Klima und Werte: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Köppen-vereinfacht.svg|miniatur|400px|Großklimate der Erde ([[Wikipedia:effektive Klimaklassifikation|effektive Klimaklassifikation]] nach Köppen-Geiger):
{{Textbox|<poem>Edel sei der Mensch,
{{Farblegende|#3cc723|[[Wikipedia:Tropen|Tropisches Regenwaldklima]]}}
Hilfreich und gut!
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Denn das allein
{{Farblegende|#cf8e14|[[Wikipedia:Steppe|Steppenklima]]}}
Unterscheidet ihn
{{Farblegende|#e9ba00|[[Wikipedia:Arides Klima|Wüstenklima]]}}
Von allen Wesen,
{{Farblegende|#a7cc00|[[Wikipedia:Etesienklima|Etesienklima]]}}
Die wir kennen.
{{Farblegende|#2b9c2b|[[Wikipedia:Gemäßigtes Klima|Feuchtgemäßigtes Klima]]}}
  [[Johann Wolfgang Goethe|J.W. Goethe]]: ''[http://gutenberg.spiegel.de/buch/3670/55 Das Göttliche'']</poem>}}
{{Farblegende|#92b32a|[[Wikipedia:Klima in China|Sinisches Klima]]}}
{{Farblegende|#008e84|[[Wikipedia:Kontinentales Klima|Feuchtkontinentales Klima]]}}
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{{Farblegende|#9e8eae|Sommertrockenes Kaltklima}}
{{Farblegende|#57dcdc|[[Wikipedia:Tundrenklima|Tundrenklima]]}}
{{Farblegende|#eaeaff|[[Wikipedia:Eisklima|Eisklima]]}}
]]
Das '''Klima''' ({{ELSalt|κλίμα}}, hier in der Bedeutung von: „Neigung des Sonnenstands“, von {{polytonisch|κλίνειν}} ''klínein'' „biegen, neigen“; [[lat.]] ''clima'' von ''clinare'' „beugen, biegen, neigen“) umfasst die Gesamtheit aller im tages- und jahreszeitlich Rhythmus schwankenden, für einen bestimmten Erdenort maßgeblichen [[Wikipedia:Meteorologie|meteorologischen]], [[wetter]]bestimmenden [[Prozess]]e der [[Wikipedia:Erdatmosphäre|Erdatmosphäre]]. Das Klima hängt stark von der durchschnittlichen [[Sonne]]neinstrahlung, aber auch von der Beziehung zu [[Kontinent]]en und [[Sieben Weltmeere|Meeren]] ab. Alle vier [[Elemente]] ([[Feuer]], [[Luft]], [[Wasser]] und [[Erde]]) und alle [[Äther]]arten ([[Wärmeäther]], [[Lichtäther]], [[Klangäther]] und [[Lebensäther]]) sind mit wechselnden Beiträgen an der Klimabildung beteiligt und prägen dadurch auch die [[Volkstemperamente]] der dort lebenden [[Volk|Völker]].


Das italienische Volke verbindet mit seinem Volksgeist über das [[Luft]]element und den Atmungsprozess, das französische Volk über das [[Wasser]]element, das britische Volk über das fest [[Erdelement]], namentlich über das [[Salz]]artige, und das deutschen Volkes über die äußere und innere [[Wärme]]. Der amerikanische Volksgeist wirkt über die [[elektrisch]]en und [[magnetisch]]en Kräfte der Erde und der russische Volksgeist über das besonders durch die Vegetation der Erde zurückgestrahlte Sonnenlicht, also über den [[Lichtäther]], das direkt auf das Haupt wirkt. Bei den asiatischen Völkern wirkt der Volksgeist nicht nur über das Licht sondern auch über den [[Klangäther]] und zwar ebenfalls direkt auf das Haupt. Modifiziert wird diese Wirkung aber durch den Atmungsrhythmus von unten her, was dann durch die Atemtechniken des [[Yoga]] noch besonders geschult wird {{Lit|{{G|174a|258ff}}, {{G|181|149ff}}}}.
'''Werte''' oder '''Wertvorstellungen''' sind [[moral]]ische Eigenschaften und Ziele, die innerhalb einer [[sozial]]en Gemeinschaft als [[gut]] und erstrebenswert erachtet werden. Sie bilden den [[idee]]llen Hintergrund der [[Sitte]]n und [[Wikipedia:Brauch|Gebräuche]], die sich innerhalb dieser Gemeinschaft etablieren. Da sie vom [[kultur]]ellen Umfeld und der [[historisch]]en Situation abhängen, unterliegen sie notwendig einem beständigen '''Wertewandel'''.  
 
