Biotechnologie und Kategorie:Komponist (Barock): Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Biotechnologie''' ({{grcS|βίος|''bíos''|de=Leben}}; auch als Synonym zu '''Biotechnik''' und kurz als '''Biotech''') ist eine [[Interdisziplinarität|interdisziplinäre]] [[Wissenschaft]], die sich mit der Nutzung von [[Enzym]]en, [[Zelle (Biologie)|Zellen]] und ganzen [[Organismus|Organismen]] in [[Technik|technischen Anwendungen]] beschäftigt. Ziele sind u. a. die Entwicklung neuer oder effizienterer Verfahren zur Herstellung [[Chemische Verbindung|chemischer Verbindungen]] und von [[Diagnostik|Diagnosemethoden]].<ref name="BMBF was ist BT" /><ref name="Jülich NBio">Nachhaltige Bioproduktion: [http://www.fz-juelich.de/ptj/projekte/index.php?index=1290 ''Biotechnologie''], Förderschwerpunkt des BMBF: ''Nachhaltige Bioproduktion'', Informationsseite des Projektpartners ''Forschungszentrum Jülich'', abgerufen am 22. Februar 2010.</ref>
[[Kategorie:Musik des Barock]]
 
In der Biotechnologie werden Erkenntnisse aus vielen Bereichen, wie vor allem [[Mikrobiologie]], [[Biochemie]] ([[Chemie]]), [[Molekularbiologie]], [[Genetik]], [[Bioinformatik]] und den [[Ingenieurwissenschaften]] mit der [[Verfahrenstechnik]] ([[Bioverfahrenstechnik]]) genutzt.<ref name="Jülich NBio" /> Die Grundlage bilden [[chemische Reaktion]]en, die von freien oder in Zellen vorliegenden Enzymen [[Katalyse|katalysiert]] werden ([[Biokatalyse]] oder [[Biokonversion]]). Die Biotechnologie leistet wichtige Beiträge für den Prozess der [[Biologisierung]].
 
Klassische biotechnologische Anwendungen wurden bereits vor Jahrtausenden entwickelt, wie z.&nbsp;B. die Herstellung von [[Wein]] und [[Bier]] mit [[Backhefe|Hefen]] und die Verarbeitung von [[Milch]] zu verschiedenen [[Lebensmittel]]n mithilfe bestimmter [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] oder Enzyme.<ref name="Jülich NBio" /> Die moderne Biotechnologie greift seit dem 19. Jahrhundert zunehmend auf mikrobiologische und seit Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend auch auf [[Molekularbiologie|molekularbiologische]], [[Genetik|genetische]] bzw. [[Gentechnik|gentechnische]] Erkenntnisse und Methoden zurück. Dadurch ist es möglich, Herstellungsverfahren für chemische Verbindungen, z.&nbsp;B. als [[Wirkstoff]] für die [[Pharmazeutik]] oder als [[Grundchemikalie]] für die [[chemische Industrie]], [[Diagnostik|Diagnosemethoden]], [[Biosensor]]en, neue [[Sorte (Pflanze)|Pflanzensorten]] und anderes zu entwickeln.<ref name="BMBF was ist BT" /><ref name="Jülich NBio" />
 
Biotechnische Verfahren können vielfältig in unterschiedlichsten Bereichen angewendet werden. Teilweise wird versucht, diese Verfahren nach Anwendungsbereichen zu sortieren, wie z.&nbsp;B. [[Medizin]] ([[Rote Biotechnologie]]), Pflanzen bzw. [[Landwirtschaft]] ([[Grüne Biotechnologie]]) und [[Industrie]] ([[Weiße Biotechnologie]]).<ref name="BMBF was ist BT" /> Teilweise wird auch danach unterschieden, auf welche Lebewesen die Methoden angewendet werden, wie etwa in der [[Blaue Biotechnologie|Blauen Biotechnologie]] oder gelben Biotechnologie<ref>{{Internetquelle|url=http://www.insekten-biotechnologie.de/de/start.html|titel=Gelbe Biotechnologie|autor=|hrsg=|werk=|datum=|sprache=en|zugriff=2017-03-03}}</ref> die sich auf Anwendungen bei Meereslebewesen oder Insekten bezieht.
 
