Apokalyptische Siegel und Jungfrau Sophia: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
 
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''Apokalyptischen Siegel''' wurden nach Angaben [[Rudolf Steiner]]s für den [[Münchner Kongreß (1907)|Kongreß der «Föderation europäischer Sektionen der Theosophischen Gesellschaft»]], der vom 18. - 21. Mai 1907 in München stattfand, von Frl. [[Clara Rettich]] gestaltet. Die zwischen den Siegelbildern befindlichen [[Planetensäulen]] wurden von [[Karl Stahl]] ausgeführt.  
Als «'''Jungfrau Sophia'''» wird in der [[Christliche Esoterik|christlichen Esoterik]] der von niederen sinnlichen Begierden gereinigete [[Astralleib]] (-> [[Katharsis]])   bezeichnet, gleichbedeutend, allerdings jetzt in christlich verwandelter Form, mit der «[[Isis]]» der [[Ägyptische Mysterien|ägyptischen Mysterien]], von [[Goethe]] im abschließenden [[Chorus Mysticus]] seiner [[Faust-Dichtung]] als das '''Ewig-Weibliche''' und in seinem [[Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie|Märchen]] als «[[schöne Lilie]]» angesprochen. Darin liegt im esoterischen Sinn das wahre Wesen der '''Jungfräulichkeit''' begründet. Eng damit verbunden ist auch das Geheimnis der [[Jungfräuliche Geburt|jungfräulichen Geburt]].


== Die Bedeutung der Siegelbilder ==
:"Die christliche Esoterik nannte diesen gereinigten, geläuterten astralischen Leib, der in dem Augenblick, wo er der Erleuchtung unterworfen ist, nichts von den unreinen Eindrücken der physischen Welt in sich enthält, sondern nur die Erkenntnisorgane der geistigen Welt, die «reine, keusche, weise Jungfrau Sophia». Durch alles das, was der Mensch aufnimmt in der Katharsis, reinigt und läutert er seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia». Und der «Jungfrau Sophia» kommt entgegen das kosmische Ich, das Welten-Ich, das die Erleuchtung bewirkt, das also macht, daß der Mensch Licht um sich herum hat, geistiges Licht. Dieses Zweite, das zur «Jungfrau Sophia» hinzukommt, nannte die christliche Esoterik - und nennt es auch heute noch - den «Heiligen Geist». So daß man im christlich-esoterischen Sinne ganz richtig spricht, wenn man sagt: Der christliche Esoteriker erreicht durch seine Einweihungsvorgänge die Reinigung und Läuterung seines astralischen Leibes; er macht seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia» und wird überleuchtet - wenn Sie wollen, können Sie es überschattet nennen - von dem «Heiligen Geiste», von dem kosmischen Welten-Ich." {{lit|{{G|103|201}}}}


Über die tiefere Bedeutung der Siegelbilder und der Säulen sagt Rudolf Steiner:
Im esoterischen Christentum wurde die Mutter des Jesus stets als «Jungfrau Sophia» bezeichnet, so auch von [[Johannes (Evangelist)|Johannes]], dem Evangelisten; nur exoterisch nennt er sie die «Mutter des Jesus». Im [[Johannes-Evangelium]] liegt die Kraft, den Astralleib zur «Jungfrau Sophia» umzugestalten und empfänglich zu machen für den «[[Heiliger Geist|Heiligen Geist]]». Wie sich der Schüler ([[Chela]]) im Zuge des geistigen [[Schulungsweg]]es dazu vorbereitet, schildert [[Rudolf Steiner]] weiters so:  


{{GZ|Sie sind nicht beliebige «Sinnbilder», welche man verstandesmäßig deuten kann, sondern geisteswissenschaftliche «Schriftzeichen», die so genommen werden müssen, wie es der wahren Geisteswissenschaft entspricht. Diese erfindet nicht aus dem Verstande oder der willkürlichen Phantasie heraus solche «Zeichen», sondern gibt in ihnen nur wieder, was der geistigen Wahrnehmung in den übersinnlichen Welten wirklich als Anschauung vorliegt. Keine Spekulation, keine – wenn auch noch so geistreiche – Verstandeserklärung ist gegenüber solchen Zeichen angebracht, da sie eben nicht ausgedacht sind, sondern lediglich eine Beschreibung dessen liefern, was der sogenannte «Seher» in den unsichtbaren Welten wahrnimmt. Bei den hier wiedergegebenen Zeichen handelt es sich um die Beschreibung von Erlebnissen der «astralen» und der «geistigen» (devachanischen) Welt. Die «Siegel» der ersten sieben Tafeln stellen solche wirkliche Tatsachen der astralen Welt dar, und die sieben «Säulen» ebensolche der geistigen Welt. Während aber die Siegel unmittelbar die Erlebnisse des «geistigen Schauens» wiedergeben, ist das bei den sieben Säulen nicht in gleicher Art der Fall. Denn die Wahrnehmungen der geistigen Welt lassen sich nicht mit einem «Schauen», sondern eher mit einem «geistigen Hören» vergleichen. Bei diesem muß beachtet werden, daß man es nicht zu sehr dem «Hören» in der physischen Welt ähnlich denken soll, denn obwohl es sich damit vergleichen läßt, ist es ihm doch sehr unähnlich. In einem Bilde lassen sich die Erlebnisse dieses geistigen Hörens nur ausdrücken, wenn man sie aus dem «Tönen» in die Form übersetzt. Das ist bei diesen «Säulen» geschehen, deren Wesen aber nur verständlich ist, wenn man sich die Formen plastisch (nicht malerisch) denkt.
<div style="margin-left:20px;">
"Erst ist es eine unbewußte Arbeit, die der Mensch an seinem Ätherleibe und seinem Astralleibe verrichtet. Diese vollzieht sich im allgemeinen Entwickelungsgang der Menschheit. Der Chela beginnt diese Arbeit bewußt in die Hand zu nehmen. Es wird bei unablässigem Üben ein bestimmter Moment erreicht, wo der ganze astralische Leib umgewandelt ist. Dann kann sich alles, was im astralischen Leibe ist, in den Ätherleib hinein abdrücken. Dann erst darf dieses geschehen, früher nicht, denn früher kämen schlimme Eigenschaften hinein. Das Erworbene geht dann mit dem Kausalleib durch alle Inkarnationen hindurch. Die Verewigung, Verlebendigung alles dessen, was der Astralleib enthält, ist ein ungeheuer wichtiger Vorgang. Das kann er in keinem Kamaloka abwerfen, das trägt er für immer in sich. Deshalb ist die vorherige Reinigung sehr notwendig.