Der auf die [[Freiheit]] gegründete [[Ethischer Individualismus|ethische Individualismus]], den [[Rudolf Steiner]] schon in seinen philosophischen Grundlagenwerken, namentlich in seiner «[[GA 4|Philosophie der Freiheit]]», als Entwicklungsziel des [[Mensch]]en angesehen hat, beruht auf der [[individuell]]en [[Fähigkeit]], geistig-moralische Werte durch [[moralische Intuition]] autonom in einer gegebenen Situation frei und unabhängig von überlieferten Moralprinzipien zu erfassen bzw. neu [[schöpferisch]] hervorzubringen.  


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"In realem
"Der ''freie Geist'' handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen, die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch das Denken ausgewählt sind. Für den ''unfreien Geist'' liegt der Grund, warum er aus seiner Ideenwelt eine bestimmte Intuition aussondert, um sie einer Handlung zugrunde zu legen, in der ihm gegebenen Wahrnehmungswelt, das heißt in seinen bisherigen Erlebnissen. Er erinnert sich, bevor er zu einem Entschluß kommt, daran, was jemand in einem dem seinigen analogen Falle getan oder zu tun für gut geheißen hat, oder was Gott für diesen Fall befohlen hat und so weiter, und danach handelt er. Dem freien Geist sind diese Vorbedingungen nicht einzige Antriebe des Handelns. Er faßt einen schlechthin ''ersten'' Entschluß. Es kümmert ihn -- dabei ebensowenig, was andere in diesem Falle getan, noch was sie dafür befohlen haben. Er hat rein ideelle Gründe, die ihn bewegen, aus der Summe seiner Begriffe gerade einen bestimmten herauszuheben und ihn in Handlung umzusetzen." {{Lit|{{G|4|191}}}}
Sinne kann man von einem Volkstemperament sprechen. Völker
haben wirklich ihre Temperamente, doch der einzelne kann sich gut
herausheben aus dem Volkstemperament, es wirkt nicht prädisponierend
auf das Individuum. Man muß darauf Rücksicht nehmen, daß
man ja nicht die Individualität des einzelnen identifiziert mit dem
Temperament des ganzen Volkes. Es würde zum Beispiel ganz falsch
sein, wenn man den Russen als einzelnen von heute identifizierte mit
dem Temperament des russischen Volkes. Dieses wäre melancholisch,
während der einzelne Russe als solcher heute vielleicht mehr sanguinisch
ist. Jeder hat die Möglichkeit, zu seinem eigenen Temperament
zu kommen.
 
Die Art des Volkstemperamentes drückt sich selbst in den einzelnen
Sprachen aus. Man kann daher durchaus sagen: die Sprache des einen
Volkes ist so, die des anderen so. Man kann sagen: Die englische Sprache
ist durchaus phlegmatisch und die griechische im eminentesten Sinne
sanguinisch. Solche Dinge lassen sich durchaus als Bezeichnung von
realen Wirklichkeiten sagen. Die deutsche Sprache hat, wie ja im Deutschen
vielfach ein Mittelding gegeben ist, sehr starke melancholische
und sehr starke sanguinische Züge. Das können Sie sehen, wenn die
deutsche Sprache in ihrer Grundform zum Ausdruck kommt, wie namentlich
in der mehr philosophischen Rede. Ich erinnere an die wunderbare
Prägung der philosophischen Rede bei Fichte und an einzelne
Stellen von Hegels «Ästhetik». Da werden Sie finden, daß da der
Grundcharakter der deutschen Sprache ganz besonders deutlich zum
Ausdruck kommt.
 
