Christlicher Schulungsweg und Urpflanze: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Rembrandt_Auferweckung_des_Lazarus.jpg|thumb|250px|Rembrandt Harmensz van Rijn, Die Auferweckung des Lazarus, um 1630]]
[[Bild:Urpflanze.jpg|thumb|220px|[[Rudolf Steiner]], [[Urpflanze]], Aquarell 1924]]
Der '''christliche Schulungsweg''' (auch '''christlich-gnostischer''' oder '''christlicher Einweihungsweg''' genannt) gründet sich auf das intensive [[gefühl]]smäßige Nacherleben des Leidensweges Christi, wie er namentlich im [[Johannesevangelium]] geschildert wird. Dadurch wird vor allem die [[Gemütsseele]] reich ausgebildet.
Die '''Urpflanze''' ist ein Begriff aus [[Goethe]]s [[Metamorphosenlehre]] für das Urbild (Idee, begriffliche Urgestalt), nach dem alle anderen Pflanzenarten durch Abwandlung entstanden sein sollen. Wesentliche Anregungen für seine Pflanzenstudien empfing Goethe auf seiner ''Italienreise'', die er 1786 antrat. Schon auf dem Weg über den Brenner konnte er wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen, wie das Klima die Wuchsformen modifiziert:


== Das [[Johannes-Evangelium]] als Vorbild des christlichen Einweihungsweges ==
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"Die Pflanzen betreffend, fühl' ich noch sehr meine Schülerschaft. Bis München glaubt' ich wirklich nur die gewöhnlichen zu sehen. Freilich war meine eilige Tag- und Nachtfahrt solchen feinern Beobachtungen nicht günstig. Nun habe ich zwar meinen Linné bei mir und seine Terminologie wohl eingeprägt, wo soll aber Zeit und Ruhe zum Analysieren herkommen, das ohnehin, wenn ich mich recht kenne, meine Stärke niemals werden kann? Daher schärf' ich mein Auge aufs Allgemeine, und als ich am Walchensee die erste Gentiana sah, fiel mir auf, daß ich auch bisher zuerst am Wasser die neuen Pflanzen fand.  
Das Johannes-Evangelium schildert nach dem einleitenden Prolog in den Kapiteln 1-12 zunächst die Einweihungserlebnisse des [[Johannes]] auf dem [[Astralplan]], ab dem 13. Kapitel werden die Erlebnisse des nach drei Tagen [[Totenerweckung|auferweckten]] [[Johannes-Lazarus]] in der [[Devachan|devachanischen Welt]] berichtet. {{Lit|GA 94, S 190ff}}
 
== Die Vorbereitung ==
 
Die ausgedehnte [[Meditation]] über die ersten fünf Sätze des Prologs des [[Johannesevangelium]]s geht dem Einweihungsweg voran:
 
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1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.  


4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. ([http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/1.html#1,1 Joh 1,1])
Was mich noch aufmerksamer machte, war der Einfluß, den die Gebirgshöhe auf die Pflanzen zu haben schien. Nicht nur neue Pflanzen fand ich da, sondern Wachstum der alten verändert; wenn in der tiefern Gegend Zweige und Stengel stärker und mastiger waren, die Augen näher aneinander standen und die Blätter breit waren, so wurden höher ins Gebirg hinauf Zweige und Stengel zarter, die Augen rückten auseinander, so daß von Knoten zu Knoten ein größerer Zwischenraum stattfand und die Blätter sich lanzenförmiger bildeten. Ich bemerkte dies bei einer Weide und einer Gentiana und überzeugte mich, daß es nicht etwa verschiedene Arten wären. Auch am Walchensee bemerkte ich längere und schlankere Binsen als im Unterlande." ''(Goethe, Italienische Reise, 8. September, abends)''
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Vier [[Tugend]]en muss man zuvor erwerben, um den christlichen Einweihungsweg gehen zu können:
Goethe suchte die Urpflanze zunächst in der Natur als eine noch unbekannte [[Wikipedia:Art|Art]], oder auch in der Grundgestalt eines Blattes oder eines Stammes zu finden. Einmal glaubte er, sie im botanischen Garten von [[Wikipedia:Palermo|Palermo]] gefunden zu haben:
 
:# Einfalt
:# Kein Wohlgefallen an den religiösen Übungen
:# Der Verzicht, irgendetwas seiner eigenen Tüchtigkeit zuzuschreiben
:# Ergebenheit in das Schicksal.


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"Vier Dinge sind entschieden notwendig, damit überhaupt der christliche Joga möglich sein kann. Das erste ist die Einfalt. Dies ist eine christliche Tugend. Man muß sich klarwerden, daß man im Leben in mannigfaltiger Weise solche Erfahrungen macht, durch die man seine Unbefangenheit verliert. Fast jeder Mensch ist befangen. Die einzigen unbefangenen Antworten auf Fragen sind die der Kinder. Aber sie sind auch töricht dabei, weil die Kinder noch nichts wissen. Man muß aber lernen, weise zu sein und unbefangen, kindhaft unbefangen mit der Erfahrung. Das nennt man im Christentum die Einfalt.
"Palermo, Dienstag, den 17. April 1787. Es ist ein wahres Unglück, wenn man von vielerlei Geistern verfolgt und versucht wird! Heute früh ging ich mit dem festen, ruhigen Vorsatz, meine dichterischen Träume fortzusetzen, nach dem öffentlichen Garten, allein eh' ich mich's versah, erhaschte mich ein anderes Gespenst, das mir schon diese Tage nachgeschlichen. Die vielen Pflanzen, die ich sonst nur in Kübeln und Töpfen, ja die größte Zeit des Jahres nur hinter Glasfenstern zu sehen gewohnt war, stehen hier froh und frisch unter freiem Himmel, und indem sie ihre Bestimmung vollkommen erfüllen, werden sie uns deutlicher. Im Angesicht so vielerlei neuen und erneuten Gebildes fiel mir die alte Grille wieder ein, ob ich nicht unter dieser Schar die Urpflanze entdecken könnte. Eine solche muß es denn doch geben! Woran würde ich sonst erkennen, daß dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?" ''(Goethe, Italienische Reise, 17. April 1787)''
 
Die zweite Tugend, die man sich erwerben muß, besteht darin, daß man als christlicher Mystiker das abstreifen muß, was viele Menschen haben, nämlich das innere Wohlgefühl an religiösen Übungen. Man muß nicht mehr aus Eigenbefriedigung sich den Übungen hingeben, sondern weil es der Übungsweg erfordert. Alles Wohlgefühl an religiösen Übungen muß schweigen.
 