Im Sinne der Geisteswissenschaft sind die Ursachen zu den Dingen der physischen Welt im Übersinnlichen, Unsichtbaren gelegen. Was sich physisch offenbart, hat seine Urbilder in der astralischen Welt und seine geistigen Urkräfte (Urtöne) in der geistigen Welt. Die sieben Siegel geben die astralischen Urbilder der Menschheitsentwicklung auf der Erde im Sinne der Geisteswissenschaft. Wenn der «Seher» auf dem «Astralplane» diese Entwicklung in die Zeiten ferner Vergangenheit und ferner Zukunft verfolgt, so stellt sich ihm diese in den gegebenen sieben Siegelbildern dar. Er hat nichts zu erfinden, sondern lediglich die von ihm geistig wahrgenommenen Tatsachen zu verstehen...|284|91}}
Das Abdrücken dessen, was der Astralleib enthält, in den Ätherleib, wurde in der alten Einweihung so vollzogen, daß der Schüler in eine Krypta gebracht und dort in eine Art Sarg gelegt wurde. Manchmal wurde er auch an eine Art Kreuz gebunden und in einen lethargischen Zustand versetzt, bei dem der Ätherleib zugleich mit dem Astralleib aus dem physischen Leib heraustrat. Etwas ähnliches, nämlich das Heraustreten eines Teiles des Ätherleibes, geht beim Einschlafen eines Gliedes vor sich; man kann dann den betreffenden Teil des Ätherleibes aus dem Körper heraushängen sehen. Die Einweihung selbst nahm ein besonders hoher Initiierter vor. Vieles andere noch wurde da nach vorgeschriebenen Regeln gemacht. Solch ein Schlaf war etwas anderes als ein gewöhnlicher Schlaf. Es blieb bloß der physische Leib in dem sogenannten Sarg zurück, und der Ätherleib und Astralleib gingen heraus; es war also eine Art Tod. Dies war notwendig, daß man den Ätherleib frei bekam, denn nur dann kann sich der Astralleib in den Ätherleib abdrücken. Dreieinhalb Tage dauerte dieser Zustand. Wenn der Novize dann von dem Initiator wieder hingelenkt wurde zu dem physischen Leib, so wurde ihm noch eine letzte Formel eingeprägt, mit der er aufwachte. Das waren die Worte: «Eli, Eli, lama sabachthani!», das heißt: «Mein Gott, mein Gott, wie hast Du mich verherrlicht!» Zugleich schien ihm ein bestimmter Stern, in der ägyptischen Einweihung der Sirius, entgegen. Jetzt war er ein neuer Mensch geworden. Man nannte nun den ganz vergeistigten Astralleib aus einem ganz bestimmten Grunde mit einem ganz besonderen Namen: «Jungfräulich» nannte man diesen Astralleib, die «Jungfrau Sophia». Und den Ätherleib, der aufnimmt, was die Jungfrau Sophia in sich trug, nannte man den «Heiligen Geist». Und das, was aus beiden entstand, das war der «Menschensohn». Der Verkündigung und Geburt des Jesus von Nazareth liegen diese Mysterieninhalte zugrunde.


