Wirbel (Anatomie) und Oberschenkelknochen: Unterschied zwischen den Seiten

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Als '''Wirbel''' ({{laS|''vertebra''}}) wird in der [[Anatomie]] das knöcherne Element der [[Wirbelsäule]] bezeichnet. Jeder Wirbel besteht aus dem Wirbelkörper, dem Wirbelbogen, zwei Querfortsätzen (je einer rechts und links), dem Dornfortsatz und vier Gelenkfortsätzen (beim Menschen: zwei obere und zwei untere). An einigen Wirbeln treten zwei Zitzenfortsätze (nur bei [[Brustwirbel|Brust-]] und [[Lendenwirbel]]n) und zwei zusätzliche Fortsätze (nur bei wenigen [[Säugetiere]]n an den Lendenwirbeln) auf.
[[Datei:Femur - anterior view2.png|mini|Lage der Oberschenkelknochen]]
Der '''Oberschenkelknochen''', in der medizinischen Fachsprache '''Os femoris''' oder kurz das '''Femur''', ist der kräftigste [[Röhrenknochen]] und bildet die knöcherne Grundlage des [[Oberschenkel]]s. Er ist der längste [[Knochen des Menschen|Knochen des menschlichen Körpers]].


== Wirbelkörper ==
== Anatomie ==
[[Datei:brustwirbel oben.png|mini|Brustwirbel von oben]]


Die '''Wirbelkörper''' (''Corpus vertebrae'') sind an den zu benachbarten Wirbeln zeigenden Polen mit jeweils einer Deckplatte versehen. Zwischen diesen Deckplatten sind benachbarte Wirbel mit einer [[Bandscheibe]] [[Symphyse|faserknorplig]] sowie über zwei [[Band (Anatomie)|Bänder]] (''[[Ligamentum longitudinale anterius]]'' und ''[[Ligamentum longitudinale posterius|posterius]]'') durch [[Bindegewebe]] untereinander verbunden. Der Wirbelkörper ist ein stützendes und lasttragendes Formteil des Wirbels.
=== Kopf ===


== Wirbelbogen ==
[[Datei:Femur head.png|mini|Oberschenkelknochenkopf und -hals]]
Der [[Wirbelbogen]] (''Arcus vertebrae'') ist ein knöcherner Bestandteil eines jeden Wirbels der Wirbelsäule. Er beginnt beidseits mit einem „Füßchen“ (''Pediculus arcus vertebrae''), die sich in der Bogenplatte (''Lamina arcus vertebrae'') vereinigen.


Er umschließt bogenförmig die Rückenseite ([[Anatomische Lage- und Richtungsbezeichnungen|dorsal]]) des Wirbellochs (''Foramen vertebrale''). Die Bauchseite ([[Anatomische Lage- und Richtungsbezeichnungen|ventral)]] des Wirbelloches wird vom Wirbelkörper gebildet. Die aneinandergereihten Wirbellöcher der einzelnen Wirbel bilden in der Wirbelsäule den längs verlaufenden [[Wirbelkanal]] (Canalis vertebralis), in den das [[Rückenmark]] mitsamt [[Hirnhaut|Hirnhäuten]] und dem [[Liquor cerebrospinalis]] eingebettet und so gegen äußere Einwirkungen geschützt ist.
Am oberen Ende des Oberschenkelknochens befindet sich sein Kopf (''Caput ossis femoris''), der mit einer annähernd kugelförmigen Gelenkfläche eine Verbindung mit den [[Becken (Anatomie)|Beckenknochen]] und somit das [[Hüftgelenk]] bildet. Der Kopf weist an seinem mittigen Umfang eine leichte Vertiefung auf, die so genannte Hüftkopfgrube (''Fovea capitis femoris''). Sie ist Durchtrittsstelle für ein Band (''Ligamentum capitis ossis femoris''), welches die Arterie umschließt, die den Hüftkopf versorgt.


