Introspektion und Bürgerinitiative: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Introspektion''' bedeutet '''Selbstbeobachtung''' i.S.v. [[Beobachtung]] des inneren [[Seelenleben]]s, von eigenem [[Denken]], [[Fühlen]], [[Empfinden]] usw., auch '''Innenschau''' genannt, im Unterschied zur äußeren Beobachtung mittels der [[Sinnesorgan]]e, auch des eigenen, äußerlichen [[Verhalten]]s, zum Zwecke der Gewinnung von Einsichten. '''Introspektion''' kommt auch als [[Methode]] der [[Erkenntnis]]gewinnung in [[Psychologie]] und [[Philosophie]] zur Anwendung.  
Eine '''Bürgerinitiative''' ist eine aus der Bevölkerung heraus gebildete Interessenvereinigung, die aufgrund eines konkreten politischen, sozialen oder ökologischen Anlasses in ihrem Bereich [[Selbsthilfe (Recht)|Selbsthilfe]] organisiert und somit möglicherweise Einfluss auf die öffentliche Meinung, auf staatliche Einrichtungen, Parteien oder andere gesellschaftliche Gruppierungen nimmt.


== Introspektion als wissenschaftliche Methode ==
Viele Bürgerinitiativen beschränken sich auf eingegrenzte Sachprobleme, weswegen sie auch als so genannte Ein-Punkt-Organisationen bezeichnet werden. In diesem Punkt unterscheiden sie sich also von [[Politische Partei|Parteien]], die ein möglichst großes Spektrum an Meinungen abdecken und somit politische Macht erlangen wollen, und [[Interessenverband|Interessenverbänden]], die mit Hilfe eines organisierten Unterbaus klar abgegrenzte Interessengruppen vertreten.


"Die Introspektion wurde um 1900 von vielen noch heute renommierten Forschern als Standardmethode verwendet, von [[Brentano]] (1973 [1874]) und [[wikipedia:Wilhelm Wundt|Wundt]] (1888, 1918 [1896]) bis zu [[wikipedia:Edward Bradford Titchener|Titchener]] (1907 [1886]) und der Würzburger [[wikipedia:Denkpsychologie|Denkpsychologie]] ([[wikipedia:Karl Bühler|Bühler]] 1907). Schon damals gab es viele Varianten der [[Methode]], die entweder auf unterschiedliche Forschungsfragen zurückgingen oder die Schwachstellen der Methode ... zu kompensieren versuchten."<ref>http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-531-92052-8_35</ref>
Eine Bürgerinitiative ist [[Basisdemokratie|basisdemokratisch]], da sie eine Veränderung von der Basis her, also von der Bevölkerung ausgehend, initiiert. Die zum Erreichen des Ziels erforderlichen Maßnahmen werden koordiniert und organisiert, um Zeit und Aufwand zu sparen und der Meinung bzw. dem Anliegen der Bürgerinitiative mehr Nachdruck zu verleihen. Dazu werden meist [[Unterschriftenaktion|Unterschriften gesammelt]], [[Demonstration]]en durchgeführt, [[Petition]]en verfasst oder ein [[Bürgerbegehren]] initiiert.