=== Siegel I ===
Dieses innere Erlebnis wurde im Bilde auch so dargestellt, daß der Heilige Geist als die Taube über dem Kelch schwebt. Das ist der Moment, der im Johannes-Evangelium 1,32 beschrieben wird: «Und Johannes zeugete und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf Ihm.» Denken Sie sich das auf dem astralen Plan erlebt, so haben Sie ein wirkliches Ereignis." {{lit|{{G|094|290f}}}}
[[Datei:Siegel 01 (Tafel VII) AS.jpg|thumb|Erstes apokalyptisches Siegel]]
</div>
{{GZ|Siegel I stellt umfassend die ganze Erdenentwicklung des Menschen dar. Dieses sowie andere Siegel der Serie kann man in einem gewissen Sinne auch beschrieben finden in der «Offenbarung St. Johannis» (Apokalypse). Denn wer diese Schrift im geisteswissenschaftlichen Sinne zu verstehen vermag, der sieht in ihr nichts anderes als die in Worten gegebene Beschreibung dessen, was der «Seher» als Menschheitsentwicklung auf dem astralischen Plane urbildlich wahrnimmt. So versteht ein solcher auch die ersten Worte dieser Schrift, die (annähernd richtig wiedergegeben) so lauten: «Die Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm dargeboten hat, seinen Dienern zu veranschaulichen, wie in Kürze sich das notwendige Geschehen abspielt; dieses ist in Zeichen gesandt durch Gottes Engel seinem Diener Johannes. Dieser hat zum Ausdruck gebracht das ,Wort' Gottes und dessen Offenbarung durch Jesus Christus, in der Art, wie er es geschaut hat.» Die «Zeichen», die er geschaut hat, sind von dem Aufzeichner der «geheimen Offenbarunge dargestellt worden. – Man kann an den folgenden Siegeln finden, daß sie in vieler Beziehung ähnlich sind dem, was in der Apokalypse beschrieben ist, doch nicht ganz. Denn unseren Bildern liegt eine geisteswissenschaftliche Methode zugrunde, welche zwar mit allen Überlieferungen im Einklange ist, in ihrer eigenen Gestalt sich aber, den modernen geistigen Bedürfnissen der Menschheit entsprechend, seit dem vierzehnten Jahrhundert in jenen Kreisen ausgebildet hat, die seit jener Zeit die Aufgabe haben, diese Dinge zu pflegen. Dennoch soll hier, wo es darauf ankommt, die Beschreibung unter Hinweis auf die «Offenbarung St. Johannis» gegeben werden. Ausdrücklich bemerkt soll werden, daß manches von den sieben Siegeln schon in diesem oder jenem Werke der neueren Zeit . veröffentlicht ist; doch wird der in solchen Dingen Eingeweihte finden können, daß diese anderen Wiedergaben in manchen Punkten abweichen von der hier gegebenen Gestalt, welche die echte geisteswissenschaftliche Grundlage zur Darstellung bringen will.
 
Zum ersten Siegel kann man vergleichen dessen Beschreibung in der Apokalypse. «Und ich wandte mich hin, zu vernehmen die Laute, welche zu mir drangen; und da schaute ich sieben güldene Lichter, und inmitten der Lichter des Menschensohnes Bild, mit langem Gewande und mit einem goldenen Gürtel um die Lenden; und sein Haupt und Haar waren weißglänzend wie weiße Wolle oder Schnee, und seine Augen funkelnd im Feuer. Und seine Füße waren feuerflüssig wie im feurigen Ofen erglüht, und seine Stimme glich dem Zusammenklange rauschender Wassermassen. Und in seiner Rechten waren sieben Sterne, und aus seinem Munde kam ein zweischneidiges scharfes Schwert, und sein Antlitz in seinem Glanze glich der leuchtenden Sonne.» In allgemeinen Bildern wird da auf umfassendste Geheimnisse der Menschheitsentwicklung gedeutet. Wollte man in ausführlicher Art darstellen, was der Seher aus diesen Bildern sehen kann, so müßte man ein dickes Buch schreiben. Nur ein paar Andeutungen seien gemacht. Jedes Zeichen, jede Form an den Siegelbildern ist vielsagend, und was hier gesagt wird, kann nur Etwas von Vielem sein. Unter den Organen und Ausdrucksmitteln des Menschen sind solche, welche in ihrer gegenwärtigen Gestalt die abwärtsgehenden Entwicklungsstufen früherer Formen darstellen, die also ihren Vollkommenheitsgrad bereits überschritten haben; andere aber stellen die Anfangsstufen einer Entwicklung dar, die in aufsteigender Richtung sich bewegt. Solche Glieder am Menschen sind heute erst noch unvollkommen und werden künftig ganz andere höhere Aufgaben zu erfüllen haben. Ein Organ, das in der Zukunft etwas viel Höheres, Vollkommeneres sein wird als es gegenwärtig ist, stellt das Sprachorgan dar, mit allem, was am Menschen zu ihm gehört. Indem man dieses andeutet, rührt man an ein großes Geheimnis des Daseins, welches auch das «Mysterium des schaffenden Wortes» genannt wird. Es ist damit eine Hindeutung auf den Zukunftszustand dieses Organs gegeben, das einmal, wenn der Mensch vergeistigt sein wird, Produktions- (Zeugungs-) Organ sein wird.
 
In den Mythen und religiösen Erzählungen wird diese zukünftige vergeistigte Produktionsform durch das sachgemäße Bild von dem aus dem Munde kommenden feurigen «Schwert» angedeutet. Die ersten Stufen der Erdenentwicklung des Menschen verliefen in einer Zeit, als die Erde noch «feurig» war; und aus dem Elemente des Feuers haben sich die ersten menschlichen Verkörperungen herausgestaltet; am Ende seiner Erdenlaufbahn wird der Mensch selbst sein Inneres durch die Kraft des Feuerelementes schöpferisch nach außen strahlen. Dieses Fortentwickeln vorn Erdenanfang zum Erdenende erschließt sich dem «Seher», wenn er auf dem Astralplan das Urbild des werdenden Menschen erblickt, wie es im ersten Siegel wiedergegeben ist. Der Anfang der Erdenentwicklung steht da in den feurigen Füßen, das Ende in dem feurigen Antlitz und die vollkommene zuletzt zu erringende Kraft des «schöpferischen Wortes» in dem feurigen Schwert, das aus dem Munde kommt. Während diese Entwicklung abläuft, steht des Menschen Werden und seine dabei entfalteten Kräfte nacheinander unter dem Einfluß von Kräften, die sich in den sieben Sternen der Rechten ausdrücken. So stellt jede Linie, jeder Punkt gewissermaßen auf dem Bilde etwas dar, was mit dem umfassenden Entwicklungsgeheimnis des Menschen zusammenhängt.|284|91f}}
 