Die dritte Tugend ist noch schwieriger. Sie besteht darin, daß man absolut darauf verzichtet, irgend etwas seiner eigenen Tüchtigkeit zuzuschreiben. Man muß dagegen lernen, alles der göttlichen Kraft zuzuschreiben, dem Verdienste Gottes, der durch uns wirkt. Ohne das kann man nicht christlicher Mystiker werden.
 
Als vierte Tugend muß man die geduldige Ergebenheit in das erreichen, was den Menschen auch immer treffen mag. Alles Sorgen und Fürchten muß man ablegen, allem gegenüber gewappnet sein, dem Besten und dem Schlechtesten gegenüber.
 
Wenn man solche Tugenden nicht bis zu einem gewissen Grade ausgebildet hat, kann man nicht hoffen, christlicher Mystiker zu werden. Diese Vorbereitung befähigt, die sieben Stufen des christlichen mystischen Weges durchzumachen. {{Lit|GA 97, S 23}}
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== Die 7 Stufen des christlichen Schulungswegs ==
Und schon am 17. Mai schrieb er an [[Theaterwiki:Herder|Herder]]:
 
Der christliche Einweihungsweg umfaßt sieben Stufen, in deren jede man sich monatelang einleben muss, ehe man zur nächsten weiterschreiten kann:
 
:#Fußwaschung - man entwickelt umfassende Dankbarkeit gegenüber den Naturreichen, die unter einem stehen; schließlich entfaltet sich die Vision der Fußwaschung und die Füße fühlen sich wie von Wasser umspült.
:#Geißelung - man lernt aufrecht alle Hindernisse und Leiden des Lebens ertragen; allmählich schaut man die Vision der Geißelung und spürt am ganzen Körper brennenden, juckenden Schmerz.
:#Dornenkrönung - man lernt ertragen, wie einem selbst das Heiligste mit Spott und Hohn übergossen wird; in der Vision sieht man sich selbst mit der Dornenkrone und empfinden einen stechenden äußeren Schmerz am Kopf.
:#Kreuzigung - der eigene Körper wird als fremd empfunden, als Kreuz, das man zu tragen hat; man arbeitet so bis in den [[Physischer Leib|physischen Leib]] hinein, um diesen so lebendig zu machen, dass er eine ein Anziehungskraft zum [[Phantom]]leib des [[Christus]] entwickelt, der sich auf [[Golgatha]] bei der [[Auferstehung]] aus dem Grab erhoben hat. Am Körper zeigen sich die Wundmale ([[Stigmatisierung]]) von leichten Rötungen bis zu wirklich blutenden Wunden.
:#mystischer Tod - der [[Leib]] wird nun als Mutter und das verwandelte niedere [[Ich]] als Jünger erlebt, zu dem der Christus - als das höhere Ich in uns im Sinne des paulinischen Wortes: "Nicht ich, sondern der Christus in mir!" - sagt: "Siehe, das ist deine Mutter." Auch das Bild der [[Hochzeit zu Kana]] ist mit dieser Stufe verbunden (siehe unten). Nun zerreißt der Vorhang, der die [[geistige Welt]] verhüllt, man begegnet dem [[Hüter der Schwelle]], wird hellsichtig auf dem [[Astralplan]] und erlebt den Abstieg zur [[Hölle]], wie er etwa im [[Nikodemus-Evangelium]] oder in [[Dante]]s [[Göttliche Komödie|Göttlicher Komödie]] angedeutet wird.
:#Grablegung (und Auferstehung<ref name="Auferstehung">In manchen Vorträgen wird die Auferstehung nicht zur als 6., sondern als 7. Stufe genannt, wobei dann die Himmelfahrt nicht erwähnt wird.</ref>) - man empfindet sich vereint mit der ganzen Erdennatur und zutiefst vereinigt mit dem Christus, der gesagt hat: "Die mein Brot essen, die treten mich mit Füßen."
:#Himmelfahrt (Auferstehung<ref name="Auferstehung"> </ref>) - um diese Stufe zu erleben, muss man gelernt haben, ohne das Werkzeug des physischen [[Gehirn]]s zu denken.
 
== Der mystische Tod und die mystische Hochzeit ==
Die mystische Vereinigung der [[Seele]] mit der [[Astralwelt|astralen Welt]], die man auf der fünften Einweihungsstufe nach drei Tagen erreicht, wird okkult ''Hochzeit'' genannt. Das Johannesevangelium weist darauf hin in den Schilderungen der [[Hochzeit zu Kana]]. Das Verhältnis des [[Physischer Leib|physischen Leibs]] zum [[Astralleib]] ist wie das von Mutter zu Sohn:


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"Nun lesen Sie, wie dieser Vorgang bildlich, symbolisch im [http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/8.html#8,58 Johannes-Evangelium Kapitel 8, Verse 58 und 59], geschildert ist: «Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: ehe denn Abraham ward, bin ich. - Da hoben sie Steine auf, daß sie auf ihn würfen. Aber Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus, mitten durch sie hindurchstreichend», durch die Hindernisse. Damit endet das achte Kapitel. Das ist der Vorgang des Heraustretens des Astralleibes aus dem physischen Leibe. Gewöhnlich dauert solch ein Vorgang, ein letzter Akt, der zu diesem Heraustreten führt, um den Menschen völlig sehend zu machen, drei Tage. Wenn diese drei Tage um sind, dann erlangt der Mensch ein ebensolches Bewußtsein auf dem astralen Plan wie früher auf dem physischen Plan. Dann vereinigt er sich mit der höheren Welt.
"Ferner muß ich Dir vertrauen, daß ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und -organisation ganz nahe bin und daß es das einfachste ist, was nur gedacht werden kann. Unter diesem Himmel kann man die schönsten Beobachtungen machen. Den Hauptpunkt, wo der Keim steckt, habe ich ganz klar und zweifellos gefunden; alles übrige seh' ich auch schon im ganzen, und nur noch einige Punkte müssen bestimmter werden. Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heißt, die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische oder dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben. Dasselbe Gesetz wird sich auf alles übrige Lebendige anwenden lassen." ''(Goethe, Italienische Reise, 17. Mai 1787)''
 
