Philosophie des Geistes und Thomas Görnitz: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Philosophie des Geistes''' ({{EnS|''Philosophy of mind''}}), die stark durch das [[angelsächsisch]]-[[naturwissenschaft]]liche Denken geprägt ist, beschäftigt sich mit der Natur [[Geist|geistiger oder mentaler]]<ref name="mens">von [[Latein|lat.]] ''[[Mens (Mythologie)|mens]]'' für Denkkraft (oder -vermögen), Verstand, Vernunft, Einsicht und [[Geist]], Denkart sowie Sinnesart, aber auch Gemüt mit allen Gemütsaffekten (wie Zorn, Leidenschaft oder Mut) sowie davon abgeleitet für: das Gedachte, die Gedanken, die Erinnerung, Meinung und Absicht</ref> Zustände, ihren [[Kausalität|Wirkungen und Ursachen]]. Zentral ist dabei die Frage nach dem Verhältnis von geistigen und körperlichen Zuständen, woraus sich eine enge Verbindung mit den [[Neurowissenschaften]] ergibt, aus der neue philosophische Disziplinen wie die '''Neurophilosophie''' oder '''Neuroethik'''<ref>Illes J.,Sahakian BJ., ''The Oxford Handbook of Neuroethics'', Oxford University Press, New York 2011</ref> entstanden sind.  
[[Datei:Thomas Görnitz.jpg|thumb|250px|Thomas Görnitz]]
'''Thomas Görnitz''' (* [[Wikipedia:22. Juni|22. Juni]] [[Wikipedia:1943|1943]] in [[Wikipedia:Leipzig|Leipzig]]) ist ein deutscher [[Physiker]]. Er war bis 2009 Professor für Didaktik der Physik an der [[Wikipedia:Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main|Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main]].


Neben [[Ontologie|ontologischen]] Fragen befasst sich die Philosophie des Geistes auch mit den [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Fragen nach der Erkennbarkeit des Geistes. Die Philosophie der ''Bewegung des Geistes durch die Geschichte'', wie sie beispielsweise in [[Hegel]]s ''[[wikipedia:Phänomenologie des Geistes|Phänomenologie des Geistes]]'' als Bewegung des [[Weltgeist]]es einen besonderen Höhepunkt fand, wird thematisch davon getrennt. Geist wird in der Philosophie des Geistes im Sinn des [[angelsächsisch]]en Begriffs „[[Mind]]“ verstanden, womit aber nur das [[leib]]gebundene Spiegelbild des eigentlichen [[Geist]]es gemeint ist.
== Leben ==
[[Datei:Phrenology1.jpg|thumb|300px|[[Phrenologie|Phrenologische]] Abbildung der geistigen Funktionen auf Schädelmerkmale]]
1961, nach dem Sieg bei der DDR-Mathematik-Olympiade, erhielt Görnitz mit einer Bronzemedaille<ref>[http://imo-official.org/participant_r.aspx?id=12774 Statistikseite der IMO]</ref> als erster Deutscher einen Preis bei einer [[Wikipedia:Internationale Mathematik-Olympiade|Internationalen Mathematik-Olympiade]]. Nach Abschluss der Schule studierte Thomas Görnitz an der [[Wikipedia:Universität Leipzig|Universität Leipzig]] Physik und Mathematik und wurde dort 1973 in mathematischer Physik (mit einer Arbeit zum Thema ''Zur Ausreduktion von Darstellungen der Poincarégruppe'') promoviert. 


== Das Leib-Seele-Problem ==
Nachdem er 1976 einen Ausreiseantrag aus der DDR stellte, war er als Totengräber tätig. 


Das '''Leib-Seele-Problem''', das manchmal auch „Körper-Geist-Problem“ genannt wird, ist das Kernstück der Philosophie des Geistes. Es besteht in der Frage, wie sich die mentalen Zustände (oder der Geist, das [[Bewusstsein]], das [[Psyche|Psychische]], die [[Seele]]) zu den physischen Zuständen (oder dem [[Körper]], dem [[Gehirn]], dem [[Materie]]llen, dem [[Leib]]) verhalten. Handelt es sich hier um zwei verschiedene [[Substanz]]en? Oder sind das Mentale und das Physische letztlich eins? Dies sind die zentralen Fragen der Philosophie des Geistes. Jede Antwort wirft jedoch zahlreiche neue Fragen auf. Etwa: Sind wir in unserem [[Denken]] und [[Wollen]] frei? Könnten Computer auch einen Geist haben? Kann der Geist auch ohne den Körper existieren? Die Philosophie des Geistes ist daher mittlerweile ein enorm differenziertes Projekt. Bereits [[Platon]] hat dies in seinem Dialog [[wikipedia:Philobos|Philebos]] (30a) thematisiert: „Sokrates: Unser Leib, wollen wir nicht sagen, der habe eine Seele? Protarchos: Offenbar wollen wir das. Sokrates: Woher aber, o lieber Protarchos, sollte er sie erhalten haben, wenn nicht auch des Ganzen Leib beseelt wäre, dasselbe habend wie er und noch in jeder Hinsicht trefflicher?“
Im Jahr 1979 übersiedelte er nach München. Dort gewann ihn [[Wikipedia:Carl Friedrich von Weizsäcker|Carl Friedrich von Weizsäcker]] für eine Tätigkeit am [[Wikipedia:Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt|Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt]], es begann eine langjährige Zusammenarbeit über die physikalischen und philosophischen Grundlagen der [[Quantenphysik]] und [[Kosmologie]].  


Im Leib-Seele-Problem erbt sich in spezieller Form das grundlegende Problem der [[Teilhabe]] ({{ELSalt|μέθεξις}} ''methexis'') der einzelnen Dinge der Sinneswelt an den platonischen [[Idee]]n fort, das schon mit der platonischen [[Ideenlehre]] aufgeworfen wurde.
Von 1992 bis 1994 arbeitete er am Institut für Mathematische Physik der TU Braunschweig und von 1994 bis 2009 als Professor für Didaktik der Physik an der Universität Frankfurt.  


[[Datei:Descartes mind and body.gif|mini|René Descartes' Illustration des Leib-Seele-Problems: Reize werden von den Sinnesorganen weitergeleitet, erreichen die Epiphyse im Gehirn und wirken dort auf den immateriellen Geist ein]]
Er war bis 2016 Vorsitzender des Vorstandes von ''Wissen und Verantwortung – Carl Friedrich von Weizsäcker-Gesellschaft e. V.'' seit deren Gründung 1994 und seit 2002 bis 2016 Mitglied des Stiftungsrates der ''Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung''. Er war von 1996 bis 2009 Mitglied der ''Arbeitsgruppe Theologie und Naturwissenschaft'' und des ''Templeton Research Lectures-Komitees'' an der Universität Frankfurt und ist Mitglied des ''Arbeitskreises Philosophie'' der [[Wikipedia:Deutsche Physikalische Gesellschaft|Deutschen Physikalischen Gesellschaft]].
[[Datei:Reizweiterleitung.jpg|mini|Illustration von Descartes: Der Reiz am Fuß wird über die Nerven ins Gehirn geleitet, interagiert dort mit dem Geist und erzeugt so ein Schmerzerleben.]]
Die erste klassische Formulierung des Leib-Seele-Problems stammt von [[René Descartes]].<ref name="descartes">[[René Descartes]]: ''Meditationes de prima philosophia.'' 1641.</ref>, der das sein berühmtes „[[cogito, ergo sum]]“ („Ich denke, also bin ich“) formulierte, das [[Rudolf Steiner]] als völlig verfehlt ansah:


{{GZ|Cogito ergo sum - Ich denke, also bin ich. - Es ist die unsinnigste
{{Anker|Brigitte Görnitz}}Seit 1964 ist er verheiratet mit der Tierärztin und Psychologin ''Brigitte Görnitz'' und hat mit ihr fünf  Kinder. Mit ihr gemeinsam veröffentlichte er eine Reihe von Büchern zum Thema ''Quantenphysik - Geist - Bewusstsein''.
Formel, die man sich denken kann, denn gerade indem man
denkt, ist man nicht. Man ist gerade außer dem Sein. Cogito ergo non
sum - ist die wirkliche Wahrheit. So weit sind wir heute entfernt von
der wirklichen Wahrheit, daß eben der größte neuzeitliche Philosoph
an die Stelle der Wahrheit das Gegenteil gesetzt hat.|205|181}}


{{GZ|Der Satz des Descartes «Cogito, ergo sum» ist eigentlich falsch. Der Satz müßte eigentlich heißen: Cogito,
== Forschung ==
ergo non sum, ich denke, also bin ich nicht, denn das [[Denken]]
Die Vermittlung der modernen Physik und ihre verständliche Darstellung ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Vor allem viele der oft behaupteten Verständnisschwierigkeiten der Quantentheorie wurden erklärt und ausgeräumt. <ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz|Titel=Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt.|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=Spektrum Akademischer Verlag|Ort=Heidelberg|Datum=1999|Seiten=|ISBN=978-3-827-40571-5}}</ref>
beleuchtet niemals eine Realität, sondern im Gegenteil, es ist die
Vernichtung der Realität. Erst wenn man durch [[Imagination]], [[Inspiration]]
und [[Intuition]] an das [[Ich]] herankommt, liegt die reale Gewißheit
des Ich vor. Wenn wir uns angewöhnt haben, die Kriterien des Seins
anzuwenden auf unsere Umgebung, so müssen wir sagen: Ich denke,
also bin ich nicht. Gerade in diesem Nichtsein liegt die Möglichkeit
der Aufnahme eines Neuen. Das ist dasjenige, was in der [[Intellektualität]]
liegt. Die intellektualistischen Begriffe sind eigentlich gegenüber
der Realität leer, sie sind Löcher im Weltenall, und das ist zur
Entwickelung der [[Freiheit]] notwendig.|343a|433}}


Descartes entscheidender Irrtum besteht darin, dass er das [[Ich]] ins Körperinnere verlagert. Dort ist es aber nicht zu finden, sondern nur dessen unwirkliches Spiegelbild. Das wirkliche Ich befindet sich in der Außenwelt. Darauf hat Rudolf Steiner schon in seinem 1911 gehaltenen [[Bologna-Vortrag]] hingewiesen:
Daneben liegen seine Forschungsschwerpunkte bei den Grundfragen der Quantentheorie und Kosmologie und deren philosophische Interpretation.<ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz|Titel=Der kreative Kosmos; Geist und Materie aus Quanteninformation|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=Spektrum Akademischer Verlag|Ort=Heidelberg|Datum=2002|Seiten=|ISBN=978-3-827-41368-0}}</ref> Aus der quantentheoretischen Fundierung der Kosmologie ergeben sich Folgerungen für die Erkenntnis der grundlegenden Strukturen in der Natur und für das Verständnis des Menschen als einer Einheit von Körper und Psyche.  


{{GZ|Nun glaubt eine vorurteilsvolle Psychologie, Seelenlehre, daß dieses
Abstrakte bedeutungsfreie Bits von Quanteninformation (AQI-Bits) der ''[[Protyposis]]'' ({{ELSalt|προτύπωσις}} „das Vorbilden“) werden von Görnitz als Basis der kosmischen [[Evolution]] angesehen. Sie ermöglichen gemäß seiner Darstellung unter anderem eine Begründung der Struktur von [[Raum]] und [[Zeit]] und eine Herleitung<ref>{{Literatur|Autor=Th. Görnitz|Titel=Deriving General Relativity from Considerations on Quantum Information|Sammelwerk=Advanced Science Letters|Band=4|Nummer=2|Datum=2011-02-01|Seiten=577–585|DOI=10.1166/asl.2011.1243|Online=http://www.ingentaconnect.com/content/asp/asl/2011/00000004/00000002/art00050|Abruf=2016-11-27}}</ref> der [[Einstein]]schen Gleichungen der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]], der [[Wikipedia:Eichgruppe|Eichgruppen]] U(1), SU(2) und SU(3) der Wechselwirkungen<ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker|Titel=The Structures of Interactions: How to Explain the Gauge Groups U(1), SU(2) and SU(3)|Sammelwerk=Foundations of Science|Datum=2016-11-24|Seiten=1–23|ISSN=1233-1821|DOI=10.1007/s10699-016-9507-6|Online=http://link.springer.com/article/10.1007/s10699-016-9507-6|Abruf=2016-11-25}}</ref> sowie ein neues Verständnis der Materie als „geformte“ Quanteninformation<ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker|Titel=Quantum Particles From Quantum Information |Sammelwerk=Journal of Physics:
Ich eigentlich im Menschen drinnensitzt; da, wo seine Muskeln sind,
Conference Series|Datum=2012|DOI=10.1088/1742-6596/380/1/012025 |Online=http://iopscience.iop.org/1742-6596/380/1/012025}}</ref> und damit auch eine naturwissenschaftliche Erklärung des [[Bewusstsein]]s als Quanteninformation, die sich selbst erleben und kennen kann, sowie seiner Wirkmächtigkeit.<ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz|Titel=Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie |Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=Springer-Verlag|Ort=Heidelberg|Datum=2016|Seiten=XIX, 839|ISBN=978-3-662-49082-2}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Thomas Görnitz|Titel=Quantum Theory and the Nature of Consciousness|Sammelwerk=Foundations of Science|Datum=2017-06-22|Seiten=1–36|ISSN=1233-1821|DOI=10.1007/s10699-017-9536-9|Online=https://link.springer.com/article/10.1007/s10699-017-9536-9|Abruf=2017-06-27}}</ref>
sein Fleisch ist, seine Knochen sind und so weiter, da sei auch das
Ich drinnen. Wenn man das Leben nur ein wenig überschauen würde,
so würde man sehr bald wahrnehmen, daß es nicht so ist. Aber es ist
schwer, eine solche Überlegung heute vor die Menschen hinzubringen.
Ich habe es im Jahre 1911 schon versucht in meinem Vortrage auf dem
Philosophenkongreß in Bologna. Aber diesen Vortrag hat ja bis heute
keiner noch verstanden. Ich habe da versucht zu zeigen, wie es eigentlich
mit dem Ich ist. Dieses Ich liegt eigentlich in jeder Wahrnehmung,
das liegt eigentlich in alldem, was Eindruck auf uns macht. Nicht dadrinnen
in meinem Fleische und in meinen Knochen liegt das Ich, sondern
in demjenigen, was ich durch meine Augen wahrnehmen kann.
Wenn Sie irgendwo eine rote Blume sehen: in Ihrem Ich, in Ihrem
ganzen Erleben, das Sie ja haben, indem Sie an das Rot hingegeben
sind, können Sie ja das Rot von der Blume nicht trennen. Mit alldem
haben Sie ja zugleich das Ich gegeben, das Ich ist ja verbunden mit
Ihrem Seeleninhalt. Aber Ihr Seeleninhalt, der ist doch nicht in Ihren
Knochen! Ihren Seeleninhalt, den breiten Sie doch aus im ganzen
Raume. Also dieses Ich, das ist noch weniger als die Luft in Ihnen, die
Sie eben einatmen, noch weniger als die Luft, die vorher in Ihnen war.
Dieses Ich ist ja verbunden mit jeder Wahrnehmung und mit alldem,
was eigentlich im Grunde genommen außer Ihnen ist. Es betätigt sich
nur im Inneren, weil es aus dem Wahrnehmen die Kräfte hineinschickt.
Und ferner ist das Ich noch verbunden mit etwas anderem: Sie brauchen
nur zu gehen, das heißt, Ihren Willen zu entwickeln. Da allerdings
geht Ihr Ich mit, beziehungsweise das Ich nimmt an der Bewegung
teil, und ob Sie langsam schleichen, ob Sie laufen, ob Sie im
Kiebitzschritt sich bewegen oder irgendwie sich drehen und dergleichen,
ob Sie tanzen oder springen, das Ich macht alles das mit. Alles was an
Betätigung von Ihnen ausgeht, macht das Ich mit. Aber das ist ja auch
nicht in Ihnen. Denken Sie, es nimmt Sie doch mit. Wenn Sie einen
Reigen tanzen - glauben Sie, der Reigen ist in Ihnen? Der hätte ja gar
nicht Platz in Ihnen! Wie hätte der Platz? Aber das Ich ist dabei, das
Ich macht den Reigen mit. Also in Ihren Wahrnehmungen und in Ihrer
Betätigung, da sitzt das Ich. Aber das ist eigentlich gar nie in Ihnen
im vollen Sinne des Wortes, etwa so, wie Ihr Magen in Ihnen ist,
sondern das ist eigentlich immer etwas, dieses Ich, was im Grunde
außerhalb Ihrer ist. Es ist ebenso außerhalb des Kopfes, wie es außerhalb
der Beine ist, nur daß es im Gehen sich sehr stark beteiligt an
den Bewegungen, welche die Beine machen. Das Ich ist wirklich sehr
stark beteiligt an der Bewegung, welche die Beine machen. Der Kopf
aber, der ist an dem Ich weniger beteiligt.|205|219f}}


Das Nachdenken über den Zusammenhang zwischen Körper und Geist reicht bis in die Antike zurück. [[Platon]] etwa vertritt einen expliziten [[Dualismus]] / [[wikipedia:Dualismus (Ontologie)|Dualismus]], was sich in seiner Argumentation für die [[Reinkarnation|Seelenwanderung]] zeigt: Kann die Seele den Tod des Körpers überleben, so muss sie etwas anderes als der Körper sein.<ref>[[Platon]]: ''Phaidon.''</ref> Bei [[Aristoteles]] sieht dies anders aus. Zwar postuliert Aristoteles ein „[[Pneuma]]“, das als Prinzip des Lebens allen Lebewesen eigen sei, doch das Pneuma wird der materiellen und körperlichen Welt nicht entgegengesetzt. [[Plotin]], als Hauptvertreter des [[Neuplatonismus]], geht von der Existenz ''des Einen'' aus, aus dem die menschlichen Seelen und alles andere entständen. Auch die Körper sind Ausfluss der Seelen, untergeordnet und von diesen weitgehend getrennt. Nach dem Tod trennt sich die Seele gänzlich vom Körper, und durch die moralische Wahlfreiheit vereinigt sie sich mit dem Göttlichen oder entfernt sich davon.
Im Vorwort zu «Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie» geben Frido und Christine Mann eine kurze Übersicht über die Grundgedanken:


Im christlichen Mittelalter ([[Scholastik]]) ist die Unterscheidung zwischen Körper und immaterieller Seele wiederum Grundlage des Philosophierens. Der Einfluss der mittelalterlichen Philosophie ist in Descartes Formulierung des Dualismus unverkennbar.
{{LZ|Die auf der Grundlage physikalischer Fakten beruhende Theorie der
Protyposis
ist eine stringente Weiterentwicklung der „Kopenhagener Deutung
der Quantenmechanik“ von 1927 durch Niels Bohr und Werner Heisenberg.
Diese neue Theorie von Görnitz & Görnitz baut auf der damals formulierten
Unbestimmtheitsrelation auf und ermöglicht es, auch den Beobachter in die
physikalischen Erklärungen einzubeziehen. Dies wird durch die Annahme
der abstrakten, noch ungefüllten Quanteninformation als Grundlage der
physikalisch beschreibbaren Welt möglich. Aus dieser sogenannten Protyposis
werden Materie, Energie, aber auch unser Bewusstsein gebildet. Mit dieser
Theorie wurde die noch sehr allgemeine Annahme einer Ur-Information
als Grund aller Dinge von Carl Friedrich v. Weizsäcker sehr viel genauer
spezifiziert. Nach Görnitz & Görnitz ist die abstrakte Quanteninformation
mit sogenannten Qubits als einfachsten, über den ganzen Kosmos ausgedehnten
Einheiten der Urstoff des Kosmos. Alle materiellen Objekte und
Energiezustände sind spezielle Lokalisationen („Kondensate“) der abstrakten
Quanteninformation. Die aus der unbelebten Materie hervorgehenden Lebewesen
werden als informationsgesteuerte, instabile Systeme in labilem Gleichgewicht
beschrieben und das aus dem Leben hervorgehende Bewusstsein als
ebenfalls auf den Qubits beruhende sich selbst erlebende und erkennende
Information, die jetzt mit Bedeutungen versehen wird.