=== Siegel II ===
[[Datei:Siegel 02 (Tafel VIII) AS.jpg|thumb|Zweites apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel II stellt einen der ersten Entwicklungszustände der Erdenmenschheit dar, mit allem was dazugehört. Der Erdenmensch hat in ferner Urzeit nämlich noch nicht das gehabt, was man Individualseele nennt. Es war damals bei ihm das vorhanden, was gegenwärtig noch die auf einer früheren Entwicklungsstufe der Menschheit zurückgebliebenen Tiere haben: die Gruppenseele. Wenn durch imaginatives Hellsehen in der Rückschau auf die Vorzeit die menschlichen Gruppenseelen auf dem Astralplan verfolgt werden, so ergibt sich, daß die verschiedenen Formen derselben auf vier Grundtypen zurückgeführt werden können. Und diese sind in den vier apokalyptischen Tieren des zweiten Siegels wiedergegeben: dem Löwen, dem Stier, dem Adler und jener Gestalt, die sich auch als Gruppenseele der individuellen Seele des gegenwärtigen Menschen nähert, und die deshalb auch: der «Mensch» heißt. Damit ist an die Wahrheit dessen gerührt, was oftmals so trocken allegorisch bei den vier Tieren «ausgedeutet» wird.|284|93}}
 
=== Siegel III ===
[[Datei:Siegel 03 (Tafel IX) AS.jpg|thumb|left|Drittes apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel III stellt die Geheimnisse der sogen. Sphärenharmonie dar. Der Mensch erlebt diese Geheimnisse in der Zwischenzeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt (im «Geisterlande» oder dem, was in der gebräuchlichen theosophischen Literatur «Devachan» genannt wird). Es ist aber bei allen diesen Siegeln festzuhalten, daß sie nur die Erfahrungen der astralischen Welt darstellen. Doch können auch andere Welten als diese astralische selbst, in dieser beobachtet werden. Unsere physische Welt kann man nach ihren Urbildern auf dem Astralplan beobachten. Und die geistige Welt ist in ihren Nachbildern auf diesem Plan zu schauen. So stellt das dritte Siegel die astralischen Nachbilder des «Geisterlandes» dar. Die posaunenblasenden Engel stellen die geistigen Urwesen der Welterscheinungen dar; die Posaunentöne selbst die Kräfte, die von diesen Urwesen aus in die Welt strömen und durch welche die Wesen und Dinge aufgebaut und in ihrem Werden und Wirken erhalten werden. Die «apokalyptischen Reiter» stellen die Hauptentwicklungspunkte dar, durch welche eine Menschenindividualität im Laufe vieler Verkörperungen durchgeht und die sich auf dem Astralplan in den Reitern auf den Pferden darstellen: ein weißglänzendes Pferd, eine sehr frühe Stufe der Seelenentwicklung ausdrückend; ein feuerfarbenes Pferd, auf die kriegerische Entwicklungsstufe der Seele deutend; ein schwarzes Pferd, entsprechend jener Seelenstufe, wo nur das äußere physische Wahrnehmen der Seele entwickelt ist; und ein grünschimmerndes Pferd, das Bild der reifen Seele, welche die Herrschaft über den Leib hat (daher die grüne Farbe, welche sich als Ausdruck der von innen nach außen wirkenden Lebenskraft ergibt).|284|93}}
 
=== Siegel IV ===
[[Datei:Siegel 04 (Tafel X) AS.jpg|thumb|Viertes apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel IV stellt unter anderem zwei Säulen dar, deren eine aus dem Meer, die andere aus dem Erdreich aufragt. In diesen Säulen ist das Geheimnis angedeutet von der Rolle, welche das rote (sauerstoffreiche) Blut und das blaurote (kohlensäurereiche) Blut in der menschlichen Entwicklung spielen. Das menschliche «Ich» macht im Erdenkreislauf seine Entwicklung dadurch durch, daß es sein Leben physisch zum Ausdruck bringt in der Wechselwirkung zwischen rotem Blut, ohne das es kein Leben, und dem blauen Blut, ohne das es keine Erkenntnis gäbe. Blaues Blut ist der physische Ausdruck der Erkenntnis gebenden Kräfte, die aber für sich allein in ihrer menschlichen Form mit dem Tode zusammenhängen, und rotes Blut ist der Ausdruck des Lebens, das aber in der menschlichen Form keine Erkenntnis für sich allein geben könnte. Beide in ihrem Zusammenwirken stellen dar den Baum der Erkenntnis und den Baum des Lebens, oder auch die beiden Säulen, auf denen sich das Leben und die Erkenntnis des Ich fortentwickeln bis zu jenem Vollkommenheitgrade, wo der Mensch Eins werden wird mit den universalen Erdenkräften. Dieser letztere Zustand der Zukunft kommt auf dem Siegel durch den Oberleib zur Anschauung, der aus Wolken besteht, und durch das Gesicht, das sich die geistigen Kräfte der Sonne angeeignet hat. Das «Wissen» wird dann der Mensch nicht mehr von außen in sich aufnehmen, sondern in sich «verschlungen» haben, was in dem Buche in der Mitte des Siegels angedeutet ist. Erst durch solches «Verschlingen» auf höherer Daseinsstufe öffnen sich die sieben Siegel des Buches, wie sie auch auf Siegel III angedeutet sind. In der «Offenbarung St. Johannis» findet man darüber die bedeutungsvollen Worte: «Und ich nahm das Büchlein aus des Engels Hand und verzehrte es.....»|284|93f}}
 