Der italienische Volksgeist hat eine besondere Verwandtschaft mit
der Luft; der französische einen besonderen Zusammenhang mit allem
Flüssigen; der englisch-amerikanische, namentlich der englische, einen
Zusammenhang mit dem Festen, der amerikanische sogar mit dem Unterirdischen,
nämlich mit dem Erdmagnetismus und der Erdelektrizität.
Dann der russische mit dem Licht, aber mit dem von der Erde, von
den Pflanzen zurückgestrahlten Licht. Der deutsche mit der Wärme,
von der Sie gleich finden werden, daß sie einen Doppelcharakter hat:
nämlich innere und äußere, Blutwärme und atmosphärische Wärme.
Da finden Sie gleich einen polarischen Charakter, auch bei der Zuteilung
zu diesen Elementarzuständen. Auch da finden wir dieses Polarische,
dieses Zwiespältige des deutschen Wesens, das also in allem
drinnen ist." {{Lit|{{G|295|54f}}}}
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Das Klima beeinflusst auch das Zusammenwirken der [[Wesensglieder]] im Menschenwesen. Im heißeren Klima ist der Unterschied zwischen Aterien- und Venenblut geringer und dadurch wird mehr die [[Ich]]-Natur herausgestaltet; im kälteren Klima tritt stärker das [[Astralleib|Astralische]] hervor.
Ein sittliches Mißverstehen ist bei sittlich freien Menschen ausgeschlossen, da sie ihre moralischen Werte aus der selben [[Ideenwelt]], aus der einigen [[Geisteswelt]] schöpfen.


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"Das hängt
"Die Handlung aus Freiheit schließt die sittlichen Gesetze
damit zusammen, daß in der Tat jene feine Nuancierung zwischen
nicht etwa aus, sondern ein; sie erweist sich nur als höherstehend
südlicherem, warmem Klima und nördlicherem, kälterem Klima sich
gegenüber derjenigen, die nur von diesen Gesetzen
da geltend macht, daß das kältere Klima mehr das Astralische, das
diktiert ist. Warum sollte meine Handlung denn weniger
wärmere Klima mehr die Ich-Natur des Menschen herausgestaltet.
dem Gesamtwohle dienen, wenn ich sie aus Liebe getan
Daher sehen wir auch, je weiter wir in heiße Zonen kommen, wie
habe, als dann, wenn ich sie nur aus dem Grunde vollbracht
der Unterschied in der Blutfärbung zwischen Arterien und Venen
habe, weil dem Gesamtwohle zu dienen ich als Pflicht empfinde?
weniger differenziert ist, während im Norden die Leute scharf ausgeprägte
Der bloße Pflichtbegriff schließt die Freiheit aus, weil
rote und blaue Blutadern haben. Der Unterschied zwischen
er das Individuelle nicht anerkennen will, sondern Unterwerfung
roten und blauen Blutadern schwindet um so mehr, je weiter man
des letztern unter eine allgemeine Norm fordert.
in heiße Zonen kommt. Je weniger der Mensch diese zwei Sorten,
Die Freiheit des Handelns ist nur denkbar vom Standpunkte
das Arterienblut und das Venenblut, differenziert hat, desto tiefer
des ethischen Individualismus aus.
ist sein astralischer Leib und damit die gegenwärtige Ich-Konfiguration
in sein Ich eingetaucht; wir finden um so mehr Ich, je mehr wir
in heißere Klimate kommen. Das ist interessant, daß auch die äußere
geographische Ausbreitung mit dem zusammenhängt, was einfach
aus dem Geographischen heraus den Menschen mehr zum Ich oder
mehr zum astralischen Leib macht." {{Lit|{{G|225|80f}}}}
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== Siehe auch ==
Wie ist aber ein Zusammenleben der Menschen möglich, wenn jeder nur bestrebt ist, seine Individualität zur Geltung zu bringen? Damit ist ein Einwand des falsch verstandenen Moralismus gekennzeichnet. Dieser glaubt, eine Gemeinschaft von Menschen sei nur möglich, wenn sie alle vereinigt sind durch eine gemeinsam festgelegte sittliche Ordnung. Dieser Moralismus versteht eben die Einigkeit der Ideenwelt nicht. Er begreift nicht, daß die Ideenwelt, die in mir tätig ist, keine andere ist, als die in meinem Mitmenschen. Diese Einheit ist allerdings bloß ein Ergebnis der Welterfahrung. Allein sie muß ein solches sein. Denn wäre sie durch irgend etwas anderes als durch Beobachtung zu erkennen, so wäre in ihrem Bereich nicht individuelles Erleben, sondern allgemeine Norm geltend. Individualität ist nur möglich, wenn jedes individuelle Wesen vom andern nur durch individuelle Beobachtung weiß. Der Unterschied zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt durchaus nicht darin, daß wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten leben, sondern daß er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt andere Intuitionen empfängt als ich. Er will seine Intuitionen ausleben, ich die meinigen. Wenn wir beide wirklich aus der Idee schöpfen und keinen äußeren (physischen oder geistigen) Antrieben folgen, so können wir uns nur in dem gleichen Streben, in denselben Intentionen begegnen. Ein sittliches Mißverstehen, ein Aufeinanderprallen ist bei sittlich freien Menschen ausgeschlossen. Nur der sittlich Unfreie, der dem Naturtrieb oder einem angenommenen Pflichtgebot folgt, stößt den Nebenmenschen zurück, wenn er nicht dem gleichen Instinkt und dem gleichen Gebot folgt.