== Geschichte ==
Bereits seit Jahrtausenden gibt es biotechnische Anwendungen, wie z.&nbsp;B. die Herstellung von [[Bier]] und [[Wein]]. Die [[Biochemie|biochemischen]] Hintergründe waren zunächst weitestgehend ungeklärt. Mit den Fortschritten in verschiedenen Wissenschaften, wie vor allem der Mikrobiologie im 19. Jahrhundert, wurde die Biotechnik wissenschaftlich bearbeitet, also die Biotechnologie entwickelt. So wurden optimierte oder neue biotechnische Anwendungsmöglichkeiten erschlossen. Weitere wichtige Schritte waren die Entdeckung der [[Desoxyribonucleinsäure]] (DNA oder DNS) in den 1950er-Jahren, das zunehmende Verständnis ihrer Bedeutung und Funktionsweise und die anschließende Entwicklung [[Molekularbiologie|molekularbiologischer]] und [[Gentechnik|gentechnischer]] Labormethoden.
 
=== Erste biotechnische Anwendungen ===
Die ältesten Anwendungen der Biotechnik, die schon seit über 5000 Jahren bekannt sind, sind die Herstellung von [[Brot]], Wein oder Bier ([[alkoholische Gärung]]) mithilfe der zu den [[Pilze]]n gehörenden [[Backhefe|Hefe]]. Durch die Nutzung von [[Milchsäurebakterien]] konnten zudem [[Sauerteig]] (gesäuertes Brot) und [[Sauermilchprodukte]] wie [[Käse]], [[Joghurt]], [[Dickmilch|Sauermilch]] oder [[Kefir]] hergestellt werden. Eine der frühesten biotechnischen Anwendungen abseits der Ernährung waren [[Gerberei]] und [[Beizen|Beize]] von Häuten mittels [[Kot]] und anderen enzymhaltigen Materialien zu [[Leder]]. Auf diese Produktionsverfahren bauten große Teile der Biotechnik bis in das Mittelalter auf, um 1650 entstand ein erstes biotechnisches Verfahren zur [[Essig]]herstellung.
 
=== Entwicklung der Mikrobiologie ===
{{Siehe auch|Mikrobiologie|Louis Pasteur|Robert Koch}}
 
[[Datei:Louis Pasteur.jpg|miniatur|Louis Pasteur isolierte erstmals Essigsäurebakterien und Bierhefen.]]
 
Moderne Biotechnologie basiert wesentlich auf der [[Mikrobiologie]], die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand. Vor allem die Entwicklung von [[Kultivierung]]smethoden, der [[Reinkultur]] und der [[Sterilisation]] durch [[Louis Pasteur]] legten Grundsteine zur Untersuchung und Anwendung ([[Angewandte Mikrobiologie]]) von [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]]. Im Jahre 1867 konnte Pasteur mit diesen Methoden [[Essigsäurebakterien]] und [[Bierhefe]]n isolieren. Um 1890 entwickelten er und [[Robert Koch]] erste [[Impfung]]en auf der Basis isolierter [[Krankheitserreger]] und setzten damit die Grundlage für die [[Medizinische Biotechnologie]].
Der Japaner [[Jōkichi Takamine]] isolierte als erster ein einzelnes Enzym für die technische Verwendung, die [[Alpha-Amylase]]. Wenige Jahre später nutzte der deutsche Chemiker [[Otto Röhm (Unternehmer, 1876)|Otto Röhm]] tierische [[Protease]]n (eiweißabbauende Enzyme) aus [[Schlachtabfall|Schlachtabfällen]] als [[Waschmittel]] und Hilfsstoffe für die [[Lederherstellung]].
 
