Zeugen Jehovas und Meiose: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Jw headquart.jpg|mini|hochkant=1.4|Weltzentrale der Zeugen Jehovas in Warwick im Bundesstaat New York (USA)]]
[[Datei:Male meiosis - zygotene (35).tif|miniatur|Zwei menschliche homologe [[Wikipedia:Chromosom 3|Chromosomen 3]] während der Spermatogenese. Die kurzen Arme (in blau) sind bereits gepaart, die langen (in rot) noch nicht. Die Chromosomenenden (Telomere) sind zusätzlich in der jeweils anderen Farbe dargestellt. Autofluoreszenz in grün.]]
Die '''Zeugen Jehovas''' (Eigenbezeichnung: '''Jehovas Zeugen''',<ref>{{Literatur |Autor=Hermann Weber |Titel=Die Religionsfreiheit und das Staat-Kirche-Verhältnis in Europa und den USA |Sammelwerk=Religion - Staat - Gesellschaft. Zeitschrift für Glaubensformen und Weltanschauungen |Band=14. Jahrgang (2013) |Nummer=Heft 1 |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2013 |ISBN=978-3-643-99850-7 |ISSN=1438-955X |Seiten=127}}</ref> {{enS}}: {{lang|en|''Jehovah’s Witnesses''}}<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jw.org/en/ |titel=Jehovah’s Witnesses&nbsp;– Official Website |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |zugriff=2013-03-11 |sprache=en}}</ref>) sind eine [[Christentum|christliche]], [[Wikipedia:Millenarismus|chiliastisch]] ausgerichtete und [[Wikipedia:Antitrinitarier|nichttrinitarische]] [[Wikipedia:Glaubensgemeinschaft|Religionsgemeinschaft]], die sich [[Wikipedia:Kirche (Organisation)|kirchlich organisiert]]. Sie gingen aus der [[Wikipedia:Bibelforscherbewegung|Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher]]“ hervor, die im ausgehenden 19.&nbsp;Jahrhundert in den [[Wikipedia:Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] von [[Charles Taze Russell]] gegründet wurde.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.britannica.com/EBchecked/topic/513182/Charles-Taze-Russell |titel=Charles Taze Russell |hrsg=Encyclopædia Britannica, Inc. |zugriff=2013-04-12 |sprache=en |zitat=Charles Taze Russell, …, founder of the International Bible Students Association, forerunner of the Jehovah’s Witnesses.}}</ref>
Als '''Meiose''' (von [[Altgriechische Sprache|griechisch]] μείωσις ''meiosis'' 'Verminderung', 'Verkleinerung') oder '''Reifeteilung''' wird eine besondere Art der [[Zellkern|Kern]]teilung [[Eukaryot|eukaryotischer]] [[Zelle (Biologie)|Zellen]] bezeichnet, bei der in zwei Schritten – ''Meiose I'' und ''Meiose II'' – die Anzahl der [[Chromosom]]en halbiert wird und [[Genetik|genetisch]] voneinander verschiedene Zellkerne entstehen. Damit unterscheidet sich die Meiose grundlegend von der gewöhnlichen Kernteilung, der [[Mitose]], die den Chromosomenbestand unverändert lässt und genetisch identische Zellkerne hervorbringt.
Der Ausdruck '''Reduktionsteilung''' wird unterschiedlich gebraucht: in weitem Sinn [[synonym]] zu ''Meiose'', im engen Sinn für den ersten ihrer beiden Teilschritte, also synonym zu Meiose I.


Zeugen Jehovas sind durch ihre ausgeprägte [[Wikipedia:Missionierende Religion|Missionstätigkeit]], ihre Ablehnung von [[Bluttransfusion]]en, das Nichtbegehen aller religiösen [[Wikipedia:Feiertag|Feier- und Festtage]] außer dem [[Wikipedia:Abendmahl Jesu|Abendmahl]] und das Nichtfeiern von [[Geburtstag]]en bekannt. Die Missionstätigkeit führen sie unter anderem durch das "Predigen" an Haustüren und durch das Verteilen der Zeitschriften ''[[Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich|Der Wachtturm]]'' und ''[[Erwachet!]]'' aus. Alle Print-, audiovisuelle Medien, Software und Onlineinhalte werden durch ein eigenes spendenfinanziertes, [[Gemeinnützigkeit|gemeinnütziges]] [[Verlag]]sunternehmen im Rahmen der [[Wachtturm-Gesellschaft]] produziert. Die meisten Inhalte und Medien werden in 884 Sprachen (Stand: März 2017)<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jw.org/ |titel=Jehovas Zeugen — Offizielle Website: jw.org |zugriff=2016-07-24}}</ref> zur Verfügung gestellt.
Die Meiose ist eines der wichtigsten Ereignisse bei der [[Geschlechtliche Fortpflanzung|geschlechtlichen Fortpflanzung]]. Die Halbierung des Chromosomenbestands bei der Meiose gleicht die Verdoppelung aus, die bei der Verschmelzung eines väterlichen und eines mütterlichen Zellkerns ([[Karyogamie]]) im Zuge der [[Befruchtung]] erfolgt. Ohne diesen Ausgleich würde sich die Chromosomenzahl mit jeder Generation verdoppeln. Die Abfolge dieser beiden Prozesse wird als [[Kernphasenwechsel]] bezeichnet, das Vorhandensein nur eines einfachen [[Chromosomensatz]]es als [[Haploidie]] und der Zustand nach der Befruchtung als [[Diploidie]]. (Es gibt allerdings auch [[Polyploidie|polyploide]] Lebewesen mit höheren [[Ploidiegrad]]en.)


Den Namen ''Jehovas Zeugen'' verwendet die Religionsgemeinschaft seit 1931, gestützt auf {{B|Jes|43|10–12}}. Davor waren sie als [[Ernste Bibelforscher]] oder „Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher“ bekannt. Der Begriff „Russelliten“ wurde von Gegnern der Bibelforscher geprägt und gehörte nie zum Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft. Als Eigenbezeichnung im deutschsprachigen Raum verwenden sie den Namen „Jehovas Zeugen in [Landbezeichnung]. Ortsansässige Gemeinden, als Träger der Versammlungen und Organisatoren der Zusammenkünfte, verwenden die Bezeichnung „Jehovas Zeugen, Versammlung [Stadtbezeichnung].<ref name="Statut" />
Bei [[Vielzellige Tiere|vielzelligen Tieren]] und beim Menschen sind die beiden meiotischen Teilungen die letzten Kernteilungen bei der [[Spermatogenese]] bzw. während und nach der [[Oogenese]], also bei der Bildung der [[Gamet]]en (Spermien und Eizellen). Dagegen finden bei [[Pflanze]]n zwischen der Meiose und der Bildung der Gameten Mitosen statt; die haploide Phase ist bei ihnen also nicht auf die Gameten beschränkt, sondern bildet eine eigene haploide [[Generationswechsel|Generation]]. Diese ist bei den [[Samenpflanzen]] allerdings sehr klein und besteht nur aus wenigen Zellen ([[Pollen]]korn und [[Embryosack]]). Bei [[Pilze]]n, [[Alge]]n und einzelligen Eukaryoten kommen verschiedene Abfolgen von Meiose und Mitose vor.


== Mitgliederzahlen ==
Vor der Meiose (ebenso wie vor der Mitose) werden die Chromosomen intern [[Replikation|verdoppelt]], sodass sie dann aus je zwei identischen [[Chromatid]]en bestehen. Zu Beginn der Meiose I werden die [[Homologie (Genetik)|homologen]] Chromosomen mütterlicher und väterlicher Herkunft durch Aneinanderlagerung gepaart. In diesem Zustand kommt es sehr häufig zu einem gegenseitigen Austausch von Teilabschnitten ([[Crossing-over]]), wodurch neu zusammengesetzte Chromosomen mit genetisch verschiedener Kombination entstehen. Danach werden die Chromosomen eines Paares getrennt und zufällig je einem der beiden Tochterkerne zugeteilt. Auf diese Weise wird der Ploidiegrad reduziert, und die Tochterkerne sind infolge der zufälligen Verteilung genetisch verschieden. Die Chromosomen bestehen aber weiterhin aus zwei Chromatiden, die zudem meistens infolge des Crossing-overs genetisch verschieden sind. Deshalb folgt nun die Meiose II als obligater zweiter Schritt, bei dem wie bei einer gewöhnlichen Mitose die Schwesterchromatiden getrennt werden. Insgesamt gehen so aus einem diploiden Zellkern vier genetisch unterschiedliche haploide Kerne hervor.
[[Datei:Jehovas Zeugen - Länder ohne berichtete Aktivitat.png|mini|Missionstätigkeit der Zeugen Jehovas in 240 Ländern und Territorien{{Farblegende|#ff0000|Zeugen Jehovas nicht offiziell tätig}}
{{Farblegende|#7f7f7f|Zeugen Jehovas offiziell tätig}}]]
[[Datei:JWpublishers.png|mini|Zahl der in der Mission aktiven Zeugen Jehovas 1945–2013]]


Die Religionsgemeinschaft veröffentlicht jährlich Statistiken über die missionarischen Aktivitäten. Im Jahr 2016 gab es nach eigenen Angaben weltweit 119.485 Versammlungen mit 8,3 Millionen ''regelmäßig im Predigtwerk aktiven'' Zeugen Jehovas. Davon sollen 165.624 Personen in [[Deutschland]], 21.561 in [[Österreich]], 19.327 in der [[Schweiz]], 2.108 in [[Luxemburg]] und 89 in [[Liechtenstein]] tätig sein.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel-und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas, E.V. |Titel=Jahrbuch der Zeugen Jehovas 2017 |Ort=Selters/Taunus |Datum=2016 |Seiten=176–187}}</ref> Das [[Außenministerium der Vereinigten Staaten]] gab in seinem Bericht zur Lage der weltweiten Religionsfreiheit 2010 an, es gebe in Deutschland ungefähr 206.000 und in Österreich 24.600 aktive und inaktive Mitglieder.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.state.gov/g/drl/rls/irf/2010/148938.htm |titel=International Religious Freedom Report 2010 |werk=Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor |hrsg=U.S. State Department |datum=2010-11-17 |zugriff=2012-03-30 |sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.state.gov/g/drl/rls/irf/2010/148910.htm |titel=International Religious Freedom Report 2010 |werk=Bureau of Democracy, Human Rights, and Labor |hrsg=U.S. State Department |datum=2010-11-17 |zugriff=2012-03-30 |sprache=en}}</ref>
Die auf diese Weise erfolgende Neuzusammensetzung ([[Rekombination (Genetik)|Rekombination]]) des mütterlichen und väterlichen Anteils des [[Genom|Erbgut]]s ist neben der Reduktion des Ploidiegrads die zweite wesentliche Funktion der Meiose. Sie führt dazu, dass Nachkommen mit einer Kombination von Eigenschaften entstehen können, die es zuvor nicht gegeben hat.


1999 wurde die Zahl der Personen, die die Gemeinschaft in Deutschland verlassen haben, für zurückliegende Jahrzehnte auf insgesamt 20.000 geschätzt.<ref name="TRE" /> Valide Zahlen werden von der Religionsgemeinschaft nicht veröffentlicht.
== Entdeckung und Bezeichnungen ==


Nach der eigenen Statistik werden durch die intensive [[Missionierende Religion|Mission]] weltweit jährlich etwa 290.000 [[Gläubigentaufe]]n vorgenommen. Wird die Anzahl der Taufen ins direkte Verhältnis zur Gesamtmitgliederzahl gesetzt, so ergibt dies einen nominalen Zuwachs von ungefähr 3,6 % im Jahr 2012. Werden die Gesamtmitgliederzahlen der einzelnen Jahre direkt verglichen, wodurch Todesfälle, Ausschlüsse und Austritte berücksichtigt werden, ergibt sich ein effektiver Zuwachs von ungefähr 1,9 % im Jahr 2012 gegenüber 2011,<ref name="Statistik" /> so dass die Wachstumsrate nur mehr leicht über jener der Weltbevölkerung liegt. Nach Ansicht des amerikanischen [[Sozialwissenschaften|Sozialwissenschaftlers]] und [[Religionssoziologie|Religionssoziologen]] [[Rodney&nbsp;Stark]] und des [[Wirtschaftswissenschaftler]]s [[Laurence&nbsp;R.&nbsp;Iannaccone]] deute die Differenz zwischen nominalem und effektivem Zuwachs auf eine verhältnismäßig hohe [[Fluktuation]] hin. Laut den Zeugen&nbsp;Jehovas findet diese Mehrung vor allem in [[Osteuropa]] und in den [[Entwicklungsland|Entwicklungsländern]] statt, während in den westlichen Industrieländern die Mitgliederzahlen in etwa stabil blieben.<ref name="Statistik" /> Jahrzehntelang waren Zeugen&nbsp;Jehovas eine der am schnellsten wachsenden Religionsgemeinschaften der Welt.<ref>{{Literatur |Autor=Rodney Stark, Laurence R. Iannaccone |Titel=Why the Jehovah’s Witnesses Grow so Rapidly: A Theoretical Application |Sammelwerk=Journal of Contemporary Religion |Band=Band 12 |Nummer=2 |Datum=1997 |Seiten=133 und 147 |DOI=10.1080/13537909708580796}}</ref>
Nachdem [[Édouard van Beneden]] 1883 beschrieben hatte, dass bei der [[Befruchtung]] der Eizelle des [[Spulwurm]]s (''Ascaris'') die Chromosomenzahl verdoppelt wird, postulierten [[Eduard Strasburger]] und [[August Weismann]], dass zum Ausgleich bei der Bildung der [[Gamet]]en eine ''Reduktionsteilung'' stattfinden müsse.<ref>Ernst Mayr: ''The Growth of Biological Thought'', 12. Aufl., Belknap Press, Cambridge 2003, S. 761.</ref> Diese wurde erstmals 1890 durch [[Oscar Hertwig]] vollständig und in bis heute gültiger Weise ebenfalls beim Spulwurm beschrieben. Zu dieser Zeit kannte man die Chromosomen als Strukturen, die bei der Kernteilung auftreten, wusste aber nichts über ihre Funktion. Erst nachdem im Jahr 1900 die bis dahin unbeachteten [[Mendelsche Regeln|Regeln der Vererbung]], die der Augustinermönch [[Gregor Mendel]] aufgeklärt und schon 1866 beschrieben hatte, von mehreren Wissenschaftlern wiederentdeckt und bestätigt wurden, bemerkte [[Walter Sutton]] 1902 die Übereinstimmung des Verhaltens der Chromosomen mit Mendels Regeln und vermutete deshalb einen Zusammenhang. 1904 postulierte dann [[Theodor Boveri (Biologe)|Theodor Boveri]], dass die Chromosomen die materiellen Träger der [[Gen|Erbanlagen]] seien ([[Chromosomentheorie der Vererbung]]).<ref>Ilse Jahn, Rolf Löther, Konrad Senglaub (Hrsg.): ''Geschichte der Biologie'', 2. Aufl., VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1985, S. 463f.</ref>


=== Faktoren des Wachstums ===
Die Bezeichnung ''Meiosis'' prägten Farmer und Moore 1905.<ref>Ilse Jahn, Rolf Löther, Konrad Senglaub (Hrsg.): ''Geschichte der Biologie'', 2. Aufl., VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1985, S. 358.</ref>
In einem Beitrag für das ''[[Journal of Contemporary Religion]]'' werteten Rodney Stark und Laurence Iannaccone die bis zum Jahr 1995 verfügbaren Jahresberichte der Zeugen Jehovas – zu jener Zeit gab es für sie noch jährliche effektive Zuwächse von etwa 5 % – als großen Erfolg auf dem globalen „Markt der Religionen“ und führten dies auf folgende Faktoren zurück<ref>{{Literatur |Autor=Rodney Stark, Laurence R. Iannaccone |Titel=Why the Jehovah’s Witnesses Grow so Rapidly: A Theoretical Application. |Sammelwerk=Journal of Contemporary Religion |Band=Band 12 |Nummer=2 |Datum=1997 |Seiten=133–157 |DOI=10.1080/13537909708580796}} deutsche Zusammenfassung bei {{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]], Renate-Maria Besier |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft. Eine ‚vor-moderne‘ religiöse Gemeinschaft in der ‚modernen‘ Gesellschaft? – Gutachtliche Stellungnahme |Datum=1998 |Seiten=26 ff |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/fileadmin/user_upload/Recht/Anerkennungsverfahren/1998-12-22.pdf jehovaszeugen.de] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2014-09-21}}</ref>:
* Kulturelle Kontinuität – ihre Missionsbemühungen seien in christlich vorgeprägten Gebieten stets erfolgreicher als beispielsweise in traditionell [[Islam|muslimischen]] Gegenden.
* Legitime Autorität – zwar sei die theokratische Organisation der Zeugen Jehovas stark hierarchisch, doch gebe es keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen einfachen Mitgliedern und Ältesten (siehe [[#Organisation|Organisation]]). Der Aufstieg in eine Führungsposition, zum Beispiel zum Ältesten, sei jederzeit möglich und ist in diesem Sinne demokratisch.
* Es steht – durch die verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten der Mitglieder – jederzeit und kostenlos eine {{lang|en|''„labor force“''}} (dt. Arbeitskräftepotenzial) zur Verfügung.
* Eine [[Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer|Fertilitätsrate]], die die [[Mortalität]]srate der Mitglieder übersteigt.
* Eine effektive [[Sozialisation]] junger Mitglieder, die nicht durch [[Konversion (Religion)|Konversion]] zu den Zeugen Jehovas kamen, sondern über ihre Eltern Mitglieder geworden sind.
* Günstiges Umfeld – die Zeugen Jehovas seien zumeist dort besonders erfolgreich, wo die Mobilisierung durch ihre konventionellen Konkurrenten, wie etwa die [[Volkskirche]]n, gering ausfällt.
* Enge soziale Vernetzungen mit der gesellschaftlichen Umwelt über die Grenzen der Religionsgemeinschaft hinaus.
* Ein mittleres Maß an Spannung zur gesellschaftlichen Umwelt durch [[Rigidität|rigide]] Vorschriften ({{lang|en|''„strictness“''}}), gegen die zu verstoßen Sanktionen nach sich zieht. Dadurch würden [[Trittbrettfahrerproblem|Trittbrettfahrer]] ({{lang|en|''„free riders“''}}) von der Gruppe ferngehalten, die vom intensiven Gemeinschaftsleben profitierten, ohne die damit verbundenen Kosten mitzutragen. So sollen von den Mitgliedern enorme zeitliche Investitionen und erhebliche Opfer verlangt werden, zum Beispiel im Sexualverhalten, beim Verzicht auf den Kontakt mit ehemaligen Zeugen Jehovas, auf [[Tabakrauchen|Tabak]], Drogen, Bluttransfusionen, Geburtstage und andere Feste, welche nicht mit ihrem Glauben vereinbar sind. Der Austritt aus der Religionsgemeinschaft sei daher niederschwellig möglich. Gleichzeitig dürfe diese Spannung zur Umwelt nicht so stark werden, dass [[Konversion (Religion)|Konvertiten]] abgeschreckt würden, weswegen es bei den Zeugen Jehovas zum Beispiel keine strengen Kleidervorschriften gebe.


Dass die [[Dogma|Glaubenssätze]] der Zeugen Jehovas teilweise [[Empirie|empirisch]] überprüfbar waren, sehen Stark und Iannaccone dagegen als einzigen Faktor, der Misserfolg begünstigen würde. Das Nichteintreffen der vorhergesagten [[Parusie|Wiederkunft Christi]] im Jahre 1975 habe die Wachstumsrate merklich geschmälert. Doch seitdem auf konkrete Vorhersagen verzichtet wird, sei diese Gefahr für ihr weiteres Wachstum eliminiert (Siehe auch [[#Nicht eingetretene Prophezeiungen|Kontroversen]]).
Die zwei Abschnitte der Meiose wurden von verschiedenen Autoren unterschiedlich bezeichnet:


== Lehre ==
* Erster Abschnitt: ''1. meiotische Teilung'', ''1. Reifeteilung'', ''Meiose I'' oder ''Reduktionsteilung''
{{Hauptartikel|Lehre der Zeugen Jehovas}}
* Zweiter Abschnitt: ''2. meiotische Teilung'', ''2. Reifeteilung'', ''Meiose II'' oder ''Äquationsteilung''.
Die Zeugen Jehovas leiten ihren Glauben von ihrem Verständnis der Bibel ab.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]], Renate-Maria Besier |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft. Eine ‚vor-moderne‘ religiöse Gemeinschaft in der ‚modernen‘ Gesellschaft? – Gutachtliche Stellungnahme |Datum=1998 |Seiten=7 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/fileadmin/user_upload/Recht/Anerkennungsverfahren/1998-12-22.pdf jehovaszeugen.de] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2014-09-21}}</ref><ref name="Gruyter 2004" /> Demnach enthält die [[Bibel]] die von Gott durch Inspiration [[Offenbarung|offenbarte]] religiöse [[Wahrheit#Judentum und Christentum|Wahrheit]], welche Grundlage der gesamten Lehre sei. Ihre [[Biblische Exegese|Exegese]] der Bibel unterscheidet sich dabei in vielen Punkten von der, die in den meisten anderen christlichen Gemeinschaften anzutreffen ist. Gleichwohl sehen sie sich in der Tradition aller christlichen Gruppen, die in der Vergangenheit versuchten, ihr Leben konsequent an der Heiligen Schrift und am [[Urchristentum|urchristlichen]] Vorbild auszurichten.<ref>{{Literatur |Autor=Robert Schmidt |Hrsg=Christoph Auffarth, Jutta Bernard, Hubert Mohr |Titel=Zeugen Jehovas |Sammelwerk=Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien |Verlag=J.B. Metzler |Ort=Stuttgart/ Weimar |Datum=2000 |ISBN=978-3-476-02070-3 |Seiten=709}}</ref>
=== Gottesbild ===
Jehovas Zeugen [[Gebet|beten]] zum „[[Allmacht#Verschiedene Auffassungen vom Begriff der Allmacht|allmächtigen]] und [[Ewigkeit#Verwendung in einigen Religionen|ewigen]] Gott“ [[JHWH|Jehova]]. Nach ihrem Bibelverständnis hat er das [[Universum]] und das [[Leben]] erschaffen. Seine Haupteigenschaften seien Liebe, [[Gerechtigkeit#Gerechtigkeit in den Religionen|Gerechtigkeit]], Macht und [[Weisheit#Religionen|Weisheit]]. Jehova wird als unsichtbarer Geist gesehen, der unabhängig vom Menschen existiert und ein persönliches Interesse an jedem Menschen auf der Erde habe. Das Prinzip der [[Dreifaltigkeit]] lehnen sie ab.<ref name="Remid" /> Sie sehen Jesus als „einen Gott“ im Sinne eines mächtigen Geschöpfs, welches jedoch nicht wesenseins mit dem allmächtigen Gott ist. Den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] betrachten sie als ''Gottes wirksame Kraft'' und nicht als eigenständige Person. Gebete dürften allein an Gott und nur ''durch'' Jesus Christus als „Fürsprecher“ gerichtet werden.