Man nennt in der okkulten Sprache diese Vereinigung mit der höheren Welt die Hochzeit der Seele, die mit den Mächten der höheren Welt geschlossen ist. Wenn man herausgetreten ist aus dem physischen Leib, dann steht der physische Leib einem gegenüber wie dem Kinde, wenn es Bewußtsein haben könnte, bei der Geburt gegenüberstehen würde die Mutter, aus der es herausgeboren ist. So steht der physische Leib einem gegenüber, und es kann ganz gut der astralische Leib zum physischen Leibe sagen: Dies ist meine Mutter. Wenn er seine Hochzeit gefeiert hat, dann kann er das sagen, dann blickt er zurück auf die früher vorhanden gewesene Vereinigung. Nach drei Tagen kann das geschehen. So ist der okkulte Vorgang für den Astralplan. [http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/2.html#2,1 Kapitel 2, Vers 1], heißt es: «Und am dritten Tage ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa; und die Mutter Jesu war da.» Das ist der bildliche Ausdruck für das, was ich eben gesagt habe. Am dritten Tage geschah das. {{Lit|GA 94, S 198}}
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== Die Erkenntnis der Reinkarnation wird ausgeschlossen ==
[[Theaterwiki:Schiller|Schiller]] wies in einem Gespräch mit Goethe am 20. Juli 1794 darüber hinaus auf den platonischen Ideencharakter der Urpflanze hin.  Sie hatten gerade eine Sitzung der von ''Batsch'' begründeten Naturforschenden Gesellschaft in Jena verlassen und waren ins Gespräch gekommen. Schiller war wenig befriedigt von der dort gepflegten abstrakten Naturanschauung. Da entwickelte ihm Goethe die Vorstellung einer plastisch-ideellen Form, die sich dem Geiste offenbart, wenn er die Mannigfaltigkeit der Pflanzengestalten überschaut und das Gemeinsame der sich ständig metamorphosierenden Formen erlebend verstehen lernt. Nicht willkürlicher Spekulation, sonder unbefangener Beobachtung glaubte er diese "Urpflanze" zu verdanken:
 
Der christliche Einweihungsweg unterscheidet sich von allen anderen Wegen dadurch, dass innerhalb dieses Weges der Mensch ''nicht'' durch eigene Anschauung zur Erkenntnis von [[Reinkarnation]] und [[Karma]] kommen kann, aber es wird so bis in den [[Physischer Leib|physischen Leib]] hineingearbeitet, dass eine Anziehungskraft zu dem aus dem Grabe auferstandenen [[Phantom]]leib des [[Christus]] entwickelt wird. Es war durchaus notwendig, dass der Mensch wenigstens einmal eine Inkarnation durchlebte, in der er keine Kenntnisse der früheren Erdenleben hatte - und das gilt auch für den christlichen Eingeweihten:


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"Damit der Mensch sich dachte, die eine Inkarnation sei die einzige, dazu war notwendig, daß etwas das Gehirn von der Erkenntnis von den höheren Prinzipien im Menschen, von Atma, Buddhi, Manas und von der Erkenntnis der Reinkarnation abschnitt. Dazu wurde den Menschen der Wein gegeben. Früher war bei allem Tempelkultus nur das Wasser gebraucht worden. Dann wurde der Gebrauch des Weines eingeführt, und sogar ein göttliches Wesen, Bacchus, Dionysos, war der Repräsentant des Weines. Der tiefsteingeweihte Jünger, Johannes, enthüllt in seinem Evangelium, was der Wein für die innere Entwickelung bedeutet. Bei der Hochzeit von Kana in Galiläa wird das Wasser in Wein verwandelt. Durch den Wein wurde der Mensch so zubereitet, daß er die Reinkarnation nicht mehr verstand. Damals wurde das Opferwasser in Wein verwandelt, und wir sind jetzt wieder dabei, den Wein in Wasser zu verwandeln. Wer hinaufkommen will in die höheren Gebiete des Daseins, der muß sich jeden Tropfens Alkohol enthalten. {{Lit|GA 97, S 22}}
"Wir gelangten zu seinem Hause, das Gespräch lockte mich hinein; da trug ich die Metamorphose der Pflanzen lebhaft vor und ließ, mit manchen charakteristischen Federstrichen, eine symbolische Pflanze vor seinen Augen entstehen. Er vernahm und schaute das alles mit großer Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als ich aber geendet, schüttelte er den Kopf und sagte: «Das ist keine Erfahrung, das ist eine Idee". Ich stutzte, verdrießlich einigermaßen; denn der Punkt, der uns trennte, war dadurch aufs strengste bezeichnet. Die Behauptung aus Anmut und Würde fiel mir wieder ein, der alte Groll wollte sich regen; ich nahm mich aber zusammen und versetzte: «Das kann mir sehr lieb sein, daß ich Ideen habe, ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe»." ''(Goethe, Glückliches Ereignis)''
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== Der christliche Einweihungsweg und die 9 Schichten des Erdinneren ==
Goethe anerkannte nur eine Quelle der Erkenntnis, die Erfahrungswelt, in der die objektive Ideenwelt mit eingeschlossen ist. Anders dachte Schiller. Ideenwelt und Erfahrungswelt empfand er als zwei getrennte Reiche.