Die Wirbelbögen sind durch die [[Wirbelbogengelenk]]e ([[Wirbelbogengelenk|Facettengelenke]]) miteinander verbunden.
=== Hals ===


== Querfortsatz ==
Verfolgt man den Oberschenkelknochen weiter nach unten (distal), schließt sich an den Kopf der Hals (''Collum ossis femoris'') an. An ihm befinden sich zwei Vorsprünge:
Der paarige '''Querfortsatz''' (''Processus transversus'', auch als Diaphyse bezeichnet) dient zum Ansatz von [[Band (Anatomie)|Bändern]] (z. B. ''[[Ligamentum intertransversarium|Ligamenta intertransversaria]]'') und [[Muskel]]n. Bei den [[Brustwirbel]]n bilden die Querfortsätze auch eine [[gelenk]]ige Verbindung zur gleichzahligen [[Rippe]].
* seitlich der große Rollhügel (''Trochanter major''). Er dient als Ansatz der Gesäßmuskulatur ([[Musculus gluteus medius]] und [[Musculus gluteus minimus]], [[Musculus piriformis|Piriformis]], [[Obturator|Obturatores]] und [[Musculi gemelli|Gemelli]]).
* mittig der kleine Rollhügel (''Trochanter minor''). Er dient als Ansatz des [[Musculus iliacus]] und des [[Musculus psoas major]].


Die Querfortsätze der [[Halswirbel]] sind in Längsrichtung durch ein Loch (''Foramen transversarium'') durchbohrt, welches aber dem siebten Halswirbel bei vielen Säugetieren meistens fehlt<ref>Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): ''Anatomie für die Tiermedizin''. Enke Stuttgart. 3. erw. Auflage 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 54.</ref>. Diese Löcher bilden in ihrer Gesamtheit den Querfortsatzkanal (''Canalis transversarius''), durch den die [[Arteria vertebralis|Arteria und Vena vertebralis]] sowie der [[Nervus vertebralis]] ziehen.
Die beiden Rollhügel sind bauchwärts (ventral) durch eine flache, raue Linie (''Linea intertrochanterica'') und rückenwärts (dorsal) durch eine scharfe Leiste (''Crista intertrochanterica'') verbunden. Zwischen dem großen Rollhügel und dem Oberschenkelknochenhals befindet sich eine Vertiefung (''Fossa trochanterica''). Sie dient als Ansatz für mehrere Muskeln ([[Musculus obturator internus]], [[Musculus gemellus superior]], [[Musculus gemellus inferior]] und [[Musculus obturator externus]]).


Bei [[Blockierung (Manuelle Medizin)|Blockierungen]] werden die Querfortsätze mit rotiert und sorgen so für eine Verengung des [[Spinalnerv]]en-Austritts, die zu starken Schmerzen führen kann. Auch bei der [[Skoliose]] (Seitenverdrehung der Wirbelsäule) sind die Querfortsätze erheblich rotiert und können anfangs –&nbsp;im frühen Kindesalter (8.–10. Lebensjahr)&nbsp;– oft nur mit einem Korsett abgefangen werden.
Einige Säugetiere (z.&nbsp;B. [[Pferde|Pferd]] und [[Kaninchen]]) besitzen noch einen dritten Rollhügel (''Trochanter tertius'').


== Dornfortsatz ==
Fehlstellungen des Schenkelhalses sind:
Der '''Dornfortsatz''' (''Processus spinosus'', auch als Neurapophyse bezeichnet) ist ein vom Wirbelbogen ausgehender rückenwärts (dorsal) gerichteter Fortsatz eines Wirbels.
* [[Coxa vara]] – verkleinerter [[CCD-Winkel]]
* [[Coxa valga]] – vergrößerter [[CCD-Winkel]]
* Coxa antetorta – größere Antetorsion als normal
* coxa retrotorta – Antetorsion des Schenkelhalses geringer als


Der [[Atlas (Halswirbel)|Atlas]] (erster Halswirbel) hat keinen Dornfortsatz, stattdessen ein ''Tuberculum posterius'' (''Tuberculum dorsale''). Ebenso ist beim [[Kreuzbein]] eine Sondersituation zu erkennen: Hier sind die Dornfortsätze zur so genannten ''Crista sacralis median''a verschmolzen. An den Dornfortsätzen setzen [[Band (Anatomie)|Bänder]] (''[[Ligamentum interspinale]]'' beziehungsweise ''[[Ligamentum supraspinale]]'') an sowie ein Teil der [[Rückenmuskel]]n. Wie die Querfortsätze bilden sie [[Hebelgesetz|Hebel]], die die Wirkung der verbundenen Muskeln unterstützen. Man kann sie leicht am Rücken als feste Erhebungen tasten.
=== Schaft ===