=== Siegel V ===
[[Datei:Siegel 05 (Tafel XI) AS.jpg|thumb|Fünftes apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel V stellt dar eine höhere Entwicklungsstufe des Menschen, wie sie eintreten wird, wenn die Erde sich wieder mit der Sonne vereinigt haben und der Mensch nicht mehr bloß mit den Erdenkräften, sondern mit den Sonnenkräften arbeiten wird. Das «Weib, das die Sonne gebiert» bezieht sich auf diesen Zukunftsmenschen. Gewisse Kräfte niederer Natur, welche im Menschen leben und ihn an der vollen Entfaltung seiner höheren Geistigkeit hindern, wird er dann aus sich herausgesetzt haben. Diese Kräfte stellen sich im Siegel einerseits dar in dem Tiere mit den «sieben Köpfen und zehn Hörnern», anderseits in dem Monde zu Füßen des Sonnenmenschen. Der Mond ist für die Geisteswissenschaft der Mittelpunkt gewisser niederer Kräfte, welche heute noch in der menschlichen Wesenheit wirken, und die der Mensch der Zukunft «unter sich» zwingen wird.|284|94}}
 
=== Siegel VI ===
[[Datei:Siegel 06 (Tafel XII) AS.jpg|thumb|left|Sechstes apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel VI stellt den gereinigten, nicht nur vergeistigten, sondern in der Geistigkeit stark gewordenen Menschen dar, welcher die niederen Kräfte nicht nur überwunden, sondern sie so umgewandelt hat, daß sie als verbesserte zu seinen Diensten stehen. Das gezähmte «Tier» drückt dieses aus. In der «Offenbarung St. Johannis» ist darüber zu lesen: «Und ich schaute, wie dem Himmel ein Engel entstieg, der den Schlüssel des Abgrunds hielt und eine große Kette in der Hand hatte. Und er brachte den Drachen, die Schlange der Vorzeit, in seine Gewalt, welche der Teufel und Satan ist, und er band ihn auf tausend Jahre.»|284|94}}
 
=== Siegel VII ===
[[Datei:Siegel 07 (Tafel XIII) AS.jpg|thumb|Siebentes apokalyptisches Siegel]]
{{GZ|Siegel VII ist Wiedergabe des «Mysteriums vom heiligen Gral». Es ist dasjenige astralische Erlebnis, welches den universellen Sinn der Menschheitsentwicklung wiedergibt. Der Würfel stellt die «Raumeswelt» dar, die noch von keinem physischen Wesen und keinem physischen Ereignis durchsetzt ist. Für die Geisteswissenschaft ist nämlich der Raum nicht bloß die «Leere», sondern er ist der Träger, der auf noch unsichtbare Art die Samen alles Physischen in sich birgt. Aus ihm heraus schlägt sich gleichsam die ganze physische Welt nieder, wie sich ein Salz niederschlägt aus der noch ganz durchsichtigen Lösung. Und was – in bezug auf den Menschen – sich aus der Raumeswelt herausbildet, das macht die Entwicklung vom Niedern zum Höhern durch. Es wachsen heraus aus den «drei Raumesdimensionen», welche im Würfel ausgedrückt sind, zuerst die niedrigeren Menschenkräfte, veranschaulicht durch die beiden Schlangen, die aus sich wieder die geläuterte höhere geistige Natur gebären, was in den Weltenspiralen sich darstellt. Durch das Aufwärtswachsen dieser höheren Kräfte kann der Mensch Empfänger werden (Kelch) für die Aufnahme der rein geistigen Weltwesenheit, ausgedrückt durch die Taube. Dadurch wird der Mensch Beherrscher der geistigen Weltmächte, deren Abbild der Regenbogen ist. Das ist eine ganz skizzenhafte Beschreibung dieses Siegels, das unermeßliche Tiefen in sich birgt, die sich demjenigen offenbaren können, der es in der hingebungsvollen Meditation auf sich wirken läßt. Umschrieben ist dieses Siegel mit dem Wahrheitsspruch der modernen Geisteswissenschaft: «Ex deo nascimur, in Christo morimur, per spiritum sanctum reviviscimus», «Aus Gott bin ich geboren; in Christo sterbe ich; durch den Heiligen Geist werde ich wiedergeboren». In diesem Spruch ist ja der Sinn der menschlichen Entwicklung voll angedeutet.|284|94f}}
 
=== Entwürfe Rudolf Steiners ===
<center><gallery perrow="5" widths="150" heights="150">
Datei:GA284 Siegel 02a Entwurf.jpg|2. Siegel
Datei:GA284 Siegel 02 Entwurf.jpg|2. Siegel (weiterer Entwurf)
Datei:GA284 Siegel 03 Entwurf.jpg|3. Siegel
GA284 Siegel 04 Entwurf.jpg|4. Siegel
Datei:GA284 Siegel 07 Entwurf.jpg|7. Siegel
</gallery></center>
 
