Gehirn und Wilhelm Meisters Wanderjahre: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:labeledbrain.jpg|thumb|300px|Sagittales [[Wikipedia:MRT|MRT]]-Schnittbild eines menschlichen Gehirns. Die Nase ist links.]]
[[Datei:Wilhelm Meisters Wanderjahre Erstausgabe 1821 Titelbild.jpg|miniatur|<center>Titelblatt der Erstausgabe von 1821</center>]]
[[Datei:Goethe (Stieler 1828).jpg|miniatur|<center>Goethe im Jahre 1828</center>]]


Das '''Gehirn''' (Hirn, [[Wikipedia:Latein|lat.]] ''Cerebrum'', {{ELSalt|Ενκέφαλον}} ''Encephalon'') ist der in der [[Wikipedia:Schädel|Schädel]]höhle geschützt liegende Teil des [[Wikipedia:Zentralnervensystem|Zentralnervensystem]]s (ZNS) der [[Wirbeltiere]] und des [[Mensch]]en. Das Gehirn und das im [[Wikipedia:Wirbelkanal|Wirbelkanal]] (''Canalis vertebralis'') gelegene [[Rückenmark]] wird von zwei weichen ([[Wikipedia:Hirnhaut#Pia mater|Pia mater]] und [[Wikipedia:Hirnhaut#Arachnoidea mater|Arachnoidea]]) und einer harten Hirn- bzw. Rückenmarkshaut ([[Wikipedia:Hirnhaut#Dura mater|Dura mater]]) umgeben. Durch den zwischen den beiden weichen Hirnhäuten liegenden [[Wikipedia:Subarachnoidalraum|Subarachnoidalraum]] zirkuliert die Gehirn- bzw. Rückenmarksflüssigkeit ([[Wikipedia:Liquor cerebrospinalis|Liquor cerebrospinalis]]), die im [[Atemrhythmus]] steigt und fällt.
'''Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden''' ist ein Roman von [[Johann Wolfgang von Goethe]]. Er gilt als die persönlichste aller Goethe’schen Dichtungen. 1821 erschien die erste Fassung, 1829 die vollständige. Ihr fehlen die vorangestellten Gedichte des Fragments von 1821.


Aus [[Anthroposophie|anthroposophischer]] Sicht dient das Gehirn hauptsächlich als reich differenzierter [[#Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken|Spiegelungsapparat]], der die [[geistig]]e und die [[Sinne|sinnlich]]-[[körper]]liche Tätigkeit des Menschen in die [[Seele]] und damit in das [[Bewusstsein]] reflektiert, wobei allerdings sehr unterschiedliche Bewusstseinsgrade enstehen, je nach dem, welche Schicht des Gehirns die Spiegelung hervorbringt. Je älter die entsprechende Gehirnstruktur entwicklungsgeschichtlich ist, desto dumpfer ist in der Regel der damit verbundene Bewusstseinsgrad. Das [[Wachbewusstsein]] des heutigen Menschen ist an einzelne Partien der [[Wikipedia:Großhirnrinde|Großhirnrinde]] gebunden.
__TOC__
<small>Auf Kapitel im Buch wird mit einem Zahlenpaar in der Form (Buch, Kapitel) verwiesen.</small>
== Roman und Zeit ==
Goethe selbst bezeichnet dieses Spätwerk als einen Roman.<ref>Zitat: „Der Redakteur dieser Bogen hier“ (2,8) versichert, wir „haben einen Roman in die Hand genommen.“ (1,10)</ref> Er besteht aus drei Büchern sowie ''Betrachtungen im Sinne der Wanderer'' und Materialien aus einem Archiv.


Der geistigen Forschung zeigt sich das Gehirn als ''mondenhaftes'' Organ ([[#Das Gehirn als Abbild des Makrokosmos|siehe unten]]), das sogar bis zu einem gewissen Grad unter dem Einfluss der Mondrhythmen steht. Dem gegenseitigen Verhältnis von [[Herz]] und Gehirn entspricht im [[Makrokosmos]] das Verhältnis der [[Sonne]] zum [[Mond]] {{Lit|GA 107, S 109}}.
An zwei Stellen im Text erfährt der Leser, dass die Wanderung ins 18. Jahrhundert zurückführt. Der Wanderer '''Wilhelm''' Meister wird einmal unterwegs auf einem Schlosse ''in eine Galerie ''geführt'', worin nur Porträts aufgehängt bzw. aufgestellt waren, alles Personen, die im achtzehnten Jahrhundert gewirkt hatten'' (1,6). Und als ein andermal die Vorgeschichte des Romans erzählt wird, heißt es: ''Der lebhafte Trieb nach Amerika im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts war groß'' (1,7).


== Kategorisierung ==
Die Einordnung der ''Wanderjahre'' seitens der Fachwelt ändert sich mit den Jahren.
* [[Wikipedia:Erich Trunz|Erich Trunz]]<ref>Bahr, S. 379 unten</ref> bestimmte 1950 die ''Wanderjahre'' schlicht als Rahmenerzählung mit eingelegten Novellen.
* Volker Neuhaus<ref>Bahr, S. 380.</ref> bezeichnete 1968 die Wanderjahre als ''Archivroman'', wobei er unter anderem von ''Makariens Archiv'' und seinem Inhalt ausging. In der Tat wird manches im Roman brieflich verhandelt. Es geht zentral um Papiere.
* [[Wikipedia:Gero von Wilpert|Gero von Wilpert]]<ref>Wilpert, 1998, S. 1189 unten</ref> nannte die ''Wanderjahre'' einen ''Zeitroman''. Nach Wilpert<ref>Wilpert, 2001, S. 917.</ref> hat [[Wikipedia:Clemens Brentano|Brentano]] den Zeitroman als erweiterten [[Wikipedia:Gesellschaftsroman|Gesellschaftsroman]] definiert. Im Zeitroman wird definitionsgemäß gleichsam ein Bild der Gesellschaft, des Geistes, der Kultur, der Politik und der Ökonomie einer Zeit auf einen Rundhorizont gemalt. Im Falle der ''Wanderjahre'' handelt es sich um das Bild der Zeit, in der Goethe lebte und die Goethe ins 19. Jahrhundert hinein schreibend [[Wikipedia:Extrapolation#Gebrauch_in_der_Literatur|extrapolierte]].


== Der Aufbau des menschlichen Gehirns ==
== Darstellungsweise ==
=== Grundlegende Eigenschaften des Gehirns ===
Zur Darstellungsweise der ''Wanderjahre'' hat Gidion<ref>Gidion, 1969.</ref> ein Buch geschrieben.
Das menschliche Gehirn, das durchschnittlich bei einer erwachsenen Frau eine Masse von 1245 g und bei einem erwachsenen Mann von 1375 g hat, besteht auf fundamentaler Ebene aus geschätzten 100 Milliarden (10<sup><small>11</small></sup>) [[Wikipedia:Nervenzelle|Nervenzelle]]n, die durch etwa 100 Billionen (10<sup><small>14</small></sup>) [[Wikipedia:Synapse|Synapse]]n eng miteinander vernetzt sind. Es hat einen ungeheuren Blut-, Sauerstoff- und Energiebedarf, um am Leben erhalten zu werden. Dieser Energiebedarf ist weitgehend unabhängig davon, ob wir wachen oder schlafen bzw. geistig aktiv oder träge sind. Bei etwa 2% der Körpermasse ist es für nahezu 1/4, bei Neugeborenen sogar für 50% des täglichen [[Wikipedia:Grundumsatz|Grundumsatz]]es verantwortlich, der beim Mann etwa 80 W (1700 kcal/Tag) beträgt, und beansprucht vom Blutkreislauf ca. 20% des [[Wikipedia:Herzminutenvolumen|Herzminutenvolumen]]s, das in Ruhe insgesamt etwa 5 l/min beträgt. Bei angestrengter intellektueller Tätigkeit wird allerdings noch mehr Energie benötigt, nämlich etwa soviel wie bei mittlerer körperlicher Arbeit, also ungefähr 115 W (2400 kcal/Tag). Dieser zusätzliche Energiebedarf geht aber nicht an das Gehirn, sondern beruht auf dem erhöhten Muskeltonus, der dadurch entsteht, dass sich die Körpermuskulatur beim intellektuellen Denken verkrampft. Der restliche Organismus muss gleichsam zur Erstarrung gebracht werden, damit wir in Ruhe unser modernes intellektuelles Denken entfalten können. Die intellektuelle Tätigkeit führt daher sehr schnell zu unangenehmen Muskelverspannungen. Im antiken Griechenland, wo man das philosophische Denken gemeinsam herumwandelnd (-> [[Wikipedia:Peripatos|Peripatetiker]]) im lebendigen philosophischen Gespräch übte, hatte das Denken noch einen etwas anderen Grundcharakter.


=== Die 4 Hauptbereiche des menschlichen Gehirns ===
Goethe belastet den Wanderer Wilhelm mit zwei Restriktionen, indem er ihn konstatieren lässt:
[[Datei:Gehirn, medial - beschriftet lat.svg|mini|300px|Längsschnitt durch das menschliche Gehirn]]
: 1. ''Nicht über drei Tage soll ich unter einem Dache bleiben.'' (1, 1)
: 2. ''Nun soll auf meiner Wanderschaft kein Dritter uns ein beständiger Geselle werden.'' (1,3)
Auch der daraus resultierende beständige Orts- und Personenwechsel erzeugt jene [[Wikipedia:Disparität|disparate]] Romanstruktur, auf die Goethe am [[#Selbstzeugnisse|28. Juli 1829]] hingewiesen und die dann etliche [[#Rezeption|Rezipienten]] zu unbedachten Äußerungen verleitet hat.


Im menschlichen Gehirn lassen sich grob vier Hauptbereiche unterschieden, die ein sehr unterschiedliches entwicklungsgeschichtliches Alter haben:
Mehr noch als in den [[Wilhelm Meisters Lehrjahre|''Lehrjahren'']] fordert Goethe in den ''Wanderjahren'' einen geduldigen Leser. ''Jarno'' aus den ''Lehrjahren'' heißt in den ''Wanderjahren'' Montan. Hinter der ''Schönen-Guten'' und dem ''nußbraunen Mädchen'' verbirgt sich ''Nachodine''


1. Das stark gefaltete '''[[Wikipedia:Großhirn|Großhirn]]''' ist in zwei [[Wikipedia:Hemisphären|Hemisphären]] geteilt, die durch einen dicken Nervenstrang, den sog. [[Wikipedia:Corpus_callosum|Balken]], und weitere kleinere Verbindungen zusammenwirken.  
== Entsagung ==
Diesen zentralen Begriff seiner Ethik, den Verzicht auf Niederes zugunsten Höherem, hat Goethe in ''Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit'' in (4,16) definiert: ''Unser physisches sowohl als geselliges Leben, Sitten, Gewohnheiten, Weltklugheit, Philosophie, Religion, ja so manches zufällige Ereignis, alles ruft uns zu, daß wir entsagen sollen… Diese schwere Aufgabe jedoch zu lösen, hat die Natur den Menschen mit reichlicher Kraft, Tätigkeit und Zähigkeit ausgestattet.''


Die 2-5 mm dicke [[Wikipedia:Großhirnrinde|Großhirnrinde]] (''Cortex'') besteht aus etwa 14 Milliarden  [[Wikipedia:Perikaryon|Nervenzellkörpern]], die die sog. [[Wikipedia:Graue Substanz|graue Substanz]] bilden. Auf der Großhirnrinde lassen sich sensorische und motorische Primärfelder und sog. Assoziationsfelder lokalisieren, wobei [[Rudolf Steiner]] sehr nachdrücklich darauf hingewiesen hat, dass kein prinzipieller Unterschied zwischen sensorischen und motorischen Nerven besteht. Auch die motorischen Nerven haben seiner Ansicht nach sensorischen Charakter und sind für die Wahrnehmung der Eigenbewegung zuständig (→ [[Eigenbewegungssinn]]).  
Weil Goethe den Terminus in den ''Wanderjahren'' sogar in den Titel hinein genommen hat, wird er in der Sekundärliteratur ausführlich besprochen. Wilpert (anno 1998, S. 1189 unten) zählt z.B. die in den Roman eingelegten Novellen als Beispiele für Geschichten um Personen auf, denen die Entsagung noch nicht geglückt ist.


[[Rudolf Steiner]] hat auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die [[Wikipedia:graue Substanz|graue Substanz]] nicht, wie oft fälschlich angenommen, das Werkzeug des [[Denken]]s ist, sondern vor allem der [[Ernährung]] des Gehirns dient. Vielmehr ist die [[Wikipedia:weiße Substanz|weiße Substanz]], die aus den [[Wikipedia:Nervenfaser|Nervenfaser]]n gebildet wird, die eigentliche "Denksubstanz".
Für Goethes Romankonzept ist die ''Entsagung'' Programm. Das ist aus Einzelheiten ablesbar:
: (1,4) ''Zu den sonderbaren Verpflichtungen der Entsagenden ''gehört'' auch die: daß sie, zusammentreffend, weder vom Vergangenen noch Künftigen sprechen ''dürfen'', nur das Gegenwärtige ''soll'' sie beschäftigen.''
Entsagt wird meist den Freuden der körperlichen Liebe zwischen Mann und Frau zugunsten höchster Werte. Vollkommenheit wird angestrebt.


<div style="margin-left:20px">
== Allegorie und Symbol ==
"Es ist ja eine
Hinter der vordergründigen Handlung stecken in den ''Wanderjahren'' [[Allegorie|allegorische]] Figuren und [[Symbol]]e.
ganz, man möchte schon fast sagen, alberne Ansicht, daß in der
grauen Hirnsubstanz im wesentlichen die Denksubstanz gegeben
ist, denn das ist nicht der Fall. Die graue Hirnsubstanz ist im
wesentlichen zur Ernährung des Gehirnes da und ist eigentlich eine
Kolonie der Verdauungswerkzeuge zur Ernährung des Gehirnes,
während gerade dasjenige, was weiße Hirnsubstanz ist, von einer
großen Bedeutung als Denksubstanz ist. Daher werden Sie auch
in der anatomischen Beschaffenheit der grauen Hirnsubstanz schon
etwas finden, was viel mehr zusammenhängt mit einer totalen
Tätigkeit als mit dem, was ihr gewöhnlich zugeschrieben wird. Also
Sie sehen, daß, wenn man von Verdauung spricht, man nicht bloß
vom Unterleib sprechen kann." {{Lit|{{G|312|113}}}}
</div>


Die Großhirnrinde gliedert sich in fünf bis sechs durch tiefe Spalten (''Fissurae'') voneinander abgegrenzte Gehirnlappen, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Vier Lappen liegen an der Gehirnoberfläche:
Zum Beispiel symbolisieren Kästchen und Schlüssel das Geheimnis des Lebens. Zudem ist das Symbol bei Goethe selten eindeutig. Etliche Goethe-Interpreten verstehen Kästchen und Schlüssel - um bei dem Beispiel zu bleiben - in Verbindung mit der Liebesgeschichte zwischen Hersilie und Felix (3,17) auch als sexuelle Attribute.


:* Der [[Wikipedia:Frontallappen|Frontallappen]] oder Stirnlappen (''Lobus frontalis''), der für das logische Denken wichtig ist und die motorischen Zentren in und um den [[Wikipedia:Gyrus praecentralis|Gyrus praecentralis]] enthält.
Mit der unten stehenden, kurz gefassten Beschreibung der Roman-Handlung ist die enzyklopädische Deskription dieses viel sagenden Werkes also keinesfalls abgetan. Notgedrungen wird auf die sehr umfangreiche [[#Literatur|Sekundärliteratur]] verwiesen.
:* Der [[Wikipedia:Parietallappen|Parietallappen]] oder Scheitellappen (''Lobus parietalis''), in dem das primäre Zentrum für die Tastempfindung liegt ([[Wikipedia:Gyrus postcentralis|Gyrus postcentralis]], in dem sich die gesamte Körperoberfläche topographisch abbildet.
:* Der [[Wikipedia:Temporallappen|Temporallappen]] oder Schläfenlappen (''Lobus temporalis''), in dem sich das Hörzentrum ([[Wikipedia:Auditiver Cortex|Auditiver Cortex]]) und wesentliche Teile des [[Wikipedia:Sprachzentrum|Sprachzentrum]]s befinden.
:* Der [[Wikipedia:Occipitallappen|Occipitallappen]] oder Hinterhauptslappen (''Lobus occipitalis''), in dem das Sehzentrum ([[Wikipedia:Area striata|Area striata]]) lokalisiert ist.  


