Kausalität und Kategorie:Philosophische Anthroposophie: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Kausalität''' ([[lat.]] ''causa'' „Ursache“) bezeichnet ganz allgemein die sachlich begründete Verknüpfung von '''Ursache''' und '''Wirkung'''. Das '''Kausalprinzip''' besagt, umgangssprachlich ausgedrückt, dass jedes Ereignis eine Ursache hat bzw. alles [[Werden]] ein Bewirktwerden ist.<ref>Wolfgang Stegmüller: ''Wissenschaftliche Erklärung und Begründung'', Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie Bd. 1, Springer-Verlag, Berlin - Heidelberg - New York 1969, Kap. VII. ''Kausalitätsprobleme: Ursache und Wirkung. Kausalgesetze. Kausale Modalitäten. Kausale Erklärungen. Das allgemeine Kausalprinzip. Determinismus und Indeterminismus'', S. 428–517, hier S. 431.</ref>
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[[Kategorie:Philosophie nach Richtung]]
== Akausalität ==
[[Kategorie:Philosophische Richtung]]
 
Von '''Akausalität''' spricht man, wenn [[Ereignis]]se [[Zufall|zufällig]], d.h. ohne erkennbare Ursache, eintreten.
 
{{GZ|In der physischen Welt von «Zufall» sprechen, ist gewiß
nicht unberechtigt. Und so unbedingt der Satz gilt: «Es gibt
keinen Zufall», wenn man alle Welten in Betracht zieht, so
unberechtigt wäre es, das Wort «Zufall» auszumerzen, wenn
bloß von der Verkettung der Dinge in der physischen Welt
die Rede ist. Der Zufall in der physischen Welt wird nämlich
dadurch herbeigeführt, daß sich in dieser Welt die Dinge im
sinnlichen Raume abspielen. Sie müssen, insofern sie sich in
diesem Raume abspielen, auch den Gesetzen dieses Raumes
gehorchen. In diesem Raume aber können äußerlich Dinge zusammentreffen,
die zunächst innerlich nichts miteinander zutun
haben.|34|362f}}
 
== Monokausalität und Multikausalität ==
 
'''Monokausalität''' liegt vor, wenn aus einer einzigen Ursache eine oder mehrere Wirkungen entstehen. Haben diese hingegen mehrere Ursachen, handelt es sich um '''Multikausalität'''.
 
Wenn für ein bestimmtes Ereignis mehrere von einander unabhängige, gleichzeitig auftretende Ursachen angegeben werden, von denen jede einzelne geeignet ist, das nachfolgende Ereignis ''vollständig'' zu bewirken, spricht man von einer [[Überdeterminierung]]. In der Debatte um das [[Leib-Seele-Problem]] wird das häufig als Argument gegen eine zu den [[physik]]alischen Ursachen hinzukommende [[mentale Verursachung]] angeführt.
 
== Die Ursachenlehre des Aristoteles ==
 
[[Aristoteles]] unterschied vier Arten von ''Ursachen'' ({{ELSalt|αἰτία}}, '''''aitia'''''), die Auskunft darüber geben sollen, „warum“ eine bestimmte [[Tatsache]] gegeben ist (Phys. II 3, 194b23-35):
 
{{Zitat|Nachdem nun dieses festgesetzt ist, ist über die Ursachen
zu handeln, wie beschaffen und wie viele der
Zahl nach sie sind. Denn da das Wissen der natürlichen
Dinge bezweckt wird; etwas zu wissen aber wir
nicht eher glauben, als bis wir sein Warum erfaßt
haben (dieß aber ist die erste Ursache erfassen); so
müssen offenbar wir es auch so halten mit Entstehung
und Untergang und mit allem natürlichen Uebergange;
auf daß wir, kennend ihren Ursprung, auf diesen
alles, was da untersucht wird, zurückzuführen suchen.
Auf eine Weise nun heißt Ursache das, woraus als
aus einem Vorhandenen etwas entsteht; wie z.B. das
Erz Ursache der Bildsäule, und das Silber der Schaale,
und die Gattungen von diesen. Auf andere Art die
Formbestimmung und das Muster; dieß aber ist der
Begriff, der das Was bestimmt, und die Gattungen
von diesem; z.B. für die Octaven das Verhältnis von
zwei zu drei, und überhaupt die Zahl und die durch
den Begriff gegebenen Theile. - Ferner woher der
erste Anfang der Veränderung oder der Ruhe. Auf
diese Art ist, der einen Anschlag faßt, Ursache; und
der Vater Ursache des Kindes, und überhaupt das
Thätige des Gethanen, und das Verändernde des Veränderten.
- Ferner wie das Endziel. Dieß aber ist das,
wegen dessen etwas ist. So ist des Spazierengehens
Ursache die Gesundheit; denn auf die Frage: Warum
geht er spazieren? antworten wir, um gesund zu werden,
und glauben hiemit die Ursache angegeben zu
haben. Hierher gehört auch alles, was zwischen der
ersten bewegenden Ursache und dem Zwecke in der
Mitte liegt; wie, wenn die Gesundheit der Zweck ist,
das Magerwerden, oder die Reinigung, oder die Arzneymittel,
oder die Werkzeuge; denn alles dieß ist des
Zweckes wegen; der Unterschied ist, daß das eine
Werke, das andere Werkzeuge sind.|Aristoteles|''Physik'' II, 3}}
 