=== Sieben Säulen ===
[[Bild:Saeulen.jpg|thumb|450px|Sieben Säulen]]
{{GZ|Zwischen je zwei dieser Siegel befand sich im Kongreßraume eine der sieben Säulen, welche in der zweiten Serie der Bilder wiedergegeben sind. In den Kapitälen dieser Säulen sind, wie oben bereits angedeutet, Erfahrungen des «Sehers» (was auf diesem Gebiete eigentlich nicht mehr ein passender Name ist) in der «geistigen Welt» dargestellt. Es handelt sich um die Wahrnehmung der Urkräfte, welche in geistigen Tönen bestehen. Die plastischen Formen der Kapitäle sind Übersetzungen dessen, was der «Seher» hört. Doch sind diese Formen keineswegs willkürlich, sondern so, wie sie sich auf ganz natürliche Art ergeben, wenn der «sehende Mensch» die «geistige Musik» (Sphärenharmonie), die sein ganzes Wesen durchströmt, auf die formende Hand wirken läßt. Die plastischen Formen sind hier wirklich eine Art «gefrorener Musik», welche die Weltgeheimnisse zum Ausdruck bringt. Daß diese Formen als Säulenkapitäle auftreten, erscheint für den, welcher die Sachlage durchschaut, wie selbstverständlich. Die Grundlage der physischen Entwicklung der Erdenwesen liegt in der geistigen Welt. Von dort aus wird sie «gestützt». Nun beruht alle Entwicklung auf einem Fortschreiten in sieben Stufen. (Die Zahl sieben soll dabei nicht als Ergebnis eines «Aberglaubens» aufgefaßt werden, sondern als der Ausdruck einer geistigen Gesetzmäßigkeit, wie die sieben Regenbogenfarben der Ausdruck einer physischen Gesetzmäßigkeit sind). Die Erde selbst schreitet in ihrer Entwicklung durch sieben Zustände, die mit den sieben Planetennamen bezeichnet werden: Saturn-, Sonne-, Mond-, Mars-, Merkur-, Jupiter- und Venuszustand. (Über den Sinn dieser Sache vergleiche man meine «Geheimwissenschaft» oder die Aufsätze Zur Akasha-Chronik. Doch nicht allein ein Himmelskörper schreitet in seiner Entwicklung so vorwärts, sondern jede Entwicklung durchläuft sieben Stufen, die man im Sinne der modernen Geisteswissenschaft mit den Ausdrücken für die sieben planetarischen Zustände bezeichnet. In der oben gekennzeichneten Weise sind die geistigen Stützkräfte dieser Zustände durch die Formen der Säulenkapitäle wiedergegeben. Man wird aber zu keinem wahren Verständnis dieser Sache kommen, wenn man nur die verstandesmäßige Erklärung beim Beschauen der Formen zugrunde legt. Man muß künstlerisch-empfindend sich in die Formen hineinschauen und die Kapitäle eben als Form auf sich wirken lassen. Wer dies nicht beachtet, wird glauben, nur Allegorien, oder im besten Falle Symbole vor sich zu haben. Dann hätte er alles mißverstanden. Dasselbe Motiv geht durch alle sieben Kapitäle: eine Kraft von oben und eine von unten, die sich erst entgegenstreben, dann, sich erreichend, zusammenwirken. Diese Kräfte sind in ihrer Fülle und in ihrem inneren Leben zu empfinden und dann ist von der Seele selbst zu erleben, wie sie lebendig gestaltend sich breiten, zusammenziehen, sich umfassen, verschlingen, aufschließen usw. Man wird diese Komplikation der Kräfte fühlen können, wie man das «sich-gestalten» der Pflanze aus ihren lebendigen Kräften fühlt, und man wird empfinden können, wie die Kraftlinie erst senkrecht nach oben wächst in der Säule, wie sie sich entfaltet in den plastischen Gestalten der Kapitäle, welche sich den von oben ihnen entgegenkommenden Kräften öffnen und aufschließen, so daß ein sinnvoll tragendes Kapitäl wird. Erst entfaltet sich die Kraft von unten in der einfachsten Art, und ihr strebt ebenso einfach die Kraft von oben entgegen (Saturn-Säule); dann füllen sich die Formen von oben an, schieben sich in die Spitzen von unten hinein und bewirken so, daß die unteren Formen nach den Seiten ausweichen. Zugleich schließen sich diese unteren Formen zu lebendigen Gebilden auf (Sonnensäule). Im ferneren wird das obere mannigfaltiger; eine Spitze, die hervorgetrieben war, wächst wie zu einem befruchtenden Prinzip aus, und das untere gestaltet sich zu einem Fruchtträger um. Das andere Kraftmotiv zwischen beiden ist zu einer tragenden Stütze geworden, weil das Verhältnis der Zwischenglieder nicht genug stark als Tragkraft empfunden würde (Mond-Säule). Weiterhin tritt eine Abscheidung des Unteren und Oberen ein, die starken Träger des Mondkapitäls sind selbst säulenartig geworden, das dazwischenliegende Obere und Untere sind verwachsen zu einem Gebilde, von oben deutet sich ein neues Motiv an (Mars-Säule). Die aus der Verbindung des Oberen und Unteren entstandenen Gebilde haben Leben angenommen, erscheinen daher als von Schlangen umwundener Stab. Man wird empfinden müssen, wie dieses Motiv aus dem vorigen organisch herauswächst. Die mittleren Gebilde des Marskapitäls sind verschwunden; ihre Kraft ist von dem stützenden inneren Teile des Kapitäls aufgesogen; die vorher von oben kommenden Andeutungen sind voller geworden (Merkur-Säule). Nun geht es wieder zu einer Art Vereinfachung, die aber die Frucht der vorhergängigen Vermannigfaltigung in sich schließt. Das Obere schließt sich kelchartig auf, das Untere vereinfacht das Leben in einer keuschen Form (Jupiter-Säule). Der letzte Zustand zeigt diese «innere Fülle» bei der äußeren Vereinfachung aufs höchste. Die Wachstumsumgestaltungen von unten haben von obenher ein fruchttragendes Kelchartiges hervorgelockt (Venus-Säule).
 
