Stratigraphie (Geologie)

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Die chronostratigraphische Zuordnung von Gesteinsschichten wird durch charakteristische Leitfossilien ermöglicht.

Die Stratigraphie (von lat. stratum „Schicht“ griech. γράφειν gráphein „schreiben“) ist ein Teilgebiet der Geologie, das die lokale Gliederung unterscheidbarer Gesteinsschichten (Lithostratigraphie) und die Korrelation auch räumlich weit entfernter Gesteinseinheiten untersucht. Ihre Grundlage ist das bereits 1669 von Nicolaus Steno (1638-1686) formulierte stratigraphische Prinzip, wonach die unten liegenden Sedimentschichten (das „Liegende“) älter sind als die oben liegenden (das „Hangende“). Diese Lagerungsregel kann allerdings manchmal durchbrochen werden, z.B. durch tektonische Verwerfungen.

Durch die in Sedimentgesteinen eingeschlossenen Fossilien (Biostratigraphie) ist eine überregionale relative Altersbestimmung möglich (Chronostratigraphie).

„Es ist ja wohl bekannt, daß die Geologie ihre Erkenntnisse aus unserem Erdboden heraus selber schöpft, und daß sie aus dem, was sie dort findet, ihre Schlüsse zieht in bezug auf die Art und Weise, wie unser Planet im Laufe der Zeit vielleicht entstanden ist, sich umgewandelt hat. Bekannt ist ja: wenn wir durch irgendwelche Aufschlüsse unseres Erdbodens - zum Beispiel beim Eisenbahnbau, bei Steinbrüchen, im Bergbau - Gelegenheit haben, tiefere Schichten unserer Erde in bezug auf ihre Gesteinsinhalte und ihre sonstigen Inhalte zu studieren, daß sich uns diese Schichten von derjenigen verschieden zeigen, über die wir zunächst unsere Schritte lenken, verschieden von der äußersten Oberfläche. Aber auch innerhalb dieser Oberfläche wieder zeigt sich uns der Boden in der mannigfaltigsten Weise verschieden, wenn wir ihn in bezug auf seine Gesteinsarten und seinen mineralischen Charakter untersuchen. Es ist wohl ferner bekannt, daß zu den interessantesten Forschungen diejenigen gehören, welche sich auf solche Schichten unserer Erdoberfläche beziehen, die deutlich einen derartigen Charakter zeigen, daß wir sagen können, das Material, welches da den Boden bedeckt, sei ursprünglich im Wasser aufgelöst gewesen oder sei sonstwie unter der Gewalt des Wassers gewesen, sei sozusagen einmal in verflossenen Zeiten von dem Wasser angeschwemmt worden. Wir sehen ja noch heute, wie Flüsse diejenigen Gesteinsmaterialien, welche sich in ihrem Wassergehalt ansammeln, weit forttragen und dann in anderen Gebieten ablagern. Wir sehen, wie sich durch solche Ablagerungen der Boden bedeckt. In derselben Weise haben wir uns in alten Zeiten Anlagerungen über Anlagerungen entstanden zu denken. Über die eine auf solche Weise entstandene Anlagerung haben wir uns eine andere darübergelagert zu denken, die sich, wenn wir sie untersuchen, so zeigt, daß sie einen von der unteren Schicht verschiedenen Charakter trägt. So zeigt uns unsere Erde schichtenweise ihr Gesteinsmaterial von verschiedenem Charakter. Es ist natürlich unschwer sich zu sagen, daß diejenigen Schichten, welche zuoberst liegen, die jüngsten sein müssen, welche durch die jüngsten Vorgänge unserer Erde aufgelagert worden sind, und daß wir, je tiefer und tiefer wir in das Untere des Erdbodens hineinzuschauen Gelegenheit haben, zu Schichten kommen, die in älteren und immer älteren Zeiten aufgelagert worden sind und eben von den jüngeren Schichten bedeckt worden sind. Ferner ist auch bekannt, daß sich in diesen Schichten unserer Erde allerlei Einschlüsse finden, welche nach den Anschauungen unserer Gegenwart davon herrühren, daß tierische Lebewesen und Pflanzen sozusagen ihren Tod gefunden haben, mit dem Wasser und mit den Schichten fortgeschwemmt, auf natürliche Weise begraben worden sind, und sich dann mehr oder weniger verändert oder unverändert innerhalb des Gesteinsmateriales als die Überreste vorweltlicher Lebewesen finden. Unschwer ist es ferner, sich zu denken, daß wir eine gewisse Beziehung zwischen einer solchen Schicht von Gesteinsmaterial, wie sie da lagert, und den tierischen und pflanzlichen Einschlüssen, die da drinnen sind, annehmen müssen.

