Dickdarm

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Der Dickdarm des Menschen mit seinen Abschnitten:
  • Blinddarm mit Wurmfortsatz
  • Aufsteigendes Colon
  • Quercolon
  • Absteigendes Colon
  • Colon sigmoideum
  • Enddarm
  • Der Dickdarm (lat. Intestinum crassum) ist der letzte Teil des Verdauungstraktes der Wirbeltiere und damit auch des Menschen. Er ist der Teil des Darms, der nach dem Dünndarm beginnt und an der Kloake oder am Anus endet. Seine wesentliche Funktion liegt im Transport und in der Speicherung des Stuhls. Der Dickdarm entzieht dem Stuhl Wasser und dickt ihn dadurch ein. Durch seine Fähigkeit, Natrium-, Kalium- und Chlorid-Ionen aufzunehmen oder auszuscheiden, ist er an der Feinregulation des Elektrolyt-Haushaltes beteiligt. Die Darmflora ist vor allem im Dickdarm zu finden. Erkrankungen des Dickdarms sind beim Menschen häufig: Die akute Appendizitis ist ein gängiges Krankheitsbild der Chirurgie und Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsdiagnosen.

    Vergleichende Anatomie des Dickdarms

    Spiraldarm des Karibik-Ammenhaies (Ginglymostoma cirratum), partiell aufgeschnitten. Zugang vom Magen rechts, Abgang zum Enddarm links im Bild.

    Der Dickdarm ist der bei den Wirbeltieren vom Dünndarm differenzierte Teil des Mitteldarms (Intestinum), also des mittleren Abschnitts des Darmes zwischen dem Magen und den Anhangsorganen sowie der Kloake bzw. dem Anus. Im einfachsten Fall bilden beide Mitteldarmabschnitte ein einfaches und gestrecktes Rohr, in dem sowohl die enzymatische Zersetzung wie auch die Resorption der Nährstoffe stattfindet.[1] Diese einfache Form findet sich bei den Schleimaalen, den Neunaugen sowie den Knochenfischen. Bei den Knorpelfischen ist der Mitteldarm durch eine spezifische Faltenbildung zur Vergrößerung der Oberfläche gekennzeichnet, die je nach Taxon mehr oder weniger schraubenförmig verläuft und als Spiraldarm bezeichnet wird.[2]

    Amphibien[3] und Reptilien besitzen meist nur einen kurzen, in wenige Schlingen gelegten Dickdarm. Der Blinddarm ist klein oder fehlt ganz.[4] Bei beiden Gruppen endet der Dickdarm in einen kurzen Enddarm und danach in der Kloake.[3] Bei Vögeln unterscheidet man zwei Dickdarmabschnitte: den Blinddarm und den Enddarm. Die Bauunterschiede betreffen vor allem den Blinddarm, der bei Vögeln paarig angelegt ist. So besitzen Hühner- oder Straußenvögel große Blinddärme, während sie bei Tauben sehr klein sind und keine Verdauungsfunktion haben und bei Papageien, vielen Greif- und Sperlingsvögeln ganz fehlen.[5]