* {{WikipediaDE|Klima}}
Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die [[Grundmaxime der freien Menschen]]. Sie kennen kein anderes Sollen als dasjenige, mit dem sich ihr Wollen in intuitiven Einklang versetzt; wie sie in einem besonderen Falle wollen werden, das wird ihnen ihr Ideenvermögen sagen." {{Lit|{{G|4|165f}}}}
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== Literatur ==
== Literatur ==
 
# Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
#Rudolf Steiner: ''Mitteleuropa zwischen Ost und West'', [[GA 174a]] (1982), ISBN 3-7274-1741-2 {{Vorträge|174a}}
#Rudolf Steiner: ''Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft'', [[GA 181]] (1991), ISBN 3-7274-1810-9 {{Vorträge|181}}
#Rudolf Steiner: ''Drei Perspektiven der Anthroposophie. Kulturphänomene, geisteswissenschaftlich betrachtet.'', [[GA 225]] (1990), ISBN 3-7274-2252-1 {{Vorträge|225}}
#Rudolf Steiner: ''Erziehungskunst. Seminarbesprechungen und Lehrplanvorträge'', [[GA 295]] (1984), ISBN 3-7274-2950-X {{Vorträge|295}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Erde]] [[Kategorie:Wetter]]
[[Kategorie:Ethik]]

Version vom 10. Juni 2017, 15:06 Uhr

Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn
Von allen Wesen,
Die wir kennen.
  J.W. Goethe: Das Göttliche

Werte oder Wertvorstellungen sind moralische Eigenschaften und Ziele, die innerhalb einer sozialen Gemeinschaft als gut und erstrebenswert erachtet werden. Sie bilden den ideellen Hintergrund der Sitten und Gebräuche, die sich innerhalb dieser Gemeinschaft etablieren. Da sie vom kulturellen Umfeld und der historischen Situation abhängen, unterliegen sie notwendig einem beständigen Wertewandel.

Der auf die Freiheit gegründete ethische Individualismus, den Rudolf Steiner schon in seinen philosophischen Grundlagenwerken, namentlich in seiner «Philosophie der Freiheit», als Entwicklungsziel des Menschen angesehen hat, beruht auf der individuellen Fähigkeit, geistig-moralische Werte durch moralische Intuition autonom in einer gegebenen Situation frei und unabhängig von überlieferten Moralprinzipien zu erfassen bzw. neu schöpferisch hervorzubringen.