Auch die Methode der [[Seelische Beobachtung|seelischen Beobachtung]], wie sie Rudolf Steiner in seinen philosophischen Frühwerken angewendet haben soll, bzw. das methodische Vorgehen der anthroposophischen Geisteswissenschaft allgemein, sowie auch die Methode der philosophischen [[Phänomenologie]] und der [[Psychoanalyse]] z.B. lassen sich der introspektiven Beobachtungsmethode im weiteren Sinne zuordnen, im Unterschied zur Beobachtung von Phänomenen, "äußeren" Objekten, wie sich sich der sinnlichen Wahrnehmung zeigen. Dies gilt zumindest soweit, wie es sich um die innere Beobachtung des Bewußtseins bzw. der dem Subjekt zugehörigen Bewußtsseinsinhalte handelt. Die Beobachtung von objektiven Geistphänomenen, wie sie von der Anthroposophie als vom beobachtenden Bewußtsein unabhängig und objektiv existent behauptet werden, läßt sich nicht ohne weiteres der introspektiven Betrachtung im üblichen Sinne zuordnen, da trotz der Wendung der Beobachtung nach innen ein "Äußeres" im Bewußtsein aufgesucht wird.
Der Begriff „Bürgerinitiative“ ist nicht an eine bestimmte Organisationsform gebunden. Die meisten Bürgerinitiativen sind zunächst nur lose Gruppierungen ohne feste Organisationsstrukturen. Erfordert die Durchsetzung des Zieles ein längerfristiges Engagement, bilden sich oft [[Verein]]e. Insbesondere wenn Bürgerinitiativen langfristige kommunalpolitische Ziele verfolgen, können aus ihnen auch [[Wählergemeinschaft]]en entstehen.


Ein Hauptkritikpunkt an der introspektiven Methode ist, daß sie keine [[intersubjektiv]]e Kritik bzw. Überprüfung ermöglichen würde und daher unwissenschaftlich sei. (Man kann auf ein innen gegebenes Objekt nicht so zeigen, wie auf ein äußeres: Sieh dies dort an!) Gleichwohl gibt es methodische Bemühungen, eine intersubjektiv nachvollziehbare Zeigemöglichkeit zu erarbeiten. Diese muß sich aber der Sprache bedienen. Deshalb ist es schwierig oder gar nicht zu beurteilen, ob das sprachlich aufgezeigte auch von anderen so und genau so, sprachlich angeleitet, beobachtet werden kann. (Bzw. wenn man sich intersubjektiv einig geworden ist, daß man den gleichen inneren Gegenstand vor sich habe, zu beurteilen, ob das tatsächlich so ist, denn wie sollte das möglich sein?)
Eine Studie des [[Deutsches Institut für Urbanistik|deutschen Instituts für Urbanistik]] aus dem Jahr 1976 zeigte auf, dass sich damals die meisten Bürgerinitiativen für bessere Umweltbedingungen einsetzten (17 %), dicht gefolgt von Bürgerinitiativen für Spielplätze und Kindergärten (16 %), gegen Verkehrsplanungen (11,8 %) und für ein besseres oder verändertes [[Bildungswesen]] (8 %).


Eine Ausnahme macht dabei wohl nur die [[Mathematik]], deren Sprache eine Exaktheit hat, die mittels der Symbole ein intersubjektives Aufzeigen ermöglicht. Die Geisteswissenschaft bedient sich auf der Stufe der [[Inspiration]] nicht ohne Grund einer sog. [[okkulte Schrift|okkulten Schrift]]<ref>"Ursprünglich werden nämlich alle Regeln und Lehren der Geisteswissenschaft in einer sinnbildlichen Zeichensprache gegeben. Und wer ihre ganze Bedeutung und Tragweite kennenlernen will, der muß erst diese sinnbildliche Sprache sich zum Verständnis bringen." ([[GA 10]], S. 30)
== Gründe für das Entstehen von Bürgerinitiativen ==
Auslöser für das Entstehen von Bürgerinitiativen sind zum Beispiel Probleme des Wirtschaftswachstums und damit verbundene [[Umweltbelastung]]en. Dieser Bereich wird von den Interessenverbänden kaum abgedeckt.