Nun darf man sich allerdings nicht vorstellen, daß so bequem über die ganze Erdoberfläche hin jüngere Schichten über die älteren darübergelagert sind, sondern man muß sich klar sein, daß zuweilen bis an die Oberfläche herauf - durch ihren Charakter erkennbar - ältere Schichten lagern, daß im Laufe der Erdentwickelung die mannigfaltigsten Störungen, Durcheinanderlagerungen, Übereinanderlagerungen, Aufstülpungen und so weiter dieser Schichten stattgefunden haben, so daß es der Geologe keineswegs leicht hat, im einzelnen Falle zu sagen, wie die eine Schicht über die andere zu lagern gekommen ist. Das sind Dinge, die hier nur angedeutet werden können. Jedenfalls dürfen wir von den eben genannten Unregelmäßigkeiten absehen und dürfen annehmen, daß den Geologen die Schichten der Erde mit den Einlagerungen durch alle hindurch zur Verfügung stehen, und daß sie daraus ihre Schlüsse ziehen, wie es eigentlich auf der Erde ausgesehen hat, als die oberste Schicht noch nicht abgelagert war, oder weitere unter der oberen Schicht liegende tiefere Schichten noch nicht da waren und so weiter, - daß man sich also von da aus Vorstellungen bilden kann, wie es in vergangenen Zeiten unserer Erde ausgesehen hat.

Nun ist ferner allgemein die interessante Tatsache bekannt, daß die obersten Schichten - also die jüngsten unseres Erdmateriales - Einschlüsse der vollkommeneren tierischen und pflanzlichen Lebewesen zeigen, und daß wir, in je tiefere Schichten wir kommen, zu den Resten unvollkommenerer Lebewesen gelangen, die wir heute bei den niedrigeren Arten und Gattungen des Tier- und Pflanzenreiches aufzuzählen gewohnt sind. Wir kommen dann gewissermaßen zu den untersten Schichten unserer Erdoberfläche, die immer wieder und wieder von anderen Schichten bedeckt worden sind, kommen zu der sogenannten kambrischen Schicht unserer Erdentwickelung und sehen da, wie von unseren tierischen Lebewesen in dieser Schicht nur Einschlüsse derjenigen Tiere sind, die noch kein Wirbelskelett besessen haben. Wir treffen dann andere Tiere mit einem Wirbelskelett in den Schichten, die oben lagern, die also die Geologie berechtigt ist, als jüngere Schichten des Erdenwerdens anzusehen.

So scheint die Geologie eine volle Bestätigung dessen zu liefern, was die Naturwissenschaft heute aus anderen Voraussetzungen her kennt: daß sich im Prozeß unserer Erdentwickelung langsam und allmählich die Lebewesen von unvollkommenen zu vollkommeneren Gebilden entwickelt haben. Wenn wir etwa einen Blick auf die kambrische Schicht werfen, die unterste Ablagerung, und uns denken, alle übrigen Schichten wären noch nicht entstanden, so müßten wir uns denken, daß in den ältesten Zeiten nur die niedersten tierischen Wesenheiten vorhanden waren, die noch kein Skelett besessen haben und die ersten Vorläufer der unvollkommenen Tiere waren, dann ihr Grab gefunden haben und auf die unterste Schicht des Gesteinsmateriales abgelagert worden sind. Wir müssen uns vorstellen, daß diese Wesen Nachkommen gehabt haben, sich vielleicht unter andern Verhältnissen verändert haben, die dann eingetreten sind. Wir sehen bei der nächsten Schicht, die also jünger ist, solche Tiere auftreten, die in gewisser Beziehung skelettartige Bildungen schon in sich haben. Und indem wir uns den jüngeren Schichten nähern, sehen wir immer vollkommenere und vollkommenere Tierarten auftreten, bis wir heraufkommen in die Tertiärschichten, wo wir sehen, daß die Säugetiere bereits da sind, und dann in den Schichten, die noch jünger sind als die Tertiärschichten, den Menschen auftreten sehen.“ (Lit.:GA 60, S. 316ff)