Die meisten Menschen empfinden [[intuitiv]] eine Kluft zwischen mentalen und physischen Phänomenen. Dies hat dazu geführt, dass lange Zeit dualistische Standpunkte in der Philosophie des Geistes vorherrschend waren. Heute vertritt die Mehrheit der Philosophen [[Materialismus|materialistische]] Positionen. Auf dieser Basis muss jedoch die Frage beantwortet werden, wie das Bewusstsein materialistisch zu erklären ist.
Die gesamte Evolution des Kosmos vom Urknall bis zur Entstehung
des Bewusstseins als steuernde Quanteninformation beruht auf dieser als
„Protyposis“ bezeichneten, abstrakten Quanteninformation. Sie ist noch
bedeutungsfrei und „mögliche“, „vorweggenommene“ oder „Vor-Gestalt“,
„Vorstellung“, ein „Modell“ von etwas Zukünftigem. Durch diese Protyposis
ist grundsätzlich eine Wechselwirkung zwischen Geistigem und Körperlichem
möglich, eine Wechselwirkung der Protyposis mit sich selbst. Durch diesen
ontologischen Monismus aufgrund der universellen Gültigkeit der Quantentheorie
wird jede willkürliche Trennung von Geist und Materie im Sinne der
klassischen Physik vor allem seit Newton und Laplace obsolet. Es wird stattdessen
sogar eine „geistige“ Grundstruktur der Materie angenommen, die uns
erst recht nahelegt, die in unseren Köpfen als Erbe der klassischen Physik
immer noch nistenden Vorstellungen von der Baustein-Struktur der Materie
endgültig aufzugeben.|Görnitz 2016, Vorwort}}


{{GZ|Nicht darin
== Publikationen (Auswahl) ==
sah ich das Verderbliche dieser Denkungsart, daß der
=== Bücher ===
Materialist sein Augenmerk auf die stoffliche Erscheinung
* Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: ''Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie,'' Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2016'','' ISBN 978-3-662-49081-5
einer Wesenheit richtet, sondern darin, ''wie'' er das
* Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: ''Das Geistige im Blickfeld der Naturwissenschaft - Bewusstsein und Materie als spezielle Formen der Protyposis - von abstrakter, bedeutungsfreier Quanteninformation'', in: Johannes Weinzirl (Hrsg.), Peter Heusser (Hrsg.): ''Was ist Geist?'', Wittener Kolloquium für Humanismus, Medizin und Philosophie, Band 2, Königshausen u. Neumann 2014, ISBN 978-3826052224
Stoffliche denkt. Er schaut auf den ''Stoff'' hin und wird
* Thomas Görnitz: ''Carl Friedrich v. Weizsäcker - Physiker, Philosoph, Visionär'', Verlag der C.F.v. Weizsäcker-Stiftung, Enger, 2012, ISBN 978-3-942711-01-2
nicht gewahr, daß er in Wahrheit ''Geist'' vor sich habe,
* Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: ''Die Evolution des Geistigen; Quantenphysik – Bewusstsein – Religion.'' Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-56717-3.
der nur in der stofflichen Form erscheint. Er weiß nicht,
* Thomas Görnitz, [[Holger Lyre]] (Hrsg.): ''Carl Friedrich von Weizsäcker; The Structure of Physics.'' Springer Netherlands, Stuttgart 2006, ISBN 1402052340.
daß Geist sich in Stoff metamorphosiert, um zu Wirkungsweisen
* Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: ''Der kreative Kosmos; Geist und Materie aus Quanteninformation.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 978-3-827-41368-0.
zu kommen, die ''nur'' in dieser Metamorphose
* Thomas Görnitz: ''Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-827-40571-5.
möglich sind. ''Geist'' muß sich zuerst die Form eines
* Thomas Görnitz: ''Carl Friedrich v. Weizsäcker – ein Denker an der Schwelle zum neuen Jahrtausend.'' Herder, Freiburg 1992, ISBN 3-451-04125-1.
stofflichen [[Gehirn]]es geben, um in dieser Form das Leben
* Thomas Görnitz (Hrsg.):'' C. F. v. Weizsäcker: Die Sterne sind glühende Gaskugeln und Gott ist gegenwärtig.'' Herder, Freiburg 1992, ISBN 3-451-04077-8.
der Vorstellungswelt zu führen, die dem Menschen in
seinem Erdenleben das frei wirkende Selbstbewußtsein
verleihen kann. Gewiß: im Gehirn steigt aus dem Stoffe
der Geist auf; aber erst, nachdem das Stoffgehirn aus
dem Geist aufgestiegen ist.


Abweisend gegen die physikalische und physiologische
=== Wissenschaftliche Artikel ===
Vorstellungsart mußte ich nur aus dem Grunde sein, weil
diese ein ''erdachtes'', nicht ein erlebtes Stoffliches zum
äußerlichen Erreger des im Menschen erfahrenen Geistigen
macht und dabei den Stoff so erdachte, daß es unmöglich
ist, ihn dahin zu verfolgen, wo er Geist ist. ''Solcher Stoff, wie ihn diese Vorstellungsart als real behauptet, ist eben nirgends real''. Der Grundirrtum der
materialistisch gesinnten Naturdenker besteht in ihrer
unmöglichen Idee von dem Stoffe.|28|334f|356}}


Das Leib-Seele-Problem gilt heute als ein spezifisches Problem der europäischen Geistesgeschichte. Insbesondere die Philosophietraditionen in Asien (siehe [[wikipedia:Östliche Philosophie|Östliche Philosophie]]) gehen von grundsätzlich anderen [[Metaphysik|metaphysischen]] Annahmen aus, wodurch diese Trennung in Geist und Körper als illusionär oder bedeutungslos erscheint.
* Thomas Görnitz: ''Abstract quantum theory and space-time structure. I. Ur theory and Bekenstein-Hawking entropy'', in: ''International Journal of Theoretical Physics'', May 1988, Volume 27, Issue 5, pp 527–542 {{DOI|10.1007/BF00668835}}
 
* Thomas Görnitz, Dirk Graudenz, Carl Friedrich v. Weizsäcker: ''Quantum Field Theory of Binary Alternatives'', in: ''International Journal of Theoretical Physics''; Vol. 31, No. 11, 1992, pp. 1929-1959 [http://goernitz.de/data/GoeGrvW-QFT_der_Ure.pdf pdf]
{{GZ|Man hat sich in der neueren Zeit den verschiedensten
* Thomas Görnitz: ''Cosmology and Particle Physics'', in: ''The Structure of Physics'' by Carl Friedrich v. Weizsäcker, edited,revised and enlarged by Thomas Görnitz and Holger Lyre, Springer 2006 [http://goernitz.de/data/Goernitz_in_Weizsaecker_Structure_of_Physics_06.pdf pdf]
Vorstellungen überlassen, die erklären sollen, wie eigentlich
* Thomas Görnitz: ''Deriving General Relativity from Considerations on Quantum Information'', in: ''Advanced Science Letters'', Vol. 4, 577-585, 2011 [http://goernitz.de/data/Goernitz_Adv_Sci_Lett_4_(2011)_577-585_Gravitation.pdf pdf]
die Seele zum Leibe steht. Nicht nur, daß da die
* Thomas Görnitz: ''Bewusstsein - naturwissenschaftlich betrachtet und enträtselt - ein Brückenschlag zwischen den Wissenschaften'', in: Tobias Müller (Hrsg.), Thomas M. Schmidt (Hrsg.): ''Ich denke, also bin ich Ich?'', Vandenhoeck & Ruprecht 2011, ISBN 978-3-525-56963-4 [http://goernitz.de/data/BewusstseinFFM-Templeton-tagung.pdf pdf]
sonderbarsten Märchen herumschwirren in dem, was
* Thomas Görnitz: ''The Meaning of Quantum Theory - Reinterpreting the Copenhagen Interpretation'', in: ''Advanced Science Letters'', Vol. 4,3727-3734, 2011 [http://goernitz.de/data/04ASL03-1879%20The%20Meaning%20of%20Quantum%20Theory.pdf Abstract]
man oftmals Wissenschaft nennt. Märchen, Aberglaube,
* Thomas Görnitz: ''How is the Universe Actually Expanding?'', in: ''Journal of Computational and Theoretical Nanoscience'', Volume 10, Number 1, May 2012 , pp. 138-139 {{DOI|10.1166/asl.2012.2145}} [http://goernitz.de/data/How%20is%20the%20Universe%20Actually%20Expanding_.pdf Abstract]
man will ihn ja aus dem äußeren Leben ausmerzen, in der
* Thomas Görnitz: ''Quantum Theory as Universal Theory of Structures - Essentially from Cosmos to Consciousness'' in: Advances in Quantum Theory; ISBN 978-953-51-0087-4, Edited by: Ion I. Cotaescu, Publisher: InTech, February 2012 ([http://www.intechopen.com/books/advances-in-quantum-theory/quantum-theory-as-universal-theory-of-structures-essential-from-cosmos-to-consciousness Online abrufbar])
Wissenschaft floriert er oftmals so stark, wie er nur jemals
* Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: ''Quantum Particles From Quantum Information'', in: ''Journal of Physics'', Conference Series 380 (2012), {{DOI|10.1088/1742-6596/380/1/012025}}
im Leben floriert hat, nur bemerkt man ihn in der Wissenschaft
* Thomas Görnitz: ''What Happens Inside a Black Hole?'', in: ''Quantum Matter'', Volume 2, Number 1, Feb. 2013 , pp. 21-24 [http://goernitz.de/data/What%20Happens%20Inside%20a%20Black%20Hole%20-%20Abstract.pdf Abstract]
ebensowenig, wie man ihn damals im äußeren
* Thomas Görnitz: ''Simplest quantum structures and the foundation of interaction'', in: ''Reviews in Theoretical Science'', Volume 2, Number 4, Dez. 2014, pp. 289-300, {{DOI|10.1166/rits.2014.1025}} [http://goernitz.de/data/2014_Goernitz_Wechselwirkung.pdf pdf]
Leben bemerkte. So das Märchen von den Telegraphendrähten:
* Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: ''The structures of interactions - How to explain the gauge groups U(1), SU(2 and SU(3)'', in: ''Foundations of Science'', March 2018, Volume 23, Issue 1, pp 51–73, {{DOI|10.1007/s10699-016-9507-6}} [http://goernitz.de/data/2016_Structures_of_interactions_Goernitz_Schomaecker_accepte%85.pdf pdf]
daß die Nerven selber Telegraphendrähte wären
* Thomas Görnitz: ''Quantum Theory and the Nature of Consciousness'', in: ''Foundations of Science'', September 2018, Volume 23, Issue 3, pp 475–510, {{DOI|10.1007/s10699-017-9536-9}} [http://goernitz.de/data/2017_06_20_Consciousness.pdf pdf]
nach der Seele hin, welche die äußeren Sinneseindrücke
weiterleiten, dann wiederum andere Nerven, welche die
Willensimpulse nach der Peripherie des Leibes lenken.
Von diesem Märchen, von diesem immer wieder und
wiederkehrenden Vergleiche möchte man schon gar nicht
reden, denn was mit diesem Vergleich gemeint wird, ist
ganz fern von dem wirklichen Tatbestand und entspringt
nur einem eben nicht bemerkten wissenschaftlichen
Aberglauben.
 
Aber zwei Vorstellungen möchte man doch hervorheben,
welche auch heute sehr verbreitet sind bei denjenigen,
die über das Verhältnis des Leibes zur Seele nachdachten.
Die einen glauben, sie müssen den Leib - vorzugsweise
reden sie ja dann von dem Nervensystem - wie
eine Art Werkzeug der Seele behandeln, wie wenn also
die Seele so eine Art Akteur wäre, ein Wesen, welches
sich des Leibes wie eines Werkzeuges bedient. Die anderen,
die nicht einsehen können, wie ein seelisch-geistiges
Wesen - als was ihnen ja die Seele gilt - einen Angriffspunkt
finden soll, um auf etwas Materielles wie den Leib
zu wirken, die sind gar darauf gekommen - sehr viele
heutige Seelenforscher sind darauf gekommen - , die sonderbare
Vorstellung auszubilden, die man nennt den seelisch-
leiblichen Parallelismus. Da sollen die Vorgänge des
Leibes für sich ablaufen, alle möglichen leiblichen Vorgänge.
Ohne daß die Seele auf den Leib wirkt wie eine
Ursache oder der Leib zurück auf die Seele wirkt, soll das
Seelenleben parallel mit den leiblichen Vorgängen ablaufen,
so nebeneinander zwei Parallelströmungen. Eins begleitet
immer das andere, nur wirkt das eine nicht auf das
andere. Wundt, Ebbinghaus, eine ganze Anzahl von Psychologen,
Paulsen - ich müßte viele anführen - geben sich
dieser sonderbaren Parallelismustheorie hin.
 
Alle diese Theorien leiden daran, daß sie eben durchaus
nicht darauf kommen, worinnen der Zusammenhang der
Seele mit dem Leib eigentlich beruht. Dieser Zusammenhang
läßt sich nämlich weder dadurch ausdrücken, daß
man sagt: Der Leib ist das Werkzeug der Seele-, noch
läßt er sich dadurch ausdrücken, daß man sagt: Die Seelenerscheinungen,
die Seelenvorgänge laufen parallel mit
den Leibeserscheinungen ab.
 
Ich kann allerdings dasjenige, was auf diesem Gebiete
zu sagen ist, was ein weites Feld umspannt, nur vorbringen
- wie ich ja auch angekündigt habe — als Ergebnis und
Beobachtung der Anthroposophie; die weiteren Begründungen
kann jeder in den verschiedenen Schriften von mir
finden. Aber ich möchte das Wesentliche, wozu gerade
die angeregten Fragen die anthroposophische Forschung
führen, denn doch heute hier in Kürze entwickeln.
 
Will man das Verhältnis der Seele zum Leib in der
richtigen Art ausdrücken, so muß man sagen: Insofern
der Mensch in Betracht kommt, erweist sich für eine
wirkliche Beobachtung - für eine solche Beobachtung,
die dazu vordringt, Geistiges zu schauen auf dem Wege,
den ich angedeutet habe - alles Leibliche, was am Menschen
ist, weder als Werkzeug noch als nebenherlaufender
Vorgang, sondern als Schöpfung des Seelischen, im
Kleinen und im Großen als Schöpfung des Seelischen.
Und es ist nichts Leibliches am Menschen, das nicht eine
Schöpfung des Seelischen wäre. Man muß allerdings manches
Vorurteil abstreifen, man muß manche neuen Begriffe
aufnehmen aus der Geisteswissenschaft, wenn man
diese weittragende Idee, daß alles Leibliche eine Schöpfung
des Seelischen ist, ins Auge fassen will.
 
Schon im Kleinen ist das so, wenn wir irgendeine Vorstellung
uns bilden, wenn ein Gefühl auftritt in uns. Ja,
nur weil man nicht gelernt hat, wirklich geist-leiblich zu
beobachten, glaubt man, da wirke etwas Äußerliches auf
einen fertigen Leib; die äußerliche Wirkung übertrage
sich durch das Auge oder Ohr auf den fertigen Leib, dann
gehe die Wirkung im Innern weiter. Sehen Sie sich einmal
wirklich vorurteilslos die entsprechenden Theorien, die
so sprechen, an; Sie werden überall finden: Auf wirkliche
Beobachtung sind sie gar nicht gebaut, sondern sie sind
eigentlich alle auf Vorurteile gebaut. Denn was wirklich
vorgeht, wenn wir eine Wahrnehmung machen, wenn wir
etwas hören, das ist in dem Moment eigentlich in seinem
wesentlichsten Teile schon vollzogen, wenn uns die Sache
zum Bewußtsein kommt, und ist immer im Grunde genommen
ein Bildungsvorgang im Leibe. Ein Lichtstrahl
trifft uns; der Lichtstrahl bewirkt etwas. Er ist in derselben
Welt, in der auch unser Leib eingeschaltet ist. In
unserem Leib geht etwas vor. Was darinnen vorgeht, das
ist von ganz derselben Art, nur im Kleinen, ich möchte
sagen im Atomistischen, wie das ist, wenn aus Kräften im
Großen unser Gesamtorganismus gebildet wird. Wie unser
Gesamtorganismus gebildet wird aus den Kräften des
Wachstums und aus anderen Kräften heraus, so wird
etwas gebildet in uns, wenn ein Lichtstrahl uns trifft,
wenn ein Tonstrahl uns trifft und so weiter. Was da
gebildet wird, was Neubildung ist in uns, was entstanden
ist in uns, was geradeso als etwas Feines, Atomistisches in
uns ist, wie wenn uns ein neuer Finger gewachsen wäre -
das wäre nur deutlicher - , das spiegelt sich dann zurück
in die Seele, die nicht im Leibe ist, sondern immer im
Bereich des Übersinnlichen. Und das Spiegelbild, das
kommt uns zum Bewußtsein. Der Vorgang aber, der sich
da vollziehen muß für das wache Bewußtsein, muß ein
Verzehrungsvorgang, ein Abbauvorgang, wirklich ein
kleiner Tod sein.
 