    Mit Ausnahme der Kloakentiere sind die Säugetiere die einzige Tiergruppe, bei der es zu einer Trennung von Geschlechtsöffnung und Darmaustritt in Form eines Anus gekommen ist. Innerhalb der Säugetiere zeigt der Dickdarm erhebliche Unterschiede im Aufbau. So besitzen Raubtiere einen kleinen Blinddarm, ein einfaches U-förmiges Colon und einen kurzen Mastdarm (Rektum), die allesamt keine Bandstreifen (Tänien) besitzen. Der Darm der Primaten entspricht dem in diesem Artikel ausführlich dargestellten Aufbau beim Menschen. Einige Pflanzenfresser wie Pferde oder herbivore Nagetiere haben dagegen einen sehr großen Blinddarm, der bei ihnen als Gärkammer dient. Am Colon zeigt vor allem der aufsteigende Teil (Colon ascendens) erhebliche Gestaltvariationen, bei Pflanzenfressern ist er stark vergrößert. Die Schlingen des Colon ascendens sind beispielsweise bei Pferden in Form zweier übereinandergelegter, nach hinten offener Hufeisen angeordnet, bei Schweinen bienenkorbartig und bei Wiederkäuern scheibenförmig aufgerollt (Einzelheiten siehe den Artikel zum jeweiligen Dickdarmabschnitt). Die Anzahl der Bandstreifen ist ebenfalls tierartlich verschieden.[6] Elefanten besitzen einen sehr langen Darm von insgesamt etwa 25 Metern Länge, von denen 6 Meter auf den Dickdarm und 4 Meter auf das Rektum entfallen.[7] Bei den Walen sind der Dünndarm und der Dickdarm nur anhand der Epithelzellen zu unterscheiden.[8]

    Anatomie des Dickdarms beim Menschen

    Lage und Struktur

    Der Dickdarm liegt größtenteils in der Bauchhöhle, wo er die Dünndarmschlingen umrahmt. Er beginnt bei den meisten Menschen im rechten Unterbauch, wo der Dünndarm seitlich einmündet und die Leerdarm-Blinddarm-Klappe (Ileozäkalklappe, Bauhin-Klappe) bildet. Unterhalb der Einmündung endet der Dickdarm blind, entsprechend wird dieser Abschnitt Blinddarm (Caecum) genannt. An seinem Ende verengt sich der Blinddarm zum Wurmfortsatz (Appendix vermiformis), dessen Lage sehr variabel ist. Oberhalb der Bauhin-Klappe beginnt der Grimmdarm (Colon), der bis unter die Leber aufsteigt (Colon ascendens), unterhalb der Leber nach links umbiegt (Flexura coli dextra) und quer durch die Bauchhöhle in den linken Oberbauch zieht (Colon transversum, auch Quercolon genannt). Hier biegt er erneut um (Flexura coli sinistra) und steigt in das Becken ab (Colon descendens), wo er anschließend S-förmig nach hinten (dorsal) zum Kreuzbein zieht (Colon sigmoideum). Dort biegt er nach unten (kaudal) um, verlässt die Bauchhöhle und bildet den Enddarm.[9] Dieser wird in den Mastdarm und den Analkanal unterteilt. Die Gesamtlänge des Dickdarms beträgt beim Menschen etwa 1,5 Meter.[10]

    Die einzelnen Abschnitte können intraperitoneal, retroperitoneal und extraperitoneal liegen. Damit ist die Lage zum Bauchfell (Peritoneum) gemeint. Ein Organ liegt intraperitoneal, wenn es vollständig von Bauchfell überzogen ist und mit einem breiten Band (Gekröse, Meso) an der Rumpfwand aufgehängt ist, wodurch es relativ frei beweglich ist. Beim Dickdarm gilt das für Blinddarm, Wurmfortsatz, Quercolon und Colon sigmoideum.[9] Retroperitoneal bedeutet, dass das Organ nicht von allen Seiten von Bauchfell überzogen ist, sondern an einer Seite direkt mit der Rumpfwand verwachsen ist. Das gilt für den auf- und absteigenden Grimmdarm[9] (Colon ascendens und Colon descendens) und das obere Rektum. Ein Organ liegt extraperitoneal, wenn es außerhalb der Bauchhöhle liegt und deswegen nicht vom Peritoneum überzogen ist. Im Falle des Dickdarms trifft das auf das Endstück des Rektums und den Analkanal zu.[11]

    Charakteristisch für den Dickdarm ist die Wand des Colons. Sie ist gekennzeichnet durch drei sichtbare Längsmuskelzüge, die Bandstreifen genannt werden, halbmondförmige Einziehungen (Plicae semilunares) und Aussackungen (Poschen oder Haustren) zwischen den Einziehungen (siehe Abschnitt Feinbau).