== Gelenkfortsätze ==
[[Datei:Gray244.png|mini|links|rechter Oberschenkelknochen, Ansicht von vorne]]
[[Datei:Gray93.png|mini|Lendenwirbel des Menschen]]
[[Datei:Femur back.png|mini|rechter Oberschenkelknochen, Ansicht von hinten]]


Die vier '''Gelenkfortsätze''' (''Processus articulares'', auch als Zygapophysen bezeichnet) bilden die echten Gelenke zwischen den Wirbeln. Man unterscheidet zwei nach oben gerichtete (superior) und zwei unten gerichtete (inferior) Gelenkfortsätze, wobei jeweils der ''Processus articularis inferior'' (Postzygapophyse) mit dem gleichseitigen ''Processus articularis superior'' (Präzygapophyse) des folgenden Wirbels in Verbindung steht. Bei Tieren sind die Gelenkfortsätze aufgrund der horizontalen Körperhaltung nach vorn (kranial) bzw. nach hinten (kaudal) gerichtet und werden deshalb als ''Processus articularis cranialis'' bzw. ''Processus articularis caudalis'' bezeichnet.
Unterhalb der Rollhügel beginnt der Oberschenkelknochenschaft (''Corpus ossis femoris''). Er ist nahezu zylindrisch, aber merklich nach vorne gebogen. Über die Hinterfläche zieht beim Menschen eine raue Längslinie (''Linea aspera''), welche aus zwei Leisten (''Labium mediale'' und ''Labium laterale'') besteht. - Bei Tieren werden diese „Lippen“ durch eine raue Fläche (''Facies aspera'') begrenzt. - In der Mitte des Oberschenkelknochenschaftes liegen die beiden Leisten dicht beieinander, an beiden Enden entfernen sie sich voneinander (divergieren). Die seitliche Leiste verbreitert sich nach oben hin (proximal) in eine längliche Rauigkeit (''Tuberositas glutaea''). Die mittige Leiste läuft flach in die Linie zwischen den Rollhügeln aus und endet direkt unter dem kleinen Rollhügel, der von einer zweiten, parallel verlaufenden Linie (''Linea pectinea'') direkt erreicht wird. Weiter unterhalb divergieren die beiden Leisten in zwei weitere Linien (''Linea supracondylaris medialis'' und ''Linea supracondylaris lateralis''), die ein nahezu planes, dreieckiges Knochenfeld begrenzen (''Facies poplitea''). Die Linien und Leisten dienen als Ansatzpunkte für die Heranführungsmuskulatur ([[Adduktor]]en).


== Zitzenfortsatz ==
=== Unteres Ende ===
Der paarige '''Zitzenfortsatz''' (''Processus mamillaris'') kommt nur bei [[Brustwirbel|Brust-]] und [[Lendenwirbel]]n vor. Er sitzt auf dem Processus articularis superior/cranialis (Netter S.153/154) und zeigt beim Menschen nach oben, bei Tieren entsprechend nach vorn und dient als Muskelansatz.
[[Datei:ACLI 19.jpg|mini|Das untere Ende des Oberschenkelknochens mit der Kreuzbandhöhle.]]
Das verdickte untere Oberschenkelknochenende trägt zwei stark nach außen gekrümmte ([[Krümmung|konvexe]]) Gelenkknorren (''Condylus medialis'' und ''Condylus lateralis''). Sie bilden mit dem Schienbeinplateau das [[Kniegelenk]]. Die beiden Knorren sind durch eine Grube (''Fossa intercondylaris'') voneinander getrennt. Diese wird hinten durch eine flache Knochenlinie (''Linea intercondylaris'') begrenzt. Zwischen den beiden Knorren befindet sich die '''Kreuzbandhöhle''' (auch als ''interkondyläres Notch'' bezeichnet). Vorne vereinigen sich die Gelenkknorren zu einer gemeinsamen, transversal nach innen gekrümmten ([[Konkave Linse|konkaven]]), sagittal nach außen gekrümmten Gelenkfläche (''Facies patellaris'') zur Verbindung mit der Kniescheibe (''Patella''). Die Knorren besitzen jeweils einen Aufsatz, der nur wenig vorspringt (''[[Epikondylus|Epicondylus]] medialis'' und ''Epicondylus lateralis''). Der seitliche Aufsatz besitzt an seiner Seite eine Furche (''Sulcus popliteus'').