Wir können an den gewöhnlichen Bewußtseinsvorgängen,
an dem, was wir als Vorstellung, Fühlen und Wollen
im gewöhnlichen Leben haben, im Grunde genommen
uns nicht völlig überzeugen durch leiblich-geistige Beobachtung,
wie es sich eigentlich mit dem Bewußtsein und
mit dem Seelenwesen verhält. Aber wenn wir auf etwas
anderes eingehen, wenn wir eingehen auf das, was auch
unser gewöhnliches Wachleben begleitet, auf die Bildung
der Erinnerungsvorstellungen, auf das Gedächtnis, da
kommen wir dem schon näher, was eben gesagt worden
ist. Wer zu beobachten versteht, was im Menschen vorgeht,
der weiß: Was eigentlich eine Vorstellung uns bewußt
macht, was macht, daß ich einen Gegenstand sehe,
höre, fühle, das führt nicht sogleich zu Erinnerungen.
Nein, sondern es muß immer etwas nebenherlaufen, ein
anderer Vorgang nebenherlaufen. Haben Sie Sinn für Beobachtung,
so sehen Sie sich an einen Schüler, der so recht
ochst; was er alles für Nebenübungen machen muß, damit
das, was er aufnimmt, auch gedächtnismäßig wird,
damit es in die Erinnerung übergeht. Es muß nämlich
immer ein unterbewußter Vorgang, ein unbewußter Begleitvorgang
vor sich gehen. Das, was wir wissen, das
bleibt uns nicht, sondern was neben dem Bewußtsein im
Unterbewußtsein hergeht. Das aber, was da geschieht in
unserem Organismus durch diese Nebenströmung des
Bewußtseins, das ist noch sehr ähnlich den Vorgängen,
die vor sich gehen, wenn wir wachsen, wenn wir von
klein auf wachsen, wenn wir uns bilden. Das Entstehen
von Bewußtseinsvorstellungen ist wirklich ein atomistischer
Wachstumsvorgang im Kleinen. Es wächst etwas in
uns, wenn es auch nur etwas Minuziöses ist. Sonst wachsen
wir wie mit Riesenkräften im Verhältnis zu dem
kleinen Wachstumsvorgang, der sich in uns vollzieht,
unbemerkt für das gewöhnliche Leben, wenn Erinnerung
sich bildet. Unter der Oberfläche des Stromes der bewußten
Vorstellungen fließt, während wir vorstellend erleben,
ein Geschehen, das die Erinnerungen trägt; und das ist
sehr ähnlich den Wachstumsvorgängen. Fragen Sie,
warum man gerade in der Jugend das Gedächtnis gut
ausbilden kann? Weil man da noch eben jene Kräfte, die
Wachstumskräfte sind, frisch in sich hat, weil sie noch
nicht abgestorben, abgewelkt sind. Aber ich kann immer
nur solche einzelnen Belege geben; man kann, was ich
gesagt habe, durch Hunderte und Hunderte von einzelnen
Beobachtungen belegen.
 
Dasjenige aber, was unser gewöhnliches Vorstellen ist,
das auch, was unser Fühlen, was unser Wollen ist, was
überhaupt der Verlauf unseres Seelenlebens ist, das greift
nun schon so ein, daß es nicht nur sich spiegelt und
dadurch das, was eigentlich geschieht, zum Bewußtsein
bringt; sondern so, wie behufs der Erinnerung eine Unterströmung
da ist zu unserem bewußten Leben, so gibt
es auch eine Oberströmung. Und wie man die Unterströmung
nicht bemerkt - man bemerkt sie höchstens, wenn
der Schüler ochst und Bewegungen macht und sein Gehirn
anstößt, um irgend etwas zu tun, diese Unterströmung
zu fördern —, die Oberströmung bemerkt man erst
recht nicht. Diese Oberströmung gehört aber vor allen
Dingen dem an, was ich vorhin den zweiten Menschen
genannt habe, der da schläft in dem gewöhnlichen Menschen,
während wir denken, fühlen, wollen und auf diese
Weise die Blüten unseres gewöhnlichen Lebens zustande
bringen, das zwischen Geburt und Tod, oder sagen wir
zwischen Empfängnis und Tod verläuft.
 
Ebenso wie die Erinnerungsströmung unter dem Bewußtsein,
so verläuft über dem Bewußtsein etwas rein
Seelisches, etwas, was nun gar nicht irgendwie im gewöhnlichen
Erleben in den Leib eingreift. Und weil dieses
bewußte Seelenleben ein solches, ich möchte sagen,
Übererleben hat, deshalb reichen für dieses bewußte Seelenleben,
ja für das vollständige Seelenleben die Kräfte gar
nicht aus, die der Mensch als Wachstumskräfte hat. Die
Kräfte, die den Menschen zur Geburt führen, reichen
nicht aus. Diese Kräfte könnten am Menschen nur hervorrufen,
was wir am schlafenden Organismus wahrnehmen.
In dem Augenblicke, wo in den Organismus das
Bewußtsein mit seinen bezeichneten Überströmungen
eingreift, müssen in den Organismus diejenigen Kräfte
eingreifen, die dann in ihrer Gesamtsumme als Tod diesen
Organismus auch zerstören. Diese Kräfte sind Abbaukräfte,
sind solche Kräfte, die immer mehr und mehr abbauend
eingreifen, so daß die Kräfte des Wachstums ausgleichend
im Schlafe wirken müssen. Erst dann versteht
man das übersinnliche Leben der Seele, wenn man weiß,
wie weit untersinnlich das rein Organische reicht.|72|38ff}}
 
Erschwert wird das Leib-Seele-Problem besonders dadurch, dass sich der in der [[angelsächsisch]]en Literatur verwendete und vor allem für die [[Neurowissenschaften]] heute einzig maßgebliche Ausdruck „[[Mind]]“ nur auf das leibbedingte mentale Spiegelbild des [[Geist]]es bezieht, das nicht mit der eigenständigen ''leibfreien'' [[Wirklichkeit]] des Geistes verwechselt werden darf. Es gehört zu den gerechtfertigten Aufgaben der Neurowissenschaften, dieses Spiegelbild und seinen Spiegelungsapparat auf rein [[naturwissenschaft]]liche Weise ohne Einmischung spritueller Erwägungen zu studieren. Darauf hat Rudolf Steiner nachdrücklich hingewiesen:
 
{{GZ|Und man wird deshalb zu einer besseren
Vorstellung über das «Ich» erkenntnistheoretisch gelangen,
wenn man es nicht innerhalb der Leibesorganisation
befindlich vorstellt, und die Eindrücke ihm «von außen»
geben läßt; sondern wenn man das «Ich» in die Gesetzmäßigkeit
der Dinge selbst verlegt, und in der Leibesorganisation
nur etwas wie einen Spiegel sieht, welcher das außer
dem Leibe liegende Weben des Ich im Transzendenten dem
Ich durch die organische Leibestätigkeit zurückspiegelt. Hat
man sich einmal für das mathematische Denken mit dem
Gedanken vertraut gemacht, daß das «Ich» nicht im Leibe
ist, sondern außerhalb desselben und die organische Leibestätigkeit
nur den lebendigen Spiegel vorstellt, aus dem das
im Transzendenten liegende Leben des «Ich» gespiegelt
wird, so kann man diesen Gedanken auch erkenntnistheoretisch
begreiflich finden für alles, was im Bewußtseinshorizonte
auftritt. - Und man könnte dann nicht mehr sagen, das
«Ich» müsse sich selbst überspringen, wenn es in das Transzendente
gelangen wollte; sondern man müßte einsehen,
daß sich der gewöhnliche empirische Bewußtseinsinhalt zu
dem vom menschlichen Wesenskern wahrhaft innerlich
durchlebten, wie das Spiegelbild sich zu dem Wesen dessen
verhält, der sich in dem Spiegel beschaut. - Durch eine
solche erkenntnistheoretische Vorstellung würde nun der
Streit zwischen der zum Materialismus neigenden Naturwissenschaft
und einer das Spirituelle voraussetzenden Geistesforschung
in eindeutiger Art wirklich beigelegt werden
können. Denn für die Naturforschung wäre freie Bahn geschaffen,
indem sie die Gesetze der Leibesorganisation unbeeinflußt
von einem Dazwischenreden einer spirituellen
Denkart erforschen könnte. Will man erkennen, nach welchen
Gesetzen das Spiegelbild entsteht, so ist man an die
Gesetze des Spiegels gewiesen. Von diesem hängt es ab,
wie der Beschauer sich spiegelt. Es geschieht in verschiedener
Art, ob man einen Planspiegel, einen konvexen oder einen
konkaven Spiegel hat. Das Wesen dessen, der sich spiegelt,
liegt aber außerhalb des Spiegels. So könnte man sehen in
den Gesetzen, welche die Naturforschung ergibt, die Gründe
für die Gestaltung des empirischen Bewußtseins; und in
diese Gesetze wäre nichts einzumischen von dem, was die
Geisteswissenschaft über das innere Leben des menschlichen
Wesenskernes zu sagen hat. Innerhalb der Naturforschung
wird man mit Recht sich immer wehren gegen ein Einmischen
rein spiritueller Gesichtspunkte. Und auf dem Felde
dieser Forschung ist es nur naturgemäß, daß man mehr
sympathisiert mit Erklärungen, die mechanisch gehalten
sind, als mit spirituellen Gesetzen. Eine Vorstellung wie
die folgende ''muß'' dem in klaren naturwissenschaftlichen
Vorstellungen Lebenden sympathisch sein: «Die Tatsache
des Bewußtseins durch Gehirnzellen-Erregung ist nicht wesentlich
anderer Ordnung als die Tatsache der an den Stoff
gebundenen Schwerkraft» (Moritz Benedikt). Jedenfalls ist
mit einer solchen Erklärung exakt methodologisch das naturwissenschaftlich
Denkbare gegeben. Sie ist naturwissenschaftlich
haltbar, während die Hypothesen von einem Regeln
der organischen Vorgänge unmittelbar durch psychische
Einflüsse naturwissenschaftlich unhaltbar sind.|35|139ff}}
 
Der grundlegende Fehler, aus dem sich das Leib-Seele-Problem überhaupt erst ergibt, liegt darin, dass der rein [[idee]]lle, also rein geistige Bezug zwischen [[Subjekt]] und [[Objekt]] fälschlich als äußerlicher [[Kausalbezug]] gedeutet wird. [[Gilbert Ryle]] (1900-1976) sprach diesbezüglich von einem grundsätzlichen [[Kategorienfehler]]. [[Rudolf Steiner]] hat darauf schon in seiner «[[Philosophie der Freiheit]]» bezüglich des Verhältnisses der [[Wahrnehmung]] zu den diese vermittelnden [[Organ]]en ([[Sinnesorgane]], [[Nervensystem]], [[Gehirn]]) hingewiesen:
 
{{GZ|Die Wahrnehmung
erweist sich bei fortgehender Betrachtung in Zusammenhang
stehend mit anderen Wahrnehmungen, zum
Beispiel einer bestimmten Figur, mit gewissen Temperaturund
Tastwahrnehmungen. Diesen Zusammenhang bezeichne
ich als einen Gegenstand der Sinnenwelt. Ich kann mich nun
fragen: was findet sich außer dem angeführten noch in
jenem Raumausschnitte, in dem mir obige Wahrnehmungen
erscheinen. Ich werde mechanische, chemische und andere
Vorgänge innerhalb des Raumteiles finden. Nun gehe ich
weiter und untersuche die Vorgänge, die ich auf dem Wege
von dem Gegenstande zu meinem Sinnesorgane finde. Ich
kann Bewegungsvorgänge in einem elastischen Mittel finden,
die ihrer Wesenheit nach nicht das geringste mit den
ursprünglichen Wahrnehmungen gemein haben. Das gleiche
Resultat erhalte ich, wenn ich die weitere Vermittelung vom
Sinnesorgane zum Gehirn untersuche. Auf jedem dieser Gebiete
mache ich neue Wahrnehmungen; aber was als bindendes
Mittel sich durch alle diese räumlich und zeitlich auseinanderliegenden
Wahrnehmungen hindurchwebt, das ist das
Denken. Die den Schall vermittelnden Schwingungen der
Luft sind mir gerade so als Wahrnehmungen gegeben wie
der Schall selbst. Nur das Denken gliedert alle diese Wahrnehmungen
aneinander und zeigt sie in ihren gegenseitigen
Beziehungen. Wir können nicht davon sprechen, daß es
außer dem unmittelbar Wahrgenommenen noch anderes
gibt, als dasjenige, was durch die ideellen (durch das Denken
aufzudeckenden) Zusammenhänge der Wahrnehmungen erkannt
wird. Die über das bloß Wahrgenommene hinausgehende
Beziehung der Wahrnehmungsobjekte zum Wahrnehmungssubjekte
ist also eine bloß ideelle, das heißt nur
durch Begriffe ausdrückbare. Nur in dem Falle, wenn ich
wahrnehmen könnte, wie das Wahrnehmungsobjekt das
Wahrnehmungssubjekt affiziert, oder umgekehrt, wenn ich
den Aufbau des Wahrnehmungsgebildes durch das Subjekt
beobachten könnte, wäre es möglich, so zu sprechen, wie es
die moderne Physiologie und der auf sie gebaute kritische
Idealismus tun. Diese Ansicht verwechselt einen ideellen
Bezug (des Objekts auf das Subjekt) mit einem Prozeß, von
dem nur gesprochen werden könnte, wenn er wahrzunehmen
wäre. Der Satz «Keine Farbe ohne farbenempfindendes
Auge» kann daher nicht die Bedeutung haben, daß das
Auge die Farbe hervorbringt, sondern nur die, daß ein
durch das Denken erkennbarer ideeller Zusammenhang besteht
zwischen der Wahrnehmung Farbe und der Wahrnehmung
Auge. Die empirische Wissenschaft wird festzustellen
haben, wie sich die Eigenschaften des Auges und die der Farben
zueinander verhalten; durch welche Einrichtungen das
Sehorgan die Wahrnehmung der Farben vermittelt usw. Ich
kann verfolgen, wie eine Wahrnehmung auf die andere
folgt, wie sie räumlich mit andern in Beziehung steht; und
dies dann in einen begrifflichen Ausdruck bringen; aber ich
kann nicht wahrnehmen, wie eine Wahrnehmung aus dem
Unwahrnehmbaren hervorgeht. Alle Bemühungen, zwischen
den Wahrnehmungen andere als Gedankenbezüge zu suchen,
müssen notwendig scheitern.|4|97f}}
 
Rudolf Steiner hat auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht bloß das Gehirn, sondern der ganze [[Leib]] die physische Grundlage des Seelenlebens ist.
 
{{GZ|Der
''Leib als Ganzes'', nicht bloß die in ihm eingeschlossene Nerventätigkeit
ist physische Grundlage des Seelenlebens. Und
wie das letztere für das gewöhnliche Bewußtsein sich umschreiben
läßt durch Vorstellen, Fühlen und Wollen, so das
leibliche Leben durch Nerventätigkeit, rhythmisches Geschehen
und Stoffwechselvorgänge.|21|158}}
 
Nur das [[Denken]] und [[Vorstellen]] stützt sich unmittelbar auf das [[Nervensystem]] und insbesondere auf das [[Gehirn]]. Das [[Fühlen]] hängt eng mit der Tätigkeit des [[Rhythmisches System|rhythmischen Systems]] zusammen und das [[Wollen]] mit dem [[Gliedmaßen-Stoffwechsel-System]]. Der Wille greift unmittelbar über das [[Wärme]]element in den [[Organismus]] ein.
 
Ein Haupthindernis für die Lösung des „Leib-Seele-Problems“ ist die laut Rudolf Steiner völlig widersinnige Unterscheidung [[Motorische Nerven|motorischer]] und [[Sensorische Nerven|sensorischer Nerven]]. Tatsächlich seien alle [[Nerven]] [[sensorisch]].
 
{{GZ|Wir haben zunächst den menschlichen Organismus. Wir verfolgen
die zentripetalen und die zentrifugalen, die sogenannten sensitiven
und motorischen Nerven. Ja, dieser Tatbestand ergibt sich. Ich kann
diese Gründe voll würdigen, kann auch würdigen, wie man die Zwiefachheit
des Nervensystems stützt durch die Tabes dorsalis und so
weiter.
 
Aber wenn man die höheren Wesensglieder kennt, dann werden
einem die Nerven etwas Einheitliches, man schaut die Einheitlichkeit
des Nervensystems. Die sensitiven sind darauf veranlagt, Sinneseindrücke
zu vermitteln; die motorischen haben mit dem Willen nichts
zu tun, sondern sie haben die Aufgabe, die Empfindungen, die in der
Peripherie sind, zu vermitteln, die chemisch-physiologischen Vorgänge
in den Beinen und so weiter. Die motorischen Nerven sind sensitiv für
die inneren Vorgänge des Organismus, während man tatsächlich dazu
kommt, so paradox das für die heutige Wissenschaft klingt, den Willen
unmittelbar in der Seele zu schauen und für die Entstehung der Bewegung
und der Willenseffekte einen unmittelbaren, direkten Einfluß
des Geistig-Seelischen auf das Physische anzunehmen.
 
Ich möchte Sie auf den Weg hinweisen, der dazu führen kann, diese
Anschauung zu finden. Denn als heutiger Anatom steht einem das Seelisch-
Geistige als etwas gegenüber, was zu allen möglichen Hypothesen
führen kann, es ist aber dasjenige, was man sich heute mehr mit
einer abstrakten Inhaltlichkeit vorstellt. ''[[Theodor Ziehen|Ziehen]]'' spricht nur von «Gefühlsbetonung» der Vorstellungen. Das, was man sich als Seele vorstellt,
ist etwas so abstraktes, dünn gewordenes, daß man nicht dazu
kommt, das Eingreifen dieses Seelischen in das Physische zu verstehen.
 
In dem Augenblicke, wo man sich klar wird, daß der physische
Leib vom Festen zum Flüssigen, Luftförmigen, bis zur Wärme heraufgeht,
dann kommt man schon mehr heran an das Geistige. Es ist natürlich
unmöglich, sich vorzustellen, daß das Geistige in den Organismus
eingreift, den die heutige Wissenschaft sich vorstellt. Aber sobald
man einen Wärmeorganismus annimmt, ist es nicht so schwer, sich
vorzustellen, daß das innere Kräften des Bildekräfteleibes eingreift
in die Wärmedifferenzierungen des menschlichen Organismus. In einer
Beziehung werden wir vieles durchzumachen haben, bis wir dazu
kommen, das lebendig zu machen, was heute in der Erkenntnis erstarrt
ist. Man wird den Übergang finden von dem feiner gewordenen
Physischen zu dem kraftvoller gewordenen Seelischen. Und man wird
sich sagen können: was Willenswesen ist, greift unmittelbar in die
Wärmeprozesse ein, von da in den Luftorganismus, von da in den
wäßrigen Organismus. Und es ist etwas ganz anderes vorhanden als
das, was die heutige Wissenschaft glaubt in bezug auf die motorischen
Nerven; da ist vorhanden ein geistig-seelisches-physisches Wirken, das
durch die motorischen Nerven zum Bewußtsein gebracht wird.|319|83f}}
 
== Dualistische Antworten auf das Leib-Seele-Problem ==
{{Hauptartikel|Dualismus (Ontologie)}}
 
Der Dualismus reagiert auf die intuitive Kluft zwischen dem mentalen [[Psyche|Innenleben]] und der physischen Realität wie folgt: Er behauptet, dass hier zwei grundsätzlich verschiedene [[Phänomen]]e im Spiel seien – eben ''mentale'' und ''physische'' [[Entität]]en. Je nachdem, wie die Entitäten weiter spezifiziert werden und wie man sich das Verhältnis von mentalen und physischen Entitäten vorstellt, kann man zu sehr verschiedenen Arten von Dualismen kommen.
 