Alle ''aitiai'' einer Sache zu kennen, bedeutet, dass man volle [[Erkenntnis]] über sie gewonnen hat. Die [[Materialursache]] und die [[Formursache]] beschreiben dabei ihr gegebenes [[Sein]], das aus [[Stoff und Form]] besteht, die [[Wirkursache]] ihr [[Werden]] und die [[Zweckursache]] den eigentlichen [[Grund]] ihres Bestehens.
 
<center>
{| class="wikitable" | width="90%"
! Bezeichnung !! traditionelle Bezeichnung !! Erläuterung !! Beispiel: ''Ursachen eines Hauses''
|-
| Materialursache || ''[[causa materialis]]'' || das, aus dem eine Sache entsteht und dabei in ihr enthalten ist || Holz und Ziegel
|-
| Formursache || ''[[causa formalis]]'' || die [[Form]] bzw. [[Struktur]]; das, was angibt, worin das [[Sein]] einer Sache besteht || Bauplan, Architekt
|-
| Wirk- oder Bewegungsursache || ''[[causa efficiens]]'' || das, woher der erste Anlass von [[Bewegung]] und Ruhe oder einer [[Wirkung]] kommt || Baumeister, Bauarbeiter
|-
| Ziel- oder Zweckursache || ''[[causa finalis]]'' || das [[Ziel]] oder der [[Zweck]], um dessentwillen etwas geschieht || Schutz vor Unwetter
|}
</center>
 
Die [[Scholastik]] übernahm die Ursachenlehre des Aristoteles, fügte aber noch [[Gott]] als [[Erste Ursache]] ([[causa prima]]) hinzu.
 
== Kausalität bei Hume ==
{{Siehe auch|Regularitätstheorie (Philosophie)}}
 
Eine in der neuzeitlichen Philosophie weit verbreitete Auffassung vom Wesen der Ursache und der Kausalität wurde im Wesentlichen von [[David Hume]] (1711–1776) begründet. Hume definiert Ursache als
 
{{Zitat|einen Gegenstand, dem ein anderer folgt, wobei allen Gegenständen, die dem ersten gleichartig sind, Gegenstände folgen, die dem zweiten gleichartig sind. Oder mit anderen Worten: wobei, wenn der erste Gegenstand nicht bestanden hätte, der zweite nie ins Dasein getreten wäre.<ref>David Hume: ''Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand''. Übersetzt von Raoul Richter, hrsg. von Jens Kulenkampff. 12. Auflage. Meiner, Hamburg 1993, S. 92f. Hervorhebung im Original.</ref>}}
 
Hume wendet sich entschieden gegen die Vorstellung einer ''notwendigen Verknüpfung'' von Ursache und Wirkung, da er in seiner [[Empirismus|empiristischen]] Erkenntnistheorie keinerlei berechtigten Anlass für eine solche Vorstellung findet. Die Quelle unserer falschen Vorstellung einer notwendigen Verknüpfung sei die gewohnheitsmäßige Verbindung von Ursache und Wirkung.
 