Teilweise bedeckt vom Frontal-, Parietal- und Temporallappen liegt seitlich der
== Handlung ==
<small>Eine einzelne Zahl verweist auf das betreffende Kapitel. Die Titel der eingelegten Novellen sind unterstrichen. Mitunter gehen Novellen über Kapitelgrenzen hinweg. Das Ende der Beschreibung einer Novelle ist im Normalfall die Leerzeile. Ausnahme: Manche Novellen sind mit der nachfolgenden Rahmenerzählung verquickt.</small>


:* der [[Wikipedia:Insellappen|Insellappen]] (Lobus insularis), dessen Funktion noch wenig erforscht ist.
=== Erstes Buch ===
<div class="center"><u>Die Flucht nach Ägypten</u></div>
1 Wilhelm, mit seinem Sohn '''Felix''' im Gebirge unterwegs, begegnet einer fünfköpfigen Familie. Der junge, rüstige Mann trägt Handwerkszeug eines Zimmermanns. Die Familienmutter, ''ein sanftes, liebenswürdiges Weib'', hat Wilhelm schon viel früher gesehen - auf dem Gemälde ''Die Flucht nach Ägypten''. Der freundliche Zimmermann lädt die beiden Wanderer zur Übernachtung nach ''Sankt Joseph'' ein.
<div class="center"><u>Sankt Joseph der Zweite</u></div>
2 Sankt Joseph erweist sich als ''ein großes, halb in Trümmern liegendes, halb wohlerhaltenes [[Wikipedia:Kloster|Kloster]]gebäude.'' Wilhelm wird von den Kindern des Zimmermanns vor ein Gemälde geführt, die ''die Geschichte des heiligen Joseph'' vorstellen. Auf einem Gemälde ist [[Wikipedia:Josef (Ziehvater Jesu)|Joseph]] ''mit einer Zimmerarbeit beschäftigt'', auf dem nächsten begegnet ''er [[Maria (Mutter Jesu)|Marien]], und eine [[Wikipedia:Lilien|Lilie]] ''sprosst'' zwischen beiden aus dem Boden''. Der Zimmermann, den Wilhelm in den Bergen traf, heißt auch Joseph und seine Frau heißt Marie.
<div class="center"><u>Die Heimsuchung, Der Lilienstengel</u></div>
Joseph erzählt Wilhelm, wie er um Marie, die schwangere Witwe, die ''den schönsten Knaben'' gebar, freite.


Gelegentlich werden einzelne entwicklungsgeschichtlich ältere Teile des Cortex (z. B. [[Wikipedia:Gyrus cinguli|Gyrus cinguli]] und [[Wikipedia:Hippocampus|Hippocampus]]) zusammengefaßt als sechster
3 Wilhelm, der Natalie entsagte, schreibt ihr über den Zimmermann Joseph: ''Jene Verehrung seines Weibes, gleicht sie nicht derjenigen, die ich für dich empfinde? und hat nicht selbst das Zusammentreffen dieser beiden Liebenden etwas Ähnliches mit dem unsrigen?'' Wilhelm beneidet Joseph, weil er mit Marie unter einem Dach wohnt und schreibt weiter an Natalie: ''Dagegen darf ich nicht einmal mein Schicksal beklagen, weil ich dir zugesagt habe, zu schweigen und zu dulden, wie du es auch übernommen hast.''


:* der [[Wikipedia:Limbisch|Limbisch]]e Lappen (Lobus limbicus), der für die Gedächtnisfunktion und für emotionale Prozesse bedeutsam ist.
Wilhelm und Felix wandern weiter und begegnen ''Jarno'', der Steine klopft und nun '''Montan''' genannt wird. Montan ist von den Menschen enttäuscht: ''Ihnen ist nicht zu helfen.'' Deshalb folgt er einer ''einsiedlerischen Neigung''. Montan weiß: ''Die Natur hat nur eine Schrift.'' Er will nicht länger reden, sondern jene Schrift der Natur entziffern.


Das Innere des Großhirns wird aus der sog. [[Wikipedia:Weiße Substanz|weißen Substanz]] gebildet, die aus stark [[Wikipedia:Myelin|myelinisierten]] Nervenfasern ([[Wikipedia:Axon|Axon]]) besteht, die die einzelnen Teile des Großhirns miteinander und mit anderen Gehirnteilen verbinden.
4 Montan und Wilhelm reden aber doch weiter. Es geht um die naturkundliche Belehrung von Felix. Montan meint, Wilhelm sei als Lehrer ungeeignet: ''Wer andere lehren will, kann wohl oft das Beste verschweigen, was er weiß, aber er darf nicht halbwissend sein.'' Nach Montan ist ''die Zeit der Einseitigkeiten'' - sprich, der Entsagung - angebrochen und er weiß auch den Weg: ''von unten hinauf zu dienen, ist überall nötig. Sich auf ein Handwerk zu beschränken, ist das Beste. Um einen Gegenstand ganz zu besitzen, zu beherrschen, muß man ihn um sein selbst willen studieren. Was der Mensch leisten soll, muß sich als ein zweites Selbst von ihm ablösen.''


2. Das '''[[Wikipedia:Kleinhirn|Kleinhirn]]''', das sich ebenfalls in zwei Hemisphären und weitere Teile gliedert, ist bedeutsam für den [[Gleichgewichtssinn]] und für die Bewegungskoordination. Bei Tieren tritt das Kleinhirn im Verhältnis zum Großhirn meist stärker hervor, namentlich bei schnellen [[Raubtier]]en und flugfähigen Tieren.
Wilhelm ist beeindruckt und will endlich einen ordentlichen Beruf erlernen. Montan soll ihm helfen, ''daß die lästigste aller Lebensbedingungen, nicht länger als drei Tage an einem Orte zu verweilen, baldigst aufgehoben und ihm vergönnt werde, sich zu Erreichung seines Zweckes da oder dort, wie es ihm belieben möge, aufzuhalten.'' Montan will sich für den Freund verwenden.


3. Das '''[[Wikipedia:Zwischenhirn|Zwischenhirn]]''', das vor allem für den [[Schlaf-Wach-Rhythmus]], die [[Schmerz]]empfindung und die Temperaturregulation wichtig ist, besteht aus vier wesentlichen Teilen:
Wilhelm und Felix pilgern weiter, bis Felix ein ''Riesenschloß'' erblickt. ''Wände und Säulen ''ragen'' auf einem einsamen Gipfel hervor, geschlossene Säulenwände ''bilden'' Pforten an Pforten, Gänge nach Gängen.'' Während der nächsten Rast ist Felix verschwunden. In einer Felsspalte findet Felix ''ein Kästchen, nicht größer als ein kleiner Oktavband, von prächtigem altem Ansehn, es ''scheint'' von Gold zu sein, mit Schmelz geziert.'' Wilhelm und Felix schlagen ''den Weg ein nach jenen ausgedehnten Gütern eines großen Landbesitzers, von dessen Reichtum und Sonderbarkeiten man ihnen erzählt hatte.''


:*Der [[Wikipedia:Thalamus|Thalamus]], der hauptsächlich aus [[Wikipedia:Graue Substanz|grauer Substanz]] besteht, bündelt motorische und sensorische Reize und vermittelt sie von und zum Großhirn.
5 ''Der Hausherr, ein kleiner, lebhafter Mann von Jahren'', bewillkommt Wilhelm auf dem Schlosse. Es folgt sogleich die Begrüßung durch ''zwei Frauenzimmer, wovon die eine mit großer Heiterkeit zu ihm ''spricht'': „Sie finden hier kleine Gesellschaft, aber gute; ich, die jüngere Nichte, heiße '''''Hersilie''''', diese, meine ältere Schwester, nennt man ''Juliette''.“'' Hersilie, auf der Wilhelms Blick ruht, hat sich auf französische Literatur spezialisiert und gibt dem Ankömmling gleich eine Kostprobe ihrer Übersetzungstätigkeit zum Lesen:
:*Der [[Wikipedia:Hypothalamus|Hypothalamus]], der mit der [[Hypophyse]] (Hirnanhangdrüse) verbunden ist, ist das zentrale Bindeglied zwischen [[Wikipedia:Hormonsystem|Hormonsystem]] und [[Nervensystem]].
<div class="center"><u>Die pilgernde Törin</u></div>
:*Der [[Wikipedia:Subthalamus|Subthalamus]], dessen wichtigste Strukturen der ''Nucleus subthalamicus'' und das [[Wikipedia:Pallidum|Pallidum]] sind, ist für die Grobmotorik zuständig.
Die pilgernde Törin ist eine schöne [[Wikipedia:Fahrendes Volk|Vagantin]], der Herr von Revanne, ein reicher Provinzler, abseits der Landstraße begegnet, als sie anmutig auf einem Rasenstück ruht. Er nimmt sie mit in sein Schloss, wo sie wohlgelitten für zwei Jahre als Gesellschafterin bleibt. Nach Ablauf dieser Frist haben sich Herr von Ravenne und sein Sohn in sie verliebt. Als ihr beide - jeder für sich - ihre Liebe gestanden haben, werden sie von ihr gefoppt und die schöne Fremde verschwindet. Der Sohn behält sie als „Engel, oder vielmehr ein Dämon“ in Erinnerung, dem Vater erscheint sie „so flüchtig wie die Engel und so liebenswürdig“.
:*Der [[Wikipedia:Epithalamus|Epithalamus]] ist mit der [[Epiphyse]] verbunden, die das [[Wikipedia:Hormon|Hormon]] [[Wikipedia:Melatonin|Melatonin]] in Abhängigkeit vom [[Schlaf-Wach-Rhythmus]] produziert.


Nach Aussagen [[Rudolf Steiner]]s ist das rechte Zusammenspiel von [[Epiphyse]] und [[Hypophyse]] wesentlich für die [[Gedächtnis]]bildung.
6 Hersilie unterrichtet Wilhelm über '''Lenardo''', einen ''Vetter, der drei Jahre abwesend, demnächst erwartet'' wird. Des Weiteren ist die Rede von '''Makarie''', '' einer würdigen Tante, die, unfern in ihrem Schlosse wohnend, als ein Schutzgeist der Familie zu betrachten sei. In krankem Verfall des Körpers, in blühender Gesundheit des Geistes ''wird'' sie geschildert.'' Hersilie will Wilhelm Briefe geben, ''woraus das Weitere zu ersehen ist'' und sagt: ''Gestern machte ich Sie mit einer törigen Landläuferin bekannt, heute sollen Sie von einem verrückten Reisenden vernehmen.''


4. Der '''[[Wikipedia:Hirnstamm|Hirnstamm]]''' (oft auch als ''Reptilienhirn'' bezeichnet) ist der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns und besteht teils aus auf- und absteigenden Nervenfasern ([[Wikipedia:Weiße Substanz|Weiße Substanz]]) und teils aus einzelnen Ansammlungen von Nervenzellkörpern ([[Wikipedia:Graue Substanz|Graue Substanz]]). Der Hirnstamm gliedert sich in folgende Teile:
Felix macht Hersilie den Hof und stürzt während eines Ausritts in einen Graben. Ein Wundarzt ist zur Stelle.


:*Das [[Wikipedia:Mittelhirn|Mittelhirn]] regelt unter anderem die Augenbewegung, die [[Wikipedia:Augenmuskeln|Irismuskulatur]] und die [[Wikipedia:Musculus ciliaris|Ziliarmuskeln]].
Lenardo kündigt sich mit einem Brief an die Tante an. Hersilie kommentiert diesen Brief in einem weiteren Brief an die Tante. Darin kommt Lenardo nicht gut weg. In letzterem Brief werden Valerine und Nachodine genannt. Lenardo, der Abwesende, verwechselte sie und Hersilie korrigiert. Wilhelm schreibt an Natalie lakonisch: ''Man vertraut mir, man gibt mir einen Pack Briefe,… ich kenne die Personen, deren Bekanntschaft ich machen werde.''
:*Die [[Wikipedia:Pons|Brücke (Pons)]], durch die auf- und absteigende Nervenfasern (Weiße Substanz) durchgeleitet werden. Hier befinden sich auch die sog. Brückenkerne aus grauer Substanz, die wichtige Umschaltstationen zwischen Großhirn und Kleinhirn sind.
:*Das [[Wikipedia:Nachhirn|Nachhirn]], das auch als verlängertes Mark ([[Wikipedia:Medulla oblongata|Medulla oblongata]]) bezeichnet wird. Hier kreuzen sich die Nervenbahnen der beiden Körperhälften und hier werden viele automatisch ablaufende Vorgänge wie Herzschlag, Atmung und Stoffwechselvorgänge reguliert. Auch finden sich hier wichtige Reflexzentren, etwa für den Lidschluss-, Schluck-, und Hustenreflex. Das untere Ende des Nachhirns schließt unmittelbar an das [[Wikipedia:Rückenmark|Rückenmark]] an.


=== Die 12 Hauptnervenpaare des Gehirns ===
7 Über den Hausherrn auf dem Schlosse wird mitgeteilt: Sein Vater wurde in Philadelphia geboren. Der Hausherr gelangte als Jüngling nach Europa. ''Er übernahm die Familiengüter, wußte sie freisinnig zu behandeln, sie wirtschaftlich einzurichten.''
Als [[Wikipedia:Hirnnerv|Hirnnerv]]en werden jene paarig angeordneten peripheren [[Nerven]] bezeichnet, die direkt dem Gehirn, zumeist dem Hirnstamm, entspringen. Nur der [[Wikipedia:Nervus accessorius|Nervus accessorius]] entspringt eigentlich dem Rückenmark, geht jedoch parallel zum Rückenmark in die Schädelhöhle und verlässt diese dann wieder an der Schädelbasis und wird deshalb ebenfalls zu den Hirnnerven gezählt. Die Hirnnerven bestehen aus [[Somatisches Nervensystem|somatischen]] und [[Vegetatives Nervensystem|vegetativen]] Fasern.
<div class="center"><u>Wer ist der Verräter?</u></div>
8 ''Lucidor'' studiert, gefördert vom Oberamtmann, die Rechtswissenschaft, um einmal Oberamtmann zu werden. Die Töchter des Oberamtmanns, ''Julie'' und ''Lucinde'', wachsen heran. Nach dem Willen des verehrten, gelehrten Vaters, soll Lucidor einmal Julie heiraten. Beim ersten Treffen fühlt Lucidor eine ''Entfremdung gegen Julien, Lucinde dagegen ''zieht'' ihn an, dass er ''zittert'', wenn sie ihn mit ihren vollen, reinen, ruhigen Augen'' ansieht. Lucidor, der sich im Hause des Oberamtmanns zu Besuch aufhält, offenbart, sobald er im Bett allein ist, dem Leser in Selbstgesprächen sein Innerstes: Nur Lucinde kann die Glückliche sein. Doch es scheint ihm, als ob Lucinde bereits an Antoni vergeben ist. Lucidor muss erkennen, der Schein trügt nicht. Also reist er ab. Jedoch der Unglückliche kommt nicht weit: ''da erblickt er Lucinden. Sie faßt ihn sanft in ihren Arm'' und ruft: ''Sie sind mein, ich die Ihre!'' Schließlich, später, auf einer Kutschfahrt, eröffnet Julie unter vier Augen Lucidor, ihre Familie habe seine heftigen Monologe vom Nebenzimmer aus von Anfang an belauscht und also gewusst, dass er Lucinde begehrte. Mit seinem lauten Gerede im Bett habe er sich selbst verraten. Das Happy End ist perfekt. Antoni bekommt Julie und Lucidor bekommt Lucinde.


#[[Wikipedia:Nervus olfactorius|Nervus olfactorius]] - ermöglicht das Riechen.  
9 Wilhelm und Felix wandern ''auf ein altes Gebäude'' zu. Darin sitzen ''Makarie'' auf einem Lehnsessel (der von zwei hübschen jungen Mädchen geschoben wird), Makaries '''Astronom''' und ihre Archivarin '''Angela'''. ''Makarie ''spricht'' zu Wilhelm als einen Vertrauten: da wir unter uns sind, nichts festsetzen, nichts nach außen wirken, sondern nur uns aufklären wollen, so kann das Gespräch immer vorwärtsgehen.'' Der Astronom kündigt an, ''von der Mathematik ist die Rede''. Es wird aber nicht von der Mathematik gesprochen. Felix kämpft gegen die Langeweile. Wilhelm betrachtet mit dem Astronomen die ''Gestirne'', diese ''himmlischen Heerscharen. Durch ein vollkommenes Fernrohr'' wird ''Jupiter, begleitet von seinen Monden'', angeschaut. Wilhelm schläft in der Sternwarte ein Weilchen und träumt von Makarie - ''priesterlich, ihr Anblick''. Wilhelm erzählt: ''An der Stelle ihres herrlichen Angesichtes sah ich zuletzt, zwischen sich teilendem Gewölk, einen Stern blinken, der immer aufwärts getragen wurde und durch das eröffnete Deckengewölb sich mit dem ganzen Sternhimmel vereinigte, der sich immer zu verbreiten und alles zu umschließen schien. In dem Augenblick wecken Sie mich auf; schlaftrunken taumle ich nach dem Fenster, den Stern noch lebhaft in meinem Auge, und wie ich nun hinblicke - der Morgenstern, von gleicher Schönheit, obschon vielleicht nicht von gleicher strahlender Herrlichkeit, wirklich vor mir!'' Am ''andern Morgen'' sucht Wilhelm seinen Felix und findet Angela im Garten, die junge arbeitende Mädchen, ''alle, wo nicht schön, doch keine häßlich,'' beaufsichtigt. Angela erklärt, ''sämtliche Bewohnerinnen unserer Stiftung'' werden ''ins tätige Leben treten''. Darauf erläutert Angela ihre Tätigkeit als Archivarin: ''Deshalb machte sie ''[Makarie]'' mirs zur Pflicht, einzelne gute Gedanken aufzubewahren, die aus einem geistreichen Gespräch hervorspringen.'' Das Archiv wird als Lose-Blatt-Sammlung beschrieben. Wilhelm entdeckt einen emsig schreibenden Felix. Bevor sich Wilhelm auf Wanderschaft begibt, wird er von Angela ermutigt: „Wir haben ''Ihr unvermutetes Erfassen der tiefsten Geheimnisse betrachtet und überlegt, und wir dürfen uns ermutigen, Sie weiter zu führen.''“
#[[Wikipedia:Nervus opticus|Nervus opticus]] - leitet optische Eindrücke weiter.  
#[[Wikipedia:Nervus oculomotorius|Nervus oculomotorius]] - versorgt u.a. 4 von 6 Muskeln, die das Auge bewegen.  
#[[Wikipedia:Nervus trochlearis|Nervus trochlearis]] - versorgt den oberen schrägen Augenmuskel.
#[[Wikipedia:Nervus trigeminus|Nervus trigeminus]] - leitet u.a. Informationen über Berührungen aus dem Gesichtsbereich weiter.
#[[Wikipedia:Nervus abducens|Nervus abducens]] - versorgt den seitlichen Augenmuskel.  
#[[Wikipedia:Nervus facialis|Nervus facialis]] - ermöglicht u.a. mimische Bewegungen und Geschmackswahrnehmungen.
#[[Wikipedia:Nervus vestibulocochlearis|Nervus vestibulocochlearis]] (''N. statoacusticus'')- leitet Informationen aus dem Hör- und dem Gleichgewichtsorgan weiter.
#[[Wikipedia:Nervus glossopharyngeus|Nervus glossopharyngeus]] - leitet u.a. Informationen des [[Geschmackssinn]] und aus dem Schlundbereich weiter und ermöglicht Bewegungen in diesen Bereichen.
#[[Wikipedia:Nervus vagus|Nervus vagus]] - ist zuständig für die Wahrnehmung und Bewegung eines Teils der Eingeweide, inklusive der Regulation der Drüsentätigkeit und Hormonausschüttung.  
#[[Wikipedia:Nervus accessorius|Nervus accessorius]] - ermöglicht die Bewegung zweier großer Muskel des Halses und des Kopfes.  
#[[Wikipedia:Nervus hypoglossus|Nervus hypoglossus]] - ermöglicht die Bewegungen der Zunge.