Ruht der Dualismus allein auf der [[Intuition|intuitiven]] Kluft zwischen Mentalem und Physischem? Oder gibt es konkrete Argumente für den Dualismus? Das wohl bekannteste Argument entwickelte René Descartes in seinen ''Meditationen''.<ref name="descartes" /> Es lässt sich wie folgt zusammenfassen: ''Ich kann mir klar und deutlich vorstellen, dass Geist ohne Materie existiert. Was man sich klar und deutlich vorstellen kann, ist zumindest prinzipiell [[Möglichkeit|möglich]]. Also ist es zumindest prinzipiell möglich, dass Geist ohne Materie existiert. Wenn es prinzipiell möglich ist, dass Geist ohne Materie existiert, dann müssen Geist und Materie verschiedene Entitäten sein. Da also Geist und Materie verschiedene Entitäten sein müssen, ist der Dualismus folglich wahr.''
 
Die [[Prämisse]]n dieses [[Argument]]es können bezweifelt werden: Warum sollte zum Beispiel etwas möglich sein, nur weil es klar und deutlich vorgestellt werden kann? Trotz derartiger Probleme werden auch heutzutage noch Variationen von Descartes Argument verteidigt – etwa von [[wikipedia:Saul Kripke|Saul Kripke]].<ref>[[wikipedia:Saul Aaron Kripke|Saul&nbsp;A. Kripke]]: ''[[Wikipedia:Name und Notwendigkeit|Naming and Necessity]].'' Blackwell Pub., Oxford 1981, ISBN 0-631-12801-8.</ref> Allgemein lässt sich sagen, dass dualistische Positionen eher durch die Probleme des Materialismus plausibel werden als durch eigenständige positive Argumente.
 
[[Rudolf Steiner]] hat eine dualistische „Lösung“ des Leib-Seele-Problems abgelehnt und die beliebte ''Klavier-Metapher'', wonach das „vernüftige Bewusstsein“ gleichsam wie auf dem Instrument seines Gehirns spiele, energisch zurückgewiesen. In seinem [[Wikipedia:1899|1899]] veröffentlichten Aufsatz «''Haeckel und seine Gegner''»<ref>Rudolf Steiner: ''Haeckel und seine Gegner'', in: Die Gesellschaft, 15. Jg., Bd. 3, Heft 4, 5, 6; Aug./Sept. 1899; vgl. {{GZ||30|152ff}}</ref> schreibt er:
 
{{GZ|Kein naturwissenschaftlicher Denker wird je der Meinung sein,
daß darüber, was im logischen Sinne wahr oder falsch ist, die körperlich-
organischen Gründe Aufschluß geben können. Die geistigen
Zusammenhänge können nur aus dem geistigen Leben heraus
erkannt werden. Was logisch berechtigt ist, darüber wird immer
die Logik, was künstlerisch vollkommen ist, darüber wird das
ästhetische Urteil entscheiden. Ein anderes aber ist die Frage: Wie
entsteht das logische Denken, wie das ästhetische Urteil als Funktion
des Gehirnes? Über diese Frage allein spricht sich die vergleichende
Physiologie und Gehirnanatomie aus. Und diese zeigen,
daß das vernünftige Bewußtsein nicht für sich abgesondert existiert
und das menschliche Gehirn nur benutzt, um sich durch dasselbe
zu äußern, wie der Klavierspieler auf dem Klavier spielt,
sondern daß unsere Geisteskräfte ebenso Funktionen der Form-
Elemente unseres Gehirns sind, wie «jede Kraft die Funktion eines
materiellen Körpers ist» (Haeckel, Anthropogenie).
 
Das Wesen des ''[[Monismus]]'' besteht in der Annahme, daß alle
Weltvorgänge, von den einfachsten mechanischen an bis herauf
zu den höchsten menschlichen Geistesschöpfungen, in gleichem
Sinne sich naturgemäß entwickeln und daß alles, was zur Erklärung
der Erscheinungen herangezogen wird, ''innerhalb'' der Welt
selbst zu suchen ist. Dieser Anschauung steht der ''[[Dualismus]]'' gegenüber,
der die reine Naturgesetzlichkeit nicht für ausreichend
hält, um die Erscheinungen zu erklären, sondern zu einer über den
Erscheinungen waltenden, vernünftigen Wesenheit seine Zuflucht
nimmt. Diesen Dualismus muß die Naturwissenschaft, wie gezeigt
worden ist, verwerfen.|30|174}}
 
=== Interaktionistischer Substanzdualismus ===
[[Datei:Frans Hals - Portret van René Descartes.jpg|thumb|[[René Descartes]] in einem Porträt von [[Wikipedia:Frans Hals|Frans Hals]] (1648)]]
 
Die klassische Form des Dualismus ist der interaktionistische Substanzdualismus. Er wurde in maßgeblicher Weise von [[René Descartes]] formuliert und hat auch noch heute Anhänger.<ref name="descartes" /> [[Karl Popper]] und [[wikipedia:John Carew Eccles|John Eccles]] waren die bekanntesten interaktionistischen Dualisten des 20. Jahrhunderts.<ref>[[Karl Popper]], [[wikipedia:John Carew Eccles|John Carew Eccles]]: ''Das Ich und sein Gehirn.'' 8.&nbsp;Auflage Piper, München u.&nbsp;a. 2002, ISBN 3-492-21096-1.</ref> Die grundlegenden Ideen lauten wie folgt: Geist und Materie sind verschiedene Substanzen und sie wirken aufeinander ein. Wenn ich mir mit der Nadel in den Finger steche, so werden von dort Signale in das Gehirn geleitet und dort muss es eine ‚Stelle‘ geben, wo das Gehirn auf den immateriellen Geist wirkt. Genau so funktioniert es in die andere Richtung: Wenn ich Schmerzen habe, so wirkt der immaterielle Geist auf das Gehirn. Von da werden Signale ausgesendet und ich ziehe –&nbsp;beispielsweise&nbsp;– meine Hand zurück.
 
Ein derartiger Dualismus hat mit massiven Problemen zu kämpfen: Wenn es einen Ort der Interaktion zwischen Geist und Gehirn gibt, so müsste dieser Ort auffindbar sein. Die Spekulationen von Descartes (er hoffte auf die [[Zirbeldrüse]] als Interaktionsort) wurden jedoch bald widerlegt. Auch sonst wurden nirgendwo sichtbare Stellen im Gehirn gefunden, an denen das Verhalten der [[Neuron]]en nur durch einen immateriellen Geist zu erklären wäre. Abgesehen davon, dass im Gehirn gar kein „Platz“ zu sein scheint für eine Interaktion, ist die Art der Wechselwirkung dabei eine offene Frage. Manche neuere Philosophen, zum Beispiel der theoretische Physiker und Relativist [[wikipedia:Roger Penrose|Roger Penrose]], gehen von einer Interaktion durch Quanteneffekte aus.<ref>[[wikipedia:Roger Penrose|Roger Penrose]]: ''Schatten des Geistes'': Wege zu einer neuen ''Physik des Bewusstseins''; aus dem Englischen übersetzt von Anita Ehlers. Heidelberg etc., Spektrum Akademischer Verlag, cop. 1995, ISBN 3-86025-260-7 – siehe insbesondere Kapitel&nbsp;7: „''Quantentheorie und Gehirn''“.</ref>
 
Von Karl Popper stammt eine Theorie, die die duale Auffassung der Welt (physikalische Welt und mentale Welt, menschliches Bewusstsein) um eine 3.&nbsp;Welt erweitert. ([[Drei-Welten-Theorie]]). Es handelt sich bei der 3.&nbsp;Welt um die Produkte menschlichen Geistes, die unabhängig von einem individuellen Bewusstsein (weiter-)existieren und Ursache für Veränderungen der 1.&nbsp;Welt (physikalische Welt) sein können.
 
Der große Vorteil des interaktionistischen Dualismus besteht darin, dass er mit der Alltagserfahrung der Menschen in Übereinstimmung befindet, da sie sich als geistige Wesen erfahren, getrennt von der physikalischen Welt, aber mit Hilfe ihrer Sinneswahrnehmungen, ihrer Handlungen und ihrer Sprache mit ihr und den Mitmenschen kommunizierend.
 
=== Psychophysischer Parallelismus (nichtinteraktionistischer Substanzdualismus) ===
{{Hauptartikel|Psychophysischer Parallelismus}}
 
Der psychophysische Parallelismus ist in seiner substanzdualistischen Spielart von [[Gottfried Wilhelm Leibniz]] entwickelt worden.<ref>[[Gottfried Wilhelm Leibniz]]: ''Monadologie.'' 1714.</ref> Die zentralen Thesen sind:
 
# Geist und Materie sind zwei verschiedene Substanzen.
# Die beiden Substanzen wirken jedoch nicht aufeinander.
 
Damit wären die Probleme des interaktionistischen Dualismus überwunden, da man nun nicht mehr nach einem Interaktionsort im Gehirn suchen muss. Doch es stellen sich gleich neue Fragen, so etwa: Wenn ich zum Kühlschrank gehen will (mental), so gehe ich normalerweise auch zum Kühlschrank (physisch). Wie kann das sein, wenn Geist und Materie gar nicht aufeinander wirken? Die Antwort des Parallelismus darauf lautet, dass geistige und materielle Ereignisse parallel zueinander ablaufen, so wie synchron laufende Uhren. Den Grund für diese Parallelität –&nbsp;es erscheint intuitiv als ein unglaublicher Zufall, wenn bei allen geistigen Wesen die physische Maschinerie exakt parallel zum Geist laufen würde&nbsp;– sah Leibniz in dem Wirken Gottes.
 
[[Datei:Gottfried Wilhelm von Leibniz.jpg|thumb|[[Gottfried Wilhelm Leibniz]] in einem Porträt [[wikipedia:Christoph Bernhard Francke|Christoph Bernhard Francke]], um 1700]]
 
In seiner zweiten, monistischen Spielart hat im 19.&nbsp;Jahrhundert [[wikipedia:Gustav Theodor Fechner|Gustav Theodor Fechner]] den Psychophysischen Parallelismus entwickelt. Seine Theorie wurde auch „Identitätsansicht“ genannt und gehört damit –&nbsp;streng genommen&nbsp;– nicht mehr zum Dualismus, der immer von zwei Gegenstandsarten ausgeht. Diese Art des Psychophysischen Parallelismus stellt deshalb keinen Substanz- sondern einen [[Eigenschaftsdualismus]] oder eine Zwei-Seiten-Lehre (''dual aspect theory'') dar. Leib und Seele sind für Fechner zwei Perspektiven auf ein und denselben Gegenstand. Von außen betrachtet erscheint der menschliche Leib physisch, von innen betrachtet [[Psyche|psychisch]]. Das Psychische ist eine Eigenschaft der im menschlichen Leib organisierten Materie. [[wikipedia:Ernst Mach|Ernst Mach]]s „[[wikipedia:neutraler Monismus|neutraler Monismus]]“ geht direkt auf die Auffassung Fechners zurück.
 
=== Okkasionalismus ===
{{Hauptartikel|Okkasionalismus}}
 
Der Okkasionalismus ist unter anderem von [[wikipedia:Nicolas Malebranche|Nicolas Malebranche]] vertreten worden. Die Idee: ''Wenn ich etwas tun will, so ist das ein immaterielles Ereignis in meinem Geist. Dieser Vorfall wird von Gott registriert und der Körper entsprechend in Gang gesetzt.''
 
=== Epiphänomenalismus ===
''([[wikipedia:Epiphänomenalismus| Hauptartikel: Epiphänomenalismus]] )''
 
Der Epiphänomenalismus ist eine spezielle Form des [[#Eigenschaftsdualismus|Eigenschaftsdualismus]] und ist von [[wikipedia:Thomas Henry Huxley|Thomas Henry Huxley]] entwickelt worden. Der Grundgedanke ist, dass das Verhältnis von Geist und Materie wie eine Einbahnstraße zu denken ist: Die Materie wirkt auf den immateriellen Geist, aber nicht umgekehrt. Der Epiphänomenalismus hat jedoch ähnliche Probleme wie der interaktionistische Dualismus: Wo ist der Ort, an dem die Wirkung auf den Geist stattfindet? Wie hat man sich diese Wirkung vorzustellen? Problematisch ist auch, dass der Epiphänomenalismus dazu zwingt, die Verursachung geistiger Zustände durch andere geistige Zustände ebenso zu leugnen wie die Verursachung von Zuständen der Welt durch geistige Zustände. Die Vorstellung einer Zitrone (ein geistiger Zustand) kann demnach weder die Vorstellung säuerlichen Geschmacks (einen anderen geistigen Zustand) noch Speichelfluss (einen Zustand der Welt) ''verursachen''. Der Epiphänomenalismus liefert jedoch keine starken Argumente dafür, die ohne weiteres für eine Aufgabe dieser Ursache-Wirkungs-Annahme sprechen. Der Epiphänomenalismus wird heute nur noch von wenigen vertreten, ein bekannter Fürsprecher war bis vor kurzem [[wikipedia:Frank Cameron Jackson|Frank Cameron Jackson]].<ref>[[wikipedia:Frank Cameron Jackson|Frank Cameron Jackson]]: ''What Mary didn’t know.'' In: ''Journal of Philosophy'' 1986, Seiten 291–295</ref>
 
=== Eigenschaftsdualismus ===
''( [[wikipedia:Eigenschaftsdualismus|Hauptartikel: Eigenschaftsdualismus]] )''
 
Der Eigenschaftsdualismus hat in den letzten Jahren –&nbsp;durch [[David Chalmers]]&nbsp;– eine Renaissance erlebt.<ref>[[David Chalmers|David&nbsp;J. Chalmers]]: ''The Conscious Mind.'' Oxford University Press, Oxford 1996, ISBN 0-19-511789-1.</ref><ref>[[David Chalmers|David&nbsp;J. Chalmers]]: ''Philosophy of Mind – Classical and Contemporary Readings.'' (Hrsg.) Oxford University Press, Oxford 2002, ISBN 0-19-514581-X.</ref> Der Eigenschaftsdualismus gehört nur bedingt in die Reihe der Dualismen: Im Gegensatz zu den anderen Positionen ist er ein Substanzmonismus, ist also sogar mit der These verträglich, dass alles aus kleinsten physischen Teilchen zusammengesetzt ist. Er besteht jedoch darauf, dass es nichtmaterielle Eigenschaften gibt. Chalmers nennt die Eigenschaft „auf bestimmte Art erlebt zu werden“ (die [[Qualia]]) eine nichtmaterielle Eigenschaft. Seine Überlegungen stützen sich auf den Begriff der [[wikipedia:Supervenienz|Supervenienz]] und die Logik reduktiver Erklärungen. Eine wichtige Spielart des Eigenschaftsdualismus ist der [[wikipedia:Panpsychismus|Panpsychismus]], der davon ausgeht, dass allen physikalischen Entitäten mentale Eigenschaften innewohnen.
 
== Monistische Antworten auf das Leib-Seele-Problem ==
{{Hauptartikel|Monismus}} [[wikipedia:Monismus|Hauptartikel: Monismus]]
 
[[Datei:Spinoza.jpg|thumb|[[Baruch de Spinoza|Baruch (de) Spinoza]], in einem Porträt ca. 1665]]
Der Monismus besagt, im Gegensatz zum Dualismus, dass es nur eine Substanz gäbe (z. B. nur ''geistig'' oder nur ''materiell''), wobei die meisten monistischen Theorien ''materielle'' Monismen sind. Ein materieller Monismus besagt also, dass die einzig vorhandene Substanz die (physische) Materie sei. Es sind jedoch auch andere Formulierungen möglich: Man könnte auch behaupten, dass es keine Materie gäbe, sondern nur den Geist. Ein solcher Monismus wird heute nur noch selten vertreten. Eine dritte Möglichkeit ist, eine Substanz anzunehmen, die weder physische Materie noch Geist ist. Das Mentale und Physische wären Eigenschaften dieser einen Substanz. Eine solche Position wurde von [[Baruch Spinoza]] vertreten und im 19.&nbsp;Jahrhundert durch [[Ernst Haeckel]] populär gemacht. Dieser Monismus ähnelt dem Eigenschaftsdualismus ([[#Eigenschaftsdualismus|s.&nbsp;o.]]).
 
=== Behaviorismus ===
{{Hauptartikel|Behaviorismus}}
 
Der Behaviorismus hat die Philosophie des Geistes in weiten Teilen der ersten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts beherrscht. In der Psychologie war der Behaviorismus als Reaktion auf Probleme der [[Selbstbeobachtung|Introspektion]] entstanden: Wenn jemand aufgrund von Introspektion über sein mentales Innenleben berichtet, so ist (oder war damals) keine Überprüfung der Aussagen möglich. Ohne allgemeine Überprüfbarkeit ist jedoch, so die Behavioristen, keine [[Wissenschaft]] möglich. Der Ausweg für die Psychologie: Sie sollte auf mentales Innenleben und Introspektion verzichten und stattdessen das [[Verhalten]] beschreiben. Man spricht bei diesem wissenschaftlichen Ansatz auch von methodologischem Behaviorismus. Sein Hauptvertreter war [[wikipedia:Burrhus Frederic Skinner|B. F. Skinner]].
 
Parallel zu derartigen Entwicklungen der Psychologie entwickelte sich ein philosophischer Behaviorismus, gelegentlich auch als „logischer“ oder „analytischer“ Behaviorismus bezeichnet. Der Ansatz des philosophischen Behaviorismus ist physikalistisch: Mentale Zustände sind Verhaltensbeschreibungen bzw. -[[wikipedia:Einstellung (Psychologie)|disposition]]en. Einer der Hauptvertreter dieser Position innerhalb der Philosophie des Geistes war der britische Philosoph [[wikipedia:Gilbert Ryle|Gilbert Ryle]]. Dessen 1949 veröffentlichter Klassiker ''The Concept of Mind'' entwickelte einen an [[Ludwig Wittgenstein]] angelehnten Behaviorismus und prägte die anknüpfende philosophische Debatte über Jahrzehnte hinweg. Ein weiterer „Urvater“ des philosophischen Behaviorismus ist [[wikipedia:Carl Hempel|Carl Hempel]], der in seinem Werk ''The Logical Analysis of Psychology'' stark von den Arbeiten [[wikipedia:Rudolf Carnap|Rudolf Carnap]]s geprägt war.
 
