz Heyne]], [http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=recht Artikel „Recht“] im [[wikipedia:Grimmsches Wörterbuch|Grimmschen Wörterbuch]].
* Unbekannter Verfasser, [http://www.zedler-lexikon.de/blaettern/einzelseite.html?id=277147&bandnummer=30&seitenzahl=0673&supplement=0&dateiformat=1 Artikel „Recht“] in [[wikipedia:Zedlers Universallexikon|Zedlers Universallexikon]].
* [[wikipedia:Brockhaus Enzyklopädie|Brockhaus]], 9. Auflage. 2000, Artikel „Recht“, ISBN 3-7653-1679-2.
* [[wikipedia:Armin G. Wildfeuer|Armin G. Wildfeuer]], Handwörterbuch Philosophie, hrsg. von [[wikipedia:Wulff Rehfus|Wulff Rehfus]], Göttingen, 2003, ISBN 3-8252-8208-2, Artikel „Recht“ (abrufbar im [http://www.philosophie-woerterbuch.de/ Online-Wörterbuch Philosophie]).
* [[wikipedia:Gerhard Köbler|Gerhard Köbler]], Juristisches Wörterbuch, 11. Auflage. 2002, Artikel „Recht“.
* [[wikipedia:Duden|Duden]], Das Bedeutungswörterbuch, 2. Auflage. 1985, Artikel „Recht“.</ref>


Im heutigen Sinne bezeichnet '''Recht''' meist ein System von Regeln mit allgemeinem Geltungsanspruch, das von [[wikipedia:Gesetzgebung|gesetzgebenden Institutionen]] oder satzungsgebenden Körperschaften geschaffen ([[wikipedia:Rechtssetzung|Rechtsetzung]]) und nötigenfalls von Organen der [[wikipedia:Rechtspflege|Rechtspflege]] durchgesetzt wird ([[wikipedia:objektives Recht|objektives Recht]]). Im Gegensatz zu [[Moral]] und [[Sitte]] sieht das so verstandene Recht – vor allem das [[wikipedia:Strafrecht|Strafrecht]] – staatliche [[wikipedia:Sanktion|Sanktion]]en für den Fall vor, dass Verhaltensregeln nicht eingehalten werden. '''Unrecht''' entsteht in diesem Sinn aus der Verletzung gesetzter Rechtsvorschriften, die sich nicht notwendig mit dem moralischen Empfinden decken müssen.
Es gelingt immer nur ansatzweise, allgemeine Strömungen darzustellen, die als östliche Philosophie gelten können. Zu verschieden und reichhaltig ist die über mindestens drei Jahrtausende rekonstruierbare Kultur und Philosophie des Ostens. In der Auseinandersetzung mit ihr bestimmte die sogenannte westliche Philosophie immer wieder auch ihr eigenes Selbstverständnis.


Die konkrete Bedeutung des Begriffs variiert je nach Verwendungszusammenhang; auch wissenschaftlich unterscheidet er sich je nach Disziplin, wobei auch innerhalb der Disziplinen keine Einigkeit besteht. Die Schwierigkeiten einer allgemeinen Definition werden deutlich, wenn man die verschiedenen [[wikipedia:Kompositum (Grammatik)|Komposita]] betrachtet, die ''Recht'' als Teilbegriff beinhalten. Als Beispiele seien genannt: Strafrecht, Kirchenrecht, Naturrecht, Völkerrecht, Richterrecht, Gewohnheitsrecht. Daneben lassen sich mehrere Gegenbegriffe ausmachen; jede Definition hängt auch davon ab, von welchen dieser Begriffe sie ''Recht'' unterscheiden will. Als Beispiele seien hier genannt: Recht und Unrecht; Recht, Moral und Sitte; Rechte und Pflichten; Recht und [[Gerechtigkeit]]; Gesetz und Recht (Art.20 Abs.&nbsp;3 [[wikipedia:Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]).
== China ==
{{Hauptartikel|Chinesische Philosophie}}


Rechtssystematisch wird das ursprüngliche [[apodiktisch]]e Recht etwa der [[Zehn Gebote]] (Du sollst/sollst nicht) vom [[wikipedia:Subjunktion|konditionalen]] Recht (Wenn-dann) unterschieden, das die moderne Gesetzgebung prägt.<ref>[[wikipedia:Roman Herzog|Roman Herzog]]: ''Staaten der Frühzeit. Ursprünge und Herrschaftsformen'', C.H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-42922-X, S. 282&nbsp;f.</ref>
Die Anfänge der chinesischen Philosophie reichen bis weit in das zweite vorchristliche Jahrtausend zurück. Zu ihren zentralen Fragestellungen gehörte von jeher die Ordnung des Kosmos wie auch die Stellung des Menschen in ihm. Sehr alt ist die Lehre vom Urprinzip [[Dao]] sowie dem der Welt immanenten Gegensatz von [[Yin und Yang]]. Später entwickelten sich auf ihrer Grundlage zahlreiche Lehren, von denen die bekanntesten der [[Konfuzianismus]], der [[Daoismus]] und der [[Legalismus]] sind. Stets waren ausgeprägte [[Synkretismus|synkretistische]] Tendenzen zu beobachten, in deren Rahmen teilweise auch von außen importierte Lehren wie der [[Buddhismus]] mitaufgenommen und [[Sinisierung|sinisiert]] wurden. Aufgrund teilweise völlig unterschiedlicher Paradigmen, Fragestellungen und Herangehensweisen wird teilweise bestritten, ob die chinesischen Denktraditionen überhaupt als Philosophie im Sinne der westlichen Tradition angesehen werden können.


Die Auslegung und systematische [[begriff]]lichen Durchdringung gegenwärtiger und geschichtlicher juristischer Texte und sonstiger rechtlicher Quellen ist Aufgabe der von '''Juristen''' betriebenen '''Rechtswissenschaft''' oder '''Jurisprudenz''' (von {{laS|''iuris prudentia''}}, „[[Kenntnis]] des Rechts“; auch '''Jura''' bzw. '''Jus''' von lat. „die Rechte“), die einen weitgehend [[normativ]]en Charakter hat. Demgegenüber wird in der [[Soziologie]] ein '''Rechtssystem''' als Ausdruck der gegebenen, [[Empirie|empirisch]] zu erforschenden sozialen Wirklichkeit angesehen.
== Indien ==
{{Hauptartikel|Indische Philosophie}}


== Der Begriff des Rechts ==
Seit der Zeit der [[Upanishaden]] (9.–6. Jh. v. Chr.) kann man in Indien von einer entwickelten Philosophie sprechen. Die Ursprünge reichen jedoch in das 2. vorchristliche Jahrtausend zurück. Zentrale Themen bilden [[Samsara]] (Wiedergeburt), [[Karma]] ("Gesetz der Tat") und [[Dharma]] (kosmische Ordnung).
Von den sechs orthodoxen indischen Systemen (d. h. die die Autorität des [[Veda]] anerkennen) sind [[Vedanta]], [[Yoga]] und [[Samkhya]] die wichtigsten.
Zu den sogenannten [[Häresie|heterodoxen]] Systemen zählen der [[Jainismus]] und die verschiedenen [[Buddhismus|buddhistischen]] Schulen.


=== Etymologie ===
== Japan ==
Das Wort ''Recht'' ist aus der indogermanischen Wurzel *''h₃reĝ''-, „aufrichten, gerade richten“ entstanden und somit aus [[wikipedia:Etymologie|etymologischer]] Sicht moralisch [[wikipedia:Konnotation|konnotiert]].<ref>Duden, Herkunftswörterbuch, Eintrag „Recht“</ref> Der etymologische Hintergrund des deutschen Wortes ist der gleiche wie in vielen europäischen Sprachen (franz. ''droit'', span. ''derecho'', ital. ''diritto'', engl. ''right''); auch in außereuropäischen Sprachen finden sich Entsprechungen.<ref>Wesel, Geschichte des Rechts, S. 29: Das Wort ''djugaruru'' der australischen Walbiri bedeute wörtlich der „gerade oder richtige Weg“; S. 43: Das Wort ''cuong'' der sudanesischen Nuer habe die Bedeutung „aufrecht, richtig“</ref>
{{Hauptartikel|Philosophie in Japan}}