"Die okkulte Schrift offenbart sich der Seele, wenn diese die geistige Wahrnehmung erlangt hat. Denn diese Schrift steht in der geistigen Welt immer geschrieben. Man lernt sie nicht so, wie man eine künstliche Schrift lesen lernt. Man wächst vielmehr in sachgemäßer Weise der hellsichtigen Erkenntnis entgegen, und während dieses Wachsens entwickelt sich wie eine seelische Fähigkeit die Kraft, welche die vorhandenen Geschehnisse und Wesenheiten der geistigen Welt wie die Charaktere einer Schrift zu entziffern sich gedrängt fühlt. Die Zeichen entsprechen den Kräften, welche in der Welt wirksam sind. Von dem höheren Wissen in unmittelbarer Gestalt kann der Eingeweihte nur in der erwähnten Zeichensprache etwas mitteilen." ([[GA 10]], S. 78f.)</ref> , die ebenso im intersubjektiven Austausch die exakte Übermittlung, was gemeint ist, ermöglichen soll.
Des Weiteren ist ihr Entstehen meist auf ein Versagen von politischen Planern in Parteien und Verwaltungen zurückzuführen. Viele [[Bürger]] kritisierten, dass diese Planer vorrangig sachliche Korrektheit anstreben, die Bedürfnisse der Bevölkerung aber verkennen oder ignorieren.
 
Einen gewissen Anteil an der Entstehung von Bürgerinitiativen hatte sicherlich auch die [[Außerparlamentarische Opposition|außerparlamentarische Opposition]] (APO).
 
Kritiker von Bürgerinitiativen betrachten sie als [[Verhinderungsallianz]]en, die häufig auf egoistischen Anrainerinteressen bzw. [[Partikularinteresse]]n beruhen und manchmal das [[Wirtschaftswachstum]] behindern. Dieses Verhalten wird häufig als „[[Sankt-Florians-Prinzip]]“ charakterisiert (englisch mit [[Nimby]] für „Not In My Back Yard“).
 
== Geschichte ==
Als erste Bürgerinitiative nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde 1947 zum Schutz der Wälder die [[Schutzgemeinschaft Deutscher Wald]] (SDW) von rund 500 Personen gegründet. In den 1970er Jahren entwickelte sich die Bürgerinitiativbewegung als Alternative zur APO. Während sich die APO als eine allgemeine Bewegung gegen Entwicklungen in den Parlamenten, insbesondere dem Bundestag, verstand, versuchten die Bürgerinitiativen meist, lokale Interessen parteiübergreifend geltend zu machen. Viele Bürgerinitiativen schlossen sich in den 1970er Jahren zu Landesverbänden oder Bundesverbänden (z.&nbsp;B. [[Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz]], BBU) zusammen und bildeten die politische Basis für die Gründung der Grünen beziehungsweise Alternativen Partei.
 
In den 1990er Jahren haben sich in den ostdeutschen Bundesländern zahlreiche neue Bürgerinitiativen als Reaktion auf die Konflikte gegründet, die sich durch das oftmals formale und gedankenlose „Überstülpen“ des bundesdeutschen Rechts- und Verwaltungssystems über den Osten ergeben haben, was von vielen Ostdeutschen als ungerecht und der Situation nicht angemessen empfunden wird. Markantes Beispiel sind die Bürgerinitiativen „gegen überhöhte Kommunalabgaben“, „für gerechte und verträgliche Abgaben“ und ähnliche, die sich etwa dagegen zur Wehr setzen, dass der Gesetzgeber ausnahmslos jeden Grundstücksbesitzer für so vermögend hält, dass er über die Grundsteuer hinaus zu weiteren Abgaben herangezogen werden kann, die im Extremfall bis zur Größenordnung des Bodenwertes des betreffenden Grundstücks reichen.
 
== Zielführende Strategien ==
Unbestreitbar ist jede Bürgerinitiative eher singulär und kaum auf andere Bewegungen übertragbar. Tatsache ist andererseits, dass aus den Erfolgen, aber auch den Misserfolgen vorhergegangener Bürgerinitiativen gelernt werden kann, was eher nützlich und was eher schädlich ist.
 