== Zusätzlicher Fortsatz ==
== Winkel ==
Der '''zusätzliche Fortsatz''' (''Processus accessorius'') kommt nur an den Lendenwirbeln bei Mensch und [[Raubtiere]]n vor. Er ist nach unten beziehungsweise bei Tieren hinten (kaudal) gerichtet und sitzt am Übergang des Wirbelbogens zum Processus costalis.


== Charakteristika der verschiedenen Wirbelarten ==
=== CCD-Winkel ===
[[Datei:Gray 111 - Vertebral column-coloured.png|mini|Wirbelsäule des Menschen.<br />
'''Farblegende:'''
{{Farblegende|#8B1A1A|[[Halswirbelsäule|Halswirbel]]&nbsp;(Pars&nbsp;cervicalis)}}
{{Farblegende|#104E8B|[[Brustwirbelsäule|Brustwirbel]]&nbsp;(Pars&nbsp;thoracica)}}
{{Farblegende|#FFFF00|[[Lendenwirbelsäule|Lendenwirbel]]&nbsp;(Pars&nbsp;lumbalis)}}
{{Farblegende|#00CD00|[[Kreuzbein]]&nbsp;(Os&nbsp;sacrum)}}
{{Farblegende|#9A32CD|[[Steißbein]]&nbsp;(Os&nbsp;coccygis)}}
]]


* '''[[Halswirbelsäule|Halswirbel]]''':
Den Winkel zwischen Oberschenkelhals (Collum) und Knochenschaft nennt man ''Centrum-Collum-Diaphysen''-Winkel (kurz [[CCD-Winkel]]).
** Foramen transversarium („querliegendes Loch“) im 1. (bei Wiederkäuern ab dem 2.) bis 6. Halswirbel.
** Der Processus spinosus ist lang und beim Menschen zweigezackt.
** 7 Wirbelkörper beim Menschen
* '''[[Brustwirbelsäule|Brustwirbel]]''':
** Der Processus spinosus ist lang, einzackig und zieht nach schräg unten bis über das angrenzende Segment.
** 12 Wirbelkörper beim Menschen
* '''[[Lendenwirbelsäule|Lendenwirbel]]''':
** ausgeprägter Processus accessorius.
** Processus costalis („Rippenfortsatz“) vorhanden.
** Der Processus spinosus ist einzackig und nach unten gebogen.
** 5 Wirbelkörper beim Menschen
* '''[[Kreuzbein|Sakralwirbel]]''':
** Processus spinosi sind zu einem Grat verschmolzen.
** 5 verschmolzene Wirbelkörper beim Menschen
* '''[[Steißbein|Steißwirbel]]''':
** 3-5 rudimentäre Wirbelkörper beim Menschen


''Unterscheidungshilfe'': Die Größe der Wirbelkörper nimmt (im Bereich von Hals-, Brust- und Lendenwirbeln) von oben nach unten zu.
Der CCD-Winkel verkleinert sich von 137° im 4. bis 5. Embryonalmonat bis auf 129° im 9. Schwangerschaftsmonat und erreicht um die Geburt wieder 137°. Der Winkel beträgt bei Säuglingen 145°, beim Kind etwa 140°, ab der Pubertät 130° beim Erwachsenen etwa 126° und beim alten Menschen etwa 120°.<ref>Peter Matzen: ''Kinderorthopädie.'' Urban & Fischer Verlag, München/ Jena 2007.</ref>


== Wirbelkörperersatz ==
Da das Hüftgelenk große Kräfte übertragen muss, ist für eine Beurteilung der Achsenverhältnisse zum Beispiel auch die Lage der Gelenkpfanne einzubeziehen. So haben Menschen mit steilen Gelenkpfannen physiologischer Weise auch größere CCD-Winkel. Bei pathologisch großen Werten für den CCD-Winkel liegt das klinische Bild des X-Beines ([[Coxa valga]]) vor (zum Beispiel bei Immobilität nach Muskellähmung), da die Körperlast keinen mechanischen Druck auf den Schenkelhals ausübt. Bei einer proportional zu großen Belastung des Oberschenkelknochenhalses kommt es zu einem O-Bein ([[Coxa vara]]). Dies kann bei einer herabgesetzten Widerstandsfähigkeit und damit einer gesteigerten Nachgiebigkeit des Knochens (zum Beispiel bei [[Rachitis]]) der Fall sein.