Inhaltlich ist der deutsche Begriff stark von der Bedeutung des lateinischen ''ius'' beeinflusst, das ursprünglich die menschliche Ordnung gegenüber der überirdischen Ordnung (''fas'') bezeichnete.<ref>Okko Behrends, Ius und Ius Civile, in Sympotica Franz Wieacker, Göttingen 1970, S. 11 ff.</ref> Diese mit ''ius'' bezeichnete Ordnung wurde durch ''[[wikipedia:Lex|leges]]'' konkretisiert, die zunächst Riten darstellten,<ref>Detlef Liebs, Römisches Recht, 5. Auflage. 1999, S. 28.</ref> später aber in die Form staatlicher Gesetze überführt wurden. Mit dieser Begriffswende der ''lex'' vom Ritus zum staatlichen Gesetz veränderte sich der Begriff des lateinischen ''ius'' und über die [[wikipedia:Schule von Salamanca|spätscholastische Philosophie]] und die [[wikipedia:Rezeption des römischen Rechts|Rezeption des römischen Rechts]] auch die Bedeutung des deutschen Worts „Recht“.<ref>Heinrich Tischner: [http://www.heinrich-tischner.de/22-sp/2wo/wort/idg/deutsch/g/gerk.htm ''Etymologie Gerechtigkeit'']. heinrich-tischner.de, abgerufen am 27. September 2010.</ref>
Wie die generelle kulturelle Entwicklung [[Japan]]s, so ist auch die dort entwickelte Philosophie ohne die maßgebliche Übernahme von Ideen zunächst des ostasiatischen Auslands bis ins 17. Jahrhundert, die nachfolgende und fast 200 Jahre andauernde Isolation Japans, sowie sein im 19. Jahrhundert einsetzendes Streben nach weltpolitischem Einfluss nicht zu erklären. Darüber hinaus stand die in Japan entwickelte Philosophie auch immer in engem Wechselverhältnis mit den innenpolitischen Machtkämpfen der säkularen und religiösen Autoritäten mit- und untereinander.


In diesem etymologischen Dreiklang aus [[moral]]ischem Anspruch, herkömmlich-[[wikipedia:rituell|rituell]]er Lebensordnung und staatlicher [[wikipedia:Gesetzgebung|Gesetzgebung]] finden sich bereits drei wesentliche Eckpunkte des (modernen) Diskurses über den Rechtsbegriff, die noch um die geschichtliche Bedingtheit des Rechts ergänzt werden können.
Gleichzeitig mit der Einführung der [[Chinesische Schrift|chinesischen Schrift]] wurden auch die darin verfassten chinesischen Schriften rezipiert, die in Japan daoistisches, konfuzianistisches und vor allem buddhistisches Gedankengut (vgl. [[Buddhismus in Japan]]) bekannt machten und von da an mit den indigenen religiösen Traditionen (siehe [[Shintō]]) in stark [[Synkretismus|synkretistischer]] Weise das philosophische Denken in Japan mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten bis in die Gegenwart bestimmten.
 
=== Der Diskurs über den Rechtsbegriff ===
 
Vor dem Hintergrund dieses sprachgeschichtlich vielschichtigen Begriffs wird die Frage, was Recht ist, wie also „Recht“ von der Gesamtheit gesellschaftlicher Normen abzugrenzen ist, unterschiedlich beantwortet. [[wikipedia:Essentialismus|Essentialistische]] Ansätze versuchen, diese Frage allgemein verbindlich zu beantworten und beanspruchen damit den „wahren“ Begriff des Rechts. Demgegenüber versuchen nominalistische Ansätze lediglich, eine praktikable Definition aufzustellen, die den Rechtsbegriff für den jeweiligen Untersuchungsbereich zweckmäßig erfasst, während er „für andere Zwecke ganz anders abgegrenzt werden mag“.<ref>[[Max Weber]]: ''Wirtschaft und Gesellschaft'', Kap. I, § 6, Nr. 2.</ref> Insbesondere bei Vertretern des [[wikipedia:Rechtspositivismus|Rechtspositivismus]], die nur staatliche Gesetze als Recht anerkennen wollen, ist allerdings häufig unklar, inwieweit die Autoren eine essentialistische oder nominalistische Definition beabsichtigen.
 
=== Der Begriff des Rechts in einzelnen rechtswissenschaftlichen Disziplinen ===
==== Rechtsdogmatik ====
{{Hauptartikel|Rechtsdogmatik}}
 
Das wohl gängigste Verständnis des Rechtsbegriffs in der Rechtsdogmatik geht von einer engen Verknüpfung des Rechts mit dem Staat aus. Danach gehören zum Recht die staatlich erlassenen Rechtssätze ([[Gesetz]]e, Verordnungen, [[wikipedia:Völkerrechtlicher Vertrag|völkerrechtliche Verträge]], [[wikipedia:Richterrecht|Richterrecht]] etc.) sowie staatlich anerkannte Rechtssätze (Kirchenrecht, Handelsgewohnheitsrecht, in begrenztem Umfang auch Naturrecht). Eine solche Definition vermeidet insbesondere Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber moralischen und sittlichen Normen; diese können durch staatliche Akte zu Rechtsnormen werden.
 
==== Rechtsethnologie ====
{{Hauptartikel|Rechtsethnologie}}
 
In der Rechtsethnologie (oder: Rechtsanthropologie) wurde gerade in den Anfängen ethnologischer Forschung darüber diskutiert, ob Konfliktlösungsmechanismen nichtstaatlicher Gesellschaften als Recht bezeichnet werden können. Die Frage, ob nichtstaatliche Gesellschaften über Recht (und nicht nur über Moral und Sitte) verfügen, wird inzwischen mehrheitlich bejaht.<ref>Uwe Wesel, Geschichte des Rechts, 3. Auflage. S. 65 f., auch zur historischen anthropologischen Debatte; Geneviève Chrétien-Vernicos, [http://www.dhdi.free.fr/cours/histdroit/hd1.htm Introduction historique au droit], mit Beispielen aus der Rechtsanthropologie.</ref>
 
==== Rechtsphilosophie ====
{{Hauptartikel|Rechtsphilosophie}}
 
Die Rechtsphilosophie umfasst unter allen Disziplinen die wohl größte Spannbreite an unterschiedlich verstandenen Rechtsbegriffen. Während der Rechtspositivismus allein auf staatliche Normen abstellt, sehen Naturrechtslehren die staatlichen Gesetze – wenn überhaupt – als Teil des Rechts an. Eine Zwischenstellung nimmt die [[wikipedia:Historische Rechtsschule|Historische Schule der Rechtswissenschaft]] ein, die das positive Recht gerade als geschichtlich gewachsene Ausprägung des Naturrechts ansieht.
 
==== Rechtssoziologie ====
{{Hauptartikel|Rechtssoziologie}}
 
Die Rechtssoziologie kennt drei Wege, Recht als gesellschaftlichen Teilbereich zu erfassen: zum Ersten durch die Feststellung von Normen, die im Zusammenleben der Gruppe für verbindlich gehalten werden und an denen sich aus diesem Grunde die Normadressaten bei ihrem Verhalten orientieren; zum Zweiten durch die Feststellung von Verhaltensmustern, nach denen das Gruppenleben tatsächlich abläuft; und zum Dritten durch die Feststellung von Verhaltensmustern, nach denen der Rechtstab in bestimmten sozialen Situationen reagiert.<ref>M. Rehbinder, Der Pluralismus des Rechts im Zeitalter der Globalisierung. Zum Rechtsbegriff in der Rechtssoziologie.([http://www.nbuv.gov.ua/portal/soc_gum/Pfp/2005_3/227%20Rehbinder.pdf PDF])</ref>
 
==== Rechtstheologie ====
 
Das Recht ist definiert als eine im Menschen innerlich wirkende geistige Macht, die ihn antreibt, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, die aber durch eine äußere Macht unterstützt werden muss, um ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen zu erzielen. Alle alten Völker schreiben dem Recht einen überirdischen Ursprung zu.<ref>[[wikipedia:Helmuth von Glasenapp|Helmuth von Glasenapp]]: ''Glaube und Ritus der Hochreligionen, S. 143,'' in Fischer Büchereien 346, S. Fischer, Frankfurt am Main 1960.</ref>
 
== Geschichtliche Grundlagen ==
[[wikipedia:Rechtsgeschichte| --> ''Hauptartikel Rechtsgeschichte'']]
 
=== Allgemeines zur Geschichtlichkeit des Rechts ===
„Alles Recht entwickelt sich.“<ref>[[wikipedia:Jean Carbonnier|Jean Carbonnier]], Die großen Hypothesen der theoretischen Rechtssoziologie, KZfSS Sonderheft
11/1967, 135 ff.</ref> Diese Wandelbarkeit des positiven Rechts wurde von [[wikipedia:Montesquieu|Montesquieu]] erstmals artikuliert und ist heute unbestritten.<ref>[[wikipedia:Klaus F. Röhl|Klaus F. Röhl]], Rechtssoziologie, 1987, S. 579; http://www.ruhr-uni-bochum.de/rsozinfo/ (abgerufen am 6. Oktober 2010)</ref> Über lange Zeiten der Geschichte scheint es aber nicht im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert gewesen zu sein, dass positives Recht evolutionären Charakter hat und somit geändert werden kann. So erklärt sich beispielsweise, dass große Kodifikationen sich zumeist auf älteres, bestehendes Recht berufen oder dass einige Rechtsänderungen im Mittelalter mittels Urkundenfälschungen, die ein schon bestehendes Recht vortäuschten, vorgenommen wurden.
 