Wer alles das empfinden kann, was in diesen «Säulen» des Weltgeschehens ausgedrückt ist, der fühlt umfassende Gesetze alles Seins, welche die Lebensrätsel in ganz anderer Weise lösen als abstrakte «Naturgesetze».
 
Es soll in diesen Abbildungen eine Probe gegeben sein, wie die geistige Anschauung Form, Leben, künstlerische Gestaltung werden kann. Man beachte, daß die Abbildungen lebendige Daseinskräfte der höheren Welten wiedergeben; und diese höheren Geisteskräfte wirken auf den Betrachter der Bilder. Sie wirken direkt auf Kräfte, die, ihnen entsprechend, in jedem Menschen schlummern. Aber ihre Wirkung ist nur eine richtige, wenn man diese Bilder mit der rechten inneren Seelenverfassung betrachtet.
 
Wer mit spirituellen Vorstellungen im Kopfe und mit devotionellen Gefühlen im Herzen die Bilder betrachtet, der wird aus ihnen ein Heiligstes empfangen. Wer sie sich an einen beliebigen Ort hängen oder stellen wollte, wo er ihnen mit alltäglichen Gedanken und Empfindungen gegenübertritt, der wird eine ungünstige Wirkung verspüren, die bis zur schlimmen Beeinflussung des körperlichen Lebens gehen kann. Man richte sich darnach und trete zu den Bildern nur in ein Verhältnis, das im Einklange steht mit einer Hingabe an die geistigen Welten. Zum Schmucke eines dem höheren Leben gewidmeten Raumes sollen solche Bilder dienen; nimmermehr soll man sie an Orten finden oder betrachten, wo die Gedanken der Menschen nicht mit ihnen im Einklange sind.|284|95f}}
 
Für die 1924 erschienene englische Ausgabe der «Occult Seals and Columns» fertigte der dänische Maler [[Arild Rosenkrantz]] (1870-1964) in Arlesheim unter der direkten Anleitung [[Rudolf Steiner]]s Siegelbilder an, die zunächst in schwarzweiss gedruckt wurden. In London malte er danach in den 1930iger Jahren 7 kreisförmige Pastellbilder der Siegel mit einem Durchmesser von jeweils 72 cm.
 
== Weblinks ==
#[http://www.rsarchive.org/Bilder/ Bilder okkulter Siegel und Säulen]
#[http://www.arildrosenkrantz.dk/d/syvsegl_nn.html# Arild Rosenkrantz - Die sieben apokalyptischen Siegel]


==Literatur==
==Literatur==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Bilder okkulter Siegel und Säulen. Der Münchner Kongreß Pfingsten 1907 und seine Auswirkungen.'', [[GA 284]] (1993), ISBN 3-7274-2840-6 {{Vorträge|284}}
#Rudolf Steiner: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (1979), München, 5. November 1906 (der Vortrag handelt vom [[Rosenkreuzer-Schulungsweg]])
* Rudolf Steiner, Alexandra Riggins: ''Die sieben apokalyptischen Siegel'', Triskel Verlag 2005, ISBN 978-3-905893-02-1
#Rudolf Steiner: ''Das Johannes-Evangelium'', [[GA 103]] (1995), Zwölfter Vortrag, Hamburg, 31. Mai 1908


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Apokalypse des Johannes]] [[Kategorie:Kunst]] [[Kategorie:Siegel]]
[[Kategorie:Christliche Esoterik]]

Version vom 11. Juni 2011, 02:13 Uhr

Als «Jungfrau Sophia» wird in der christlichen Esoterik der von niederen sinnlichen Begierden gereinigete Astralleib (-> Katharsis) bezeichnet, gleichbedeutend, allerdings jetzt in christlich verwandelter Form, mit der «Isis» der ägyptischen Mysterien, von Goethe im abschließenden Chorus Mysticus seiner Faust-Dichtung als das Ewig-Weibliche und in seinem Märchen als «schöne Lilie» angesprochen. Darin liegt im esoterischen Sinn das wahre Wesen der Jungfräulichkeit begründet. Eng damit verbunden ist auch das Geheimnis der jungfräulichen Geburt.