[[Rudolf Steiner]] hat darauf hingewiesen, dass sich die ersten 7 Schichten des [[Erdinneres|Erdinneren]] dem geistigen Blick eröffnen, wenn man die 7 Stufen des christlichen Einweihungsweges durchschreitet, durch den man alles das erkennen kann, was mit den Verfehlungen der [[Empfindungsseele]] und der [[Verstandesseele]] zusammenhängt. Damit korrespondieren die 7 oberen Schichten des Erdinneren. Nicht erreicht man auf diesem Weg das eigentlich [[Das Böse|Böse]], das mit der [[Bewusstseinsseele]] zusammenhängt. Dazu sind zwei weitere Schritte nötig. Auf der siebten Stufe kann man allerdings auch bis zu einem gewissen Grad in die achten Schicht eindringen, die von Steiner auch als [[Zersplitterer]] bzw. als die [[Kainsschicht]] bezeichnet wird, in der alle moralischen Qualitäten in ihr Gegenteil verkehrt werden. Erst durch die Bewusstseinsseele kann der Mensch aus eigenem Entschluss böse werden – bis dahin ist er Opfer der [[luziferisch]]en und [[ahrimanisch]]en Verführer. Im Ausgleich dazu wird der Mensch aber auch erst durch die Bewusstseinsseele fähig, selbsttätig [[Moral]] zu schaffen. Rudolf Steiner hat mit seinem in der [[Philosophie der Freiheit]] geprägten Begriff der [[Moralische Intuition|moralischen Intuition]] darauf hingewiesen. Erst mit dem [[Bewusstseinsseelenzeitalter]], in dem wir heute stehen, eröffnet sich dem Menschen die zweifache Perspektive: entweder [[Ahriman]] in sich aufzunehmen – wodurch es zur [[Inkarnation Ahrimans]] kommt - und sich ganz mit der Erdenschlacke zu verbinden – oder das [[Ich]] mit dem [[Christus]] zu erfüllen im Sinne des [[Paulus]]-Wortes ''"Nicht ich, sondern der Christus in mir!"''
In Goethes botanischem Hauptwerk „Die Metamorphose der Pflanzen“ (1790) taucht das Wort „Urpflanze“ nicht auf. Das gab Raum für allerlei Spekulationen, was genau Goethe unter der Urpflanze verstanden haben könnte. In einer späteren Ausgabe seiner [[Wikipedia:Morphologie (Biologie)|morphologischen]] Arbeiten („Zur Morphologie“, 1817) griff er das Wort recht versteckt im Vorwort wieder auf: „wie ich früher die Urpflanze aufgesucht, so trachtete ich nunmehr, das Urtier zu finden, das heisst denn doch zuletzt, den Begriff, die Idee des Tiers.“ Wenige Wochen vor seinem Tod schrieb er an den Chemiker [[Wikipedia:Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder|Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder]]: „Es interessiert mich höchlich, inwiefern es möglich sei, der organisch-chemischen Operation des Lebens beizukommen, durch welche die Metamorphose der Pflanzen nach einem und demselben Gesetz auf die mannigfaltigste Weise bewirkt wird.“<ref>Zitiert nach Dorothea Kuhn: Goethe und die Chemie. In: Typus und Metamorphose. Goethe-Studien. Marbach 1988.</ref> Dieses wenig bekannte Zitat umschreibt nicht nur die Urpflanze als das allgemeine „Gesetz“ der Metamorphose. Es zeigt zugleich, dass Goethe (im hohen Alter jedenfalls) nicht der einseitige [[Wikipedia:Idealismus|Idealist]] war, zu dem er oft stilisiert wird. Er war davon überzeugt, dass die von ihm beschriebene Metamorphose organisch-chemisch ''bewirkt'' wird. Die ''Idee'' der Urpflanze ''wirkt'' demnach ''im'' Stofflichen.


== Details ==
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"Goethe sieht in der Idee eines Dinges ein Element, das in demselben unmittelbar gegenwärtig ist, in ihm wirkt und schafft. Ein einzelnes Ding nimmt, nach seiner Ansicht, bestimmte Formen aus dem Grunde an, weil die Idee sich in dem gegebenen Falle in einer besonderen Weise ausleben muß. Es hat für Goethe keinen Sinn zu sagen, ein Ding entspreche der Idee nicht. Denn das Ding kann nichts anderes sein, als das, wozu es die Idee gemacht hat. Anders denkt Schiller. Ihm sind Ideenwelt und Erfahrungswelt zwei getrennte Reiche. Der Erfahrung gehören die mannigfaltigen Dinge und Ereignisse an, die den Raum und die Zeit erfüllen. Ihr steht das Reich der Ideen gegenüber, als eine anders geartete Wirklichkeit, dessen sich die Vernunft bemächtigt. Weil von zwei Seiten dem Menschen seine Erkenntnisse zufließen, von außen durch Beobachtung und von innen durch das Denken, unterscheidet Schiller zwei Quellen der Erkenntnis. Für Goethe gibt es nur eine Quelle der Erkenntnis, die Erfahrungswelt, in welcher die Ideenwelt eingeschossen ist. Für ihn ist es unmöglich, zu sagen: Erfahrung ''und'' Idee, weil ihm die Idee durch die geistige Erfahrung so vor dem geistigen Auge liegt, wie die sinnliche Welt vor dem physischen." {{Lit|GA 6, S 22f}}
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"Wir wollen den rein christlichen Weg charakterisieren. Er ist der Methode nach in dem tiefsten christlichen Buche, das von den Vertretern der christlichen Theologie am wenigsten verstanden wird, im Johannes-Evangelium, vorgeschrieben, und dem Inhalte nach in der Apokalypse oder geheimen Offenbarung.
 