Wer eine Bürgerinitiative ins Leben rufen will, braucht immer einen langen Atem, außerdem eine große Fähigkeit, Mitstreiter und finanzielle Unterstützer zu gewinnen und zu inspirieren, sowie den Mut, sich mit einer oft unbeirrbaren Verwaltung anzulegen und in manchen Fällen auch die Häme der Lokalpresse zu ertragen. Auch bei offensichtlich widersinnigen Projekten der Behörden kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine dort einmal getroffene Entscheidung –&nbsp;aufgrund einleuchtender Gegenargumente der Bürgerinitiative&nbsp;– wieder rückgängig gemacht wird.
 
Eine nur ''einer'' Parteienrichtung nahestehende Bürgerinitiative ist in aller Regel zum Scheitern verurteilt. Es gilt, angesehene Exponenten aus allen bürgerlichen Lagern in die Bürgerinitiative einzubinden und bis zu einem gewissen Grade Kompromissbereitschaft erkennen zu lassen. Dogmatische Ablehnung der Intention der Verwaltung führt nicht zum Ziel. Stattdessen müssen Alternativen erkennbar sein, die das ursprüngliche Begehren der Verwaltung in Abrede stellen, gleichzeitig aber auch positive Veränderungen des Ist-Zustandes vorschlagen. Also muss positiv und konstruktiv argumentiert werden, um der Bevölkerung damit zu signalisieren, dass die Absichten der Verwaltung bereits überholt sind.
 
Hintergrundgespräche mit einflussreichen Redakteuren von Lokalzeitungen und regelmäßige Pressemitteilungen sowie Leserbriefe unterschiedlicher Prägung an die lokalen Meinungsmacher können Parteienmeinungen unsicher werden lassen. Vor allem anstehende Wahlen können diesen Prozess noch beschleunigen.
 
== Älteste Bürgerinitiativen in Deutschland und Österreich ==
Den Titel „erste Bürgerinitiative Deutschlands“ nehmen, je nach Auslegung des Begriffs, verschiedene Initiativen in Anspruch:
* Löbliche Singergesellschaft, [[Pforzheim]], gegründet 1501, zur Bestattung Pesttoter
* Zentral-Dombau-Verein zu Köln, gegründet 1842 von Kölner Bürgern zum Fertigbau und Erhalt des Kölner Doms
* ''Verein zum Schutz der Eltville-Wallufer Rheinuferlandschaft'', [[Eltville am Rhein]], gegründet 1958 von [[Erich Kapitzke]]
* ''[[Clemens Schmeck#IG Luftverschmutzung|Interessengemeinschaft gegen Luftverschmutzungsschäden und Luftverunreinigung]]'', [[Essen]], gegründet 1961 von [[Clemens Schmeck]]
* ''Aktionsgemeinschaft Westend'', [[Frankfurt am Main]], älteste BI der Stadt, gegründet 1969, gegen die Zerstörung eines Wohnquartiers.
* ''Notgemeinschaft Nordhorn-Range e.V.'', [[Nordhorn]], gegründet 1971 als „Notgemeinschaft gegen den Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range“
Österreich:
* Aktion21.at, Der Verein als Plattform zahlreicher Wiener Bürgerinitiativen möchte die Umsetzung des von der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] 1992 beschlossenen Instrumentariums [[Agenda 21]] im Sinne der Erklärung der Kommunen in Johannesburg (2002; local action 21) vorantreiben.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
[[Seelische Beobachtung]]
* {{WikipediaDE|Kategorie:Bürgerinitiative}}
* {{WikipediaDE|Bürgerinitiative}}
* {{WikipediaDE|Volksbegehren}}
* {{WikipediaDE|Bürgerbegehren}}