[[Wirbelbruch|Trümmerfrakturen]] eines Wirbelkörpers oder Tumoren im Bereich der Wirbelsäule bedingen manchmal den Ersatz eines Wirbelkörpers durch ein Implantat. Die Belastung dieser Implantate ist weitgehend unbekannt. Um sie zu messen, wurde im ''Julius Wolff Institut'' der [[Charité]] Berlin ein klinisch übliches Implantat so modifiziert, dass eine Messung der drei Kraft- und drei Momentenkomponenten in vivo möglich ist. Dazu wurde ein Telemetriesender zusammen mit 6 Dehnungssensoren und einer Spule in den Zylinder des Implantats hermetisch gekapselt eingebaut. Üblicherweise wird die Wirbelsäule zusätzlich mit einem [[Interne Fixation|Fixateur interne]] stabilisiert. Es wurden mehrere instrumentierte Wirbelkörperersatzimplantate bei Patienten eingesetzt, und die Implantatbelastung bei verschiedenen Aktivitäten des täglichen Lebens gemessen.<ref>Hendrik Schmidt: [https://jwi.charite.de/forschung/biomechanik_der_wirbelsaeule/belastung/instrumentierter_wirbelkoerperersatz/ ''Instrumentierter Wirbelkörper''], Julius Wolff Institut für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration</ref>
=== Torsionswinkel ===
 
Unter dem Torsionswinkel (syn. ''Antetorsionswinkel'' oder ''Anteversionswinkel'') versteht man die Verdrehung der Querachsen des distalen und proximalen Femurendes. Das distale Femurende ist dabei im Vergleich zum proximalen um etwa 12–20 Grad nach einwärts (in Richtung [[Sagittalebene|Medianebene]]) gedreht.<ref>Rolf Bertolini: ''Systematische Anatomie des Menschen.'' Volk und Gesundheit, Berlin 1979 und Fischer, Stuttgart 1979, ISBN 3-437-00375-5, S. 110–125.</ref> Dieser Winkel ist beim kindlichen Knochen größer als beim erwachsenen (siehe: [[Najadensitz]]).
 
== Erkrankungen ==
 
[[Knochenbruch|Brüche]] des Oberschenkelknochens sind relativ häufig, wobei insbesondere Oberschenkelknochenhals ([[Schenkelhalsfraktur]]) und -schaft betroffen sind.
 
Die Gelenkfläche des Oberschenkelkopfes kann durch [[Verschleiß]]erscheinungen wie [[Arthrose]], mechanische Fehlbelastungen, [[Trauma (Medizin)|Verletzungen]] oder [[Entzündung]]en beschädigt werden. Durch eine [[Operation (Medizin)|Operation]] kann er durch eine [[Endoprothese|Metallprothese]] (ggf. zusammen mit dem Schenkelhals) ersetzt werden.
 
Auch die kniegelenksseitigen Gelenkflächen der beiden Knorren (''Condylus lateralis'' und ''Condylus medialis'') sind häufig beschädigt, sodass eine Behandlung (zum Beispiel auch ein operativer Ersatz) notwendig werden kann.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Wibel (Anatomie)}}
* {{WikipediaDE|Oberschenkelknochen}}
 
== Literatur ==
* Hermann Braus: ''Anatomie des Menschen. Erster Band. Bewegungsapparat.'' Julius Springer, Berlin 1920
* Kurt Fleischhauer (Hrsg.): ''Makroskopische und mikroskopische Anatomie des Menschen.'' 13./14. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1985 (begründet von A. Benninghoff)
* Rauber, Kopsch: ''Anatomie des Menschen. Lehrbuch und Atlas.'' Thieme, Stuttgart 1987
* Franz-Viktor Salomon (Hrsg.): ''Anatomie für die Tiermedizin.'' Enke, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-1007-7
* Herbert Lippert: ''Lehrbuch Anatomie.'' 6. Auflage. Urban & Fischer, München 2003, ISBN 3-437-42361-4
* Werner Platzer: ''Taschenatlas der Anatomie. Band 1. Bewegungsapparat.'' Thieme, Stuttgart 1991, ISBN 3-13-492006-9