Die zwölf paarigen Gehirnnerven entsprechen den 12 [[astral]]en Strömen, die von den zwölf [[Amshaspands]] ausgehen, von denen schon in der [[Wikipedia:Persische Mythologie|persischen Mythologie]] gesprochen wurde. Die Amshaspands haben schon auf dem [[Alter Mond|alten Mond]] das Äthergehirn vorgebildet {{Lit|{{G|145|67}}}}. In der [[Wikipedia:Germanische Mythologie|germanischen Mythologie]] wird in ähnlicher Weise von den 12 Hauptströmen gesprochen, die dem in [[Niflheim]] gelegenen Brunnen [[Hvergelmir]] entspringen.
<div class="center"><u>Das nußbraune Mädchen</u></div>
10 Wilhelm wandert dem anreisenden Lenardo entgegen. Letzterer erzählt dem Wanderer folgende Geschichte. Die Bildungsreise Lenardos ''durch das gesittete Europa'' wurde finanziert, indem der Oheim Pacht eintreiben ließ. Die Pächterstochter Nachodine, wegen ihrer ''bräunlichen Gesichtsfarbe'' das nußbraune Mädchen genannt, bat Lenardo, sich für ihren zahlungsunfähigen Vater beim Oheim zu verwenden. Lenardo, leichtsinnig, hielt sein Versprechen nicht und macht sich nun Gewissensbisse. Wilhelm und Lenardo suchen das nußbraune Mädchen auf, finden aber die Blondine Valerine vor. Wilhelm bekommt von Lenardo den Auftrag, das nußbraune Mädchen zu suchen. Lenardo sagt zu seinem neuen Freund zum Abschied ''Leisten Sie mir diesen Dienst, und ich werde dankbar sein.''


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11 Wilhelm, unmittelbar vor einer Reise ins Ungewisse, deponiert das kostbare Kästchen bei einem ''kuriosen Antiquitätenkrämer''. Letzterer meint, ''wenn dieses Kästchen etwas bedeutet, so muß sich gelegentlich der Schlüssel dazu finden, und gerade da, wo Sie ihn am wenigsten erwarten.'' Außerdem wird Wilhelm eingeschärft: ''Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muß das Handwerk vorausgehen, welches nur in der Beschränkung erworben wird. Eines recht wissen und ausüben gibt höhere Bildung als Halbheit im Hundertfältigen.''
"Zur Zeit Zarathustras gab es noch keine Anatomie im heutigen Sinne. Da sahen Zarathustra und seine Schüler durch ihre geistige Anschauung die Strömungen wirklich, von denen wir heute gesprochen haben, die als zwölf Ströme von der großen Welt auf den Menschen zufließen und sich in den Menschen hinein fortsetzen, so dass uns in der Tat das menschliche Haupt als der Ausdruck dessen erscheint, dass in den Menschen hereinströmen die Kräfte der sieben guten und der fünf bösen Amshaspands-Strömungen. Da drinnen im Menschen sind die Fortsetzungen der Ströme der [[Amshaspands]]. Wie geben sie sich heute kund einer viel späteren Zeit? Heute deckt der Anatom zwölf Hauptpaare von Gehirnnerven auf, die vom Gehirn aus in den Leib gehen. Das sind die physischen Gegenbilder, gleichsam die zwölf gefrorenen Strömungen der Amshaspands, zwölf Nervenpaare für die höchste menschliche Tätigkeit, durch die der Mensch zu den höchsten Vollkommenheiten wie auch zum ärgsten Bösen kommen kann. Da sehen wir, wie in unserm Zeitalter - materialistisch umgestaltet - das wiedererscheint, was Zarathustra seinen Schülern aus der geistigen Welt heraus gesagt hat. Das ist das Ärgerliche, und leicht wird es für einen heutigen Menschen, zu sagen: Da predigt die Geisteswissenschaft das ganz Phantastische, dass Zarathustra mit den zwölf Amshaspands etwas gemeint habe, was mit den zwölf Nervenpaaren im menschlichen Kopfe zusammenhängen soll! Aber die Welt wird noch etwas ganz anderes erfahren: sie wird erfahren, wie sich in den Menschen hinein fortsetzt, was die ganze Welt durchwebt und durchlebt. In unserer Physiologie steht der alte Zarathustrismus wieder auf! Und wie die achtundzwanzig bis einunddreißig [[Izeds]] unter den Amshaspands stehen, so stehen die achtundzwanzig Rückenmarksnervenpaare unter den Gehirnnerven. In den Rückenmarksnerven, die das niedere Seelenleben des Menschen anregen, schaffen die Izeds, die als geistige Strömungen draußen vorhanden sind; sie wirken in uns herein, kristallisieren sich gleichsam in den achtundzwanzig Rückenmarksnerven, denn in denselben haben wir die verdichteten Izeds-Strömungen. Und in dem, was nicht mehr Nerv ist, was uns zur Persönlichkeit abrundet, haben wir das, was nun nicht mehr in einer äußeren Strömung, in einer äußeren Richtung sich auslebt: was die [[Fravashis]] sind, das sind in uns die Gedanken, die sich über das bloße Gedanken- und Gehirnleben erheben." {{Lit|{{G|060|275ff}}}}
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=== Zweites Buch ===
"... aus
1,2 Wilhelm, auf der Suche nach Nachodine, bringt unterwegs seinen Felix in einer pädagogischen Provinz unter, in der Jugendliche erzogen werden. Er dringt zu den Oberen vor und wird - bis an eine gewisse Grenze - in die Geheimnisse der Erziehenden eingeweiht. Hervorragende Erziehungselemente sind die Musik und der Chorgesang. Die Oberen setzen Wilhelm auseinander, welche Religionen zu unterscheiden sind und welche zu favorisieren sei. Insbesondere bekommen die Jugendlichen in der Provinz ''Ehrfurcht'' vor dem Himmel und der Erde beigebracht. Es gibt ''drei Ehrfurchten''. Die oberste ist ''die Ehrfurcht vor sich selbst''.
den zwölf Richtungen des Tierkreises sahen die Schüler des Zarathustra
<div class="center"><u>Der Mann von funfzig Jahren</u></div>
herkommen zwölf Mächte, von denen die eine Hälfte nach der lichten
3 Der Major ist fünfzig Jahre alt. Seine geliebte Schwester, die verwitwete Baronin, eröffnet ihm, ihre Tochter Hilarie liebe ''ihn wirklich und von ganzer Seele''. Der Major nimmt einen ''Verjüngungsdiener''; erprobt an sich ''Toilettenkästchen''. Die ''Verjüngung ''gibt'' dem Major einen besonders heiteren Sinn.'' Der Major sagt zu Hilarie ''Du machst mich zum glücklichsten Menschen unter der Sonne! Willst du mein sein?'' Darauf Hilarie: ''Um Gottes willen stehen Sie auf! Ich bin dein auf ewig.'' Die Baronin ertappt das Paar und hat keine Einwände. ''Alle drei ''vereinigen'' sich nunmehr in einer Liebe, einem Behagen, und so ''fließen'' für sie die glücklichsten Stunden dahin.'' Der Major sucht den Lieutenant Flavio, seinen Sohn, auf. Eigentlich sollen Flavio und Hilarie ein Paar werden. Flavio kommt dem betretenen Major unverhofft zu Hilfe. Flavio gesteht, er liebe eine schöne Witwe. Die Heirat von Hilarie und Flavio muss sein. Der Besitz muss zusammengehalten werden. Der Major weiß einen Ausweg. Er wird sich für Flavio opfern und Hilarie heiraten. Flavio ist zufrieden und stellt der Witwe seinen Vater vor.
Seite, gleichsam nach der Lichtseite des Tierkreises, da, wo die Sonne
oben bei Tag durchläuft, gerichtet war; die andere Hälfte war der finsteren
Seite des Tierkreises, dem Ahriman, wie sie sagten, zugewendet.
Also von zwölf Seiten des Weltenalls herkommend und in die Menschenorganisation eindringend, so dachte sich der Perser die makrokosmischen
Kräfte; die strömten ein in die Menschheitsorganisation,
wirkten und arbeiteten in ihr, so daß sie im Menschen präsent, gegenwärtig
sind. Daher muß sich der menschlichen Intelligenz das, was sich
heranentwickelt durch die Zwölfzahl, auch mikrokosmisch offenbaren,
das heißt, es muß sich das durch die Zwölfzahl der Amshaspands
(Erzengel) auch im Mikrokosmos ausdrücken, und zwar als eine letzte
Manifestation sozusagen dieser zwölf geistigen makrokosmischen
Wesenheiten, die schon früher gewirkt haben, die vorbereitet haben,
was nur eine letzte Ausbildung während der persischen Kultur gefunden
hat.


Die heutige Physiologie könnte wissen, wo die zwölf mikrokosmischen
4 Der Major reist ab und wendet sich seinen Geschäften zu. Er schickt der Witwe ein paar selbst verfasste Verse, trennt sich von seinem ''Schönheits-Erhaltungslehrer'' und möchte wieder Hilaries Bräutigam sein.
Gegenbilder der zwölf Amshaspands sind. Das sind die zwölf
Hauptnerven, die aus dem Haupte entspringen; die sind nichts anderes
als etwas, was durch das Hereinstrahlen der zwölf makrokosmischen
Mächte in den Menschen entstanden ist und im Menschen sich materiell
verdichtet hat. Von den zwölf Seiten des Tierkreises aus wirkten die
zwölf [[Erzengel]]wesen, so haben die alten Perser es sich vorgestellt, und
um allmählich das hervorzubringen, was heute unsere Intelligenz ist,
wirkten sie in zwölf Strahlen herein in das menschliche Haupt. Natürlich
wirkten sie in der urpersischen Zeit nicht zum erstenmal in den
Menschen herein, sondern zuletzt so, daß wir zwölf kosmische Strahlungen,
zwölf Erzengel-Strahlungen haben, die sich dann im Haupte
des Menschen verdichtet haben zu den zwölf Hauptgehirnnerven, wie
wenn sie da drin materiell gefroren wären." {{Lit|{{G|126|86f}}}}
</div>


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5 Die schöne Witwe will ''Flavio einer andern Liebenswürdigen nicht überlassen ''und'' wendet an ihn mehr scheinbare Gunst, als billig ist. ''Flavio'', aufgeregt und ermutigt, ''wird'' heftig bis ins Ungehörige. Ein entschiedener Bruch macht dem ganzen Verhältnis unwiederbringlich ein Ende.'' Flavio geht zu Hilarie. Deren ''Neigung ''ist'' im Umwenden begriffen''. Der Baronin missfällt, dass Flavio sich Hilarie zuwendet, und sie mag die schöne Witwe nicht leiden. Da die Baronin ''ein schönes Verhältnis zu Makarien'' hat, beklagt sie sich bei dieser brieflich. Makarie leitet diese Papiere, mit eigenen Kommentaren im Anschreiben, an die schöne Witwe weiter. Die Witwe ist darauf über die Familienverhältnisse der Baronin und des Majors haarklein unterrichtet. Der abwesende Major bekommt von diesen Vorgängen keine Kenntnis. Als dem Major ''ein Vorderzahn'' ausfällt, geht ihm endlich auf, dass er doch nicht der Richtige für die junge Hilarie ist. Auf einer seiner zahlreichen Reisen trifft der Major die Witwe. Die zeigt ihm die Briefe von seiner Schwester und Makarie. Die Witwe bedauert ausnahmslos jeden in der Familie des Majors.
"Auch in anderen Gegenden hat man gewußt, daß das, was im Menschen
sich ausdrückt, von außen hereinfließt. Daher hat man zum Beispiel
in gewissen Zeiten der germanischen Mythologie von zwölf Strömen
gesprochen, welche von Niflheim nach Muspelheim fließen. Die
zwölf Ströme sind nicht im physisch-materiellen Sinne gemeint, sondern
sie sind das, was, hellseherisch geschaut, als ein gewisser Abglanz vom
Makrokosmos hereinfließt in den menschlichen Mikrokosmos, in das
Wesen, das auf der Erde herumwandelt und sich durch makrokosmische
Kräfte entwickeln soll. Und das muß ja allerdings betont werden, daß
diese Strömungen heute im Grunde genommen als astralische Ströme zu
sehen sind, während sie in den atlantischen Zeiten, die unmittelbar auf
Lemurien folgten, und in Lemurien selbst als ätherische Strömungen
gesehen werden konnten." {{Lit|{{G|126|88f}}}}
</div>


== Das Gehirn und das Denken ==
6 Wilhelm wiederholt in einem Schreiben an den Abbé, sein Gesuch - ''durch Montan vorlängst angebracht''.


Das menschliche Gehirn bringt nicht das [[Denken]] und die [[sinnlich]]en [[Vorstellung]]en hervor, sondern das Gehirn wird durch das Denken zu einem komplizierten Spiegelungsapparat geformt, der die geistige Tätigkeit der drei höheren [[Wesensglieder]] in den [[Ätherleib]], [[Astralleib]] und in das [[Ich]] zurückwirft und dadurch dem Menschen in Form von [[Gedanke]]n bewusst macht. Indem wir uns so des Gehirns als Werkzeug bedienen, schiebt sich der Gedanke zwischen [[Wahrnehmung]] und Tat hinein; im Gegensatz zum [[Tier]] ist dadurch der [[Mensch]] zu willkürlichen Handlungen befähigt.
7 Vom Hochgebirge steigt Wilhelm zum [[Wikipedia:Lago Maggiore|Lago Maggiore]] herab und wandelt auf [[Wilhelm Meisters Lehrjahre#Handlung|Mignons]] Spuren. Am See begegnet Wilhelm Hilarie und der schönen Witwe. Alle drei gehören jenem ''Orden'' der ''Entsagenden'' an. Alle drei entsagen dem anderen Geschlecht.