{{Zitat|Wenn aber viele gleichförmige Beispiele auftreten und demselben Gegenstand immer dasselbe Ereignis folgt, dann beginnen wir den Begriff von Ursache und Verknüpfung zu bilden. Wir ''empfinden'' nun ein neues Gefühl […]; und dieses Gefühl ist das Urbild jener Vorstellung [von notwendiger Verknüpfung], das wir suchen.<ref>David Hume: ''Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand''. Übersetzt von Raoul Richter, hrsg. von Jens Kulenkampff. 12. Auflage. Meiner, Hamburg 1993, S. 95. Hervorhebung im Original.</ref>}}
 
Die Kausalität wird also als eine zuverlässig, regelmäßig zusammen auftretende bivariate Kovariation von Ereignissen definiert. Von dem gemeinsamen Auftreten wird nicht zurückgeschlossen auf eine vorher schon dagewesene Kausalität. Dass in der Vergangenheit ein Ereignis A zwar immer gefolgt war von einem Ereignis B und wir das als gesichert annehmen, muss nicht mit Bestimmtheit heißen, dass es auch für alle Zukunft so sein wird, dass dem Ereignis A auch immer Ereignis B folgen würde. Aus diesem Grunde kann man nach Hume keine Naturgesetze definieren, denn von Gesetzen als einem allgemeinen Zusammenhang zu sprechen, lässt sich rational nicht begründen. Es wäre lediglich gewohnheitsmäßig wahrgenommenes, gemeinsames Aufeinandertreffen von Ereignissen. Auch von der objektiven Welt als solcher zu sprechen ergibt nach Hume keinen großen Sinn, denn die Welt jenseits unserer eigenen Vorstellungen gibt es nicht als solche, die wir erfahren könnten. Wir haben bloß sensorische Eindrücke von einer Welt und diese sensorischen Eindrücke würden sich verändern. Wir haben nur sensorische Eindrücke der Welt und haben Schwierigkeiten, gesicherte Annahmen und Kenntnisse der Welt als solche zu formen. Und selbst über uns können wir nicht als Subjekte reden, denn jeder von uns ist in seiner eigenen Erfahrung nicht als Subjekt direkt gegeben. Wir haben zwar eigene Gedanken, aber von diesen auch nur die Eindrücke, wir haben zwar eine Ahnung unserer Bewegung, aber auch von diesen auch nur die eigenen Eindrücke. Deshalb sind wir wie Bündel unserer eigenen Impressionen über uns selber. Hume hat sich mit seiner Arbeit deshalb weg von der Frage, was Kausalität ist, bewegt und hat eigentlich durch die Zweifel an der Existenz der Kausalität eher den Fokus auf die Frage, warum wir Kausalität als solche überhaupt behaupten, gelenkt.
 
Nach Hume ist es also problematisch von mehreren Beobachtungen auf die Gültigkeit eines induktiven Schließens folgern zu wollen. Das, was wir als Regelmäßigkeit wahrnehmen, seien keine Gesetzmäßigkeiten über wirkliche Zusammenhänge. (siehe [[Skeptizismus#Renaissance|Skeptizismus David Humes]])
 
Im Zusammenhang mit einer bloßen [[Wahrscheinlichkeit]] der Kausalität spricht man von einer ''Regularitätstheorie der Kausalität''. Nach derartigen Theorien ist sie nur durch [[Statistik|statistische]] Untersuchungen bestimmbar, nicht durch logische Schlüsse. Demnach lassen sich grundsätzlich keine sicheren [[Prognose]]n aufstellen. David Hume zufolge müssen folgende [[notwendige und hinreichende Bedingung]]en erfüllt sein, um eine Ereignisfolge als Ursache-Wirkung-Beziehung einordnen zu können:
 
* e<sub>1</sub> liegt [[zeit]]lich unmittelbar vor e<sub>2</sub>.
* e<sub>1</sub> liegt [[Raum (Physik)|räumlich]] unmittelbar neben e<sub>2</sub>.
* Immer wenn ein [[Token und Type|Vorkommnis]] vom Typ e<sub>1</sub> auftritt, lässt sich ein Vorkommnis vom Typ e<sub>2</sub> beobachten.
 