Der Geschichtlichkeit des Rechts widersprechen auch solche Theorien nicht, die bestimmte Funktionen des Rechts zur Bestimmung von Normgefügen als Recht heranziehen.<ref>Uwe Wesel, Die Geschichte des Rechts, S. 60 ff.</ref> Denn diese Funktionen sind nicht rechtsimmanent, sondern werden ihm zur besseren Analyse zugeschrieben.<ref>Klaus F. Röhl, Rechtssoziologie, 1987, S. 579 f.; http://www.ruhr-uni-bochum.de/rsozinfo/ (abgerufen am 6. Oktober 2010)</ref>
 
=== Der geschichtliche Ursprung des Rechts ===
[[Datei:Codex Hammurapi Stela top.jpg|miniatur|Spitze des [[wikipedia:Codex Hammurapi|Codex Hammurapi]]]]
[[wikipedia:Rechtsethnologie| --> ''Hauptartikel Rechtsethnologie'']]
 
Mit dem geschichtlichen Ursprung des Rechts befasst sich die [[wikipedia:Rechtsethnologie|Rechtsethnologie]]; er spielt aber auch zu Bekräftigung rechtsphilosophischer und -soziologischer Hypothesen eine Rolle.
 
Als erste schriftliche Kodifikationen des Rechts gelten der [[wikipedia:Codex Ur-Nammu|Codex Ur-Nammu]] und der [[wikipedia:Codex Hummurapi|Codex Hammurapi]]. Wie bei allen frühen schriftlichen Quellen (z.&nbsp;B. auch beim [[wikipedia:Zwölftafelgesetz|Zwölftafelgesetz]]) war der Inhalt dieser Codices jedoch keine genuine [[wikipedia:Rechtsetzung|Rechtsetzung]], sondern – zumindest zum Teil – eine Sammlung und Zusammenfassung bestehender, ungeschriebener Rechtsnormen.
 
Über die Entstehung dieses frühgeschichtlichen ungeschriebenen Rechts als soziales Teilsystem gibt es keine Gewissheit; nach der ganz überwiegenden Ansicht jedoch waren Recht, Religion und Moral in vorgeschichtlichen Gesellschaften nicht abgrenzbare Teile einer umfassenden Sittlichkeit, die sich erst in einer späteren Phase der gesellschaftlichen Entwicklung als eigenständige Teilsysteme ausdifferenziert haben.<ref>Klaus F. Röhl, Rechtssoziologie, 1987, S. 577 f.; http://www.ruhr-uni-bochum.de/rsozinfo/ (abgerufen am 6. Oktober 2010)</ref>
 
Nach einer anderen Hypothese ist das Recht eine Hervorbringung der Religion. In diesem Sinne sollen Rechtsnormen aus religiösen Normen umgewandelte Handlungsvorschriften sein.<ref>Helmuth von Glasenapp: Glaube und Ritus der Hochreligionen in vergleichender Übersicht. Fischer, Frankfurt am Main 1960, S. 143 f.</ref> In der Tat berufen sich noch heute einige Rechtssysteme auf ihre Entstehung aus göttlicher Offenbarung, so das [[wikipedia:Halacha|jüdische Recht]],<ref>Walter Homka: ''Das jüdische Recht'', http://www.humboldt-forum-recht.de/deutsch/17-2009/beitrag.html (abgerufen am 29. September 2010)</ref> die [[wikipedia:Scharia|Scharia]] und zum Teil das [[wikipedia:Kanonisches Recht|kanonische Recht]]. Aufgrund mehrerer Argumente wird diese Hypothese heute allerdings nicht mehr ausdrücklich vertreten: Uwe WeselWesel hält ihr entgegen, dass in den Gesellschaften der [[wikipedia:Jäger und Sammler|Jäger und Sammler]] die Verbote des Ehebruchs, des Totschlags und des Diebstahls niemals religiöse Bedeutung gehabt hätten. Zudem weist [[wikipedia:Bronislaw Malinowski|Malinowski]] darauf hin, dass religiöse Gebote archaischer Gesellschaften „absolut festgelegt, strikt zu befolgen und umfassend sind“, während ihre Rechtsregeln „dem Wesen nach elastisch und anpassungsfähig“ sind und es sich – in scheinbarem Widerspruch – gleichwohl „zweifellos um Regeln bindenden Rechts“ handeln kann.<ref>Bronislaw Malinowski: Gegenseitigkeit und Recht, in [[wikipedia:Fritz W. Kramer|Kramer]]/[[wikipedia:Christian Sigrist|Sigrist]] (Hrsg.), Gesellschaften ohne Staat – Gleichheit und Gegenseitigkeit, Frankfurt a.M. 1983, ISBN 3-434-46006-3, S. 139 f.</ref> Diese Argumente sagen freilich nichts aus über die religiöse Legitimierung des Rechts in späteren Stadien der gesellschaftlichen Entwicklung; nur betrifft dies einen (späteren) Entwicklungsschritt des Rechts, hingegen nicht seinen geschichtlichen Ursprung.
 
== Recht, Moral und Sitte ==
Je nach [[wikipedia:Sozialstruktur|Gesellschaftsordnung]] und [[Politik|politischer]] Auffassung überschneiden sich Recht, Moral und Sitte unterschiedlich stark. Recht und [[Moral]] decken sich häufig, jedoch nicht immer. Recht bezieht sich vornehmlich auf das äußere Verhalten des Menschen, während sich die Moral an die [[wikipedia:Gesinnung|Gesinnung]] des Menschen wendet. Das Recht unterscheidet sich von der Moral auch durch die Art, wie es Geltung fordert und in einem normierten Verfahren durch von der Gemeinschaft autorisierte [[wikipedia:Organ (Recht)|Organe]] ([[wikipedia:Rechtspflege|Justiz]], [[wikipedia:Sicherheitsbehörde|Sicherheitsbehörde]]n) zwangsweise durchgesetzt wird. Moralisches Verhalten ist in der Gemeinschaft nur erzwingbar, soweit es durch das Recht gefordert wird. Und Recht entstammt oft moralischen Bewertungen. Es gibt allerdings auch moralisch [[wikipedia:Wertfreiheit|neutrale]] Rechtssätze, zum Beispiel das Links- oder Rechtsfahrgebot im Straßenverkehr.
 
Eine [[Sitte]] wie eine Kleiderordnung kann rechtlich verbindlich sein: [[wikipedia:Richter|Richter]] und [[wikipedia:Rechtsanwalt|Rechtsanwälte]] sind bisweilen gesetzlich verpflichtet, eine Robe zu tragen; Frauen aus Ländern des [[wikipedia:Schari'a|islamischen Rechtskreises]] sind in ihrer Heimat gesetzlich verpflichtet, ein Kopftuch zu tragen, müssen aber in Europa bisweilen aus den gleichen Gründen darauf verzichten.
 
== Funktionen des Rechts ==
Die funktionelle Analyse wird meist aus rechtssoziologischer Perspektive vorgenommen. [[wikipedia:Uwe Wesel|Wesel]] unterscheidet darüber hinaus aus historischer Perspektive zwischen vorstaatlichem und staatlichem Recht, wobei er dem vorstaatlichen Recht allein eine Ordnungs- und Gerechtigkeitsfunktion zuschreibt, während er das staatliche Recht zusätzlich durch eine Herrschafts- und (historisch später entstandene) Herrschaftskontrollfunktion gekennzeichnet sieht.<ref>Uwe Wesel, Geschichte des Rechts, 3. Auflage. S. 65.</ref> Ähnlich unterscheidet [[wikipedia:Bernd Rüthers|Bernd Rüthers]] zwischen politischen, d.&nbsp;h. an Herrschaft gebundenen, und gesellschaftlichen Funktionen des Rechts, die er noch um Funktionen für das Individuum ergänzt.<ref name="autogenerated2007">Bernd Rüthers: ''Rechtstheorie'', 3. Auflage. München 2007, §&nbsp;3.</ref>
 
* Friedensfunktion
Die Friedensfunktion, auch Konfliktbereinigungs- oder Befriedungsfunktion<ref name="autogenerated2007" /> genannt, bezeichnet die Wirkung des Rechts für den sozialen Frieden; dieser wird zum einen dadurch hergestellt, dass Streitigkeiten durch materielle und Verfahrensregelungen im Recht kanalisiert werden, zum anderen dadurch, dass durch bindende Beschlüsse, sei es eines Gerichts oder durch Einigung der Parteien, der Streit zwischen den Parteien beendet wird.
 