=== Jesus Christus ===
Die Bezeichnung „Reduktionsteilung“ wird auch für die Meiose insgesamt verwendet.
Jesus betrachten Jehovas Zeugen als das erste und einzige von Gott allein erschaffene Geschöpf. Damit vertreten sie die [[Präexistenz Christi]]. Er wird nicht als „[[Ewigkeit|ewig]]“, jedoch nach seiner [[Auferstehung Jesu Christi|Wiedererweckung]] als [[Unsterblichkeit|unsterblich]] gesehen. Als [[Sohn Gottes]] wird er als seinem Vater untergeordnet betrachtet. Gläubige könnten nur [[Vergebung]] von [[Sünde]]nschuld aufgrund der [[Erlösung]] der Menschheit durch den Tod Jesu, des persönlichen Glaubens an den Wert dieses [[Opfer (Religion)|Opfers]] und eines nach Gottes Maßstäben ausgerichteten Lebens erlangen.


Die Auferstehung Jesu war nach Auslegung der Zeugen Jehovas nicht [[Leib|leibhaftig]]. Sie glauben, dass sein menschlicher Leib entmaterialisiert worden sei und er mit einem nichtmateriellen, „geistigen Leib“ auferstand. In dieser vor- und nachmenschlichen Gestalt sei Jesus mit dem [[Michael (Erzengel)|Erzengel Michael]] identisch.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas |Titel=Was lehrt die Bibel wirklich? |Ort=Selters |Datum=2005 |Seiten=218–219}}</ref>
== Zeitpunkt im Lebenszyklus ==


Zeugen Jehovas glauben, dass Jesus an einem Pfahl und nicht an einem [[Kreuzigung|Kreuz]] hingerichtet wurde. Die Verwendung dieses oder ähnlicher Gegenstände als religiöses Symbol wird als [[Götze]]ndienst“ abgelehnt.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft |Titel=Was lehrt die Bibel wirklich? |Ort=Selters/Taunus |Datum=2005 |Seiten=204}}</ref>
Den Wechsel zwischen einer haploiden und einer diploiden Phase im Zuge der geschlechtlichen Fortpflanzung bezeichnet man als [[Kernphasenwechsel]]. Dieser kann in mehreren Varianten auftreten. Beim Menschen wie bei allen [[Vielzellige Tiere|vielzelligen Tieren]] steht die diploide Phase ganz im Vordergrund; nur die Gameten sind haploid. Solche Organismen bezeichnet man als [[Diplont]]en. Den umgekehrten Fall repräsentieren viele [[Pilze]], viele [[Algen]] und manche [[Einzeller]] ([[Flagellaten]]), die normalerweise haploid sind und deren diploide Phase auf die Zygote beschränkt ist ([[Haplont]]en). Drittens gibt es [[Diplohaplont]]en, bei denen sich haploide und diploide [[Generationswechsel|Generationen]] abwechseln, so bei allen [[Pflanzen]] und den meisten Algen. Bei Organismen mit höheren Ploidiegraden kommt es während der Meiose ebenfalls zu einer Halbierung, etwa von tetraploid (vier Chromosomensätze) auf diploid.


=== Der „treue und verständige Sklave“ ===
Bei der [[Ungeschlechtliche Vermehrung|asexuellen Fortpflanzung]] findet kein Kernphasenwechsel und somit auch keine Meiose statt. Sie tritt in zahlreichen Formen weit verbreitet bei Pflanzen, Algen, Pilzen und Niederen Tieren auf.<ref>Lexikon der Biologie: [http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/asexuelle-fortpflanzung/5413 Asexuelle Fortpflanzung]. Spektrum, Heidelberg 1999.</ref> Davon zu unterscheiden ist die unisexuelle Fortpflanzung, bei der weibliche Individuen ohne Befruchtung Nachkommen hervorbringen. Diese wird bei Tieren als [[Parthenogenese]] oder Jungfernzeugung bezeichnet. Dabei kann die Meiose ganz unterbleiben oder durch eine anschließende [[Karyogamie]] wieder rückgängig gemacht werden. Parthenogenese ist im Tierreich (mit Ausnahme der Säugetiere) weit verbreitet. Zumeist erfolgt sie im Wechsel mit der sexuellen Fortpflanzung; letztere kann aber auch ganz wegfallen. Eine Tiergruppe, bei der dies offenbar schon seit Millionen von Jahren der Fall ist, sind die zu den [[Rädertierchen]] gerechneten [[Bdelloida]].<ref>Jean-François Flot, Boris Hespeels u.&nbsp;a.: ''Genomic evidence for ameiotic evolution in the bdelloid rotifer Adineta vaga.'' In: ''Nature.'' 500, 2013, S.&nbsp;453–457, {{DOI|10.1038/nature12326}}</ref> Viele Blütenpflanzen können ohne Befruchtung Samen bilden ([[Agamospermie]]). Dies kann sowohl unisexuell geschehen, indem die Meiose unterbleibt (so bei verschiedenen [[Korbblütler]]n wie etwa dem [[Taraxacum|Löwenzahn]]), als auch asexuell, indem der [[Embryo]] aus vegetativem Gewebe hervorgeht (etwa bei den [[Zitrusgewächse]]n).
In der Theologie der Zeugen Jehovas spielt Gottes „treuer und verständiger Sklave“, eine [[Gleichnis]]figur aus {{B|Mt|24|45|Elb}}, eine zentrale Rolle. Jesus benutze ihn, um Informationen über die Erfüllung biblischer Prophezeiungen und zeitliche Anweisungen über die Anwendung biblischer Prinzipien im Alltagsleben zu geben.<ref>{{Internetquelle |url=http://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/1102012160#h=0:0-13:0 |titel=Wer bildet den „treuen und verständigen Sklaven“? |werk=Der Wille Jehovas: Wer lebt heute danach? |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |zugriff=2014-09-21}}</ref> Nach dem Selbstverständnis der Zeugen Jehovas ist der „treue und verständige Sklave“ ''Gottes Mitteilungs- und Verbindungskanal''.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]], Renate-Maria Besier |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft. Eine ‚vor-moderne‘ religiöse Gemeinschaft in der ‚modernen‘ Gesellschaft? – Gutachtliche Stellungnahme |Datum=1998 |Seiten=7 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/fileadmin/user_upload/Recht/Anerkennungsverfahren/1998-12-22.pdf jehovaszeugen.de] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2014-09-21}}</ref> Die [[#Geistliche Leitung|leitende Körperschaft]] der Zeugen Jehovas beschrieb sich anlässlich eines Treffens am 6. Oktober 2012 selbst als dieser „treue und verständige Sklave“.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jw.org/en/news/events-activities/annual-meeting-report-2012 |titel=Annual Meeting Report: “Food at the Proper Time” |werk=jw.org |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania, Inc. |datum=2012-11-09 |zugriff=2012-11-13 |sprache=en}}</ref> Gemäß ihrer Auffassung wurde der „treue und verständige Sklave“ 1919 eingesetzt. <ref name="Leitende Körperschaft" />
=== Eschatologische Vorstellungen ===
Zu ihren [[Eschatologie|eschatologischen Lehren]] gehört der Glaube an die buchstäbliche Wiederherstellung des [[Garten Eden#Das Paradies im Christentum|Paradieses]] auf der Erde.


==== Leben nach dem Tod ====
== Ablauf der normalen Meiose ==
Menschen besitzen nach [[Wikipedia:Lehre der Zeugen Jehovas#Leben nach dem Tod|Auffassung der Zeugen Jehovas]] keine „unsterbliche [[Seele]]“. Sie vertreten einen [[Wikipedia:Annihilationismus|annihilationistischen]] Standpunkt und verneinen daher ein [[ewiges Leben]] aller Menschen und die Existenz einer [[Hölle]]. Sie vertreten eine doppelte [[Erlösung]]slehre und glauben, dass 144.000 der von Gott als „treu“ befundenen Menschen nach dem Tod unsterbliches Leben im Himmel erhalten werden, die anderen „treuen“ würden nach Harmagedon auf der Erde zu ewigem Leben wiedererweckt. Dabei wird die Zahl „144.000“ aus der Bibelstelle {{B|Offb|7|4-8|Elb}} abgeleitet. Die „anderen treuen“ werden als die in {{B|Offb|7|9|Elb}} erwähnte „große Volksmenge“ gesehen und betitelt.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph F. Zygmunt |Titel=Prophetic Failure and Chiliastic Identity. The Case of Jehovah’s Witnesses. |Sammelwerk=[[American Journal of Sociology]] |Band=75 |Nummer=6 |Datum=1970 |Seiten=929 |JSTOR=2776152}}</ref>
Bei den weitaus meisten Organismen liegt die chiasmatische Meiose vor, auch beim Menschen. Sie wird in diesem Abschnitt beschrieben. (Zu den anderen Varianten siehe weiter unten.)


==== Die „letzten Tage“ – von 1914 bis zum Eingreifen Gottes ====
=== Übersicht ===
Die Zeugen Jehovas glauben, dass [[Jesus Christus]] 1914 unsichtbar wiedergekehrt sei, die Herrschaft über das „Königreich Gottes“ im „[[Himmel (Religion)|Himmel]]“ in Form einer „theokratischen Regierung“ übernommen habe und damit die „letzten Tage“ begonnen hätten. Christus habe als erste Amtshandlung [[Satan]] und seine [[Dämon]]en (abtrünnige Engel) aus dem Himmel auf die Erde verbannt.
Wie bei der normalen Kernteilung, der Mitose, ist auch der Meiose eine [[Replikation|DNA-Replikation]] vorgeschaltet. Der diploide (''2&nbsp;n'') Zellkern hat also Zwei-Chromatiden-Chromosomen und somit von einem Chromosomen-Typ (zum Beispiel vom Chromosom 1) insgesamt vier Exemplare des DNA-Doppelstrangs (''4&nbsp;c'') in vier Chromatiden. Durch die Meiose werden aus diesem einen Zellkern vier Zellkerne mit haploidem (''1&nbsp;n''), nicht verdoppeltem (''1&nbsp;c'') Chromosomensatz erzeugt, wobei sich alle vier Kerne genetisch unterscheiden.


Die „letzten Tage“, die von verstärkten destruktiven Aktivitäten des [[Teufel]]s gekennzeichnet seien, sollen eine unbestimmte Zeit andauern und in einem globalen, von Gott durch Jesus Christus geführten Endzeitkrieg namens [[Harmagedon]] gipfeln. Nach ihrer Überzeugung sind Jehovas Zeugen als Gesamtheit die einzige Organisation, die in diesem Krieg unter dem besonderen Schutz „Jehovas“ stehe.<ref>Stichwort ''Zeugen Jehovas'' Bibliographisches Institut & F.&nbsp;A. Brockhaus AG, 2007.</ref> Es wird eingeräumt, dass einzelne gottesfürchtige Menschen durchaus unter Druck geraten oder Schaden nehmen könnten. Zeugen Jehovas deuten {{B|Röm|12|17–19|ELB}} so, dass sie in diesem Krieg Unbeteiligte sein werden und dass es nur Gott und seinem Sohn zustehe, zu richten und Krieg zu führen. Nach diesem Krieg soll eine Tausend-Jahre-Herrschaft beginnen.
Sowohl die erste als auch die zweite meiotische Teilung wird, wie die Mitose, in Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase unterteilt. Die Vorgänge, die in Pro-, Meta- und Anaphase der Meiose I ablaufen, unterscheiden sich jedoch wesentlich sowohl von denen bei der Mitose, als auch von der Meiose II. Die Prophase I, also die Prophase der ersten meiotischen Teilung, wird auf Grund der vielen aufeinander folgenden Vorgänge noch in Unterphasen aufgeteilt.


Über den Zeitpunkt, an dem die „letzten Tage“ enden und damit die Tausend-Jahre-Herrschaft beginnen soll, machen die Zeugen Jehovas heute keine genauen Angaben mehr. Ursprünglich prophezeite Russell das Ende der „Zeiten der [[Heidentum|Heiden]]“ für Oktober 1914. Es sollten alle politischen und kirchlichen Herrschaften fallen und durch das [[Reich Gottes]] auf Erden ersetzt werden.<ref>{{Literatur |Autor=Charles Taze Russell |Titel=The Battle of Armageddon |Sammelwerk=Studies in the Scriptures |Band=Band 3 |Datum=1897 |Seiten=XII}}</ref> Sein Nachfolger Rutherford deutete diese Aussage um: 1914 sei die Königsherrschaft Christi unsichtbar im Himmel angebrochen, die Generation der 1914 lebenden Gläubigen würde aber ihr sichtbares Erscheinen miterleben.<ref>{{Literatur |Titel=Evangelisches Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie |Band=Band 3 |Verlag=Vandenhoeck & Ruprecht |Ort=Göttingen |Datum=1992 |ISBN=978-3-525-50144-3 |Seiten=805}}</ref> In seinem 1920 erschienenen Buch „Millions now living will never die!“ sagte er für 1925 die Wiederauferstehung der biblischen [[Erzelternerzählung|Erzväter]] als Zeichen der beginnenden Endzeit voraus.<ref>J. F. Rutherford: ''Millions now living will never die!'' International Bible Students Association, Brooklyn 1920, S. 80, zitiert nach Robert Crompton: ''Counting the Days to Armageddon. The Jehovah’s Witnesses and the Second Presence of Christ''. James Clarke & Co., London 1996, S. 100.</ref> In den 1960er Jahren richteten die Zeugen Jehovas den Fokus ihrer Berechnungen auf das Jahr 1975  (Siehe auch [[#Nicht eingetretene Prophezeiungen|Kontroversen]]).<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft Deutscher Zweig e.&nbsp;V. |Titel=Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes |Ort=Wiesbaden |Datum=1967 |Seiten=30}}</ref>
[[Datei:Meiosis Stages - Numerical Version.svg|mini|links|hochkant=4|Schema der Meiose. In diesem Beispiel sind drei Paare homologer Chromosomen mit je zwei Chromatiden dargestellt und deren Anteile je blau bzw. rot gekennzeichnet nach dem Elternteil, von dem sie geerbt wurden. Außerdem sind [[Mikrotubulus|Mikrotubuli]] und [[Centrosom]]en (beide gelb-orange) dargestellt, um die Phasen der Teilungen besser unterscheiden zu können. Auf (1) Prophase I (hier dargestellt in der Unterphase der Diakinese), (2) Metaphase I, (3) Anaphase I, (4) Telophase I der ersten meiotischen Teilung folgt – nach einer hier nicht dargestellten Zwischenphase der Interkinese – die zweite meiotische Teilung mit (5) Prophase II, (6) Metaphase II, (7) Anaphase II, (8) Telophase II.]]
<div style="clear:both;"></div>
[[Datei:Oogenese - Meiose.png|mini|Entstehung der reifen Eizelle und der insgesamt drei Polkörperchen aus der Eimutterzelle (primäre Oozyte)]]
Das Ergebnis sind bei der [[Spermatogenese]] vier gleich große [[Gamet]]en. Bei der [[Oogenese]] entstehen (beim Menschen und bei Tieren) unterschiedlich große Tochterzellen, von denen nur eine mit großem Zellvolumen zur [[Eizelle]] wird; die kleinen werden zu Polkörperchen.


==== Die Millenniumsherrschaft und das Paradies auf Erden ====
=== Meiose I (Reduktionsteilung) ===
Nach Harmagedon sollen die Menschen unter einer tausendjährigen Herrschaft des Königreiches Gottes, welches durch Jesus als König und seine 144.000 Mitregierenden repräsentiert wird, zur [[Vollkommenheit]] geführt werden. Hierdurch sollen die Menschen geistig und körperlich gesunden. Danach finde eine Endprüfung statt, indem Satan für eine begrenzte Zeit aus dem „Abgrund“<ref group="Siehe">Ein Zustand der Handlungsunfähigkeit vergleichbar mit einem Gefängnis. In diesen sollen Satan und seine Dämonen in Harmagedon versetzt werden.</ref> freigelassen werden würde {{Bibel|Offb|20|7-10}}. Diejenigen, die sich aufgrund des negativen Einflusses durch den freigelassenen Satan erneut gegen die Souveränität Jehovas stellen, würden nach Abschluss der Prüfung zusammen mit Satan und seinen Dämonen vernichtet. Damit sei das verloren gegangene irdische und geistige Paradies endgültig wiederhergestellt.
In der Prophase der Meiose I, genauer im Pachytän, geschieht die Rekombination zwischen homologen Chromosomen. Im Gegensatz zur Mitose und Meiose II werden in der Anaphase der Meiose I die Schwesterchromatiden ''nicht'' getrennt, sondern bleiben über ihr [[Centromer]] aneinander gebunden. Stattdessen werden die homologen Chromosomen aufgeteilt.


=== Umgang mit Blut ===
==== Prophase I ====
Jehovas Zeugen lehnen jede Art des „Gebrauchs von Blut“ als Nahrungsmittel- oder als Medikamentenzusatz und seit 1944 auch als [[Bluttransfusion]] ab. Fleisch darf nach dem einfachen Ausbluten gegessen werden, obwohl noch geringste Mengen an Blut im Gewebe vorhanden sind. Zeugen Jehovas glauben, dies sei durch Texte wie {{B|1 Mos|9|4|ELB}} („Nur Fleisch mit seiner Seele – seinem Blut – sollt ihr nicht essen“, NWÜ) und {{B|Apg|15|29|ELB}} („…&nbsp;euch&nbsp;[…] zu enthalten&nbsp;[…] von Blut&nbsp;…“, NWÜ und ELB) gestützt (siehe [[Jakobusklauseln]]). Die Verwendung von Bluthauptbestandteilen ([[Blutplasma]], [[Thrombozyt|Blutplättchen]], [[Erythrozyt|roten]] und [[Leukozyt|weißen]] Blutkörperchen) wird ebenso verworfen wie die [[Blutspende]] und die präoperative [[Eigenblutspende]]. Die Akzeptanz der Verwendung von [[Plasmafraktionierung|Plasmafraktionen]] ([[Albumin]]e, [[Globuline]], [[Hämostase#Übersicht über Gerinnungsfaktoren und Inhibitoren|Gerinnungsfaktoren]], [[Fibrinogen]] und ähnlichem) und Ableitungen von den anderen Komponenten ([[Hämoglobin]]lösung von [[Erythrozyt]]en; [[Interferone]] und [[Interleukine]] von [[Leukozyt]]en) stellen sie der Gewissensentscheidung des Einzelnen anheim, ebenso [[Transplantation|Organ-]] und [[Stammzelltransplantation|Knochenmarktransplantationen]]. Jehovas Zeugen sind auch mit der Entnahme von Blut für Diagnosezwecke einverstanden. Für den Kontakt zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegepersonal haben die Zeugen Jehovas einen weltweiten „Krankenhausinformationsdienst“ und „Krankenhaus-Verbindungskomitees“ eingerichtet.<ref>{{Literatur |Autor=Eva Knipfer, Renate Bratke |Titel=Klinikleitfaden Intensivpflege |Auflage=4. |Verlag=Elsevier |Datum=2008 |ISBN=978-3-437-26910-3 |Kapitel=Kapitel 2.6.1: Besonderheiten einer Auswahl von Religionsgemeinschaften |Seiten=84}}; Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: ''Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' J.B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 711.</ref>
[[Datei:Male meiosis - zygotene (35) rotating.gif|miniatur|3D-Darstellung eines Zellkerns aus einem menschlichen Hoden im Zygotän. Mit Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisierung wurden die beiden Arme des Chromosoms 3 sowie die Chromosomenenden (Telomere) abwechselnd in rot und blau markiert. Die Paarung hat am kurzen Arm (blau) bereits begonnen, am langen noch nicht. Die Autofluoreszenz in grün lässt erkennen, dass sich die Telomere alle an der Kernoberfläche befinden.]]
Die 1. meiotische Teilung beginnt mit der ''Prophase I''. Diese wird in fünf Stadien unterteilt:


Ärzte müssen die Ablehnung einer Bluttransfusion durch einen volljährigen Zeugen Jehovas akzeptieren. Die Frage, ob den Zeugen Jehovas angehörende Eltern Bluttransfusionen für ihre minderjährigen Kinder ablehnen dürfen, war insbesondere im Falle lebensbedrohlicher Krankheitsverläufe mehrfach Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Inzwischen hat sich in Deutschland eine [[Rechtsprechung#Ständige Rechtsprechung|ständige Rechtsprechung]] dahingehend herausgebildet, dass in solchen Fällen das [[Kindeswohl]] vorgeht. Gestützt wird dies auf {{§|1666|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]], wonach das [[Familiengericht]] die zur Abwendung einer konkreten Gefahr für das Wohl des Kindes erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, wenn die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Das [[Oberlandesgericht Celle]] formuliert bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des §&nbsp;1666 BGB wie folgt:
* Im '''Leptotän''' (von [[Altgriechische Sprache|gr.]] ''leptós'' ‚dünn‘ und [[latein|lat.]] ''taenia'' ‚Band‘) beginnen die Chromosomen zu kondensieren. Bis zum Ende der Prophase I sind die Enden der Chromosomen, die [[Telomer]]e, an der inneren [[Kernmembran|Zellkernmembran]] befestigt. Jedes Chromosom besteht aus zwei identischen Chromatiden.
{{Zitat|Es kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, daß diese Voraussetzungen gegeben sind, wenn ein Kind lebensnotwendig auf die Verabreichung von Blut und Blutprodukten angewiesen ist, die Eltern aber die Zustimmung zu dieser Behandlung aus religiösen Gründen verweigern.|ref=<ref>OLG Celle, Beschluss vom 21. Februar 1994&nbsp;– 17&nbsp;W&nbsp;8/94 mit Verweis auf BayObLG München, 25. September 1975, BReg 1 Z 55/75, FamRZ 1976, 43 und OLG Hamm, 10. Oktober 1967, 3 Ss 1150/67, FamRZ 1968, 221</ref>}} Verweigern die Eltern in einer solchen Situation die Zustimmung zur Bluttransfusion, so erteilt das Familiengericht an ihrer Stelle die Einwilligung gegenüber dem Arzt, welcher die Bluttransfusion somit vornehmen darf.
* Das '''Zygotän''' (gr. ''zygón'' ‚Joch‘) ist durch die Paarung der homologen Chromosomen gekennzeichnet, also die Aneinanderlagerung der von den beiden Eltern erhaltenen Exemplare eines Chromosomentyps. Diese exakte Chromosomenpaarung, auch ''Synapsis'' genannt, verläuft von den Enden her reißverschlussartig, indem sich zwischen beiden Chromosomensträngen der [[synaptonemaler Komplex|synaptonemale Komplex]] bildet, der beide Stränge zusammenhält.
* Im '''Pachytän''' (gr. ''pachýs'' ‚dick‘) kommt es zur weiteren Kondensation und die gepaarten Chromosomen bilden als [[Bivalent (Meiose)|Bivalent]] je eine aus vier Chromatiden bestehende [[Chromatidentetrade|''Tetrade'']]. In dieser Phase ereignet sich das [[Crossing-over]], womit der Austausch homologer Chromatiden-Abschnitte zwischen Nicht-Schwesterchromatiden von gepaarten Chromosomen eingeleitet wird. Der synaptonemale Komplex zerfällt danach wieder.
* Im '''Diplotän''' (gr. ''diplóos'' ‚doppelt‘) zeigen sich daher die Paare zweier Chromosomen deutlich mit je voneinander abgesetzten doppelten Chromatiden. Nun fallen an den Tetraden als sogenannte [[Chiasma]]ta jene Stellen auf, wo zwei der vier Chromatiden kreuzweise untereineinander verbunden sind, wenn denn ein Crossover stattgefunden hat.
* Mit der '''Diakinese''' (gr. ''diakinein'' ‚in Bewegung bringen‘) endet die Prophase I, indem die Chromatidentetraden sich verkürzen, der [[Nucleolus]] sich auflöst, die [[Kernhülle|Hülle]] des Zellkerns sich zerlegt und der [[Spindelapparat]] gebildet wird.