Die Auffassung, dass es keine notwendigen kausalen Verbindungen in der Welt gibt, weil lediglich räumlich benachbarte Ereignisse in zeitlicher Abfolge beobachtet werden können, wird in der modernen [[Wissenschaftstheorie]] als ''Humesche Metaphysik'' bezeichnet.<ref>Andreas Bartels, Manfred Stöckler (Hrsg.): ''Wissenschaftstheorie'', mentis Verlag, Paderborn 2009, Kapitel 4: Kausalität, S.&nbsp;89&nbsp;ff.</ref>
 
== Kausalität bei Kant ==
 
[[Immanuel Kant]] unterschied von der „Kausalität nach Gesetzen der [[Natur]]“ eine „Kausalität durch [[Freiheit]]:“
 
{{Zitat|Wenn ich jetzt (zum Beispiel) völlig frei und ohne den notwendig bestimmenden Einfluss der Naturursachen von meinem Stuhle aufstehe, so fängt in dieser Begebenheit samt deren natürlichen Folgen ins Unendliche eine neue Reihe schlechthin an, obgleich der Zeit nach diese Begebenheit nur eine Fortsetzung der vorhergehenden Reihe ist. Denn diese Entschließung und Tat liegt gar nicht in der Abfolge bloßer Naturwirkungen und ist nicht eine bloße Fortsetzung derselben; sondern die bestimmenden Naturursachen hören oberhalb derselben in Ansehung dieses Ereignisses ganz auf, das zwar auf jene folgt, aber daraus nicht erfolgt und daher zwar nicht der Zeit nach, aber doch in Ansehung der Kausalität ein schlechthin erster Anfang einer Reihe von Erscheinungen genannt werden muss.|ref=<ref>KrV B 478, [http://korpora.org/Kant/aa03/312.html Akademie-Ausgabe: Die Antinomie der reinen Vernunft: Anmerkung zur dritten Antinomie]</ref>}}
 
Im Gegensatz zu Hume sieht Kant die Kausalität als Notwendigkeit an. Er argumentiert, dass der Kausalgedanke zur inneren Struktur der Erkenntnis gehöre, wenn jede besondere Kausalregel aus der Erfahrung stammt, weil man sonst die Welt gar nicht verstehen könne. Für Kant liegt der Beweis für die Notwendigkeit der Kausalität in der zugleich logischen wie chronologischen Abfolge der Zeit. Er verdeutlicht dies in der Kritik der reinen Vernunft an dem Beispiel der Beobachtung einer Kugel und einer Einbuchtung in einem Kissen. Hier gebe es nur einen logischen Schluss von der Kugel als Ursache zur Einbuchtung als Wirkung. Der umgekehrte Schluss wäre absurd. (Beispiel aus der 2. Analogie der Erfahrung: Grundsatz der Zeitfolge nach dem Gesetze der Causalität)<ref>KrV B 248-248 [http://korpora.org/Kant/aa03/176.html Akademie-Ausgabe]</ref> „Die Physik hat die Kantsche Definition der Kausalität weitgehend bestätigt und als Postulat in ihre wichtigsten Theorien aufgenommen.“ In der speziellen Relativitätstheorie von [[Albert Einstein|Einstein]], die zwar eine [[Zeitdilatation]], nicht jedoch eine Zeitumkehr zulässt, bleibt die Kausalität im Sinne der zeitlichen Folge erhalten. Ebenso wird das Zufallskonzept der [[Quantenphysik|Quantentheorie]] nicht verletzt.<ref>Zitate aus: Michel Serres und Nayla Farouki (Hrsg.), Thesaurus der exakten Wissenschaften, ZWEITAUSENDEINS, ISBN 3-86150-620-3</ref>
 
Zum einen muss man von seinen eigenen Gedanken eine Gewissheit haben, dass sie in dem eigenen Geiste vorhanden sind (Selbstbewusstsein). Zum anderen können nicht alle Begriffe des eigenen Geistes aus der reinen Erfahrung stammen, da man die Eindrücke, die man erhält, ansonsten nicht kategorisieren könne. Man muss also schon Begriffe voraussetzen, um Ideen aus sensorischen Eindrücken bilden zu können. Und zu diesen schon a priori vorhandenen Begriffen zählte Kant auch den Begriff der Kausalität. Damit ist Kausalität nicht ein aus Impressionen gebildeter erst im Nachhinein konstruierter Denkinhalt, sondern die Möglichkeit überhaupt Erfahrung zu sammeln setzt den Begriff der Kausalität schon voraus, ist also notwendig um Erfahrung überhaupt erst machen zu können. Wir würden ansonsten bloß sensorische Eindrücke gewinnen und nicht die Fähigkeit besitzen, diese zu Sinn stiftenden und kategorialen Erfahrungszusammenhängen zu konstruieren. Wie ein Kleinkind, das in ein Kaleidoskop blickt, würden wir die Welt nicht zusammenfügen können und würden nur das Spiel des Lichtes im Kaleidoskop staunend betrachten und ehrfürchtig vom Spiel des Lichtes gebannt bleiben.
 