=== Biotechnologie im 20. Jahrhundert ===
Die großtechnische Herstellung von [[Butanol]] und [[Aceton]] durch Fermentation des [[Bakterium]]s ''[[Clostridium acetobutylicum]]'' wurde 1916 von dem Chemiker und späteren israelischen Staatspräsidenten [[Chaim Weizmann|Charles Weizmann]] beschrieben und entwickelt.<ref>Charles Weizmann: ''[http://www.google.com/patents?id=CCpcAAAAEBAJ Production of Acetone and Alcohol by Bacteriological Processes.]'' US Patent 1.315.585 vom September 1919.</ref> Es handelte sich um die erste Entwicklung der [[Weiße Biotechnologie|Weißen Biotechnologie]]. Das Verfahren wurde bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts angewendet, danach aber durch die wirtschaftlichere [[Petrochemie|petrochemische]] [[Synthese (Chemie)|Synthese]] aus der [[Propen]]-Fraktion des [[Erdöl]]s abgelöst.
Die Herstellung von [[Citronensäure]] erfolgte ab dem Jahr 1920 durch Oberflächenfermentation des Pilzes ''[[Aspergillus niger]]''. Im Jahre 1957 wurde erstmals die [[Aminosäure]] [[Glutaminsäure]] mithilfe des Bodenbakteriums ''[[Corynebacterium glutamicum]]'' produziert.
 
[[Datei:Faroe stamp 079 europe (fleming).jpg|miniatur|left|Alexander Fleming auf einer Briefmarke]]
 
1928/29 entdeckte [[Alexander Fleming]] im Pilz ''[[Penicillium chrysogenum]]'' das erste medizinisch verwendete [[Antibiotikum]] [[Penicillin]]. 1943 folgte das Antibiotikum [[Streptomycin]] durch [[Selman Abraham Waksman|Selman Waksman]], [[Albert Schatz]] und [[Elizabeth Bugie]]. Im Jahr 1949 wurde die Herstellung von [[Steroide]]n in industriellem Maßstab umgesetzt. Anfang der 1960er-Jahre wurden [[Waschmittel]]n erstmals biotechnisch gewonnene Proteasen zur Entfernung von [[Proteine|Eiweißflecken]] zugesetzt. In der [[Käseherstellung]] kann das [[Lab|Kälberlab]] seit 1965 durch das in Mikroorganismen hergestellte [[Rennin]] ersetzt werden. Ab 1970 konnten biotechnisch [[Amylase]]n und andere stärkespaltende Enzyme hergestellt werden, mit denen z.&nbsp;B. [[Mais]]stärke in den sogenannten „high-fructose corn syrup“, also [[Maissirup]], umgewandelt und als Ersatz für [[Rohrzucker]] ([[Saccharose]]), z.&nbsp;B. in der Getränkeherstellung, verwendet werden konnte.
 
=== Moderne Biotechnologie seit den 1970er-Jahren ===
[[Datei:DNA Overview.png|miniatur|hochkant|Strukturmodell eines Ausschnitts aus der DNA-Doppelhelix (B-Form) mit 20 Basenpaarungen]]
 
==== Aufklärung der DNA-Struktur ====
1953 klärten [[Francis Crick]] und [[James Watson]] die Struktur und Funktionsweise der [[Desoxyribonucleinsäure]] (DNA) auf. Damit wurde der Grundstein für die Entwicklung der modernen Genetik gelegt.
 
Seit den 1970er-Jahren kam es zu einer Reihe zentraler Entwicklungen in der Labor- und Analysetechnik. So gelang 1972 den Biologen [[Stanley N. Cohen]] und [[Herbert Boyer]] mit molekularbiologischen Methoden die erste In-vitro-[[Rekombination (Genetik)|Rekombination]] von DNA (Veränderung von DNA ''im Reagenzglas''), sowie die Herstellung von [[Plasmid]]vektoren als Werkzeug zur Übertragung (ein [[Vektor (Gentechnik)|Vektor]]) von [[Genom|Erbgut]], z.&nbsp;B. in Bakterienzellen.
 