* Ordnungsfunktion
In diesem, auch als Garantie- oder Rechtssicherheitsfunktion bezeichneten Wirkbereich stellt das Recht gewisse Erwartungen der Individuen sicher, indem sie gewisse Situationen in vorhersehbarer Weise regeln und somit eine verlässliche Basis sozialer Beziehungen zur Verfügung stellt. Dafür kommt es teils gar nicht auf den Inhalt der Regelungen an, sondern nur auf die Existenz einer Regelung an sich; als Beispiel für einen solchen Fall wird hier das Rechts- oder Linksfahrgebot genannt.
 
* Wertfunktion
Daneben dient Recht auch der Aufrechterhaltung der Werte, die die Einzelnen in einer Gesellschaft von Rechtsgenossen ihrem Handeln zugrunde legen. Insofern hat Recht auch die Funktion, bestehende Orientierungen aufrechtzuerhalten.
 
Diese Funktion wird aus rechtssoziologischer Perspektive meist ausgeklammert; denn die Anerkennung dieser Funktion birgt die Gefahr, in einem nächsten Schritt die Werte zu ermitteln und somit den beschreibend-analytischen Weg zu verlassen.
 
* Freiheitsfunktion
Die Freiheitsfunktion sichert dem Einzelnen Freiräume zu, die ihn vor Zugriffen Dritter und in neueren Stadien der Geschichte auch vor staatlicher Machtausübung schützen. Dieser Schutz kann durch Ansprüche gegenüber Dritten sowie Abwehr- oder Statusrechte vermittelt werden.
 
* Integrationsfunktion
Zudem dient das Recht auch der Integration von Gesellschaften. Die Rechtseinheit stellt zugleich eine politische Einheit her, die nicht zuletzt dadurch erfolgt, dass das Recht ein gemeinsames Rechtsbewusstsein und übereinstimmende Rechtsüberzeugungen schaffen kann.
 
* Legitimationsfunktion
Diese, von Wesel Herrschaftsfunktion genannte Funktion beschreibt, dass sich politische Herrschaft des Rechts als legitimatorischen Instruments bedient. Dies kann – sowohl im Hinblick auf die Legitimation der konkreten Herrschaftsstruktur im Ganzen als auch im Hinblick auf die Legitimation einzelner Aspekte oder Entscheidungen – auf zwei Weisen geschehen: im Positiven, indem die Ausübung der Herrschaft rechtlichen Ansprüchen genügt, im Negativen, indem die rechtsförmige Ausgestaltung der Herrschaft den Anschein der Interesselosigkeit gibt und so die Sicht auf die eigentlichen Motive der Herrschaftsausübung trübt.
 
* Steuerungs- und Gestaltungsfunktion
Die Steuerungsfunktion bezeichnet die Möglichkeit, durch Rechtsnormen das Verhalten gesellschaftlicher Akteure zu regeln. Politische Programme werden mithilfe des Rechts umgesetzt und der Alltag hierdurch gestaltet und gesteuert; somit trägt das Recht mittelbar zur Beförderung sozialen Wandels bei.
 
* Kontrollfunktion
Die Kontrollfunktion des Rechts ermöglicht die nachträgliche Überprüfung der Herrschaftsausübung und begrenzt die Herrschaft dadurch. Sie ist unter den Funktionen des Rechts die jüngste. Die Kontrolle kann durch Außenstehende oder politische Konkurrenten veranlasst werden.
 
== Das System des Rechts ==
=== Das Rechtssystem als Ganzes (Rechtsordnung) ===
[[wikipedia:Rechtsordnung| --> ''Hauptartikel Rechtsordnung'']]
 
Die moderne Rechtsordnung (auch „Rechtssystem“ genannt) besteht aus der Gesamtheit der [[wikipedia:Rechtsnorm|Normen]], die nach ihrem nationalen oder internationalen Geltungsbereich in [[wikipedia:Rechtsordnung|Rechtsordnung]]en und das global geltende [[wikipedia:Völkerrecht|Völkerrecht]] eingeteilt sind. Die [[wikipedia:Rechtswissenschaft|Jurisprudenz]], besonders die [[wikipedia:Rechtstheorie|Rechtstheorie]], unterteilt diese Rechtsordnungen des objektiven Rechts wiederum in [[wikipedia:Rechtsgebiet|Rechtsgebiet]]e, die nach methodischen Gesichtspunkten in die drei großen Bereiche des [[wikipedia:Öffentliches Recht|öffentlichen Rechts]], [[wikipedia:Privatrecht|Privatrecht]]s und [[wikipedia:Strafrecht|Strafrecht]]s, nach sachlichen oder inhaltlichen Gesichtspunkten in methodenübergreifende Rechtsgebiete wie das Verkehrsrecht, das Wirtschaftsrecht oder das Baurecht  gegliedert werden. Aus den genannten Normsystemen ergibt sich für die Normadressaten im Einzelfall eine Berechtigung ([[wikipedia:subjektives Recht|subjektives Recht]]), wie etwa das Recht auf [[wikipedia:Meinungsfreiheit|freie Meinungsäußerung]] (z.&nbsp;B. in Deutschland: [http://www.vwvfg.de/5gg.html Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG]), das [[Eigentum]]srecht, ein [[wikipedia:Anspruch|Anspruch]] (zum Beispiel eines Verkäufers auf den Kaufpreis) oder das Recht, von einem [[Vertrag]] zurückzutreten.
 
=== Der Aufbau der einzelnen Normen ===
Normbefehle ([[wikipedia:Rechtsnorm|Rechtsnorm]]en) werden im Voraus, vor dem Zeitpunkt ihrer Anwendung formuliert. Es muss daher zugleich geregelt werden, für welchen Fall sie gelten. So entsteht der Aufbau einer Rechtsnorm: „Wenn die Voraussetzungen A, B und C erfüllt sind, dann soll die [[wikipedia:Rechtsfolge|Rechtsfolge]] R eintreten.“ Die Gesamtheit der erforderlichen Voraussetzungen nennt man [[wikipedia:Tatbestand|Tatbestand]], die einzelne erforderliche Voraussetzung nennt man [[wikipedia:Tatbestandsmerkmal|Tatbestandsmerkmal]]. Normen bestehen somit aus ''Tatbestand'' und ''Rechtsfolge''.
 
Rechtsfolge ist das Entstehen von Rechten und [[Pflicht]]en. Es gibt auch Normen, die als negative Rechtsfolge anordnen, dass Rechte und Pflichten gerade nicht entstehen (zum Beispiel: Wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ist ein Rechtsgeschäft nichtig).
 
== Das Rechtsleben im sozialen Organismus im Sinne der Dreigliederungsidee Rudolf Steiners ==
[[Datei:1793 Equality anagoria.JPG|thumb|left|Égalité - Die Gleichheit, 1793, [http://en.wikipedia.org/wiki/Jean-Guillaume_Moitte Jean-Guillaume_Moitte] [[wikipedia:Deutsches_Historisches_Museum|Deutsches Historisches Museum Berlin]]]]
Das '''Rechts'''- oder '''Staatsleben''' soll nach [[Rudolf Steiner]]s Ideen zur [[Soziale Dreigliederung|sozialen Dreigliederung]] im gesunden [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] heute als ''selbstständiges'' Glied neben dem [[Geistesleben]] und dem [[Wirtschaftsleben]] bestehen.
 
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"Der gesunde soziale Organismus erfordert als zweites Glied neben dem Wirtschaftskörper das selbständige politische Staatsleben. In dem selbständigen Wirtschaftskörper werden die Menschen durch die Kräfte des wirtschaftlichen Lebens zu Einrichtungen kommen, welche der Warenerzeugung und dem Warenaustausch in der möglichst besten Weise dienen. In dem politischen Staatskörper werden solche Einrichtungen entstehen, welche die gegenseitigen Beziehungen zwischen Menschen und Menschengruppen in solcher Art orientieren, dass dem Rechtsbewusstsein des Menschen entsprochen wird.
 
Der Gesichtspunkt, von dem aus hier die gekennzeichnete Forderung nach völliger Trennung des Rechtsstaates von dem Wirtschaftsgebiet gestellt wird, ist ein solcher, der im wirklichen Menschenleben drinnen liegt. Einen solchen Gesichtspunkt nimmt derjenige nicht ein, der Rechtsleben und Wirtschaftsleben miteinander verbinden will. Die im wirtschaftlichen Leben stehenden Menschen haben selbstverständlich das Rechtsbewusstsein; aber sie werden nur aus diesem heraus und nicht aus den wirtschaftlichen Interessen Gesetzgebung und Verwaltung im Sinne des Rechtes besorgen, wenn sie darüber zu urteilen haben in dem Rechtsstaat, der als solcher an dem Wirtschaftsleben keinen Anteil hat. Ein solcher Rechtsstaat hat seinen eigenen Gesetzgebungs- und Verwaltungskörper, die beide nach den Grundsätzen aufgebaut sind, welche sich aus dem Rechtsbewusstsein der neueren Zeit ergeben. Er wird aufgebaut sein auf den Impulsen im Menschheitsbewusstsein, die man gegenwärtig die demokratischen nennt. Das Wirtschaftsgebiet wird aus den Impulsen des Wirtschaftslebens heraus seine Gesetzgebungs- und Verwaltungskörperschaften bilden. Der notwendige Verkehr zwischen den Leitungen des Rechts- und Wirtschaftskörpers wird erfolgen annähernd wie gegenwärtig der zwischen den Regierungen souveräner Staatsgebiete. Durch diese Gliederung wird, was in dem einen Körper sich entfaltet, auf dasjenige, was im andern entsteht, die notwendige Wirkung ausüben können. Diese Wirkung wird dadurch gehindert, dass das eine Gebiet in sich selbst das entfalten will, was ihm von dem anderen zufließen soll.
 