    Blutversorgung und Lymphabfluss

    Versorgungsgebiet von Arteria mesenterica superior (pink) und Arteria mesenterica inferior (blau). Die Blutversorgung des Rektum ist nicht dargestellt.

    Die Abschnitte des Dickdarmes werden von den Ästen dreier großer Arterien versorgt. Blinddarm, Wurmfortsatz, aufsteigendes Colon und der größte Teil des Quercolon erhalten Äste der Arteria mesenterica superior, der restliche Teil des Quercolon, das absteigende Colon, das Colon sigmoideum und das obere Rektum solche von der Arteria mesenterica inferior.[12] Das untere Rektum und der Analkanal erhalten Blut aus der Arteria pudenda interna.[13] Der Blutabfluss erfolgt über Venen, die mit den Arterien verlaufen und gleichlautend benannt sind, also über die Vena mesenterica superior, Vena mesenterica inferior und Vena pudenda interna. Die beiden erstgenannten münden in die Pfortader der Leber, nur die Vena pudenda interna mündet in die Vena iliaca interna, deren Blut in die untere Hohlvene gelangt, ohne die Leber zu passieren.

    Da Lymphgefäße in der Regel mit Arterien verlaufen, entsprechen die Lymphabflussgebiete des Dickdarms in etwa den arteriellen Versorgungsgebieten. Die Lymphe aus dem Stromgebiet der Arteria mesenterica superior fließt über die Mesenteriallymphknoten an der Austrittsstelle der Arterie aus der Bauchaorta (Noduli mesenterici superiores) in den Truncus intestinalis, der in die Cisterna chyli mündet. Die Lymphe aus dem Stromgebiet der Arteria mesenterica inferior gelangt entsprechend über die Lymphknoten neben dem Arterienaustritt (Noduli mesenterici inferiores) und über den linken Truncus lumbalis in die Cisterna chyli.[14]

    Innervation

    In der Wand des Darms befindet sich ein Netzwerk aus Nervenzellen, das die Bewegungen des Darms koordiniert. Dieses sogenannte enterische Nervensystem arbeitet weitgehend autonom, seine Aktivität wird aber von den beiden Anteilen des vegetativen Nervensystems beeinflusst: der Parasympathikus steigert die Darmaktivität, der Sympathikus setzt sie herab. Ähnlich der arteriellen Versorgung wird der Dickdarm bis kurz vor der linken Colonflexur anders innerviert als der Darm dahinter. Die parasympathischen Fasern für den ersten Abschnitt stammen aus dem Vagusnerv, die für den zweiten Abschnitt entspringen aus dem untersten Teil des Rückenmarks und verlaufen als Nervi splanchnici pelvici. Als Cannon-Böhm-Punkt wird das Gebiet bezeichnet, in dem sich die Innervationsgebiete überlappen.[15]

    Feinbau

    Mikroskopisches Bild der Dickdarmschleimhaut. Oben sind die Krypten angeschnitten.

    Der Dickdarm zeigt den typischen Wandaufbau des Magen-Darm-Traktes mit vier Schichten. Die innerste Schicht ist eine Schleimhaut (Tunica mucosa, kurz Mukosa), die ihrerseits aus drei Schichten aufgebaut ist: die Oberfläche ist mit Epithel (Lamina epithelialis) bedeckt, das durch lockeres Bindegewebe (Lamina propria mucosae) von einer Schicht aus glatten Muskelzellen (Lamina muscularis mucosae) getrennt ist. Die Schleimhaut liegt einer lockeren Bindegewebsschicht (Tunica submucosa, kurz Submukosa) auf. Diese führt die Blut- und Lymphgefäße für die Mukosa und beinhaltet ein Nervengeflecht, den Plexus submucosus. Sie dient zudem als Verschiebeschicht zur dritten Wandschicht, der Tunica muscularis, die dem Organ mit einer inneren Ringmuskelschicht (Stratum circulare) und einer äußeren Längsmuskelschicht (Stratum longitudinale) peristaltische Bewegungen ermöglicht. Zwischen den Muskelschichten liegt ein weiteres Nervengeflecht, der Plexus myentericus, der ebenso wie der Plexus submucosus zum enterischen Nervensystem gehört. Die vierte Schicht ist je nach Abschnitt des Dickdarms entweder lockeres Bindegewebe (Adventitia) oder das Bauchfell.[16]