[[César Milstein]] und [[Georges Köhler]] stellten 1975 erstmals [[Monoklonaler Antikörper|monoklonale Antikörper]] her, die ein wichtiges Hilfsmittel in der medizinischen und biologischen [[Diagnostik]] darstellen. Seit 1977 können [[Rekombinantes Protein|rekombinante Proteine]] (ursprünglich aus anderen [[Art (Biologie)|Arten]] stammende Proteine) in Bakterien hergestellt und in größerem Maßstab produziert werden. Im Jahr 1982 wurden erste [[transgen]]e [[Nutzpflanze]]n mit einer gentechnisch erworbenen [[Grüne Gentechnik#Herbizidresistenz|Herbizidresistenz]] erzeugt, sodass bei [[Pflanzenschutz]]maßnahmen das entsprechende [[Herbizid]] die Nutzpflanze verschont. Im selben Jahr gelang die Erzeugung von [[Knock-out-Maus|Knock-out-Mäusen]] für die medizinische Forschung. Bei ihnen ist zumindest ein Gen inaktiviert, um dessen Funktion bzw. die Funktion des [[Homologie (Genetik)|homologen]] Gens beim Menschen zu verstehen und zu untersuchen.
 
==== Genomsequenzierungen ====
Im Jahr 1990 startete das [[Humangenomprojekt]], in dem bis 2001 (bzw. 2003 in den angestrebten Maßstäben) das gesamte menschliche [[Genom]] von 3,2 × 10<sup>9</sup> Basenpaaren (bp) entschlüsselt und [[DNA-Sequenzierung|sequenziert]] wurde. Die Sequenziertechnik basiert direkt auf der 1975 entwickelten [[Polymerase-Kettenreaktion]] (PCR), die eine schnelle und mehr als 100.000-fache Vermehrung bestimmter DNA-Sequenzen ermöglicht und so ausreichende Mengen dieser Sequenz, z.&nbsp;B. für Analysen, zur Verfügung stellte. Bereits 1996 war als erstes Genom das der [[Bäckerhefe]] (''Saccharomyces cerevisiae'') mit 2 × 10<sup>7</sup> bp vollständig aufgeklärt. Durch die rasante Weiterentwicklung der Sequenziertechnik konnten weitere Genome, wie im Jahr 1999 das der [[Taufliegen|Taufliege]] ''[[Drosophila melanogaster]]'' (2 × 10<sup>8</sup> bp), relativ schnell sequenziert werden.
 
Die Bestimmung von Genomsequenzen führte zur Etablierung weiterer, darauf basierender Forschungsgebiete, wie der [[Transkriptomik]], [[Proteomik]], [[Metabolomik]] und der [[Systembiologie]] und zu einer Bedeutungszunahme, z.&nbsp;B. der [[Bioinformatik]].
 
==== Anwendungen der Gentechnik ====
1995 kam mit der [[Flavr-Savr-Tomate]] das erste transgene Produkt auf den Markt und wurde in den USA und Großbritannien zum Verkauf zugelassen. Im Jahr 1996 erfolgten erste Versuche der [[Gentherapie]] beim Menschen und 1999 wurden humane [[Stammzelle]]n erstmals in [[Zellkultur]] vermehrt. Im gleichen Jahr überschritt das Marktvolumen rekombinant hergestellter Proteine in der [[Pharmaindustrie]] erstmals den Wert von 10 Milliarden US-$ im Jahr. Das [[Dolly (Schaf)|geklonte Schaf ''Dolly'']] wurde 1998 geboren.
 
Durch die neu entwickelten gentechnischen Methoden boten sich der Biotechnologie neue Entwicklungsmöglichkeiten, die zur Entstehung der Molekularen Biotechnologie führten. Sie bildet die Schnittstelle zwischen der Molekularbiologie und der klassischen Biotechnologie. Wichtige Techniken sind z.&nbsp;B. die [[Transformation (Genetik)|Transformation]] bzw. [[Transduktion (Genetik)|Transduktion]] von Bakterien mithilfe von [[Plasmid]]en oder [[Viren]]. Dabei können gezielt bestimmte Gene in geeignete Bakterienarten eingeschleust werden. Weitere Einsatzgebiete der molekularen Biotechnologie sind analytische Methoden, zum Beispiel zur Identifikation und [[DNA-Sequenzierung|Sequenzierung]] von [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]- oder [[RNA]]-Fragmenten.<ref>[[Technische Universität München]] (TUM): [http://portal.mytum.de/studium/studiengaenge/molekulare_biotechnologie_bachelor ''Molekulare Biotechnologie''], Beschreibung des Studiengangs, abgerufen am 21. Februar 2010.</ref>
 
== Zweige der Biotechnologie ==
Biotechnologie ist ein sehr weit gefasster Begriff. Entsprechend den jeweiligen Anwendungsbereichen wird sie daher in verschiedene Zweige unterteilt. Zum Teil überschneiden sich diese, sodass diese Unterteilung nicht immer eindeutig ist. Teilweise sind die Bezeichnungen noch nicht etabliert oder werden unterschiedlich definiert.
 