Wie das Wirtschaftsleben auf der einen Seite den Bedingungen der Naturgrundlage (Klima, geographische Beschaffenheit des Gebietes, Vorhandensein von Bodenschätzen und so weiter) unterworfen ist, so ist es auf der andern Seite von den Rechtsverhältnissen abhängig, welche der Staat zwischen den wirtschaftenden Menschen und Menschengruppen schafft. Damit sind die Grenzen dessen bezeichnet, was die Tätigkeit des Wirtschaftslebens umfassen kann und soll. Wie die Natur Vorbedingungen schafft, die außerhalb des Wirtschaftskreises liegen und die der wirtschaftende Mensch hinnehmen muss als etwas Gegebenes, auf das er erst seine Wirtschaft aufbauen kann, so soll alles, was im Wirtschaftsbereich ein Rechtsverhältnis begründet von Mensch zu Mensch, im gesunden sozialen Organismus durch den Rechtsstaat seine Regelung erfahren, der wie die Naturgrundlage als etwas dem Wirtschaftsleben selbständig Gegenüberstehendes sich entfaltet.
 
In dem sozialen Organismus, der sich im bisherigen geschichtlichen Werden der Menschheit herausgebildet hat und der durch das Maschinenzeitalter und durch die moderne kapitalistische Wirtschaftsform zu dem geworden ist, was der sozialen Bewegung ihr Gepräge gibt, umfasst das Wirtschaftsleben mehr, als es im gesunden sozialen Organismus umfassen soll. Gegenwärtig bewegt sich in dem wirtschaftlichen Kreislauf, in dem sich bloß Waren bewegen sollen, auch die menschliche Arbeitskraft, und es bewegen sich auch Rechte. Man kann gegenwärtig in dem Wirtschaftskörper, der auf der Arbeitsteilung beruht, nicht allein Waren tauschen gegen Waren, sondern durch denselben wirtschaftlichen Vorgang auch Waren gegen Arbeit und Waren gegen Rechte. (Ich nenne Ware jede Sache, die durch menschliche Tätigkeit zu dem geworden ist, als das sie an irgendeinem Orte, an den sie durch den Menschen gebracht wird, ihrem Verbrauch zugeführt wird. Mag diese Bezeichnung manchem Volkswirtschaftslehrer auch anstößig oder nicht genügend erscheinen, sie kann zur Verständigung über das, was dem Wirtschaftsleben angehören soll, ihre guten Dienste tun.<ref>"Es kommt eben bei einer Darlegung, die im Dienste des Lebens gemacht wird, nicht darauf an, Definitionen zu geben, die aus einer Theorie heraus stammen, sondern Ideen, die verbildlichen, was in der Wirklichkeit eine lebensvolle Rolle spielt. «Ware», im obigen Sinne gebraucht, weist auf etwas hin, was der Mensch erlebt; jeder andere Begriff von «Ware» lässt etwas weg oder fügt etwas hinzu, so dass sich der Begriff mit den Lebensvorgängen in ihrer wahren Wirklichkeit nicht deckt."</ref> Wenn jemand durch Kauf ein Grundstück erwirbt, so muss das als ein Tausch des Grundstückes gegen Waren, für die das Kaufgeld als Repräsentant zu gelten hat, angesehen werden. Das Grundstück selber aber wirkt im Wirtschaftsleben nicht als Ware. Es steht in dem sozialen Organismus durch das Recht darinnen, das der Mensch auf seine Benützung hat. Dieses Recht ist etwas wesentlich anderes als das Verhältnis, in dem sich der Produzent einer Ware zu dieser befindet. In dem letzteren Verhältnis liegt es wesenhaft begründet, dass es nicht übergreift auf die ganz anders geartete Beziehung von Mensch zu Mensch, die dadurch hergestellt wird, dass jemandem die alleinige Benützung eines Grundstückes zusteht. Der Besitzer bringt andere Menschen, die zu ihrem Lebensunterhalt von ihm zur Arbeit auf diesem Grundstück angestellt werden, oder die darauf wohnen müssen, in Abhängigkeit von sich. Dadurch, dass man gegenseitig wirkliche Waren tauscht, die man produziert oder konsumiert, stellt sich eine Abhängigkeit nicht ein, welche in derselben Art zwischen Mensch und Mensch wirkt.
 
Wer eine solche Lebenstatsache unbefangen durchschaut, dem wird einleuchten, dass sie ihren Ausdruck finden muss in den Einrichtungen des gesunden sozialen Organismus. Solange Waren gegen Waren im Wirtschaftsleben ausgetauscht werden, bleibt die Wertgestaltung dieser Waren unabhängig von dem Rechtsverhältnisse zwischen Personen und Personengruppen. Sobald Waren gegen Rechte eingetauscht werden, wird das Rechtsverhältnis selbst berührt. Nicht auf den Tausch als solchen kommt es an. Dieser ist das notwendige Lebenselement des gegenwärtigen, auf Arbeitsteilung ruhenden sozialen Organismus; sondern es handelt sich darum, dass durch den Tausch des Rechtes mit der Ware das Recht selbst zur Ware gemacht wird, wenn das Recht innerhalb des Wirtschaftslebens entsteht. Das wird nur dadurch verhindert, dass im sozialen Organismus einerseits Einrichtungen bestehen, die nur darauf abzielen, den Kreislauf der Waren in der zweckmäßigsten Weise zu bewirken; und anderseits solche, welche die im Warenaustausch lebenden Rechte der produzierenden, Handel treibenden und konsumierenden Personen regeln. Diese Rechte unterscheiden sich ihrem Wesen nach gar nicht von anderen Rechten, die in dem vom Warenaustausch ganz unabhängigen Verhältnis von Person zu Person bestehen müssen. Wenn ich meinen Mitmenschen durch den Verkauf einer Ware schädige oder fördere, so gehört das in das gleiche Gebiet des sozialen Lebens wie eine Schädigung oder Förderung durch eine Tätigkeit oder Unterlassung, die unmittelbar nicht in einem Warenaustausch zum Ausdruck kommt.
 
In der Lebenshaltung des einzelnen Menschen fließen die Wirkungen aus den Rechtseinrichtungen mit denen aus der rein wirtschaftlichen Tätigkeit zusammen. Im gesunden sozialen Organismus müssen sie aus zwei verschiedenen Richtungen kommen. In der wirtschaftlichen Organisation hat die aus der Erziehung für einen Wirtschaftszweig und die aus der Erfahrung in demselben gewonnene Vertrautheit mit ihm für die leitenden Persönlichkeiten die nötigen Gesichtspunkte abzugeben. In der Rechtsorganisation wird durch Gesetz und Verwaltung verwirklicht, was aus dem Rechtsbewusstsein als Beziehung einzelner Menschen oder Menschengruppen zueinander gefordert wird. Die Wirtschaftsorganisation wird Menschen mit gleichen Berufs- oder Konsuminteressen oder mit in anderer Beziehung gleichen Bedürfnissen sich zu Genossenschaften zusammenschließen lassen, die im gegenseitigen Wechselverkehr die Gesamtwirtschaft zustande bringen. Diese Organisation wird sich auf assoziativer Grundlage und auf dem Verhältnis der Assoziationen aufbauen. Diese Assoziationen werden eine bloß wirtschaftliche Tätigkeit entfalten. Die Rechtsgrundlage, auf der sie arbeiten, kommt ihnen von der Rechtsorganisation zu. Wenn solche Wirtschaftsassoziationen ihre wirtschaftlichen Interessen in den Vertretungs- und Verwaltungskörpern der Wirtschaftsorganisation zur Geltung bringen können, dann werden sie nicht den Drang entwickeln, in die gesetzgebende oder verwaltende Leitung des Rechtsstaates einzudringen (zum Beispiel als Bund der Landwirte, als Partei der Industriellen, als wirtschaftlich orientierte Sozialdemokratie), um da anzustreben, was ihnen innerhalb des Wirtschaftslebens zu erreichen nicht möglich ist. Und wenn der Rechtsstaat in gar keinem Wirtschaftszweige mitwirtschaftet, dann wird er nur Einrichtungen schaffen, die aus dem Rechtsbewusstsein der zu ihm gehörenden Menschen stammen. Auch wenn in der Vertretung des Rechtsstaates, wie es ja selbstverständlich ist, dieselben Personen sitzen, die im Wirtschaftsleben tätig sind, so wird sich durch die Gliederung in Wirtschafts- und in Rechtsleben nicht ein Einfluss des Wirtschafts- auf das Rechtsleben ergeben können, der die Gesundheit des sozialen Organismus so untergräbt, wie sie untergraben werden kann, wenn die Staatsorganisation selbst Zweige des Wirtschaftslebens versorgt, und wenn in derselben die Vertreter des Wirtschaftslebens aus dessen Interessen heraus Gesetze beschließen.
 