Das Johannes-Evangelium ist ein wunderbares Buch; man muß es leben, nicht bloß lesen. Man kann es leben, indem man sich darüber klar ist, daß das, was darinnen steht, Vorschriften sind für das innere Leben und daß man sie in der richtigen Weise beobachten muß. Der christliche Weg verlangt von seinem Zögling, daß er das Johannes-Evangeliums als ein Meditationsbuch ansieht. Eine Grundvoraussetzung, die bei der Rosenkreuzer-Schulung mehr oder weniger fortfällt, ist die, daß man den strengsten Glauben hat an die Persönlichkeit des Christus Jesus. Man muß wenigstens die Möglichkeit des Glaubens in sich tragen, daß diese höchste Individualität, dieser Führer der Feuergeister der Sonnenzeit, als Jesus von Nazareth physisch verkörpert war; daß das nicht nur «der schlichte Mann aus Nazareth» war, nicht eine Individualität ähnlich wie Sokrates, Plato oder Pythagoras. Man muß seine grundsätzliche Verschiedenheit von allen ändern einsehen. Den Gottmenschen einzigartiger Natur muß man in ihm festhalten, wenn man eine rein christliche Schulung durchmachen will, sonst hat man nicht das richtige Grundgefühl, das weckend in der Seele auftritt. Dahei muß man wirklich glauben können an die ersten "Worte des Johannes-Evangeliums: «Im Anfang war der Logos, und der Logos war bei Gott, und ein Gott war der Logos» bis zu den Worten: «Und der Logos ward Fleisch und hat unter uns gewohnt.» Also derselbe Geist, der der Beherrscher der Feuergeister war, der mit der Umgestaltung der Erde verbunden war, den wir auch den Geist der Erde nennen, der hat wirklich unter uns gewohnt in einer fleischlichen Hülle, er war wirklich darinnen in einem physischen Leibe. Das muß man anerkennen. Kann man das nicht, dann mache man lieber eine andere Schulung durch. Wer aber in dieser Grundvoraussetzung sich die Worte des Johannes-Evangeliums bis zu der Stelle: «voller Hingabe und Wahrheit» jeden Morgen durch Wochen und Monate hindurch meditativ vor die Seele ruft, und zwar so, daß er sie nicht nur versteht, sondern daß er darin lebt, für den werden sie eine weckende Kraft für die Seele haben; denn dies sind nicht gewöhnliche Worte, sondern weckende Kräfte, die in der Seele andere Kräfte hervorrufen. Nur muß der Schüler die Geduld haben, sie immer wieder, jeden Tag, vor die Seele zu rufen. Dann werden die Kräfte, die die christliche Schulung braucht, durch Erweckung ganz bestimmter Gefühle wachgerufen. Der christliche Weg ist mehr ein innerlicher, während in der Rosenkreuzer-Schulung die Empfindungen an der Außenwelt entzündet werden.
 
[[Bild:Giotto - Scrovegni - -30- - Washing of Feet.jpg|thumb|Giotto di Bondone (1267-1337), Cappella Scrovegni a Padova, Das Leben Christi, Fußwaschung]]
Der christliche Weg ist ein Weg durch Wachrufen von Gefühlen. Es sind sieben Stufen von Gefühlen, die wachgerufen werden müssen. Dazu kommen andere Übungen, die nur von Mensch zu Mensch gegeben werden und auf den einzelnen Charakter zugeschnitten sind. Unerläßlich ist es aber, das 13. Kapitel des Johannes-Evangeliums zu erleben, so zu erleben, wie ich es jetzt schildern will. Der Lehrer sagt zum Schüler: Du mußt ganz bestimmte Gefühle in dir ausbilden. Stelle dir vor: Die Pflanze wächst heraus aus dem Erdboden. Sie ist höher als der mineralische Erdboden, aus dem sie herauswächst, aber sie braucht ihn. Sie, das Höhere, könnte nicht sein ohne das Niedere. Und wenn die Pflanze denken könnte, so müßte sie zur Erde sagen: Zwar bin ich höher als du, doch ohne dich kann ich nicht sein — und dankbar müßte sie sich zu ihr hinneigen. Ebenso müßte es das Tier der Pflanze gegenüber tun, denn ohne Pflanze könnte es nicht sein, und ebenso der Mensch dem Tier gegenüber. Und wenn der Mensch höher gestiegen sein wird, dann muß er sich sagen: Niemals könnte ich auf meiner Stufe stehen ohne die niedere. Dankbar muß er sich neigen gegen sie, denn sie hat es ihm möglich gemacht, daß er bestehen kann. Kein Wesen auf der Welt könnte bestehen ohne das Niedere, dem es dankbar sein müßte. So auch konnte der Christus, das Höchste, nicht bestehen ohne die Zwölfe, und gewaltig ist das Gefühl des sich dankbar zu ihnen Hinneigens dargestellt im 13. Kapitel des Johannes-Evangeliums: Er, der Höchste, wäscht seinen Jüngern die Füße.
 
Wenn man sich dies als Grundgefühl in der Menschenseele erwachend denkt, wenn der Schüler wochen- und monatelang in Betrachtungen und Kontemplationen lebt, die ihm dieses Grundgefühl in der Seele vertiefen, wie dankbar das Höhere herunterschauen soll zum Niederen, das es ihm möglich macht zu leben, dann erweckt man ein erstes Grundgefühl, und man hat es genügend durchkostet in dem Moment, wo gewisse Symptome auftreten: ein äußeres Symptom und eine innere Vision. Das äußere Symptom ist, daß der Mensch seine Füße wie von Wasser umspült fühlt; in einer inneren Vision sieht er sich selbst als Christus den Zwölfen die Füße waschen. Das ist die erste Stufe, die der Fußwaschung. Das ist nicht nur ein historisches Ereignis; ein jeder kann es erleben, das Ereignis des 13. Kapitels des Johannes-Evangeliums. Es ist ein äußerer symptomatischer Ausdruck dafür, daß der Mensch in seiner Gefühlswelt so weit hinaufgestiegen ist, um das erleben zu können, und er kann nicht in seiner Gefühlswelt so weit hinaufsteigen, ohne daß dieses Symptom auftritt.
 
Die zweite Stufe, die Geißelung, macht man durch, wenn man sich in folgendes vertieft: Wie wird es dir ergehen, wenn von allen Seiten die Schmerzen und Geißelhiebe des Lebens auf dich einstürmen? Aufrecht sollst du stehen, stärken sollst du dich gegen alles, was das Leben an Leiden bietet, und ertragen sollst du es. — Das ist das zweite Grundgefühl, das durchgemacht werden muß. Das äußere Gefühl dafür ist ein Jucken und Zucken an allen Stellen des äußeren Leibes, und ein mehr innerer Ausdruck ist eine Vision, in der man sich selbst gegeißelt sieht, zuerst im Traum, dann visionär. Dann kommt das dritte, das ist die Dornenkrönung. Da muß man wochen- und monatelang die Empfindung durchmachen: Wie wird es dir ergehen, wenn du nicht nur die Leiden und Schmerzen des Lebens durchmachen sollst, sondern wenn sogar das Heiligste, deine geistige Wesenheit, dir mit Spott und Hohn übergössen wird? — Und wieder darf es kein Klagen sein, sondern klar muß es dem Schüler sein, daß er trotzdem aufrecht stehen muß. Seine innere Stärke-Entwickelung muß es ihm möglich machen, daß er trotz Hohn und Spott aufrecht steht. Was auch immer seine Seele zu vernichten droht, er steht aufrecht! Dann sieht er in einer inneren astralen Vision sich selbst mit der Dornenkrone und empfindet einen äußeren Schmerz am Kopfe. Das ist das Symptom, daß er weit genug in seiner Gefühlswelt vorgeschritten ist, um diese Erfahrungen machen zu dürfen.
 