Diese objektive Welt kann durch die Naturwissenschaften erforscht werden, und wir nehmen auch a priori an, dass gewisse Gesetzmäßigkeiten darin gelten, worunter auch das Kausalitätsgesetz zu fallen scheint. Die Dinge für sich bleiben uns jedoch verborgen, denn sie liegen außerhalb unserer menschlich erfahrbaren Welt. Über sie können wir lediglich vernünftige Vermutungen anstellen, da sie der Erscheinungswelt auf unerkennbare Weise zugrunde liegen. Darunter fallen nach Kant z.&nbsp;B. die Idee von Gott, die Idee der Freiheit und die der unsterblichen Seele. Dort sei die Grenze unserer nach Vernunft möglichen Erkenntnis erreicht.
 
== Kausalität und Freiheit ==
 
Die durchgehende Kausalität wird in den [[Wissenschaft]]en vielfach als dogmatisches Argument gegen die [[Freiheit]] gebraucht, worauf auch [[Rudolf Steiner]] deutlich hingewiesen hat:
 
{{GZ|In jeder sittlichen Handlung kann sich der Mensch seiner Freiheit
bewußt sein. Und geradeso, wie wir Rot oder Weiß erleben, so
erleben wir eigentlich als Menschen wirklich die Freiheit. Aber wir
leugnen sie. Wir leugnen sie unter der Autorität der gegenwärtigen
Wissenschaft. Warum? Weil die gegenwärtige Wissenschaft nur auf
das Mechanische hinschauen will, wo immer das Frühere die Ursache
des Späteren ist. Und da diktiert dogmatisch diese Wissenschaft: Alles
muß seine Ursache haben. Die Kausalität diktiert sie dogmatisch,
und weil die Kausalität richtig sein muß, weil man auf die Kausalität
dogmatisch schwören will, deshalb betäubt man sich über das Gefühl
der Freiheit. Die Wirklichkeit wird in Nacht getaucht, um das Dogma
aufrechtzuerhalten, in diesem Falle das Dogma der äußeren, eine so
starke Autorität ausübenden Wissenschaft.|225|179f}}
 
== In der sinnlichen Welt gibt es keine Kausalität! ==
 
In der [[Klassische Physik|klassischen Physik]] wird alles [[Geschehen]], jede [[Veränderung]], jede [[Bewegung]] auf eine ''äußere'', [[sinnlich]] oder [[Messtechnik|messtechnisch]] feststellbare Ursache zurückgeführt. Das ist laut [[Rudolf Steiner]] ein Irrtum. Was äußerlich als Ursache ''[[Erscheinung|erscheint]]'', ist nur [[Zeichen]] der wahren Ursache, die im [[Geist]]igen liegt. So ist etwa das, was physikalisch als [[Kraft]] erscheint, nur eine einseitig [[Raum|räumliche]] Offenbarung des Geistes.
 
{{GZ|In der sinnlichen Welt sind keine Ursachen, diese leben nur in der
übersinnlichen Welt. Hier gibt es nur Zeichen.|265|288}}
 
Tatsächlich gehen die in der [[Natur]] wirkenden Kräfte vom [[Mensch]]en aus, der von Anfang an, schon lange bevor er in der heutigen körperlichen Gestalt erschien, mit der ganzen [[Erdentwicklung]] verbunden war. Diese Kräfte sind aber zunächst keine aufbauenden, sondern zerstörerische [[Abbaukräfte]], die der Mensch braucht, um sein [[Ich]] zu entwickeln und zu erhärten. Ein [[Zerstörungsherd]] wirkt im Inneren des Menschen, wo die [[Materie]] ins [[Chaos]] gestürzt und aufgelöst wird. Sein leibliches Zentrum liegt im Schwerpunkt des heutigen Menschen unterhalb des [[Zwerchfell]]s im der [[Stoffwechsel-Gliedmaßen-System]]. Diese Kräfte sind dem [[Bewusstsein]] normalerweise nicht zugänglich, da sie jenseits des [[Erinnerung]]sspiegels liegen. Die Ursache dieser Zerstörungskräfte liegt in unserem [[Denken]]. Ohne dass es uns bewusst wird, dringen unsere [[Gedanke]]n unter den Erinnerungsspiegel hinunter in jenen Bereich des [[Ätherleib]]s, der dem [[Wachstum]], aber auch der Entstehung der [[Wille]]nskräfte zugrunde liegt. Dieser Teil des Ätherleibs bewirkt dann im [[Physischer Leib|physischen Leib]] die Auflösung der Materie. Aber mehr noch, gehen von allen Menschen gemeinsam von hier Wirkungen aus, die die wirkende Ursache für das sind, was zum großen Teil im [[Mineralreich|mineralischen]], im [[Pflanzen|pflanzlichen]] und [[Tiere|tierischen]] Reiche auf der Erde an Auflösungsprozessen vor sich geht. Der [[Wille]] hängt mit diesen auflösenden Kräften unseres [[Planet]]en zusammen, die im [[Tagesbewusstsein|Wachzustand]] des Menschen wirken.
 