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Der Abbé erwähnt in einem Schreiben an Wilhelm [[Wilhelm Meisters Lehrjahre#Handlung|Lotharios]] Tätigkeit für den Orden und spricht Wilhelm frei: ''Sie sind von aller Beschränktheit entbunden. Reisen Sie, halten Sie sich auf, bewegen Sie sich, verharren Sie! was Ihnen gelingt, wird recht sein; möchten Sie sich zum notwendigsten Glied unsrer Kette bilden.''
"In der materialistischen Zeit hat man einen materialistischen Vergleich
<div class="center">Zwischenrede - ''dem Leser'' wird ''eine Pause und zwar von einigen Jahren'' angekündigt.</div>
gebraucht, daß das Gehirn Gedanken ausschwitze, wie die Leber
8 Wilhelm sucht seinen Sohn Felix in der pädagogischen Provinz auf dem flachen Lande auf. ''Felix hat sich zum Italienischen bestimmt.''
etwa die Galle. - Es ist Unsinn, denn das Umgekehrte ist richtig, daß
nämlich von den Gedanken das Gehirn abgeschieden wird, natürlich
immer neu abgeschieden wird, weil es immer wiederum vom Stoffwechselorganismus
aus ersetzt wird. Der heutige Mensch, der wissenschaftlich
ist, wird ja zunächst damit überhaupt noch gar nichts Rechtes
anfangen können, denn er wird sagen, das sei doch beim Tier auch
alles der Fall, das habe auch ein Gehirn, diese und jene Organe und so
weiter. - Darin zeigt sich aber gerade, daß der Mensch sich nicht selbst
erkennt; denn wer so vom Menschen und von dem Tiere spricht, begeht
eben den Fehler, den der begehen würde, der als Gesetzgeber etwa alle
Rasiermesser, die sich bei sämtlichen Raseuren irgendeines Ortes befinden,
in die Wirtshäuser tragen ließe, weil er mit dem Messer nur die
Vorstellung des Essens verbindet und daraus schließt, daß ein Instrument,
das in einer bestimmten Weise geformt ist, eben nur dem einen
Zweck zugehören müsse. - Das Wichtige ist, zu erkennen, daß dasjenige,
was beim Menschen auftritt als Organ, in einem ganz anderen
Dienste steht als bei den Tieren, und daß die ganze Betrachtungsweise,
wie ich sie jetzt erst in ihrem allerelementarsten Elemente dargelegt
habe, eben für die Tiere einen solchen Sinn nicht hat. Gerade die Erkenntnis
dessen, was der Mensch aus dem Geistigen heraus als materielle
Organe hat, ist so ungeheuer wichtig; denn diese konkrete Selbsterkenntnis
ist es, worauf es ankommt." {{Lit|{{G|203|152f}}}}
</div>


Durch das Denken wird das Gehirn in seiner feinen Struktur ausgestaltet; nicht das Gehirn denkt, sondern das Denken formt das Gehirn. Es wird gleichsam durch das Denken in seinem Feinbau herausgemeißelt; das ist aber kein lebendiger Aufbauprozess, sondern vielmehr ein subtiler Zerstörungsvorgang, durch den aber gerade das [[Bewusstsein]] entsteht. Das Bewusstsein gründet sich auf beständige leise, systematisch geordnete Verletzungen des Gehirns, die gewissermaßen als subtiler und reich differenzierter [[Schmerz]] wahrgenommen werden. Nur im bewusstlosen [[Schlaf]] können die Spuren dieser Zerstörung teilweise wieder ausgetilgt werden. Während der Embryonalentwicklung und beim kleinen Kind gehen die Aufbaukräfte noch ganz stark vom Kopf aus, das Bewusstsein ist dadurch stark gedämpft. Später wird der Kopf zum Todespol, dadurch aber zum Bewusstseinszentrum ausgebildet. In der Embryonalphase wächst das Gehirn um ca. 15 Millionen Zellen pro Stunde, aber während des ersten Lebensjahres stirbt die Hälfte davon wieder ab. Mit 5 Jahren sind bereits 95% der Masse des erwachsenen Gehirns erreicht. Kurz vor der Pubertät gibt es einen, allerdings weit bescheideneren, Wachstumsschub mancher Gehirnregionen, die im Zuge des Erwachsenwerdens aber wieder schrumpfen. Die feinere Ausgestaltung des Gehirns beruht auf der abbauenden Tätigkeit der seelisch-geistigen [[Wesensglieder]], also des [[Astralleib]]s und des [[Ich]].
9 Auf einem Fest begegnet Wilhelm Montan. Letzterer spricht: ''Tun und Denken, das ist die Summe aller Weisheit.''


Zu Beginn ist es noch nicht unser Eigendenken, welches das Gehirn bildet, sondern das Weltendenken, das durch den noch in eine umfangreiche [[astral]]e Mutterhülle eingebetteten Astralleib vermittelt wird, oder anders gesagt, die in den Naturprozessen waltende [[Intelligenz]]. Vieles davon wird durch [[Sinne]]sreize aufgenommen. Das kleine Kind ist bis zum 7. Lebensjahr ein umfassendes Wahrnehmungsorgan, das sich durch Nachahmung bis in die Körperbildung hinein gestaltet - und das gilt insbesondere auch für das Gehirn. Die in der Natur waltende Intelligenz drückt sich darin aus, wie die Sinnesreize gesetzmäßig zusammenhängen. Nur wird uns das meisten davon niemals bewusst. Hier beginnt die große Bedeutung der [[Goetheanismus|Goetheanistischen Naturwissenschaft]], die eben diesen gesetzmäßigen Zusammenhang der Sinnesqualitäten bewusst zu machen sucht.
10 Hersilie schreibt an Wilhelm, Felix, der zum Jüngling heranreifende Knabe, liebe sie, die ältere Frau.


Wäre das physische Gehirn ganz auf sich selbst angewiesen, könnte der Mensch nur das denken, was sich auf die ''inneren'' Bedürfnisse seines [[Leib]]es bezieht. Zu einem weltoffenen Erkenntnisorgan wird es erst dadurch, dass es durch die Ätherströme belebt wird, die infolge der [[Ätherisation des Blutes]] beständig vom [[Herz]]en nach oben strömen.
11 Wilhelm erinnert Natalie brieflich an jenes Wundarztbesteck: ''es war Zeuge des Augenblicks, wo mein Glück begann''. Wilhelm spielt auf die Szene in den ''Lehrjahren'' an, als er, von Räubern im Walde überfallen, von Natalies Gefolge gerettet wurde. Wilhelm will Wundarzt werden.


== Das Gehirn als Abbild des Makrokosmos ==
=== Betrachtungen im Sinne der Wanderer ===
Das menschliche Gehirn ist aus geisteswissenschaftlicher Sicht ein [[Mikrokosmos|mikrokosmisches]] Abbild des [[Makrokosmos|makrokosmischen]] Sternenhimmels außerhalb unseres [[Sonnensystem]]s:
Siehe [[#Zitate|Zitate]].
=== Drittes Buch ===
1 ''Friedrich'' aus den ''Lehrjahren'' wird von Lenardo begrüßt. In den ''Wanderjahren'' liefert Friedrich Beiträge zu diesem Archivroman. Hinter dem ''Band'', einem Auswandererbund der ''Wanderjahre'', steht die Turmgesellschaft der ''Lehrjahre''. ''Wandern'' erhält u.a. die Bedeutung ''auswandern''.


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2 ''Parierend, ablehnend sind Ihre Briefe!'' beschwert sich Hersilie schriftlich bei Wilhelm. Das ''Schlüsselchen'' zum ''Prachtkästchen'' ist in ihre Hände gefallen. Hersilie möchte Felix wiedersehen. Wilhelm soll Hersilie besuchen und den Sohn sowie auch das Kästchen mitbringen. Wilhelm, der Entsagende, lässt sich nicht zu einem Besuch der Dame verlocken.
"Das Gehirn des Menschen hat unmittelbar sehr wenig zu tun mit dem, was Sonnenwirkungen auf der Erde sind. Unmittelbar, sage ich. Mittelbar als Wahrnehmungsorgan sehr wohl, indem es zum Beispiel das äußere Licht, die Farben wahrnimmt; aber das ist eben Wahrnehmung. Aber unmittelbar in seinem Bau, in seiner inneren Beweglichkeit, in seinem ganzen Innenleben hat das Gehirn wenig, kaum irgend etwas mit den Sonnenwirkungen auf die Erde zu tun; es hat zu tun viel mehr mit all dem, was auf unsere Erde einstrahlt von dem, was außerhalb unseres Sonnensystems ist; dieses Gehirn hat zu tun mit den kosmischen Verhältnissen des ganzen Sternenhimmels, aber nicht mit den engeren Verhältnissen unseres Sonnensystems. In einer engeren Beziehung steht allerdings das, was wir als Gehirnsubstanz zu bezeichnen haben, mit dem Mond, aber nur insoweit der Mond nicht von der Sonne abhängig ist, insofern er seine Unabhängigkeit von der Sonne bewahrt hat. So daß also das, was in unserem Gehirn vorgeht, Wirkungen entspricht, die außerhalb derjenigen Kräfte liegen, die in unserem Herzen ihr menschliches mikrokosmisches Abbild finden. Sonne lebt im menschlichen Herzen; was außerhalb der Sonne im Kosmos vorhanden ist, lebt im menschlichen Gehirn...


Das Gehirn hängt mit dem, was die Sonne auf der Erde bewirkt, nur durch die äußere Wahrnehmung zusammen. Die wird aber gerade in der anthroposophischen Entwicklung überwunden. Die anthroposophische Entwicklung überwindet die äußere Sinneswelt. Daher wird das Gehirn zu einem Innenleben entfesselt, das so kosmisch ist, daß selbst die Sonne etwas viel zu Spezielles ist, als daß sich da drinnen etwas von Sonnenwirkung abspielen würde. Wenn der Mensch in der Meditation hingegeben ist irgendwelchen Imaginationen, so spielen sich in seinem Gehirn Prozesse ab, die gar nichts zu tun haben mit dem Sonnensystem, sondern die Prozessen außerhalb unseres Sonnensystems entsprechen...
3 Wilhelm nimmt seine ''Studien als Wundarzt'' auf. Im Fach ''Anatomie als Grundstudium'' soll er den ''schönsten weiblichen Arm'' einer Wasserleiche sezieren. Ein ''plastischer Anatom'' lenkt Wilhelm von jener analytischen Aufgabe ab. Unter der Anleitung des Anatomen synthetisiert Wilhelm einen Arm aus Knochen und Sehnen.


Die Dinge, die ich hier ausspreche ..., hängen ja zusammen mit einer Bemerkung, die ich einmal in Kopenhagen gemacht habe und die dann eingegangen ist in mein Buch «Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit». Sie können daraus entnehmen, daß in einer gewissen Beziehung sogar die Struktur des Gehirns eine Art Spiegelbild der Stellung der Himmelskörper ist, die bei der menschlichen Geburt vorhanden ist für denjenigen Punkt auf der Erde, an dem der Mensch geboren wird." {{Lit|GA 145, S 39 ff}}
4 Dabei folgt Wilhelm einer Maxime der Turmgesellschaft, an die ihn Friedrich erinnert: ''Das Grundgesetz unserer Verbindung: in irgendeinem Fache muß einer vollkommen sein, wenn er Anspruch auf Mitgenossenschaft machen will.''
</div>
<div class="center"><u>Lenardos Tagebuch</u></div>
5 Wilhelm erhält und studiert Lenardos Aufzeichnungen über die bienenfleißigen Garnspinner und Baumwollweber im Gebirge.
<div class="center"><u>Die neue Melusine</u></div>
6 Ins Reich ''der Nixen und Gnomen'' führt diese erzählerisch sorgfältig ausgearbeitete Version des Schlüssel-Kästchen-Motivs. Eine schöne Zwergenprinzessin entschlüpft gelegentlich dem Kästchen und lockt den verliebten, liederlichen, von Geldsorgen geplagten Ich-Erzähler in ihr arg begrenztes Reich. Mit einer Feile kann sich der künftige Schwiegersohn des Zwergenkönigs Eckwald befreien, entflieht dem Eheglück und erreicht - wieder in normaler Größe - unsere Alltags-Welt.


== Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken ==
7 Der ''kuriose Antiquitätenkrämer'' ist gestorben. Hersilie besitzt nun Schlüssel und Kästchen. Die Frau sehnt Wilhelm und Felix herbei; schreibt von ''Trennen und Vereinigen''.
Das Gehirn bringt also die Gedanken nicht hervor, aber es dient als Spiegelungsapparat für unser Denken, um uns dieses in Form abstrakter Gedanken bewusst zu machen:


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<div class="center"><u>Die gefährliche Wette</u></div>
"Der materialistische Erkenntnistraum unserer Zeit, die philosophische Phantastik unserer Zeit glauben, daß Erkenntnis dadurch zustande kommt, daß eine Gehirnarbeit verrichtet wird. Gewiß wird bei der Erkenntnis eine Gehirnarbeit verrichtet, aber wenn wir ins Auge fassen, daß zunächst die Hauptsache bei der Erkenntnis die innere Arbeit der Seele im Vorstellungsleben ist, dann müssen wir die Frage aufwerfen: Hat dieses Vorstellungsleben in seinem Inhalte, wohlgemerkt ich sage Inhalt, irgend etwas zu tun mit der Arbeit, die im Gehirn verrichtet wird? Das Gehirn ist ein Teil des physischen Leibes, und alles das, was Vorstellungsleben seinem Inhalte nach ist, was unsere, die Erkenntnis herbeiführende Vorstellungsarbeit der Seele ist, alles das geht nicht bis zum physischen Leib, alles das vollzieht sich in den drei höheren Gliedern der menschlichen Wesenheit, von dem Ich durch den Astralleib zum Ätherleib herunter. Und Sie werden in allen Elementen des Vorstellungslebens dem Inhalte nach nichts darin finden, was irgendwie im äußeren physischen Gehirn vor sich gehen würde. Wenn wir also bloß von dem Vorstellungsinhalt, von der Vorstellungsarbeit sprechen, so müssen wir diese lediglich in die drei höheren übersinnlichen Glieder der menschlichen Wesenheit verlegen, und dann können wir uns fragen: Was hat denn nun das Gehirn mit dem zu tun, was da übersinnlich sich abspielt in der menschlichen Wesenheit? - Die triviale Wahrheit gibt es allerdings, auf die sich die heutigen Philosophen und Psychologen berufen, daß, während wir erkennen, Vorgänge im Gehirn stattfinden. Gewiß, diese triviale Wahrheit ist richtig, kann und soll gar nicht abgeleugnet werden. Aber von der Vorstellung selbst lebt nichts im Gehirn. Welche Bedeutung hat das Gehirn, hat überhaupt die äußere leibliche Organisation für die Erkenntnis, sagen wir zunächst nur für das Vorstellungsleben?
8 Weil die ''Angelegenheiten immer ernsthafter werden'', schaltet die ''Redaktion'' rasch noch einen ''Schwank'' ein: Ein mutwilliger Student wettet mit seinen Kommilitonen, dass er einem gesetzten Herrn, der in ''schöner Equipage'' vorfährt, ''bei der Nase'' zupft und dafür noch belohnt wird. Der Student gewinnt die Wette. Der Verhöhnte stirbt ohne Rache, aber dessen Sohn rächt sich an einem der Studenten.


Da ich eben kurz sein muß, so kann ich sie nur durch ein Bild andeuten. Gerade dieselbe Bedeutung hat die Arbeit des Gehirns zu dem, was eigentlich vorgeht in unserer Seele, wenn wir vorstellen, denken, wie der Spiegel für den Menschen, der sich darin sieht. Wenn Sie mit Ihrer Persönlichkeit durch den Raum gehen, da sehen Sie sich nicht zunächst. Wenn Sie einem Spiegel entgegengehen, da sehen Sie das, was Sie sind, wie Sie aussehen. Derjenige, der nun behaupten wollte, das Gehirn denke, es ginge die Vorstellungsarbeit im Gehirn vor sich, der redet gerade so gescheit wie der, der einem Spiegel entgegengeht und sagt: Ich, ich bin nicht da, wo ich gehe; das bin nicht ich; ich muß einmal da hereingreifen - in den Spiegel -, da drinnen stecke ich. - Da würde er sich bald davon überzeugen, daß er im Spiegel gar nicht darin steckt, daß der Spiegel allerdings der Veranlasser ist, daß das, was außerhalb des Spiegels ist, sich sieht. Und so ist es überhaupt mit aller physischen Leibesorganisation. Das was da durch die Arbeit des Gehirns erscheint, das ist innere übersinnliche Tätigkeit der drei höheren Glieder der menschlichen Organisation. Daß diese für den Menschen selber erscheinen kann, dazu ist der Spiegel des Gehirns notwendig, so daß wir das, was wir übersinnlich sind, wahrnehmen durch den Spiegel des Gehirns. Und es ist lediglich eine Folge der gegenwärtigen menschlichen Organisation, daß das so sein muß. Der Mensch würde seine Gedanken zwar denken, aber er könnte nichts wissen von ihnen als gegenwärtiger Erdenmensch, wenn er nicht den spiegelnden Leibesorganismus, zunächst das Gehirn hätte. Aber alles das, was die modernen Physiologen und zum Teil die Psychologen tun, um das Denken zu erkennen, ist eben gerade so gescheit, als wenn ein Mensch im Spiegel darin seiner Wirklichkeit nach sich suchen würde. Das alles, was ich Ihnen hier mit ein paar Worten gesagt habe, das kann man heute auch schon vollständig erkenntnistheoretisch begründen, kann es streng wissenschaftlich aufbauen. Eine andere Frage ist diejenige, ob man natürlich mit einer solchen Sache irgendwie verstanden werden kann. Die Erfahrungen sprechen heute noch dagegen. Man kann diese Dinge heute in einer noch so strengen Weise auch Philosophen auseinandersetzen, sie werden kein Sterbenswörtchen davon verstehen, weil sie auf diese Dinge eben nicht eingehen wollen, ich sage ausdrücklich wollen. Denn es ist heute noch in der äußeren exoterischen Welt gar kein Wille vorhanden, auf die ernsthaftesten Fragen des menschlichen Erkenntnisvermögens wirklich einzugehen.
9 ''Odoard'' will eine von den ''grenzenlosen Weiten'' Europas besiedeln.
<div class="center"><u>Nicht zu weit</u></div>
10 Die Geschichte Odoards und seiner Liebe zur Prinzessin ''Sophronie'' wird erzählt.