== Literatur ==
== Literatur ==
*Bühler, Karl (1907). Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie der Denkvorgänge. I. Über Gedanken. Archiv für die gesamte Psychologie, 9, 297-365. [Nachdruck in Paul Ziche (Hrsg.) (1999). Introspektion. Texte zur Selbstwahrnehmung des Ichs. Berlin: Springer, S.157–209]
* Rainer Buck: ''Bürger machen Politik. Einflussnahme – Strategien – Bürgerinitiative'' (= ''Beltz-Quadriga-Taschenbuch''. 550). Beltz Quadriga, Weinheim u. a. 1991, ISBN 3-407-30550-8.
*Bühler, Karl (1908). Antwort auf die von W. Wundt erhobenen Einwände gegen die Methode der Selbstbeobachtung an experimentell erzeugten Erlebnissen. Archiv für die gesamte Psychologie, 12, 93–123.
* Anton Pelinka: ''Bürgerinitiativen, gefährlich oder notwendig?'' (= ''Ploetz-Taschenbücher zum Zeitgeschehen''. Band 1). Ploetz, Freiburg im Breisgau u.&nbsp;a. 1978, ISBN 3-87640-171-2.
*Brentano, Franz (1973). Psychologie vom empirischen Standpunkt. Erster Band (unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1924). Hamburg: Felix Meiner. [Orig. 1874]
*Wundt, Wilhelm (1888). Selbstbeobachtung und innere Wahrnehmung. In Wilhelm Wundt (Hrsg.), Philosophische Studien 4 (S.292–310). Leipzig: Wilhelm Engelmann.
*Wundt, Wilhelm (1918). Grundriss der Psychologie (13. Aufl.). Leipzig: Wilhelm Engelmann. [Orig. 1896]
*Titchener, Edward B. (1907). An outline of psychology. New York: Macmillan & Co. [Orig. 1886]
*[[Michael Muschalle]]: ''Der Verfall der introspektiven Psychologie und das Methodenproblem der Anthroposophie'', in: Jahrbuch für anthroposophische Kritik, 1995, S. 80 - 95, ([aktualisierte Version http://www.studienzuranthroposophie.de/VerfallKap01.html online, Stand 12.07.01])
*William A. Adams. Scientific Introspection: A Method for Investigating the Mind. (e-book, Februar 2012, http://williamaadams.blogspot.com), ''(Buchbesprechung von Johannes Wagemann in RoSE (Research on Steiner Education), Vol. 4, Nr. 2, 2013:[http://www.rosejourn.com/index.php/rose/article/viewFile/167/184])''
{{GA}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{UTB-Philosophie|Thomas Blume|454|Introspektion}}
{{Wiktionary}}
*[http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/introspektion/7425 Lexikon der Psychologie (www.spektrum.de): Introspektion]
* [http://www.buergerinitiative.de/ Seite Bürgerinitiative.de]
*[http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/4010 Methodische Einwände und Kritik an Introspektionsverfahren : Themenschwerpunkt: Introspektion als Forschungsmethode]
*[http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/2870 Zur Geschichte der Introspektion : Themenschwerpunkt: Introspektion als Forschungsmethode]
*{{wikipediaEN|Introspection}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Instrument der Direkten Demokratie]]
<references/>
[[Kategorie:Bürgerinitiative|!]]
[[Kategorie:Soziale Bewegung]]


[[Kategorie:Wahrnehmung]][[Kategorie:Denken]][[Kategorie:Bewusstsein]][[Kategorie:Erkenntnistheorie]][[Kategorie:Wissenschaftstheorie]][[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Psychologie]][[Kategorie:Methodologie]]
{{Wikipedia}}

Version vom 20. August 2019, 04:35 Uhr

Eine Bürgerinitiative ist eine aus der Bevölkerung heraus gebildete Interessenvereinigung, die aufgrund eines konkreten politischen, sozialen oder ökologischen Anlasses in ihrem Bereich Selbsthilfe organisiert und somit möglicherweise Einfluss auf die öffentliche Meinung, auf staatliche Einrichtungen, Parteien oder andere gesellschaftliche Gruppierungen nimmt.