Das vierte ist die Kreuzigung. Da muß der Schüler wieder ein ganz bestimmtes Gefühl in sich entwickeln. Heute identifiziert der Mensch seinen Leib mit seinem Ich. Wer die christliche Einweihung durchmachen will, muß sich gewöhnen, seinen Leib so durch die Welt zu tragen, wie man einen fremden Gegenstand, etwa einen Tisch, trägt. Fremd muß ihm sein Leib werden. Wie ein Fremdes trägt er ihn zur Tür hinein, zur Tür hinaus. Wenn der Mensch in diesem Grundgefühl genügend weit vorgeschritten ist, zeigt sich ihm das, was man die Blutsprobe nennt. Gewisse Rötungen der Haut an bestimmten Stellen treten so auf, daß der Mensch die Wundmale Christi hervorrufen kann, an den Händen, den Füßen und an der rechten Seite der Brust. Wenn der Mensch durch die Wärme des Gefühls imstande ist, die Blutprobe in sich zu entwickeln, was das äußere Symptom ist, dann tritt auch das Innere, Astrale ein, daß der Mensch sich selbst gekreuzigt sieht.
 
Das fünfte ist der mystische Tod. Der Mensch schwingt sich immer mehr und mehr hinauf zu der Empfindung: Ich gehöre in die ganze Welt hinein. Ich bin so wenig ein selbständiges Wesen wie der Finger an meiner Hand. — Eingebettet fühlt er sich in die ganze übrige Welt, wie zu ihr gehörig. Dann erlebt er, als ob alles um ihn herum sich verdüstere, als ob eine schwarze Finsternis ihn einhülle, wie ein Vorhang, der sich um ihn verdichtet. Während dieser Zeit lernt der christlich Einzuweihende alles Leid und alle Schmerzen, alles Böse und alles Unheil, das der Kreatur anhaftet, kennen. Das ist das Hinabsteigen in die Hölle; das muß jeder erleben. Dann tritt etwas ein, wie wenn der Vorhang risse, und der Mensch sieht dann hinein in die geistigen Welten. Das nennt man das Zerreißen des Vorhangs.
 
Das sechste ist die Grablegung und Auferstehung. Wenn der Mensch so weit ist, muß er sagen können: Ich habe mich schon daran gewöhnt, meinen Leib als ein Fremdes anzusehen, aber jetzt betrachte ich alles auf der Welt als mir so nahestehend wie meinen eigenen Leib, der ja nur aus diesen Stoffen genommen ist. Eine jede Blume, ein jeder Stein steht mir so nahe wie mein Leib. — Dann ist der Mensch in dem Erdenplaneten begraben. Notwendig verbunden ist diese Stufe mit einem neuen Leben, mit dem Sich-vereinigt-Fühlen mit der tiefsten Seele des Planeten, mit der Christus-Seele, die da sagt: Die mein Brot essen, die treten mich mit Füßen.
 
Das siebente, die Himmelfahrt, läßt sich nicht beschreiben. Man muß eine Seele haben, die nicht mehr darauf angewiesen ist, durch das Instrument des Gehirns zu denken. Um das zu empfinden, was der Betreffende als das, was man Himmelfahrt nennt, durchmacht, muß man eine Seele haben, die dieses Gefühl erleben kann.
 
Das Durchgehen durch demütig hingebungsvolle Zustände stellt das Wesen der christlichen Einweihung dar. Wer sie so ernsthaftig durchgeht, der erlebt seine Auferstehung in den geistigen Welten. Nicht jeder kann das heute durchführen. Daher ist es notwendig, daß eine andere Methode besteht, die zu den höheren "Welten hinaufführt. Das ist die rosenkreuzerische Methode." {{lit|GA 99, 14.Vortrag}}
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(siehe auch -> [[Rosenkreuzer Schulungsweg]])
Ausgehend von der Urpflanze beschrieb Goethe die Umwandlung der drei Grundorgane [[Wurzel]], [[Sprossachse]] und [[Blatt]] zur Anpassung an besondere Lebens- und Umweltbedingungen als [[Metamorphose]]. Auch heute noch wird in der Botanik zwischen Wurzel-, Blatt- und Sprossmetamorphosen unterschieden. So sind etwa viele [[Ranke]]n und [[Dorn (Botanik)|Dorn]]bildungen Blattmetamorphosen.
 
== Seelenübungen zur christlich-gnostischen Einweihung ==
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I.  Morgens früh, gleich nach dem Erwachen, wenn noch keine anderen Eindrücke durch die Seele gezogen sind, sucht man das Bewußtsein ganz frei zu machen von allen Erinnerungen an das alltägliche Leben, man sucht die Aufmerksamkeit abzulenken von allen äußeren Wahrnehmungen. Dann, wenn man diese innere Stille errungen hat, läßt man allein in der Seele leben:
 
<p align="center">Die fünf ersten Verse des Johannesevangeliums.</p>
 
 
 
II. Dann folgt in den ersten vierzehn Tagen jeden Tag der Versuch, sich sein eigenes ganzes vergangenes Leben vor die Seele zu führen, um sich auf diese Weise ganz selbst kennen zu lernen.
 
Nach diesen vierzehn Tagen macht man das ganze Johannesevangelium durch, so daß man 7 Tage lang ganz jeden Tag in einem Kapitel lebt.
 
:Also in den ersten 7 Tagen: 1. Kap. von Satz 6 bis zu Ende
:  "    "  zweiten 7 Tagen:    2. Kap. u.s.w.
 
Ist man am 13. Kapitel angekommen, dann versucht man bei der
 
''Fußwaschung'' das Gefühl zu durchleben, wie ein jedes höhere Wesen sein Dasein den niederen verdankt, zu ihnen sich in Demut also neigen muß.
 
''Geißelung'' das Gefühl, daß man aufrecht stehen könne den Geißelungen des Lebens gegenüber, d. h. allen Leiden und Schmerzen gegenüber.
 