    Ein wichtiger feinbaulicher Unterschied zum Dünndarm besteht in dem Fehlen von Darmzotten, die Dickdarmschleimhaut hat nur tiefe Krypten, die von zylinderförmigen Zellen (hochprismatisches Epithel) ausgekleidet sind. Viele dieser Zellen produzieren Gleitschleim, andere nehmen Wasser auf und dicken so den Stuhl ein. Auch die Dickdarmwand ist wie die Wand des Dünndarms in Falten geworfen. Diese entstehen aber durch örtliche Einziehungen der inneren Ringmuskelschicht, die im Querschnitt halbmondförmig erscheinen (daher der lateinische Name Plicae semilunares). Zwischen den Einziehungen bildet die Darmwand Aussackungen, die als Haustren (deutsch: Poschen) bezeichnet werden. Bei einigen Säugetieren, auch beim Menschen, ist die äußere Längsmuskelschicht zu drei kräftigen Strängen (Tänien) verdickt. An diesen Tänien hängen außen Ansammlungen von Fettgewebe (Appendices epiploicae).[17] Von diesem Muster weicht die Appendix vermiformis ab. Sie hat keine Tänien, sondern wie die anderen Abschnitte des Verdauungstraktes eine durchgehende Längsmuskelschicht. In der Lamina propria der Schleimhaut sind große Lymphfollikel zu finden.[18] Das Rektum hat statt der Tänien eine durchgehende Längsmuskelschicht, keine Haustren und keine Fettanhängsel.[19] Am Analkanal geht das Epithel des Rektums in mehrschichtig unverhorntes Plattenepithel über.[20]

    Entwicklung und Fehlbildungen

    Aus dem Entoderm, dem inneren Keimblatt des Embryos, bildet sich zunächst das primitive Darmrohr aus, an dem Vorder-, Mittel- und Hinterdarm zu unterscheiden sind. Aus der weiteren Entwicklung des Mitteldarms geht der größte Teil des Dünndarms und der Dickdarm einschließlich der ersten zwei Drittel des Quercolons hervor.[21] Der Rest des Dickdarms bildet sich aus dem Hinterdarm, während das letzte Stück des Analkanals durch die Einstülpung von Ektoderm entsteht.[22] Die Entwicklung des Darmes erklärt auch die Innervation und die Blutversorgung: die Mitteldarmarterie wird zur Arteria mesenterica superior, die Enddarmarterie zur Arteria mesenterica inferior.[23]

    Im Laufe der Entwicklung verwachsen Colon ascendens und Colon descendens mit der rückwärtigen Rumpfwand. Beim Colon ascendens kann diese Verwachsung unvollständig sein und im Extremfall gar nicht stattfinden, sodass es wie das Quercolon über ein eigenes Mesenterium verfügt. Das Colon ascendens ist dann abnorm beweglich, es kann zum Volvulus kommen oder zur Einklemmung von Dünndarmschlingen. Während der Embryonalentwicklung dreht sich der Darm und „verpackt“ sich in der Bauchhöhle. Auch bei diesem Prozess können Fehler auftreten, die dazu führen, dass sich etwa der gesamte Dickdarm auf der linken Seite befindet oder das Quercolon hinter dem Zwölffingerdarm zu liegen kommt.[24] Als Atresie bezeichnet man den Verschluss von Hohlorganen: Am Dickdarm sind am häufigsten Rektum und Analkanal betroffen, bei der Rektoanalatresie fehlt die Verbindung zwischen den beiden Abschnitten und der Dickdarm endet blind. Häufig ist der Mastdarm dann durch Fisteln mit angrenzenden Organen verbunden. Bei Jungen ist das häufig die Harnröhre, bei Mädchen die Vagina. Das angeborene Megacolon (Morbus Hirschsprung) steht möglicherweise mit dieser Atresie in Verbindung, hat aber wahrscheinlich andere Ursachen. Bei dieser Erkrankung ist der Darm krankhaft erweitert.[23]