{| class="wikitable float-right"
|+ Einteilung der Biotechnologie in verschiedene Zweige
|- class="hintergrundfarbe6"
! Zweig
! Anwendungsgebiete
|-
| [[Grüne Biotechnologie]]
| Einsatz in der [[Landwirtschaft]]; [[Pflanzenbiotechnologie]]
|-
| [[Rote Biotechnologie]]
| Einsatz in der [[Medizin]] und [[Pharmazeutik]]; [[Medizinische Biotechnologie]]
|-
| [[Weiße Biotechnologie]]
| Einsatz in der [[Industrie]]; [[Industrielle Biotechnologie]]
|-
| [[Graue Biotechnologie]]
| Einsatz in der [[Abfallwirtschaft]]
|-
| [[Braune Biotechnologie]]
| Technische bzw. [[Umwelt-Biotechnologie]]
|-
| [[Blaue Biotechnologie]]
| biotechnologische Nutzung von Meeresressourcen
|}
 
Die [[Grüne Biotechnologie]] betrifft pflanzliche Anwendungen, z.&nbsp;B. für landwirtschaftliche Zwecke.
Die [[Rote Biotechnologie]] ist der Bereich medizinisch-pharmazeutischer Anwendungen, wie z.&nbsp;B. die Herstellung von Medikamenten und Diagnostika. Die [[Weiße Biotechnologie]] oder ''Industrielle Biotechnologie'' umfasst biotechnologische Herstellungsverfahren, vor allem für [[Chemische Verbindung|chemische Verbindungen]] in der [[Chemische Industrie|Chemieindustrie]], aber auch Verfahren in der [[Textilindustrie|Textil]]- oder [[Lebensmittelindustrie]].<ref name="BMBF was ist BT">biotechnologie.de [http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/Hintergrund/basiswissen.html ''Was ist Biotechnologie?''], Informationsseite des BMBF, abgerufen am 22. Februar 2010.</ref>
 
Weniger gängig sind die Einteilungen in die Bereiche [[Blaue Biotechnologie]], die sich mit der Nutzung von Organismen aus dem Meer befasst, und [[Graue Biotechnologie]] mit biotechnologischen Prozessen im Bereich der [[Abfallwirtschaft]] ([[Kläranlage]]n, [[Dekontamination]] von Böden und Ähnliches).
 
Unabhängig von dieser Einteilung gibt es die als ''konventionelle'' Form bezeichnete Biotechnologie, die sich mit [[Abwasser#Abwasserbehandlung|Abwasserreinigung]], dem [[Kompostierung|Kompostieren]] sowie weiteren ähnlichen Anwendungen befasst.
 
== Produktionsmethoden ==
=== Organismen ===
[[Datei:EscherichiaColi NIAID.jpg|thumb|Das Bakterium ''[[Escherichia coli]]'' stellt einen der am häufigsten genutzten Organismen der Biotechnologie dar.]]
In der modernen Biotechnik werden mittlerweile sowohl [[Bakterien]] als auch höhere Organismen wie [[Pilze]], [[Pflanzen]] oder [[Tiere|tierische Zellen]] verwendet. Häufig eingesetzte Organismen sind oft bereits genau erforscht, wie etwa das [[Darmflora|Darmbakterium]] ''[[Escherichia coli]]'' oder die [[Backhefe]] ''Saccharomyces cerevisiae''. Gut erforschte Organismen werden häufig für biotechnische Anwendungen eingesetzt, weil sie gut bekannt sind und bereits Methoden zu ihrer Kultivierung oder auch gentechnischen Manipulation entwickelt wurden. Einfache Organismen können zudem mit geringerem Aufwand [[Gentechnisch veränderter Organismus|genetisch modifiziert]] werden.
 