''Dornenkrönung'' das Gefühl, daß man aufrecht stehen muß, selbst allem  Hohn und Spott gegenüber.
 
''Kreuzigung'' das Gefühl, daß einem der eigene Leib etwas fremdes ist, das man trägt und an das man von außen gebunden ist.
 
''Mystischer Tod:'' Man erlebt den Vorhang, der noch die geistige Welt verdeckt, aber dann auch wie er zerreißt und man in die geistige Welt hineinblickt. Dabei lernt man die Gründe des Bösen schauen und der Übel: Hinabsteigen in die Hölle.
 
''Grablegung:'' Man fühlt sich Eins mit allen Wesen der Erde, mit der Erde selbst. Man ist in diese versenkt.
 
''Auferstehung:'' Kann nur erlebt werden, weil die Worte der gewöhnlichen Sprache nicht ausreichen, dies zu schildern.
 
III. Dann ruft man sich die Gestalt des Christus Jesus vor die Seele und geht über zu der Vorstellung, in die man sich lange versenkt:
 
<p align="center">Ich, in Deinem Geiste.</p>
 
Abends:      Rückblick auf das ganze Tagesleben.
 
 
 
I und III sind an allen Tagen gleich; nur II wechselt nach je 7 Tagen, wie beschrieben ist.
 
Nach Vollendung des Turnus II beginnt man wieder von vorne und so immer fort.
 
Nach längerer Zeit kann man die bei Beschreibung der christlichen Entwickelung angegebenen inneren und äußeren Symptome erleben:
 
<table width="600px"><tr>
<td>
Äußerlich:
 
Man fühlt die Füße wie
von Wasser umgeben.
 
Man verspürt brennendes etc. Gefühl auf der ganzen Haut.
 
Die Wundmalstellen röten sich während der Meditation.</td>
<td width="20px"> </td>
<td>
Innerlich:
 
Man erlebt die Vision, als ob
man selbst die Fußwaschung
vollzöge.
 
Man sieht sich gegeißelt.
 
Man sieht sich mit der Dornenkrone.
 
Man sieht sich gekreuzigt.
</td></tr></table>
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</div>


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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<references/>
<references/>


==Literatur==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (2001)
# Rudolf Steiner: ''Goethes Weltanschauung'', [[GA 6]] (1990)
#Rudolf Steiner: ''Das christliche Mysterium'', [[GA 97]] (1998)
#Rudolf Steiner: ''Die Theosophie des Rosenkreuzers'', [[GA 99]] (1985), Vierzehnter Vortrag, München, 6. Juni 1907
#Rudolf Steiner: ''Seelenübungen'', [[GA 267]] (2001)


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[[Kategorie:Christentum]] [[Kategorie:Schulungsweg]]
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Version vom 20. Mai 2007, 10:33 Uhr

Rudolf Steiner, Urpflanze, Aquarell 1924

Die Urpflanze ist ein Begriff aus Goethes Metamorphosenlehre für das Urbild (Idee, begriffliche Urgestalt), nach dem alle anderen Pflanzenarten durch Abwandlung entstanden sein sollen. Wesentliche Anregungen für seine Pflanzenstudien empfing Goethe auf seiner Italienreise, die er 1786 antrat. Schon auf dem Weg über den Brenner konnte er wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen, wie das Klima die Wuchsformen modifiziert:

"Die Pflanzen betreffend, fühl' ich noch sehr meine Schülerschaft. Bis München glaubt' ich wirklich nur die gewöhnlichen zu sehen. Freilich war meine eilige Tag- und Nachtfahrt solchen feinern Beobachtungen nicht günstig. Nun habe ich zwar meinen Linné bei mir und seine Terminologie wohl eingeprägt, wo soll aber Zeit und Ruhe zum Analysieren herkommen, das ohnehin, wenn ich mich recht kenne, meine Stärke niemals werden kann? Daher schärf' ich mein Auge aufs Allgemeine, und als ich am Walchensee die erste Gentiana sah, fiel mir auf, daß ich auch bisher zuerst am Wasser die neuen Pflanzen fand.

Was mich noch aufmerksamer machte, war der Einfluß, den die Gebirgshöhe auf die Pflanzen zu haben schien. Nicht nur neue Pflanzen fand ich da, sondern Wachstum der alten verändert; wenn in der tiefern Gegend Zweige und Stengel stärker und mastiger waren, die Augen näher aneinander standen und die Blätter breit waren, so wurden höher ins Gebirg hinauf Zweige und Stengel zarter, die Augen rückten auseinander, so daß von Knoten zu Knoten ein größerer Zwischenraum stattfand und die Blätter sich lanzenförmiger bildeten. Ich bemerkte dies bei einer Weide und einer Gentiana und überzeugte mich, daß es nicht etwa verschiedene Arten wären. Auch am Walchensee bemerkte ich längere und schlankere Binsen als im Unterlande." (Goethe, Italienische Reise, 8. September, abends)

Goethe suchte die Urpflanze zunächst in der Natur als eine noch unbekannte Art, oder auch in der Grundgestalt eines Blattes oder eines Stammes zu finden. Einmal glaubte er, sie im botanischen Garten von Palermo gefunden zu haben:

"Palermo, Dienstag, den 17. April 1787. Es ist ein wahres Unglück, wenn man von vielerlei Geistern verfolgt und versucht wird! Heute früh ging ich mit dem festen, ruhigen Vorsatz, meine dichterischen Träume fortzusetzen, nach dem öffentlichen Garten, allein eh' ich mich's versah, erhaschte mich ein anderes Gespenst, das mir schon diese Tage nachgeschlichen. Die vielen Pflanzen, die ich sonst nur in Kübeln und Töpfen, ja die größte Zeit des Jahres nur hinter Glasfenstern zu sehen gewohnt war, stehen hier froh und frisch unter freiem Himmel, und indem sie ihre Bestimmung vollkommen erfüllen, werden sie uns deutlicher. Im Angesicht so vielerlei neuen und erneuten Gebildes fiel mir die alte Grille wieder ein, ob ich nicht unter dieser Schar die Urpflanze entdecken könnte. Eine solche muß es denn doch geben! Woran würde ich sonst erkennen, daß dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären?" (Goethe, Italienische Reise, 17. April 1787)