"Die christliche Esoterik nannte diesen gereinigten, geläuterten astralischen Leib, der in dem Augenblick, wo er der Erleuchtung unterworfen ist, nichts von den unreinen Eindrücken der physischen Welt in sich enthält, sondern nur die Erkenntnisorgane der geistigen Welt, die «reine, keusche, weise Jungfrau Sophia». Durch alles das, was der Mensch aufnimmt in der Katharsis, reinigt und läutert er seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia». Und der «Jungfrau Sophia» kommt entgegen das kosmische Ich, das Welten-Ich, das die Erleuchtung bewirkt, das also macht, daß der Mensch Licht um sich herum hat, geistiges Licht. Dieses Zweite, das zur «Jungfrau Sophia» hinzukommt, nannte die christliche Esoterik - und nennt es auch heute noch - den «Heiligen Geist». So daß man im christlich-esoterischen Sinne ganz richtig spricht, wenn man sagt: Der christliche Esoteriker erreicht durch seine Einweihungsvorgänge die Reinigung und Läuterung seines astralischen Leibes; er macht seinen astralischen Leib zur «Jungfrau Sophia» und wird überleuchtet - wenn Sie wollen, können Sie es überschattet nennen - von dem «Heiligen Geiste», von dem kosmischen Welten-Ich." (Lit.: GA 103, S. 201)

Im esoterischen Christentum wurde die Mutter des Jesus stets als «Jungfrau Sophia» bezeichnet, so auch von Johannes, dem Evangelisten; nur exoterisch nennt er sie die «Mutter des Jesus». Im Johannes-Evangelium liegt die Kraft, den Astralleib zur «Jungfrau Sophia» umzugestalten und empfänglich zu machen für den «Heiligen Geist». Wie sich der Schüler (Chela) im Zuge des geistigen Schulungsweges dazu vorbereitet, schildert Rudolf Steiner weiters so:

"Erst ist es eine unbewußte Arbeit, die der Mensch an seinem Ätherleibe und seinem Astralleibe verrichtet. Diese vollzieht sich im allgemeinen Entwickelungsgang der Menschheit. Der Chela beginnt diese Arbeit bewußt in die Hand zu nehmen. Es wird bei unablässigem Üben ein bestimmter Moment erreicht, wo der ganze astralische Leib umgewandelt ist. Dann kann sich alles, was im astralischen Leibe ist, in den Ätherleib hinein abdrücken. Dann erst darf dieses geschehen, früher nicht, denn früher kämen schlimme Eigenschaften hinein. Das Erworbene geht dann mit dem Kausalleib durch alle Inkarnationen hindurch. Die Verewigung, Verlebendigung alles dessen, was der Astralleib enthält, ist ein ungeheuer wichtiger Vorgang. Das kann er in keinem Kamaloka abwerfen, das trägt er für immer in sich. Deshalb ist die vorherige Reinigung sehr notwendig.

Das Abdrücken dessen, was der Astralleib enthält, in den Ätherleib, wurde in der alten Einweihung so vollzogen, daß der Schüler in eine Krypta gebracht und dort in eine Art Sarg gelegt wurde. Manchmal wurde er auch an eine Art Kreuz gebunden und in einen lethargischen Zustand versetzt, bei dem der Ätherleib zugleich mit dem Astralleib aus dem physischen Leib heraustrat. Etwas ähnliches, nämlich das Heraustreten eines Teiles des Ätherleibes, geht beim Einschlafen eines Gliedes vor sich; man kann dann den betreffenden Teil des Ätherleibes aus dem Körper heraushängen sehen. Die Einweihung selbst nahm ein besonders hoher Initiierter vor. Vieles andere noch wurde da nach vorgeschriebenen Regeln gemacht. Solch ein Schlaf war etwas anderes als ein gewöhnlicher Schlaf. Es blieb bloß der physische Leib in dem sogenannten Sarg zurück, und der Ätherleib und Astralleib gingen heraus; es war also eine Art Tod. Dies war notwendig, daß man den Ätherleib frei bekam, denn nur dann kann sich der Astralleib in den Ätherleib abdrücken. Dreieinhalb Tage dauerte dieser Zustand. Wenn der Novize dann von dem Initiator wieder hingelenkt wurde zu dem physischen Leib, so wurde ihm noch eine letzte Formel eingeprägt, mit der er aufwachte. Das waren die Worte: «Eli, Eli, lama sabachthani!», das heißt: «Mein Gott, mein Gott, wie hast Du mich verherrlicht!» Zugleich schien ihm ein bestimmter Stern, in der ägyptischen Einweihung der Sirius, entgegen. Jetzt war er ein neuer Mensch geworden. Man nannte nun den ganz vergeistigten Astralleib aus einem ganz bestimmten Grunde mit einem ganz besonderen Namen: «Jungfräulich» nannte man diesen Astralleib, die «Jungfrau Sophia». Und den Ätherleib, der aufnimmt, was die Jungfrau Sophia in sich trug, nannte man den «Heiligen Geist». Und das, was aus beiden entstand, das war der «Menschensohn». Der Verkündigung und Geburt des Jesus von Nazareth liegen diese Mysterieninhalte zugrunde.

Dieses innere Erlebnis wurde im Bilde auch so dargestellt, daß der Heilige Geist als die Taube über dem Kelch schwebt. Das ist der Moment, der im Johannes-Evangelium 1,32 beschrieben wird: «Und Johannes zeugete und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf Ihm.» Denken Sie sich das auf dem astralen Plan erlebt, so haben Sie ein wirkliches Ereignis." (Lit.: GA 094, S. 290f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (1979), München, 5. November 1906 (der Vortrag handelt vom Rosenkreuzer-Schulungsweg)
  2. Rudolf Steiner: Das Johannes-Evangelium, GA 103 (1995), Zwölfter Vortrag, Hamburg, 31. Mai 1908
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.