[[Bild:Denken.gif|thumb|Das Gehirn als Spiegelungsapparat für das Denken]]
11 Friedrich und Wilhelm tauschen sich in ''stiller Unterhaltung'' u.a. über ''die Zeit, die höchste Gabe der Natur'', aus
Wollen wir in einer richtigen Weise uns ein schematisches Bild von dem menschlichen Erkenntnisprozesse machen, so müssen wir sagen — nehmen wir das als das Schema der äußeren physischen menschlichen Leibesorganisation —: In alledem, was äußere physische Leibesorganisation ist, geht gar nichts vor von dem, was Denken, was Erkennen ist, sondern das geht in dem anschließenden Ätherleib, Astralleib und so weiter vor. Da drinnen sitzen die Gedanken, die ich hier schematisch mit diesen Kreisen anzeichne. Und diese Gedanken gehen nicht etwa in das Gehirn hinein — das zu denken wäre ein völliger Unsinn —, sondern sie werden gespiegelt durch die Tätigkeit des Gehirns und wiederum zurückgeworfen in den Ätherleib, Astralleib und das Ich, und die Spiegelbilder, die wir selbst erst erzeugen und die uns sichtbar werden durch das Gehirn, die sehen wir, wenn wir als Erdenmenschen gewahr werden, was wir eigentlich treiben in unserem Seelenleben. Da drinnen im Gehirn ist gar nichts von einem Gedanken. So wenig ist im Gehirn etwas von einem Gedanken, wie hinter dem Spiegel etwas von Ihnen ist, wenn Sie sich darin sehen. Aber das Gehirn ist ein sehr komplizierter Spiegel. Der Spiegel, in dem wir uns da draußen sehen, ist einfach, das Gehirn aber ist ein ungeheuer komplizierter Spiegel, und es muß eine komplizierte Tätigkeit stattfinden, damit das Gehirn das Werkzeug werden kann, um nicht unsere Gedanken zu erzeugen, sondern sie zurückzuspiegeln. Mit anderen Worten, bevor überhaupt von einem Erdenmenschen ein Gedanke zustande kommen konnte, mußte eine Vorbereitung geschehen. Und wir wissen, daß dies geschehen ist durch die alte Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit (-> [[Planetarische Weltentwicklungsstufen]]) und daß schließlich der heutige physische Leib, also auch das Gehirn, ein Ergebnis der Arbeit vieler geistigen Hierarchien ist. So daß wir sagen können: Mit dem Beginne der Erdenentwickelung war der Mensch auf der Erde so gestaltet, daß er sein physisches Gehirn ausbilden konnte, daß es werden konnte der spiegelnde Apparat für das, was der Mensch eigentlich ist und was erst in der Umgebung dieser physischen Leibesorganisation vorhanden ist." {{Lit|GA 129, S 139ff}}
 
</div>
12 Odoard trägt sein Besiedlungsprojekt vor.
== Das Gehirn als durch Elementarwesen bewirktes metamorphosiertes Ausscheidungsprodukt ==
<div class="center"><u>Lenardos Tagebuch - Fortsetzung</u></div>
"Das Gehirn ist durchaus höhere Metamorphose der Ausscheidungsprodukte. Daher der Zusammenhang der Gehirnkrankheiten mit den Darmkrankheiten; daher auch der Zusammenhang der Heilung der Gehirnkrankheiten und der Darmkrankheiten.
13 Wilhelm liest den Rest von Lenardos Aufzeichnungen übers ''Muggengarn''.
 
14 Nachodine, die glücklich unter Webern aufgefunden wurde, gibt ihr Weberhandwerk angesichts des Konkurrenzdrucks der Maschinen auf und erhält bei Makarie Angelas Stelle. Lenardo und Nachodine finden einander. Lothario, Therese, Natalie und der Abbé wandern per Segelschiff aus. Philine, Lydie und auch Lenardo, Friedrich sowie Montan werden schließlich denselben Weg einschlagen. Da alle auswandern, muss sich Wilhelms Jugendfreund Werner nach neuen Geschäftspartnern umsehen.
 
15 Die Beziehung zwischen Makarie und dem Astronomen, ''diese ätherische Dichtung,'' wird ''Verzeihung hoffend'', beschlossen und das ''terrestrische Märchen'' zu Ende erzählt.
 
16 ''Odoardo geht mit den Seinigen'' ab.
 
17 Hersilie erzählt Wilhelm ihre zärtliche Begegnung mit Felix. Wilhelms Sohn drückte Hersilie beherzt an seine Brust. Hersilie konnte nicht anders, sie erwiderte die stürmischen Küsse. Dann wies die Entsagende den feurigen Liebhaber kühl ab. ''Gut! ''sagt der Verschmähte'' so reit ich in die Welt, bis ich umkomme.'' Felix sprengt auf dem Pferde davon.
 
18 Ross und Reiter stürzen in den Abgrund. Wundarzt Wilhelm, mit dem unvermeidlichen Wundarztbesteck zur Stelle, rettet dem Sohn fachmännisch das Leben.
 
=== Aus Makariens Archiv ===
Siehe [[#Zitate|Zitate]].
== Figuren ==
=== Figuren aus [[Wilhelm Meisters Lehrjahre]]n ===
<small>Figuren sind jeweils alphabetisch geordnet. Eine Zahl meint die Seite, auf der der Name zuerst genannt wird.</small>
* 528 Der '''Abbé '.'' lenkt im Hintergrund die Geschicke Wilhelms.
* 388 '''Felix'.'' ist der Sohn Wilhelms.
* 587 '''Friedrich'.'' ist Mitglied der Turmgesellschaft sowie der Bruder Natalies und Lotharios.
* 539 Baron '''Lothario'.'' ist Mitglied der Turmgesellschaft und Natalies Bruder.
* 664 '''Lydie'.'' ist Montans Gattin.
* 402 '''Montan'.'' der ''Jarno.'' aus den [[Wilhelm Meisters Lehrjahre|''Lehrjahren'']], betätigt sich in den ''Wanderjahren'' als Geologe.
* 390 Baronesse '''Natalie'.'' ist Wilhelms Gattin und Lotharios Schwester.
* 664 '''Philine'.'' ist eine Schauspielerin, die seinerzeit von Friedrich schwanger wurde.
* 662 '''Therese'.'' ist die Gemahlin Lotharios.
* 668 Der Kaufmann '''Werner'.'' ist Wilhelms Jugendfreund.
* 388 '''Wilhelm'.'' siehe [[#Handlung|Handlung]], ist ein Entsagender.
 
=== Neue Figuren ===
* 415 '''Hersilie'.'' eine Entsagende, ist die jüngere Nichte des Hausherrn auf dem Schlosse.
* 430 Baron '''Lenardo'.'' ist der Vetter von Hersilie.
* 435 '''Makarie'.'' die Tante von Lenardo und Hersilie, ist ''eine ältliche, wunderwürdige Dame''. Hinter ihr verbirgt sich die Herzogin [[Wikipedia:Charlotte von Sachsen-Meiningen|Charlotte von Sachsen-Meiningen]], Gattin von [[Wikipedia:Ernst II. (Sachsen-Gotha-Altenburg)|Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg]].
* 635 '''Odoard'.'' ist ''ein Mann von einnehmenden Wesen.'' der ein Besiedlungsprojekt in Europa forciert.
 
=== Nebenfiguren ===
: 458 '''Angela''' ist die Archivarin Makaries.
: 458 Der '''Arzt, Mathematiker und Astronom''' ist Mitarbeiter Makaries. Hinter ihm verbirgt sich der [[Wikipedia:Gotha|Gotha]]er [[Wikipedia:Hofastronom|Hofastronom]] [[Wikipedia:Franz Xaver von Zach|Franz Xaver von Zach]], dem Goethe in dem Roman ein subtiles Denkmal setzt.
: 415 '''Juliette''' ist die ältere Schwester von Hersilie.
: 433 '''Nachodine''' ist die Tochter eines liederlichen Pächters auf dem Schlosse.
: 415 Der '''Oheim''' (Onkel) von Lenardo und Hersilie ist der Hausherr auf dem Schlosse.
: 433: '''Valerine''' ist die Tochter des Gerichtshalters auf dem Schlosse.
 
<div class="center"><u>Die pilgernde Törin</u></div>
: 416 Herr von '''Revanne''' ist ein reicher Provinzler, der die pilgernde Törin für zwei Jahre aufnimmt, sich in sie verliebt und von ihr gefoppt wird.
: 416 Die pilgernde '''Törin''' ist eine Allegorie der Poesie, die für zwei Jahre im Schloss des Herrn von Revanne hospitiert.
<div class="center"><u>Wer ist der Verräter?</u></div>
: 441 '''Antoni''' ist ''nicht mehr jung, von bedeutendem Ansehn, würdig, lebensgewandt und durch Kenntnis der weitesten Weltgegenden höchst unterhaltend.''
: 439 '''Julie''' ist vom Professor N. als Braut für Lucidor auserkoren.
: 439 '''Lucidor''' ist der Sohn des Professors N. zu N. Sein Gönner ist der Oberamtmann zu R.
: 439 '''Lucinde''' ist die Schwester von Julie.
 
<div class="center"><u>Der Mann von funfzig Jahren</u></div>
: 491 Die '''Baronin''' ist die Schwester des Majors und die Mutter von Hilarie.
: 514 Lieutenant '''Flavio''' ist der Sohn des Majors.
: 491 '''Hilarie''', eine Entsagende, ist die Tochter der Baronin.
: 491 Der '''Major''' ist die Titelfigur der Novelle.
: 501 Die schöne '''Witwe''' verdreht Flavio und seinem Vater den Kopf und entsagt schließlich den Männern.
 
== Zitate ==
: (1,3) Joseph: ''Wer lebt, muß auf Wechsel gefaßt sein.''
: (1,3) Montan: ''Gut Ding will Weile haben.''
: (1,10) Wilhelm: ''Wer durch Brillen sieht, hält sich für klüger, als er ist.''
: (1,11) Lenardo: ''Der Helden Söhne werden Taugenichtse.''
: (1,12) Der Alte zu Wilhelm: ''Wer lange lebt, sieht manches versammelt und manches auseinander fallen.''
: (2,3) Der Freund zum Major: ''Man will sein und nicht scheinen. Das ist recht gut, so lange man etwas ist.''
<div class="center"><u>Betrachtungen im Sinne der Wanderer</u></div>
* ''Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muß nur versuchen, es noch einmal zu denken.''
* ''Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist.''
* ''Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.''
* ''Aus Farbenreibern sind treffliche Maler hervorgegangen.''
* ''Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.''
* ''Ein großer Fehler: daß man sich mehr dünkt, als man ist, und sich weniger schätzt, als man wert ist.''
* ''Tief und ernstlich denkende Menschen haben gegen das Publikum einen bösen Stand.''
* ''Wenn ich die Meinung eines andern anhören soll, so muß sie positiv ausgesprochen werden; Problematisches hab' ich in mir selbst genug.''
* ''Ich schweige zu vielem still, denn ich mag die Menschen nicht irremachen und bin wohl zufrieden, wenn sie sich freuen da wo ich mich ärgere.''
* ''Wenn man alt ist, muß man mehr tun, als da man jung war.''
* ''Wer zuviel verlangt, wer sich am Verwickelten erfreut, der ist den Verwirrungen ausgesetzt.''
* ''Der Mensch muß bei dem Glauben verharren, daß das Unbegreifliche begreiflich sei; er würde sonst nicht forschen.''
* ''Um zu begreifen, daß der Himmel überall blau ist, braucht man nicht um die Welt zu reisen.''
* ''Das Falsche hat den Vorteil, daß man immer darüber schwätzen kann, das Wahre muß gleich genutzt werden, sonst ist es nicht da.''
<div class="center"><u>Aus Makariens Archiv</u></div>
* ''Was einem angehört, wird man nicht los, und wenn man es wegwürfe.''
* ''Mit den Jahren steigern sich die Prüfungen.''
* ''Man wird nie betrogen, man betrügt sich selbst.''
* ''Wen jemand lobt, dem stellt er sich gleich.''
* ''Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun.''
* ''Einer neuen Wahrheit ist nichts schädlicher als ein alter Irrtum.''
* ''Die größten Schwierigkeiten liegen da, wo wir sie nicht suchen.''
* ''Sei nicht ungeduldig, wenn man deine Argumente nicht gelten läßt.''
 
== Rezeption ==
<small>Geordnet nach dem Rezeptionsjahr</small>
* 1830: Der junge [[Wikipedia:Theodor Mundt|Theodor Mundt]] (*1808; †1861) : ''Wir müssen ehrlich sein, und, um dem Dichter nicht unrecht zu tun, die ''Wanderjahre'' sogleich, auch in ihrer jetzigen Gestalt noch für ein unausgearbeitetes Fragment, das nur in einzelnen Partien mehr oder weniger ausgebildet und vollendet erscheint, erklären.'' <small>(Blessin, S. 374)</small>
* 1895: [[Wikipedia:Friedrich Spielhagen|Friedrich Spielhagen]] will den ''dichterischen'' Roman und fragt, ''ob wir es hier überall noch mit einer Dichtung zu tun haben.'' <small>(Gidion, S. 11)</small>
* 1918: [[Wikipedia:Friedrich Gundolf|Friedrich Gundolf]] : ''So sind die ''Wanderjahre'' von einem Weisen geschrieben, der dichten kann, nicht von einem Dichter, der weise ist.'' <small>(Gidion, S. 15)</small>
* 1921 und 1932: [[Wikipedia:Thomas Mann|Thomas Mann]] setzt sich mit den ''Wanderjahren'' auseinander.
* 1936: [[Wikipedia:Hermann Broch|Hermann Broch]] bekräftigt, Goethe habe ''in den ''Wanderjahren'' den Grundstein der neuen Dichtung, des neuen Romans'', gelegt. <small>(Bahr, S. 363)</small>
* 1963: [[Wikipedia:Richard Friedenthal|Richard Friedenthal]] (S. 469/470): ''Die ''Wanderjahre'' sind schließlich kein Roman mehr, sondern ein Repositorium ''[Büchergestell, Aktenschrank]'' für Goethes Altersweisheit … Er ''[der'' Meister-Komplex'']'' spottet allen Regeln. Goethe selber hat oft darüber gespottet …''
* 1989: [[Wikipedia:Hannelore Schlaffer|Hannelore Schlaffer]] zitiert in ihrer Habilitationsschrift Arbeiten von
** [[Wikipedia:Ferdinand Gregorovius|Ferdinand Gregorovius]]: ''Göthe´s Wilhelm Meister in seinen socialistischen Elementen entwickelt.'' [[Wikipedia:Königsberg (Preußen)|Königsberg|]] 1849,
** [[Wikipedia:Wilhelm Emrich|Wilhelm Emrich]]: ''Das Problem der Symbolinterpretation im Hinblick auf Goethes ›Wanderjahre‹.'' 1952,
** [[Wikipedia:Karl Schlechta (Philosoph)|Karl Schlechta]]: ''Goethes Wilhelm Meister.'' Frankfurt am Main 1953,
** [[Wikipedia:Arthur Henkel|Arthur Henkel]]: ''Entsagung. Eine Studie zu Goethes Altersroman''. Tübingen 1954,
** [[Wikipedia:Friedrich Ohly|Friedrich Ohly]]: ''Zum Kästchen in Goethes »Wanderjahren«.'' 1961,
** Hans-Jürgen Bastian: ''Zum Menschenbild des späten Goethe. Eine Interpretation seiner Erzählung »Sankt Joseph der Zweite«.'' Weimar 1966,
** Manfred Karnick: ''»Wilhelm Meisters Wanderjahre« oder die Kunst des Mittelbaren''. München 1968,
** [[Wikipedia:Benno von Wiese|Benno von Wiese]]: ''Der Mann von funfzig Jahren''. Düsseldorf 1968,
** Marianne Jabs-Kriegsmann: ''Felix und Hersilie'' (in: [[Wikipedia:Erich Trunz|Erich Trunz]] (Hrsg.): ''Studien zu Goethes Alterswerken''). Frankfurt am Main 1971,
** Peter Horwath: ''Zur Namensgebung des »nußbraunen Mädchens«''. 1972,
** Anneliese Klingenberg: ''Goethes Roman »Wilhelm Meisters Wanderjahre«.'' Berlin 1972,
** [[Wikipedia:Wilhelm Voßkamp|Wilhelm Voßkamp]]: ''Romantheorie in Deutschland.'' Stuttgart 1973.
 