„Damit wir uns auch vor die Seele führen, wie die Methoden und Forschungsarten sind, darf folgendes angedeutet werden. Wenn man zum Beispiel sieht, wie heute noch gewisse Schichten durch Flußanschwemmungen oder dergleichen im Laufe von so und so vielen Jahren abgelagert werden und man die Höhe einer solchen Schicht mißt, so daß sich ein gewisses Maß ergibt und man sagen kann: in soundsovielen Jahren hat sich eine solche Schicht abgelagert, - dann kann man berechnen, wie lange es gedauert hat, bis sich solche Schichten abgelagert hatten, wie wir sie ins Auge faßten, vorausgesetzt, daß die Verhältnisse so waren, wie sie heute sind. Da kommen dann die verschiedensten Zahlen heraus, je nach den verschiedenen Berechnungen, welche die Geologen angestellt haben. Es ist nicht nötig sich darin zu ergehen, daß darüber Widersprüche vorhanden sind, denn wer die Widersprüche kennt, wird wissen, daß sie nichts zu bedeuten haben, wenn sie auch wirklich manchmal recht kraß sind und die Verschiedenheiten sich zwischen vielen Billionen von Jahren belaufen, die von den einzelnen Forschern zu verzeichnen sind.“ (S. 320f)

Siehe auch

Literatur

  • Johann Wolfgang von Goethe, Dankmar Bosse (Hrsg.): Die Metamorphose des Granits. Substanz- und Gestaltbildung des Erdorganismus, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1994 (Hrsg.) ISBN 978-3772505485
  • Klaus-Henning Georgi: Kreislauf der Gesteine. Eine Einführung in die Geologie (= rororo 7758 rororo-Sachbuch). 44.–53. Tausend. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-499-17758-7.
  • Rudolf Hohl (Hrsg.): Die Entwicklungsgeschichte der Erde. Mit einem ABC der Geologie, 6. Auflage, Verlag für Kunst und Wissenschaft, Leipzig 1985, ISBN 3-7684-6526-8
  • Walther Cloos: Lebensstufen der Erde. Beiträge zu einer organischen Gesteins- und Mineralkunde, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1984 ISBN 978-3772504853
  • Helmut Knauer: Erdenantlitz und Erdenstoffe, Verlag am Goetheanum, Dornach 1961, ISBN 978-3723500705
  • Wolfhard Wimmenauer: Zwischen Feuer und Wasser: Gestalten und Prozesse im Mineralbereich, Urachhaus Verlag, Stuttgart 1992 ISBN 978-3878389453
  • Dankmar Bosse: Die gemeinsame Evolution von Erde und Mensch: Entwurf einer Geologie und Paläontologie der lebendigen Erde, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgat 2002, ISBN 978-3772515934
  • Dankmar Bosse: Die Lebenssphäre der Erde: Ihre Evolution in den geologischen Phänomenen, Rudolf Steiners Forschungen und in Goethes Studien, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2012. ISBN 978-3905919370
  • Dankmar Bosse: Goethes Initiation und die Ursphäre der Erde, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1995 ISBN 978-3772500701
  • Dankmar Bosse: Die Evolution der Minerale zwischen Kosmos und Erde: Entwurf einer Mineralogie und Kristallografie der lebendigen Erde, Verlag des Ita Wegman Instituts, Arlesheim 2015, ISBN 978-3905919684
  • Rudolf Steiner: Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins, GA 60 (1983), ISBN 3-7274-0600-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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