{{GZ|Die wenigsten Menschen wissen,
daß im Mineral-, im tierischen, im pflanzlichen Reiche Vorgänge vor
sich gehen, weil in Wahrheit im Inneren der Menschenorganismen die
Ursachen für diese Vorgänge liegen, nicht für das gesamte Wirken
im mineralischen, tierischen und pflanzlichen Reiche, sondern für
einen großen Teil der Wirkungen. Die auf der Erde herumwandelnde
Menschheit trägt in sich eigentlich die Ursache für dasjenige,
was geschieht. So daß eigentlich Mineralogie, Botanik, Zoologie nicht
getrieben werden können ohne Anthropologie, ohne beim Menschen
anzufragen. Die Wissenschaft spricht Ihnen von chemischen, von
physikalischen, mechanischen Kräften. Innig verwandt sind diese
physischen, chemischen, mechanischen Kräfte mit der menschlichen
Willenskraft, mit derjenigen menschlichen Willenskraft, die eigentlich
im Schwerpunkt des Menschen konzentriert ist. Wenn man von der
Erde redet und will die Wahrheit treffen, muß man nicht von irgendeiner
abstrakten Erde sprechen, wie es die Geologen tun, sondern
man muß von der Erde so sprechen, daß man die Menschheit zu der
Erde hinzurechnet. Das sind die Wahrheiten, die sich enthüllen jenseits
der Schwelle. Alles dasjenige, was diesseits der Schwelle gewußt
werden kann, gehört eigentlich in das Reich der Erkenntnisillusionen,
gehört nicht in das Reich der Erkenntniswahrheiten.|191|231}}
 
{{GGZ|Wir hängen durch unseren Willen eben durchaus mit den Untergangskräften
unseres Erdenplaneten zusammen. Und würden wir als
Menschen der Gegenwart nichts anderes haben als Willenskräfte,
dann würde unsere Erde durch uns Menschen, durch die Menschheit
dazu verurteilt sein, bloß zerstört zu werden. Wir müßten dann
einer Erdenzukunft entgegensehen, die wahrhaftig kein sehr erhebendes
Bild ergeben würde und die darin bestehen würde, daß die Erde
sich allmählich auflöste und in den Weltenraum zerstreut würde. So
sind wir mit Bezug auf den einen Pol beschaffen.|191|232}}
 
Doch das ist nur die eine Seite, denn im [[Schlaf]] entfalten sich zum Ausgleich [[Aufbaukräfte]], die ebenfalls in die Natur hinauswirken.
 
{{GGZ|Geradeso wie die Ursachen
für alles Zerstörende im menschlichen Willen liegen, der im Schwerpunkt
des Menschen konzentriert ist, so liegen die aufbauenden
Kräfte in derjenigen Sphäre, die die Menschen betreten während ihres
Schlafes. Vom Einschlafen bis zum Aufwachen ist der Mensch mit
seinem Ich und seinem astralischen Leib in einem Zustande, den wir
gewöhnlich dadurch bezeichnen, daß wir figürlich sagen: Das Ich und
der astralische Leib sind außerhalb des physischen Leibes. Aber da
ist der Mensch eben durchaus ein geistig-seelisches Wesen, und da
entwickelt er die Kräfte, die gerade wirksam werden zwischen dem
Einschlafen und Aufwachen. Und während dieser Zeit steht er durch
diese Kräfte in Beziehung zu alldem, was den Erdenplaneten aufbaut,
was zu den zerstörenden Kräften die aufbauenden Kräfte hinzubringt.
Wenn Sie auf der Erde niemals herumgehen würden, so würden die
zerstörenden Kräfte, die eigentlich von Ihrem Willen ausgehen, nicht
innerhalb des mineralischen, des pflanzlichen, des tierischen Reiches
auf der Erde wirken. Wenn Sie auf der Erde niemals schlafen würden,
so würde von Ihrer Intelligenz nicht dasjenige ausgehen, was die
Erde immer wiederum aufbaut. Auch die eigentlich aufbauenden
Kräfte unseres Erdenplaneten liegen in der Menschheit selbst. Ich
sage nicht: Im einzelnen Menschen. - Ich habe ausdrücklich vorher
gesagt, wie diese einzelnen Ursachen zusammenhängen. Aber in der
ganzen Menschheit liegen die Kräfte auch für den Aufbau, und zwar
in dem intelligenten Pol des menschheitlichen Wesens; aber nicht bei
der Tagesintelligenz. Die Tagesintelligenz ist etwas, was sich wie ein
Totes hineinstellt in das Erdenwerden. Die Intelligenz des Menschen,
die für ihn unbewußt während des Schlafens wirkt, ist eigentlich
dasselbe, was den Erdenplaneten fortwährend aufbaut.|191|233}}
 