== Selbstzeugnisse ==
{{Zitat|…sie [die kleineren Geschichten] sollten alle, durch einen romantischen Faden unter dem Titel ''Wilhelm Meisters Wanderjahre'' zusammengeschlungen, ein wunderlich anziehendes Ganzes bilden. Zu diesem Zweck finden sich bemerkt: Schluß der Neuen Melusine, Der Mann von fünfzig Jahren, Die pilgernde Törin.|Quelle=Goethe in den Tag- und Jahresheften 1807}}
 
{{Zitat|Es gehört dieses Werk [Wilhelm Meister] übrigens zu den incalculabelsten Productionen, wozu mir fast selbst der Schlüssel fehlt.|Quelle=Goethe im Gespräch mit [[Wikipedia:Friedrich Wilhelm Riemer|Riemer]], [[Wikipedia:Johann Peter Eckermann|Eckermann]] und Wilhelm Rehbein (Hofmedicus, Hofrat in Weimar (1776 - 1825)) am 18. Januar 1825}}
 
{{Zitat|Ich hoffe, meine ''Wanderjahre'' sind nun in Ihren Händen und haben Ihnen mancherlei zu denken gegeben; verschmähen Sie nicht einiges mitzutheilen. Unser Leben gleicht denn doch zuletzt den [[Wikipedia:Sibyllinische Bücher|sibyllinischen Büchern]]; es wird immer kostbarer, je weniger davon übrig bleibt.|Quelle=Brief Goethes vom 19. Juni 1829 an Christoph Ludwig Friedrich Schultz (Jurist, preußischer Staatsrat (1781 - 1834))}}
 
{{Zitat|Eine Arbeit wie diese [die Wanderjahre], die sich selbst als collectiv ankündiget, indem sie gewissermaßen nur zum Verband der [[Wikipedia:Disparität|disparatesten]] Einzelheiten unternommen zu seyn scheint, erlaubt, ja fordert mehr als eine andere daß jeder sich zueigne was ihm gemäß ist, was in seiner Lage zur Beherzigung aufrief und sich harmonisch wohltätig erweisen mochte.|Quelle=Brief Goethes vom 28. Juli 1829 an [[Wikipedia:Johann Friedrich Rochlitz|Johann Friedrich Rochlitz]]}}
 
{{Zitat|Mit solchem Büchlein [den Wanderjahren] aber ist es wie mit dem Leben selbst: es findet sich in dem Complex des Ganzen Nothwendiges und Zufälliges, Vorgesetztes und Angeschlossenes, bald gelungen, bald vereitelt, wodurch es eine Art von Unendlichkeit erhält, die sich in verständige und vernünftige Worte nicht durchaus fassen noch einschließen läßt. Wohin ich aber die Aufmerksamkeit meiner Freunde gerne lenke und auch die Ihrige gern gerichtet sähe, sind die verschieden, sich voneinander absondernden Einzelnheiten, die doch, besonders im gegenwärtigen Falle, den Werth des Buches entscheiden.|Quelle=Brief Goethes vom 23. November 1829 an Johann Friedrich Rochlitz}}


Sehen Sie, indem nun Gnomen und Undinen da sind, überhaupt eine Welt da ist, wo Gnomen und Undinen leben können, sind die Kräfte vorhanden, welche gewiß vom unteren Menschen aus Parasiten bewirken können, die aber zu gleicher Zeit die Veranlassung sind, im oberen Menschen die Ausscheidungsprodukte ins Gehirn umzumetamorphosieren. Wir könnten gar nicht ein Gehirn haben, wenn die Welt nicht so eingerichtet wäre, daß es Gnomen und Undinen geben kann. Das, was für Gnomen und Undinen in bezug auf die Zerstörungskräfte gilt - Zerstörung, Abbau geht ja dann wiederum vom Gehirn aus -, das gilt für Sylphen- und Feuerwesen in bezug auf die Aufbaukräfte." (Lit.: GA 230, 8.Vortrag) (ausführlicher siehe Artikel [[Gnome]])
== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit'', [[GA 15]] (1911) {{Schriften|015}}
=== Quellen ===
#Rudolf Steiner: ''Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins'', [[GA 60]] (1983), ISBN 3-7274-0600-3 {{Vorträge|060}}
* Johann Wolfgang von Goethe: ''Poetische Werke.'' Band 7, Phaidon Verlag, Essen 1999, ISBN 3-89350-448-6, S. 387–717.
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988) {{Vorträge|107}}
 
#Rudolf Steiner: ''Okkulte Geschichte'', [[GA 126]] (1992), ISBN 3-7274-1261-5 {{Vorträge|126}}
=== Sekundärliteratur ===
#Rudolf Steiner: ''Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen'', [[GA 129]] (1977), Siebenter Vortrag, München, 24. August 1911 {{Vorträge|129}}
Geordnet nach dem Erscheinungsjahr
#Rudolf Steiner: ''Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen und sein Selbst?'', [[GA 145]] (1986), Zweiter Vortrag, Den Haag, 21. März 1913 {{Vorträge|145}}
* [[Wikipedia:Richard Friedenthal|Richard Friedenthal]]: ''Goethe – sein Leben und seine Zeit.'' R. Piper Verlag, München 1963, S. 673–676.
#Rudolf Steiner: ''Die Verantwortung des Menschen für die Weltentwickelung durch seinen geistigen Zusammenhang mit dem Erdplaneten und der Sternenwelt'', [[GA 203]] (1989), ISBN 3-7274-2030-8 {{Vorträge|203}}
* Heidi Gidion: ''Zur Darstellungsweise von Goethes ' Wilhelm Meisters Wanderjahre'''. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 1969.
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaft und Medizin'', [[GA 312]] (1999), ISBN 3-7274-3120-2 {{Vorträge|312}}
* [[Wikipedia:Adolf Muschg|Adolf Muschg]]: ''„Bis zum Durchsichtigen gebildet“. Nachwort zu „Goethe Wilhelm Meisters Wanderjahre“.'' Insel Taschenbuch, Frankfurt 1982, ISBN 3-458-32275-2, S. 495–523.
* Ehrhard Bahr in: Paul Michael Lützeler (Hrsg.), James E. McLeod (Hrsg.): ''Goethes Erzählwerk. Interpretationen.'' Stuttgart 1985, ISBN 3-15-008081-9, S. 363–395.
*{{Literatur
| Autor=[[Wikipedia:Hannelore Schlaffer|Hannelore Schlaffer]]
| Titel=Wilhelm Meister. Das Ende der Kunst und die Wiederkehr des Mythos
| Verlag=Metzler
| Ort=Stuttgart
| Jahr=1989
| ISBN=3-476-0655-7
}}
* [[Wikipedia:Gerhard Schulz (Literaturwissenschaftler)|Gerhard Schulz]]: ''Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration.'' Teil 2: ''Das Zeitalter der Napoleonischen Kriege und der Restauration: 1806 - 1830.'' München 1989, ISBN 3-406-09399-X, S. 341–353.
* Stefan Blessin: ''Goethes Romane. Aufbruch in die Moderne''. Paderborn 1996, ISBN 3-506-71902-5, S. 239–382, S. 405–406.
* [[Wikipedia:Gero von Wilpert|Gero von Wilpert]]: ''Goethe-Lexikon.'' Stuttgart 1998, ISBN 3-520-40701-9, S. 1187–1191.
* [[Wikipedia:Karl Otto Conrady|Karl Otto Conrady]]: ''Goethe - Leben und Werk.'' Düsseldorf/ Zürich 1999, ISBN 3-538-06638-8, S. 983–1001.
* [[Wikipedia:Manfred Engel|Manfred Engel]]: ''Modernisierungskrise und neue Ethik in Goethes Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre oder Die Entsagenden“''. In: Henning Kössler (Hrsg.): ''Wertwandel und neue Subjektivität. Fünf Vorträge.'' Erlangen 2000, S. 87–111. (Erlanger Forschungen, Reihe A, Bd. 91)
* Gero von Wilpert: ''Sachwörterbuch der Literatur.'' Stuttgart 2001, ISBN 3-520-23108-5.
 
== Weblinks ==
{{Wikiversity|Die pilgernde Törin - eine Allegorie der Poesie|Die pilgernde Törin - eine Allegorie der Poesie.}}
* [http://gutenberg.spiegel.de/buch/3679/1 Der Text] bei Gutenberg-de
* [http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Romane/Wilhelm+Meisters+Wanderjahre Der Text] bei [[Wikipedia:Zeno.org|Zeno.org]]
* ''Wilhelm Meisters Wanderjahre.'' bei [[Wikipedia:Project Gutenberg|Project Gutenberg]]: [http://www.gutenberg.org/ebooks/2409 Band 1], [http://www.gutenberg.org/ebooks/2410 Band 2], [http://www.gutenberg.org/ebooks/2411 Band 3]
* [http://librivox.org/wilhelm-meisters-wanderjahre-by-johann-wolfgang-von-goethe/ gemeinfreies Hörbuch Wilhelm Meisters Wanderjahre von Goethe bei LibriVox]
* [http://myrrhwolf.piranho.com/goethe_wanderjahre.htm Literaturbrevier: Wilhelm Meisters Wanderjahre von Goethe] - Ausgewählte Passagen aus dem Roman „Wilhelm Meisters Wandjahre“
* [http://www.ludorff.com/ap/liebermann/liebermann7.html Originalzeichnung Max Liebermanns als Entwurf zum Holschnitt von Otto Bangemann, welcher der Vorzugsausgabe des Buches beigegeben wurde.]
* [http://www.goethezeitportal.de/index.php?id=2983 Hans-Jürgen Schatz: Lesung von Johann Wolfgang von Goethe „Der Mann von funfzig Jahren“]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Navigationsleiste Goethe}}
{{Normdaten|TYP=w|GND=4099208-1}}


{{GA}}
[[Kategorie:Literarisches Werk von Goethe]]
[[Kategorie:Literarisches Werk]]
[[Kategorie:Wilhelm Meister]]
[[Kategorie:Roman]]


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Organe]] [[Kategorie:Organismus]][[Kategorie:Philosophie des Geistes]]
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 21. August 2020, 04:04 Uhr

Titelblatt der Erstausgabe von 1821
Goethe im Jahre 1828

Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Entsagenden ist ein Roman von Johann Wolfgang von Goethe. Er gilt als die persönlichste aller Goethe’schen Dichtungen. 1821 erschien die erste Fassung, 1829 die vollständige. Ihr fehlen die vorangestellten Gedichte des Fragments von 1821.

Auf Kapitel im Buch wird mit einem Zahlenpaar in der Form (Buch, Kapitel) verwiesen.

Roman und Zeit

Goethe selbst bezeichnet dieses Spätwerk als einen Roman.[1] Er besteht aus drei Büchern sowie Betrachtungen im Sinne der Wanderer und Materialien aus einem Archiv.

An zwei Stellen im Text erfährt der Leser, dass die Wanderung ins 18. Jahrhundert zurückführt. Der Wanderer Wilhelm Meister wird einmal unterwegs auf einem Schlosse in eine Galerie geführt, worin nur Porträts aufgehängt bzw. aufgestellt waren, alles Personen, die im achtzehnten Jahrhundert gewirkt hatten (1,6). Und als ein andermal die Vorgeschichte des Romans erzählt wird, heißt es: Der lebhafte Trieb nach Amerika im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts war groß (1,7).

Kategorisierung

Die Einordnung der Wanderjahre seitens der Fachwelt ändert sich mit den Jahren.

  • Erich Trunz[2] bestimmte 1950 die Wanderjahre schlicht als Rahmenerzählung mit eingelegten Novellen.
  • Volker Neuhaus[3] bezeichnete 1968 die Wanderjahre als Archivroman, wobei er unter anderem von Makariens Archiv und seinem Inhalt ausging. In der Tat wird manches im Roman brieflich verhandelt. Es geht zentral um Papiere.
  • Gero von Wilpert[4] nannte die Wanderjahre einen Zeitroman. Nach Wilpert[5] hat Brentano den Zeitroman als erweiterten Gesellschaftsroman definiert. Im Zeitroman wird definitionsgemäß gleichsam ein Bild der Gesellschaft, des Geistes, der Kultur, der Politik und der Ökonomie einer Zeit auf einen Rundhorizont gemalt. Im Falle der Wanderjahre handelt es sich um das Bild der Zeit, in der Goethe lebte und die Goethe ins 19. Jahrhundert hinein schreibend extrapolierte.

Darstellungsweise

Zur Darstellungsweise der Wanderjahre hat Gidion[6] ein Buch geschrieben.

Goethe belastet den Wanderer Wilhelm mit zwei Restriktionen, indem er ihn konstatieren lässt:

1. Nicht über drei Tage soll ich unter einem Dache bleiben. (1, 1)
2. Nun soll auf meiner Wanderschaft kein Dritter uns ein beständiger Geselle werden. (1,3)

Auch der daraus resultierende beständige Orts- und Personenwechsel erzeugt jene disparate Romanstruktur, auf die Goethe am 28. Juli 1829 hingewiesen und die dann etliche Rezipienten zu unbedachten Äußerungen verleitet hat.

Mehr noch als in den Lehrjahren fordert Goethe in den Wanderjahren einen geduldigen Leser. Jarno aus den Lehrjahren heißt in den Wanderjahren Montan. Hinter der Schönen-Guten und dem nußbraunen Mädchen verbirgt sich Nachodine

Entsagung

Diesen zentralen Begriff seiner Ethik, den Verzicht auf Niederes zugunsten Höherem, hat Goethe in Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit in (4,16) definiert: Unser physisches sowohl als geselliges Leben, Sitten, Gewohnheiten, Weltklugheit, Philosophie, Religion, ja so manches zufällige Ereignis, alles ruft uns zu, daß wir entsagen sollen… Diese schwere Aufgabe jedoch zu lösen, hat die Natur den Menschen mit reichlicher Kraft, Tätigkeit und Zähigkeit ausgestattet.

Weil Goethe den Terminus in den Wanderjahren sogar in den Titel hinein genommen hat, wird er in der Sekundärliteratur ausführlich besprochen. Wilpert (anno 1998, S. 1189 unten) zählt z.B. die in den Roman eingelegten Novellen als Beispiele für Geschichten um Personen auf, denen die Entsagung noch nicht geglückt ist.

Für Goethes Romankonzept ist die Entsagung Programm. Das ist aus Einzelheiten ablesbar:

(1,4) Zu den sonderbaren Verpflichtungen der Entsagenden gehört auch die: daß sie, zusammentreffend, weder vom Vergangenen noch Künftigen sprechen dürfen, nur das Gegenwärtige soll sie beschäftigen.

Entsagt wird meist den Freuden der körperlichen Liebe zwischen Mann und Frau zugunsten höchster Werte. Vollkommenheit wird angestrebt.

Allegorie und Symbol

Hinter der vordergründigen Handlung stecken in den Wanderjahren allegorische Figuren und Symbole.

Zum Beispiel symbolisieren Kästchen und Schlüssel das Geheimnis des Lebens. Zudem ist das Symbol bei Goethe selten eindeutig. Etliche Goethe-Interpreten verstehen Kästchen und Schlüssel - um bei dem Beispiel zu bleiben - in Verbindung mit der Liebesgeschichte zwischen Hersilie und Felix (3,17) auch als sexuelle Attribute.

Mit der unten stehenden, kurz gefassten Beschreibung der Roman-Handlung ist die enzyklopädische Deskription dieses viel sagenden Werkes also keinesfalls abgetan. Notgedrungen wird auf die sehr umfangreiche Sekundärliteratur verwiesen.

Handlung

Eine einzelne Zahl verweist auf das betreffende Kapitel. Die Titel der eingelegten Novellen sind unterstrichen. Mitunter gehen Novellen über Kapitelgrenzen hinweg. Das Ende der Beschreibung einer Novelle ist im Normalfall die Leerzeile. Ausnahme: Manche Novellen sind mit der nachfolgenden Rahmenerzählung verquickt.

Erstes Buch

Die Flucht nach Ägypten

1 Wilhelm, mit seinem Sohn Felix im Gebirge unterwegs, begegnet einer fünfköpfigen Familie. Der junge, rüstige Mann trägt Handwerkszeug eines Zimmermanns. Die Familienmutter, ein sanftes, liebenswürdiges Weib, hat Wilhelm schon viel früher gesehen - auf dem Gemälde Die Flucht nach Ägypten. Der freundliche Zimmermann lädt die beiden Wanderer zur Übernachtung nach Sankt Joseph ein.

Sankt Joseph der Zweite

2 Sankt Joseph erweist sich als ein großes, halb in Trümmern liegendes, halb wohlerhaltenes Klostergebäude. Wilhelm wird von den Kindern des Zimmermanns vor ein Gemälde geführt, die die Geschichte des heiligen Joseph vorstellen. Auf einem Gemälde ist Joseph mit einer Zimmerarbeit beschäftigt, auf dem nächsten begegnet er Marien, und eine Lilie sprosst zwischen beiden aus dem Boden. Der Zimmermann, den Wilhelm in den Bergen traf, heißt auch Joseph und seine Frau heißt Marie.

Die Heimsuchung, Der Lilienstengel

Joseph erzählt Wilhelm, wie er um Marie, die schwangere Witwe, die den schönsten Knaben gebar, freite.

3 Wilhelm, der Natalie entsagte, schreibt ihr über den Zimmermann Joseph: Jene Verehrung seines Weibes, gleicht sie nicht derjenigen, die ich für dich empfinde? und hat nicht selbst das Zusammentreffen dieser beiden Liebenden etwas Ähnliches mit dem unsrigen? Wilhelm beneidet Joseph, weil er mit Marie unter einem Dach wohnt und schreibt weiter an Natalie: Dagegen darf ich nicht einmal mein Schicksal beklagen, weil ich dir zugesagt habe, zu schweigen und zu dulden, wie du es auch übernommen hast.

Wilhelm und Felix wandern weiter und begegnen Jarno, der Steine klopft und nun Montan genannt wird. Montan ist von den Menschen enttäuscht: Ihnen ist nicht zu helfen. Deshalb folgt er einer einsiedlerischen Neigung. Montan weiß: Die Natur hat nur eine Schrift. Er will nicht länger reden, sondern jene Schrift der Natur entziffern.

4 Montan und Wilhelm reden aber doch weiter. Es geht um die naturkundliche Belehrung von Felix. Montan meint, Wilhelm sei als Lehrer ungeeignet: Wer andere lehren will, kann wohl oft das Beste verschweigen, was er weiß, aber er darf nicht halbwissend sein. Nach Montan ist die Zeit der Einseitigkeiten - sprich, der Entsagung - angebrochen und er weiß auch den Weg: von unten hinauf zu dienen, ist überall nötig. Sich auf ein Handwerk zu beschränken, ist das Beste. Um einen Gegenstand ganz zu besitzen, zu beherrschen, muß man ihn um sein selbst willen studieren. Was der Mensch leisten soll, muß sich als ein zweites Selbst von ihm ablösen.