Der Behaviorismus gilt heute sowohl in seiner methodologischen wie auch in seiner philosophischen Ausprägung weitgehend als überholt. Es wurden u. a. folgende Argumente gegen ihn vorgebracht:
* [[Hilary Putnam]] entwarf das Gedankenexperiment eines „Superstoikers“, der auf jeglichen denkbaren Schmerzreiz kein erkennbares Schmerzverhalten zeigt. Die Tatsache, dass dies vorstellbar ist, belegt nach Putnam, dass Schmerzen mehr sind als die bloße Disposition zu Schmerzverhalten.<ref>Hilary Putnam, ''Brains and Behaviour'', 1965</ref>
* Der Behaviorismus kann kein Erklärungsmodell für [[Rationalität|rationales]] Denken geben. Glaubt eine Person erstens, heute sei Dienstag, und zweitens, dienstags finde das Training im Sportverein statt, so wird sie daraus folgern, dass heute Training im Sportverein stattfindet. Ein Großteil des menschlichen Alltags und Verhaltens wird durch derartige Zusammenhänge bestimmt, die durch den philosophischen Behaviorismus nicht erklärt werden können.
* Einige mentale Zustände hängen nur schwerlich mit Verhaltensdispositionen zusammen. So ist es unplausibel zu behaupten, dass eine Person über Verhaltensdisposition redet, wenn sie von stechenden Kopfschmerzen berichtet.
* Der Zusammenhang zwischen bestimmten Verhaltensdispositionen und bestimmten angenommenen mentalen Zuständen ist keineswegs eindeutig. Wenn eine Person „glaubt“, ein bestimmtes Verhalten könne ihren Schmerz lindern, so wird sie dieses Verhalten zeigen, wenn sie Schmerzen hat. Dabei kann es sich auch um absurde Verhaltensweisen wie das Aufsagen eines „heilenden“ Zauberspruchs handeln.
* Zu beachten ist auch, dass der mit dem philosophischen Behaviorismus verwandte oben erwähnte methodologische Behaviorismus auf die Beschreibung mentaler Zustände verzichtete, weil sich diese nicht unmittelbar beobachten (und somit verifizieren) lassen. Dieses Argument würde jedoch auch für andere [[naturwissenschaft]]liche Forschungsgegenstände zutreffen, so z. B. für Atome oder Steinzeitmenschen.
 
=== Identitätstheorie ===
{{Siehe auch|Identitätsphilosophie}}
 
Die von [[wikipedia:John Jamieson Carswell Smart|John Smart]] und [[wikipedia:Ullin Place|Ullin Place]] entwickelte [[wikipedia:Identitätstheorie (Philosophie des Geistes)|Identitätstheorie]]<ref>[[wikipedia:Ullin Place|Ullin Place]]: ''Is Consciousness a Brain Process?'' In: ''British Journal of Psychology'' 1956</ref><ref>[[Wikipedia:John Jamieson Carswell Smart|John Smart]]: ''Sensations and Brain Processes'' In: ''Philosophical Review'' 1956</ref> war die direkte Reaktion auf das Scheitern des Behaviorismus. Wenn mentale Zustände etwas Materielles sind, aber kein Verhalten, so sind mentale Zustände vermutlich mit materiellen Zuständen identisch. Die hier naheliegende Idee: Ein mentaler Zustand&nbsp;M ist nichts anderes als ein Gehirnzustand&nbsp;G. Der mentale Zustand „Wunsch nach einem Kaffee“ wäre also nichts anderes als „das ‚Feuern‘ bestimmter [[Nervenzelle]]n in bestimmten Hirnregionen“.
 
Eine beliebte Analogie zur Veranschaulichung dieser Theorie ist die Identität von ''Wasser'' und <math>H_2 O</math>: Jedes Phänomen, das als Wasser bezeichnet werden kann, kann auch als <math>H_2 O</math> bezeichnet werden und umgekehrt. Die Eigenschaften von Wasser sind identisch mit den Eigenschaften von <math>H_2 O</math>. Es bedurfte jedoch eines lang andauernden wissenschaftlichen Prozesses, um den Begriff <math>H_2 O</math> zu gewinnen und ihn dem Alltagsverständnis von Wasser zuordnen zu können. In ebensolcher Weise gehen Anhänger der Identitätstheorie davon aus, dass der weitere wissenschaftliche Fortschritt in den Neurowissenschaften zunehmend Klarheit über die Identität von mentalen Zuständen und Gehirnzuständen bringen wird.
 
Zwei Arten von Identität müssen unterschieden werden, nämlich die zwischen [[Token und Type|Typ- und Token-Identität]]. Ein Token stellt ein konkretes Exemplar eines Typs dar, während Typen bestimmte Mengen von Exemplaren umfassen, die alle bestimmte Eigenschaften erfüllen. Ein Token ist identisch mit einem anderen Token, wenn es sich um dasselbe Exemplar handelt. So ist beispielsweise der Eiffelturm, den eine Person A gesehen hat, token-identisch mit dem Eiffelturm, den eine andere Person B gesehen hat. Smart stellt jedoch ursprünglich auf eine Typ-Identität ab: Wasser ist typ-identisch mit <math>H_2 O</math>. Aufgrund des im nächsten Absatz beschriebenen Problems der [[wikipedia:Multiple Realisierung|multiplen Realisierung]] lässt sich eine Typ-Identität für mentale Zustände und Gehirnzustände nur schwer aufrechterhalten.
 
Das Problem der multiplen Realisierung ist zuerst von [[Hilary Putnam]] formuliert worden.<ref name="putnam">[[Hilary Putnam]]: ''Psychological Predicates'', in: W.&nbsp;H. Captain (Hrsg.): ''Art, Mind and Religion'', Pittsburgh 1967, Seiten 37–48</ref> Hiernach scheint es klar zu sein, dass nicht nur Menschen, sondern auch z.&nbsp;B. Lurche Schmerzen haben können. Es scheint aber unwahrscheinlich, dass alle Wesen mit Schmerzen den gleichen Gehirnzustand aufweisen, da die Gehirne dieser Wesen sich strukturell stark unterscheiden. Wenn das aber nicht der Fall ist, dann kann der Schmerz auch nicht mit einem bestimmten Gehirnzustand identisch sein. Eine abgewandelte Form der Identitätstheorie kann nun einzelne Realisierungen zu eigenständigen Typen zusammenfassen und sagen: ''Menschen''schmerzen sind identisch mit einem bestimmten Gehirnzustand eines ''Menschen''gehirns, während Lurchschmerzen identisch sind mit einem bestimmten Gehirnzustand eines Lurchgehirns. [[wikipedia:Ian Ravenscroft|Ian Ravenscroft]] nennt dies eine ''eingeschränkte Typ-Identitätstheorie''. Führt man diesen Gedankengang weiter, so gelangt man schließlich zu einer ''Token-Identitätstheorie'', die lediglich noch die Identität mentaler Zustände eines Individuums mit dessen Gehirnzustand postuliert.
 
Zwischen Smarts beabsichtigter Typ-Identitätstheorie und einer Token-Identitätstheorie besteht der wesentliche Unterschied, dass Erstere ''reduktionistisch'' ist: Sie möchte unsere mentalen Zustände durch Rückführung auf eine andere Theorie verständlicher machen, so wie die Rückführung von Wasser auf <math>H_2 O</math> den gesamten Erklärungsapparat von Physik und Chemie auf Wasser anwendbar macht. Wenn mentale Zustände typ-identisch mit Gehirnzuständen sind, so lässt sich die Psychologie schließlich auf die Neurowissenschaft zurückführen. Bei Token-Identität ist dies jedoch nur noch eingeschränkt möglich, da jedes Gehirn sich in seiner Realisierung von jedem anderen Gehirn unterscheidet. Eine Token-Identitätstheorie ist demnach ''nicht-reduktionistisch''.
 
Trotz dieser Probleme gibt es heute eine gewisse Renaissance der Identitätstheorie, welche vor allem [[wikipedia:Jaegwon Kim|Jaegwon Kim]] zu verdanken ist.
 
Die Identitätstheorie erhält Auftrieb dadurch, dass das physikalische Konzept der Materie und ihrer Wechselwirkungen erkennbar nicht abgeschlossen ist. Daraus erwächst die Hoffnung, dass sich aus zukünftigen Erweiterungen des physikalischen Verständnisses möglicherweise auf direktem Wege die [[Emergenz]] der neuen „Dimension“ des Bewusstseins ableiten lässt.
 
=== Funktionalismus ===
{{Hauptartikel|Funktionalismus (Philosophie)}}
 
Der Funktionalismus wurde unter anderem von [[Hilary Putnam]] als Reaktion auf die Probleme der Identitätstheorie entwickelt.<ref name="putnam" /> Die Idee lautet wie folgt: Wenn Wesen mit verschiedenen Gehirnzuständen den gleichen mentalen Zustand haben können (die Identitätstheorie also falsch ist), so muss dennoch etwas existieren, das die Gehirnzustände gemeinsam haben. Der Vorschlag der Funktionalisten ist es, den verschiedenen Gehirnzuständen den gleichen funktionalen Zustand zuzuordnen. Die mentalen Zustände wären dann funktionale Zustände.
 
Doch was sind funktionale Zustände? Dies wird oft am Beispiel von einfachen [[Automat]]en erklärt: Stellen wir uns einen Süßigkeitenautomaten vor. Dieser wirft bei einem Euro eine Süßigkeit aus. Nun kann man den Automaten mit verschiedenen Zuständen beschreiben: Es muss einen Zustand geben, in dem der Automat die Süßigkeit auswirft, ohne weiteres Geld zu fordern. Es muss aber auch Zustände geben, in denen der Automat noch einen Euro oder 50&nbsp;Cent fordert, um etwas auszuspucken. Im Sinne der [[Automatentheorie]] lässt sich der Süßigkeitenautomat so durch abstrakte funktionale Zustände komplett beschreiben. Der Kern des Beispiels ist nun, dass die Beschreibung gilt, ganz egal, woraus der Automat konkret gemacht ist. Die Analogie ist klar: Mentale Zustände sollen funktionale Zustände sein, gleichgültig, von welchen Gehirnzuständen sie konkret realisiert werden.
 
Zentrales Problem des Funktionalismus ist das Bewusstsein. Als Beispiel dient ein als „China-Gehirn“ bezeichnetes Gedankenexperiment: Jeder Chinese besitze ein Handy und habe klare Anweisungen, welche Nummer er anrufen soll, wenn er von bestimmten anderen Nummern angerufen wird. Man stelle sich nun zusätzlich vor, dass die Zahl der Chinesen und die Zahl der Gehirnzellen eines menschlichen Gehirns gleich seien, und dass man eine Situation herstellen könne, in welcher der aktuelle Verbindungszustand im chinesischen Handynetz identisch mit dem Aktivierungszustand der Neuronen eines menschlichen Gehirns bei der Vorstellung des Eiffelturms sei. Dann ist es intuitiv kaum vorstellbar, dass die durch die Chinesen und deren Handynetz gebildete Gesamtheit tatsächlich allein auf Grund des aktuellen Verbindungszustands und der daraufhin gewählten Nummernfolgen eine Vorstellung des Eiffelturms entwickelt, noch irgendeine andere Vorstellung oder einen anderen mentalen Zustand. Gleichgültig welche Funktion der Verbindungszustand des chinesischen Handynetzes haben mag, ein irgendwie gearteter kollektiver mentaler Zustand ist keine plausible Annahme. Der Funktionalismus erklärt somit auch nicht das Phänomen des Bewusstseins des menschlichen Gehirns, denn inwiefern das Feuern bestimmter Neuronen zu einem bewussten mentalen Erleben führen sollte, bleibt selbst dann unerklärt, wenn dies eine bestimmte Funktion erfüllt.
 
=== Nichtreduktiver Materialismus und Emergenz ===
Bei vielen Philosophen kommen zwei Überzeugungen zusammen:
 
# Der Materialismus ist wahr, mentale Zustände müssen materielle Zustände sein.
# Die einzelnen reduktiven Vorschläge sind alle unbefriedigend: Mentale Zustände lassen sich nicht auf Verhalten, Gehirnzustände oder funktionale Zustände zurückführen.
 
Daraus ergibt sich die Frage, ob es einen nichtreduktiven Materialismus geben kann. [[Donald Davidson]]s [[anomaler Monismus]] ist ein Versuch, einen solchen Materialismus zu formulieren.<ref>[[Donald Davidson]]: ''Essays on Actions and Events'' Oxford University Press, Oxford 1980, ISBN 0-19-924627-0.</ref> Oft wird die Idee mit dem Begriff der [[Supervenienz]] formuliert: Mentale Zustände supervenieren über physischen Zuständen, sind aber nicht auf sie zurückführbar. „Supervenieren“ beschreibt dabei eine Abhängigkeitsbeziehung: Das Mentale kann sich nicht verändern, ohne dass sich das Physische verändert.
 
Auch der [[Emergenz]]begriff spielt in den Debatten um den nichtreduktiven Materialismus eine zentrale Rolle.<ref>Die ausführlichste Erörterung des Themas in deutscher Sprache findet sich in: Achim Stephan: ''Emergenz: Von der Unvorhersagbarkeit zur Selbstorganisation'', Mentis, 3.&nbsp;Auflage 2007, ISBN 3-89785-439-2.</ref> Ein Phänomen wird genau dann als „emergent“ bezeichnet, wenn es auf der Makroebene eines [[System]]s erscheint, jedoch nicht auf der Mikroebene der Systemkomponenten. In diesem Sinne wird etwa davon ausgegangen, dass das Bewusstsein emergent ist, da Personen Bewusstsein haben, man aber nicht den einzelnen Teilen des Menschen Bewusstsein zusprechen kann. Dabei wird das Emergenzkonzept häufig mit einer antireduktionistischen These kombiniert: Das Phänomen auf der Makroebene (in diesem Fall: Das Bewusstsein) lässt sich prinzipiell nicht auf die Mikroebene (also etwa Gehirnaktivitäten) zurückführen. In der Philosophie des Geistes ist umstritten, ob eine solche Position wieder zum Dualismus zurückführt. Kritiker des Emergenzbegriffes erklären, dass die [[Irreduzibilität]] der Makroebene im Rahmen einer materialistischen Theorie nicht verständlich sei.
 
=== Eliminativer Materialismus ===
 
Wenn man Materialist ist, die reduktiven Bemühungen für gescheitert hält und einen nichtreduktiven Materialismus für inkohärent hält, so kann man zu einem letzten Mittel greifen und behaupten: „Es gibt keine mentalen Zustände.“<ref>[[Paul Churchland]]: ''Eliminative Materialism and the Propositional Attitudes''. In: ''Journal of Philosophy'' 1981, Seiten 67–90</ref><ref>[[Patricia Churchland]]: ''Neurophilosophy: Toward a Unified Science of the Mind-Brain.'' MIT Press, Cambridge MA 1986, ISBN 0-262-03116-7.</ref> '''Eliminative Materialisten''' behaupten, dass mentale Zustände von unserer [[Alltagspsychologie]] eingeführt worden sind. Wenn sich nun die Alltagspsychologie im Laufe der wissenschaftlichen Entwicklung als falsch herausstellt, so müssen wir auch die von ihr postulierten Entitäten abschaffen. Eliminativisten wie beispielsweise [[Patricia Churchland|Patricia]] und [[Paul Churchland]] verweisen an dieser Stelle oft auf das Schicksal anderer, falscher [[Theorie]]n im Laufe der Geschichte. Beispielsweise hat sich das System des Hexenglaubens als falsch herausgestellt. Die Konsequenz besteht in der Anerkennung der Nichtexistenz von [[Hexe]]n.
 
== Philosophie des Geistes im Buddhismus ==
 
<blockquote>"Was aber ist nun, Herr, Alter und Tod, und wem wieder wird dieses Alter und dieser Tod zu eigen?" "Die Frage ist nicht richtig," erwiderte der Erhabene. "Wenn man sagte: 'was ist Alter und Tod, und wem wieder wird dieses Alter und dieser Tod zu eigen?' - oder wenn man sagte: 'ein anderes ist Alter und Tod, und ein anderes ist der, dem dieses Alter und dieser Tod zu eigen wird,' so wäre beides ein und dasselbe, nur der Ausdruck wäre verschieden. Wenn die Anschauung besteht, Leben und Körper seien dasselbe, so gibt es keinen heiligen Wandel; oder wenn die Anschauung besteht, ein anderes sei das Leben, und ein anderes sei der Körper, so gibt es keinen heiligen Wandel. Diese beiden Enden vermeidend verkündet in der Mitte der [[Tathagata|Tathāgata]] (d.h. der "So-Gegangene", also Buddha) die wahre Lehre: aus der Geburt als Ursache entsteht Alter und Tod."<ref>''Avijjapaccaya Sutta '':http://www.palikanon.com/samyutta/sam12_40.html#s12_35</ref></blockquote>
 
Östliche Traditionen wie der [[Buddhismus]] gehen nicht von einem dualistischen Leib-Seele-Modell aus, aber stellen fest, dass Körper und Geist zwei unterschiedliche Einheiten sind. Speziell im Buddhismus wird die Idee einer unabhängigen Seele ([[Atman]]) des [[Hinduismus]] nicht akzeptiert. Einige Schulen des Buddhismus gehen von einer sehr subtilen Ebene des Bewusstseins aus, das den Körper zum Zeitpunkt des Todes verlässt und zu einem neuen Leben übergeht. Laut dem buddhistischen Gelehrten [[wikipedia:Dharmakirti|Dharmakirti]] ist die Definition des Geistes bzw. des Bewusstseins das, was Klarheit und Erkennen ist. In dieser Definition bezieht sich "Klarheit" auf die Natur des Geistes und "Erkennen" auf die Funktion des Geistes. Geist ist Klarheit, weil er stets formlos ist und weil er die eigentliche Fähigkeit besitzt, Dinge wahrzunehmen. Geist ist erkennend, weil es seine Funktion ist, zu wissen oder Objekte wahrzunehmen. In ''Ornament of the Seven Sets'' sagt der buddhistische Gelehrte [[wikipedia:Khedrup Gelek Pelzang|Khedrup Gelek Pelzang]], dass Denken, Bewusstheit, Geist und "Erkenner" Synonyme sind. [[Buddha]] erläuterte, dass der Geist, obwohl er formlos ist, trotzdem zur Form dazugehört. Demnach gehört unser Geist zu unserem Körper und ist über den ganzen Körper verteilt "ansässig". Dies ist im Kontext dessen zu verstehen, wie das Bewusstsein der fünf Sinne und das geistige Bewusstsein entstehen. Es gibt viele verschiedene Arten der Geistes-Sinnes-Bewusstheit, geistige Bewusstheit, grobe Bewusstseine, feine Bewusstseine, sehr subtiles Bewusstsein, und sie alle sind formlos (d.h. ohne Gestalt, Farbe, Klang, Geruch, Geschmack oder haptische Eigenschaften), und sie alle haben die Funktion zu erkennen oder zu wissen. Es gibt keinen Geist ohne ein Objekt, das vom Geist erkannt wird. Auch wenn keins dieser Bewusstseine eine Form hat, können sie zur Form dazugehören.<ref>''Understanding the Mind'': The Nature and Power of the Mind, [[Wikipedia:Tharpa Publications|]] (2nd. ed., 1997) ISBN 978-0-948006-78-4</ref>
 
== Sprachphilosophische Kritik am Leib-Seele-Problem ==
 
Jeder Versuch, das Leib-Seele-Problem zu beantworten, stößt auf massive, insbesondere auch begriffliche Probleme. Es kann daher auch eine Option sein, das Leib-Seele-Problem als [[wikipedia:Scheinproblem|Scheinproblem]] zurückzuweisen. Eine solche Position wird heute insbesondere in der [[wikipedia:Analytische Philosophie|analytischen Philosophie]] in der Nachfolge [[Ludwig Wittgenstein]]s vertreten.<ref>[[Ludwig Wittgenstein]]: ''[[Philosophische Untersuchungen]].'' 1954.</ref> Die Vertreter einer solchen Position erklären, dass es ein Fehler sei, zu fragen, wie mentale und biologische Zustände zusammenpassen. Vielmehr sollte akzeptiert werden, dass Menschen in verschiedenen Weisen –&nbsp;etwa in mentalem und biologischem Vokabular&nbsp;– beschrieben werden können. Scheinprobleme entstehen nach Meinung der wittgensteinschen Tradition, wenn versucht wird, die Beschreibungsweisen aufeinander zu [[Reduktionismus|reduzieren]] oder auch, wenn das mentale Vokabular in falschen Kontexten verwendet wird. Dies sei etwa der Fall, wenn im Gehirn nach mentalen Zuständen gesucht wird. Das Gehirn sei einfach der falsche Kontext für die Anwendung von mentalem Vokabular – die Suche nach mentalen Zuständen im Gehirn darum ein [[Kategorienfehler]] oder pure begriffliche Verwirrung.
 