Diese Tätigkeit tritt noch deutlicher hervor im [[Leben zwischen Tod und neuer Geburt]].
 
{{GZ|Wenn nun der Mensch gestorben ist, dann ist sein Ich auf dem
Astralplan mit den Ichs - dieser ungewöhnliche Plural kann nicht
umgangen werden - der Tiere zusammen, und er kann dort eine Arbeit
verrichten wie die Ichs der Tiere. Diese Arbeit besteht darin,
daß er die Tierwelt nach und nach verändert. Im unteren Devachan
findet er die Ichs der Pflanzen als seine Genossen; da kann er die
Pflanzenwelt verändern. Auf diese Weise wirkt er selbst mit an der
Umgestaltung der Erde.
 
Mithin ist es der Mensch selbst, der die großen Veränderungen
der Erde vollbringt; er arbeitet selbst an dem Antlitz der Erde. Den
so ganz veränderten Schauplatz bei seiner neuen Inkarnation hat der
Mensch selbst bewirkt. Aber diese Arbeit verrichtet er unter der Leitung
und Führung höherer Wesen. Es ist also durchaus wahr, wenn
wir im Hinblick auf die Tier- und Pflanzenwelt, die sich fortwährend verändert, sagen: Das ist das Werk der Verstorbenen. Die Toten
arbeiten an der Umgestaltung der Fauna und Flora, ja selbst an der
Umwandelung der physischen Formen der festen Erde. Erdenarbeit
ist Totenarbeit. Auch in den Naturkräften haben wir die Handlungen
der entkörperten Menschen zu sehen. Und wie gewaltig arbeiten
diese Naturkräfte die Erde um!|95|49f}}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kausalität}}
* {{Eisler|Causalität}}
* {{Kirchner|Causalität}}
* {{UTB-Philosophie|Herbert Wiesen|473|Kausalität}}
* [[Wirkung (Physik)]]
* [[Korrelation]]
 
== Literatur ==
 
* Rudolf Steiner: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge|034}}
* Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1990), ISBN 3-7274-0952-5 {{Vorträge|095}}
* Rudolf Steiner: ''Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis'', [[GA 191]] (1989), ISBN 3-7274-1910-5 {{Vorträge|191}}
* Rudolf Steiner: ''Drei Perspektiven der Anthroposophie. Kulturphänomene, geisteswissenschaftlich betrachtet.'', [[GA 225]] (1990), ISBN 3-7274-2252-1 {{Vorträge|225}}
* Rudolf Steiner: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskultischen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914'', [[GA 265]] (1987), ISBN 3-7274-2650-0 {{Vorträge|265}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_kausalgesetz.pdf Das Kauslagesetz in der Geschichte der Philosophie] PDF
 
{{GA}}
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />
 
[[Kategorie:Naturwissenschaften]]
[[Kategorie:Denken]]
[[Kategorie:Kausales Denken]]
[[Kategorie:Freiheit]]
[[Kategorie:Handlungstheorie (Philosophie)|J]]
[[Kategorie:Quantenphysik]]
[[Kategorie:Physik]]
[[Kategorie:Klassische Mechanik]]
[[Kategorie:Naturphilosophie]]
[[Kategorie:Quantenphilosophie]]
[[Kategorie:Metaphysik]]
[[Kategorie:Ontologie]]
[[Kategorie:Relation|103]]

Version vom 26. Juni 2019, 23:14 Uhr