Wilhelm ist beeindruckt und will endlich einen ordentlichen Beruf erlernen. Montan soll ihm helfen, daß die lästigste aller Lebensbedingungen, nicht länger als drei Tage an einem Orte zu verweilen, baldigst aufgehoben und ihm vergönnt werde, sich zu Erreichung seines Zweckes da oder dort, wie es ihm belieben möge, aufzuhalten. Montan will sich für den Freund verwenden.

Wilhelm und Felix pilgern weiter, bis Felix ein Riesenschloß erblickt. Wände und Säulen ragen auf einem einsamen Gipfel hervor, geschlossene Säulenwände bilden Pforten an Pforten, Gänge nach Gängen. Während der nächsten Rast ist Felix verschwunden. In einer Felsspalte findet Felix ein Kästchen, nicht größer als ein kleiner Oktavband, von prächtigem altem Ansehn, es scheint von Gold zu sein, mit Schmelz geziert. Wilhelm und Felix schlagen den Weg ein nach jenen ausgedehnten Gütern eines großen Landbesitzers, von dessen Reichtum und Sonderbarkeiten man ihnen erzählt hatte.

5 Der Hausherr, ein kleiner, lebhafter Mann von Jahren, bewillkommt Wilhelm auf dem Schlosse. Es folgt sogleich die Begrüßung durch zwei Frauenzimmer, wovon die eine mit großer Heiterkeit zu ihm spricht: „Sie finden hier kleine Gesellschaft, aber gute; ich, die jüngere Nichte, heiße Hersilie, diese, meine ältere Schwester, nennt man Juliette.“ Hersilie, auf der Wilhelms Blick ruht, hat sich auf französische Literatur spezialisiert und gibt dem Ankömmling gleich eine Kostprobe ihrer Übersetzungstätigkeit zum Lesen:

Die pilgernde Törin

Die pilgernde Törin ist eine schöne Vagantin, der Herr von Revanne, ein reicher Provinzler, abseits der Landstraße begegnet, als sie anmutig auf einem Rasenstück ruht. Er nimmt sie mit in sein Schloss, wo sie wohlgelitten für zwei Jahre als Gesellschafterin bleibt. Nach Ablauf dieser Frist haben sich Herr von Ravenne und sein Sohn in sie verliebt. Als ihr beide - jeder für sich - ihre Liebe gestanden haben, werden sie von ihr gefoppt und die schöne Fremde verschwindet. Der Sohn behält sie als „Engel, oder vielmehr ein Dämon“ in Erinnerung, dem Vater erscheint sie „so flüchtig wie die Engel und so liebenswürdig“.

6 Hersilie unterrichtet Wilhelm über Lenardo, einen Vetter, der drei Jahre abwesend, demnächst erwartet wird. Des Weiteren ist die Rede von Makarie, einer würdigen Tante, die, unfern in ihrem Schlosse wohnend, als ein Schutzgeist der Familie zu betrachten sei. In krankem Verfall des Körpers, in blühender Gesundheit des Geistes wird sie geschildert. Hersilie will Wilhelm Briefe geben, woraus das Weitere zu ersehen ist und sagt: Gestern machte ich Sie mit einer törigen Landläuferin bekannt, heute sollen Sie von einem verrückten Reisenden vernehmen.

Felix macht Hersilie den Hof und stürzt während eines Ausritts in einen Graben. Ein Wundarzt ist zur Stelle.

Lenardo kündigt sich mit einem Brief an die Tante an. Hersilie kommentiert diesen Brief in einem weiteren Brief an die Tante. Darin kommt Lenardo nicht gut weg. In letzterem Brief werden Valerine und Nachodine genannt. Lenardo, der Abwesende, verwechselte sie und Hersilie korrigiert. Wilhelm schreibt an Natalie lakonisch: Man vertraut mir, man gibt mir einen Pack Briefe,… ich kenne die Personen, deren Bekanntschaft ich machen werde.

7 Über den Hausherrn auf dem Schlosse wird mitgeteilt: Sein Vater wurde in Philadelphia geboren. Der Hausherr gelangte als Jüngling nach Europa. Er übernahm die Familiengüter, wußte sie freisinnig zu behandeln, sie wirtschaftlich einzurichten.

Wer ist der Verräter?

8 Lucidor studiert, gefördert vom Oberamtmann, die Rechtswissenschaft, um einmal Oberamtmann zu werden. Die Töchter des Oberamtmanns, Julie und Lucinde, wachsen heran. Nach dem Willen des verehrten, gelehrten Vaters, soll Lucidor einmal Julie heiraten. Beim ersten Treffen fühlt Lucidor eine Entfremdung gegen Julien, Lucinde dagegen zieht ihn an, dass er zittert, wenn sie ihn mit ihren vollen, reinen, ruhigen Augen ansieht. Lucidor, der sich im Hause des Oberamtmanns zu Besuch aufhält, offenbart, sobald er im Bett allein ist, dem Leser in Selbstgesprächen sein Innerstes: Nur Lucinde kann die Glückliche sein. Doch es scheint ihm, als ob Lucinde bereits an Antoni vergeben ist. Lucidor muss erkennen, der Schein trügt nicht. Also reist er ab. Jedoch der Unglückliche kommt nicht weit: da erblickt er Lucinden. Sie faßt ihn sanft in ihren Arm und ruft: Sie sind mein, ich die Ihre! Schließlich, später, auf einer Kutschfahrt, eröffnet Julie unter vier Augen Lucidor, ihre Familie habe seine heftigen Monologe vom Nebenzimmer aus von Anfang an belauscht und also gewusst, dass er Lucinde begehrte. Mit seinem lauten Gerede im Bett habe er sich selbst verraten. Das Happy End ist perfekt. Antoni bekommt Julie und Lucidor bekommt Lucinde.

9 Wilhelm und Felix wandern auf ein altes Gebäude zu. Darin sitzen Makarie auf einem Lehnsessel (der von zwei hübschen jungen Mädchen geschoben wird), Makaries Astronom und ihre Archivarin Angela. Makarie spricht zu Wilhelm als einen Vertrauten: da wir unter uns sind, nichts festsetzen, nichts nach außen wirken, sondern nur uns aufklären wollen, so kann das Gespräch immer vorwärtsgehen. Der Astronom kündigt an, von der Mathematik ist die Rede. Es wird aber nicht von der Mathematik gesprochen. Felix kämpft gegen die Langeweile. Wilhelm betrachtet mit dem Astronomen die Gestirne, diese himmlischen Heerscharen. Durch ein vollkommenes Fernrohr wird Jupiter, begleitet von seinen Monden, angeschaut. Wilhelm schläft in der Sternwarte ein Weilchen und träumt von Makarie - priesterlich, ihr Anblick. Wilhelm erzählt: An der Stelle ihres herrlichen Angesichtes sah ich zuletzt, zwischen sich teilendem Gewölk, einen Stern blinken, der immer aufwärts getragen wurde und durch das eröffnete Deckengewölb sich mit dem ganzen Sternhimmel vereinigte, der sich immer zu verbreiten und alles zu umschließen schien. In dem Augenblick wecken Sie mich auf; schlaftrunken taumle ich nach dem Fenster, den Stern noch lebhaft in meinem Auge, und wie ich nun hinblicke - der Morgenstern, von gleicher Schönheit, obschon vielleicht nicht von gleicher strahlender Herrlichkeit, wirklich vor mir! Am andern Morgen sucht Wilhelm seinen Felix und findet Angela im Garten, die junge arbeitende Mädchen, alle, wo nicht schön, doch keine häßlich, beaufsichtigt. Angela erklärt, sämtliche Bewohnerinnen unserer Stiftung werden ins tätige Leben treten. Darauf erläutert Angela ihre Tätigkeit als Archivarin: Deshalb machte sie [Makarie] mirs zur Pflicht, einzelne gute Gedanken aufzubewahren, die aus einem geistreichen Gespräch hervorspringen. Das Archiv wird als Lose-Blatt-Sammlung beschrieben. Wilhelm entdeckt einen emsig schreibenden Felix. Bevor sich Wilhelm auf Wanderschaft begibt, wird er von Angela ermutigt: „Wir haben Ihr unvermutetes Erfassen der tiefsten Geheimnisse betrachtet und überlegt, und wir dürfen uns ermutigen, Sie weiter zu führen.

Das nußbraune Mädchen

10 Wilhelm wandert dem anreisenden Lenardo entgegen. Letzterer erzählt dem Wanderer folgende Geschichte. Die Bildungsreise Lenardos durch das gesittete Europa wurde finanziert, indem der Oheim Pacht eintreiben ließ. Die Pächterstochter Nachodine, wegen ihrer bräunlichen Gesichtsfarbe das nußbraune Mädchen genannt, bat Lenardo, sich für ihren zahlungsunfähigen Vater beim Oheim zu verwenden. Lenardo, leichtsinnig, hielt sein Versprechen nicht und macht sich nun Gewissensbisse. Wilhelm und Lenardo suchen das nußbraune Mädchen auf, finden aber die Blondine Valerine vor. Wilhelm bekommt von Lenardo den Auftrag, das nußbraune Mädchen zu suchen. Lenardo sagt zu seinem neuen Freund zum Abschied Leisten Sie mir diesen Dienst, und ich werde dankbar sein.

11 Wilhelm, unmittelbar vor einer Reise ins Ungewisse, deponiert das kostbare Kästchen bei einem kuriosen Antiquitätenkrämer. Letzterer meint, wenn dieses Kästchen etwas bedeutet, so muß sich gelegentlich der Schlüssel dazu finden, und gerade da, wo Sie ihn am wenigsten erwarten. Außerdem wird Wilhelm eingeschärft: Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muß das Handwerk vorausgehen, welches nur in der Beschränkung erworben wird. Eines recht wissen und ausüben gibt höhere Bildung als Halbheit im Hundertfältigen.

Zweites Buch

1,2 Wilhelm, auf der Suche nach Nachodine, bringt unterwegs seinen Felix in einer pädagogischen Provinz unter, in der Jugendliche erzogen werden. Er dringt zu den Oberen vor und wird - bis an eine gewisse Grenze - in die Geheimnisse der Erziehenden eingeweiht. Hervorragende Erziehungselemente sind die Musik und der Chorgesang. Die Oberen setzen Wilhelm auseinander, welche Religionen zu unterscheiden sind und welche zu favorisieren sei. Insbesondere bekommen die Jugendlichen in der Provinz Ehrfurcht vor dem Himmel und der Erde beigebracht. Es gibt drei Ehrfurchten. Die oberste ist die Ehrfurcht vor sich selbst.

Der Mann von funfzig Jahren

3 Der Major ist fünfzig Jahre alt. Seine geliebte Schwester, die verwitwete Baronin, eröffnet ihm, ihre Tochter Hilarie liebe ihn wirklich und von ganzer Seele. Der Major nimmt einen Verjüngungsdiener; erprobt an sich Toilettenkästchen. Die Verjüngung gibt dem Major einen besonders heiteren Sinn. Der Major sagt zu Hilarie Du machst mich zum glücklichsten Menschen unter der Sonne! Willst du mein sein? Darauf Hilarie: Um Gottes willen stehen Sie auf! Ich bin dein auf ewig. Die Baronin ertappt das Paar und hat keine Einwände. Alle drei vereinigen sich nunmehr in einer Liebe, einem Behagen, und so fließen für sie die glücklichsten Stunden dahin. Der Major sucht den Lieutenant Flavio, seinen Sohn, auf. Eigentlich sollen Flavio und Hilarie ein Paar werden. Flavio kommt dem betretenen Major unverhofft zu Hilfe. Flavio gesteht, er liebe eine schöne Witwe. Die Heirat von Hilarie und Flavio muss sein. Der Besitz muss zusammengehalten werden. Der Major weiß einen Ausweg. Er wird sich für Flavio opfern und Hilarie heiraten. Flavio ist zufrieden und stellt der Witwe seinen Vater vor.

4 Der Major reist ab und wendet sich seinen Geschäften zu. Er schickt der Witwe ein paar selbst verfasste Verse, trennt sich von seinem Schönheits-Erhaltungslehrer und möchte wieder Hilaries Bräutigam sein.

5 Die schöne Witwe will Flavio einer andern Liebenswürdigen nicht überlassen und wendet an ihn mehr scheinbare Gunst, als billig ist. Flavio, aufgeregt und ermutigt, wird heftig bis ins Ungehörige. Ein entschiedener Bruch macht dem ganzen Verhältnis unwiederbringlich ein Ende. Flavio geht zu Hilarie. Deren Neigung ist im Umwenden begriffen. Der Baronin missfällt, dass Flavio sich Hilarie zuwendet, und sie mag die schöne Witwe nicht leiden. Da die Baronin ein schönes Verhältnis zu Makarien hat, beklagt sie sich bei dieser brieflich. Makarie leitet diese Papiere, mit eigenen Kommentaren im Anschreiben, an die schöne Witwe weiter. Die Witwe ist darauf über die Familienverhältnisse der Baronin und des Majors haarklein unterrichtet. Der abwesende Major bekommt von diesen Vorgängen keine Kenntnis. Als dem Major ein Vorderzahn ausfällt, geht ihm endlich auf, dass er doch nicht der Richtige für die junge Hilarie ist. Auf einer seiner zahlreichen Reisen trifft der Major die Witwe. Die zeigt ihm die Briefe von seiner Schwester und Makarie. Die Witwe bedauert ausnahmslos jeden in der Familie des Majors.

6 Wilhelm wiederholt in einem Schreiben an den Abbé, sein Gesuch - durch Montan vorlängst angebracht.

7 Vom Hochgebirge steigt Wilhelm zum Lago Maggiore herab und wandelt auf Mignons Spuren. Am See begegnet Wilhelm Hilarie und der schönen Witwe. Alle drei gehören jenem Orden der Entsagenden an. Alle drei entsagen dem anderen Geschlecht.

Der Abbé erwähnt in einem Schreiben an Wilhelm Lotharios Tätigkeit für den Orden und spricht Wilhelm frei: Sie sind von aller Beschränktheit entbunden. Reisen Sie, halten Sie sich auf, bewegen Sie sich, verharren Sie! was Ihnen gelingt, wird recht sein; möchten Sie sich zum notwendigsten Glied unsrer Kette bilden.

Zwischenrede - dem Leser wird eine Pause und zwar von einigen Jahren angekündigt.

8 Wilhelm sucht seinen Sohn Felix in der pädagogischen Provinz auf dem flachen Lande auf. Felix hat sich zum Italienischen bestimmt.

9 Auf einem Fest begegnet Wilhelm Montan. Letzterer spricht: Tun und Denken, das ist die Summe aller Weisheit.

10 Hersilie schreibt an Wilhelm, Felix, der zum Jüngling heranreifende Knabe, liebe sie, die ältere Frau.

11 Wilhelm erinnert Natalie brieflich an jenes Wundarztbesteck: es war Zeuge des Augenblicks, wo mein Glück begann. Wilhelm spielt auf die Szene in den Lehrjahren an, als er, von Räubern im Walde überfallen, von Natalies Gefolge gerettet wurde. Wilhelm will Wundarzt werden.

Betrachtungen im Sinne der Wanderer

Siehe Zitate.

Drittes Buch

1 Friedrich aus den Lehrjahren wird von Lenardo begrüßt. In den Wanderjahren liefert Friedrich Beiträge zu diesem Archivroman. Hinter dem Band, einem Auswandererbund der Wanderjahre, steht die Turmgesellschaft der Lehrjahre. Wandern erhält u.a. die Bedeutung auswandern.

2 Parierend, ablehnend sind Ihre Briefe! beschwert sich Hersilie schriftlich bei Wilhelm. Das Schlüsselchen zum Prachtkästchen ist in ihre Hände gefallen. Hersilie möchte Felix wiedersehen. Wilhelm soll Hersilie besuchen und den Sohn sowie auch das Kästchen mitbringen. Wilhelm, der Entsagende, lässt sich nicht zu einem Besuch der Dame verlocken.

3 Wilhelm nimmt seine Studien als Wundarzt auf. Im Fach Anatomie als Grundstudium soll er den schönsten weiblichen Arm einer Wasserleiche sezieren. Ein plastischer Anatom lenkt Wilhelm von jener analytischen Aufgabe ab. Unter der Anleitung des Anatomen synthetisiert Wilhelm einen Arm aus Knochen und Sehnen.

4 Dabei folgt Wilhelm einer Maxime der Turmgesellschaft, an die ihn Friedrich erinnert: Das Grundgesetz unserer Verbindung: in irgendeinem Fache muß einer vollkommen sein, wenn er Anspruch auf Mitgenossenschaft machen will.

Lenardos Tagebuch

5 Wilhelm erhält und studiert Lenardos Aufzeichnungen über die bienenfleißigen Garnspinner und Baumwollweber im Gebirge.

Die neue Melusine

6 Ins Reich der Nixen und Gnomen führt diese erzählerisch sorgfältig ausgearbeitete Version des Schlüssel-Kästchen-Motivs. Eine schöne Zwergenprinzessin entschlüpft gelegentlich dem Kästchen und lockt den verliebten, liederlichen, von Geldsorgen geplagten Ich-Erzähler in ihr arg begrenztes Reich. Mit einer Feile kann sich der künftige Schwiegersohn des Zwergenkönigs Eckwald befreien, entflieht dem Eheglück und erreicht - wieder in normaler Größe - unsere Alltags-Welt.