Heute wird eine solche Position oft von Wittgenstein-Interpreten wie [[wikipedia:Peter Hacker|Peter Hacker]] vertreten.<ref>Max Bennett, [[wikipedia:Peter Hacker|Peter Hacker]]: ''Philosophical Foundations of Neuroscience.'' Blackwel Pub, Oxford 2003, ISBN 1-4051-0838-X.</ref> Auch [[wikipedia:Hilary Putnam|Hilary Putnam]], der Begründer des Funktionalismus, hält mittlerweile das Leib-Seele-Problem für ein Scheinproblem, welches mit Wittgenstein aufzulösen sei.<ref>Hilary Putnam: ''The Threefold Cord: Mind, Body, and World.'' John Dewey Essays in Philosophy. Columbia University Press, New York 2000, ISBN 0-231-10286-0.</ref> In Deutschland findet sich eine entsprechende Auffassung bei [[wikipedia:Dirk Hartmann|Dirk Hartmann]] als Vertreter des [[wikipedia:Methodischer Kulturalismus|methodischen Kulturalismus]].<ref>[[wikipedia:Dirk Hartmann|Dirk Hartmann]]: ''Physis und Psyche'' – Das Leib-Seele-Problem als Resultat der Hypostasierung theoretischer Konstrukte. In: [[wikipedia:Dieter Sturma|Dieter Sturma]] (Hrsg.): ''Philosophie und Neurowissenschaften.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006 (''stw 1770'') Seiten 97–123, insbesondere Kapitel&nbsp;3 ''Das Leib-Seele-Problem als Folge naturalistischer Fehlschlüsse'' Seiten 105–111</ref>
 
== Der Naturalismus und seine Probleme ==
[[Datei:Pipistrellus1.jpg|mini|''Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?'' Mit dieser Frage läutete [[Thomas Nagel]] die gegenwärtige Debatte um die [[Qualia]] ein.]]
Die These des Materialismus ist, dass der Geist etwas Materielles sei. Eine solche Position hat das grundsätzliche Problem, dass der Geist [[Eigenschaft]]en hat, die kein materieller [[Gegenstand]] besitzt. Der Materialismus muss deshalb erklären, wie es sein kann, dass einem materiellen Gegenstand doch diese Eigenschaften zukommen. Oft wird das Projekt der diesbezüglichen Erklärung die „Naturalisierung des Geistes“ genannt. Was sind nun die kritischen Eigenschaften? Am bekanntesten sind wohl die beiden folgenden:
 
=== Qualia ===
{{Hauptartikel|Qualia}}
[[wikipedia:Qualia| Hauptartikel: Qualia]]
 
Viele mentale Zustände haben die Eigenschaft, in bestimmter Weise erlebt zu werden.<ref>Heinz-Dieter Heckmann, Sven Walter (Hrsg.): ''Qualia. Ausgewählte Beiträge.'' Mentis, Paderborn 2001, ISBN 3-89785-184-9 (Ein Sammelband mit vielen klassischen Texten)</ref> [[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]] (* 1937) stellte etwa die provokante und mittlerweile klassische, häufig zitierte Frage: „''What is it like to be a bat?''“<ref>[https://organizations.utep.edu/Portals/1475/nagel_bat.pdf Thomas Nagel: ''What is ist like to be a bat?''] in: ''The Philosophical Review''  LXXXIII, 4 (October 1974), p. 435-450</ref> (''Wie fühlt es sich an, eine Fledermaus zu sein?'') und belebte damit die Qualiadebatte.
 
Das Wesentliche des mentalen Zustandes [[Schmerz]] ist etwa ganz offensichtlich, dass es weh tut. Doch woher kommt dieses Erleben (das [[Qualia|Quale]])? Nichts an einem neuronalen oder funktionalen Zustand deutet darauf hin, dass er von einem Schmerzerleben begleitet ist. Oft wird das Argument auch wie folgt formuliert: Die Vorgänge im Gehirn können (noch) nicht verständlich machen, ''warum'' sie mit entsprechendem Erlebnisgehalt ablaufen. Warum gehen viele Prozesse im Gehirn nicht ohne einen Funken Bewusstsein vonstatten?<ref>[[Erwin Schrödinger]] erkennt in der Frage: „Welche materiellen Vorgänge sind direkt mit Bewußtsein verknüpft?“ das Grundproblem aller Überlegungen über „Geist und Materie“ (siehe 1.&nbsp;Kapitel seines gleichnamigen Buchs).</ref> Dies scheint nicht erklärbar zu sein.
 
Es scheint aber dennoch so zu sein, dass die Wissenschaften diesen [[Erlebnis]]gehalt erklären müssten. Dies ergibt sich aus der Logik reduktiver [[Erklärung]]en: Wenn ich ein [[Phänomen]] (z.&nbsp;B. [[Wasser]]) reduktiv erklären will, so muss ich auch erklären, warum das Phänomen all die Eigenschaften hat, die es hat (z.&nbsp;B. Flüssigkeit, [[wikipedia:Transparenz (Physik)|Durchsichtigkeit]]). Im Fall der mentalen Zustände müsste man erklären, warum sie die Eigenschaft haben, in bestimmter Weise erlebt zu werden.
 
[[Datei:John Searle 2002.jpg|thumb|[[John Searle]] – einer der einflussreichsten Vertreter der Philosophie des Geistes (Berkeley 2002)]]
 
=== Intentionalität ===
[[Intentionalität]] bezeichnet die „Gerichtetheit“ der mentalen Zustände, die sie auch „[[wahrheitswert]]fähig“ macht.<ref>[[Daniel Clement Dennett|Daniel&nbsp;C. Dennett]]: ''The intentional stance.'' 7.&nbsp;printing. MIT Press, Cambridge Mass. 1998, ISBN 0-262-54053-3 (Diese und die folgenden beiden Quellen sind klassische Texte der Intentionalitätsdebatte.)</ref><ref>[[Jerry Fodor]]:'' Psychosemantics. The problem of meaning in the philosophy of mind.'' 3.&nbsp;print. MIT Press, Cambridge 1993, ISBN 0-262-06106-6.</ref><ref>[[John Searle]]: ''Intentionalität. Eine Abhandlung zur Philosophie des Geistes.'' Nachdruck Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-28556-4.</ref> Das heißt, dass [[Gedanke]]n richtig oder falsch sein können. Dies mag zunächst noch nicht rätselhaft erscheinen, doch wenn Gedanken auf Naturprozesse reduziert werden sollen, so entsteht ein Rätsel: Naturprozesse sind nicht richtig oder falsch – sie geschehen einfach. Es wäre sinnlos, von einem Gehirnprozess zu sagen, er sei richtig bzw. falsch. Gedanken bzw. geistige Urteile sind aber richtig oder falsch, wie können Gedanken da Naturprozesse sein?
 
Die Wahrheitswertfähigkeit der Gedanken kommt daher, dass Gedanken auf [[Sachverhalt]]e gerichtet sind: Der Gedanke etwa, dass [[wikipedia:Herodot|Herodot]] Historiker war, bezieht sich auf Herodot und den Sachverhalt, dass er Historiker war. Besteht der Sachverhalt, so ist der Gedanke richtig – sonst eben falsch. Doch woher kommt dieser Bezug? Im Gehirn laufen nur elektrochemische Prozesse ab, und die scheinen mit Herodot rein gar nichts zu tun zu haben.
 
== Philosophie des Geistes und die Naturwissenschaften ==
=== Physik ===
Der Mensch ist ein körperliches Wesen, das als solches von den [[Naturwissenschaft]]en beschrieben werden kann. [[wikipedia:Erwin Schrödinger|Erwin Schrödinger]] geht von einer Absolutheit des Geistes aus und umreißt das Problem (1943) wie folgt:
 
: „''Unmittelbare Erfahrungen, so verschieden und ungleichartig sie auch sein mögen, können sich logischerweise nicht widersprechen. Wir wollen daher versuchen, ob wir nicht aus den folgenden beiden Prämissen den richtigen, widerspruchsfreien Schluß ziehen können:''
:# ''Mein Körper funktioniert als reiner Mechanismus in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen.''
:# ''Doch weiß ich auf Grund meiner unmittelbaren Erfahrung, daß ich seine Bewegungen leite und deren Folgen voraussehe, die entscheidend und in höchstem Maße bedeutsam sein können; in diesem Falle übernehme ich die volle Verantwortung für sie.''
: ''Die einzig mögliche Folgerung aus diesen zwei Tatsachen ist die folgende: Ich –&nbsp;ich im weitesten Sinne des Wortes, d.&nbsp;h. jedes bewusst denkende geistige Wesen, das sich als ‚Ich‘ bezeichnet oder empfunden hat&nbsp;– ist die Person, sofern es überhaupt eine gibt, welche die ‚Bewegung der Atome‘ in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen leitet.“''<ref>[[Erwin Schrödinger]]: ''Was ist Leben? Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet'' / Einführung von [[wikipedia:Ernst Peter Fischer|Ernst Peter Fischer]]. München, Piper, 1987, ISBN 3-492-03122-6. – Epilog: ''„Über Determinismus und Willensfreiheit“'', Seite 148</ref>
 
[[wikipedia:Roger Penrose|Roger Penrose]] stellt dem eine andere Sichtweise gegenüber. Wenn die geistigen Prozesse ''nicht'' absolut oder unabhängig sind, sondern von den körperlichen Prozessen abhängen, spielt die rein naturwissenschaftliche Beschreibung des Menschen in der Philosophie des Geistes eine große Rolle:
: „''Begriffe wie [[Geist]] und [[Psyche]] wären wenig nützlich, wenn der Geist keinen Einfluß auf den Körper hätte und auch von ihm nicht beeinflußt werden könnte. Wäre der Geist lediglich ein „[[wikipedia:Epiphänomen|Epiphänomen]]“ – eine zwar spezifische, aber völlig passive Eigenschaft des [[Gehirn]]zustandes -, dann könnte dieser Zustand als bloßes Nebenprodukt des Körpers nicht auf ihn zurückwirken, und dem Geist käme offensichtlich nur eine ohnmächtige und unbedeutende Nebenrolle zu. Wenn der Geist den Körper dazu bringen könnte, die [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetze]] zu verletzen, würde er die Exaktheit dieser rein physikalisch begründeten Naturgesetze stören. Deshalb ist eine rein dualistische Sicht kaum aufrecht zu erhalten. Selbst wenn die physikalischen Naturgesetze, denen der Körper unterworfen ist, dem Geist einen Freiraum zur Beeinflussung des Körpers lassen, dann muss diese Art von [[Freiheit]] selbst ein wichtiger Inhalt dieser Naturgesetze sein.''“<ref>[[wikipedia:Roger Renrose|Roger Penrose]]: ''Schatten des Geistes'', Spektrum Akademischer Verlag, 1995, Kapitel&nbsp;4.1: ''Der Geist und die Naturgesetze''</ref>
In Letzterem Fall sind prinzipiell alle Disziplinen von Bedeutung, die Prozesse beschreiben, welche mit dem Mentalen in Zusammenhang stehen. Entsprechend lang ist die Liste der wichtigen Wissenschaften: Biologie, Informatik, Kognitionswissenschaft, [[wikipedia:Kybernetik|Kybernetik]], [[wikipedia:Sprachwissenschaft|Linguistik]], [[Medizin]], Pharmakologie, Psychologie usw.
 
=== (Neuro-)Biologie ===
Theoretischer Hintergrund der Biologie, wie in den modernen [[Naturwissenschaft]]en allgemein, ist meist ein materialistischer Ansatz. Als Studienobjekt fungieren zunächst [[Physiologie|physisch]]e Vorgänge, die als Grundlage von mentaler Tätigkeit und Verhalten angesehen werden. Der zunehmende Erfolg der Biologie als Erklärungsansatz mentaler Phänomene lässt sich vor allem durch das Ausbleiben einer Widerlegung der Grundannahme: „Keine Veränderung der mentalen Zustände eines Menschen ohne eine Veränderung seines Gehirns“ verstehen.
 
Mehrere Disziplinen innerhalb der [[Neurobiologie]] beschäftigen sich mit dem Zusammenhang von mentalen und physischen Prozessen:
* Die [[Sinnesphysiologie]] untersucht den Zusammenhang von [[Wahrnehmung]] und [[Reiz|Reizverarbeitungsprozessen]].
* Die kognitive [[Neurowissenschaften|Neurowissenschaft]] korreliert geistige Prozesse mit [[neuron]]alen Prozessen.
* Die [[Neuropsychologie]] beschreibt die Abhängigkeit geistiger Fähigkeiten von einzelnen Hirnregionen.
* Schließlich zeigt die Biologie durch ihren [[evolution]]ären Ansatz auf, dass sich das menschliche Nervensystem als Grundlage des Geistes sowohl [[Ontogenese|ontogenetisch]] als auch [[Phylogenese|phylogenetisch]] aus einfacheren Vorstufen entwickelt hat (siehe auch: [[Emergenz]]).
 
Der [[Methodik|methodische]] Fortschritt der [[Neurowissenschaften]], insbesondere der Einzug [[Bildgebende Verfahren|bildgebender Verfahren]], führte in vergangenen Jahren vermehrt zur Formulierung von anspruchsvollen Forschungsprogrammen: Als Agenda gilt die neuronalen Prozesse geistiger Funktionen aufzudecken und zu verstehen (siehe auch: [[Neuronales Korrelat des Bewusstseins]]). Einige wenige Neurobiologen, wie [[Emil Heinrich Du Bois-Reymond|Emil Du Bois-Reymond]] und John Carew Eccles haben die prinzipielle Möglichkeit einer [[Reduktionismus|„Reduktion“]] mentaler Phänomene auf Gehirnvorgänge aus teils [[Religion|religiösen]] Gründen verneint. Heute vertritt etwa der im deutschen Sprachraum bekannte Neurobiologe und Philosoph [[Gerhard Roth]] eine Form des [[Nichtreduktiver Materialismus|nichtreduktiven Materialismus]]<ref>[[Gerhard Roth]]: ''Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen.'' 6.&nbsp;Auflage Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-58183-X.</ref>. Mit populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen über Experimente zur Gehirnforschung brachte insbesondere der Psychiater, Psychologe und Hochschullehrer [[wikipedia:Manfred Spitzer|Manfred Spitzer]] das Thema der Selbstbestimmtheit<ref>[[wikipedia:Manfred Spitzer|Manfred Spitzer]]: ''Selbstbestimmen. Gehirnforschung und die Frage: Was sollen wir tun?'', 2003 (Das Buch wiederholt auch einige Teile des für Didaktiker etwas tiefergehenden ''Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens'', 2002)</ref> in die Öffentlichkeit.
 
=== Informatik ===
Die Informatik beschäftigt sich mit der automatischen Verarbeitung von [[Information]]en (oder zumindest physikalischen Symbolsystemen, denen man Information beimisst), wie sie von [[Computer]]n geleistet wird. Computer waren seit Beginn ihrer Entwicklung zu Aktionen fähig, für die ein Mensch seinen Geist benötigt. Ein Beispiel ist die Multiplikation. Doch offenbar haben Computer beim Multiplizieren keinen Geist. Könnten sie jedoch irgendwann einen Geist bekommen? Diese Frage hat mit der Forschung zur [[Künstliche Intelligenz|künstlichen Intelligenz]] (KI) erheblich an Bedeutung gewonnen.
 
Auch in der KI kann man zwischen einem bescheidenen und einem anspruchsvollen Forschungsprogramm unterscheiden – es handelt sich um [[John Searle]]s Unterscheidung zwischen schwacher und starker KI. Die schwache KI hat lediglich das Ziel, mentale Zustände zu simulieren, ohne dabei den Anspruch zu erheben, dass die Computer wirklich Bewusstsein etc. haben. Ziel der starken KI ist hingegen ein Computer mit Bewusstsein. Die starke KI reicht bis zu dem Computerpionier [[Alan Turing]] zurück.<ref>[[wikipedia:Alan Turing|Alan Turing]]: ''Computing Machinery and Intelligence.'' In: ''Mind.'' Nr.&nbsp;59, 1950, Seiten 433–460.</ref> Er formulierte als Antwort auf die Frage „Können Computer denken?“ den legendären [[Turing-Test]]. Turing meinte, dass ein Computer dann denken könne, wenn er in einem „[[wikipedia:Chat|Chat]]“ nicht von einem Menschen unterscheidbar sei. Am Turing-Test ist viel Kritik geübt worden, unter anderem von John Searle, mit seinem Gedankenexperiment vom „[[Chinesisches Zimmer|chinesischen Zimmer]]“.<ref>[[John Searle]]: ''Minds, Brains and Programs.'' In: ''The Behavioral and Brain Sciences'' 3, 1980, Seiten 417–424</ref> Zudem bleibt die Frage nach einer möglichen Empfindungsfähigkeit ([[Qualia]]) von Computern bzw. Robotern noch vollkommen unbeantwortet. Hier sind wohl auch die meisten Informatiker weniger optimistisch.
 
=== Psychologie ===
Die [[Psychologie]] ist die Wissenschaft, die am direktesten mentale Zustände untersucht. Konkret untersucht sie mentale Zustände wie etwa Freude, Furcht oder Zwangsvorstellungen. Dabei forscht die Psychologie nach Gesetzmäßigkeiten, die mentale Zustände untereinander oder mit dem Input und Output des Menschen verbinden.
 