Die 17. [[Enquete-Kommission]] „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ des Deutschen Bundestags stellte fest, innerhalb der Religionsgemeinschaft deute sich eine vorsichtige Relativierung ihrer Haltung an:
==== Die Paarung von Geschlechtschromosomen ====
{{Zitat|Zwar wird am prinzipiellen, biblisch begründeten Verbot der Bluttransfusion festgehalten. Daneben wird aber die umfassende medizinische Betreuung nicht in Frage gestellt und die Hoffnung geäußert, dass sich aufgrund des Fortschrittes in der medizinischen Technik zunehmend Eingriffsmöglichkeiten eröffnen werden, die eine Bluttransfusion nicht erfordern. Schließlich wird die prinzipielle Rechtsposition akzeptiert, daß auch gegen den Willen von Eltern Bluttransfusionen bei Kindern durchgeführt werden können.|ref=<ref>{{Internetquelle |url=http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/109/1310950.pdf |titel=Endbericht der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ |werk=Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge |datum=1998-06-09 |zugriff=2009-08-19 |format=PDF; 6,5&nbsp;MB |kommentar=S. 93}}</ref>}}
Als [[Geschlechtschromosom]]en oder Gonosomen werden solche Chromosomen bezeichnet, die sich in den beiden Geschlechtern unterscheiden. Beispielsweise liegen bei Säugern im weiblichen Geschlecht zwei [[X-Chromosom]]en vor, im männlichen Geschlecht aber ein X- und ein [[Y-Chromosom]]. In der Prophase I können sich daher im weiblichen Geschlecht die beiden X-Chromosomen ebenso paaren wie alle anderen Chromosomen, die [[Autosom]]en. Im männlichen Geschlecht ist dies so nicht möglich, da sich X- und Y-Chromosom in der Sequenz und auch in der Länge wesentlich unterscheiden.
=== Aussagen zur Bibel ===
Von verschiedenen Wissenschaftlern werden die Zeugen Jehovas dem [[Christlicher Fundamentalismus|christlichen Fundamentalismus]] zugeordnet.<ref>{{Literatur |Titel=[[Evangelisches Kirchenlexikon]]. Internationale theologische Enzyklopädie |Verlag=Vandenhoeck und Rupprecht |Ort=Göttingen |Datum=1992 |ISBN=978-3-525-50144-3 |Seiten=805}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Gabriele Yonan edited by Hans Hesse |Hrsg=Edition Temmen |Titel=History, Past, and Present. Jehovah’s Witnesses in Germany. |Sammelwerk=Persecution and resistance of Jehovah’s Witnesses during the Nazi regime, 1933–1945 |Ort=Bremen |Datum=2001 |ISBN=978-3-86108-750-2 |Seiten=337}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Andrew Holden |Titel=Jehovah’s Witnesses. Portrait of a contemporary religious movement |Verlag=Routledge |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=978-0-415-26610-9 |Seiten=40 f}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Theodor Ahrens |Titel=Vom Charme der Gabe. Theologie interkulturell |Verlag=Otto Lembeck |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2008 |ISBN=978-3-87476-548-0 |Seiten=255}}</ref> In ihrem Schriftverständnis glauben die Zeugen an die [[Verbalinspiration]] der Bibel.<ref name="Gruyter 2004" /><ref>{{Literatur |Autor=M. James Penton |Hrsg=University of Toronto Press |Titel=Apocalypse Delayed. The Story of Jehovah’s Witnesses |Datum=1997 |ISBN=978-0-8020-7973-2 |Seiten=172}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.jw.org/de/publikationen/buecher/was-lehrt-bibel-wirklich/wie-gott-angebetet-werden-moechte/ |titel=Was lehrt die Bibel wirklich? Kapitel 15: Wie Gott angebetet werden möchte |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |zugriff=2016-07-04}}</ref> Sie sei nur im Gesamtzusammenhang zu verstehen. Der Bibeltext sei von einem einheitlichen Thema durchzogen: „die Rechtfertigung der Souveränität Jehovas und die endgültige Erfüllung seines Vorsatzes bezüglich der Erde durch sein Königreich unter Christus“.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm, Bibel- und Traktat-Gesellschaft |Titel=Einsichten über die Heilige Schrift |Band=Band 1: ''A–J'' |Ort=Selters |Datum=1990 |Seiten=399}}</ref> Je nach Kontext werden die Aussagen der Bibel sowohl wörtlich [[Biblische Exegese|ausgelegt]] als auch symbolisch interpretiert.


Die Zeugen Jehovas verwenden hauptsächlich die von ihnen herausgegebene [[Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift|Neue-Welt-Übersetzung]]. Bis zum Erscheinen der deutschen Ausgabe in den 1970er Jahren kam im deutschsprachigen Raum vorrangig die unrevidierte [[Elberfelder Bibel]] zur Anwendung. Bei Bedarf werden in den Publikationen andere [[Bibelübersetzung]]en zum Vergleich oder bei treffenderem Wortlaut verwendet. In Sprachen, in welchen die Neue-Welt-Übersetzung nicht verfügbar ist, werden heute noch andere Bibelübersetzungen durch die [[Wachtturm-Gesellschaft]] verteilt.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Jahrbuch 2006 |Ort=Selters/Taunus |Datum= |Seiten=10–11}}</ref>
Es gibt aber an den Enden von X- und Y-Chromosom jeweils ein [[Pseudoautosomale Region]], in der sich die Sequenz auf X- und Y-Chromosomen (wie bei zwei homologen Autosomen) gleicht. In diesen Abschnitten ist eine Paarung und auch ein Crossing-Over möglich. Auch im männlichen Geschlecht werden die beiden Geschlechtschromosomen bei der anschließenden Meta- und Anaphase als ein Chromosomenpaar erkannt.


=== Schöpfung/Evolution ===
==== Metaphase I, Anaphase I und Telophase I ====
Jehova ist für die Zeugen Jehovas der [[Schöpfung|Schöpfer der Welt]]. Daher lehnen sie alle wissenschaftlichen [[Lehrmeinung]]en wie z. B. die [[Evolutionstheorie]] ab, die diese Schöpferrolle bestreiten.<ref>{{Literatur |Autor=[[Ulrich Kutschera]] |Titel=Streitpunkt Evolution |Verlag=LIT Verlag |Datum= |ISBN=978-3-8258-7286-1 |Kapitel=Religiöse Sondergemeinschaften |Seiten=108}}</ref> Sie zählen zu den [[Kreationismus#Langzeitkreationismus|Langzeitkreationisten]], da sie die Schöpfungstage aus der [[1. Buch Mose|Genesis]] als beliebig lange Zeitspannen auffassen.
In der ''Metaphase I'' versammeln sich die gepaarten Chromosomen in der Äquatorialebene des Spindelapparats. Auch in dieser Phase können im Lichtmikroskop die Chiasmata sichtbar werden. In der anschließenden Anaphase I werden im Gegensatz zur mitotischen Anaphase nicht einzelne Chromatiden, sondern Chromatidenpaare zu den beiden Spindelpolen bewegt. Auf Grund des vorangegangenen Cross-overs sind die beiden zusammenhängenden Chromatiden jedoch nicht mehr identisch.


== Gottesdienst und Praxis ==
In der ''Telophase I'' liegt an jedem Pol dann jeweils nur noch ein Chromosom (mit zwei Chromatiden) jedes Typs vor. Es ist also zu einer Reduktion der Chromosomenzahl gekommen. Wie bei der mitotischen Telophase dekondensieren die Chromosomen nun und die Kernhülle bildet sich wieder. An die abgeschlossene Kernteilung schließt sich eine Zellteilung an. Der anschließende Zeitraum bis zum Beginn der zweiten mitotischen Teilung wird als [[Interkinese]] bezeichnet.
{{Hauptartikel|Gottesdienst und Praxis der Zeugen Jehovas}}


=== Zusammenkünfte ===
==== Beispiel Mensch ====
[[Datei:Reunião em Salão do Reino.jpg|mini|Zusammenkunft in einem Königreichssaal]]
Bei einem menschlichen [[Euploidie|euploiden]] Chromosomensatz enthält der Zellkern der diploiden Zelle vor der meiotischen Teilung 23 Paare duplizierter Chromosomen, also 46 Chromosomen bzw. 92 Chromatiden. Nach der Meiose I hat jeder der beiden Tochterkerne 23 Chromosomen erhalten, die je aus einem Chromatidenpaar bestehen, also 46 Chromatiden. Dies entspricht mengenmäßig einem haploiden Chromosomensatzes (''1&nbsp;n''), der verdoppelt wurde ([[C-Wert (Genetik)|C-Wert]] ''2&nbsp;c''). Wenn die vormaligen Schwesterchromatiden jedoch infolge eines Crossing-over teilweise unterschiedliche DNA-Sequenzen enthalten, kann man den Satz von Chromosomen streng genommen nicht mehr „haploid“ nennen. Zwar gleicht er der Zahl an Chromosomen nach einem haploiden, doch ist manches Gen nun mit mehr als je einem Allel vorhanden.<ref name="genetik">{{Literatur | Autor=Wilfried Janning, Elisabeth Knust | Titel=Genetik: Allgemeine Genetik – Molekulare Genetik – Entwicklungsgenetik | Auflage=2 | Verlag=Georg Thieme | Ort=Stuttgart | Jahr=2008 | ISBN=978-3-13-151422-6 | Seiten=41.}}</ref>


Die Zusammenkünfte finden meist in eigenen Versammlungsstätten statt, die [[Königreichssaal]] genannt werden. In diesen Zusammenkünften werden religiöse Ansprachen gehalten, deren Rahmen meist vorgegeben ist. Es werden Situationen aus dem Predigtdienst demonstriert, Interviews geführt, Vorträge gehalten sowie in Form von Fragen und Antworten biblische Themen mit Hilfe eigener Literatur und der Bibel behandelt. Zu Beginn und zum Abschluss der Zusammenkünfte und zwischen zwei Programmteilen wird jeweils ein Lied gesungen. Am Anfang und am Ende wird gemeinsam gebetet.
=== Meiose II (Äquationsteilung) ===


Es finden an zwei Tagen in der Woche Zusammenkünfte statt, die jeweils 1&nbsp;¾&nbsp;Stunden dauern. Sie werden von männlichen Zeugen Jehovas geleitet. An bestimmten Programmteilen sind auch Frauen beteiligt, jedoch nicht in Form eines Vortrages.
Im Anschluss an die Interkinese folgt die Meiose II. Sie entspricht vom Ablauf her einer Mitose mit dem einzigen Unterschied, dass infolge des Crossing-overs bei den betreffenden Chromosomen die Chromatiden nicht identisch sind.<ref>G. Czihak, H. Langer, H. Ziegler (Hg): ''Biologie. Ein Lehrbuch.'' 4. Aufl., Springer, Berlin 1990, S. 171.</ref>


Dreimal im Jahr finden größere [[Tagung]]en statt, die als „Kongresse“ bezeichnet werden. Je nach Art und Dauer des Kongresses kommen 500 bis mehrere 1000 Personen zusammen. Diese Kongresse werden je nach Größe in eigens erbauten Kongresssälen, angemieteten Fußballstadien oder Messegeländen gehalten.
Nach dem [[Kondensation (Genetik)|Kondensieren]] der Chromosomen in der ''Prophase II'' werden die noch aus zwei Chromatiden bestehenden Chromosomen in der ''Metaphase II'' in der Äquatorialebene angeordnet, am [[Centromer]] getrennt und in der ''Anaphase II'' einzeln den Tochterkernen zugeteilt.


=== Taufe ===
Die aus der ''Telophase II'' hervorgehenden Zellkerne enthalten damit jeweils einen haploiden, unverdoppelten Chromosomensatz (''1&nbsp;n''; ''1&nbsp;c''). Somit sind die vier Chromatiden einer jeden [[Bivalent (Meiose)|Tetrade]] der Prophase I jeweils zufällig auf vier verschiedene haploide Zellkerne verteilt worden.
Zeugen Jehovas praktizieren die [[Gläubigentaufe]], ohne dafür eine [[Altersgrenze]] zu bestimmen. Damit jemand als Taufanwärter zugelassen werden kann, muss er bereits als „ungetaufter Verkündiger“<ref group="Siehe">Als ungetaufter Verkündiger wird eine ungetaufte Person bezeichnet, die unter Anleitung eines getauften Mitglieds regelmäßig am Missionierungswerk der Religionsgemeinschaft teilnimmt, verbunden mit dem Ziel, schon vor der Taufe praktische Erfahrung im christlichen Dienst zu sammeln und den eigenen Taufwunsch zu reflektieren. Es handelt sich hierbei um einen vorübergehenden vormitgliedschaftlichen Sonderstatus innerhalb der Glaubensgemeinschaft; er ist nicht auf Lebensdauer angelegt.</ref> anerkannt sein. Der Religionssoziologe Rodney Stark und Prof. Laurence R. Iannaccone stellten fest, dass sich nur relativ wenige Personen unter sechzehn Jahren als Verkündiger qualifizieren.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Besier, Erwin Scheuch |Titel=Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid |Band=Band 2 |Verlag=Edition Interfrom |Ort=Zürich |Datum=1999 |ISBN=978-3-7201-5278-5 |Seiten=268}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=S. Murken, S. Namini, C. Zwingmann, H. Moosbrugger |Titel=Religiosität: Messverfahren und Studien zur Gesundheit und Lebensbewältigung. Neue Beiträge zur Religionspsychologie |Verlag=Waxmann |Ort=Münster |Datum=2004 |ISBN=3-8309-1428-8 |Seiten=307}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Rodney Stark, Laurence Iannaccone |Titel=Why the Jehova’s Witnesses Grow so Rapidly: A Theoretical Application |Sammelwerk=Journal of Contemporary Religion |Band=Band 12 |Nummer=2 |Datum=1997 |Seiten=139 |Online=[http://www.theocraticlibrary.com/downloads/Why_Jehovah%27s_Witnesses_Grow_So_Rapidly.pdf theocraticlibrary.com] |Format=PDF |KBytes= |DOI=10.1080/13537909708580796}}</ref><ref>Vergl. {{Literatur |Titel=Statut StRG 1 |Sammelwerk=Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland |Datum=2009-05-27 |Seiten=7 |Fundstelle=§ 14, Abs.&nbsp;2 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/uploads/media/Statut_.pdf Statut] |Format=PDF |KBytes=}}</ref> Äußert ein ungetaufter Verkündiger den Wunsch, sich taufen zu lassen, werden mit ihm Gespräche geführt, die belegen sollen, dass ein ausreichendes Verständnis der Lehre sowie grundlegende Bibelkenntnis vorhanden sind. Außerdem soll dabei geklärt werden, ob seine Bewerbung auf den eigenen freien Willen gegründet und er sich der Tragweite dieses Schrittes bewusst ist.<ref>{{Literatur |Titel=Statut (StRG) |Sammelwerk=Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland |Nummer=2 |Datum=2009-05-27 |Seiten=1&nbsp;ff. |Fundstelle=§&nbsp;14 Absatz&nbsp;1–3 |Kommentar=In der Neufassung |Online=[http://www.wachtturm.de/rec/rvs/01.pdf wachtturm.de] |Format=PDF |KBytes=}}</ref>


Die Taufen werden üblicherweise bei den sogenannten „Kongressen“, d.&nbsp;h. gemeinsamen „Gottesdiensten“ mehrerer Versammlungen aus einer Region, vollzogen. Vor der eigentlichen Taufe werden hier öffentlich zwei Fragen gestellt, die jeder Taufanwärter mit einem „JA“ beantworten muss:
== Varianten des Ablaufs ==
# Hast du auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi deine Sünden bereut und dich Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?
Neben der chiasmatischen Meiose, die bei den weitaus meisten Organismen vorliegt und wie oben beschrieben abläuft, gibt es noch zwei weitere Varianten:<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 29–102.</ref>
# Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist?


Danach werden die Täuflinge vollständig im Wasser untergetaucht. Eine [[Wikipedia:Taufe#Taufformel|Taufformel]] wird dabei nicht gesprochen. Die Taufe durch Untertauchen stellt bei den Zeugen Jehovas die einzige schriftgemäße Form der christlichen Taufe dar. Sie bildet den Abschluss der Eingliederung in die Gemeinschaft und den offiziellen Beginn der Mitgliedschaft in religionsrechtlicher Hinsicht. Hauptsächlich stellt sie jedoch eine öffentliche Ernennung (Ordination) zum Christen dar.
* die achiasmatische Meiose, bei der kein genetischer Austausch zwischen homologen Chromosomen erfolgt und daher keine Chiasmata entstehen,
* die umgekehrte Meiose, bei der erst eine Äquationsteilung und danach die Reduktionsteilung stattfindet.


=== Abendmahl ===
Achiasmatische Meiosen wurden vereinzelt in vielen [[Taxonomie|taxonomischen Gruppen]] [[wirbellose]]r Tiere beschrieben, insbesondere bei [[Insekten]], sowie bei einer Schachblume (''[[Fritillaria]] japonica'', ein [[Liliengewächse|Liliengewächs]]). Als Regelfall tritt sie bei [[Schmetterlinge]]n und bei [[Köcherfliegen]] auf. Sehr häufig ist sie außerdem bei [[Enchyträen]], einer Familie der [[Ringelwürmer]], und bei [[Zweiflügler]]n. Dabei kann nur ein Geschlecht betroffen sein, so bei den Schmetterlingen das weibliche und bei Zweiflüglern das männliche, oder beide wie bei manchen Enchyträen. In der Evolution ist die achiasmatische Meiose wahrscheinlich viele Male unabhängig aus der chiasmatischen hervorgegangen.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 86–90.</ref>
Christliche Feiertage wie Weihnachten und [[Ostern]] lehnen die Zeugen Jehovas wegen der [[Wikipedia:Heidentum|heidnischen]] Wurzeln dieser Feste als „Götzendienst“ ab.<ref>Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: ''Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' J.B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 710.</ref> Ihre einzige religiöse Feier ist das [[Eucharistie|Abendmahl]], das auch „Gedächtnismahl“ oder ''Feier zum Gedenken an den Tod Christi'' genannt wird. Dieses Fest wird am 14. [[Wikipedia:Nisan (Monat)|Nisan]] nach Sonnenuntergang begangen. Bei der Festsetzung des Tages orientieren sich Zeugen Jehovas am [[Jüdischer Kalender|jüdischen Mondkalender]], wie er ihrer Meinung nach in biblischer Zeit in Verwendung war, sodass der Tag der Abendmahlsfeier im [[Wikipedia:Gregorianischer Kalender|gregorianischen Kalender]] kein festes Datum hat. 2015 zum Beispiel fiel der Tag auf den 3.&nbsp;April, 2016 dagegen auf den 23.&nbsp;März nach Sonnenuntergang.


Während der Feier wird eine Ansprache gehalten, die Sinn und Nutzen von Jesu Tod erklären soll. Danach werden Rotwein und ungesäuertes Brot, die Symbole für das Blut und den Leib Jesu Christi, von Anwesendem zu Anwesendem gereicht. Es ist jedem freigestellt, etwas von diesen Symbolen zu sich zu nehmen. Die meisten Anwesenden verstehen sich als bloße Gedächtnismahlbeobachter und nehmen sich nichts. Die es tun, nennt man Gedächtnismahlteilnehmer.<ref>Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: ''Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' J.B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 709&nbsp;f.</ref><ref group="Siehe">2010: 18.706.895 Beobachter, 11.202 Teilnehmer.</ref> Sie zeigen dadurch an, dass sie sich der in der [[Offenbarung des Johannes]] erwähnten Gruppe von 144.000 Menschen {{Bibel|Offb|7|4|ELB}} zugehörig fühlen (siehe auch „[[Wikipedia:Lehre der Zeugen Jehovas#Ewiges/Unsterbliches Leben|Leben nach dem Tod]]“ und [[Wikipedia:Lehre der Zeugen Jehovas#Paradies auf Erden|Millenniumsherrschaft]]). Die Einsammlung der 144.000 soll zu Pfingsten im Jahr 33 beim ersten Abendmahl begonnen haben und gilt nach Ansicht der Zeugen Jehovas als nahezu abgeschlossen.
Auch umgekehrte Meiosen sind vor allem bei Insekten bekannt, insbesondere bei [[Schildläuse]]n, [[Blattläuse]]n und [[Wanzen]], aber auch bei anderen Tieren und bei Pflanzen. Die betreffenden Organismen haben holozentrische Chromosomen, die nicht über ein punktuell lokalisiertes Kinetochor, sondern über ihre ganze Länge mit der Teilungsspindel verbunden sind. Damit einher geht ein vom Normalfall teils erheblich abweichendes Verhalten der Chromosomen.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 93–101.</ref>


{{Siehe auch|Eucharistie#Gedächtnismahl der Zeugen Jehovas|titel1=Absatz „Gedächtnismahl der Zeugen Jehovas“ im Artikel Eucharistie}}
== Nicht-zufällige Segregation und Transmission ==


=== Evangelisation und Mission ===
Im Normalfall werden homologe Chromosomen bei den meiotischen Teilungen zufällig dem einen oder dem anderen Tochterkern zugeteilt (zufällige Segregation), und es ist daher zufällig, welche homologen Chromosomen, also auch welche homologen Gene, in welchen Kombinationen an die Nachkommen weitergegeben werden (zufällige Transmission). Es sind jedoch viele Fälle bei ganz verschiedenen Organismen bekannt, in denen diese Vorgänge nicht zufällig ablaufen. Die meisten von ihnen werden unter dem Stichwort [[Meiotic Drive]] zusammengefasst. Ein Sonderfall ist die [[Hybridogenese]] beim [[Teichfrosch]] und bei einigen Fischarten.
[[Datei:Evangelização.jpg|mini|Zeugen Jehovas bei der typischen Missionierung an Haus- und Wohnungstüren (nachgestellte Szene)]]
Für Jehovas Zeugen ist ihr Glaube untrennbar mit seiner Verkündigung verbunden. Eine rein passive Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft gibt es daher nicht. Die [[Wikipedia:Evangelisation|Evangelisation]] an Haustüren und öffentlichen Plätzen, die sie als Predigtdienst oder Predigtwerk (früher auch als „Felddienst“) bezeichnen, ist daher das Markenzeichen der Zeugen Jehovas.<ref>Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: ''Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' J.B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 709.</ref> Dabei hinterlassen sie bei Interesse kostenfrei Literatur oder bieten ein Bibelstudium an. Vor 1991 wurde die Literatur zum Selbstkostenpreis abgegeben. Pro Monat investiert ein durchschnittlich aktiver Zeuge Jehovas etwa 17&nbsp;Stunden seiner [[Freizeit]] in diese Tätigkeit.<ref>{{Literatur |Autor=Rodney Stark, Laurence Iannaccone |Titel=Why the Jehovah’s Witnesses Grow so Rapidly: A Theoretical Application |Sammelwerk=Journal of Contemporary Religion |Band=Band 12 |Nummer=2 |Datum=1997 |Seiten=136&nbsp;f. und 148 |Online=[http://www.theocraticlibrary.com/downloads/Why_Jehovah%27s_Witnesses_Grow_So_Rapidly.pdf theocraticlibrary.com] |Format=PDF |KBytes= |DOI=10.1080/13537909708580796}}</ref>


Seit 1943 betreiben sie ein weltweites Missionarswerk. Die Missionare werden hierfür in einer sogenannten „Gileadschule“ ausgebildet. Missionare setzen 130 bis 140&nbsp;Stunden im Monat für das Predigtwerk ein und werden dabei in Ländern eingesetzt, in denen die Zeugen Jehovas nicht so stark vertreten sind.
Da bei der weiblichen Meiose nur einer der vier Tochterkerne überlebt, resultiert hier aus einer nicht-zufälligen Segregation auch eine nicht-zufällige Transmission. Das Verhalten der Chromosomen bei der Meiose wirkt sich also darauf aus, welche Gene an potentielle Nachkommen weitergegeben werden. Beispiele dafür wurden bei vielen Lebewesen entdeckt und beschrieben, vor allem bei Pflanzen und bei Insekten, aber auch bei Säugetieren (einschließlich des Menschen) und bei Vögeln. Wie häufig derartige Nicht-Zufälligkeiten sind, ist kaum abzuschätzen, denn man findet sie nur durch gezielte Untersuchung von Einzelfällen. Aufgrund der weiten [[Taxonomie|taxonomischen]] Streuung der bekannten Beispiele ist aber davon auszugehen, dass die Voraussetzungen dafür allgemein gegeben sind.<ref>Fernando Pardo-Manuel de Villena und Carmen Sapienza: ''Nonrandom segregation during meiosis: the unfairness of females.'' In: Mammalian Genome '''12''', S. 331–339 (2001).</ref>


In jüngerer Vergangenheit bedient sich die WTG verstärkt der neuen Medien und bewirbt ihre Website jw.org in der Öffentlichkeit, auf der bibelerklärende Aufsätze, Video- und Audioinhalte in 788 Sprachen abrufbar sind. Weiter betreibt sie seit Oktober 2014 ein englischsprachiges Internet-Broadcast-Studio, welches im Mai 2015 vielsprachig ausgelegt wurde. Auch stellt sie kostenlose Software für mobile Geräte in verschiedenen Appstores zur Verfügung.
Bei der männlichen Meiose werden grundsätzlich alle vier Tochterkerne weitergegeben. Bekannte Gegenbeispiele sind die [[Gallmücken]] und die [[Trauermücken]], bei deren [[Spermatogenese]] nur zwei Spermien bzw. ein Spermium entsteht und diese Spermien nur die Chromosomen mütterlicher (maternaler) Herkunft enthalten, während die paternalen Chromosomen komplett eliminiert werden (siehe [[Gallmücken#Genetik]] und [[Trauermücken#Genetik]]). Sehr häufig ist im männlichen Geschlecht eine nicht-zufällige Transmission homologer Chromosomen, die nicht auf einer nicht-zufälligen Segregation bei der Meiose beruht, sondern erst nach der Meiose zum Tragen kommt, indem diejenigen Gameten, die das betreffende Chromosom nicht enthalten, in ihrer Entwicklung gestört sind (siehe [[Meiotic Drive]], Stichwort „genischer Drive“).