Viele Bürgerinitiativen beschränken sich auf eingegrenzte Sachprobleme, weswegen sie auch als so genannte Ein-Punkt-Organisationen bezeichnet werden. In diesem Punkt unterscheiden sie sich also von Parteien, die ein möglichst großes Spektrum an Meinungen abdecken und somit politische Macht erlangen wollen, und Interessenverbänden, die mit Hilfe eines organisierten Unterbaus klar abgegrenzte Interessengruppen vertreten.

Eine Bürgerinitiative ist basisdemokratisch, da sie eine Veränderung von der Basis her, also von der Bevölkerung ausgehend, initiiert. Die zum Erreichen des Ziels erforderlichen Maßnahmen werden koordiniert und organisiert, um Zeit und Aufwand zu sparen und der Meinung bzw. dem Anliegen der Bürgerinitiative mehr Nachdruck zu verleihen. Dazu werden meist Unterschriften gesammelt, Demonstrationen durchgeführt, Petitionen verfasst oder ein Bürgerbegehren initiiert.

Der Begriff „Bürgerinitiative“ ist nicht an eine bestimmte Organisationsform gebunden. Die meisten Bürgerinitiativen sind zunächst nur lose Gruppierungen ohne feste Organisationsstrukturen. Erfordert die Durchsetzung des Zieles ein längerfristiges Engagement, bilden sich oft Vereine. Insbesondere wenn Bürgerinitiativen langfristige kommunalpolitische Ziele verfolgen, können aus ihnen auch Wählergemeinschaften entstehen.

Eine Studie des deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahr 1976 zeigte auf, dass sich damals die meisten Bürgerinitiativen für bessere Umweltbedingungen einsetzten (17 %), dicht gefolgt von Bürgerinitiativen für Spielplätze und Kindergärten (16 %), gegen Verkehrsplanungen (11,8 %) und für ein besseres oder verändertes Bildungswesen (8 %).

Gründe für das Entstehen von Bürgerinitiativen

Auslöser für das Entstehen von Bürgerinitiativen sind zum Beispiel Probleme des Wirtschaftswachstums und damit verbundene Umweltbelastungen. Dieser Bereich wird von den Interessenverbänden kaum abgedeckt.

Des Weiteren ist ihr Entstehen meist auf ein Versagen von politischen Planern in Parteien und Verwaltungen zurückzuführen. Viele Bürger kritisierten, dass diese Planer vorrangig sachliche Korrektheit anstreben, die Bedürfnisse der Bevölkerung aber verkennen oder ignorieren.

Einen gewissen Anteil an der Entstehung von Bürgerinitiativen hatte sicherlich auch die außerparlamentarische Opposition (APO).

Kritiker von Bürgerinitiativen betrachten sie als Verhinderungsallianzen, die häufig auf egoistischen Anrainerinteressen bzw. Partikularinteressen beruhen und manchmal das Wirtschaftswachstum behindern. Dieses Verhalten wird häufig als „Sankt-Florians-Prinzip“ charakterisiert (englisch mit Nimby für „Not In My Back Yard“).

Geschichte

Als erste Bürgerinitiative nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1947 zum Schutz der Wälder die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) von rund 500 Personen gegründet. In den 1970er Jahren entwickelte sich die Bürgerinitiativbewegung als Alternative zur APO. Während sich die APO als eine allgemeine Bewegung gegen Entwicklungen in den Parlamenten, insbesondere dem Bundestag, verstand, versuchten die Bürgerinitiativen meist, lokale Interessen parteiübergreifend geltend zu machen. Viele Bürgerinitiativen schlossen sich in den 1970er Jahren zu Landesverbänden oder Bundesverbänden (z. B. Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, BBU) zusammen und bildeten die politische Basis für die Gründung der Grünen beziehungsweise Alternativen Partei.