Ein typisches Beispiel von Verschmelzung des Wirtschaftslebens mit dem Rechtsleben bot Österreich mit der Verfassung, die es sich in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts gegeben hat. Die Vertreter des Reichsrates dieses Ländergebietes wurden aus den vier Zweigen des Wirtschaftslebens heraus gewählt, aus der Gemeinschaft der Großgrundbesitzer, der Handelskammern, der Städte, Märkte und Industrialorte und der Landgemeinden. Man sieht, dass für diese Zusammensetzung der Staatsvertretung an gar nichts anderes in erster Linie gedacht wurde, als dass aus der Geltendmachung der wirtschaftlichen Verhältnisse sich das Rechtsleben ergeben werde. Gewiss ist, dass zu dem gegenwärtigen Zerfall Österreichs die auseinandertreibenden Kräfte seiner Nationalitäten bedeutsam mitgewirkt haben. Allein als ebenso gewiss kann es gelten, dass eine Rechtsorganisation, die neben der wirtschaftlichen ihre Tätigkeit hätte entfalten können, aus dem Rechtsbewusstsein heraus eine Gestaltung des sozialen Organismus würde entwickelt haben, in der ein Zusammenleben der Völker möglich geworden wäre.
 
Der gegenwärtig am öffentlichen Leben interessierte Mensch lenkt gewöhnlich seinen Blick auf Dinge, die erst in zweiter Linie für dieses Leben in Betracht kommen. Er tut dieses, weil ihn seine Denkgewohnheit dazu bringt, den sozialen Organismus als ein einheitliches Gebilde aufzufassen. Für ein solches Gebilde aber kann sich kein ihm entsprechender Wahlmodus finden. Denn bei jedem Wahlmodus müssen sich im Vertretungskörper die wirtschaftlichen Interessen und die Impulse des Rechtslebens stören. Und was aus der Störung für das soziale Leben fließt, muss zu Erschütterungen des Gesellschaftsorganismus führen. Obenan als notwendige Zielsetzung des öffentlichen Lebens muss gegenwärtig das Hinarbeiten auf eine durchgreifende Trennung des Wirtschaftslebens und der Rechtsorganisation stehen. Indem man sich in diese Trennung hineinlebt, werden die sich trennenden Organisationen aus ihren eigenen Grundlagen heraus die besten Arten für die Wahlen ihrer Gesetzgeber und Verwalter finden. In dem, was gegenwärtig zur Entscheidung drängt, kommen Fragen des Wahlmodus, wenn sie auch als solche von fundamentaler Bedeutung sind, doch erst in zweiter Linie in Betracht. Wo die alten Verhältnisse noch vorhanden sind, wäre aus diesen heraus auf die angedeutete Gliederung hinzuarbeiten. Wo das Alte sich bereits aufgelöst hat, oder in der Auflösung begriffen ist, müssten Einzelpersonen und Bündnisse zwischen Personen die Initiative zu einer Neugestaltung versuchen, die sich in der gekennzeichneten Richtung bewegt. Von heute zu morgen eine Umwandlung des öffentlichen Lebens herbeiführen zu wollen, das sehen auch vernünftige Sozialisten als Schwarmgeisterei an. Solche erwarten die von ihnen gemeinte Gesundung durch eine allmähliche, sachgemäße Umwandlung. Dass aber die geschichtlichen Entwicklungskräfte der Menschheit gegenwärtig ein vernünftiges Wollen nach der Richtung einer sozialen Neuordnung notwendig machen, das können jedem Unbefangenen weithinleuchtende Tatsachen lehren.
 
Wer für «praktisch durchführbar» nur dasjenige hält, an das er sich aus engem Lebensgesichtskreis heraus gewöhnt hat, der wird das hier Angedeutete für «unpraktisch» halten. Kann er sich nicht bekehren, und behält er auf irgendeinem Lebensgebiete Einfluss, dann wird er nicht zur Gesundung, sondern zur weiteren Erkrankung des sozialen Organismus wirken, wie Leute seiner Gesinnung an der Herbeiführung der gegenwärtigen Zustände gewirkt haben.
 
Die Bestrebung, mit der führende Kreise der Menschheit begonnen haben und die zur Überleitung gewisser Wirtschaftszweige (Post, Eisenbahnen und so weiter) in das Staatsleben geführt hat, muss der entgegengesetzten weichen: der Herauslösung alles Wirtschaftens aus dem Gebiete des politischen Staatswesens. Denker, welche mit ihrem Wollen glauben, sich in der Richtung nach einem gesunden sozialen Organismus zu befinden, ziehen die äußerste Folgerung der Verstaatlichungsbestrebungen dieser bisher leitenden Kreise. Sie wollen die Vergesellschaftung aller Mittel des Wirtschaftslebens, insofern diese Produktionsmittel sind. Eine gesunde Entwicklung wird dem wirtschaftlichen Leben seine Selbständigkeit geben und dem politischen Staate die Fähigkeit, durch die Rechtsordnung auf den Wirtschaftskörper so zu wirken, dass der einzelne Mensch seine Eingliederung in den sozialen Organismus nicht im Widerspruche mit seinem Rechtsbewusstsein empfindet.
 
Man kann durchschauen, wie die hier vorgebrachten Gedanken im wirklichen Leben der Menschheit begründet sind, wenn man den Blick auf die Arbeit lenkt, welche der Mensch für den sozialen Organismus durch seine körperliche Arbeitskraft verrichtet. Innerhalb der kapitalistischen Wirtschaftsform hat sich diese Arbeit dem sozialen Organismus so eingegliedert, dass sie durch den Arbeitgeber wie eine Ware dem Arbeitnehmer abgekauft wird. Ein Tausch wird eingegangen zwischen Geld (als Repräsentant der Waren) und Arbeit. Aber ein solcher Tausch kann sich in Wirklichkeit gar nicht vollziehen. Er scheint sich nur zu vollziehen.<ref>"Es ist durchaus möglich, dass im Leben Vorgänge nicht nur in einem falschen Sinne erklärt werden, sondern dass sie sich in einem falschen Sinne vollziehen. Geld und Arbeit sind keine austauschbaren Werte, sondern nur Geld und Arbeitserzeugnis. Gebe ich daher Geld für Arbeit, so tue ich etwas Falsches. Ich schaffe einen Scheinvorgang. Denn in Wirklichkeit kann ich nur Geld für Arbeitserzeugnis geben."</ref> In Wirklichkeit nimmt der Arbeitgeber von dem Arbeiter Waren entgegen, die nur entstehen können, wenn der Arbeiter seine Arbeitskraft für die Entstehung hingibt. Aus dem Gegenwert dieser Waren erhält der Arbeiter einen Anteil, der Arbeitgeber den andern. Die Produktion der Waren erfolgt durch das Zusammenwirken des Arbeitgebers und Arbeitnehmers. Das Produkt des gemeinsamen Wirkens geht erst in den Kreislauf des Wirtschaftslebens über. Zur Herstellung des Produktes ist ein Rechtsverhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer notwendig. Dieses kann aber durch die kapitalistische Wirtschaftsart in ein solches verwandelt werden, welches durch die wirtschaftliche Übermacht des Arbeitgebers über den Arbeiter bedingt ist. Im gesunden sozialen Organismus muss zutage treten, dass die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Ware im Vergleich mit andern Waren. Die Art, wie, und das Maß, in dem ein Mensch für den Bestand des sozialen Organismus zu arbeiten hat, müssen aus seiner Fähigkeit heraus und aus den Bedingungen eines menschenwürdigen Daseins geregelt werden. Das kann nur geschehen, wenn diese Regelung von dem politischen Staate aus in Unabhängigkeit von den Verwaltungen des Wirtschaftslebens geschieht.
 