Beispiele hierfür liefert etwa die [[wikipedia:Wahrnehmungspsychologie|Wahrnehmungspsychologie]]. So lassen sich allgemeine Prinzipien der [[wikipedia:Gestaltwahrnehmung|Gestaltwahrnehmung]] entdecken. Eine gestaltpsychologische Gesetzmäßigkeit lautet: Gegenstände, die sich in dieselbe Richtung bewegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. Diese Gesetzmäßigkeit beschreibt eine Relation zwischen dem visuellen Input und den mentalen Wahrnehmungszuständen. Dieses Ergebnis sagt jedoch noch nichts über die Natur der Wahrnehmungszustände aus. Die von der Psychologie entdeckten Gesetzmäßigkeiten sind mit allen beschriebenen Antworten auf das Leib-Seele-Problem kompatibel.
 
=== Systemtheorie ===
[[wikipedia:Gregory Bateson|Gregory Bateson]] kommt in seiner „Ökologie des Geistes“ zu dem Ergebnis, dass das Geistige nicht die Eigenschaft eines Organs – etwa des Gehirns – oder eines Individuums – z. B. des Menschen – ist, sondern die Eigenschaft eines Systems, das Informationen transportieren kann. So gelangt Information von den äußeren Objekten in Form elektromagnetischer Wellen über das Sinnesorgan Auge über das Nervensystem ins Gehirn und geht von dort mittels effektorischer Nerven über die Sprachmotorik und das Transportmedium Luft in sprachlicher Form über das Sinnesorgan Ohr zum Mitmenschen, wird kommuniziert. Geist ist also diesem interagierenden System von Menschen, einer Gesellschaft bzw. einer Sprachgemeinschaft, immanent. Bateson: „In keinem System, das geistige Charakteristika aufweist, kann also irgendein Teil einseitige Kontrolle über das Ganze haben. Mit anderen Worten, die geistigen Charakteristika des Systems sind nicht einem Teil immanent, sondern dem System als ganzem.“ (Bateson 1985, S. 409).
Die Philosophie lebender Systeme folgt dieser kybernetischen Auffassung des Begriffs des Geistigen und untersucht die Frage nach der Speicherung des Geistigen, der Ideen, Baupläne, Hypothesen und Theorien. Das durch Interaktion gewonnene geistige Ergebnis benötigt zu seiner Konservierung einen materiellen Datenträger. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Evolution die mittels Selektion erworbenen Erfahrungen im genetischen Code speichert (intracelluläre Speicherung), der Mensch vermag seine Ideen, Erkenntnisse und Erfahrungen während seiner Lebenszeit wie alle Hirntiere körperintern zu speichern, aber er hat auch verschiedene körperexterne Datenspeichermöglichkeiten, wie Bücher und Computer, entwickelt, die nun das Geistige nicht nur in die Zukunft transportieren können, wie die Gene, sondern es auch nahezu zeitgleich im Raum verbreiten. Damit hat der Mensch einen neuen Erbweg geschaffen und setzt eine „Evolution des Geistes“ in Gang.
 
== Konsequenzen der Philosophie des Geistes ==
 
Es gibt zahllose Themen, die nicht unberührt von den Ergebnissen der Philosophie des Geistes sein können. Offensichtliche Beispiele sind etwa die Natur und Endgültigkeit des [[Tod]]es, die Natur der [[Emotion]]en, der Wahrnehmung und des [[Gedächtnis]]ses. Auch die Frage, was eine [[Person]] ist und was ihre [[Identität]] ausmacht, hat viele Schnittstellen mit der Philosophie des Geistes. Zwei Themen, die im Zusammenhang mit der Philosophie des Geistes besondere Aufmerksamkeit erlangt haben, sind die [[Freiheit]] und das [[Selbst]].
 
=== Freiheit ===
Im Kontext der Philosophie des Geistes stellt sich die Frage nach der [[Freier Wille|Freiheit des Willens]] / [[wikipedia:Willensfreiheit|Freiheit des Willens]] in neuer Schärfe. Dies gilt zumindest, wenn man sich von Materialismus und [[Determinismus]] hat überzeugen lassen: Alle mentalen Zustände –&nbsp;also auch das menschliche Wollen&nbsp;– wären demnach materielle Zustände. Und die [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetze]] legten demnach den Lauf der materiellen Welt komplett fest. Auch mentale Zustände wie Wollen und Handeln werden dann komplett durch die Naturgesetze festgelegt. Manche argumentieren nun weiter: Also können Menschen gar nicht selbst bestimmen, was sie wollen und tun. Oder zumindest stehen ihnen keine Handlungsalternativen offen. Folglich seien sie nicht frei.
 
Dieser Argumentation widersprechen zum einen die [[wikipedia:Kompatibilismus und Inkompatibilismus|Kompatibilisten]]. Sie argumentieren, „Freiheit“ meine nicht Indeterminiertheit, sondern Wollen und Handeln nach bestem Wissen und Gewissen. In diesem Sinne können Menschen auch frei sein, wenn der Determinismus wahr ist. Der vielleicht bekannteste Kompatibilist der Philosophiegeschichte ist [[wikipedia:David Hume|David Hume]]. Heute werden kompatibilistische Positionen etwa von [[wikipedia:John M. Fischer|John M. Fischer]] oder [[wikipedia:Daniel Dennett|Daniel Dennett]] vertreten.<ref>Daniel&nbsp;C. Dennett: ''[http://en.wikipedia.org/wiki/Elbow_Room Elbow Room]: The Varieties of Free Will Worth Wanting.'' Bradford Books-MIT Press, Cambridge MA 1984, ISBN 0-262-54042-8.</ref>
 
[[Datei:Immanuel Kant.jpg|thumb|Immanuel Kant bestritt die Determiniertheit des Willens und vertrat die Willensfreiheit]]
 
Entgegen solchen kompatibilistischen Positionen vertreten Inkompatibilisten, dass sich freier Wille und Determinismus durchaus widersprechen. Falls daher Determinismus gilt, könne es keinen freien Willen geben. Doch es gibt auch Inkompatibilisten, die der Meinung sind, dass Menschen einen freien Willen haben. Diese Philosophen behaupten, dass der Lauf der Welt nicht vollständig durch die Naturgesetze festgelegt ist: Zumindest der Wille soll nicht determiniert und daher potentiell frei sein. Der bekannteste Philosoph, der üblicherweise dem Inkompatibilismus zugeordnet wird, ist [[Immanuel Kant]].<ref>[[Immanuel Kant]]: ''[[Kritik der reinen Vernunft]].''</ref> Ob nichtdeterministische physikalische Theorien dies stützen, wird sehr kontrovers beurteilt. Unabhängig davon werfen einige der Kritiker dem Inkompatibilismus vor, einen [[Inkohärenz|inkohärenten]] Begriff von Freiheit zu verwenden. Sie argumentieren wie folgt: Wenn unser Willen durch nichts determiniert ist, so ist es purer [[Zufall]], was wir wollen. Wenn es purer Zufall ist, was wir wollen, so sind wir nicht frei. Also sind wir nicht frei, wenn unser Willen durch nichts determiniert ist.
Verteidiger des Inkompatibilismus würden teils einwenden: Dieser Argumentation liegt die Annahme zugrunde, dass es in diesem Fall nur zwei Alternativen gibt: entweder mein Handeln ist ''fremd''bestimmt oder ''vom Zufall'' bestimmt. Die Voraussetzung schließt bereits aus, dass es eine dritte Möglichkeit gibt: ''selbst''bestimmten Willen. Per Definitionem setze das Konzept des [[Wille]]ns die Selbstbestimmtheit jedoch voraus.
 
=== Selbst ===
Zudem hat die Philosophie des Geistes beachtliche Auswirkungen auf den Begriff des [[Selbst]] / [[wikipedia:Selbst|Selbst]]. Versteht man unter „Selbst“ den unveränderlichen Wesenskern einer Person, so werden die meisten Vertreter der Philosophie des Geistes wohl behaupten, dass es nichts Derartiges gibt.
 
Die Idee von einem Selbst als einem unveränderlichen Wesenskern entspringt der christlichen Vorstellung einer immateriellen Seele. Eine solche Vorstellung ist für die meisten heutigen Philosophen aufgrund ihrer materialistischen Grundüberzeugung nicht akzeptabel. Doch auch die Idee eines konstanten ''materiellen'' Wesenskerns –&nbsp;etwa realisiert in einem unveränderlichen Hirnareal&nbsp;– scheint aufgrund der empirischen Ergebnisse von [[wikipedia:Entwicklungspsychologie|Entwicklungspsychologie]], [[wikipedia:Entwicklungsbiologie|Entwicklungsbiologie]] und Neurowissenschaft unplausibel.
 
Einige Philosophen erklären aufgrund dieser Probleme, dass wir aufhören sollten, von einem Selbst zu sprechen. Dies ist allerdings eine Minderheitenposition, verbreiteter ist die folgende Meinung: Man sollte unter dem „Selbst“ keinen unveränderlichen Wesenskern verstehen, sondern etwas, das sich in permanenter Veränderung befindet. Ein bekannter Fürsprecher einer solchen Position ist Daniel Dennett. Es ist zudem erstaunlich, wie sich einige Überlegungen der modernen Philosophie des Geistes auf diesem Gebiet mit altüberlieferten Erkenntnissen außereuropäischer Kulturen –&nbsp;etwa dem [[Buddhismus]]&nbsp;– überschneiden.
 
== Die Philosophie des Geistes im Lichte der Anthroposophie Rudolf Steiners ==
Vgl. hierzu auch die Artikel [[Gehirn]] und [[Qualia]], und dort verlinkte weitere Artikel zum Thema. Weil die Philosophie des Geistes ein Hauptthema der heutigen Philosophie ist, wird hier noch eine Zusammenstellung aller zugehörigen Aussagen Rudolf Steiners erfolgen. Die Position der Anthroposophie bezüglich Qualia, Leib-Seele-Problem etc. ist die eines [[Idealismus|idealistischen]] [[Monismus]]. Eine Fragestellung dazu ist, ob und wenn ja, wie sich ein idealistischer Monismus von einem idealistischen Eigenschaftsdualismus unterscheidet.
 
In "Wahrheit [sind] ''alle'' Wirklichkeit, die niedere und die höhere geistige, nur zwei Seiten einer und derselben Grundwesenheit, ..." {{G|009|004}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Philosophie des Geistes}}
* {{WikipediaDE|Thomas Görnitz}}
* {{WikipediaDE|Philosophie des Geistes}}
* Umfassende Informationen und Links auf themennahe Artikel: Siehe [[wikipedia:Portal:Geist und Gehirn|Portal:Geist und Gehirn]].
* Neurowissenschaftliche Forschung: Siehe [[wikipedia:Neuronales Korrelat des Bewusstseins|Neuronales Korrelat des Bewusstseins]].
* Zu moralphilosophischen Problemen der Bewusstseinsforschung siehe [[wikipedia:Neuroethik|Neuroethik]].
*[[Qualia]]
*[[Gehirn]]


== Literatur ==
== Literatur ==
''( weitere Literatur: http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Philosophie/Philosophiebibliographie#Philosophie_des_Geistes [http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Philosophie/Philosophiebibliographie#Philosophie_des_Geistes] )''
''Literatur zu Einzelthemen und -positionen in den Quellen.''
*  [[Wikipedia:Ian Ravenscroft|Ian Ravenscroft]], Joachim Schulte (Übers.): ''Philosophie des Geistes: Eine Einführung'', Verlag Philipp Reclam jun. GmbH 2008, ISBN 978-3150184400
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Ansgar Beckermann|Ansgar Beckermann]]|Titel=Das Leib-Seele-Problem. Eine Einführung in die Philosophie des Geistes|Ort=München|Verlag=UTB: Wilhelm Fink|Jahr=2008|ISBN=978-3-8252-2983-2|Kommentar=<small>Systematische und anspruchsvolle Einführung</small>}}
* {{Literatur|Autor=Ansgar Beckermann|Titel=Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes|Ort=Berlin|Verlag=De Gruyter|Jahr=2001|ISBN=978-3110170658}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Godehard Brüntrup|Godehard Brüntrup]]|Titel=Das Leib-Seele-Problem. Eine Einführung|Ort=Stuttgart|Verlag=Kohlhammer|Jahr=3. durchgesehene und erweiterte Auflage, 2008|ISBN=978-3170188907|Kommentar=<small>Systematische Einführung mit besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen (3. Auflage)</small>}}
* {{Literatur|Herausgeber=Friedrich Hermanni, Thomas Buchheim|Titel=Das Leib-Seele-Problem. Antwortversuche aus medizinisch-naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht|Ort=München|Verlag=Wilhelm Fink|Jahr=2006|ISBN=978-3-7705-4279-6|Kommentar=<small>Mit Beiträgen u.&nbsp;a. von Michael Pauen, Robert Spaemann, Vittorio Hösle und Christian Link</small>}}
* [[Donald Davidson]]: ''Essays on Actions and Events''. Oxford University Press, Oxford 1980. Neuausgabe: Clarendon Press 2001, ISBN 978-0199246274
** deutsch: ''Handlung und Ereignis''. Übersetzt von Joachim Schulte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985 ISBN 3-518-06428-2
* [[Wikipedia:Jaegwon Kim|Jaegwon Kim]]: ''Supervenience and mind. Selected philosophical essays''. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-43996-5
* Jaegwon Kim: (Hrsg.): ''Supervenience''. Ashgate, Aldershot 2002, ISBN 0-7546-2063-8
* Jaegwon Kim: ''Philosophy of Mind'', Westview Press 2010, ISBN 0813307759
** deutsch: {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Jaegwon Kim|Jaegwon Kim]]|Titel=Philosophie des Geistes|Ort=Wien u.&nbsp;a.|Verlag=Springer|Jahr=1998|ISBN=3-211-83043-X}}
* Uwe Oestermeier: ''Bildliches und Logisches Denken. Eine Kritik der Computertheorie des Geistes.'' Deutscher Universitäts-Verlag 1998, ISBN 978-3824442812
* {{Literatur|Herausgeber=Carsten Könneker|Titel=Wer erklärt den Menschen? Hirnforscher, Psychologen und Philosophen im Dialog|Ort=Frankfurt am Main|Verlag=Fischer TB|Jahr=2006|ISBN=3-596-17331-0|Kommentar=<small>Mit Beiträgen u.&nbsp;a. von Ansgar Beckermann, Michael Pauen, Thomas Metzinger, Albert Newen, Wolf Singer und Gerhard Roth</small>}}
* Brian McLaughlin / [[Wikipedia:Ansgar Beckermann|Ansgar Beckermann]] / Sven Walter (Hrsg.): ''[http://www.oxfordhandbooks.com/oso/public/content/oho_philosophy/9780199262618/toc.html Oxford Handbook in the Philosophy of Mind]'', Oxford University Press 2009, ISBN 0-19-926261-6. <small>[http://metapsychology.mentalhelp.net/poc/view_doc.php?type=book&id=5163&cn=396 Review] von K. Godelek.</small>
* {{Literatur|Autor=[[Thomas Metzinger]]|Titel=Bewusstsein|TitelErg=Grundkurs Philosophie des Geistes Band&nbsp;1.|Ort=Paderborn|Verlag=mentis|Jahr=2006|ISBN=3-897-85551-8|Kommentar=<small>Sammelband mit Beiträgen u.&nbsp;a. von Frank Jackson, Daniel Dennett, Joseph Levine, David Chalmers, Fred Dretske</small>}}
* [[Gerald M. Edelman]], Giulio Tononi,  Susanne Kuhlmann-Krieg (Übers.): ''Gehirn und Geist. Wie aus Materie Bewusstsein entsteht.'' C.H.Beck Verlag 2002, ISBN 978-3406488368
* Gerald M. Edelman, Gudrun Pawelke (Designer), Christoph Trunk (Übers.): ''Das Licht des Geistes: Wie Bewusstsein entsteht'', Walter-Verlag 2004, ISBN 978-3530421828
* {{Literatur|Autor=[[Thomas Metzinger]]|Titel=Das Leib-Seele-Problem|TitelErg=Grundkurs Philosophie des Geistes Band&nbsp;2.|Ort=Paderborn|Verlag=mentis|Jahr=2007|ISBN=3-897-85552-6}}
* {{Literatur|Autor=[[Thomas Metzinger]]|Titel=Grundkurs Philosophie des Geistes|TitelErg=Band 1: Phänomenales Bewusstsein /Band 2: Das Leib-Seele-Problem /Band 3: Intentionalität und mentale Repräsentation|Ort=Paderborn|Verlag=mentis|Jahr=2010|ISBN=978-3897855540}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Michael Pauen|Michael Pauen]]|Titel=Grundprobleme der Philosophie des Geistes. Eine Einführung|Auflage=4.|Ort=Frankfurt am Main|Verlag=Fischer|Jahr=2005|ISBN=978-3-596-14568-3}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Arno Ros|Arno Ros]]|Titel=Materie und Geist: Eine philosophische Untersuchung|Ort=Paderborn|Verlag=mentis|Jahr=2005|ISBN=3-89785-397-3}}
* {{Literatur|Autor=Jürgen Schröder|Titel=Einführung in die Philosophie des Geistes|Ort=Frankfurt am Main|Verlag=Suhrkamp|Jahr=2004|ISBN=3-518-29271-4}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Erwin Schrödinger|Erwin Schrödinger]]|Titel=Geist und Materie|Ort=Wien|Verlag=Zsolnay|Jahr=1986|ISBN=3-552-03810-8}}
* [[Wikipedia:Hans Jonas|Hans Jonas]]: ''Macht oder Ohnmacht der Subjektivität? Das Leib-Seele-Problem im Vorfeld des Prinzips Verantwortung'', Suhrkamp Verlag 2000, ISBN 978-3518380130
* {{Literatur|Autor=[[John Searle]]|Titel=Geist. Eine Einführung|Ort=Frankfurt am Main|Verlag=Suhrkamp|Jahr=2006|ISBN=3-518-58472-3}}
* {{Literatur|Herausgeber=Patrick Spät|Titel=Zur Zukunft der Philosophie des Geistes|Ort=Paderborn|Verlag=mentis|Jahr=2008|ISBN=978-3-89785-611-0|Kommentar=<small>Mit Beiträgen u.&nbsp;a. von Michael Esfeld, Albert Newen und Kai Vogeley, Klaus Mainzer, Thomas Metzinger, Wolfgang Prinz und Ansgar Beckermann</small>}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Dieter Sturma|Dieter Sturma]]|Titel=Philosophie des Geistes|Ort=Leipzig|Verlag=Reclam|Jahr=2005|ISBN=3-379-20122-7}}
* {{Literatur|Autor=Dieter Teichert|Titel=Einführung in die Philosophie des Geistes|Ort=Darmstadt|Verlag=Wissenschaftliche Buchgesellschaft|Jahr=2006|ISBN=3-534-15463-0}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Gregory Bateson|Gregory Bateson]]|Titel=Ökologie des Geistes. Anthropologische, biologische, und epistemologische Perspektiven|Ort=Frankfurt am Main|Verlag=suhrkamp|Jahr=1985|ISBN=3-518-28171-2}}
* {{Literatur|Autor=[[Wikipedia:Ewald Richter|Ewald Richter]]|Titel=Wohin führt uns die moderne Hirnforschung|Ort=Berlin|Verlag=Duncker & Humblot|Jahr=2005|ISBN=978-3-428-11786-4}}
* [[Antonio Damasio]]: ''Selbst ist der Mensch. Körper, Geist und die Entstehung des menschlichen Bewusstseins''. Siedler, München 2011, ISBN 978-3-88680-924-0
* [[John Searle]]: ''The Rediscovery of the Mind'', MIT Press, Cambridge 1992, ISBN 0-262-69154-X
** Dt.:  John Searle, Harvey P. Gavagai (Übers.): ''Die Wiederentdeckung des Geistes'', Artemis und Winkler, München 1993, ISBN 3-7608-1944-3
* John R. Searle: ''Mind: A Brief Introduction'', Oxford University Press 2005, ISBN 978-0195157345
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_grundriss10_philosophiedesgeistes.pdf Philosophie des Geistes und des Bewusstseins] PDF
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_7_gesamt.pdf Einführung in die Philosophie des Geistes - Präsentation] PDF
*[[Peter Heusser]]: ''Anthroposophie und Wissenschaft: Eine Einführung. Erkenntniswissenschaft, Physik, Chemie, Genetik, Biologie, Neurobiologie, Psychologie, Philosophie des Geistes, Anthropologie, Anthroposophie, Medizin'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2016, ISBN 978-3723515686
* Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
* Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
* Rudolf Steiner: ''Von Seelenrätseln'', [[GA 21]] (1983), ISBN 3-7274-0210-5 {{Schriften|021}}
* Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang'', [[GA 28]] (2000), ISBN 3-7274-0280-6 {{Schriften|028}}
* Rudolf Steiner: ''Methodische Grundlagen der Anthroposophie'', [[GA 30]] (1989), ISBN 3-7274-0300-4 {{Vorträge|030}}
* Rudolf Steiner: ''Philosophie und Anthroposophie'', [[GA 35]] (1984), ISBN 3-7274-0350-0 {{Vorträge|035}}
* Rudolf Steiner: ''Freiheit – Unsterblichkeit – Soziales Leben'', [[GA 72]] (1990), ISBN 3-7274-0720-4 {{Vorträge|072}}
* Rudolf Steiner: ''Die Sendung Michaels'', [[GA 194]] (1994), ISBN 3-7274-1940-7 {{Vorträge|194}}
* Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil'', [[GA 205]] (1987), ISBN 3-7274-2050-2 {{Vorträge|205}}
* Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992), ISBN 3-7274-2930-5 {{Vorträge|293}}
* Rudolf Steiner: ''Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin'', [[GA 319]] (1994), ISBN 3-7274-3190-3 {{Vorträge|319}}
* Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}