In den 1990er Jahren haben sich in den ostdeutschen Bundesländern zahlreiche neue Bürgerinitiativen als Reaktion auf die Konflikte gegründet, die sich durch das oftmals formale und gedankenlose „Überstülpen“ des bundesdeutschen Rechts- und Verwaltungssystems über den Osten ergeben haben, was von vielen Ostdeutschen als ungerecht und der Situation nicht angemessen empfunden wird. Markantes Beispiel sind die Bürgerinitiativen „gegen überhöhte Kommunalabgaben“, „für gerechte und verträgliche Abgaben“ und ähnliche, die sich etwa dagegen zur Wehr setzen, dass der Gesetzgeber ausnahmslos jeden Grundstücksbesitzer für so vermögend hält, dass er über die Grundsteuer hinaus zu weiteren Abgaben herangezogen werden kann, die im Extremfall bis zur Größenordnung des Bodenwertes des betreffenden Grundstücks reichen.

Zielführende Strategien

Unbestreitbar ist jede Bürgerinitiative eher singulär und kaum auf andere Bewegungen übertragbar. Tatsache ist andererseits, dass aus den Erfolgen, aber auch den Misserfolgen vorhergegangener Bürgerinitiativen gelernt werden kann, was eher nützlich und was eher schädlich ist.

Wer eine Bürgerinitiative ins Leben rufen will, braucht immer einen langen Atem, außerdem eine große Fähigkeit, Mitstreiter und finanzielle Unterstützer zu gewinnen und zu inspirieren, sowie den Mut, sich mit einer oft unbeirrbaren Verwaltung anzulegen und in manchen Fällen auch die Häme der Lokalpresse zu ertragen. Auch bei offensichtlich widersinnigen Projekten der Behörden kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine dort einmal getroffene Entscheidung – aufgrund einleuchtender Gegenargumente der Bürgerinitiative – wieder rückgängig gemacht wird.

Eine nur einer Parteienrichtung nahestehende Bürgerinitiative ist in aller Regel zum Scheitern verurteilt. Es gilt, angesehene Exponenten aus allen bürgerlichen Lagern in die Bürgerinitiative einzubinden und bis zu einem gewissen Grade Kompromissbereitschaft erkennen zu lassen. Dogmatische Ablehnung der Intention der Verwaltung führt nicht zum Ziel. Stattdessen müssen Alternativen erkennbar sein, die das ursprüngliche Begehren der Verwaltung in Abrede stellen, gleichzeitig aber auch positive Veränderungen des Ist-Zustandes vorschlagen. Also muss positiv und konstruktiv argumentiert werden, um der Bevölkerung damit zu signalisieren, dass die Absichten der Verwaltung bereits überholt sind.

Hintergrundgespräche mit einflussreichen Redakteuren von Lokalzeitungen und regelmäßige Pressemitteilungen sowie Leserbriefe unterschiedlicher Prägung an die lokalen Meinungsmacher können Parteienmeinungen unsicher werden lassen. Vor allem anstehende Wahlen können diesen Prozess noch beschleunigen.

Älteste Bürgerinitiativen in Deutschland und Österreich

Den Titel „erste Bürgerinitiative Deutschlands“ nehmen, je nach Auslegung des Begriffs, verschiedene Initiativen in Anspruch:

Österreich:

  • Aktion21.at, Der Verein als Plattform zahlreicher Wiener Bürgerinitiativen möchte die Umsetzung des von der Vereinten Nationen 1992 beschlossenen Instrumentariums Agenda 21 im Sinne der Erklärung der Kommunen in Johannesburg (2002; local action 21) vorantreiben.

Siehe auch

Literatur

  • Rainer Buck: Bürger machen Politik. Einflussnahme – Strategien – Bürgerinitiative (= Beltz-Quadriga-Taschenbuch. 550). Beltz Quadriga, Weinheim u. a. 1991, ISBN 3-407-30550-8.
  • Anton Pelinka: Bürgerinitiativen, gefährlich oder notwendig? (= Ploetz-Taschenbücher zum Zeitgeschehen. Band 1). Ploetz, Freiburg im Breisgau u. a. 1978, ISBN 3-87640-171-2.

Weblinks

 Wiktionary: Bürgerinitiative – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


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