Zunehmend werden auch höhere Organismen ([[Mehrzeller|mehrzellige]] [[Eukaryoten]]) in der Biotechnik verwendet. Grund hierfür ist etwa die Fähigkeit, [[Posttranslationale Modifikation|posttranslationale Veränderungen]] an Proteinen vorzunehmen, die z.&nbsp;B. bei Bakterien nicht stattfinden. Ein Beispiel dafür ist das [[Glykoprotein]]-[[Hormon]] [[Erythropoetin]], unter der Abkürzung ''EPO'' als [[Dopingmittel]] bekannt. Allerdings wachsen eukaryotische Zellen langsamer als Bakterien und sind auch aus anderen Gründen schwieriger zu kultivieren.
Teilweise können [[Pharmapflanze]]n, die im Feld, im [[Gewächshaus]] oder im [[Photobioreaktor]] [[Kultivierung|kultiviert]] werden, eine Alternative zur Herstellung dieser [[Biopharmazeutikum|Biopharmazeutika]] sein.<ref>Eva L. Decker, [[Ralf Reski]] (2007): Moss bioreactors producing improved biopharmaceuticals. Current Opinion in Biotechnology 18, 393–398. {{DOI|10.1016/j.copbio.2007.07.012}}.</ref>
 
=== Bioreaktoren ===
{{Hauptartikel|Bioreaktor}}
 
Vor allem Mikroorganismen können in [[Bioreaktor]]en oder auch [[Fermenter]] kultiviert werden. Dieses sind Behälter, in denen die Bedingungen gesteuert und optimiert werden können, sodass die kultivierten Organismen die gewünschten Stoffe produzieren bzw. in höheren Konzentrationen produzieren. In den Reaktoren können verschiedene [[Kennzahl|Parameter]], wie z.&nbsp;B. [[pH-Wert]], [[Temperatur]], [[Sauerstoff]]zufuhr, [[Stickstoff]]zufuhr, [[Glukose]]gehalt oder [[Rührer]]einstellungen geregelt werden.
Da die einsetzbaren Organismen sehr unterschiedliche Ansprüche haben, stehen sehr unterschiedliche Fermentertypen zur Verfügung, z.&nbsp;B. [[Rührkesselreaktor]]en, [[Schlaufenreaktor]]en, [[Airliftreaktor]]en, sowie lichtdurchlässige [[Photobioreaktor]]en zur Kultivierung von Photosynthese-Organismen wie Algen und Pflanzen.
 
== Anwendungen ==
''Siehe entsprechende Absätze in den Artikeln: [[Weiße Biotechnologie#Anwendungsgebiete|Weiße Biotechnologie]], [[Rote Biotechnologie#Anwendungsgebiete|Rote Biotechnologie]], [[Grüne Biotechnologie]], [[Graue Biotechnologie]] und [[Blaue Biotechnologie#Potenzial der Blauen Biotechnologie|Blaue Biotechnologie]]''
 