{{GA}}
* [[Wikipedia:Frido Mann|Frido Mann]], Christine Mann: ''Es werde Licht: Die Einheit von Geist und Materie in der Quantenphysik.'' S. Fischer, Frankfurt am Main, 2017, ISBN 978-3-10-397245-0


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Geist}}
*[http://www.goernitz.de Private Homepage] von Brigitte und Thomas Görnitz.
{{Wikiquote|Geist}}
*[http://www.uni-frankfurt.de/search?utf8=%E2%9C%93&q=g%C3%B6rnitz&commit=Go Portal der Universität Frankfurt]
* {{DNB-Portal|4248301-3|TYP=Literatur zum Thema}}
* {{DNB-Portal|124149871}}
* Frank Cameron Jackson, Georges Rey: [http://www.rep.routledge.com/article/V038 ''Mind, philosophy of''], in E. Craig (Hrsg.): ''Routledge Encyclopedia of Philosophy'', London 1998.
* Ansgar Beckermann: [http://www.uni-bielefeld.de/philosophie/personen/beckermann/pdg_www.pdf ''Philosophie des Geistes''] (PDF; 37&nbsp;kB), [http://www.uni-bielefeld.de/philosophie/personen/beckermann/ls_www.pdf ''Leib-Seele-Problem''] (PDF; 55&nbsp;kB) in: H. J. Sandkühler (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie'', Hamburg 1999.
* Chris Eliasmith (Hrsg.): [http://philosophy.uwaterloo.ca/MindDict/dictindex.html „Dictionary of Philosophy of Mind“]
* G. Graham, L. Kaye, D. Marconi, A. Voltolini (Hrsg.): [http://host.uniroma3.it/progetti/kant/field „A Field Guide to the Philosophy of Mind“] Ein Lexikon im Aufbau mit sehr guten Beiträgen und humoristischen Illustrationen
* {{Scholarpedia|http://scholarpedia.org/article/Mind-Body_Problem|Mind-Body Problem|John G. Taylor}}
* Wolfgang Beinert: [http://www.kath.de/akademie/rahner/04Vortraege/01print/inhalt-pdf/_beinert-leibseele.pdf Die Leib-Seele-Problematik in der Theologie], auch in: Stimmen der Zeit 218 (2000) 673-687
* [http://www.assc.caltech.edu/index.htm ''Association for the Scientific Study of Consciousness'']
* [http://www.gk-ev.de/ ''Gesellschaft für Kognitionswissenschaft'']
 
Bibliographien:
* [http://consc.net/biblio.html Kommentierte Bibliographie der einschlägigen ''englischsprachigen'' Literatur] <small>(mit über 8000 Einträgen)</small> von David Chalmers
* [http://consc.net/mindpapers/ Mindpapers] Bibliographie von David Chalmers zu Themen der Philosophie des Geistes, der Kognitionswissenschaften und der Bewusstseinstheorie mit mehr als 18.000 Titeln
* [http://consc.net/biblio/others.html „Bibliographie“ ''englischsprachiger'' online-Bibliographien] von David Chalmers
* [http://consc.net/online.html Liste englischsprachíger ''„Online papers on consciousness“''] von David Chalmers
* [http://consc.net/people.html Verzeichnis englischsprachiger Autoren, die Arbeiten online gestellt haben] von David Chalmers
* [http://www.philosophie.uni-mainz.de/metzinger/publikationen/ConsciousnessBib.pdf Thomas Metzingers kommentierte Literaturliste] (PDF-Datei; 1,05 MB)
 
* Herbert Frohnhofen: [http://www.theologie-systematisch.de/anthropologie/1grundbegriffe.html Bibliographie zum Leib-Seele-Problem] im Kontext theologischer Anthropologie


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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Version vom 21. März 2019, 09:25 Uhr

Thomas Görnitz

Thomas Görnitz (* 22. Juni 1943 in Leipzig) ist ein deutscher Physiker. Er war bis 2009 Professor für Didaktik der Physik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Leben

1961, nach dem Sieg bei der DDR-Mathematik-Olympiade, erhielt Görnitz mit einer Bronzemedaille[1] als erster Deutscher einen Preis bei einer Internationalen Mathematik-Olympiade. Nach Abschluss der Schule studierte Thomas Görnitz an der Universität Leipzig Physik und Mathematik und wurde dort 1973 in mathematischer Physik (mit einer Arbeit zum Thema Zur Ausreduktion von Darstellungen der Poincarégruppe) promoviert.

Nachdem er 1976 einen Ausreiseantrag aus der DDR stellte, war er als Totengräber tätig.

Im Jahr 1979 übersiedelte er nach München. Dort gewann ihn Carl Friedrich von Weizsäcker für eine Tätigkeit am Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, es begann eine langjährige Zusammenarbeit über die physikalischen und philosophischen Grundlagen der Quantenphysik und Kosmologie.

Von 1992 bis 1994 arbeitete er am Institut für Mathematische Physik der TU Braunschweig und von 1994 bis 2009 als Professor für Didaktik der Physik an der Universität Frankfurt.

Er war bis 2016 Vorsitzender des Vorstandes von Wissen und Verantwortung – Carl Friedrich von Weizsäcker-Gesellschaft e. V. seit deren Gründung 1994 und seit 2002 bis 2016 Mitglied des Stiftungsrates der Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung. Er war von 1996 bis 2009 Mitglied der Arbeitsgruppe Theologie und Naturwissenschaft und des Templeton Research Lectures-Komitees an der Universität Frankfurt und ist Mitglied des Arbeitskreises Philosophie der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

Seit 1964 ist er verheiratet mit der Tierärztin und Psychologin Brigitte Görnitz und hat mit ihr fünf Kinder. Mit ihr gemeinsam veröffentlichte er eine Reihe von Büchern zum Thema Quantenphysik - Geist - Bewusstsein.

Forschung

Die Vermittlung der modernen Physik und ihre verständliche Darstellung ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Vor allem viele der oft behaupteten Verständnisschwierigkeiten der Quantentheorie wurden erklärt und ausgeräumt. [2]

Daneben liegen seine Forschungsschwerpunkte bei den Grundfragen der Quantentheorie und Kosmologie und deren philosophische Interpretation.[3] Aus der quantentheoretischen Fundierung der Kosmologie ergeben sich Folgerungen für die Erkenntnis der grundlegenden Strukturen in der Natur und für das Verständnis des Menschen als einer Einheit von Körper und Psyche.

Abstrakte bedeutungsfreie Bits von Quanteninformation (AQI-Bits) der Protyposis (griech. προτύπωσις „das Vorbilden“) werden von Görnitz als Basis der kosmischen Evolution angesehen. Sie ermöglichen gemäß seiner Darstellung unter anderem eine Begründung der Struktur von Raum und Zeit und eine Herleitung[4] der Einsteinschen Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Eichgruppen U(1), SU(2) und SU(3) der Wechselwirkungen[5] sowie ein neues Verständnis der Materie als „geformte“ Quanteninformation[6] und damit auch eine naturwissenschaftliche Erklärung des Bewusstseins als Quanteninformation, die sich selbst erleben und kennen kann, sowie seiner Wirkmächtigkeit.[7][8]

Im Vorwort zu «Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie» geben Frido und Christine Mann eine kurze Übersicht über die Grundgedanken:

„Die auf der Grundlage physikalischer Fakten beruhende Theorie der Protyposis ist eine stringente Weiterentwicklung der „Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik“ von 1927 durch Niels Bohr und Werner Heisenberg. Diese neue Theorie von Görnitz & Görnitz baut auf der damals formulierten Unbestimmtheitsrelation auf und ermöglicht es, auch den Beobachter in die physikalischen Erklärungen einzubeziehen. Dies wird durch die Annahme der abstrakten, noch ungefüllten Quanteninformation als Grundlage der physikalisch beschreibbaren Welt möglich. Aus dieser sogenannten Protyposis werden Materie, Energie, aber auch unser Bewusstsein gebildet. Mit dieser Theorie wurde die noch sehr allgemeine Annahme einer Ur-Information als Grund aller Dinge von Carl Friedrich v. Weizsäcker sehr viel genauer spezifiziert. Nach Görnitz & Görnitz ist die abstrakte Quanteninformation mit sogenannten Qubits als einfachsten, über den ganzen Kosmos ausgedehnten Einheiten der Urstoff des Kosmos. Alle materiellen Objekte und Energiezustände sind spezielle Lokalisationen („Kondensate“) der abstrakten Quanteninformation. Die aus der unbelebten Materie hervorgehenden Lebewesen werden als informationsgesteuerte, instabile Systeme in labilem Gleichgewicht beschrieben und das aus dem Leben hervorgehende Bewusstsein als ebenfalls auf den Qubits beruhende sich selbst erlebende und erkennende Information, die jetzt mit Bedeutungen versehen wird.

Die gesamte Evolution des Kosmos vom Urknall bis zur Entstehung des Bewusstseins als steuernde Quanteninformation beruht auf dieser als „Protyposis“ bezeichneten, abstrakten Quanteninformation. Sie ist noch bedeutungsfrei und „mögliche“, „vorweggenommene“ oder „Vor-Gestalt“, „Vorstellung“, ein „Modell“ von etwas Zukünftigem. Durch diese Protyposis ist grundsätzlich eine Wechselwirkung zwischen Geistigem und Körperlichem möglich, eine Wechselwirkung der Protyposis mit sich selbst. Durch diesen ontologischen Monismus aufgrund der universellen Gültigkeit der Quantentheorie wird jede willkürliche Trennung von Geist und Materie im Sinne der klassischen Physik vor allem seit Newton und Laplace obsolet. Es wird stattdessen sogar eine „geistige“ Grundstruktur der Materie angenommen, die uns erst recht nahelegt, die in unseren Köpfen als Erbe der klassischen Physik immer noch nistenden Vorstellungen von der Baustein-Struktur der Materie endgültig aufzugeben.“ (Lit.: Görnitz 2016, Vorwort)

Publikationen (Auswahl)

Bücher

  • Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 2016, ISBN 978-3-662-49081-5
  • Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Das Geistige im Blickfeld der Naturwissenschaft - Bewusstsein und Materie als spezielle Formen der Protyposis - von abstrakter, bedeutungsfreier Quanteninformation, in: Johannes Weinzirl (Hrsg.), Peter Heusser (Hrsg.): Was ist Geist?, Wittener Kolloquium für Humanismus, Medizin und Philosophie, Band 2, Königshausen u. Neumann 2014, ISBN 978-3826052224
  • Thomas Görnitz: Carl Friedrich v. Weizsäcker - Physiker, Philosoph, Visionär, Verlag der C.F.v. Weizsäcker-Stiftung, Enger, 2012, ISBN 978-3-942711-01-2
  • Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Die Evolution des Geistigen; Quantenphysik – Bewusstsein – Religion. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-56717-3.
  • Thomas Görnitz, Holger Lyre (Hrsg.): Carl Friedrich von Weizsäcker; The Structure of Physics. Springer Netherlands, Stuttgart 2006, ISBN 1402052340.
  • Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Der kreative Kosmos; Geist und Materie aus Quanteninformation. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 978-3-827-41368-0.
  • Thomas Görnitz: Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-827-40571-5.
  • Thomas Görnitz: Carl Friedrich v. Weizsäcker – ein Denker an der Schwelle zum neuen Jahrtausend. Herder, Freiburg 1992, ISBN 3-451-04125-1.
  • Thomas Görnitz (Hrsg.): C. F. v. Weizsäcker: Die Sterne sind glühende Gaskugeln und Gott ist gegenwärtig. Herder, Freiburg 1992, ISBN 3-451-04077-8.

Wissenschaftliche Artikel

  • Thomas Görnitz: Abstract quantum theory and space-time structure. I. Ur theory and Bekenstein-Hawking entropy, in: International Journal of Theoretical Physics, May 1988, Volume 27, Issue 5, pp 527–542 doi:10.1007/BF00668835
  • Thomas Görnitz, Dirk Graudenz, Carl Friedrich v. Weizsäcker: Quantum Field Theory of Binary Alternatives, in: International Journal of Theoretical Physics; Vol. 31, No. 11, 1992, pp. 1929-1959 pdf
  • Thomas Görnitz: Cosmology and Particle Physics, in: The Structure of Physics by Carl Friedrich v. Weizsäcker, edited,revised and enlarged by Thomas Görnitz and Holger Lyre, Springer 2006 pdf
  • Thomas Görnitz: Deriving General Relativity from Considerations on Quantum Information, in: Advanced Science Letters, Vol. 4, 577-585, 2011 pdf
  • Thomas Görnitz: Bewusstsein - naturwissenschaftlich betrachtet und enträtselt - ein Brückenschlag zwischen den Wissenschaften, in: Tobias Müller (Hrsg.), Thomas M. Schmidt (Hrsg.): Ich denke, also bin ich Ich?, Vandenhoeck & Ruprecht 2011, ISBN 978-3-525-56963-4 pdf
  • Thomas Görnitz: The Meaning of Quantum Theory - Reinterpreting the Copenhagen Interpretation, in: Advanced Science Letters, Vol. 4,3727-3734, 2011 Abstract
  • Thomas Görnitz: How is the Universe Actually Expanding?, in: Journal of Computational and Theoretical Nanoscience, Volume 10, Number 1, May 2012 , pp. 138-139 doi:10.1166/asl.2012.2145 Abstract
  • Thomas Görnitz: Quantum Theory as Universal Theory of Structures - Essentially from Cosmos to Consciousness in: Advances in Quantum Theory; ISBN 978-953-51-0087-4, Edited by: Ion I. Cotaescu, Publisher: InTech, February 2012 (Online abrufbar)
  • Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: Quantum Particles From Quantum Information, in: Journal of Physics, Conference Series 380 (2012), doi:10.1088/1742-6596/380/1/012025
  • Thomas Görnitz: What Happens Inside a Black Hole?, in: Quantum Matter, Volume 2, Number 1, Feb. 2013 , pp. 21-24 Abstract
  • Thomas Görnitz: Simplest quantum structures and the foundation of interaction, in: Reviews in Theoretical Science, Volume 2, Number 4, Dez. 2014, pp. 289-300, doi:10.1166/rits.2014.1025 pdf
  • Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: The structures of interactions - How to explain the gauge groups U(1), SU(2 and SU(3), in: Foundations of Science, March 2018, Volume 23, Issue 1, pp 51–73, doi:10.1007/s10699-016-9507-6 pdf
  • Thomas Görnitz: Quantum Theory and the Nature of Consciousness, in: Foundations of Science, September 2018, Volume 23, Issue 3, pp 475–510, doi:10.1007/s10699-017-9536-9 pdf

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Statistikseite der IMO
  2.  Thomas Görnitz: Quanten sind anders; Die verborgene Einheit der Welt.. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1999, ISBN 978-3-827-40571-5.
  3.  Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Der kreative Kosmos; Geist und Materie aus Quanteninformation. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 978-3-827-41368-0.
  4.  Th. Görnitz: Deriving General Relativity from Considerations on Quantum Information. In: Advanced Science Letters. 4, Nr. 2, 1. Februar 2011, S. 577–585, doi:10.1166/asl.2011.1243 (http://www.ingentaconnect.com/content/asp/asl/2011/00000004/00000002/art00050).
  5.  Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: The Structures of Interactions: How to Explain the Gauge Groups U(1), SU(2) and SU(3). In: Foundations of Science. 24. November 2016, ISSN 1233-1821, S. 1–23, doi:10.1007/s10699-016-9507-6 (http://link.springer.com/article/10.1007/s10699-016-9507-6).
  6.  Thomas Görnitz, Uwe Schomäcker: Quantum Particles From Quantum Information. In: Journal of Physics: Conference Series. 2012, doi:10.1088/1742-6596/380/1/012025 (http://iopscience.iop.org/1742-6596/380/1/012025).
  7.  Thomas Görnitz, Brigitte Görnitz: Von der Quantenphysik zum Bewusstsein - Kosmos, Geist und Materie. Springer-Verlag, Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-49082-2, S. XIX, 839.
  8.  Thomas Görnitz: Quantum Theory and the Nature of Consciousness. In: Foundations of Science. 22. Juni 2017, ISSN 1233-1821, S. 1–36, doi:10.1007/s10699-017-9536-9 (https://link.springer.com/article/10.1007/s10699-017-9536-9).


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