"Der freie Geist handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen, die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch das Denken ausgewählt sind. Für den unfreien Geist liegt der Grund, warum er aus seiner Ideenwelt eine bestimmte Intuition aussondert, um sie einer Handlung zugrunde zu legen, in der ihm gegebenen Wahrnehmungswelt, das heißt in seinen bisherigen Erlebnissen. Er erinnert sich, bevor er zu einem Entschluß kommt, daran, was jemand in einem dem seinigen analogen Falle getan oder zu tun für gut geheißen hat, oder was Gott für diesen Fall befohlen hat und so weiter, und danach handelt er. Dem freien Geist sind diese Vorbedingungen nicht einzige Antriebe des Handelns. Er faßt einen schlechthin ersten Entschluß. Es kümmert ihn -- dabei ebensowenig, was andere in diesem Falle getan, noch was sie dafür befohlen haben. Er hat rein ideelle Gründe, die ihn bewegen, aus der Summe seiner Begriffe gerade einen bestimmten herauszuheben und ihn in Handlung umzusetzen." (Lit.: GA 4, S. 191)

Ein sittliches Mißverstehen ist bei sittlich freien Menschen ausgeschlossen, da sie ihre moralischen Werte aus der selben Ideenwelt, aus der einigen Geisteswelt schöpfen.

"Die Handlung aus Freiheit schließt die sittlichen Gesetze nicht etwa aus, sondern ein; sie erweist sich nur als höherstehend gegenüber derjenigen, die nur von diesen Gesetzen diktiert ist. Warum sollte meine Handlung denn weniger dem Gesamtwohle dienen, wenn ich sie aus Liebe getan habe, als dann, wenn ich sie nur aus dem Grunde vollbracht habe, weil dem Gesamtwohle zu dienen ich als Pflicht empfinde? Der bloße Pflichtbegriff schließt die Freiheit aus, weil er das Individuelle nicht anerkennen will, sondern Unterwerfung des letztern unter eine allgemeine Norm fordert. Die Freiheit des Handelns ist nur denkbar vom Standpunkte des ethischen Individualismus aus.

Wie ist aber ein Zusammenleben der Menschen möglich, wenn jeder nur bestrebt ist, seine Individualität zur Geltung zu bringen? Damit ist ein Einwand des falsch verstandenen Moralismus gekennzeichnet. Dieser glaubt, eine Gemeinschaft von Menschen sei nur möglich, wenn sie alle vereinigt sind durch eine gemeinsam festgelegte sittliche Ordnung. Dieser Moralismus versteht eben die Einigkeit der Ideenwelt nicht. Er begreift nicht, daß die Ideenwelt, die in mir tätig ist, keine andere ist, als die in meinem Mitmenschen. Diese Einheit ist allerdings bloß ein Ergebnis der Welterfahrung. Allein sie muß ein solches sein. Denn wäre sie durch irgend etwas anderes als durch Beobachtung zu erkennen, so wäre in ihrem Bereich nicht individuelles Erleben, sondern allgemeine Norm geltend. Individualität ist nur möglich, wenn jedes individuelle Wesen vom andern nur durch individuelle Beobachtung weiß. Der Unterschied zwischen mir und meinem Mitmenschen liegt durchaus nicht darin, daß wir in zwei ganz verschiedenen Geisteswelten leben, sondern daß er aus der uns gemeinsamen Ideenwelt andere Intuitionen empfängt als ich. Er will seine Intuitionen ausleben, ich die meinigen. Wenn wir beide wirklich aus der Idee schöpfen und keinen äußeren (physischen oder geistigen) Antrieben folgen, so können wir uns nur in dem gleichen Streben, in denselben Intentionen begegnen. Ein sittliches Mißverstehen, ein Aufeinanderprallen ist bei sittlich freien Menschen ausgeschlossen. Nur der sittlich Unfreie, der dem Naturtrieb oder einem angenommenen Pflichtgebot folgt, stößt den Nebenmenschen zurück, wenn er nicht dem gleichen Instinkt und dem gleichen Gebot folgt.

Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen. Sie kennen kein anderes Sollen als dasjenige, mit dem sich ihr Wollen in intuitiven Einklang versetzt; wie sie in einem besonderen Falle wollen werden, das wird ihnen ihr Ideenvermögen sagen." (Lit.: GA 4, S. 165f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit, GA 4 (1995), ISBN 3-7274-0040-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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