=== Behandlung von Verstößen gegen Glaubensmaßstäbe ===
== Stillstand der weiblichen Meiose ==
Bei den Zeugen Jehovas wird die Exkommunikation als „Gemeinschaftsentzug“ bezeichnet und soll als [[Wikipedia:Meidung|Meidung]] praktiziert werden. Nach ihrer Ansicht belegen unter anderem die Bibelstellen {{B|1 Kor|5|11–13|ELB}} und {{B|2 Joh|1|8–11|ELB}}, dass der Gemeinschaftsentzug schon bei den [[Wikipedia:Urchristentum|Urchristen]] üblich war.
Die Prophase I, bei der die Paarung homologer Chromosomen und das Crossing-over stattfinden, dauert im Vergleich zur mitotischen Prophase ungewöhnlich lang.<ref>Lexikon der Biologie: [http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/meiose/41866 Meiose]</ref> Bei den meisten Tieren und auch beim Menschen ist sie darüber hinaus speziell im weiblichen Geschlecht noch weitaus stärker verzögert, weil sie – teils mehrfach – in einem bestimmten Stadium angehalten wird.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 105–108.</ref>


Kommt es bei Zeugen Jehovas ''zu ernsten ethischen Verfehlungen oder lehrmäßigen Abweichungen'', wird diesen seitens der Religionsgemeinschaft zunächst mit Ermahnungen begegnet. In den Fällen, in denen Uneinsichtigkeit vorliegt, wird ein Gemeinschaftsentzugsverfahren ''mit rechtlichem Gehör'' des Betroffenen durchgeführt, welches bei fehlender Reue zum Gemeinschaftsentzug führt. Gemäß Stark und Iannaccone kommt dies selten vor, da Zeugen Jehovas, die den Anforderungen nicht genügen, die Gemeinschaft von selbst verlassen.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]], Renate-Maria Besier |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft. Eine ‚vor-moderne‘ religiöse Gemeinschaft in der ‚modernen‘ Gesellschaft? – Gutachtliche Stellungnahme |Datum=1998 |Seiten=8 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/fileadmin/user_upload/Recht/Anerkennungsverfahren/1998-12-22.pdf jehovaszeugen.de] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2014-09-21}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Rodney Stark, Laurence Iannaccone |Titel=Why the Jehovah’s Witnesses Grow so Rapidly: A Theoretical Application |Sammelwerk=Journal of Contemporary Religion |Band=Band 12 |Nummer=2 |Datum=1997 |Seiten=136 |Online=[http://www.theocraticlibrary.com/downloads/Why_Jehovah%27s_Witnesses_Grow_So_Rapidly.pdf theocraticlibrary.com] |Format=PDF |KBytes= |DOI=10.1080/13537909708580796}}</ref>
Bei Säugetieren (und so auch beim Menschen) beginnt die weibliche Meiose zumeist schon in einem frühen Entwicklungsstadium der [[Eierstock|Eierstöcke]] (beim Menschen kurz nach der Geburt). Sie wird dann jedoch schon in der Prophase I angehalten, und zwar im Diplotän. (Dieses Ruhestadium wird auch als [[Diktyotän]] bezeichnet.) Erst nach der [[Geschlechtsreife]] wird die Meiose jeweils in derjenigen Oocyte (Eimutterzelle) fortgesetzt, die anschließend beim [[Eisprung]] als [[Eizelle]] in den [[Eileiter]] gelangt und dort befruchtet werden kann. In der Metaphase II kommt es aber erneut zu einem Stillstand, und erst die Befruchtung durch ein Spermium löst die Fortsetzung und den Abschluss der Meiose aus.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 105–107.</ref>


Gemeinschaftsentzug bedeutet in der Praxis, dass soziale Kontakte mit dem Ausgeschlossenen nicht mehr gestattet sind. Eine Ausnahme bilden im selben Haushalt lebende enge Familienangehörige. In der Literatur wird auf die Verpflichtung hingewiesen, weiterhin für einen im selben Haushalt lebenden Angehörigen zu sorgen, auch wenn er ausgeschlossen sei. Allerdings solle keine „geistige Gemeinschaft“ im Sinne von gemeinsamer Anbetung mehr mit ihm gepflegt werden.<ref name="Verwandte" /><ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e. V |Titel=Sich nicht aus der Bahn werfen lassen, wenn sich ein Kind von Jehova abwendet |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=2007-01-15 |Seiten=20}}</ref> Sollte der ausgeschlossene Angehörige nicht im selben Haushalt leben, wird empfohlen, den Kontakt auf das Nötigste zu beschränken, es soll auch nicht nach Vorwänden gesucht werden, mit diesem in Kontakt zu treten.<ref name="Verwandte" />
Auch bei [[Amphibien]] ist die weibliche Meiose im Diplotän unterbrochen. Dabei verdichten sich die Chromosomen und nehmen eine charakteristische „[[Lampenbürstenchromosom|Lampenbürsten]]“-Gestalt an, indem sich zahlreiche Schleifen bilden. Diese Schleifen zeichnen sich durch eine intensive [[Genexpression|Genaktivität]] ([[Transkription (Biologie)|Transkription]]) aus (was ansonsten in der Prophase nicht der Fall ist). In dieser Phase reichern die Oocyten große Mengen an Substanzen an, die dann nach der Befruchtung eine sehr schnelle Entwicklung des Embryos ermöglichen: Durch eine Reihe schnell ablaufender und rasch aufeinanderfolgender Kern- und Zellteilungen können innerhalb von nur acht Stunden etwa 4000 Zellen entstehen.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 107f.</ref>


Opfer sexuellen Missbrauchs stehen damit vor der unmöglichen Entscheidung, in der Organisation zu bleiben, die den Täter schützt, um ihr soziales und familiäres Netzwerk zu erhalten, oder die Organisation zu verlassen und damit das komplette soziale Umfeld zu verlieren. <ref>{{Literatur |Autor=Royal Commission into Institutional Responses to Child Sexual Abuse |Titel=REPORT OF CASE STUDY NO. 29 |Datum=October 2016 |Seiten=71}}</ref>
Dass die Meiose – wie bei den Säugetieren – in der Metaphase anhält und erst durch die Befruchtung wieder aktiviert wird, ist auch im übrigen Tierreich der Normalfall. Das Ruhestadium ist bei Wirbeltieren die Metaphase II, bei Wirbellosen dagegen die Metaphase I. Nur bei [[Weichtiere]]n und [[Stachelhäuter]]n (zu denen das beliebte Beispiel des [[Seeigel]]s gehört) wird die Meiose schon vor der Befruchtung abgeschlossen. Bei allen anderen Wirbellosen findet die Segregation der homologen Chromosomen (mütterlicher und väterlicher Herkunft) also erst nach dem Eindringen des Spermiums statt, und auch bei Wirbeltieren sind infolge des Crossing-overs homologe Chromosomen-''Abschnitte'' zum Teil noch nicht voneinander getrennt.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 108.</ref>


Ausgeschlossene können die Zusammenkünfte ohne aktive Beteiligung am Versammlungsgeschehen besuchen. Sie haben die Möglichkeit, durch schriftlichen Antrag wieder in die Gemeinschaft zurückzukehren, falls sie das gerügte Verhalten nicht mehr zeigen. Etwa ein Drittel soll von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Besier und Renate-Maria Besier |Hrsg=Gerhard Besier und Erwin Scheuch |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft: Eine „vormoderne“ religiöse Gemeinschaft in der „modernen“ Gesellschaft? Gutachtliche Stellungnahme |Sammelwerk=Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid |Band=Band 2 |Verlag=Edition Interfrom |Ort=Zürich |Datum=1999 |ISBN=978-3-7201-5278-5 |Seiten=112}}</ref> Die Rückkehr ist auch nach schwersten Vergehungen möglich, selbst wenn diese von staatlichen Gerichten als Verbrechen verurteilt wurden. Nach der Wiederaufnahme kann ein Rückkehrer normal am Versammlungsgeschehen teilnehmen.
Im Pflanzenreich wurde etwas Vergleichbares bei einem [[Knabenkräuter|Knabenkraut]] (einer [[Orchideen|Orchidee]]) beschrieben: Da verharrt die Eizelle im Leptotän, und die Fortsetzung der Meiose wird durch die [[Bestäubung]] ausgelöst.<ref>Bernard John: ''Meiosis''. Cambridge University Press, 1990, S. 108f.</ref>


Da mit dem Verlassen der Gemeinschaft der Verlust des sozialen und familiären Umfelds verbunden ist, kommt die [[Pädagoge|Erziehungswissenschaftlerin]] Sarah Ruth Pohl nach Analyse der Innen- und Außendarstellung der Zeugen Jehovas in ihrer Studie zu dem Schluss, dass sowohl für Eltern als auch Jugendliche innerhalb des geschlossenen religiösen Systems der Zeugen Jehovas keine „echte Religionsfreiheit“ bestehe. Eine Entscheidungsfreiheit der Jugendlichen sei nicht gewollt.<ref>{{Literatur |Autor=Sarah Ruth Pohl |Titel=Externe und interne Beobachtungen und Aussagen zur Erziehung in einem geschlossenen religiösen System am Beispiel der Zeugen Jehovas |Datum= |Seiten=341, 437, 438}}</ref>
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Meiose}}


=== Verhältnis zum Staat ===
== Literatur ==
Zeugen Jehovas betrachten die staatlichen Organe als von Gott geduldet und mit [[Autorität]] ausgestattet (''vgl.'' {{B|Röm|13|1–7|ELB}}). Daher halten sie sich an die staatlichen [[Gesetz]]e, solange diese nicht eine Handlung fordern, die nach ihrem Bibelverständnis nicht im Einklang mit Gottes Geboten ist (''vgl.'' {{B|Apg|5|29|ELB}}). Zum Beispiel weigern sie sich, [[Wehrdienst|Militärdienst]] zu leisten (→&nbsp;[[Kriegsdienstverweigerung der Zeugen Jehovas]]).
;Allgemein
 
* Bernard John, Jonathan B.L. Bard, Peter W. Barlow: ''Meiosis'', Cambridge University Press, 2006
{{B|Joh|17|16|ELB}} sehen sie als Aufforderung, sich politisch neutral zu verhalten, daher beteiligen sie sich nicht an politischen Aktivitäten wie zum Beispiel Demonstrationen, Wahlen oder Revolutionen und nehmen keine politischen Ämter ein. Darüber hinaus lehnen sie alle Handlungen ab, die ihrer Meinung nach einer Verehrung des Staates oder seiner Repräsentanten gleichkommen ([[Fahnengruß]], Singen der [[Nationalhymne]] etc.).
 
=== Ausbildung und Beruf ===
Die Literatur der Zeugen Jehovas weist auf die Widersprüche und Interessenkonflikte hin, welche zwischen einer Hochschulausbildung und dem Leben als Zeuge Jehovas bestehen können. In den Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas wird vor dem vermeintlich unmoralischen Lebenswandel vieler Studenten gewarnt, mit der Begründung, dass sich viele Hochschulen seit den 60er Jahren zu Brutstätten der Gesetzlosigkeit und der Unmoral entwickelt hätten.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Bildung, die einem bestimmten Zweck dient |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=1992-11-01 |Seiten=20 Abs.&nbsp;18}}</ref> Gemäß einer Empfehlung des monatlich erscheinenden internen Mitteilungsblattes ''Unser Königreichsdienst'' vom April 1999 wird angeraten, dass Bildungsfragen mit den Eltern, den Versammlungsältesten, dem Kreisaufseher oder mit erfolgreichen Pionieren besprochen werden sollten. Die letzte Entscheidung über die berufliche Zukunft ist jedoch dem Einzelnen überlassen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Fragen junger Leute |Datum=1989 |Seiten=179}}</ref> Bei allen Überlegungen solle das Bestreben im Vordergrund stehen, Jehova in größtmöglichem Umfang durch das christliche Predigtwerk zu dienen. Aus diesen Gründen entscheiden sich viele Zeugen Jehovas gegen eine Hochschulausbildung.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Fragen junger Leute – Praktische Antworten |Datum=1989 |Seiten=178}}</ref>
 
=== Ehe und Familie ===
Die Ehe wird als heilig angesehen. Scheiden lassen darf man sich nur wegen Ehebruchs. Ob ein Ehepaar sich scheiden lässt oder trennt, entscheiden die Partner nach ihrem Gewissen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Fragen von Lesern – Wie ernst sollten Christen eine Verlobung nehmen? |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=1999-08-15 |Seiten=31}}</ref><ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V. |Titel=Wenn der Ehefrieden in Gefahr ist |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=1988-11-01 |Seiten=31}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.watchtower.org/x/20040508a/article_01.htm |titel=Warum wird die Ehe als heilig angesehen? |werk=Offizielle Website der Zeugen Jehovas |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |datum=2004-05-08 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20120202083502/http://www.watchtower.org/x/20040508a/article_01.htm |archiv-datum=2012-02-02 |zugriff=2009-08-02}}</ref> Die Literatur der Zeugen Jehovas weist darauf hin, dass der Mann das Oberhaupt der Familie ist und sich die Frau ihm unterzuordnen hat. Diese Lehre wird unter anderem mit {{B|1 Kor|11|3|ELB}} begründet.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.watchtower.org/x/20070115/article_02.htm |titel=Mann und Frau: Eine würdige Rolle für beide |werk=Offizielle Website der Zeugen Jehovas |hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |datum=2007-01-15 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20120119105705/http://www.watchtower.org/x/20070115/article_02.htm |archiv-datum=2012-01-19 |zugriff=2009-08-02}}</ref> Nach demselben Prinzip sollen sich Kinder ihren Eltern unterordnen. [[Vorehelicher Geschlechtsverkehr]], [[Polygamie]], das [[Eheähnliche Gemeinschaft|Zusammenleben ohne Trauschein]] und die Ausübung von [[Homosexualität|homosexuellen Handlungen]] gelten als Sünden und können zum Gemeinschaftsentzug führen. Von Eheschließungen mit Personen, die keine Zeugen Jehovas sind, wird abgeraten.
 
== Organisation ==
[[Datei:Watchtower.svg|mini|Logo der Wachtturm-Gesellschaft]]
 
=== Geistliche Leitung ===
Als geistliche Leitungsinstanz fungiert die sogenannte „leitende Körperschaft“, ein Gremium bestehend aus derzeit acht Männern, das in der New Yorker Weltzentrale tagt. Gemäß ihrer Auffassung wurde der „treue und verständige Sklave“ 1919 eingesetzt. <ref name="Leitende Körperschaft">{{Literatur |Hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |Titel=„Wer ist in Wirklichkeit der treue und verständige Sklave?“ |Sammelwerk=[[Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich]] |Band=Vol. 134 |Nummer=14 |Verlag=[[Wachtturm-Gesellschaft|Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania]] |Ort=[[Selters (Taunus)]] |Datum=2013-07-15 |ISSN=2325-5838 |Seiten=26 |Fundstelle=Abs. 6, 11, 12 |Originaltitel=The Watchtower Announcing Jehovah’s Kingdom |Originalsprache=en |Originaljahr=2013 |Originalort=[[Brooklyn]] |Übersetzer=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |OrtEA=[[Pittsburgh]] |JahrEA=1879 |Online=[https://download-a.akamaihd.net/files/media_magazines/7a/w_X_20130715.pdf „Wer ist in Wirklichkeit der treue und verständige Sklave?“] |Format=PDF |KBytes=4506 |Abruf=2016-07-23 |Umfang=32}}</ref> Hierarchisch sind darunter die Zweige unter Aufsicht von Zweigkomitees,  die Kreise unter Aufsicht der Kreisaufseher und als lokale Einheiten die Versammlungen angeordnet. Die Zweige sind in Zonen aufgeteilt, die von temporär ernannten Zonenaufsehern besucht werden.
 
Die Mitglieder der leitenden Körperschaft bilden in unterschiedlicher Zusammensetzung sechs Komitees<ref>Wachtturm 15. Mai 2008, S. 29.</ref>:
 
# Das ''Personalkomitee'' ist zuständig für die Mitarbeiter im Hauptbüro und in den Zweigbüros.
# Das ''Verlagskomitee'' kümmert sich um den Druck und Versand von Literatur sowie um finanzielle und juristische Belange der rechtlichen Körperschaften.
# Das ''Dienstkomitee'' koordiniert die weltweite [[Evangelisierung]] und andere Angelegenheiten in Verbindung mit den Versammlungen, Pionieren, Ältesten und reisenden Aufsehern.
# Das ''Lehrkomitee'' entscheidet, welche geistliche Belehrung bei Kongressen und in den Zusammenkünften der Versammlungen dargeboten wird, und betreut die Pionierschule und andere Bibelschulen.
# Das ''Schreibkomitee'' beaufsichtigt das Verfassen von Druckschriften und die Übersetzungstätigkeit und beantwortet Lehrfragen.
# Das ''Komitee der Koordinatoren'', dem jeweils ein Vertreter der anderen Komitees angehört, koordiniert die Arbeit der verschiedenen Komitees und kümmert sich um dringende Angelegenheiten, wie etwa Hilfeleistung bei Katastrophenfällen.
 
Mitteilungen der Zentrale in Brooklyn werden an die Zweigkomitees gesandt und im Bedarfsfall von dort an die einzelnen örtlichen Versammlungen weitergeleitet. Allgemeines Zentralorgan ist die Zeitschrift ''[[Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich|Der Wachtturm]]''. Interne Mitteilungen für den Bereich des Missionswerks werden durch das monatlich erscheinende Mitteilungsblatt ''Unser Leben und Dienst als Christ - Arbeitsheft'' an getaufte Zeugen Jehovas ausgegeben.
 
=== Zweigniederlassungen – Rechtliche Organisation und Aufgaben ===
[[Datei:Jehovaszeugen-bethelselters-rota1995.jpg|mini|Druckmaschine im deutschen Zweigbüro in Selters/Taunus]]
Weltweit gibt es 89 Zweige, in denen Literatur in die jeweiligen Sprachen übersetzt und verschickt wird. In einigen Zweigen (wie beispielsweise in Deutschland, England, Finnland und Italien) wird auch gedruckt. Die Hauptaufgabe der Zweige ist die Organisation der Predigttätigkeit, an der sich ein Großteil der Mitglieder beteiligt. Die dazu nötige Einteilung des Gebietes, die Klärung rechtlicher Fragen und die Schaffung von Zusammenkunftsstätten sind einige weitere Aufgaben der Zweige. Die Organisationen sind nicht auf die Erzielung kommerziellen Gewinns ausgelegt. Den Zweigen steht ein Zweigkomitee vor. Eine Unterabteilung des Zweigkomitees ist die Dienstabteilung, die als Vertreter der leitenden Körperschaft im Land betrachtet wird. Sie hat dieselben Aufgaben wie das Dienstkomitee, jedoch national begrenzt. Die Dienstabteilung ist unter anderem für Berichte der Kreisaufseher zuständig, die er nach der Besuchswoche verfasst. Des Weiteren ist die Dienstabteilung für die Rechtsfälle in den Versammlungen zuständig, was bedeutet, dass das lokale Rechtskomitee mit dem Dienstkomitee zusammenarbeitet. Normalerweise wird nach einem Rechtsfall nur ein Bericht geschrieben. Stellt sich heraus, dass der Fall mit Kindesmissbrauch in Verbindung steht, wird die Dienstabteilung sofort informiert.
 
Die Zeugen Jehovas bedienen sich weltweit verschiedener rechtlicher Werkzeuge (Organisationen), deren Struktur (Vorstand oder Ähnliches) jedoch nicht mit der geistlichen Struktur ihrer Religionsgemeinschaft identisch ist. In Deutschland ist dies die ''Wachtturm-, Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V.'' (kurz [[Wachtturm-Gesellschaft]]), deren Verwaltungszentrum sich in der Gemeinde [[Selters (Taunus)|Selters]] im [[Taunus]] befindet. Der Sitz der Zeugen Jehovas in Deutschland ([[Körperschaftsstatus|KdÖR]]) befindet sich in [[Berlin]] und wird ''„Jehovas Zeugen in Deutschland, KdÖR“'' genannt. Diese Körperschaft ist das ausführende Organ in Deutschland, das sich der Wachtturm-Gesellschaft bedient, um die Gemeinden zu betreuen. Jeder getaufte Zeuge Jehovas mit deutschem Wohnsitz, der einer Gemeinde angeschlossen ist, ist durch die Taufe automatisch Mitglied der KdÖR.<ref name="Statut" /> In Österreich haben die Zeugen Jehovas seit 2009 den Status einer [[Anerkannte Religionsgemeinschaften in Österreich#Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften|gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft]].<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bmukk.gv.at/ministerium/vp/pm/20090507.xml |titel=Jehovas Zeugen werden zur staatlich anerkannten Religionsgesellschaft |werk=bmukk.gv.at |hrsg=Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur |datum=2009-05-08 |zugriff=2009-06-29}}</ref> Das Verwaltungszentrum von „Jehovas Zeugen in Österreich“ befindet sich im [[Hietzing|13. Wiener Gemeindebezirk]]. Die „Vereinigung Jehovas Zeugen der Schweiz“ hat ihren Hauptsitz in [[Thun]].
 