    Funktion

    Der Dickdarm nimmt den Speisebrei aus dem Dünndarm auf, transportiert ihn weiter, speichert ihn im Mastdarm und scheidet ihn letztlich aus. Dabei entzieht er ihm weiteres Wasser, indem er Natrium-Ionen resorbiert. Daneben ist er auch an der Regulation des Chlorid- und Kalium-Ionen-Haushaltes beteiligt, wobei er im Gegensatz zum Dünndarm auch zur aktiven Sekretion von Kalium in der Lage ist. Abgesehen von kurzkettigen Fettsäuren werden im Dickdarm keine Nährstoffe aufgenommen. Eine bedeutende Rolle bei der Bildung dieser Fettsäuren spielen die Bakterien des Dickdarms, die Darmflora.

    Stuhltransport

    Die Ileozäkalklappe trennt den letzten Abschnitt des Dünndarms, das Ileum, vom Blinddarm. In Ruhe ist diese Klappe teilweise geschlossen, sodass ein langsamer Durchtritt des Speisebreis möglich ist. Der Übertritt des Speisebreis vom Ileum in den Blinddarm findet bei Nahrungsaufnahme verstärkt statt: Die Magendehnung führt über einen Reflex zu verstärkter Peristaltik des Ileums und über die Ausschüttung des Hormons Gastrin zur Entspannung des zur Klappe gehörenden Schließmuskels. Der Transport des Speisebreis findet im Dünndarm mit einer recht konstanten Geschwindigkeit statt. So staut sich Speisebrei vor der Ileozäkalklappe und dehnt das Ileum. Ohne die entspannende Wirkung des Gastrins bewirkt die Dehnung des Ileums eine Kontraktion des Schließmuskels, ohne Nahrungsaufnahme wird also der Übertritt des Speisebreis blockiert.[25]

    Nach der Passage des Ileozäkalsphinkters sammelt sich der Speisebrei im Blinddarm und im aufsteigenden Colon. Typisch für alle Abschnitte des Dickdarms ist die Haustralbewegung. Dabei füllt sich eine Haustre bis zu einem bestimmten Grad und zieht sich dann zusammen, wobei sie ihren Inhalt in die benachbarte Haustre drückt.[25] Daneben ist eine sehr langsame propulsive Peristaltik zu beobachten, bei der sich die Einschnürungen zwischen den Haustren sozusagen Richtung Anus bewegen. Im aufsteigenden Colon und im Quercolon sind Segmentationsbewegungen zu beobachten, die den Stuhl durchmischen. Im Quercolon tritt gelegentlich eine Antiperistaltik auf, die den Stuhl zurück in den Blinddarm treibt. In Verbindung mit der Nahrungsaufnahme tritt eine sogenannte Massenperistaltik auf: Ausgelöst durch die Dehnung des Magens entsteht im mittleren Quercolon eine peristaltische Welle, die den Stuhl in kurzer Zeit über das absteigende Colon und das Colon sigmoideum in den Mastdarm befördert (Gastrocolischer Reflex).[26]

    Die Darmentleerung ist ein Reflex, der durch die Dehnung der Rektumwand ausgelöst wird. Dabei kontrahieren sich die Längsmuskeln des Mastdarms, verkürzen ihn und erhöhen so den Druck. Der innere Schließmuskel des Anus wird unwillkürlich entspannt. Durch die willentliche Entspannung des äußeren Schließmuskels kann sich der Mastdarm entleeren.[27]