Durch eine solche Regelung wird der Ware eine Wertunterlage geschaffen, die sich vergleichen lässt mit der andern, die in den Naturbedingungen besteht. Wie der Wert einer Ware gegenüber einer andern dadurch wächst, dass die Gewinnung der Rohprodukte für dieselbe schwieriger ist als für die andere, so muss der Warenwert davon abhängig werden, welche Art und welches Maß von Arbeit zum Hervorbringen der Ware nach der Rechtsordnung aufgebracht werden dürfen.<ref>"Ein solches Verhältnis der Arbeit zur Rechtsordnung wird die im Wirtschaftsleben tätigen Assoziationen nötigen, mit dem, was «rechtens ist» als mit einer Voraussetzung zu rechnen. Doch wird dadurch erreicht, dass die Wirtschaftsorganisation vom Menschen, nicht der Mensch von der Wirtschaftsordnung abhängig ist."</ref>
 
Das Wirtschaftsleben wird auf diese Weise von zwei Seiten her seinen notwendigen Bedingungen unterworfen: von Seite der Naturgrundlage, welche die Menschheit hinnehmen muss, wie sie ihr gegeben ist, und von Seite der Rechtsgrundlage, die aus dem Rechtsbewusstsein heraus auf dem Boden des vom Wirtschaftsleben unabhängigen politischen Staates geschaffen werden soll.
 
Es ist leicht einzusehen, dass durch eine solche Führung des sozialen Organismus der wirtschaftliche Wohlstand sinken und steigen wird je nach dem Maß von Arbeit, das aus dem Rechtsbewusstsein heraus aufgewendet wird. Allein eine solche Abhängigkeit des volkswirtschaftlichen Wohlstandes ist im gesunden sozialen Organismus notwendig. Sie allein kann verhindern, dass der Mensch durch das Wirtschaftsleben so verbraucht werde, dass er sein Dasein nicht mehr als menschenwürdig empfinden kann. Und auf dem Vorhandensein der Empfindung eines menschenunwürdigen Daseins beruhen in Wahrheit alle Erschütterungen im sozialen Organismus.
 
Eine Möglichkeit, den volkswirtschaftlichen Wohlstand von der Rechtsseite her nicht allzu stark zu vermindern, besteht in einer ähnlichen Art, wie eine solche zur Aufbesserung der Naturgrundlage. Man kann einen wenig ertragreichen Boden durch technische Mittel ertragreicher machen; man kann, veranlasst durch die allzu starke Verminderung des Wohlstandes, die Art und das Maß der Arbeit ändern. Aber diese Änderung soll nicht aus dem Kreislauf des Wirtschaftslebens unmittelbar erfolgen, sondern aus der Einsicht, die sich auf dem Boden des vom Wirtschaftsleben unabhängigen Rechtslebens entwickelt." {{Lit|[[GA 23]], S 69ff}}
</div>
 
=== Das Wesen des öffentlichen Rechtes ===
<!-- (''erst mal ausgeklammert, ist problematisch, erfordert erläuternde, eventuell auch kritische Betrachtung'')
{{GZ|Man kann vieles versuchen, um nahezukommen dem Impuls des
Rechtes. Insbesondere in unserer heutigen Zeit, wo von den verschiedensten
Seiten her so viel vom Recht gesprochen wird, liegt es ja auf der
Hand, sich immer wieder und wiederum dem nähern zu wollen, was
eigentlich das Wesen des Rechtes ist. Wenn man versucht, dahinter zu
kommen, worauf ein solches konkretes Recht beruht - auch das Besitzrecht
ist auf ein Recht begründet; das Besitzverhältnis gründet auf dem
Recht, ein Grundstück oder irgend etwas ausschließlich für sich, zu seiner
Betätigung zu benützen mit Hinwegweisung der anderen-, das Gegenstand
des eigentlichen politischen Gliedes des sozialen Körpers ist,
so finden die einen überhaupt nichts anderes, als daß es zuletzt doch auf
Macht zurückgeht. Die anderen finden, daß es auf ein ursprüngliches
menschliches Empfinden zurückgehe. Man kommt ja allzuleicht, wenn
man der Sache zu Leibe rücken will, auf leere Formen. Ohne daß ich
mich - was ja Stunden in Anspruch nehmen würde — einlassen kann auf
eine volle Begründung, möchte ich doch dieses sagen, daß das Recht ja
begründet ein gewisses Verhältnis des Menschen zu irgend etwas, einer
Sache oder einem Vorgang oder dergleichen oder einer Summe von
Vorgängen, mit Ausschluß von anderen Menschen. Worauf beruht es
denn nun eigentlich, daß man die Empfindung, das Gefühl entwickeln
kann: Irgendein Mensch oder ein Volk habe ein Recht auf das, was man
im Auge hat? Und man bekommt da doch, wenn man noch so sehr sich
abmüht, nichts anderes heraus, als daß man sich sagen kann: Im öffentlichen
Leben begründet den Rechtsanspruch das, daß die Voraussetzung
bestehen darf, daß der, der seine Betätigung einer Sache oder
einem Vorgange oder einer Reihe von Vorgängen zuwenden darf, dies
mit der größeren Wahrscheinlichkeit mehr im Sinne der allgemeinen
Menschheit tut als irgendein anderer. In dem Augenblick, wo man die
Empfindung hat, daß irgend jemandes Verhältnis zu einer Sache oder zu
etwas anderem mehr zum Ausdrucke bringt den Nutzen der allgemeinen
Menschheit, als wenn ein anderer diese Sache benützt oder in dieses
Verhältnis eingeht, so kann man dem Betreffenden das Recht auf diese
Sache zusprechen. Das wird es ja auch im wesentlichen sein, was in der
Empfindung der Menschheit den Ausschlag geben wird, wenn jetzt die
großen Rechtsfragen des internationalen Lebens ins Dasein, ins wirkliche
Dasein treten. Man wird demjenigen voll zusprechen das Recht
über ein gewisses Territorium, bei dem die Aussicht besteht, daß im
Sinne des Wohles der allgemeinen Menschheit gerade dieses Volk das
Territorium am fruchtbarsten, am sichersten verwalten kann.|328|87f.}}-->
 
{{GZ|Blicken wir nun auf das hin, was eigentlich Rechte sind. Ich denke
dabei nicht nur an das Strafrecht, ich denke dabei auch nicht an Privatrechte,
insofern sie sich nicht auf das Verhältnis von Persönlichkeit zu
Persönlichkeit beziehen, sondern ich denke an das öffentliche Recht.
Zum öffentlichen Recht gehören zum Beispiel auch die Verhandlungen
über die Besitzverhältnisse. Denn was ist schließlich Eigentum? Eigentum
ist nur der Ausdruck für die Berechtigung, daß man irgend etwas als
Persönlichkeit allein besitzt und bearbeiten darf. Das Eigentum wurzelte
in einem Rechte. Alles dasjenige, das wir eigentlich vielfach als
äußere Sache betrachten, das wurzelt in seinem Verhältnis zum Menschen
in Rechten. Solche Rechte hatte sich in der neueren Zeit, die unserer
modernen Staatsauffassung vorangingen, das Bürgertum und was
mit ihm verwandt war, schon früher erworben; solche Rechte fand es
am besten beschützt, wenn es hereinnahm alles dasjenige, was sich auf
solche Rechte beziehen konnte, in das Staatsleben selbst.|328|116}}
 
{{GZ|(...) das ''Rechtsverhältnis'': Es liegt zu Grunde das Verhältnis von Mensch zu
Mensch. Bestimmend wirkt das ''Recht''. Es ergibt sich dadurch, daß
derjenige ein Recht «mit Recht» hat, der in den sozialen Organismus
zum Gedeihen der andern eingreift. Nicht die ''Macht'' entscheidet, sondern
das Maß, in dem die Betätigung eines Menschen in den sozialen
Organismus eingreift.|328|183, aus Notizen}}
 
{{GZ|Die ''Grundlage des Rechtes'' nicht ''Macht'', sondern das Ersprießliche für die Allgemeinheit.
- ''Dem'' kommt ein Recht zu, der den Willen hat, das mit dem
Recht Begründete in den Dienst der Gesamtheit zu stellen.|328|186, aus Notizen}}
 
=== Rechtlich bestimmte Arbeit als Vorgegebenheit für das Wirtschaften ===
{{GZ|Wenn aus den Impulsen dieses Rechtsorganismus heraus die
Begrenzung der menschlichen Arbeitskraft, die fortan nicht den Charakter
der Ware hat, sondern den Charakter eines Rechts hat, wenn diese
Arbeitskraft so in einen bestimmten Wirtschaftszweig hineinfließt, daß
sich dieser Wirtschaftszweig nicht rentiert, dann wird dieser Wirtschaftszweig
ebenso in bezug auf dieses Nichtrentieren angesehen werden müssen, wie wenn er sich durch das zu Teure eines Rohstoffes nicht
rentiert. Das heißt: Die menschliche Arbeitskraft wird ein Beherrschendes
werden mit Bezug auf das Wirtschaftsleben, nicht ein Unterdrücktes,
nicht ein Versklavtes. Aber das wird nicht dadurch erreicht, daß
man gewisse Gesetze gibt, sondern daß man im lebendigen Leben einen
Körper schafft, der einfach dadurch, daß etwas anderes an menschlichen
Impulsen in diesem abgetrennten Körper da sein muß, fortdauernd von
Epoche zu Epoche die Arbeit dem Warencharakter entreißt, denn sie
muß dem Warencharakter entrissen werden, sonst wird sie immer wiederum
aufgesogen werden, weil der Wirtschaftskörper immer die Tendenz
hat, die Arbeitskraft aufzusaugen und sie zur Ware zu machen.
Immer muß der Staatskörper wachen, um wiederum die Arbeitskraft
des Warencharakters zu entkleiden.|328|69f.}}
 