Eine Teilgliederung der Wachtturm-Gesellschaft ist der ''„Orden der Sondervollzeitdiener der Zeugen Jehovas“''. Er hat das Ziel, für Sondervollzeitdiener wie Sonderpioniere, Reisende Aufseher, Missionare oder Bethelmitarbeiter zu sorgen. Durch diesen Orden wird gewährleistet, dass alle Sondervollzeitdiener weltweit den gleichen Status genießen, da sie in gemeinsamer Lebensführung apostolische Aufgaben übernehmen. Die Ordensmitglieder erhalten ein geringes Entgelt zur Deckung von Unkosten. Der Orden selbst verfügt über keine eigenen Mittel.<ref>{{Literatur |Titel=Statut StRG 1 |Sammelwerk=Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland |Datum=2009-05-27 |Seiten=5 |Fundstelle=§ 9 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/uploads/media/Statut_.pdf Statut] |Format=PDF |KBytes=}}</ref>
 
In Deutschland ist der rechtliche Träger des Ordens die Wachtturm-Gesellschaft. Alle Ordensmitglieder unterliegen dem Gehorsams- und Armuts[[gelübde]], das unter anderem die Erwerbstätigkeit ausschließt. Der Orden ist als eine [[geistliche Genossenschaft]]<ref>{{Rspr|B 12 AL 1/08 R}}</ref> zu sehen und daher [[Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung#Wer fällt nicht unter die Versicherungspflicht?|nicht sozialversicherungspflichtig]]. Die Mitglieder des Ordens werden [[Krankenversicherung in Deutschland|krankenversichert]], und am Ende der Dienstzeit wird die [[Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)|Rentenversicherung]] für den Dienstzeitraum nachgezahlt. Arbeitslosengelder werden nicht eingezahlt. Sollte ein Ordensmitglied im Laufe seines Dienstes alt werden, so trägt der Orden die Fürsorge für ihn.
 
=== Gemeinden ===
Die Gemeinden werden ''[[Ekklesiologie|Versammlungen]]'' genannt und von einer „Ältestenschaft“ geleitet und vertreten.<ref>{{Literatur |Titel=Statut StRG 1 |Sammelwerk=Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland |Datum=2009-05-27 |Seiten=5 |Fundstelle=§ 8 |Online=[http://www.jehovaszeugen.de/uploads/media/Statut_.pdf Statut]}}</ref> Eine Ältestenschaft besteht aus „[[Presbyter|Ältesten]]“, die vom Zweigbüro ernannt wurden. Das Zweigbüro kann zur Unterstützung der Ältestenschaft sogenannte „Dienstamtgehilfen“ ernennen.<ref>{{Literatur |Titel=Versammlungsordnung (VersO) |Sammelwerk=Amtsblatt von Jehovas Zeugen in Deutschland |Datum=2009-05-27 |Seiten=2 |Fundstelle=§ 3 Abs.&nbsp;3 u. 4 |Online={{Webarchiv | url=http://www.jehovaszeugen.de/uploads/media/Versammlungsordnung_01.pdf | wayback=20120831185151 | text=jehovaszeugen.de}} |Format=PDF |KBytes=}}</ref> Nach ihrer Auslegung der Bibeltexte {{B|1 Tim|2|11–12|ELB}} und {{BB|1 Tim|3|1–13|ELB}} können ausschließlich Männer Älteste und Dienstamtgehilfen werden.
 
=== Immobilien ===
Die Versammlungsstätten ''(Königreichssäle, Kongresssäle)'' und [[Zweigniederlassung]]en mit Druckereigebäuden werden überwiegend von den Mitgliedern selbst erbaut. Um regionale Unterschiede auszugleichen und erheblichem Bedarf an Neubauten und Instandhaltungsarbeiten gewachsen zu sein, wurden ein nationales und ein internationales Bauprogramm gegründet. In diesem Bauprogramm arbeiten ebenfalls nur Freiwillige aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Die dadurch vorhandene Infrastruktur wird auch genutzt, um Wiederaufbauarbeit in Katastrophengebieten zu leisten (in Deutschland geschah das zum Beispiel bei den Hochwasserkatastrophen an der Elbe). Katastrophenbetreuung wird durch den eingetragenen Verein ''„Humanitäres Hilfswerk der Zeugen Jehovas e.&nbsp;V.“'' koordiniert. Finanziert werden die Bauprogramme durch freiwillige Spenden und Darlehen. Die Verwaltung der Königreichssäle liegt in Deutschland grundsätzlich bei einer der Versammlungen, die den Saal benutzen.<ref name="Statut" />
 
== Geschichte ==
{{Hauptartikel|Geschichte der Zeugen Jehovas}}
[[Datei:Russell Charles Taze 1911.jpg|mini|Charles Taze Russell]]
Der Ursprung der Zeugen Jehovas findet sich in der Gruppe um [[Charles Taze Russell]], der als [[Presbyterianische Kirchen|Presbyterianer]] erzogen wurde und Mitglied der [[Kongregationalismus|Kongregationalistenkirche]] und des späteren Bibellesekreises war.<ref>{{Literatur |Autor=George D. Chryssides |Titel=Exploring New Religions: The Jehovah’s Witnesses |Verlag=Continuum International Publishing Group |Datum=2001 |ISBN=978-0-8264-5959-6 |Seiten=94 |Kommentar=englisch}}</ref>
 
Enttäuscht von den Lehren seiner Kirche, begann Charles Taze Russell 1869 ein intensives [[Bibelstudium|Studium der Bibel]]. Er verstand nicht, wie ein [[Gott]] der Liebe eine ewige Qual für [[Sünde]]r anordnen könne. Im Jahre 1870 gründete er mit Bekannten einen Kreis zur Erforschung der [[Bibel]].
 
Im Jahr 1876 erhielt Russell eine Ausgabe der Zeitschrift ''[[The Herald of the Morning|Herald of the Morning]]'', die von dem [[Adventisten]] [[Nelson&nbsp;Homer&nbsp;Barbour]] in [[Rochester (New York)|Rochester]] herausgegeben worden war. Barbour überzeugte Russell davon, dass die „unsichtbare Wiederkunft Christi“ bereits 1874 stattgefunden habe. Russell unterstützte die Zeitschrift finanziell und als redaktioneller Mitherausgeber.
 
Barbour und Russell arbeiteten zusammen, bis es zu einem Zerwürfnis über den Wert des Loskaufsopfers kam. Russell gründete eine eigene Zeitschrift, ''Zion’s Watch Tower and Herald of Christ’s Presence'', die ab Juli 1879 mit einer Startauflage von 6000 Exemplaren erschien und bis heute als ''[[Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich]]'' erscheint.
 
Im Februar 1881 wurde die ''[[Wachtturm-Gesellschaft|Zion’s Watch Tower Tract Society]]'' unter der Leitung von [[William Henry Conley|William&nbsp;H.&nbsp;Conley]] zusammen mit Joseph&nbsp;Russell und Charles&nbsp;T.&nbsp;Russell gegründet. Dabei spendete William&nbsp;H.&nbsp;Conley $&nbsp;3.500 (70 %) des Gründungskapitals von $&nbsp;5.000, Joseph&nbsp;Russell spendete $&nbsp;1.000 (20 %) und Charles&nbsp;T.&nbsp;Russell $&nbsp;500 (10 %). Als sich Charles T. Russell gegen Ende des Jahres 1882 immer mehr dem Thema der Zeitprophezeiungen widmete, entschied Conley, dass er Russells Entwürfe nicht mehr durch große Geldbeträge unterstützen würde. Die Zion’s Watch Tower Tract Society wurde 1884 nach den Gesetzen des Staates [[Pennsylvania]] als Körperschaft eingetragen, und Russell übernahm die Leitung.
 
Als Russell im Wachtturm lehrte, dass der [[Bund (Bibel)#Bund im Neuen Testament|Neue Bund]] ausschließlich ins kommende Zeitalter gehöre, spalteten sich die [[Freie Bibelforscher|Freien Bibelforscher]] 1909 von Russells Organisation ab, da sie darin ein Abweichen von der biblischen Lehre sahen.<ref>{{Literatur |Autor=Charles T. Russell |Titel=The Mediator of the New Covenant |Sammelwerk=Zion’s Watch Tower |Datum=1907-01-01 |Seiten=9 f}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Charles T. Russell |Titel=Der Mittler des Neuen Bundes |Sammelwerk=Zions Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi |Datum=1907-07-01 |Seiten=114 f}}</ref>
 
[[Datei:Joseph Franklin Rutherford.jpg|mini|Joseph Franklin Rutherford (1869–1942)]]
 
Als Russell auf der Heimfahrt von einer Vortragsreise in einem Zug verstorben war, folgte ihm am 6.&nbsp;Januar&nbsp;1917 [[Joseph&nbsp;Franklin&nbsp;Rutherford]] als Präsident der Watch&nbsp;Tower&nbsp;Society nach.<ref>{{Literatur |Autor=[[Detlef Garbe]] |Titel=Zwischen Widerstand und Martyrium |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Datum=1999 |ISBN=978-3-486-56404-4 |Seiten=36}}; vgl. {{Literatur |Autor=[[Jonathan Wright (Historiker, 1969)|Jonathan A. Wright]] |Titel=Shapers of the great debate on the freedom of religion |Verlag=Greenwood Publishing Group |Datum=2005 |ISBN=978-0-313-31889-4 |Seiten=184 |Kommentar=englisch}}</ref> Rutherford organisierte die Bewegung zentralistisch und entdemokratisierte die Entscheidungswege.<ref name="TRE" /> Dies führte zu einer weiteren Abspaltung, aus der die [[Ernste Bibelforscher|Ernsten Bibelforscher]] und die [[Laien-Heim-Missionsbewegung]] entstanden.
 
Die Annahme des Namens ''Jehovas&nbsp;Zeugen'' im Jahr&nbsp;1931 diente der Abgrenzung gegenüber den anderen Bibelforschern und befriedigte den Wunsch der „Wachtturm-Gesellschaftsanhänger“, eine biblische Basis für die Benennung ihrer Gemeinschaft zu finden. Begründet und in der publizierten Literatur thematisiert (unter anderen in Rutherfords Buch „Jehova“) wurde dies [[Biblische Exegese|exegetisch]] mit dem Hinweis auf {{B|Jes|43|10–12|ELB}}: „ihr seid meine Zeugen, ist der Ausspruch Jehovas“ (gem. [[Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift|NWÜ]]). Heute erinnert an die alte Bezeichnung nur noch der Titel „International Bible Students Association“ (Kurzform „IBSA“) der britischen Körperschaft.
 
Nach Rutherfords Tod 1942 übernahm [[Nathan&nbsp;Homer&nbsp;Knorr]] das Amt des Präsidenten der Muttergesellschaften. Unter ihm erfolgte die Gründung einiger [[wikt:education|edukativer]] Einrichtungen für die weltweite Mission. 1946 initiierte er die Arbeiten an der [[Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift|Neuen-Welt-Übersetzung]], die seit ihrer Herausgabe 1961 von Zeugen Jehovas bevorzugt verwendet wird.<ref>{{Literatur |Autor=James A. Beckford |Titel=The Trumpet of Prophecy |Ort=Oxford |Datum=1975 |Seiten=47–52}}</ref> Unter seiner Amtszeit wurden auch die ersten Schritte unternommen, die geistliche Leitung der Zeugen Jehovas von der administrativen Leitung der verschiedenen Organisationen zu trennen, was seinen Abschluss im Jahre 2000 fand, als die letzten Glieder der „leitenden Körperschaft“ der Zeugen Jehovas ihre Ämter in der Wachtturmgesellschaft aufgaben.<ref>{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft der Zeugen Jehovas e. V |Titel=Eine besondere Bekanntmachung |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=2001-01-15 |Seiten=31}}</ref> Nachdem Knorr am 8. Juni 1977 einem Gehirntumor erlegen war, übernahm erst [[Frederick William Franz|Frederick Franz]] (1977–1992), dann [[Milton George Henschel|Milton Henschel]] (1992–2000) und seit 2000{{Zukunft}} [[Don Alden Adams|Don A. Adams]] das Amt des Präsidenten. Im Unterschied zu seinen Vorgängern ist Adams kein Mitglied der „Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas“ und hat somit keine religiöse Leitungs-, sondern eine reine Verwaltungsfunktion.
 
=== Zeugen Jehovas in Deutschland ===
Das Zentralorgan ''Der Wachtturm'' erschien erstmals 1897 in deutscher Sprache. In Deutschland gab es seit 1903 mit Eröffnung eines Büros in [[Elberfeld]] (heute [[Wuppertal]]) eine erste organisatorische Einrichtung der Religionsgemeinschaft. 1908 wurde durch Russell dort ein Zweigbüro der Wachtturm-Gesellschaft als Zentrale eröffnet. 1921 erhielt die Gemeinschaft die offizielle Rechtsfähigkeit und 1922 die förmliche Gemeinnützigkeit zugesprochen. 1923 wurde das Zweigbüro nach [[Magdeburg]] verlegt. 1926 wurde die Gemeinschaft als ''Internationale Bibelforscher-Vereinigung, Deutscher Zweig'' im [[Vereinsregister]] des Amtsgerichts Magdeburg eingetragen.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Noss, Erich Geldbach |Titel=Zeugen Jehovas |Sammelwerk=Vielfalt und Wandel: Lexikon der Religionsgemeinschaften im Ruhrgebiet |Verlag=Klartext-Verlagsges. |Datum=2009 |ISBN=978-3-89861-817-5 |Seiten=400}}</ref>
 
[[Datei:Purple Triangle.JPG|mini|[[Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern|KZ-Kennzeichnung]] „Bibelforscher“]] In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurden die Zeugen Jehovas unter anderem wegen ihrer konsequenten Weigerung, Kriegsdienst zu leisten, den [[Hitlergruß]] zu entbieten oder in anderer Weise am [[Personenkult|Führerkult]] teilzunehmen, verfolgt. Sie wurden in [[Konzentrationslager]] eingesperrt und kamen teilweise darin um. Zahlreiche Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die sich weiterhin aktiv missionarisch und antimilitaristisch betätigten, wurden hingerichtet. Beispielsweise wurde die [[Herne]]r Krankenschwester [[Helene Gotthold]] unter anderem wegen „[[Wehrkraftzersetzung]]“ Ende 1944 in [[Gedenkstätte Plötzensee|Berlin-Plötzensee]] [[Enthauptung|enthauptet]].
Ausführlicher unter [[Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus]]
 
1946 wurde ein zusätzliches Büro in der amerikanischen Zone in [[Wiesbaden]]-Dotzheim eröffnet. In den 1980er Jahren erfolgte die Umsiedlung nach Selters mit der Errichtung eines neuen Verwaltungs- und Druckzentrums mit Bedeutung für den europäischen Raum.
 
In der DDR erhielten die Zeugen Jehovas zunächst eine Zulassung zur „gottesdienstlichen Betätigung“. Im August 1950 wurde ihnen unterstellt, dass ihre Vereinigung „[[Kriegs- und Boykotthetze|Boykotthetze]]“ gegen demokratische Einrichtungen betreibe und dass ihre Mitglieder „Spione“ einer [[Imperialismus|imperialistischen]] Macht seien. Sie wurden daraufhin verboten, und das Büro in Magdeburg musste geschlossen werden. In einem [[Schauprozess]]<ref>{{Literatur |Autor=Deutschland (Demokratische Republik). Oberstes Gericht |Titel=Annotationen zu den Zeugen Jehovas – Aus der Urteilsbegründung im Zeugen Jehovas-Prozess (1950) |Sammelwerk=Entscheidungen des obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik in Strafsachen |Band=1 |Verlag=Deutscher Zentralverlag |Ort=Berlin |Datum=1951 |Kommentar=Urteil des [[Oberstes Gericht der DDR|Obersten Gerichts der DDR]] vom 4.&nbsp;Oktober 1950, Aktenzeichen 1 Zst. (I) 3/50) |DNB=456443967}}</ref> am 3. und 4. Oktober 1950 wurden hohe [[Zuchthaus]]strafen verhängt.<ref>{{Literatur |Autor=Rudi Beckert |Titel=Die erste und letzte Instanz. Schau- und Geheimprozesse vor dem Obersten Gericht der DDR |Verlag=Keip Verlag |Datum=2000 |ISBN=978-3-8051-0243-8 |Seiten=223ff}}</ref> Insgesamt kamen bis zum Ende der DDR-Zeit über 5000 Zeugen Jehovas in Justizvollzugsanstalten und Haftarbeitslager. Es starben 60 inhaftierte Zeugen Jehovas infolge Misshandlung, Unterernährung, Krankheit oder hohen Alters. Ein Teil der Betroffenen (etwa 325) waren „Doppeltverfolgte“, die bereits im [[Nationalsozialismus]] in Konzentrationslagern oder Gefängnissen eingesperrt waren.<ref>{{Literatur |Autor=Johannes S. Wrobel |Titel=Jehovah’s Witnesses in Germany. Prisoners during the Communist Era |Sammelwerk=Religion, State & Society |Band=34 |Nummer=2 |Datum=2006-08-19 |Seiten=170&nbsp;f. |DOI=10.1080/09637490600624824}}</ref><ref>Vgl. hierzu {{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]] |Hrsg=Clemens Vollnhals |Titel=Repression und Selbstbehauptung. Die Zeugen Jehovas unter der NS- und der SED-Diktatur |Sammelwerk=Zeitgeschichtliche Forschungen |Band=Band 21 |Verlag=Duncker&Humblot |Ort=Berlin |Datum=2003 |ISBN=978-3-428-10605-9 |Seiten=69–326}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Hans Hermann Dirksen |Titel=„Keine Gnade den Feinden unserer Republik“. Die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945–1990 |Sammelwerk=Zeitgeschichtliche Forschungen |Band=Band 10 |Verlag=Duncker&Humblot |Ort=Berlin |Datum=2001 |ISBN=978-3-428-11075-9}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Waldemar Hirch |Titel=Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas während der SED-Diktatur. Unter besonderer Berücksichtigung ihrer Observierung und Unterdrückung durch das Ministerium für Staatssicherheit |Sammelwerk=Europäische Hochschulschriften |Band=Band 980 |Verlag=Peter Lang |Ort=Frankfurt/Main |Datum=2003 |ISBN=978-3-631-51620-1}}</ref><ref>{{Literatur |Hrsg=Gabriele Yonan |Titel=Im Visier der Stasi. Jehovas Zeugen in der DDR. Edition Corona |Ort=Niedersteinbach |Datum=2000}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Gerald Hacke |Titel=Zeugen Jehovas in der DDR. Verfolgung und Verhalten einer religiösen Minderheit |Sammelwerk=Hannah-Arendt-Institut: Berichte und Studien |Nummer=24 |Ort=Dresden |Datum=2000 |ISBN=978-3-931648-26-8}}</ref> Einige Monate nach dem Fall der [[Berliner Mauer]] wurden die Zeugen Jehovas am 14. März 1990 in der DDR wieder staatlich anerkannt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jehovaszeugen.de/0/pdf/rec/ues/1990/1990-03-14-a.pdf |titel=Staatliche Anerkennung in der DDR |zugriff=2008-07-06 |format=PDF}}</ref>
 
Nach einem 15-jährigen Rechtsstreit wurde 2005 vom [[Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg|Oberverwaltungsgericht Berlin]] entschieden, dass die Zeugen Jehovas den Status einer [[Körperschaftsstatus|Körperschaft&nbsp;des&nbsp;öffentlichen&nbsp;Rechts]]&nbsp;(KdöR) in [[Berlin]] beanspruchen können.<ref>Verfahrensgang: VG Berlin (25. Oktober 1993, {{Rspr|27 A 214.93}}), OVG Berlin (14. Dezember 1995, {{Rspr|5 B 20.94}}), BVerwG (26. Juni 1997, {{Rspr|7 C 11.96}}), BVerfG (19. Dezember 2000, {{Rspr|2 BvR 1500/97}}), BVerwG (16. Mai 2001, {{Rspr|7 C 1.01}}), OVG Berlin (24. März 2005, {{Rspr|5 B 12.01}}), BVerwG (1. Februar 2006, {{Rspr|7 B 80.05}})</ref> Nachdem eine Nichtzulassungsbeschwerde beim [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgericht]] am 1.&nbsp;Februar 2006 abgelehnt worden war,<ref name="7 B 80.05" /> verlieh der [[Senat von Berlin|Berliner Senat]] ihnen am 13.&nbsp;Juni 2006 diesen Status.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.berlin.de/landespressestelle/archiv/2006/06/13/41992/index.html |titel=Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an die Religionsgemeinschaft „Jehovas Zeugen in Deutschland e.&nbsp;V.“ |hrsg=Senatskanzlei Berlin |datum=2006-06-13 |zugriff=2008-06-20}}</ref> Dem folgten mittlerweile alle [[Land (Deutschland)|Bundesländer]], zuletzt 2017 [[Nordrhein-Westfalen]].<ref>[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=16127&ver=8&val=16127&sg=0&menu=1&vd_back=N Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.) Ausgabe 2017 Nr. 5 vom 26.1.2017 Seite 209 bis 222]</ref><ref>[http://www.jehovaszeugen.de/Anerkennungsverfahren.65.0.html www.jehovaszeugen.de: Anerkennungsverfahren als Körperschaft öffentlichen Rechts]</ref>
 
Die Zeugen Jehovas sind heute in Deutschland in der Religionsgemeinschaft der „Zeugen Jehovas in Deutschland“ mit Sitz in [[Berlin-Köpenick]] öffentlich-rechtlich [[Korporation|korporiert]]. Diese ist rechtlich ein Zweig der ''Watchtower Bible and Tract Society of Pennsylvania'' mit Sitz in Brooklyn, New York City. Die [[Wachtturm-Gesellschaft]] in [[Selters (Taunus)|Selters im Taunus]] hat für die Religionsgemeinschaft die Funktion einer Verwaltungs- und Organisationseinrichtung.
 
Die Mitgliederzahl hat sich nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] nennenswert nach oben entwickelt. Im Jahre 1918 betrug die Zahl der Mitglieder ungefähr 5500, und sie wuchs in den folgenden Zwanziger- und Dreißigerjahren auf ungefähr 25.000 an. Mit Ausnahme der USA hatte zu der Zeit kein anderes Land so viele Mitglieder. Durch den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], die NS-Verfolgung und die [[Deutsche Teilung|Teilung Deutschlands]] ging die Zahl der Mitglieder zurück und stieg danach auf den heutigen Stand von 167.107 Mitgliedern (Stand 08/2011)<ref>[http://www.jehovaszeugen.de/Statistik.18.0.html jehovaszeugen.de]</ref> an  (zur Verbreitung siehe auch „[[#Mitgliederzahlen|Mitgliederzahlen]]“).
 
=== Zeugen Jehovas in Österreich ===
Die Zeugen Jehovas bezeichnen das Jahr 1911 als Beginn ihrer Präsenz in [[Österreich]], als Russell zu einem Vortrag nach [[Wien]] kam. Nachdem am 27. Oktober 1921 etwa 2000 Personen zu einer Veranstaltung erschienen waren, wurden regelmäßig Vorträge erst in Wien und ab Februar 1922 auch in anderen österreichischen Städten gehalten. Das erste ständige Büro der Zeugen Jehovas wurde 1923 eröffnet, Ende 1930 erfolgte eine behördliche Eintragung als „Verein zur Verbreitung der Bibel und bibelerklärender Literatur“. 1935 wurde dieser Verein behördlich aufgelöst und öffentliche Versammlungen verboten. Im Jahre 1938 gab es etwa 550 aktive Mitglieder. In den [[Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus|Jahren 1938–1945]] waren die Zeugen Jehovas wie in Deutschland der Verfolgung ausgesetzt, etwa ein Viertel kam in der Haft um oder wurde hingerichtet.
 