    Die gesamte Passagezeit des Dickdarms ist individuell sehr verschieden und reicht von 12 bis 48 Stunden.[26]

    Wasser, Elektrolyte und Nährstoffaufnahme

    Der Dickdarm nimmt mit unter 2 Litern am Tag weniger Wasser auf als der Dünndarm, kann die Resorption jedoch auf 4 bis 5 Liter steigern. Der Wassertransport erfolgt grundsätzlich über die Resorption von Natrium-Ionen: diese werden aktiv aufgenommen, das Wasser folgt passiv nach (Osmose). Die Zellen des Dickdarms sind wie die Zellen des Dünndarms in der Lage, Natrium-, Kalium- und Chlorid-Ionen aufzunehmen und im Fall von Chlorid auch auszuscheiden, wenn auch die zellulären Mechanismen dahinter unterschiedlich sind. Zwei wesentliche Unterschiede liegen darin, dass die Dickdarmzellen Natrium auch gegen einen Konzentrationsgradienten aufnehmen und Kalium nicht nur aufnehmen, sondern auch ausscheiden. Damit spielt der Dickdarm eine wichtige Rolle in der Feinregulation des Kalium-Haushaltes. Kohlenhydrate und Proteine, die in den Dickdarm gelangen, werden dort von Bakterien abgebaut. Der Dickdarm kann nur die dabei entstehenden kurzkettigen Fettsäuren resorbieren.[28]

    Bakterielle Besiedlung

    Bei allen Tieren ist der Darm von Bakterien besiedelt, die in ihrer Gesamtheit die Darmflora bilden. Die Zusammensetzung der Darmflora und die Verteilung der Bakterien unterscheiden sich zwischen Pflanzen-, Fleisch- und Allesfressern. Die Bakterien leben dabei in Symbiose mit ihrem Wirt, indem sie ihm nicht verdaubare Nahrungsbestandteile verdauen und zugänglich machen.[29] Da die Bakterien unter Ausschluss von Sauerstoff, also anaerob arbeiten müssen, handelt es sich um Vergärungsprozesse.

    Bei Fleischfressern und beim Menschen ist ein Großteil der Darmflora im Dickdarm beheimatet. Hier produzieren sie bei der Vergärung des Speisebreis in erster Linie kurze Fettsäuren, die vom Dickdarm aufgenommen werden.[29] Hinzu kommt Vitamin K, das ebenfalls resorbiert wird.

    Während Wiederkäuer die unverdaulichen Bestandteile der pflanzlichen Nahrung, nämlich Cellulose, Xylan, Pectin und andere Polysaccharide, in ihrem Pansen vergären lassen, finden diese Prozesse bei Pferden, Eseln, den meisten anderen Unpaarhufern und Kaninchen im Blinddarm und Colon statt.[29]

    Die Art und Menge, sozusagen das Ökosystem der verschiedenen Bakterien im Dickdarm ist Gegenstand aktueller Forschung. Ernährung, aber auch Übertragung von Mensch zu Mensch spielen hier eine Rolle. Das Immunsystem und Erkrankungen werden davon beeinflusst, eine Interventionsmöglichkeit stellt die Stuhltransplantation dar.

    Zu Erkrankungen des Dickdarms siehe auch

    Literatur

    • Gerhard Aumüller, Jürgen Engele, Joachim Kirsch, Siegfried Mense; Markus Voll und Karl Wesker (Illustrationen): Anatomie, Lernprogramm zum Präpkurs online. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-13-136043-4 (= Duale Reihe).
    • Herbert Renz-Polster, Steffen Krautzig (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer, München 2013, ISBN 978-3-437-41114-4.
    • Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 4. Auflage. Thieme, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-129244-5.
    • Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille: Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart. 2014, ISBN 978-3-8304-1075-1.
    • Jörg Siewert, Hubert Stein: Chirurgie. 9. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2012. ISBN 978-3-642-11330-7.
    • Erwin-Josef Speckmann, Jürgen Hescheler, Rüdiger Köhling: Physiologie. 6. Auflage. Urban & Fischer, München 2013, ISBN 978-3-437-41319-3.