{{GZ|Wenn nicht diese
Warenzirkulation bestimmt Entlohnung, Arbeitszeit, Arbeitsrecht
überhaupt, sondern wenn unabhängig von der Warenzirkulation, von
dem Warenmarkt, auf dem Gebiete des staatlichen Rechtslebens, bloß
aus den menschlichen Bedürfnissen, bloß aus rein menschlichen Gesichtspunkten
heraus die Arbeitszeit festgesetzt werden wird, dann wird
es so sein, daß einfach eine Ware so viel kostet, als das Notwendige
kostet zu ihrer Aufbringung der Zeit, die für eine bestimmte Arbeit notwendig
ist, die aber geregelt ist durch ein von dem Wirtschaftsleben unabhängiges
Leben, während zum Beispiel das Wirtschaftsleben heute
von sich aus regelt das Arbeitsverhältnis, so daß nach den Preisen der
Ware sich vielfach im volkswirtschaftlichen Prozeß regeln muß Arbeitszeit,
Arbeitsverhältnis. Das Umgekehrte wird eintreten bei einer richtigen
Gliederung des sozialen Organismus.|328|121}}
 
{{GZ|Ein solches Verhältnis der Arbeit zur Rechtsordnung wird die im
Wirtschaftsleben tätigen Assoziationen nötigen, mit dem, was «rechtens
ist» als mit einer Voraussetzung zu rechnen. Doch wird dadurch erreicht,
daß die Wirtschaftsorganisation vom Menschen, nicht der Mensch von
der Wirtschaftsordnung abhängig ist.|23|79 (Fußnote)}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Recht}}
* [[Avicenna#Werke]] (zu ''Östliche Philosophie'' von Ibn Sina)
* {{WikipediaDE|Staat}}
* {{wikipediaDE|Rechtsstaat}}
 
==Literatur==
*Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976) {{Schriften|023}}
*[[Herbert Witzenmann]]: ''Vom vierfachen Quell lebendigen Rechts'', Gideon-Spicker-Verlag; Auflage: 3. stark verm. Aufl. (1984), ISBN 857041951
*Wolfgang Weirauch (Hrsg.) u.a.: ''Rechtsleben und soziale Zukunftsimpulse'', Flensburger Hefte, Heft 25, 1989, ISBN 3926841176
*''Strafprozess, Strafvollzug, Resozialisierung'', Flensburger Hefte Nr. 27, 1989, ISBN 3-926841-20-6, [http://www.flensburgerhefte.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/27-DCSIN.pdf Inhaltsverzeichnis]
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
== Literatur ==
<references/>
* Ingrid Fischer-Schreiber, Stephan Schuhmacher: ''Lexikon der östlichen Weisheitslehren'': Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Scherz, Bern 1986, ISBN 3-502-67403-5


{{wikipedia}}
== Weblinks ==
* [https://www.rep.routledge.com/articles/overview/east-asian-philosophy/v-1 Roger T. Ames: ''East Asian philosophy''], in E. Craig (Hg.): ''Routledge Encyclopedia of Philosophy'', London 1998.
* {{dmoz|Society/Philosophy/Eastern_Philosophy/|Östliche Philosophie}}


[[Kategorie:Gesellschaft]] [[Kategorie:Rechtsleben|!103]] [[Kategorie:Staat|!]] [[Kategorie:Rechtswissenschaft]] [[Kategorie:Recht]] [[Kategorie:Soziale Dreigliederung|203]]
{{SORTIERUNG:Ostliche Philosophie}}
[[Kategorie:Wirtschaftskreislauf|102]] [[Kategorie:Wirtschaftskreislauf und soziale Dreigliederung|102]] [[Kategorie:Staatsphilosophie]] [[Kategorie:Politische Philosophie]]
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Politikwissenschaft]]
[[Kategorie:Asien]]
{{Wikipedia}}

Version vom 6. März 2022, 14:38 Uhr

Vorlage:Lückenhaft Als östliche Philosophie wird gemeinhin die Philosophie Asiens, insbesondere die des chinesischen, indischen und japanischen Kulturraumes verstanden. Die Blütezeit der östlichen Philosophie stellt nach Karl Jaspers die von ihm so bezeichnete „Achsenzeit“ (800–200 v. Chr.) dar. Hier entwickelten sich die geschichtsmächtig gewordenen Denktraditionen des Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus.

Mit dem Hinduismus standen diese Traditionen später besonders im Norden des indischen Subkontinents in einem spannungsreichen Verhältnis zum Islam.

Es gelingt immer nur ansatzweise, allgemeine Strömungen darzustellen, die als östliche Philosophie gelten können. Zu verschieden und reichhaltig ist die über mindestens drei Jahrtausende rekonstruierbare Kultur und Philosophie des Ostens. In der Auseinandersetzung mit ihr bestimmte die sogenannte westliche Philosophie immer wieder auch ihr eigenes Selbstverständnis.

China

Hauptartikel: Chinesische Philosophie

Die Anfänge der chinesischen Philosophie reichen bis weit in das zweite vorchristliche Jahrtausend zurück. Zu ihren zentralen Fragestellungen gehörte von jeher die Ordnung des Kosmos wie auch die Stellung des Menschen in ihm. Sehr alt ist die Lehre vom Urprinzip Dao sowie dem der Welt immanenten Gegensatz von Yin und Yang. Später entwickelten sich auf ihrer Grundlage zahlreiche Lehren, von denen die bekanntesten der Konfuzianismus, der Daoismus und der Legalismus sind. Stets waren ausgeprägte synkretistische Tendenzen zu beobachten, in deren Rahmen teilweise auch von außen importierte Lehren wie der Buddhismus mitaufgenommen und sinisiert wurden. Aufgrund teilweise völlig unterschiedlicher Paradigmen, Fragestellungen und Herangehensweisen wird teilweise bestritten, ob die chinesischen Denktraditionen überhaupt als Philosophie im Sinne der westlichen Tradition angesehen werden können.

Indien

Hauptartikel: Indische Philosophie

Seit der Zeit der Upanishaden (9.–6. Jh. v. Chr.) kann man in Indien von einer entwickelten Philosophie sprechen. Die Ursprünge reichen jedoch in das 2. vorchristliche Jahrtausend zurück. Zentrale Themen bilden Samsara (Wiedergeburt), Karma ("Gesetz der Tat") und Dharma (kosmische Ordnung). Von den sechs orthodoxen indischen Systemen (d. h. die die Autorität des Veda anerkennen) sind Vedanta, Yoga und Samkhya die wichtigsten. Zu den sogenannten heterodoxen Systemen zählen der Jainismus und die verschiedenen buddhistischen Schulen.

Japan

Wie die generelle kulturelle Entwicklung Japans, so ist auch die dort entwickelte Philosophie ohne die maßgebliche Übernahme von Ideen zunächst des ostasiatischen Auslands bis ins 17. Jahrhundert, die nachfolgende und fast 200 Jahre andauernde Isolation Japans, sowie sein im 19. Jahrhundert einsetzendes Streben nach weltpolitischem Einfluss nicht zu erklären. Darüber hinaus stand die in Japan entwickelte Philosophie auch immer in engem Wechselverhältnis mit den innenpolitischen Machtkämpfen der säkularen und religiösen Autoritäten mit- und untereinander.

Gleichzeitig mit der Einführung der chinesischen Schrift wurden auch die darin verfassten chinesischen Schriften rezipiert, die in Japan daoistisches, konfuzianistisches und vor allem buddhistisches Gedankengut (vgl. Buddhismus in Japan) bekannt machten und von da an mit den indigenen religiösen Traditionen (siehe Shintō) in stark synkretistischer Weise das philosophische Denken in Japan mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten bis in die Gegenwart bestimmten.

Siehe auch

Literatur

  • Ingrid Fischer-Schreiber, Stephan Schuhmacher: Lexikon der östlichen Weisheitslehren: Buddhismus, Hinduismus, Taoismus, Zen. Scherz, Bern 1986, ISBN 3-502-67403-5

Weblinks

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