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Vertebra|Wirbel}}
{{Commonscat|Femur|Oberschenkelknochen}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


[[Kategorie:Wirbelsäule|!]]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4172282-6}}
 
[[Kategorie:Knochen]]
[[Kategorie:Knochen]]
[[Kategorie:Knochen der unteren Extremität]]
[[Kategorie:Bein]]
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 19. Dezember 2017, 12:28 Uhr

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Lage der Oberschenkelknochen

Der Oberschenkelknochen, in der medizinischen Fachsprache Os femoris oder kurz das Femur, ist der kräftigste Röhrenknochen und bildet die knöcherne Grundlage des Oberschenkels. Er ist der längste Knochen des menschlichen Körpers.

Anatomie

Kopf

Oberschenkelknochenkopf und -hals

Am oberen Ende des Oberschenkelknochens befindet sich sein Kopf (Caput ossis femoris), der mit einer annähernd kugelförmigen Gelenkfläche eine Verbindung mit den Beckenknochen und somit das Hüftgelenk bildet. Der Kopf weist an seinem mittigen Umfang eine leichte Vertiefung auf, die so genannte Hüftkopfgrube (Fovea capitis femoris). Sie ist Durchtrittsstelle für ein Band (Ligamentum capitis ossis femoris), welches die Arterie umschließt, die den Hüftkopf versorgt.

Hals

Verfolgt man den Oberschenkelknochen weiter nach unten (distal), schließt sich an den Kopf der Hals (Collum ossis femoris) an. An ihm befinden sich zwei Vorsprünge:

Die beiden Rollhügel sind bauchwärts (ventral) durch eine flache, raue Linie (Linea intertrochanterica) und rückenwärts (dorsal) durch eine scharfe Leiste (Crista intertrochanterica) verbunden. Zwischen dem großen Rollhügel und dem Oberschenkelknochenhals befindet sich eine Vertiefung (Fossa trochanterica). Sie dient als Ansatz für mehrere Muskeln (Musculus obturator internus, Musculus gemellus superior, Musculus gemellus inferior und Musculus obturator externus).

Einige Säugetiere (z. B. Pferd und Kaninchen) besitzen noch einen dritten Rollhügel (Trochanter tertius).

Fehlstellungen des Schenkelhalses sind:

  • Coxa vara – verkleinerter CCD-Winkel
  • Coxa valga – vergrößerter CCD-Winkel
  • Coxa antetorta – größere Antetorsion als normal
  • coxa retrotorta – Antetorsion des Schenkelhalses geringer als 0°

Schaft

rechter Oberschenkelknochen, Ansicht von vorne
rechter Oberschenkelknochen, Ansicht von hinten

Unterhalb der Rollhügel beginnt der Oberschenkelknochenschaft (Corpus ossis femoris). Er ist nahezu zylindrisch, aber merklich nach vorne gebogen. Über die Hinterfläche zieht beim Menschen eine raue Längslinie (Linea aspera), welche aus zwei Leisten (Labium mediale und Labium laterale) besteht. - Bei Tieren werden diese „Lippen“ durch eine raue Fläche (Facies aspera) begrenzt. - In der Mitte des Oberschenkelknochenschaftes liegen die beiden Leisten dicht beieinander, an beiden Enden entfernen sie sich voneinander (divergieren). Die seitliche Leiste verbreitert sich nach oben hin (proximal) in eine längliche Rauigkeit (Tuberositas glutaea). Die mittige Leiste läuft flach in die Linie zwischen den Rollhügeln aus und endet direkt unter dem kleinen Rollhügel, der von einer zweiten, parallel verlaufenden Linie (Linea pectinea) direkt erreicht wird. Weiter unterhalb divergieren die beiden Leisten in zwei weitere Linien (Linea supracondylaris medialis und Linea supracondylaris lateralis), die ein nahezu planes, dreieckiges Knochenfeld begrenzen (Facies poplitea). Die Linien und Leisten dienen als Ansatzpunkte für die Heranführungsmuskulatur (Adduktoren).