Im Jahre 1947 erfolgte die Eintragung der „Wachtturm-Gesellschaft“ als Verein. Im September 1978 stellten die Zeugen Jehovas einen Antrag auf Anerkennung als [[Glaubensgemeinschaft|Religionsgemeinschaft]]; der Antrag wurde allerdings vom zuständigen Ministerium jahrelang nicht bearbeitet. Am 10. Januar 1998 wurde das [[Bekenntnisgemeinschaftengesetz]] (BekGG) verabschiedet, woraufhin die Zeugen Jehovas am 20. Juli 1998 zumindest als "staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft" eingetragen wurden. Sie strebten jedoch weiterhin eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft an und legten am 27. Februar 1998 eine Beschwerde beim [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)]] ein. Dieser Beschwerde wurde stattgegeben und Österreich unter anderem mit der Begründung verurteilt, dass das Verhalten der österreichischen Regierung durch die Verschleppung des Verfahrens einen Eingriff in das Grundrecht auf Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit bedeutete und damit eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Zeugen Jehovas vorgenommen wurde.<ref name="Urteil EMGR" /><ref name="Newsletter" />
Schließlich erteilte das österreichische Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur den Zeugen Jehovas am 7. Mai 2009 die Anerkennung als Religionsgemeinschaft.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jehovas-zeugen.at/fileadmin/user_upload/02-Anerkennung/Anerkennung-link-file/19780925_Anerkennungsantrag_01.pdf |titel=Antrag Nr.&nbsp;1 auf gesetzliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft |hrsg=Jehovas Zeugen in Österreich |datum=1978-09-25 |zugriff=2012-07-19 |format=PDF; 934&nbsp;kB}}</ref><ref>{{BGBl|II Nr. 139/2009}}</ref>
Im Jahre 2008 bekannten sich 20.723 Personen als zugehörig, es gab 296 Versammlungen (Gemeinden) mit jeweils 50–120 Mitgliedern.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=55998 |titel=Religionen in Österreich |hrsg=Bundeskanzleramt Österreich |seiten=59 |zugriff=2012-11-20}}</ref>
 
=== Zeugen Jehovas in Russland ===
Die Religionsgemeinschaft wurde in der Sowjetunion verfolgt und erst 1991 anerkannt. Im Jahr 2017 existieren in [[Russland]] 395 Regionalverbände mit über 170.000 Mitgliedern. Die Religionsgemeinschaft gilt hier als Sekte, gegen die der russische Staat mehrere Klagen führte.<ref>[http://de.radiovaticana.va/news/2017/03/18/russland_zeugen_jehovas_sollen_verboten_werden/1299492 ''Russland: Zeugen Jehovas sollen verboten werden.''] [[Radio Vatikan]], 18. März 2017.</ref> Der [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäische Gerichtshof für Menschenrechte]] verurteilte Russland mehrfach zu Schadenersatzzahlungen wegen seines Vorgehens gegen die Zeugen Jehovas.<ref name="Zeit 20170420">[http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-04/russland-zeugen-jehovas-verbot-beschlagnahmung-besitz-extremismus ''Russland: Oberstes Gericht verbietet Zeugen Jehovas.''] [[Die Zeit]], 20. April 2017.</ref>
 
Am 20. April 2017 wurde die Gemeinschaft von einem Einzelrichter an [[Oberstes Gericht der Russischen Föderation|Russlands oberstem Gericht]] als [[Extremismus|extremistische]] Organisation eingestuft und verboten. Der Besitz aller Regionalverbände soll beschlagnahmt werden.<ref>[http://www.deutschlandfunk.de/russland-oberstes-gericht-verbietet-zeugen-jehovas.1939.de.html?drn:news_id=735726 ''Oberstes Gericht verbietet Zeugen Jehovas.''] [[Deutschlandfunk]], 20. April 2017.</ref> Die Menschenrechtsorganisation [[Human Rights Watch]] kritisierte die Entscheidung.<ref name="Zeit 20170420" /> Die Zeugen Jehovas haben die Möglichkeit, das Urteil an eine Dreierkammer weiterzuziehen.<ref>[https://www.jw.org/en/news/releases/by-region/russia/supreme-court-rules-against-jehovahs-witnesses/ ''Russia’s Supreme Court Rules Against Jehovah’s Witnesses.''] JW.org, 20. April 2017.</ref><ref>[http://www.reuters.com/article/us-russia-religion-jehovah-s-idUSKBN17M1ZT ''Russian court bans Jehovah’s Witnesses as extremist.''] Reuters, 20. April 2017.</ref>
 
=== Zeugen Jehovas in Nigeria ===
siehe [[Zeugen Jehovas in Nigeria]]


== Diskriminierung und Verfolgung ==
;Genetik
{{Hauptartikel|Diskriminierung und Verfolgung der Zeugen Jehovas|Kriegsdienstverweigerung der Zeugen Jehovas|Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus}}
* Wilfried Janning, Elisabeth Knust: ''Genetik: Allgemeine Genetik – Molekulare Genetik – Entwicklungsgenetik.'' 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-151422-6, Kapitel 5 ''Meiose'', S.&nbsp;28–47.
Organisationen und Einrichtungen, die sich mit Verstößen gegen [[Menschenrechte]] befassen, wie zum Beispiel [[Amnesty International]], [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] oder die [[Schweizerische Flüchtlingshilfe]], weisen in ihren Berichten darauf hin, dass Zeugen Jehovas wegen der Ausübung ihres Glaubensbekenntnisses in verschiedenen Ländern Angriffen und Verfolgung ausgesetzt sind. Zum Beispiel berichten die [[Schweizerische Flüchtlingshilfe]] und das [[Bundesamt für Migration und Flüchtlinge]], dass in [[Eritrea]] seit dem Jahr 2008{{Zukunft}} systematische und intensivere [[Unterdrückung|Repressionen]] seitens der Regierung zu beobachten sind. Bei [[Razzia|Razzien]] werden unter anderem Mitglieder der Zeugen Jehovas gesucht und teilweise ohne Angabe von Gründen verhaftet. Laut der Schweizerischen Flüchtlingshilfe wird mit [[Zwangsarbeit]], [[Misshandlung]]en und [[Folter]] versucht, die Zeugen Jehovas dazu zu bringen, ihren Glauben aufzugeben und sich der [[Eritreisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche|orthodoxen Kirche Eritreas]] anzuschließen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Herkunftslaenderinformationen/lage-religionsgemeinschaft-nichtislamische-laender-2011-08.pdf?__blob=publicationFile |titel=Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten nichtislamischen Ländern |hrsg=Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Referat 413 – Analyse nichtislamischer Herkunftsländer |datum=2011-08-31 |seiten=18–19; 23–24 |zugriff=2011-12-20 |format=PDF}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Alexandra Geiser |url=http://www.fluechtlingshilfe.ch/herkunftslaender/africa/eritrea/eritrea-situation-der-zeugen-jehovas/at_download/file |titel=Eritrea: Situation der Zeugen Jehovas |hrsg=Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH |datum=2011-01-17 |seiten=1–5 |zugriff=2011-12-20 |format=PDF}}</ref>


== Ökumene ==
;Molekularbiologie
Die Mitgliedschaft oder Zusammenarbeit mit [[Ökumenische Bewegung|ökumenischen]] Organisationen wie dem [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Weltkirchenrat]] lehnen die Zeugen Jehovas aufgrund der großen Lehrunterschiede ab und beurteilen solche Bemühungen von ihrer Seite aus von vornherein als zwecklos.
* Bruce Alberts, Alexander Johnson, Julian Lewis, Martin Raff, Keith Roberts, Peter Walter.: ''Meiosis''. In: ''Molecular Biology of the Cell''. 4. Aufl., Garland Science, New York 2002. Online über das [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/bv.fcgi?highlight=crossing%20over&rid=mboc4.section.3686#3691 „NCBI-Bookshelf“]
 
== Kontroversen ==
Kritik an Jehovas Zeugen wird oft von Angehörigen anderer christlicher Gruppierungen oder ehemaligen Mitgliedern (oft „Aussteiger“ genannt) wie z.&nbsp;B. [[Raymond Victor Franz|Raymond&nbsp;Franz]] geäußert. Es werden vor allem die Plausibilität der Lehren, die Methoden und die innere Zwangsstruktur der Glaubensgemeinschaft in Frage gestellt. In Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas wird vor Publikationen ehemaliger Mitglieder gewarnt und jegliche Kritik zurückgewiesen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania |Titel=Der Wachtturm |Datum=1994-07-01 |Seiten=12}}</ref> Manche Kritikpunkte werden von Religionswissenschaftlern bestritten bzw. konnten durch Gerichte nicht festgestellt werden und werden als unsubstantiiert zurückgewiesen.<ref>{{Literatur |Autor=[[Gerhard Besier]] und Renate-Maria Besier |Hrsg=Gerhard Besier und Erwin Scheuch |Titel=Zeugen Jehovas/Wachtturm-Gesellschaft: Eine „vormoderne“ religiöse Gemeinschaft in der „modernen“ Gesellschaft? Gutachtliche Stellungnahme |Sammelwerk=Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid |Band=2 |Verlag=Edition Interfrom |Ort=Zürich |Datum=1999 |ISBN=978-3-7201-5278-5 |Seiten=114–123}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Michael Krenzer |Titel=Welch eine triste Epoche, in der es leichter ist ein Atom zu spalten als ein Vorurteil – Religiöse Minderheiten in deutschen Lehrplänen und Schulbüchern |Sammelwerk=Religion – Staat – Gesellschaft. Zeitschrift für Glaubensformen und Weltanschauungen |Band=6 |Nummer=2 |Datum=2005 |Seiten=177–262}}</ref>
Gegen ein Aussteigerbuch von Konja Simon Rohde, welches Anfang 2017 im Duisburger Mercator-Verlag erschien, versuchen die Zeugen Jehovas gerichtlich vorzugehen, indem sie Streichungen und Schwärzungen im Buch fordern.<ref>Vgl. https://www.waz.de/staedte/duisburg/zeugen-jehovas-gehen-gegen-buch-aus-dem-mercator-verlag-vor-id211248939.html </ref>
Rußland verbot erst kürzlich die "christliche Sekte".<ref>Vgl. https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5428447&s=Zeugen+Jehovas/ </ref>
 
=== Bezeichnung als Sekte ===
Teilweise werden die Zeugen Jehovas als [[Sekte]] bezeichnet, was sowohl wertfrei als auch [[Pejorativum|pejorativ]] gemeint sein kann. In der kirchenhistorischen [[Konfessionskunde]] werden die Zeugen Jehovas zu den biblisch-apokalyptischen Sekten gezählt.<ref>{{Literatur |Hrsg=Gerhard Krause, Gerhard Müller |Titel=Theologische Realenzyklopädie |Band=Band 31 |Verlag=de Gruyter |Datum=2000 |ISBN=978-3-11-016657-6 |Seiten=99}}</ref>
 
Zeugen Jehovas lehnen den Begriff ‚Sekte‘ als eine negative Zuschreibung ab. Sie betrachten ihrerseits alle anderen christlichen Kirchen als „Sekten der Christenheit“.<ref>{{TRE|31|96|101|Sekten|Horst Robert Balz, Gerhard Krause}}</ref>
 
=== Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift ===
{{Hauptartikel|Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift#Kritik|titel1=Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift}}
 
Die Zeugen Jehovas benutzen eine eigene von der Wachtturmgesellschaft herausgegebene Bibelübersetzung, die sonst von keiner anderen Gruppe benutzt oder anerkannt wird. [[Bruce Metzger|Bruce M. Metzger]] ist der Meinung, dass in bestimmten Passagen der englischen Neuen-Welt-Übersetzung eine Tendenz zur Manifestierung spezifischer dogmatischer Inhalte der Zeugen Jehovas durch gezielte [[Konjektur]]en feststellbar sei.<ref name="pentonbible" /><ref>{{Literatur |Autor=Samuel Haas, O. H. Hauptmann |Hrsg=Society of Biblical Literature |Titel=Escorial Bible I.j.4: Vol. I; the Pentateuch |Sammelwerk=Journal of Biblical Literature |Band=74 |Nummer=4 |Datum=1955-12 |Seiten=283 |Kommentar={{lang|en|''“This work indicates a great deal of effort and thought as well as considerable scholarship, it is to be regretted that religious bias was allowed to colour many passages”''}} |DOI=10.2307/3261682}}</ref><ref name="Ankerberg">{{Internetquelle |autor=See Ankerberg, John and John Weldon |url=http://www.johnankerberg.org/Articles/ATRI-Bible-School/Fall-Bible-School/fall-bible-school-jw-new-world-translation.htm |titel=The New World Translation of the Jehovah’s Witnesses |hrsg=Ankerberg Theological Research Institute |datum=2003 |zugriff=2012-09-11 |sprache=en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Rhodes Ron |Hrsg=Zondervan |Titel=The Challenge of the Cults and New Religions, The Essential Guide to Their History, Their Doctrine, and Our Response |Datum=2001 |ISBN=978-0-310-23217-9 |Seiten=94}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Bruce M Metzger |Titel=Jehovah’s Witnesses and Jesus Christ |Sammelwerk=Theology Today |Datum=1953-04 |Seiten=74}} oder {{Literatur |Autor=Metzger |Titel=The New World Translation of the Christian Greek Scriptures |Sammelwerk=The Bible Translator |Datum=1964-07}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Matthias Schreiber |Titel=Zeugen Jehovas |Sammelwerk=[[Theologische Realenzyklopädie]] (TRE) |Band=36 |Verlag=De Gruyter |Ort=Berlin/ New York |Datum=2004 |ISBN=3-11-017842-7 |Seiten=660}}</ref>
[[Jason&nbsp;BeDuhn]] hebt die Genauigkeit der englischen Neuen-Welt-Übersetzung gegenüber anderen Bibelübersetzungen heraus.<ref>{{Literatur |Autor=Jason BeDuhn |Hrsg=University Press of America |Titel=Truth in Translation: Accuracy and Bias in English Translations of the New Testament |Datum=2003 |ISBN=0-7618-2556-8}}</ref>
Die Bezeichnung "Marterpfahl" für das Kreuz auf Golgatha findet sich so nur in der ureigenen Übersetzung der Zeugen Jehovas.
 
=== Unterdrückung von Rede- und Gedankenfreiheit ===
Wegen der Ansprüche auf Loyalität und Gehorsam, welche die [[Wachtturm-Gesellschaft|Wachtturmgesellschaft]] erhebt, der Intoleranz gegenüber abweichenden religiösen Überzeugungen und Praktiken<ref name="Beckford dissent" /> und wegen der Praxis des Ausschlusses und der anschließenden Meidung von Mitgliedern<ref name="Holden 2002 22">{{Literatur |Autor=Andrew Holden |Titel=Jehovah’s Witnesses: Portrait of a Contemporary Religious Movement |Verlag=Routledge |Datum=2002 |ISBN=0-415-26609-2 |Seiten=22}}</ref><ref name="Muramoto">{{Literatur |Autor=Osamu Muramoto |Titel=Bioethics of the refusal of blood by Jehovah’s Witnesses: Part 1. Should bioethical deliberation consider dissidents’ views? |Sammelwerk=Journal of Medical Ethics |Band=24 |Nummer=4 |Datum=1998-08 |Seiten=223–230. |DOI=10.1136/jme.24.4.223 |PMC=1377670 |PMID=9752623}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Alan Rogerson |Titel=Millions Now Living Will Never Die: Study of Jehovah’s Witnesses |Verlag=Constable |Datum=1969 |ISBN=978-0-09-455940-0 |Seiten=50}}</ref> beschreiben Kritiker die Führung der Religionsgemeinschaft als [[Autokratie|autokratisch]] und [[Totalitarismus|totalitär]].<ref name="voice">{{Literatur |Titel=Overseers of Jehovah’s People |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1957-06-15 |Kommentar={{lang|en|"Let us now unmistakably identify Jehovah’s channel of communication for our day, that we may continue in his favor … It is vital that we appreciate this fact and respond to the directions of the “slave” as we would to the voice of God, because it is His provision."}}}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Following Faithful Shepherds with Life in View |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1967-10-01 |Seiten=591 |Kommentar={{lang|en|„Make haste to identify the visible theocratic organization of God that represents his king, Jesus Christ. It is essential for life. Doing so, be complete in accepting its every aspect … in submitting to Jehovah’s visible theocratic organization, we must be in full and complete agreement with every feature of its apostolic procedure and requirements.“}}}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Loyal to Christ and His Faithful Slave |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=2007-04-01 |Seiten=24 |Kommentar={{lang|en|„When we loyally submit to the direction of the faithful slave and its Governing Body, we are submitting to Christ, the slave’s Master.“}}}}</ref> Nach Aussage des Soziologen Andrew Holden wird Mitgliedern, die sich entschließen, die Religionsgemeinschaft zu verlassen, nur selten ein würdiger Austritt gewährt. Nicht nur würde ihre Exkommunikation öffentlich bekannt gemacht, sie würden auch als „geistig krank“ ({{lang|en|''mentally diseased''}}) und als „[[Apostasie|Apostaten]]“ verdammt.<ref>{{Literatur |Autor=Andrew Holden |Titel=Jehovah’s Witnesses: Portrait of a Contemporary Religious Movement |Verlag=Routledge |Datum=2002 |ISBN=0-415-26609-2 |Seiten=163}}</ref> Der Historiker [[James Irvin Lichti]] weist die Beschreibung der Zeugen Jehovas als „totalitär“ zurück.<ref>{{Internetquelle |url=http://books.google.com/books?id=vsrJLASVC3QC&pg=359&Ipg=PA359#v=oneS.&q&f=false |titel=The Routledge History of the Holocaust |hrsg=Routledge |datum=2010 |zugriff=2012-10-11 |sprache=en |zitat=Labeling the Jehovah’s Witnesses as totalitarian trivializes the term totalitarian and defames the Jehovah’s Witnesses.}}</ref> Der Soziologe Rodney Stark stellt fest, dass der Zwang tendenziell informell sei, denn er gehe von engen Freundschaftsbindungen innerhalb der Gruppe aus. Die Zeugen Jehovas würden sich „eher als Teil der Machtstruktur denn als ihr unterworfen“ verstehen.<ref name="Stark">{{Internetquelle |autor=Stark and Iannoccone |url=http://www.theocraticlibrary.com/downloads/Why_Jehovah%27s_Witnesses_Grow_So_Rapidly.pdf |titel=Why the Jehovah’s Witnesses Grow So Rapidly: A Theoretical Application |werk=[[Journal of Contemporary Religion]] |datum=1997 |seiten=142–143 |zugriff=2008-12-30 |format=PDF}}</ref>
 
In den Veröffentlichungen der Wachtturmgesellschaft wird davon abgeraten, die Glaubenslehren in Frage zu stellen, da der Gesellschaft als „Gottes Organisation“ vertraut werden müsse.<ref name="Beckford dissent" /><ref>{{Literatur |Titel=„Exposing the Devil’s Subtle Designs“ und „Armed for the Fight Against Wicked Spirits“ |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1983-01-15}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Serving Jehovah Shoulder to Shoulder |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1981-08-15 |Seiten=28}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Jehovah’s Theocratic Organization Today |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1952-02-01 |Seiten=79–8}}</ref> Es wird empfohlen, „unabhängiges Denken zu vermeiden“, da es angeblich von [[Satan]] beeinflusst sei<ref>{{Literatur |Titel=Avoid Independent Thinking |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1983-01-15 |Seiten=27 |Kommentar={{lang|en|„From the very outset of his rebellion Satan called into question God’s way of doing things. He promoted independent thinking. … How is such independent thinking manifested? A common way is by questioning the counsel that is provided by God’s visible organization.“}}}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Avoid Independent Thinking |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1979-02-15 |Seiten=20 |Kommentar={{lang|en|„In a world where people are tossed about by confusing winds of religious doctrine, Jehovah’s people need to be stable, full-grown Christians. (Eph. 4:13, 14) Their position must be steadfast, not shifting quickly because of independent thinking or emotional pressures.“}}}}</ref> und Uneinigkeit verursache.<ref>{{Literatur |Titel=Building a Firm Foundation in Christ |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1964-05-01 |Seiten=277–278 |Sprache=en |Zitat={{lang|en|It is through the columns of The Watchtower that Jehovah provides direction and constant Scriptural counsel to his people, and it requires careful study and attention to details in order to apply this information, to get a full understanding of the principles involved, and to assure ourselves of right thinking on these matters. It is in this way that we ‘are thoroughly able to grasp mentally with all the holy ones’ the fullness of our commission and of the preaching responsibility that Jehovah has placed on all Christians as footstep followers of his Son. Any other course would produce independent thinking and cause division.}}}}</ref> Sie streichen heraus, dass Einigkeit im Glauben zur Einheit der Gläubigen helfe.<ref name="Maintaining our Christian Oneness">{{Literatur |Titel=The Watchtower |Nummer=8/15 |Datum=1988-08}}</ref> Die Wachtturmgesellschaft lehrt die Mitglieder, Anpassungen der Glaubenslehre willig zu akzeptieren, da es nach eigener Aussage dumm wäre, zu glauben, dass Erwartungen, die etwas angepasst werden müssten, die gesamte Wahrheit in Frage stellen würden ({{lang|en|„foolish to take the view that expectations needing some adjustment should call into question the whole body of truth“}}).<ref>{{Literatur |Titel=Allow No Place for the Devil! |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1986-03-15 |Seiten=19}}</ref><ref>{{Literatur |Hrsg=Watchtower Bible and Tract Society |Titel=Why have there been changes over the years in the teachings of Jehovah’s Witnesses?, „Jehovah’s Witnesses“, Reasoning From the Scriptures |Datum= |Seiten=205}}</ref> Nach dem Urteil von Kritikern kultiviere die Wachtturmgesellschaft ein System fraglosen Gehorsams, indem sie individuelle Entscheidungsfindung verächtlich mache.<ref name="Bevindependent">{{Literatur |Autor=James A. Beverley |Hrsg=Burlington |Titel=Crisis of Allegiance |Verlag=Welch Publishing Company |Ort=Ontario |Datum=1986 |ISBN=0-920413-37-4 |Seiten=25–26, 101 |Kommentar={{lang|en|„For every passage in Society literature that urges members to be bold and courageous in critical pursuits, there are many others that warn about independent thinking and the peril of questioning the organization … Fear of disobedience to the Governing Body keeps Jehovah’s Witnesses from carefully checking into biblical doctrine or allegations concerning false prophecy, faulty scholarship, and injustice. Witnesses are told not to read books like this one.“}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=James A. Beckford |Hrsg=Basil Blackwell |Titel=The Trumpet of Prophecy: A Sociological Study of Jehovah’s Witnesses |Ort=Oxford |Datum=1975 |ISBN=0-631-16310-7 |Seiten=204, 221 |Kommentar={{lang|en|“The habit of questioning or qualifying Watch Tower doctrine is not only under-developed among the Witnesses: it is strenuously combated at all organizational levels.”}}}}</ref> Kritiker werfen der Wachtturmgesellschaft vor, die Zeugen Jehovas geistig zu dominieren,<ref>{{Literatur |Autor=James A. Beverley |Hrsg=Welch Publishing Company |Titel=Crisis of Allegiance |Verlag=Burlington |Ort=Ontario |Datum=1986 |ISBN=0-920413-37-4 |Seiten=25–26, 101}}</ref> ihre Informationen zu kontrollieren<ref name="Muramoto" /><ref>{{Literatur |Autor=Andrew Holden |Titel=Jehovah’s Witnesses: Portrait of a Contemporary Religious Movement |Verlag=Routledge |Datum=2002 |ISBN=0-415-26609-2 |Seiten=153}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Alan Rogerson |Titel=Millions Now Living Will Never Die |Verlag=Constable |Datum=1969 |Seiten=2 |Kommentar={{lang|en|„In addition to the prevalent ignorance outside the Witness movement, there is much ignorance within it. It will soon become obvious to the reader that the Witnesses are an indoctrinated people whose beliefs and thoughts are shaped by the Watchtower Society.“}}}}</ref> und sie geistig zu isolieren, was nach Ansicht des ehemaligen Mitglieds der Leitenden Körperschaft [[Raymond Victor Franz|Raymond Franz]] alles Elemente von „Gedankenkontrolle“ seien.<ref name="Franz12">{{Literatur |Autor=R. Franz |Titel=In Search of Christian Freedom |Datum= |Seiten=chapter 12}}</ref>
 