    Weblinks

    Commons: Dickdarm - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
     Wiktionary: Dickdarm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

    Einzelnachweise

    1. Michael Starck: X Darmtrakt. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 139 f.
    2. Alfred Goldschmid: Chondrichthyes, Knorpelfische. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 207 f.
    3. 3,0 3,1 Alexander Haas: Lissamphibia, Amphibien. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 315.
    4.  Franz-Viktor Salomon und Winnie Achilles: Reptilien. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer und Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 3. Auflage. Enke, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 815–842.
    5.  Franz-Viktor Salomon und Elisabeth Krautwald-Junghanns: Darm. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer und Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 3. Auflage. Enke, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 779–782.
    6.  Franz-Viktor Salomon: Dickdarm, Intestinum crassum. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer und Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 3. Auflage. Enke, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 314–326.
    7. Martin S. Fischer: Proboscidea, Elefanten. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004; ISBN 3-8274-0307-3, S. 637.
    8. Milan Klima: Cetacea, Waltiere. In: W. Westheide, R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004; ISBN 3-8274-0307-3, S. 637.
    9. 9,0 9,1 9,2 Gerhard Aumüller et al.: Anatomie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-152862-9, S. 636 f.
    10. Gerhard Aumüller et al.: Anatomie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-152862-9, S. 634.
    11. Gerhard Aumüller et al.: Anatomie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-152862-9, S. 643.
    12. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Band 1. 17. Auflage. Urban&Fischer, München 2008, ISBN 978-3-437-42342-0, S. 690.
    13. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Band 1. 17. Auflage. Urban&Fischer, München 2008, ISBN 978-3-437-42342-0, S. 694.
    14. Michael Schünke u. a.: Prometheus Lernatlas der Anatomie. Innere Organe. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-139533-7, S. 213.
    15. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Band 1. 17. Auflage. Urban&Fischer, München 2008, ISBN 978-3-437-42342-0, S. 691.
    16. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-129244-5, S. 386 f.
    17. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-129244-5, S. 407 f.
    18. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-129244-5, S. 409.
    19. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie, Band 1. 17. Auflage. Urban&Fischer, München 2008, ISBN 978-3-437-42342-0, S. 692.
    20. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-13-129244-5, S. 410 f.
    21. Thomas W. Sadler: Medizinische Embryologie. Aus dem Englischen von Ulrich Drews. 11. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-446611-9, S. 295.
    22. Thomas W. Sadler: Medizinische Embryologie. Aus dem Englischen von Ulrich Drews. 11. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-446611-9, S. 302 f.
    23. 23,0 23,1 Thomas W. Sadler: Medizinische Embryologie. Aus dem Englischen von Ulrich Drews. 11. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-446611-9, S. 293, S. 303.
    24. Thomas W. Sadler: Medizinische Embryologie. Aus dem Englischen von Ulrich Drews. 11. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-446611-9, S. 299 f.
    25. 25,0 25,1 Gerard J. Tortora, Bryan H. Derrickson: Anatomie und Physiologie. Übersetzung herausgegeben von Axel Pries. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 978-3-527-31547-5, S. 1084.
    26. 26,0 26,1 Erwin-Josef Speckmann, Jürgen Hescheler, Rüdiger Köhling (Herausgeber): Physiologie. 6. Auflage. Urban & Fischer, München 2013, ISBN 978-3-437-41319-3, S. 533.
    27. Gerard J. Tortora, Bryan H. Derrickson: Anatomie und Physiologie. Übersetzung herausgegeben von Axel Pries. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 978-3-527-31547-5, S. 1085.
    28. Michael Gekle et al.: Physiologie. Thieme, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-144981-8, S. 466 ff.
    29. 29,0 29,1 29,2 Georg Fuchs: Allgemeine Mikrobiologie, 9. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-13-444609-8, S. 632.
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