Unteres Ende

Das untere Ende des Oberschenkelknochens mit der Kreuzbandhöhle.

Das verdickte untere Oberschenkelknochenende trägt zwei stark nach außen gekrümmte (konvexe) Gelenkknorren (Condylus medialis und Condylus lateralis). Sie bilden mit dem Schienbeinplateau das Kniegelenk. Die beiden Knorren sind durch eine Grube (Fossa intercondylaris) voneinander getrennt. Diese wird hinten durch eine flache Knochenlinie (Linea intercondylaris) begrenzt. Zwischen den beiden Knorren befindet sich die Kreuzbandhöhle (auch als interkondyläres Notch bezeichnet). Vorne vereinigen sich die Gelenkknorren zu einer gemeinsamen, transversal nach innen gekrümmten (konkaven), sagittal nach außen gekrümmten Gelenkfläche (Facies patellaris) zur Verbindung mit der Kniescheibe (Patella). Die Knorren besitzen jeweils einen Aufsatz, der nur wenig vorspringt (Epicondylus medialis und Epicondylus lateralis). Der seitliche Aufsatz besitzt an seiner Seite eine Furche (Sulcus popliteus).

Winkel

CCD-Winkel

Den Winkel zwischen Oberschenkelhals (Collum) und Knochenschaft nennt man Centrum-Collum-Diaphysen-Winkel (kurz CCD-Winkel).

Der CCD-Winkel verkleinert sich von 137° im 4. bis 5. Embryonalmonat bis auf 129° im 9. Schwangerschaftsmonat und erreicht um die Geburt wieder 137°. Der Winkel beträgt bei Säuglingen 145°, beim Kind etwa 140°, ab der Pubertät 130° beim Erwachsenen etwa 126° und beim alten Menschen etwa 120°.[1]

Da das Hüftgelenk große Kräfte übertragen muss, ist für eine Beurteilung der Achsenverhältnisse zum Beispiel auch die Lage der Gelenkpfanne einzubeziehen. So haben Menschen mit steilen Gelenkpfannen physiologischer Weise auch größere CCD-Winkel. Bei pathologisch großen Werten für den CCD-Winkel liegt das klinische Bild des X-Beines (Coxa valga) vor (zum Beispiel bei Immobilität nach Muskellähmung), da die Körperlast keinen mechanischen Druck auf den Schenkelhals ausübt. Bei einer proportional zu großen Belastung des Oberschenkelknochenhalses kommt es zu einem O-Bein (Coxa vara). Dies kann bei einer herabgesetzten Widerstandsfähigkeit und damit einer gesteigerten Nachgiebigkeit des Knochens (zum Beispiel bei Rachitis) der Fall sein.

Torsionswinkel

Unter dem Torsionswinkel (syn. Antetorsionswinkel oder Anteversionswinkel) versteht man die Verdrehung der Querachsen des distalen und proximalen Femurendes. Das distale Femurende ist dabei im Vergleich zum proximalen um etwa 12–20 Grad nach einwärts (in Richtung Medianebene) gedreht.[2] Dieser Winkel ist beim kindlichen Knochen größer als beim erwachsenen (siehe: Najadensitz).

Erkrankungen

Brüche des Oberschenkelknochens sind relativ häufig, wobei insbesondere Oberschenkelknochenhals (Schenkelhalsfraktur) und -schaft betroffen sind.

Die Gelenkfläche des Oberschenkelkopfes kann durch Verschleißerscheinungen wie Arthrose, mechanische Fehlbelastungen, Verletzungen oder Entzündungen beschädigt werden. Durch eine Operation kann er durch eine Metallprothese (ggf. zusammen mit dem Schenkelhals) ersetzt werden.

Auch die kniegelenksseitigen Gelenkflächen der beiden Knorren (Condylus lateralis und Condylus medialis) sind häufig beschädigt, sodass eine Behandlung (zum Beispiel auch ein operativer Ersatz) notwendig werden kann.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Oberschenkelknochen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Peter Matzen: Kinderorthopädie. Urban & Fischer Verlag, München/ Jena 2007.
  2. Rolf Bertolini: Systematische Anatomie des Menschen. Volk und Gesundheit, Berlin 1979 und Fischer, Stuttgart 1979, ISBN 3-437-00375-5, S. 110–125.


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