Nach Holdens Meinung ist die Darstellung der Mitglieder als Opfer von [[Gehirnwäsche]] unzutreffend, da die meisten Mitglieder von [[Millenarismus|millenaristischen]] Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas ihre Entscheidung bewusst und informiert getroffen hätten.<ref>{{Literatur |Autor=Andrew Holden |Titel=Jehovah’s Witnesses: Portrait of a Contemporary Religious Movement |Verlag=Routledge |Datum=2002 |ISBN=0-415-26609-2 |Seiten=x, 7}}</ref> Zu einer ähnlichen Feststellung kam der [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäische Gerichtshof für Menschenrechte]] in einem Verfahren zu den Aktivitäten der Zeugen Jehovas in Russland. Die Beschränkungen, die den Mitgliedern auferlegt werden, würden sich nicht grundsätzlich von Beschränkungen unterscheiden, die andere Religionsgemeinschaften dem Privatleben ihrer Mitglieder auferlegen. Vorwürfe der Gedankenkontrolle beruhten auf bloßen Vermutungen und würden durch die Tatsachen nicht bestätigt.<ref>{{Internetquelle |url=http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/view.asp?action=html&documentId=869647&portal=hbkm&source=externalbydocnumber&table=F69A27FD8FB86142BF01C1166DEA398649 |titel=ECHR Point 130, 118 |zugriff=2012-10-22 |sprache=en}}</ref> Die Zeugen Jehovas bestreiten, dass die von ihnen angestrebte Einheit der Gläubigen deren Individualität oder Phantasie beschneiden würde.<ref name="Maintaining our Christian Oneness" />
 
=== Nicht eingetretene Prophezeiungen ===
In ihren Veröffentlichungen machten Russell und die Zeugen Jehovas für die Jahre 1878, 1881, 1914, 1918, 1925 und 1975 konkrete Aussagen über Ereignisse, von denen sie glaubten, sie wären in der Bibel prophezeit worden und stünden „über jedem Zweifel“ oder seien „von Gott bestätigt“.<ref>{{Literatur |Autor=James A. Beverley |Hrsg=Burlington |Titel=Crisis of Allegiance |Verlag=Welch Publishing Company |Ort=Ontario |Datum=1986 |ISBN=0-920413-37-4 |Seiten=86–91}}</ref><ref name="WT59">{{Literatur |Titel=The Watchtower |Datum=1959-01-15 |Seiten=39–41}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Robert Crompton |Titel=Counting the Days to Armageddon |Verlag=James Clarke & Co |Ort=Cambridge |Datum=1996 |ISBN=0-227-67939-3 |Seiten=9, 115}}</ref> Das Ausbleiben der vorhergesagten endzeitlichen Ereignisse führte jedes Mal zu Glaubwürdigkeitskrisen, in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre etwa gingen Missionstätigkeit und Wachstum der Zeugen Jehovas statistisch signifikant zurück.<ref>Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: ''Metzler Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' J.B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, S. 708; Rodney Stark, Laurence R. Iannaccone: ''Why the Jehovah’s Witnesses Grow so Rapidly. A Theoretical Application.'' In: ''Journal of Contemporary Religion.'' 12/2 (1997), S. 143&nbsp;f.</ref> Die Religionsgemeinschaft überwand diese Krisen jeweils, indem sie einige ihrer Glaubenslehren aufgab oder änderte:<ref>{{Literatur |Autor=James A. Beckford |Titel=The Trumpet of Prophecy: A Sociological Study of Jehovah’s Witnesses |Verlag=Basil Blackwell |Ort=Oxford |Datum=1975 |ISBN=0-631-16310-7 |Seiten=219–221}}</ref>  So wurde eine kirchliche Organisation aufgebaut, die man bis 1881 angesichts des scheinbar unmittelbar bevorstehenden Weltendes nicht für nötig befunden hatte. Auch wurde die Lehre konzipiert, Christus sei 1914 im Himmel inthronisiert worden. 1918 wurde der Tod, den erleiden zu müssen die Mitglieder der Religionsgemeinschaft gar nicht geglaubt hatten, nun als ein [[Segen]] definiert, da man die Schrecken Harmageddons nicht miterleben müsse. Zudem entwarf man das doppelte Erlösungskonzept (144.000 im Himmel und die „große Volksmenge“ auf der Erde). Vor allem aber radikalisierte sich dadurch die ablehnende Haltung der Glaubensgemeinschaft gegenüber der sie umgebenden, zunehmend als satanisch verstandenen Welt. Insofern trugen die nicht eingetretenen Prophezeiungen dazu bei, die [[Identität]] der Zeugen Jehovas auszubilden und zu bewahren.<ref>Joseph F. Zygmunt: ''Prophetic Failure and Chiliastic Identity. The Case of Jehovah’s Witnesses.'' In: ''American Journal of Sociology.'' 75, Heft 6, 1970, S. 926–942.</ref>
 
Die Wachtturmgesellschaft weist Vorwürfe zurück, sie sei ein falscher Prophet.<ref name="ReferenceA">{{Literatur |Titel=Why So Many False Alarms? |Sammelwerk=Awake! |Datum=1993-03-22 |Seiten=3–4 |Kommentar=Fußnote}}.</ref> Anders als die Propheten des Alten Testaments seien ihre Bibelinterpretationen nicht [[Inspiration|inspiriert]] oder unfehlbar.<ref>{{Literatur |Hrsg=Watch Tower Bible & Tract Society |Titel=Revelation – It’s Grand Climax |Datum=1988 |Seiten=9}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Reasoning From the Scriptures – Have not Jehovah’s Witnesses made errors in their teachings? |Verlag=Watchtower Bible and Tract Society |Datum= |Kapitel=False Prophets |Seiten=137}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=To Whom Shall We Go but Jesus Christ? |Sammelwerk=Watchtower |Datum=1979-03-01 |Seiten=23 |Kommentar={{lang|en|the “faithful and discreet slave” has alerted all of God’s people to the sign of the times indicating the nearness of God’s Kingdom rule. In this regard, however, it must be observed that this “faithful and discreet slave” was never inspired, never perfect. Those writings by certain members of the “slave” class that came to form the Christian part of God’s Word were inspired and infallible [the bible], but that is not true of other writings since.}}}}</ref> Ihre Vorhersagen würden nicht den Anspruch erheben, „Worte Jehovas“ zu sein.<ref name="ReferenceA" /> In ihrem Streben nach Gottes Königreich hätten Zeugen Jehovas Versuche unternommen, einzuschätzen, wann es kommen könnte, und hätten es dabei wie Jesu frühe Jünger nicht geschafft, die Warnung ihres Meisters zu beherzigen, dass sie „weder den Tag noch die Stunde kennen“ {{Bibel|Mt|25|13|Elb}}.<ref>{{Literatur |Titel=Keep Jehovah’s Day Close in Mind |Sammelwerk=The Watchtower |Datum=1997-09-01 |Seiten=20–21}}</ref> George D. Chryssides ist der Ansicht, mit Ausnahme der Aussagen über die Jahre 1914, 1925 und 1975 könne der Wandel in Ansichten und Daten der Zeugen Jehovas größtenteils auf Änderungen im Verständnis der biblischen Chronologie und nicht auf irrige Prophezeiungen zurückgeführt werden.<ref name="Georgie">{{Internetquelle |autor=George Chryssides |url=http://www.cesnur.org/2010/to-chryssides.htm |titel=They Keep Changing the Dates |werk=A paper presented at the CESNUR 2010 conference in Torino |hrsg=CESNUR Center of Studies on New Religions |datum=2010 |zugriff=2012-11-05 |sprache=en}}</ref>
 
=== Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch ===
 
Die Organisation hält an überholten Richtlinien und Praktiken fest, wenn es um Kindesmissbrauch geht. Diese Richtlinien und Praktiken unterliegen keinem regulären Prozess der Weiterentwicklung. Insgesamt sind die Richtlinien und Praktiken der Zeugen Jehovas für den Umgang mit sexuellem Missbrauch völlig unangemessen und unpassend. Die Beibehaltung und kontinuierliche Anwendung von Richtlinien wie der „Zwei-Zeugen-Regel“ im Falle von sexuellem Kindesmissbrauch zeigt einen ernsthaften Mangel an Verständnis für das Wesen sexuellen Kindesmissbrauchs. <ref>{{Literatur |Autor=Royal Commission into Institutional Responses to Child Sexual Abuse |Titel=REPORT OF CASE STUDY NO. 29 |Datum=October 2016 |Seiten=77}}</ref>
 
Kritiker bemängeln die Vorgehensweise der Zeugen Jehovas bei [[Sexueller Missbrauch|sexuellem Missbrauch]]. Ihrer Ansicht nach mache diese es den Mitgliedern schwer, Missbrauch zu melden. Einige Missbrauchsopfer behaupten, von Gemeindeältesten angewiesen worden zu sein, Stillschweigen zu bewahren, um sowohl die Beschuldigten als auch die Organisation vor Schande zu bewahren.<ref>{{Internetquelle |autor=Bootie Cosgrove-Mather |url=http://www.cbsnews.com/stories/2003/04/29/eveningnews/main551557.shtml |titel=Another Church Sex Scandal |werk=CBS News |hrsg=CBS Interactive |datum=2003-04-29 |zugriff=2012-09-02 |sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Corrie Cutrer |url=http://www.christianitytoday.com/ct/2001/004/11.23.html |titel=Sex Abuse: Witness Leaders Accused of Shielding Molesters |werk=Christianity Today |hrsg=Christianity Today |datum=2001-03-05 |zugriff=2012-09-02 |sprache=en}}</ref><ref>Jana Wendt: {{Webarchiv | url=http://sgp1.paddington.ninemsn.com.au/sunday/cover_stories/article_1920.asp?s=1 | wayback=20130503025231 | text=Year in Review}} 27. November 2005 (englisch).</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/panorama/2119903.stm |titel=Secret database protects paedophiles |werk=Panorama |hrsg=BBC News |datum=2003 |zugriff=2012-09-02 |sprache=en}}</ref>
 
Im Juni 2012 wurde die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas von einer [[Jury (angelsächsisches Rechtssystem)|Jury]] in [[Oakland]], Kalifornien, für mitschuldig am Missbrauch eines zur Tatzeit neunjährigen Mädchens befunden<ref>{{Internetquelle |url=http://usnews.nbcnews.com/_news/2012/06/15/12225753-jehovahs-witnesses-ordered-to-pay-more-than-20-million-to-woman-who-said-she-was-sexually-abused?lite |titel=Jehovah’s Witnesses ordered to pay more than $20 million to woman who said she was sexually abused |hrsg=NBCNEWS |datum=2012 |zugriff=2012-10-12 |sprache=en}}</ref> mit der Begründung, dass die Religionsgemeinschaft die Mitglieder der örtlichen Gemeinde nicht darüber informiert hatte, dass der in der Gemeinde aktive Täter wegen zweier Sexualdelikte vorbestraft war. So sei das ebenfalls der Gemeinde angehörende Mädchen der Gefahr bewusst ausgesetzt worden.<ref>[http://medlawusa.com/VerdictsItem.aspx?nid=28 Church Responsible For Pedophile Parishioner – Urteil des Superior Court of Alameda County, Hayward, CA]</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.dailymail.co.uk/news/article-2160605/Candance-Conti-molested-Jehovahs-Witnesses-member-age-NINE-wins-28milion.html |titel=Woman molested by Jehovah’s Witnesses member at age nine wins $28million in America’s biggest religious sex abuse payout |zugriff=2012-12-09 |sprache=en}}</ref>
Die Zeugen Jehovas kündigten eine [[Berufung (Recht)|Berufung]] an,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jw-media.org/usa/20120620.htm |titel=Jehovah’s Witnesses to appeal jury verdict in California case |zugriff=2012-10-12 |sprache=en}}</ref> bestreiten, dass es eine Verschwiegenheitspflicht gebe, und verweisen auf einen Artikel auf ihrer offiziellen Webseite, in dem sie die von ihnen empfohlene Vorgangsweise bei Missbrauchsvorwürfen darstellen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.jw-media.org/aboutjw/article23.htm |titel=Jehovah’s Witnesses and Child Protection |archiv-url=https://web.archive.org/web/20120424205550/http://www.jw-media.org/aboutjw/article23.htm |archiv-datum=2012-04-24 |zugriff=2012-10-12 |sprache=en}}</ref>
Laut diesem Artikel können die Ältesten unter Berufung auf die Bibel {{Bibel|Dtn|19|15}} innerhalb der Gemeinschaft nur Maßnahmen ergreifen, wenn es für die Anschuldigungen mindestens zwei Zeugen gibt. Jedes Mitglied, das für schuldig befunden werde, sei sofort von jedem verantwortungsvollen Amt innerhalb der Organisation zu entbinden. Bereue es nicht, sei das Mitglied auch aus der Gemeinschaft auszuschließen.<ref name="1998, page 16">{{Literatur |Hrsg=Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas |Titel=Ahme Jehova nach – übe Recht und Gerechtigkeit |Sammelwerk=Der Wachtturm |Datum=1998-08-01 |Seiten=16}}</ref> Bereue es jedoch „aus tiefstem Herzen“ und führe „über Jahrzehnte“ ein aufrechtes Leben, könne es danach auch wieder mit Ämtern betraut werden. Die Ältesten sollen demnach aber auch nicht bestätigte Vorwürfe der übergeordneten Zweigstelle berichten und, wenn es das Gesetz erfordert, den Behörden melden. Unabhängig davon sei es das Recht des Opfers oder jedes Anderen, der um die Anschuldigungen wisse, die Angelegenheit zur [[Strafanzeige|Anzeige]] zu bringen.
 
=== Homosexualität ===
Die Zeugen Jehovas lehnen Homosexualität ab.<ref>{{Internetquelle |url=http://wol.jw.org/de/wol/d/r10/lp-x/102010448 |titel=Wie kann ich erklären, was die Bibel zu Homosexualität sagt? – Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK |werk=wol.jw.org |zugriff=2016-03-20}}</ref> In einer Umfrage des [[Pew Research Center]] aus dem Jahr 2014, bei der Anhänger verschiedener christlicher Glaubensgemeinschaften in den USA befragt wurden, waren nur 16 % der Zeugen Jehovas der Meinung, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte (weit weniger als jede andere befragte Gemeinschaft), während 54 % aller befragten Christen, 76 % der Anhänger anderer Religionen und 83 % der religiös Ungebundenen dieser Meinung waren.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.pewresearch.org/fact-tank/2015/12/18/most-u-s-christian-groups-grow-more-accepting-of-homosexuality/ |titel=Most U.S. Christian groups grow more accepting of homosexuality |werk=[[Pew Research Center]] |zugriff=2016-03-21}}</ref>
 
== Literatur ==
* [[Gerhard Besier]], [[Erwin Scheuch|Erwin K. Scheuch]] (Hrsg.): ''Die neuen Inquisitoren, Religionsfreiheit und Glaubensneid.'' Band 2, Edition Interfrom, Zürich 1999, ISBN 3-7201-5278-2.
* Gerald Hacke: ''Die Zeugen Jehovas im Dritten Reich und in der DDR. Feindbild und Verfolgungspraxis'' (= ''Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung''. Bd. 41). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-36917-3.
* [[Ferdinand Herrmann]] (Hrsg.): ''[[Symbolik der Religionen]].'' Band 11: ''Symbolik der kleineren Kirchen, Freikirchen und Sekten des Westens.'' Hiersemann, Stuttgart 1964.
* Sebastian Koch (Hrsg.): ''Die Zeugen Jehovas in Ostmittel-, Südost- und Südeuropa: Zum Schicksal einer religiösen Minderheit.'' [[Lit Verlag|LIT Verlag]], Münster 2007, ISBN 978-3-8258-0683-5.
* Robert Schmidt: ''Zeugen Jehovas.'' In: Christoph Auffarth, Jutta Bernard, Hubert Mohr (Hrsg.): ''Metzler-Lexikon Religion. Gegenwart – Alltag – Medien.'' Bd.&nbsp;3, J. B. Metzler, Stuttgart/ Weimar 2000, ISBN 3-476-01553-X, S. 708–711.
* {{TRE|36|660|663|Zeugen Jehovas|Matthias Schreiber}} ({{Google Buch|BuchID=Mrb7kRD5-ekC|Seite=663}})
* David L. Weddle: ''Jehovah’s Witnesses.'' In: Lindsay Jones (Hrsg.): ''Encyclopedia of Religion.'' 2. Auflage. Bd.&nbsp;7, Thomson Gale, Farmington MI 2005, ISBN 0-02-865740-3, S. 4820–4824.
* Konja Simon Rohde: ''Ausstieg ins Leben. Wie ich aufhörte, ein Zeuge Jehovas zu sein'', Mercator Vlg., Duisburg 2017, ISBN 978-3-946895-05-3
* Monika Deppe: ''Die Zeugen Jehovas. Auch ich habe ihnen geglaubt''. Sanfter Einstieg, harter Ausstieg. Ein Lebensbericht, Brunnen Vlg., Giessen 2015, ISBN 978-3-7655-3967-1


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Portal|Christentum}}
{{Wiktionary|Meiose}}
{{Wikinews|Kategorie:Zeugen Jehovas|Zeugen Jehovas}}
{{Commonscat|Meiosis|Meiose}}
{{Commonscat|Jehovah's Witnesses|Zeugen Jehovas}}
* [http://www.mallig.eduvinet.de/bio/Repetito/Meiose1.html Die Meiose] auf mallig.eduvinet.de
* [http://www.jw.org/de JW.ORG: Offizielle Website der Zeugen Jehovas mit diversen Audio-, Video- und E-Book-Downloads in vielen Sprachen]
* [http://remid.de/pdf/remid-faltblatt-ZJ_alt.pdf Kurzinformation über Zeugen Jehovas] (Stand Januar 2012). Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst e.&nbsp;V.
* {{dmoz|World/Deutsch/Gesellschaft/Religion_und_Spiritualität/Christentum/Glaubensrichtungen/Zeugen_Jehovas|Zeugen Jehovas}}
* [http://www.jehovaszeugen.de/ Deutsche Internetseite der Zeugen Jehovas (mit Pressemitteilungen, Radiosendungen und Informationen über Glaubensansichten)]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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Version vom 5. Dezember 2018, 17:10 Uhr

Zwei menschliche homologe Chromosomen 3 während der Spermatogenese. Die kurzen Arme (in blau) sind bereits gepaart, die langen (in rot) noch nicht. Die Chromosomenenden (Telomere) sind zusätzlich in der jeweils anderen Farbe dargestellt. Autofluoreszenz in grün.

Als Meiose (von griechisch μείωσις meiosis 'Verminderung', 'Verkleinerung') oder Reifeteilung wird eine besondere Art der Kernteilung eukaryotischer Zellen bezeichnet, bei der in zwei Schritten – Meiose I und Meiose II – die Anzahl der Chromosomen halbiert wird und genetisch voneinander verschiedene Zellkerne entstehen. Damit unterscheidet sich die Meiose grundlegend von der gewöhnlichen Kernteilung, der Mitose, die den Chromosomenbestand unverändert lässt und genetisch identische Zellkerne hervorbringt. Der Ausdruck Reduktionsteilung wird unterschiedlich gebraucht: in weitem Sinn synonym zu Meiose, im engen Sinn für den ersten ihrer beiden Teilschritte, also synonym zu Meiose I.

Die Meiose ist eines der wichtigsten Ereignisse bei der geschlechtlichen Fortpflanzung. Die Halbierung des Chromosomenbestands bei der Meiose gleicht die Verdoppelung aus, die bei der Verschmelzung eines väterlichen und eines mütterlichen Zellkerns (Karyogamie) im Zuge der Befruchtung erfolgt. Ohne diesen Ausgleich würde sich die Chromosomenzahl mit jeder Generation verdoppeln. Die Abfolge dieser beiden Prozesse wird als Kernphasenwechsel bezeichnet, das Vorhandensein nur eines einfachen Chromosomensatzes als Haploidie und der Zustand nach der Befruchtung als Diploidie. (Es gibt allerdings auch polyploide Lebewesen mit höheren Ploidiegraden.)

Bei vielzelligen Tieren und beim Menschen sind die beiden meiotischen Teilungen die letzten Kernteilungen bei der Spermatogenese bzw. während und nach der Oogenese, also bei der Bildung der Gameten (Spermien und Eizellen). Dagegen finden bei Pflanzen zwischen der Meiose und der Bildung der Gameten Mitosen statt; die haploide Phase ist bei ihnen also nicht auf die Gameten beschränkt, sondern bildet eine eigene haploide Generation. Diese ist bei den Samenpflanzen allerdings sehr klein und besteht nur aus wenigen Zellen (Pollenkorn und Embryosack). Bei Pilzen, Algen und einzelligen Eukaryoten kommen verschiedene Abfolgen von Meiose und Mitose vor.

Vor der Meiose (ebenso wie vor der Mitose) werden die Chromosomen intern verdoppelt, sodass sie dann aus je zwei identischen Chromatiden bestehen. Zu Beginn der Meiose I werden die homologen Chromosomen mütterlicher und väterlicher Herkunft durch Aneinanderlagerung gepaart. In diesem Zustand kommt es sehr häufig zu einem gegenseitigen Austausch von Teilabschnitten (Crossing-over), wodurch neu zusammengesetzte Chromosomen mit genetisch verschiedener Kombination entstehen. Danach werden die Chromosomen eines Paares getrennt und zufällig je einem der beiden Tochterkerne zugeteilt. Auf diese Weise wird der Ploidiegrad reduziert, und die Tochterkerne sind infolge der zufälligen Verteilung genetisch verschieden. Die Chromosomen bestehen aber weiterhin aus zwei Chromatiden, die zudem meistens infolge des Crossing-overs genetisch verschieden sind. Deshalb folgt nun die Meiose II als obligater zweiter Schritt, bei dem wie bei einer gewöhnlichen Mitose die Schwesterchromatiden getrennt werden. Insgesamt gehen so aus einem diploiden Zellkern vier genetisch unterschiedliche haploide Kerne hervor.

Die auf diese Weise erfolgende Neuzusammensetzung (Rekombination) des mütterlichen und väterlichen Anteils des Erbguts ist neben der Reduktion des Ploidiegrads die zweite wesentliche Funktion der Meiose. Sie führt dazu, dass Nachkommen mit einer Kombination von Eigenschaften entstehen können, die es zuvor nicht gegeben hat.

