Sprachsinn

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Der Sprachsinn oder Wortsinn ist einer der zwölf physischen Sinne, von denen Rudolf Steiner in seiner Sinneslehre gesprochen hat. Durch den Sprachsinn nehmen wir gesprochene oder geschriebene Laute als Sprache wahr.

Der Wortsinn beruht auf unsrem in Ruhe gehaltenen Bewegungsorganismus, insofern von unserem zentralen Nervensystem die Nerven für den Bewegungsapparat ausgehen. Rudolf Steiner hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die sog. motorischen Nerven in Wahrheit ebenfalls sensorische sind. Indem ich mit meinem Bewegungsorganismus bestimmte Gesten nicht mache, sondern sie zurückhalte, verstehe ich, was in Worten ausgedrückt wird. Das eigene Sprechen stützt sich hingegen nur auf einen Teil des Bewegungsorganismus, namentlich auf den Kehlkopf und die angrenzenden Organe.

Einstmals in lemurischer Zeit wurden wir veranlagt, Worte zu verstehen, nicht aber Worte zu sprechen. Das klingt zunächst paradox, ist es aber nicht. Ursprünglich sollten wir die Mitmenschen viel geistiger durch stumme Gesten und Gebärden, also durch eine Art Zeichensprache, verstehen, wie das schon beim Gedankensinn angesprochen wurde. Durch den Sprachsinn sollten wir nicht menschliche Worte, sondern die elementarische Sprache der Natur verstehen. Diese Fähigkeit wurde uns durch den ahrimanischen Einfluss genommen und wir wurden statt dessen durch Ahriman mit der artikulierten Lautsprache begabt. Die menschliche Sprache ist eine Gabe Ahrimans. Rudolf Steiner hat in seinem Volksseelenzyklus (GA 121) sehr ausführlich dargestellt, wie teilweise auf der Erzengelstufe zurückgebliebene ahrimanische Geister der Form die Sprachorgane zum Werkzeug für die Volkssprachen umgestaltet haben.

Seit dieser Zeit der babylonischen Sprachverwirrung nehmen wir die Sprache auch vermittelt durch geschriebene Zeichen wahr. Damit wird auch deutlich, dass der Sprachsinn nicht mit dem Gehörssinn verwechselt werden darf. Die Schrift entstand, zuerst als Bilderschrift, die noch mehr den Gedankensinn anspricht, dann als Lautschrift, die sich an den Sprachsinn richtet. Das Lesen ist nun eine sehr interessante Sache. Durch den Eigenbewegungssinn nehmen wir die Formen der Zeichen bzw. Buchstaben wahr. Das ist aber offensichtlich noch kein Lesen, denn wir können beispielweise die Formen chinesischer Schriftzeichen deutlich erkennen, ohne sie deswegen lesen zu können. Das Lesen müssen wir erst mühsam erlernen – und zwar dadurch, dass wir uns im Schreiben üben. Indem wir schreiben, wird unser Bewegungsapparat tätig. Der selbe Bewegungsorganismus, wenn wir ihn in Ruhe halten, ist das Wahrnehmungsorgan für das geschriebene Wort.