Durch die Vielfältigkeit der Biotechnologie sind zahlreiche Anwendungsbereiche und Produkte mit ihr verknüpft bzw. auf sie angewiesen:
* [[Monoklonale Antikörper|Antikörpertechnologien]]: Herstellung z.&nbsp;B. von monoklonalen Antikörpern für verschiedenste diagnostische Methoden in medizinische und biologischer Anwendung und Forschung
* [[Bioelektronik]]: Verknüpfung von Biologie und Elektronik, z.&nbsp;B. zur Entwicklung von [[Biosensor]]en
* [[Bioinformatik]]: Verarbeitung von Daten, die mit biotechnologischen Methoden, wie z.&nbsp;B. Genomsequenzierungen, gewonnen wurden; aber auch Grundlage für die Entwicklung neuer biotechnologischer Methoden und Anwendungen
* [[Bioverfahrenstechnik]]: Umsetzung biotechnologischer Anwendungen, wie z.&nbsp;B. Entwicklung von Fermentationsverfahren
* [[Bioremediation]]: Beseitigung von [[Altlast]]en, wie z.&nbsp;B. giftigen [[Organische Verbindung|organischen Verbindungen]] in Böden, durch Nutzung der biochemischen Fähigkeiten, z.&nbsp;B. von Bakterien
* [[DNA-Chip-Technologie]]: Nutzung sogenannter [[DNA-Chip]]s für umfangreiche [[Screening]]s, z.&nbsp;B. in Genetik (z.&nbsp;B. Diagnose von Erbkrankheiten), Gentechnik etc.
* [[Downstream Processing]]: Aufbereitung (Aufreinigung) von biotechnisch hergestellten Verbindungen, z.&nbsp;B. aus Fermentationsprozessen bzw. -ansätzen
* [[Ethanol-Kraftstoff]]: Herstellung des [[Biokraftstoff]]s [[Bioethanol]], z.&nbsp;B. aus Getreidestärke, mithilfe von Mikroorganismen, die alkoholische Gärung betreiben, und von Enzymen, die den Verfahrensablauf verbessern
* [[Gentest]]-Entwicklung: z.&nbsp;B. Nachweis von [[Mutation]]en, die [[Erbkrankheit]]en wie [[Chorea Huntington]] auslösen
* [[Gentherapie]]: z.&nbsp;B. Einbringen einer intakten [[Allel|Genvariante]] zur vorübergehenden oder dauerhaften Behebung eines [[Gendefekt]]s
* [[Klonen]]: z.&nbsp;B. [[therapeutisches Klonen]], um aus den gewonnenen Zellen ''in vitro'' Ersatzorgane für den Patienten, von dem die Ausgangzellen stammen, zu erzeugen
* [[Klonierung|Klontechnologien]] (Klonierung): Übertragung einer bestimmten DNA-Sequenz in einen Organismus, z.&nbsp;B. des menschlichen Insulin-Gens in ein Bakterium, zur rekombinanten Herstellung von Insulin
* [[Kriminalistik|Kriminalistische]] Anwendungen (siehe auch [[Genetischer Fingerabdruck]]): Identifizierung eines Täters anhand der Untersuchung von Spuren mit biotechnologischen Methoden
* [[Nanobiotechnologie]] (siehe auch [[Nanotechnologie]])
* [[Nutrigenomik]]: z.&nbsp;B. Entwicklung von [[Functional Food]] zur medizinischen Prävention
* [[Pharmakogenomik]]: Entwicklung individualisierter (optimierter) Arzneimitteltherapien, z.&nbsp;B. für spezifische Populationen bzw. Bevölkerungsanteile
* [[Pharmazeutische Biotechnologie]] (Teilgebiet der Roten Biotechnologie)
* [[Protein-Engineering]]: gezieltes Entwerfen von veränderten oder neuen Proteinen für spezifische Anwendungen
* [[Reprogenetik]]
* [[Stammzelle|Stammzelltherapie]]: Nutzung von omni- oder pluripotenten [[Stammzelle]]n zur Therapie verschiedener Krankheiten
* [[Tissue Engineering]] oder [[Gewebezüchtung]]: In-vitro-Erzeugung von Geweben für die Anwendung in der [[Regenerative Medizin]]
* [[Transgen]]e Technologien
* [[Xenotransplantation]]: Übertragung von Zellen oder Geweben zwischen verschiedenen Spezies
* [[Cellulose-Ethanol]]: Erzeugung von Bioethanol aus der bisher enzymatisch nicht effizient zugänglichen [[Cellulose]] durch Nutzung rekombinant hergestellter Enzyme
* u.&nbsp;v.&nbsp;m.
 