7 Der kuriose Antiquitätenkrämer ist gestorben. Hersilie besitzt nun Schlüssel und Kästchen. Die Frau sehnt Wilhelm und Felix herbei; schreibt von Trennen und Vereinigen.

Die gefährliche Wette

8 Weil die Angelegenheiten immer ernsthafter werden, schaltet die Redaktion rasch noch einen Schwank ein: Ein mutwilliger Student wettet mit seinen Kommilitonen, dass er einem gesetzten Herrn, der in schöner Equipage vorfährt, bei der Nase zupft und dafür noch belohnt wird. Der Student gewinnt die Wette. Der Verhöhnte stirbt ohne Rache, aber dessen Sohn rächt sich an einem der Studenten.

9 Odoard will eine von den grenzenlosen Weiten Europas besiedeln.

Nicht zu weit

10 Die Geschichte Odoards und seiner Liebe zur Prinzessin Sophronie wird erzählt.

11 Friedrich und Wilhelm tauschen sich in stiller Unterhaltung u.a. über die Zeit, die höchste Gabe der Natur, aus

12 Odoard trägt sein Besiedlungsprojekt vor.

Lenardos Tagebuch - Fortsetzung

13 Wilhelm liest den Rest von Lenardos Aufzeichnungen übers Muggengarn.

14 Nachodine, die glücklich unter Webern aufgefunden wurde, gibt ihr Weberhandwerk angesichts des Konkurrenzdrucks der Maschinen auf und erhält bei Makarie Angelas Stelle. Lenardo und Nachodine finden einander. Lothario, Therese, Natalie und der Abbé wandern per Segelschiff aus. Philine, Lydie und auch Lenardo, Friedrich sowie Montan werden schließlich denselben Weg einschlagen. Da alle auswandern, muss sich Wilhelms Jugendfreund Werner nach neuen Geschäftspartnern umsehen.

15 Die Beziehung zwischen Makarie und dem Astronomen, diese ätherische Dichtung, wird Verzeihung hoffend, beschlossen und das terrestrische Märchen zu Ende erzählt.

16 Odoardo geht mit den Seinigen ab.

17 Hersilie erzählt Wilhelm ihre zärtliche Begegnung mit Felix. Wilhelms Sohn drückte Hersilie beherzt an seine Brust. Hersilie konnte nicht anders, sie erwiderte die stürmischen Küsse. Dann wies die Entsagende den feurigen Liebhaber kühl ab. Gut! sagt der Verschmähte so reit ich in die Welt, bis ich umkomme. Felix sprengt auf dem Pferde davon.

18 Ross und Reiter stürzen in den Abgrund. Wundarzt Wilhelm, mit dem unvermeidlichen Wundarztbesteck zur Stelle, rettet dem Sohn fachmännisch das Leben.

Aus Makariens Archiv

Siehe Zitate.

Figuren

Figuren aus Wilhelm Meisters Lehrjahren

Figuren sind jeweils alphabetisch geordnet. Eine Zahl meint die Seite, auf der der Name zuerst genannt wird.

  • 528 Der 'Abbé '. lenkt im Hintergrund die Geschicke Wilhelms.
  • 388 'Felix'. ist der Sohn Wilhelms.
  • 587 'Friedrich'. ist Mitglied der Turmgesellschaft sowie der Bruder Natalies und Lotharios.
  • 539 Baron 'Lothario'. ist Mitglied der Turmgesellschaft und Natalies Bruder.
  • 664 'Lydie'. ist Montans Gattin.
  • 402 'Montan'. der Jarno. aus den Lehrjahren, betätigt sich in den Wanderjahren als Geologe.
  • 390 Baronesse 'Natalie'. ist Wilhelms Gattin und Lotharios Schwester.
  • 664 'Philine'. ist eine Schauspielerin, die seinerzeit von Friedrich schwanger wurde.
  • 662 'Therese'. ist die Gemahlin Lotharios.
  • 668 Der Kaufmann 'Werner'. ist Wilhelms Jugendfreund.
  • 388 'Wilhelm'. siehe Handlung, ist ein Entsagender.

Neue Figuren

  • 415 'Hersilie'. eine Entsagende, ist die jüngere Nichte des Hausherrn auf dem Schlosse.
  • 430 Baron 'Lenardo'. ist der Vetter von Hersilie.
  • 435 'Makarie'. die Tante von Lenardo und Hersilie, ist eine ältliche, wunderwürdige Dame. Hinter ihr verbirgt sich die Herzogin Charlotte von Sachsen-Meiningen, Gattin von Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg.
  • 635 'Odoard'. ist ein Mann von einnehmenden Wesen. der ein Besiedlungsprojekt in Europa forciert.

Nebenfiguren

458 Angela ist die Archivarin Makaries.
458 Der Arzt, Mathematiker und Astronom ist Mitarbeiter Makaries. Hinter ihm verbirgt sich der Gothaer Hofastronom Franz Xaver von Zach, dem Goethe in dem Roman ein subtiles Denkmal setzt.
415 Juliette ist die ältere Schwester von Hersilie.
433 Nachodine ist die Tochter eines liederlichen Pächters auf dem Schlosse.
415 Der Oheim (Onkel) von Lenardo und Hersilie ist der Hausherr auf dem Schlosse.
433: Valerine ist die Tochter des Gerichtshalters auf dem Schlosse.
Die pilgernde Törin
416 Herr von Revanne ist ein reicher Provinzler, der die pilgernde Törin für zwei Jahre aufnimmt, sich in sie verliebt und von ihr gefoppt wird.
416 Die pilgernde Törin ist eine Allegorie der Poesie, die für zwei Jahre im Schloss des Herrn von Revanne hospitiert.
Wer ist der Verräter?
441 Antoni ist nicht mehr jung, von bedeutendem Ansehn, würdig, lebensgewandt und durch Kenntnis der weitesten Weltgegenden höchst unterhaltend.
439 Julie ist vom Professor N. als Braut für Lucidor auserkoren.
439 Lucidor ist der Sohn des Professors N. zu N. Sein Gönner ist der Oberamtmann zu R.
439 Lucinde ist die Schwester von Julie.
Der Mann von funfzig Jahren
491 Die Baronin ist die Schwester des Majors und die Mutter von Hilarie.
514 Lieutenant Flavio ist der Sohn des Majors.
491 Hilarie, eine Entsagende, ist die Tochter der Baronin.
491 Der Major ist die Titelfigur der Novelle.
501 Die schöne Witwe verdreht Flavio und seinem Vater den Kopf und entsagt schließlich den Männern.

Zitate

(1,3) Joseph: Wer lebt, muß auf Wechsel gefaßt sein.
(1,3) Montan: Gut Ding will Weile haben.
(1,10) Wilhelm: Wer durch Brillen sieht, hält sich für klüger, als er ist.
(1,11) Lenardo: Der Helden Söhne werden Taugenichtse.
(1,12) Der Alte zu Wilhelm: Wer lange lebt, sieht manches versammelt und manches auseinander fallen.
(2,3) Der Freund zum Major: Man will sein und nicht scheinen. Das ist recht gut, so lange man etwas ist.
Betrachtungen im Sinne der Wanderer
  • Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muß nur versuchen, es noch einmal zu denken.
  • Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist.
  • Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.
  • Aus Farbenreibern sind treffliche Maler hervorgegangen.
  • Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.
  • Ein großer Fehler: daß man sich mehr dünkt, als man ist, und sich weniger schätzt, als man wert ist.
  • Tief und ernstlich denkende Menschen haben gegen das Publikum einen bösen Stand.
  • Wenn ich die Meinung eines andern anhören soll, so muß sie positiv ausgesprochen werden; Problematisches hab' ich in mir selbst genug.
  • Ich schweige zu vielem still, denn ich mag die Menschen nicht irremachen und bin wohl zufrieden, wenn sie sich freuen da wo ich mich ärgere.
  • Wenn man alt ist, muß man mehr tun, als da man jung war.
  • Wer zuviel verlangt, wer sich am Verwickelten erfreut, der ist den Verwirrungen ausgesetzt.
  • Der Mensch muß bei dem Glauben verharren, daß das Unbegreifliche begreiflich sei; er würde sonst nicht forschen.
  • Um zu begreifen, daß der Himmel überall blau ist, braucht man nicht um die Welt zu reisen.
  • Das Falsche hat den Vorteil, daß man immer darüber schwätzen kann, das Wahre muß gleich genutzt werden, sonst ist es nicht da.
Aus Makariens Archiv
  • Was einem angehört, wird man nicht los, und wenn man es wegwürfe.
  • Mit den Jahren steigern sich die Prüfungen.
  • Man wird nie betrogen, man betrügt sich selbst.
  • Wen jemand lobt, dem stellt er sich gleich.
  • Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun.
  • Einer neuen Wahrheit ist nichts schädlicher als ein alter Irrtum.
  • Die größten Schwierigkeiten liegen da, wo wir sie nicht suchen.
  • Sei nicht ungeduldig, wenn man deine Argumente nicht gelten läßt.

Rezeption

Geordnet nach dem Rezeptionsjahr

  • 1830: Der junge Theodor Mundt (*1808; †1861) : Wir müssen ehrlich sein, und, um dem Dichter nicht unrecht zu tun, die Wanderjahre sogleich, auch in ihrer jetzigen Gestalt noch für ein unausgearbeitetes Fragment, das nur in einzelnen Partien mehr oder weniger ausgebildet und vollendet erscheint, erklären. (Blessin, S. 374)
  • 1895: Friedrich Spielhagen will den dichterischen Roman und fragt, ob wir es hier überall noch mit einer Dichtung zu tun haben. (Gidion, S. 11)
  • 1918: Friedrich Gundolf : So sind die Wanderjahre von einem Weisen geschrieben, der dichten kann, nicht von einem Dichter, der weise ist. (Gidion, S. 15)
  • 1921 und 1932: Thomas Mann setzt sich mit den Wanderjahren auseinander.
  • 1936: Hermann Broch bekräftigt, Goethe habe in den Wanderjahren den Grundstein der neuen Dichtung, des neuen Romans, gelegt. (Bahr, S. 363)
  • 1963: Richard Friedenthal (S. 469/470): Die Wanderjahre sind schließlich kein Roman mehr, sondern ein Repositorium [Büchergestell, Aktenschrank] für Goethes Altersweisheit … Er [der Meister-Komplex] spottet allen Regeln. Goethe selber hat oft darüber gespottet …
  • 1989: Hannelore Schlaffer zitiert in ihrer Habilitationsschrift Arbeiten von
    • Ferdinand Gregorovius: Göthe´s Wilhelm Meister in seinen socialistischen Elementen entwickelt. Königsberg| 1849,
    • Wilhelm Emrich: Das Problem der Symbolinterpretation im Hinblick auf Goethes ›Wanderjahre‹. 1952,
    • Karl Schlechta: Goethes Wilhelm Meister. Frankfurt am Main 1953,
    • Arthur Henkel: Entsagung. Eine Studie zu Goethes Altersroman. Tübingen 1954,
    • Friedrich Ohly: Zum Kästchen in Goethes »Wanderjahren«. 1961,
    • Hans-Jürgen Bastian: Zum Menschenbild des späten Goethe. Eine Interpretation seiner Erzählung »Sankt Joseph der Zweite«. Weimar 1966,
    • Manfred Karnick: »Wilhelm Meisters Wanderjahre« oder die Kunst des Mittelbaren. München 1968,
    • Benno von Wiese: Der Mann von funfzig Jahren. Düsseldorf 1968,
    • Marianne Jabs-Kriegsmann: Felix und Hersilie (in: Erich Trunz (Hrsg.): Studien zu Goethes Alterswerken). Frankfurt am Main 1971,
    • Peter Horwath: Zur Namensgebung des »nußbraunen Mädchens«. 1972,
    • Anneliese Klingenberg: Goethes Roman »Wilhelm Meisters Wanderjahre«. Berlin 1972,
    • Wilhelm Voßkamp: Romantheorie in Deutschland. Stuttgart 1973.

Selbstzeugnisse

„…sie [die kleineren Geschichten] sollten alle, durch einen romantischen Faden unter dem Titel Wilhelm Meisters Wanderjahre zusammengeschlungen, ein wunderlich anziehendes Ganzes bilden. Zu diesem Zweck finden sich bemerkt: Schluß der Neuen Melusine, Der Mann von fünfzig Jahren, Die pilgernde Törin.“

– Goethe in den Tag- und Jahresheften 1807

„Es gehört dieses Werk [Wilhelm Meister] übrigens zu den incalculabelsten Productionen, wozu mir fast selbst der Schlüssel fehlt.“

– Goethe im Gespräch mit Riemer, Eckermann und Wilhelm Rehbein (Hofmedicus, Hofrat in Weimar (1776 - 1825)) am 18. Januar 1825

„Ich hoffe, meine Wanderjahre sind nun in Ihren Händen und haben Ihnen mancherlei zu denken gegeben; verschmähen Sie nicht einiges mitzutheilen. Unser Leben gleicht denn doch zuletzt den sibyllinischen Büchern; es wird immer kostbarer, je weniger davon übrig bleibt.“

– Brief Goethes vom 19. Juni 1829 an Christoph Ludwig Friedrich Schultz (Jurist, preußischer Staatsrat (1781 - 1834))

„Eine Arbeit wie diese [die Wanderjahre], die sich selbst als collectiv ankündiget, indem sie gewissermaßen nur zum Verband der disparatesten Einzelheiten unternommen zu seyn scheint, erlaubt, ja fordert mehr als eine andere daß jeder sich zueigne was ihm gemäß ist, was in seiner Lage zur Beherzigung aufrief und sich harmonisch wohltätig erweisen mochte.“

– Brief Goethes vom 28. Juli 1829 an Johann Friedrich Rochlitz

„Mit solchem Büchlein [den Wanderjahren] aber ist es wie mit dem Leben selbst: es findet sich in dem Complex des Ganzen Nothwendiges und Zufälliges, Vorgesetztes und Angeschlossenes, bald gelungen, bald vereitelt, wodurch es eine Art von Unendlichkeit erhält, die sich in verständige und vernünftige Worte nicht durchaus fassen noch einschließen läßt. Wohin ich aber die Aufmerksamkeit meiner Freunde gerne lenke und auch die Ihrige gern gerichtet sähe, sind die verschieden, sich voneinander absondernden Einzelnheiten, die doch, besonders im gegenwärtigen Falle, den Werth des Buches entscheiden.“

– Brief Goethes vom 23. November 1829 an Johann Friedrich Rochlitz

Literatur

Quellen

  • Johann Wolfgang von Goethe: Poetische Werke. Band 7, Phaidon Verlag, Essen 1999, ISBN 3-89350-448-6, S. 387–717.

Sekundärliteratur

Geordnet nach dem Erscheinungsjahr

  • Richard Friedenthal: Goethe – sein Leben und seine Zeit. R. Piper Verlag, München 1963, S. 673–676.
  • Heidi Gidion: Zur Darstellungsweise von Goethes ' Wilhelm Meisters Wanderjahre'. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 1969.
  • Adolf Muschg: „Bis zum Durchsichtigen gebildet“. Nachwort zu „Goethe Wilhelm Meisters Wanderjahre“. Insel Taschenbuch, Frankfurt 1982, ISBN 3-458-32275-2, S. 495–523.
  • Ehrhard Bahr in: Paul Michael Lützeler (Hrsg.), James E. McLeod (Hrsg.): Goethes Erzählwerk. Interpretationen. Stuttgart 1985, ISBN 3-15-008081-9, S. 363–395.
  •  Hannelore Schlaffer: Wilhelm Meister. Das Ende der Kunst und die Wiederkehr des Mythos. Metzler, Stuttgart 1989, ISBN 3-476-0655-7.
  • Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Teil 2: Das Zeitalter der Napoleonischen Kriege und der Restauration: 1806 - 1830. München 1989, ISBN 3-406-09399-X, S. 341–353.
  • Stefan Blessin: Goethes Romane. Aufbruch in die Moderne. Paderborn 1996, ISBN 3-506-71902-5, S. 239–382, S. 405–406.
  • Gero von Wilpert: Goethe-Lexikon. Stuttgart 1998, ISBN 3-520-40701-9, S. 1187–1191.
  • Karl Otto Conrady: Goethe - Leben und Werk. Düsseldorf/ Zürich 1999, ISBN 3-538-06638-8, S. 983–1001.
  • Manfred Engel: Modernisierungskrise und neue Ethik in Goethes Roman „Wilhelm Meisters Wanderjahre oder Die Entsagenden“. In: Henning Kössler (Hrsg.): Wertwandel und neue Subjektivität. Fünf Vorträge. Erlangen 2000, S. 87–111. (Erlanger Forschungen, Reihe A, Bd. 91)
  • Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 2001, ISBN 3-520-23108-5.

Weblinks

 Wikiversity: Die pilgernde Törin - eine Allegorie der Poesie. – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch

Einzelnachweise

  1. Zitat: „Der Redakteur dieser Bogen hier“ (2,8) versichert, wir „haben einen Roman in die Hand genommen.“ (1,10)
  2. Bahr, S. 379 unten
  3. Bahr, S. 380.
  4. Wilpert, 1998, S. 1189 unten
  5. Wilpert, 2001, S. 917.
  6. Gidion, 1969.


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