Zaruana Akarana

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Löwenköpfige Gottheit aus einem Mithräum in Ostia Antica (CIMRM 312)

Zaruana Akarana (auch Zeruane Akarene oder Zurvan Akarano, „die unbegrenzte oder unerschaffene Zeit“), als doppelgeschlechtliche Urgottheit auch Zurvan (von mittelpers. zurwān awest. zrvan = Zeit) genannt, ist gemäß der späteren persischen Mythologie, wie sie besonders im Zurvanismus überliefert wurde, die unerschaffene Zeit und zugleich die oberste und ursprünglichste Gottheit. Dargestellt wird Zurvan oft auch als bärtiger Mann mit Löwenkopf und Flügeln, um dessen Füße sich eine Schlange windet.

Zurvans Kinder sind die Zwillinge Ahura Mazdao, der Gott des Lichts, und Ahriman, der Geist der Finsternis. Ahriman, der meinte, dass dem Erstgeborenen die Herrschaft zufallen würde, erzwang seine vorzeitige Geburt, doch Zurvan wies sein Opfer zurück (vgl. Kain und Abel) und Ahura Mazdao wurde zum König des Himmels erhoben. Ahriman aber wurde in die Unterwelt verbannt, wo er als die Große Schlange für 9000 Jahre herrschen sollte. Nach der Kosmogonie und Kosmologie des Bundahischn währt der Kampf zwischen Gut und Böse 3 bzw. 4 mal 3000 Jahre.

Der Tierkreis (Zodiak) ist der äußere Ausdruck von Zaruana Akarana. In ihm wirken zwölf geistige Mächte, die Amshaspands, wovon sich sieben zur lichten Seite und fünf zur finsteren Seite neigen[1] Gemeinsam bilden sie die Anlage für die zwölf Nervenpaare des Hauptes.

„Es ist nun sehr schwierig, einen Begriff davon hervorzurufen, was Zarathustra als das Einheitliche hinter Ormuzd und Ahriman ansah, von dem uns schon die griechischen Schriftsteller sagten, daß die alten Perser es als das in Einheitlichkeit Lebende verehrten, und was Zarathustra nannte «Zeruane akarene», das ist, was hinter dem Licht steht. Wodurch können wir uns einen Begriff für das schaffen, was Zarathustra und die Zarathustra- Lehre unter «Zeruane akarene» oder «Zaruana akarana» versteht?

Denken wir uns einmal den Verlauf der Entwickelung. Wir müssen uns vorstellen, daß die Entwickelung gegen die Zukunft hin so verläuft, daß die Wesen immer vollkommener und vollkommener werden, so daß wir, wenn wir in die Zukunft blicken, immer mehr und mehr den Schein des Lichtreiches, des Ormuzd, sehen. Wenn wir in die Vergangenheit den Blick richten, sehen wir, wie da die Kräfte liegen, welche mit der Zeit völlig aufhören müssen, die besiegt werden müssen, so daß wir da in die dem Ormuzd gegnerischen Kräfte, in die ahrimanischen Kräfte hereinblicken. Nun hat man sich vorzustellen, daß dieser Bück sowohl in die Zukunft wie in die Vergangenheit zu demselben Punkte führt. Das ist eine Vorstellung, die für den heutigen Menschen außerordentlich schwer zu vollziehen ist. Denken wir uns dazu einen Kreis: wenn wir von dem untersten Punkte nach der einen Seite gehen, kommen wir zu dem gegenüberliegenden Punkte oben; wenn wir nach der andern Seite gehen, kommen wir ebenfalls zu demselben Punkte. Nehmen wir den Kreis größer, so müssen wir einen weiteren Weg machen, und der Bogen wird dadurch flacher und flacher. Nun können wir den Kreis immer größer und größer machen, dann ist das Ende, daß die Kreislinie zuletzt eine Gerade wird: dann geht der Weg nach der einen Seite in die Unendlichkeit und nach der anderen Seite auch. Aber kurz vorher, wenn wir nicht so weit gehen, wenn wir den Kreis nicht so groß machten, dann würden wir, wenn wir nach der einen Seite wie nach der andern Seite gingen, zu einem und demselben Punkte kommen. Warum sollte nun, wenn der Kreis so flach wird, daß seine Linie eine Gerade wird, nicht dasselbe gelten? Dann muß der eine Punkt in der Unendlichkeit der gleiche sein wie der auf der anderen Seite. Und wenn man nur lange genug den Atem halten könnte, müßte man nach der einen Seite gehen können und auf der andern Seite zurückkommen. Das heißt: es liegt für eine die Unendlichkeit ergreifende Vorstellung eine Linie zugrunde, die nach beiden Seiten ins Unendliche verläuft, die aber eigentlich eine Kreislinie ist.

Was ich Ihnen jetzt als eine Abstraktion vor Augen geführt habe, das liegt in der Zarathustra-Anschauung dem zugrunde, was er mit Zaruana akarana meinte. Wir blicken auf der einen Seite - der Zeit nach - in die Zukunft hinein, auf der andern Seite in die Vergangenheit; aber die Zeit schließt sich zum Kreise, nur liegt dieser Zusammenschluß erst in der Unendlichkeit. Und dieser sich selbst findenden Schlange der Ewigkeit - die dargestellt werden kann durch die Schlange, die sich selbst in ihren Schwanz beißt - ist sowohl die Kraft des Lichtes einverwoben, die uns immer heller und heller leuchtet, wenn wir nach der einen Seite blicken, wie auch die Kraft der Finsternis, die uns nach der andern Seite immer dunkler und dunkler scheint. Und wenn wir selbst mitten drinnen stehen, haben wir selbst Licht und Schatten - Ormuzd und Ahriman - durcheinandergemischt. Alles ist einverwoben dem sich selbst findenden, unendlichen Strome der Zeit: Zaruana akarana.“ (Lit.:GA 60, S. 268ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gelegentlich wird auch nur ganz grob von sechs lichten und sechs finsteren Mächten gesprochen.