== Perspektive ==
Viele Anwendungen der Biotechnologie basieren auf dem guten Verständnis der Funktionsweise von Organismen. Durch neue Methoden und Ansätze, wie z.&nbsp;B. der Genomsequenzierung und daran angeschlossene Forschungsbereiche wie Proteomics, Transcriptomics, Metabolomics, Bioinformatik etc., wird dieses Verständnis immer weiter ausgebaut. So werden immer mehr medizinische Anwendungen möglich, in der [[Weiße Biotechnologie|Weißen Biotechnologie]] können bestimmte chemische Verbindungen, z.&nbsp;B. für pharmazeutische Zwecke oder als Grundstoff der chemischen Industrie, erzeugt werden und Pflanzen können für bestimmte Umweltbedingungen oder ihren Nutzungszweck optimiert werden. Häufig können auch bisherige Anwendungen durch vorteilhaftere biotechnische Verfahren ersetzt werden, wie z.&nbsp;B. umweltbelastende chemische Herstellungsverfahren in der Industrie. Es wird daher erwartet, dass das Wachstum der Biotechnologie-Branche sich in Zukunft fortsetzen wird.<ref>biotechnologie.de:  {{Webarchiv|text=''Biotechnologie-Firmenumfrage 2009'' |url=http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/Hintergrund/studien-statistiken,did=95732.html |wayback=20100328063326 |archiv-bot=2018-04-01 17:19:46 InternetArchiveBot }}, Informationsseite des [[Bundesministerium für Bildung und Forschung|Bundesministeriums für Bildung und Forschung]] (BMBF), abgerufen am 22. Februar 2010.</ref>
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Biotechnologie}}
* {{WikipediaDE|Biotechnologie}}
 
== Literatur ==
* Moselio Schaechter, John Ingraham, Frederick C. Neidhardt: ''Microbe: Das Original mit Übersetzungshilfen''. Spektrum Akademischer Verlag 2006. ISBN 3-8274-1798-8.
* Reinhard Renneberg, Darja Süßbier: ''Biotechnologie für Einsteiger''. Spektrum Akademischer Verlag 2005. ISBN 3-8274-1538-1.
* R. Ulber, K. Soyez: ''5000 Jahre Biotechnologie: Vom Wein zum Penicillin'', in: ''Chemie in unserer Zeit'' 2004, ''38'', 172–180
* G. Festel, J. Knöll, H. Götz, H. Zinke: ''Der Einfluss der Biotechnologie auf Produktionsverfahren in der Chemieindustrie'', in: ''Chemie Ingenieur Technik'' 2004, ''76'', 307–312
* K. Nixdorff, D. Schilling, M. Hotz: ''Wie Fortschritte in der Biotechnologie missbraucht werden können: Biowaffen'', in: ''Biologie in unserer Zeit' 2002, ''32'', 58–63.
* Björn Lippold: ''Der Regenbogen der Biotechnologie''. [http://www.bionity.com/articles/d/44283/ bionity.com].
* Nikolaus Knoepffler, Dagmar Schipanski, Stefan Lorenz Sorgner (Hrsg.): ''Humanbiotechnologie als gesellschaftliche Herausforderung.'' Alber Verlag, Freiburg i. B. 2005.
* Volkart Wildermuth: ''Biotechnologie. Zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und ethischen Grenzen.'' Parthas Verlag 2006. ISBN 978-3-86601-922-5.
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* [http://www.biotechnologie.de biotechnologie.de − Eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zum Thema Biotechnologie] inklusive einer Definition [http://www.biotechnologie.de/BIO/Navigation/DE/Hintergrund/basiswissen.html „Was ist Biotechnologie?“]
* [http://www.ncbi.nlm.nih.gov NCBI], Seite des National Center for Biotechnology Information (NCBI), National Institute of Health, National Library for Medicine, Zugang zu Daten (u.&nbsp;a. komplette Genomsequenzen), Suchfunktionen und Standardprogrammen für Sequenzvergleiche etc. (englisch)
* [http://www.transgen.de/home/ ''Transgen – Transparenz für Gentechnik bei Lebensmitteln''], umfassende Informationsseite des ''Forum Bio- und Gentechnologie – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e.&nbsp;V.'', abgerufen am 22. Februar 2010
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4069491-4}}
 
[[Kategorie:Biowissenschaft nach Fachgebiet]]
[[Kategorie:Biowissenschaftliches Fachgebiet]]
[[Kategorie:Biotechnologie|!]]
[[Kategorie:Technologie]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 1. Juli 2019, 18:51 Uhr