Und schon am 17. Mai schrieb er an Herder:

"Ferner muß ich Dir vertrauen, daß ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und -organisation ganz nahe bin und daß es das einfachste ist, was nur gedacht werden kann. Unter diesem Himmel kann man die schönsten Beobachtungen machen. Den Hauptpunkt, wo der Keim steckt, habe ich ganz klar und zweifellos gefunden; alles übrige seh' ich auch schon im ganzen, und nur noch einige Punkte müssen bestimmter werden. Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heißt, die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische oder dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben. Dasselbe Gesetz wird sich auf alles übrige Lebendige anwenden lassen." (Goethe, Italienische Reise, 17. Mai 1787)

Schiller wies in einem Gespräch mit Goethe am 20. Juli 1794 darüber hinaus auf den platonischen Ideencharakter der Urpflanze hin. Sie hatten gerade eine Sitzung der von Batsch begründeten Naturforschenden Gesellschaft in Jena verlassen und waren ins Gespräch gekommen. Schiller war wenig befriedigt von der dort gepflegten abstrakten Naturanschauung. Da entwickelte ihm Goethe die Vorstellung einer plastisch-ideellen Form, die sich dem Geiste offenbart, wenn er die Mannigfaltigkeit der Pflanzengestalten überschaut und das Gemeinsame der sich ständig metamorphosierenden Formen erlebend verstehen lernt. Nicht willkürlicher Spekulation, sonder unbefangener Beobachtung glaubte er diese "Urpflanze" zu verdanken:

"Wir gelangten zu seinem Hause, das Gespräch lockte mich hinein; da trug ich die Metamorphose der Pflanzen lebhaft vor und ließ, mit manchen charakteristischen Federstrichen, eine symbolische Pflanze vor seinen Augen entstehen. Er vernahm und schaute das alles mit großer Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als ich aber geendet, schüttelte er den Kopf und sagte: «Das ist keine Erfahrung, das ist eine Idee". Ich stutzte, verdrießlich einigermaßen; denn der Punkt, der uns trennte, war dadurch aufs strengste bezeichnet. Die Behauptung aus Anmut und Würde fiel mir wieder ein, der alte Groll wollte sich regen; ich nahm mich aber zusammen und versetzte: «Das kann mir sehr lieb sein, daß ich Ideen habe, ohne es zu wissen, und sie sogar mit Augen sehe»." (Goethe, Glückliches Ereignis)

Goethe anerkannte nur eine Quelle der Erkenntnis, die Erfahrungswelt, in der die objektive Ideenwelt mit eingeschlossen ist. Anders dachte Schiller. Ideenwelt und Erfahrungswelt empfand er als zwei getrennte Reiche.

In Goethes botanischem Hauptwerk „Die Metamorphose der Pflanzen“ (1790) taucht das Wort „Urpflanze“ nicht auf. Das gab Raum für allerlei Spekulationen, was genau Goethe unter der Urpflanze verstanden haben könnte. In einer späteren Ausgabe seiner morphologischen Arbeiten („Zur Morphologie“, 1817) griff er das Wort recht versteckt im Vorwort wieder auf: „wie ich früher die Urpflanze aufgesucht, so trachtete ich nunmehr, das Urtier zu finden, das heisst denn doch zuletzt, den Begriff, die Idee des Tiers.“ Wenige Wochen vor seinem Tod schrieb er an den Chemiker Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder: „Es interessiert mich höchlich, inwiefern es möglich sei, der organisch-chemischen Operation des Lebens beizukommen, durch welche die Metamorphose der Pflanzen nach einem und demselben Gesetz auf die mannigfaltigste Weise bewirkt wird.“[1] Dieses wenig bekannte Zitat umschreibt nicht nur die Urpflanze als das allgemeine „Gesetz“ der Metamorphose. Es zeigt zugleich, dass Goethe (im hohen Alter jedenfalls) nicht der einseitige Idealist war, zu dem er oft stilisiert wird. Er war davon überzeugt, dass die von ihm beschriebene Metamorphose organisch-chemisch bewirkt wird. Die Idee der Urpflanze wirkt demnach im Stofflichen.

"Goethe sieht in der Idee eines Dinges ein Element, das in demselben unmittelbar gegenwärtig ist, in ihm wirkt und schafft. Ein einzelnes Ding nimmt, nach seiner Ansicht, bestimmte Formen aus dem Grunde an, weil die Idee sich in dem gegebenen Falle in einer besonderen Weise ausleben muß. Es hat für Goethe keinen Sinn zu sagen, ein Ding entspreche der Idee nicht. Denn das Ding kann nichts anderes sein, als das, wozu es die Idee gemacht hat. Anders denkt Schiller. Ihm sind Ideenwelt und Erfahrungswelt zwei getrennte Reiche. Der Erfahrung gehören die mannigfaltigen Dinge und Ereignisse an, die den Raum und die Zeit erfüllen. Ihr steht das Reich der Ideen gegenüber, als eine anders geartete Wirklichkeit, dessen sich die Vernunft bemächtigt. Weil von zwei Seiten dem Menschen seine Erkenntnisse zufließen, von außen durch Beobachtung und von innen durch das Denken, unterscheidet Schiller zwei Quellen der Erkenntnis. Für Goethe gibt es nur eine Quelle der Erkenntnis, die Erfahrungswelt, in welcher die Ideenwelt eingeschossen ist. Für ihn ist es unmöglich, zu sagen: Erfahrung und Idee, weil ihm die Idee durch die geistige Erfahrung so vor dem geistigen Auge liegt, wie die sinnliche Welt vor dem physischen." (Lit.: GA 6, S 22f)

Ausgehend von der Urpflanze beschrieb Goethe die Umwandlung der drei Grundorgane Wurzel, Sprossachse und Blatt zur Anpassung an besondere Lebens- und Umweltbedingungen als Metamorphose. Auch heute noch wird in der Botanik zwischen Wurzel-, Blatt- und Sprossmetamorphosen unterschieden. So sind etwa viele Ranken und Dornbildungen Blattmetamorphosen.

Anmerkungen

  1. Zitiert nach Dorothea Kuhn: Goethe und die Chemie. In: Typus und Metamorphose. Goethe-Studien. Marbach 1988.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Goethes Weltanschauung, GA 6 (1990)


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