Entdeckung und Bezeichnungen

Nachdem Édouard van Beneden 1883 beschrieben hatte, dass bei der Befruchtung der Eizelle des Spulwurms (Ascaris) die Chromosomenzahl verdoppelt wird, postulierten Eduard Strasburger und August Weismann, dass zum Ausgleich bei der Bildung der Gameten eine Reduktionsteilung stattfinden müsse.[1] Diese wurde erstmals 1890 durch Oscar Hertwig vollständig und in bis heute gültiger Weise ebenfalls beim Spulwurm beschrieben. Zu dieser Zeit kannte man die Chromosomen als Strukturen, die bei der Kernteilung auftreten, wusste aber nichts über ihre Funktion. Erst nachdem im Jahr 1900 die bis dahin unbeachteten Regeln der Vererbung, die der Augustinermönch Gregor Mendel aufgeklärt und schon 1866 beschrieben hatte, von mehreren Wissenschaftlern wiederentdeckt und bestätigt wurden, bemerkte Walter Sutton 1902 die Übereinstimmung des Verhaltens der Chromosomen mit Mendels Regeln und vermutete deshalb einen Zusammenhang. 1904 postulierte dann Theodor Boveri, dass die Chromosomen die materiellen Träger der Erbanlagen seien (Chromosomentheorie der Vererbung).[2]

Die Bezeichnung Meiosis prägten Farmer und Moore 1905.[3]

Die zwei Abschnitte der Meiose wurden von verschiedenen Autoren unterschiedlich bezeichnet:

  • Erster Abschnitt: 1. meiotische Teilung, 1. Reifeteilung, Meiose I oder Reduktionsteilung
  • Zweiter Abschnitt: 2. meiotische Teilung, 2. Reifeteilung, Meiose II oder Äquationsteilung.

Die Bezeichnung „Reduktionsteilung“ wird auch für die Meiose insgesamt verwendet.

Zeitpunkt im Lebenszyklus

Den Wechsel zwischen einer haploiden und einer diploiden Phase im Zuge der geschlechtlichen Fortpflanzung bezeichnet man als Kernphasenwechsel. Dieser kann in mehreren Varianten auftreten. Beim Menschen wie bei allen vielzelligen Tieren steht die diploide Phase ganz im Vordergrund; nur die Gameten sind haploid. Solche Organismen bezeichnet man als Diplonten. Den umgekehrten Fall repräsentieren viele Pilze, viele Algen und manche Einzeller (Flagellaten), die normalerweise haploid sind und deren diploide Phase auf die Zygote beschränkt ist (Haplonten). Drittens gibt es Diplohaplonten, bei denen sich haploide und diploide Generationen abwechseln, so bei allen Pflanzen und den meisten Algen. Bei Organismen mit höheren Ploidiegraden kommt es während der Meiose ebenfalls zu einer Halbierung, etwa von tetraploid (vier Chromosomensätze) auf diploid.

Bei der asexuellen Fortpflanzung findet kein Kernphasenwechsel und somit auch keine Meiose statt. Sie tritt in zahlreichen Formen weit verbreitet bei Pflanzen, Algen, Pilzen und Niederen Tieren auf.[4] Davon zu unterscheiden ist die unisexuelle Fortpflanzung, bei der weibliche Individuen ohne Befruchtung Nachkommen hervorbringen. Diese wird bei Tieren als Parthenogenese oder Jungfernzeugung bezeichnet. Dabei kann die Meiose ganz unterbleiben oder durch eine anschließende Karyogamie wieder rückgängig gemacht werden. Parthenogenese ist im Tierreich (mit Ausnahme der Säugetiere) weit verbreitet. Zumeist erfolgt sie im Wechsel mit der sexuellen Fortpflanzung; letztere kann aber auch ganz wegfallen. Eine Tiergruppe, bei der dies offenbar schon seit Millionen von Jahren der Fall ist, sind die zu den Rädertierchen gerechneten Bdelloida.[5] Viele Blütenpflanzen können ohne Befruchtung Samen bilden (Agamospermie). Dies kann sowohl unisexuell geschehen, indem die Meiose unterbleibt (so bei verschiedenen Korbblütlern wie etwa dem Löwenzahn), als auch asexuell, indem der Embryo aus vegetativem Gewebe hervorgeht (etwa bei den Zitrusgewächsen).

Ablauf der normalen Meiose

Bei den weitaus meisten Organismen liegt die chiasmatische Meiose vor, auch beim Menschen. Sie wird in diesem Abschnitt beschrieben. (Zu den anderen Varianten siehe weiter unten.)

Übersicht

Wie bei der normalen Kernteilung, der Mitose, ist auch der Meiose eine DNA-Replikation vorgeschaltet. Der diploide (2 n) Zellkern hat also Zwei-Chromatiden-Chromosomen und somit von einem Chromosomen-Typ (zum Beispiel vom Chromosom 1) insgesamt vier Exemplare des DNA-Doppelstrangs (4 c) in vier Chromatiden. Durch die Meiose werden aus diesem einen Zellkern vier Zellkerne mit haploidem (1 n), nicht verdoppeltem (1 c) Chromosomensatz erzeugt, wobei sich alle vier Kerne genetisch unterscheiden.

Sowohl die erste als auch die zweite meiotische Teilung wird, wie die Mitose, in Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase unterteilt. Die Vorgänge, die in Pro-, Meta- und Anaphase der Meiose I ablaufen, unterscheiden sich jedoch wesentlich sowohl von denen bei der Mitose, als auch von der Meiose II. Die Prophase I, also die Prophase der ersten meiotischen Teilung, wird auf Grund der vielen aufeinander folgenden Vorgänge noch in Unterphasen aufgeteilt.

Schema der Meiose. In diesem Beispiel sind drei Paare homologer Chromosomen mit je zwei Chromatiden dargestellt und deren Anteile je blau bzw. rot gekennzeichnet nach dem Elternteil, von dem sie geerbt wurden. Außerdem sind Mikrotubuli und Centrosomen (beide gelb-orange) dargestellt, um die Phasen der Teilungen besser unterscheiden zu können. Auf (1) Prophase I (hier dargestellt in der Unterphase der Diakinese), (2) Metaphase I, (3) Anaphase I, (4) Telophase I der ersten meiotischen Teilung folgt – nach einer hier nicht dargestellten Zwischenphase der Interkinese – die zweite meiotische Teilung mit (5) Prophase II, (6) Metaphase II, (7) Anaphase II, (8) Telophase II.
Entstehung der reifen Eizelle und der insgesamt drei Polkörperchen aus der Eimutterzelle (primäre Oozyte)

Das Ergebnis sind bei der Spermatogenese vier gleich große Gameten. Bei der Oogenese entstehen (beim Menschen und bei Tieren) unterschiedlich große Tochterzellen, von denen nur eine mit großem Zellvolumen zur Eizelle wird; die kleinen werden zu Polkörperchen.

Meiose I (Reduktionsteilung)

In der Prophase der Meiose I, genauer im Pachytän, geschieht die Rekombination zwischen homologen Chromosomen. Im Gegensatz zur Mitose und Meiose II werden in der Anaphase der Meiose I die Schwesterchromatiden nicht getrennt, sondern bleiben über ihr Centromer aneinander gebunden. Stattdessen werden die homologen Chromosomen aufgeteilt.

Prophase I

3D-Darstellung eines Zellkerns aus einem menschlichen Hoden im Zygotän. Mit Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisierung wurden die beiden Arme des Chromosoms 3 sowie die Chromosomenenden (Telomere) abwechselnd in rot und blau markiert. Die Paarung hat am kurzen Arm (blau) bereits begonnen, am langen noch nicht. Die Autofluoreszenz in grün lässt erkennen, dass sich die Telomere alle an der Kernoberfläche befinden.

Die 1. meiotische Teilung beginnt mit der Prophase I. Diese wird in fünf Stadien unterteilt:

  • Im Leptotän (von gr. leptós ‚dünn‘ und lat. taenia ‚Band‘) beginnen die Chromosomen zu kondensieren. Bis zum Ende der Prophase I sind die Enden der Chromosomen, die Telomere, an der inneren Zellkernmembran befestigt. Jedes Chromosom besteht aus zwei identischen Chromatiden.
  • Das Zygotän (gr. zygón ‚Joch‘) ist durch die Paarung der homologen Chromosomen gekennzeichnet, also die Aneinanderlagerung der von den beiden Eltern erhaltenen Exemplare eines Chromosomentyps. Diese exakte Chromosomenpaarung, auch Synapsis genannt, verläuft von den Enden her reißverschlussartig, indem sich zwischen beiden Chromosomensträngen der synaptonemale Komplex bildet, der beide Stränge zusammenhält.
  • Im Pachytän (gr. pachýs ‚dick‘) kommt es zur weiteren Kondensation und die gepaarten Chromosomen bilden als Bivalent je eine aus vier Chromatiden bestehende Tetrade. In dieser Phase ereignet sich das Crossing-over, womit der Austausch homologer Chromatiden-Abschnitte zwischen Nicht-Schwesterchromatiden von gepaarten Chromosomen eingeleitet wird. Der synaptonemale Komplex zerfällt danach wieder.
  • Im Diplotän (gr. diplóos ‚doppelt‘) zeigen sich daher die Paare zweier Chromosomen deutlich mit je voneinander abgesetzten doppelten Chromatiden. Nun fallen an den Tetraden als sogenannte Chiasmata jene Stellen auf, wo zwei der vier Chromatiden kreuzweise untereineinander verbunden sind, wenn denn ein Crossover stattgefunden hat.
  • Mit der Diakinese (gr. diakinein ‚in Bewegung bringen‘) endet die Prophase I, indem die Chromatidentetraden sich verkürzen, der Nucleolus sich auflöst, die Hülle des Zellkerns sich zerlegt und der Spindelapparat gebildet wird.

Die Paarung von Geschlechtschromosomen

Als Geschlechtschromosomen oder Gonosomen werden solche Chromosomen bezeichnet, die sich in den beiden Geschlechtern unterscheiden. Beispielsweise liegen bei Säugern im weiblichen Geschlecht zwei X-Chromosomen vor, im männlichen Geschlecht aber ein X- und ein Y-Chromosom. In der Prophase I können sich daher im weiblichen Geschlecht die beiden X-Chromosomen ebenso paaren wie alle anderen Chromosomen, die Autosomen. Im männlichen Geschlecht ist dies so nicht möglich, da sich X- und Y-Chromosom in der Sequenz und auch in der Länge wesentlich unterscheiden.

Es gibt aber an den Enden von X- und Y-Chromosom jeweils ein Pseudoautosomale Region, in der sich die Sequenz auf X- und Y-Chromosomen (wie bei zwei homologen Autosomen) gleicht. In diesen Abschnitten ist eine Paarung und auch ein Crossing-Over möglich. Auch im männlichen Geschlecht werden die beiden Geschlechtschromosomen bei der anschließenden Meta- und Anaphase als ein Chromosomenpaar erkannt.

Metaphase I, Anaphase I und Telophase I

In der Metaphase I versammeln sich die gepaarten Chromosomen in der Äquatorialebene des Spindelapparats. Auch in dieser Phase können im Lichtmikroskop die Chiasmata sichtbar werden. In der anschließenden Anaphase I werden im Gegensatz zur mitotischen Anaphase nicht einzelne Chromatiden, sondern Chromatidenpaare zu den beiden Spindelpolen bewegt. Auf Grund des vorangegangenen Cross-overs sind die beiden zusammenhängenden Chromatiden jedoch nicht mehr identisch.

In der Telophase I liegt an jedem Pol dann jeweils nur noch ein Chromosom (mit zwei Chromatiden) jedes Typs vor. Es ist also zu einer Reduktion der Chromosomenzahl gekommen. Wie bei der mitotischen Telophase dekondensieren die Chromosomen nun und die Kernhülle bildet sich wieder. An die abgeschlossene Kernteilung schließt sich eine Zellteilung an. Der anschließende Zeitraum bis zum Beginn der zweiten mitotischen Teilung wird als Interkinese bezeichnet.

Beispiel Mensch

Bei einem menschlichen euploiden Chromosomensatz enthält der Zellkern der diploiden Zelle vor der meiotischen Teilung 23 Paare duplizierter Chromosomen, also 46 Chromosomen bzw. 92 Chromatiden. Nach der Meiose I hat jeder der beiden Tochterkerne 23 Chromosomen erhalten, die je aus einem Chromatidenpaar bestehen, also 46 Chromatiden. Dies entspricht mengenmäßig einem haploiden Chromosomensatzes (1 n), der verdoppelt wurde (C-Wert 2 c). Wenn die vormaligen Schwesterchromatiden jedoch infolge eines Crossing-over teilweise unterschiedliche DNA-Sequenzen enthalten, kann man den Satz von Chromosomen streng genommen nicht mehr „haploid“ nennen. Zwar gleicht er der Zahl an Chromosomen nach einem haploiden, doch ist manches Gen nun mit mehr als je einem Allel vorhanden.[6]

Meiose II (Äquationsteilung)

Im Anschluss an die Interkinese folgt die Meiose II. Sie entspricht vom Ablauf her einer Mitose mit dem einzigen Unterschied, dass infolge des Crossing-overs bei den betreffenden Chromosomen die Chromatiden nicht identisch sind.[7]

Nach dem Kondensieren der Chromosomen in der Prophase II werden die noch aus zwei Chromatiden bestehenden Chromosomen in der Metaphase II in der Äquatorialebene angeordnet, am Centromer getrennt und in der Anaphase II einzeln den Tochterkernen zugeteilt.

Die aus der Telophase II hervorgehenden Zellkerne enthalten damit jeweils einen haploiden, unverdoppelten Chromosomensatz (1 n; 1 c). Somit sind die vier Chromatiden einer jeden Tetrade der Prophase I jeweils zufällig auf vier verschiedene haploide Zellkerne verteilt worden.

Varianten des Ablaufs

Neben der chiasmatischen Meiose, die bei den weitaus meisten Organismen vorliegt und wie oben beschrieben abläuft, gibt es noch zwei weitere Varianten:[8]

  • die achiasmatische Meiose, bei der kein genetischer Austausch zwischen homologen Chromosomen erfolgt und daher keine Chiasmata entstehen,
  • die umgekehrte Meiose, bei der erst eine Äquationsteilung und danach die Reduktionsteilung stattfindet.

Achiasmatische Meiosen wurden vereinzelt in vielen taxonomischen Gruppen wirbelloser Tiere beschrieben, insbesondere bei Insekten, sowie bei einer Schachblume (Fritillaria japonica, ein Liliengewächs). Als Regelfall tritt sie bei Schmetterlingen und bei Köcherfliegen auf. Sehr häufig ist sie außerdem bei Enchyträen, einer Familie der Ringelwürmer, und bei Zweiflüglern. Dabei kann nur ein Geschlecht betroffen sein, so bei den Schmetterlingen das weibliche und bei Zweiflüglern das männliche, oder beide wie bei manchen Enchyträen. In der Evolution ist die achiasmatische Meiose wahrscheinlich viele Male unabhängig aus der chiasmatischen hervorgegangen.[9]

Auch umgekehrte Meiosen sind vor allem bei Insekten bekannt, insbesondere bei Schildläusen, Blattläusen und Wanzen, aber auch bei anderen Tieren und bei Pflanzen. Die betreffenden Organismen haben holozentrische Chromosomen, die nicht über ein punktuell lokalisiertes Kinetochor, sondern über ihre ganze Länge mit der Teilungsspindel verbunden sind. Damit einher geht ein vom Normalfall teils erheblich abweichendes Verhalten der Chromosomen.[10]

Nicht-zufällige Segregation und Transmission

Im Normalfall werden homologe Chromosomen bei den meiotischen Teilungen zufällig dem einen oder dem anderen Tochterkern zugeteilt (zufällige Segregation), und es ist daher zufällig, welche homologen Chromosomen, also auch welche homologen Gene, in welchen Kombinationen an die Nachkommen weitergegeben werden (zufällige Transmission). Es sind jedoch viele Fälle bei ganz verschiedenen Organismen bekannt, in denen diese Vorgänge nicht zufällig ablaufen. Die meisten von ihnen werden unter dem Stichwort Meiotic Drive zusammengefasst. Ein Sonderfall ist die Hybridogenese beim Teichfrosch und bei einigen Fischarten.

Da bei der weiblichen Meiose nur einer der vier Tochterkerne überlebt, resultiert hier aus einer nicht-zufälligen Segregation auch eine nicht-zufällige Transmission. Das Verhalten der Chromosomen bei der Meiose wirkt sich also darauf aus, welche Gene an potentielle Nachkommen weitergegeben werden. Beispiele dafür wurden bei vielen Lebewesen entdeckt und beschrieben, vor allem bei Pflanzen und bei Insekten, aber auch bei Säugetieren (einschließlich des Menschen) und bei Vögeln. Wie häufig derartige Nicht-Zufälligkeiten sind, ist kaum abzuschätzen, denn man findet sie nur durch gezielte Untersuchung von Einzelfällen. Aufgrund der weiten taxonomischen Streuung der bekannten Beispiele ist aber davon auszugehen, dass die Voraussetzungen dafür allgemein gegeben sind.[11]

Bei der männlichen Meiose werden grundsätzlich alle vier Tochterkerne weitergegeben. Bekannte Gegenbeispiele sind die Gallmücken und die Trauermücken, bei deren Spermatogenese nur zwei Spermien bzw. ein Spermium entsteht und diese Spermien nur die Chromosomen mütterlicher (maternaler) Herkunft enthalten, während die paternalen Chromosomen komplett eliminiert werden (siehe Gallmücken#Genetik und Trauermücken#Genetik). Sehr häufig ist im männlichen Geschlecht eine nicht-zufällige Transmission homologer Chromosomen, die nicht auf einer nicht-zufälligen Segregation bei der Meiose beruht, sondern erst nach der Meiose zum Tragen kommt, indem diejenigen Gameten, die das betreffende Chromosom nicht enthalten, in ihrer Entwicklung gestört sind (siehe Meiotic Drive, Stichwort „genischer Drive“).

Stillstand der weiblichen Meiose

Die Prophase I, bei der die Paarung homologer Chromosomen und das Crossing-over stattfinden, dauert im Vergleich zur mitotischen Prophase ungewöhnlich lang.[12] Bei den meisten Tieren und auch beim Menschen ist sie darüber hinaus speziell im weiblichen Geschlecht noch weitaus stärker verzögert, weil sie – teils mehrfach – in einem bestimmten Stadium angehalten wird.[13]

Bei Säugetieren (und so auch beim Menschen) beginnt die weibliche Meiose zumeist schon in einem frühen Entwicklungsstadium der Eierstöcke (beim Menschen kurz nach der Geburt). Sie wird dann jedoch schon in der Prophase I angehalten, und zwar im Diplotän. (Dieses Ruhestadium wird auch als Diktyotän bezeichnet.) Erst nach der Geschlechtsreife wird die Meiose jeweils in derjenigen Oocyte (Eimutterzelle) fortgesetzt, die anschließend beim Eisprung als Eizelle in den Eileiter gelangt und dort befruchtet werden kann. In der Metaphase II kommt es aber erneut zu einem Stillstand, und erst die Befruchtung durch ein Spermium löst die Fortsetzung und den Abschluss der Meiose aus.[14]

Auch bei Amphibien ist die weibliche Meiose im Diplotän unterbrochen. Dabei verdichten sich die Chromosomen und nehmen eine charakteristische „Lampenbürsten“-Gestalt an, indem sich zahlreiche Schleifen bilden. Diese Schleifen zeichnen sich durch eine intensive Genaktivität (Transkription) aus (was ansonsten in der Prophase nicht der Fall ist). In dieser Phase reichern die Oocyten große Mengen an Substanzen an, die dann nach der Befruchtung eine sehr schnelle Entwicklung des Embryos ermöglichen: Durch eine Reihe schnell ablaufender und rasch aufeinanderfolgender Kern- und Zellteilungen können innerhalb von nur acht Stunden etwa 4000 Zellen entstehen.[15]

Dass die Meiose – wie bei den Säugetieren – in der Metaphase anhält und erst durch die Befruchtung wieder aktiviert wird, ist auch im übrigen Tierreich der Normalfall. Das Ruhestadium ist bei Wirbeltieren die Metaphase II, bei Wirbellosen dagegen die Metaphase I. Nur bei Weichtieren und Stachelhäutern (zu denen das beliebte Beispiel des Seeigels gehört) wird die Meiose schon vor der Befruchtung abgeschlossen. Bei allen anderen Wirbellosen findet die Segregation der homologen Chromosomen (mütterlicher und väterlicher Herkunft) also erst nach dem Eindringen des Spermiums statt, und auch bei Wirbeltieren sind infolge des Crossing-overs homologe Chromosomen-Abschnitte zum Teil noch nicht voneinander getrennt.[16]

Im Pflanzenreich wurde etwas Vergleichbares bei einem Knabenkraut (einer Orchidee) beschrieben: Da verharrt die Eizelle im Leptotän, und die Fortsetzung der Meiose wird durch die Bestäubung ausgelöst.[17]

Siehe auch

Literatur

Allgemein
  • Bernard John, Jonathan B.L. Bard, Peter W. Barlow: Meiosis, Cambridge University Press, 2006
Genetik
  • Wilfried Janning, Elisabeth Knust: Genetik: Allgemeine Genetik – Molekulare Genetik – Entwicklungsgenetik. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-151422-6, Kapitel 5 Meiose, S. 28–47.
Molekularbiologie
  • Bruce Alberts, Alexander Johnson, Julian Lewis, Martin Raff, Keith Roberts, Peter Walter.: Meiosis. In: Molecular Biology of the Cell. 4. Aufl., Garland Science, New York 2002. Online über das „NCBI-Bookshelf“

Weblinks

 Wiktionary: Meiose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Meiose - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Ernst Mayr: The Growth of Biological Thought, 12. Aufl., Belknap Press, Cambridge 2003, S. 761.
  2. Ilse Jahn, Rolf Löther, Konrad Senglaub (Hrsg.): Geschichte der Biologie, 2. Aufl., VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1985, S. 463f.
  3. Ilse Jahn, Rolf Löther, Konrad Senglaub (Hrsg.): Geschichte der Biologie, 2. Aufl., VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1985, S. 358.
  4. Lexikon der Biologie: Asexuelle Fortpflanzung. Spektrum, Heidelberg 1999.
  5. Jean-François Flot, Boris Hespeels u. a.: Genomic evidence for ameiotic evolution in the bdelloid rotifer Adineta vaga. In: Nature. 500, 2013, S. 453–457, doi:10.1038/nature12326
  6.  Wilfried Janning, Elisabeth Knust: Genetik: Allgemeine Genetik – Molekulare Genetik – Entwicklungsgenetik. 2 Auflage. Georg Thieme, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-151422-6, S. 41..
  7. G. Czihak, H. Langer, H. Ziegler (Hg): Biologie. Ein Lehrbuch. 4. Aufl., Springer, Berlin 1990, S. 171.
  8. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 29–102.
  9. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 86–90.
  10. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 93–101.
  11. Fernando Pardo-Manuel de Villena und Carmen Sapienza: Nonrandom segregation during meiosis: the unfairness of females. In: Mammalian Genome 12, S. 331–339 (2001).
  12. Lexikon der Biologie: Meiose
  13. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 105–108.
  14. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 105–107.
  15. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 107f.
  16. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 108.
  17. Bernard John: Meiosis. Cambridge University Press, 1990, S. 108f.


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